Kira gegen den Rest der Welt von Riyuri ================================================================================ Kapitel 7: Procrastination -------------------------- Brummen erfüllte meinen Schädel, wie an meinem ersten Tag. Meine anfängliche Orientierungslosigkeit ließ sofort nach, als ich die Augenlider aufschlug. Die Lage hatte sich nicht verändert, ich lag immer noch im Krankenhaus. Ein Seufzen rutschte mir über die Lippen. Es war da gewesen. Dieses eigenartige Wesen. Die Vermutung lag nahe, dass es ein Shinigami war. Vielleicht sogar der Ranghöchste? Im Hintergrund hörte ich ein leises Klicken, anschließend ging eine Tür nahe zu meinen Füßen auf. Der Raum war nicht derselbe wie vorher, ich musste während meiner Bewusstlosigkeit umgelegt worden sein. Ein lächelndes Mädchen kam hereinspaziert – oder war sie schon erwachsen? Ohne zu fragen setzte sie sich neben mich aufs Bett, noch immer mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht. Die Unschuld in Person. Ihre blonden Haare waren zu einem Zopf gebunden, jedoch ließ die Tatsache, dass es ein hübscher Pferdeschwanz war, ihn um einiges weniger streng erscheinen, als es vermutlich sollte. Über ihrem schwarzen T-Shirt oder was auch immer hatte sie einen langärmligen, weißen Kittel an, der ihre Haut noch blasser dastehen ließ, als sie für Japaner sowieso schon war. „Schönen guten Morgen!“ Etwas irritiert blickte ich ihr in die strahlend blau-grauen Augen. Ich setzte mich auf, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. „Mein Name ist Yamada. Du kannst mich aber auch Kathrin nennen, wir sind etwa im selben Alter.“ Sie zwinkerte fröhlich, woraufhin ich meinerseits wieder verwirrt die Stirn runzelte. War das hier ein alberner Engelchen-Traum oder was? „Freut mich. Ich heiße Akio.“ „Ich bin deine persönliche Ansprechpartnerin hier. Falls du also etwas brauchst oder vielleicht nur jemanden zum Reden brauchst, drück auf den Knopf da. Ich bin rund um die Uhr hier, gleich ein Zimmer weiter. Übrigens bin ich Deutsche, nur um die Fragerei zu sparen, das passiert nämlich öfters.“ Stumm nickend hörte ich zu. Aha, Deutsche also. Ich hatte mich von Anfang an gewundert. „Ach ja, ich soll dir noch etwas ausrichten, von einem… Herrn…“ Nachdenklich legte sie den Finger an ihr Kinn. „Ah, ich weiß es wieder. Herr Ryuzaki war sein Name.“ Ich stürzte mich beinahe auf sie rauf. Vor Schock wich sie ein paar Zentimeter zurück, jedoch hielt ich sie an den Schultern fest. „Was hat er gesagt?! Sag es mir!“ „J-Ja doch. Er meinte, sie hätten eine K Zwei ausfindig gemacht und wollen sie heute Morgen noch überführen oder so.“ Fassungslos blieb mir der Mund offen stehen. Scheiße…! Hastig schob ich meine Beine über den Bettrand und ruck zuck stand ich, zwar etwas wackelig, auf den kalten Fliesen. „Verdammt…!“, murmelte ich auf ein Neues und hätte es am Liebsten immer und immer wieder wiederholt. Eilig wie ich es hatte zog ich mir meine Hose, die ich im Schrank gefunden hatte, an, stopfte den unteren Teil vom Nachthemd in diese und zog mir eine schwarze Lederjacke drüber, die ich ebenfalls besaß und die am Kleiderhacken gehangen hatte. Während meiner plötzlichen Aktion starrte mich Kathrin mit offenem Mund an, völlig damit überfordert. „Wie weit ist es von hier bis zur Touou Uni?“ Hoffentlich nicht allzu weit. Innerlich betete ich dafür, dass es nicht mal den Bus benötigte, um dort hinzugelangen. „Sie… Du… willst doch nicht allen Ernstes da jetzt hin?“ Genervt verdrehte ich die Augen, zog mit einem Ruck die Tür auf und wäre beinahe mit einem Mann in grüner Ausrüstung zusammengekracht. Ohne mich mit einem Wort der Entschuldigung weiter aufzuhalten, stürmte ich an ihm vorbei den Gang entlang. Ausgang, Ausgang…, murmelte ich in Gedanken, während ich nervös jedes Schild genauestens nach diesem absuchte. Einige Ärzte und Besucher schauten mich verdutzt, teilweise besorgt, an, wie ich dort in meinem Nachthemd lang lief. In der Hoffnung, es würde anschließend nicht mehr so besonders auffallen, zog ich den Reißverschluss meiner Jacke bis oben hin zu. Ein positiver Nebeneffekt war, dass mir langsam aber stetig wärmer wurde und ich war erleichtert darüber, dass ich, bevor ich zur Tür raus gerannt bin, noch in die Schuhe reingeschlüpft war. Bereits nach kurzer Zeit kam mein Ziel in Sichtweite. Ohne das Rufen hinter mir zu beachten, steuerte ich auf den Ausgang zu. Langsam begannen sich die Automatiktüren zu öffnen. Mir ging das Ganze jedoch zu langsam, also stieß ich sie gehetzt mit einem Tritt auf. Die frische Luft und ein Hauch von Freiheit schlugen mir entgegen. Zu meinem Bedauern hatte ich keine Zeit den Moment lange zu genießen. Ich musste weiter, sonst war L noch schneller als ich. Ich lief zum nahegelegenen Bahnhof. Vielleicht einen Kilometer entfernt, schätzte ich. Jedenfalls nah genug, sodass ich schneller war, dort hinzurennen und mir ein Taxi zu nehmen, als länger als nötig auf den Bus zu warten, von dem ich ja nicht einmal wusste, wann und ob er überhaupt kommen würde. Die Taxisuche dauerte wie erwartet nur einige Sekunden. Das erste Auto war zwar reserviert und im zweiten machte der Fahrer gerade Pause, aber das dritte Taxi war frei und der Mann hinterm Steuer verstand augenblicklich, wie eilig ich es hatte. War auch kaum übersehbar, wenn man mich die Straße hatte lang rennen sehen und zu allem Überfluss hatte ich die Beifahrertüren sofort und ohne Nachdenken aufgerissen, sodass sie beinahe aus den Angeln gefallen wären. Hin und wieder hüpfte der Wagen bei einer kleinen Unebenheit in der Straße hoch und nach einem Schreckensschrei stellte ich fest, dass ich immer noch ganz ruhig in einem weichen Sitz eines gelben Mercedes saß, umschlungen von einem festen, schwarzen Gurt. Ich hatte den Fahrer schon so bestochen, dass er jegliche Geschwindigkeitsbegrenzung gekonnt ignorierte, folglich bretterten wir mit hundertachtzig über die Autobahn. Wo zum Teufel lag eigentlich dieses verdammte Krankenhaus! Sichtlich genervt schloss ich die Augen. Nicht, dass es etwas Neues war, dennoch spürte ich den besorgten Blick von rechts* auf mir. Warum passierte ausgerechnet mir so etwas? Verzweifelt öffnete ich meine Augen wieder, senkte den Blick aber, bis ich nur noch meine Beine richtig wahrnehmen konnte. „Ist was, Micha?“ Erschrocken wirbelte ich herum. Was in Herrgottsnamen…?! Für einen winzigen Moment glaubte ich, statt eines Mannes mittleren Alters und schwarzen, teilweise ergrauten Haaren, eine junge Frau neben mir zu sehen. Sie hatte feine, schwarze Haare mit einem bläulichen Schimmer, die ihr vorne fast bis zur Schulter reichten und hinten um einiges kürzer wurden. Hübsche grüne Augen beobachteten gespannt die Straße und auch ohne hinzugucken wusste ich, dass ein brauner Kranz um die Pupille das Farbspektakel zierte. Im nächsten Augenblick war das Bild verschwunden. Der Mann saß da, als wäre er nie weg gewesen. Fange ich jetzt an, mir Dinge einzubilden? Oder war das die Realität gewesen? Oder… Vielleicht war ha das hier die Realität. Mein Leben als Michelle Hedley war nur geträumt. Ich könnte auch mein Gedächtnis verloren haben und dieser Traum war dann das einzige, an das ich mich erinnern konnte. Wäre theoretisch möglich. Sofort hatte ich jedoch den Gedanken, der meine Theorie zunichte machte. Falls alles von Michelle nur ein Traum war und Death Note mein wirkliches Leben verkörperte, woher wusste ich dann all die Dinge über L und Light und die anderen, obwohl sie mich gar nicht kannten? Selbst als Stalker würde man nicht L’s Namen finden und auch Light als Kira zu überführen wurde dank Ryuk schier unmöglich. … Wozu also solch verrückte Gedanken? Abrupt bog das Auto um eine Ecke. Schon wieder zuckte ich dabei unwillkürlich zusammen. Hatte gar nicht bemerkt, dass wir von der Autobahn runter gefahren sind und uns nun in der Innenstadt befanden. Gespannt drückte ich mein Gesicht gegen die Scheibe, wie ein Kind, das zum ersten Mal in seinem Leben eine Robbe im Zoo sah. Ich vernahm kurz das leise Lachen meines Fahrers, bevor die Scheibe mit einem Ruck anging sich nach unten zu bewegen. Ein kleiner Schreckenslaut entwich meiner Kehle, wie schon so oft an diesem Tag. Man sollte ihn als „Tag des Schreckenschreis“ feiern… Die Kulisse, die sich mir bot, war mal wieder atemberaubend. Diesmal waren es allerdings nicht hohe Gebäude und grelle Lichter, die mein wertvolles Gut klauten, sondern die verschiedenfarbigen Bäume links und rechts, die fern von jeder Hauptstraße hier gedeihen. Zwar herrschte keine absolute Stille, aber das war auch besser so, sonst wären die armen Studenten schon längst durchgedreht. Ich persönlich konnte es jedenfalls nicht sonderlich ab, wenn sich nichts um mich herum regte. Vor dem riesigen Eingangstor vor uns fanden sich ein paar Jungen, die angeregt über eine anscheinend äußerst interessante Neuigkeit diskutierten. Hastig stieg ich aus, um mehr zu erfahren, als mich der Fahrer nun doch scheinbar böse am Arm zurückhielt. Ihm einen entschuldigenden Blick zuwerfend, zückte ich ein paar Scheine aus meiner Hosentasche, murmelte ein halbwegs verständliches „Stimmt so“ und verdrückte mich, den verdutzt guckenden Fahrer hinter mir lassend. Eilig wie ich es hatte trat ich näher an die Jungsgruppe heran und spitzte die Ohren. „Ich frag mich, wieso.“ „Jop, passiert schließlich nicht jeden Tag, dass ein Star auftaucht, in den du auch noch verknallt bist.“ „Hör auf! Nur weil ich nicht gleich jedem Rock hinterher gucke…!“ In Gedanken fügte ich dem noch ein „…wie Light“ an. „Aber schon krass… Was hat ein Sternchen wie Misa-Misa hier verloren?“ „Die Frage ist wohl eher, warum die Polizei hier war.“ Mit offenem Mund starrte ich die drei an. Ich brachte ein gekeuchtes „Was?“ hervor, ehe ich mich auf einen von ihnen stürzte und ihn am Kragen packte. „Was ist passiert? Rede!“ Der Angesprochene starrte mich verschreckt an, schließlich antwortete einer seiner Kumpels für ihn. „Misa-Misa war hier, nur um dann beim Gehen von Bullen abgeführt zu werden. Warum, keine Ahnung. Und jetzt verpiss dich und lass meinen Freund los!“ Dem giftigen Ton in seiner Stimme folgend ließ ich von den Jungs ab, nur um gehetzt auf den Campus zu stürmen. Hinter mir murmelte einer noch „Komisches Mädel…“, während der andere irritiert seine Kleidung richtete. Wo?, fragte ich mich. Wo sind sie? Als hätte jemand meine Frage gehört, erhaschte ich noch einen raschen Blick auf das Geschehen. Am anderen Ende Campus, wirklich unübertrieben, stand ein schwarzes Auto nach dem andern. Noch von Weitem erkannte ich die in den Wagen stolpernde Person mit langen blonden Haaren, wobei diese kurz durch ein schwarzes Tuch unterbrochen wurden. Die Männer rings um sie herum trugen Motorradhelme und drängten sie dort hinein, während sie ihr gleichzeitig Handschellen anlegten. Misa!, schoss es mir durch den Kopf. Im selben Augenblick wusste ich, dass ich zu spät gekommen war. Verdammt! Entmutigt sackte ich zu Boden. Verdammt, verdammt, verdammt! Was sollte ich jetzt nur tun? Wie ein Häufchen Elend hockte ich dort am Boden. Einige Studenten warfen mir im Vorbeigehen einen tröstenden Blick zu, jedoch blieb keiner auch nur für eine Millisekunde stehen. Nur einer. Plötzlich stand er vor mir, hockte sich vor mich auf den Boden. „Was ist?“ Verzweifelt schaute ich in das Gesicht Ls. Wie oft würde ich es jetzt noch sehen können? „Ihr habt Misa verhaftet.“, brachte ich mit krächzender Stimme von mir. Nicht mehr lange und ich verlor die Selbstbeherrschung. „Wir hielten es für besser, dir nichts zu sagen. Du lagst immerhin im Krankenhaus.“ Natürlich konnte ich seine Aussage verstehen, nur leider er meine nicht. Wer konnte auch schon wissen, dass eine ‚kleine’ Verhaftung zum eigenen Tod führen würde? „Ich muss mich mit dir unterhalten. Unter vier Augen.“ Es kostete mich einiges an Überwindung, das auszusprechen. Nicht, weil ich so aufgeregt war, sondern wegen meiner Nervosität, was bald folgen würde. Zusammen saßen wir in einem netten kleinen Café. „Light hat es mir empfohlen.“ Ach so, dieses Café war es also. Ja, wenn man es wusste, fiel es einem wie Schuppen vor die Augen. [align type="left"]„Warum wolltest du mit mir sprechen?“ Ich zögerte. Sollte ich es ihm wirklich sagen? Seufzend machte ich mir klar, dass es ohnehin zu spät wäre, jetzt noch einen Rückzieher zu machen.[/align] „Also… Ich…“ Zu meinem Glück unterbrach mich in diesem Moment die Kellnerin. „Bitte sehr, Ihren großen Eisbecher. Und Ihre Eisschokolade.“ Es war ja so klar, dass der große Eisbecher für L war. Aber wie groß er war, war mir bei seiner Bestellung nicht bewusst gewesen. Gedankenverloren stocherte ich in der Sahne herum, in der Hoffnung, darin irgendwo einen Anfang für meinen Satz zu finden. Selbstverständlich fand ich keine Wörter aus Schokolade drin herumfliegen, weshalb ich etwas betrübt weiter herumstocherte. „Also?“ „L, ich… ich bin in…“ Genervt verdrehte ich die Augen, als auf einmal eine bekannte Melodie in mein Ohr drang. The World von Nightmare, das Opening von Death Note. L wand seine Hand in die Hosentasche, fischte darin nach seinem Handy und hielt es sich in seiner üblichen Haltung ans Ohr. „Entschuldige bitte.“ Ich nickte verstehend. „Ja? … Ah, Herr Yagami. … Ja, gut. … Verstanden. Soll ich mich auf den Weg zu Ihnen machen? … Gut, auf Wiederhören.“ Er steckte das aufklappbare Handy zurück zu seinem Platz. „Misa Amane wurde, wie du bereits erfahren hast, inhaftiert. Allerdings streitet sie absolut ab, Kira Zwei zu sein. Wir müssen uns auf den Weg dorthin machen.“ „Warte!“ Ich sprang auf und drückte ihn an der Schulter zurück in die Bank, als er Anstalten machte aufzustehen. Synchron nahmen wir wieder Platz, ehe ich meinen Satz von vorhin weiterführte. „Hör zu, L, ich… In Wirklichkeit heiße ich nicht Akio Noteshitsu.“ L gab sich sichtlich unbeeindruckt von meinem Geständnis. „Das weiß ich.“ Verblüfft weitete ich meine Augen. „Wie? Was meinst du, du weißt es?“ „Dein Verhalten, als du Watari am Telefon deinen Namen nanntest. Er meinte, du hättest länger als normal überlegt und die Tatsache, dass du Krach mit deinem Freund hattest, klingt mehr als nur unglaubwürdig. Wer würde dann schon nicht einmal Kleidung aus der gemeinsamen Wohnung mitnehmen?“ Mein Mundwinkel zuckte nach oben. Ich hatte L eindeutig unterschätzt. „Gut, okay. Du… weißt es also. Na dann.“ Irritiert lachend stand ich auf. Wollte weg. Es war teilweise echt peinlich, ich hatte die ganze Zeit nur die ahnungslose Akio gespielt und war dabei sofort aufgeflogen. Man, war das Pech oder meine Unfähigkeit zu lügen? Ich setzte ein gespieltes Lächeln auf meine Lippen. „Dann gibt’s wohl nichts mehr zu sagen. Auf Wiedersehen.“ Zu meiner Überraschung sprang dieses Mal L auf und hielt krampfhaft meinen Ellbogen fest. Für seine Gehhaltung erstaunlich schnell, zog er mich in einen kleineren Flur, vermutlich der Gang zu den Toiletten. Er drückte mich schmerzhaft gegen die Wand und lugte von unten zu mir herauf. Ehrlich gesagt jagte mir sein Blick etwas Angst ein – oder Respekt, wie auch immer. „Warum wolltest du zur Sonderkommission? Wolltest du uns ausspionieren? Für wen?“ Ich schluckte. Starrte ihn überrascht an. Wusste nicht, was ich sagen sollte. Jedes Wort wäre in diesem Moment überflüssig gewesen. Verdattert sackte ich zusammen. L hatte mir also nie vertraut? Es war nicht seine Schuld, das wusste ich. Innerlich schmerzte alles in mir, nach außen hin bewahrte ich mein Pokerface. Eine Sache, die ich niemals verlernen würde, beziehungsweise auf keinen Fall wollte. „Es ist nicht so, wie du denkst. Ich spioniere euch nicht aus. Das ist nicht mein Ziel.“ „Was dann?“ Nun war ich es, die ihn von unten herauf anschaute. Er hatte Recht. Was war eigentlich mein Ziel? Die ganze Zeit wollte ich ihn nur vorm Tod bewahren, dabei gab es anscheinend gar keine Möglichkeit dazu, oder? Statt zu antworten, schwieg ich. Dachte nach. Mal wieder. Misa wurde verhaftet, aber eigentlich hatte sie Light doch gar nicht kennengelernt…? Dafür konnte es nur eine Erklärung geben. Leider. Mühselig stand ich wieder auf, drängte mich beinahe mechanisch an L vorbei und bewegte mich auf den Ausgang zu. Er schaute mir nur hinterher, ließ mich einfach machen. Wo sollte ich jetzt hin? Außer der Zentrale hatte ich keinen Zufluchtsort. Mir blieb wohl gar nichts anderes übrig, als dorthin zu gehen. Langsam schlich ich durch die Straßen. Erntete böse Blicke, als ich beinahe über die rote Ampel lief. Sollten sich mal nicht so aufregen, die Leute, war ja nicht ihr Leben. Konnte das wirklich sein? Wenn ja, wer sorgte eigentlich dafür, dass es so lief? Gab es wirklich jemanden, der es bestimmte? Dann war es die Schuld einer Person, dass ich hier gelandet war. Aber so viel Macht konnte nicht von einer Person ausgehen. Aber, warum eigentlich nicht? Immerhin gab es schon Todesgötter, also wäre das nur eine Kleinigkeit daneben. Wer war der ‚Anführer’ der Todesgötter? Wer hatte sie erschaffen? Wenn ich das herausfinden konnte, dann wäre meine Lebensfrage geklärt. Warum passierte es so und nicht anders? Schicksal oder Zufall? Meine Füße trugen mich schneller durch die Straßen als gewollt. Es dauerte zwar, jedoch nicht lange, bis ich das riesige Gebäude vor mir sah. Vielleicht auch ein Fluch? Apathisch trat ich durch die Eingangstür, ignorierte das freudige Rufen Matsudas, ging einfach an ihm vorbei Richtung Fahrstuhl. Erst einmal die Treppe hinauf. Wie schön, weder Light noch L waren hier. Nicht einmal Watari war irgendwo in dem Raum aufzufinden. Vielleicht hatten sie sich abgesprochen? Kaum befand ich mich in meinem Zimmer, brach ich vor der Tür zusammen. Meine Hände fingen urplötzlich an zu zittern, meinen Atem konnte ich nicht mehr ruhig halten, meinen Blick nicht mehr kontrollieren. Eins rutschte mir jedoch nicht heraus. Kein einziger Schluchzer fand seinen Weg nach draußen. Ich weinte stumm in mich hinein. Es ließ sich nicht aufhalten. Weder die Tränen noch die Ereignisse. Das war es, was mich so frustrierte. So aus der Fassung brachte. Falls es Schicksal war, dann ein schreckliches. Für mich, sowie für L. Für Light, für Watari, Misa, Mello und all die anderen. Hatte überhaupt jemand seinen Nutzen aus der ganzen Sache gezogen? Doch, einem hatten die ganzen Morde die Langeweile vertrieben. Ryuk. Zählte der überhaupt? Er starb nicht, wenn er es nicht wollte, für ihn machte es keinen Unterschied. Aber all den anderen hatte ich Zeit verschafft. Nicht viel, aber etwas. Gab es dennoch eine Möglichkeit? Alle Fakten und Hinweise verneinten, das neueste Ereignis nicht außer Acht lassend. Bisher war es mir zwei Mal passiert: Lights Treffen mit Misa und ihre Verhaftung. Ich konnte es nicht verhindern, egal was ich getan hatte. Nur aufschieben. Mit Aufschieben konnte man den Tod nicht verhindern, nur hinauszögern, das Leben verlängern. Allerdings nur um ein wenig, vielleicht ein paar Tage, maximal zwei Wochen. Wie ging es jetzt nur weiter? Gab es eventuell doch noch einen Weg, Dinge vollends zu verhindern? Es konnte einfach noch nicht vorbei sein. * In Japan gilt Linksverkehr, das heißt die Fahrerseite mit Lenkrad befindet sich auf der rechten Seite. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)