Blue Diamond von Edphonse15 (Die Urversion!) ================================================================================ Kapitel 6: (2-2) Dafür sind Freunde da -------------------------------------- Kapitel 2: Dafür sind Freunde da „Ikehara Akira?“ Er sah ernst auf den etwas kleineren Zweitklässler herab. „J-ja?“ Sosuke musterte ihn sehr genau, verschränkte dann seine Arme vor der Brust. „Ich möchte etwas von dir wissen.“ Ihm war bewusst, dass Akira nicht sofort damit herausrücken würde. Dennoch wollte er es wenigstens probieren. „Machst du das, was ich denke, das du tust?“ Akira zuckte kurz zusammen und wandte seinen Kopf ab. „...“ Hinter der verspiegelten Brille konnte Sosuke den Blick des Anderen nicht erkennen. „Ich höre?“ Der Schwarzhaarige stützte sich ab und trat einen Schritt an den Jüngeren heran. „Keine Sorge. Ich werde niemandem etwas verraten.“ Sosuke lockerte seine Arme und kratzte sich am Kopf. „Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, warum es mich so interessiert. Es ist ja eigentlich deine Sache! Aber ich habe das Gefühl, dass da mehr dahinter steckt.“ Unsicher blickte er den Blonden an. „Wenn du nicht reden willst, dann musst du das natürlich nicht tun. Aber ich rate dir, es nicht weiterhin hier zu machen. Sonst wirst du noch von wem anderen erwischt.“ Sosuke lächelte verschmitzt und drehte sich nach Rechts um. „Verzeih, dass ich dich so bedrängt habe. Ich werd’ wieder gehen.“ Die Hand hatte der Ältere schon auf der Türklinke gehabt, als: „Ich...“ Überrascht doch noch etwas zu hören, stoppte Sosuke in seinem Vorhaben und sah über die Schulter hinweg zurück. „Ja?“ „Ich mache... Ich kann nicht anders...“, nuschelte Akira nur, den Kopf zur Seite drehend. „Immer...“ Seine leise Stimme klang zittrig. Sosuke trat von der Tür weg und versuchte einen Blick auf das Gesicht des Anderen zu werfen. „Wenn du dich öffnen willst, dann lieber nicht hier.“ Er lächelte und hielt ihm die Hand hin. Doch der Blonde schreckte nur verängstigt zurück. „Hm?“ „...“ Es folgte nur ein Kopfnicken. „Wo dann...?“ Sosuke überlegte und blickte gen Decke. „Auf dem Dach vielleicht. Die Stunde dürfte längst begonnen haben, deswegen ist da jetzt sicher keiner.“ Sie verloren keine Zeit. Sosuke und Akira, die etwa einen Meter Abstand zwischen sich hatten, gingen hintereinander zum Schuldach. Wie gesagt, war niemand zu sehen. Dass sie auf dem Weg hierher niemand entdeckt hatte, grenzte hingegen an Glück. „Und du fühlst dich sicher nicht gezwungen? Das ist es nicht, was ich möchte.“ Auf dem Boden sitzend, zog der Schwarzhaarige sein linkes Knie an, auf welchem er dann seinen linken Arm abstützte – sein rechtes Bein hatte er wie im Schneidersitz. „Setz dich.“ Dieser Aufforderung kam Akira zwar nach, doch behielt er einen gewissen Abstand ein. Es war, als wolle er keine Berührung riskieren. „...“ Ein wenig verlegen sah er sich um. Hier oben war er zuvor noch nicht gewesen – auch weil er von der Clique hier erfahren hatte. „Es ist so...“ Gespannt lauschte Sosuke den leisen Worten. Der Wind wehte etwas stärker, weswegen er sich die Haare aus dem Gesicht zu halten versuchte. „Dass ich es da mache, ...liegt daran...“ Akira atmete tief ein und aus. „... dass ich unter dem posttraumatischem Stresssyndrom leide.“ Dass der Junge das doch so leicht sagen konnte, verblüffte Sosuke dann doch. Mit so einer Offenheit hatte er wirklich nicht gerechnet gehabt. Sein Mund stand regelrecht offen und auch seine Augen taten es ihm gleich. „...“ Er wusste irgendwie nicht, was er nun sagen sollte. Er hatte mit etwas einfacherem oder perverserem gerechnet. „Und...“ „Wenn... Wenn mich jemand anfasst...“, sprach Akira nach kurzer Schweigepause weiter. „... dann kommen all die Gedanken wieder in mir hoch und ich...“ Er schien verzweifelt, da er den Kopf hin und her schüttelte. „Darf ich fragen, welche Erinnerungen?“ Sosuke hatte sich mittlerweile im Schneidersitz hingesetzt. „Ich hatte eine Freundin. Sie war ein paar Jahre älter als ich.“ Akira hob seinen Kopf an. Das Licht der Sonne spiegelte sich auf dessen Brille, was Sosuke kurz blendete. „Sie wollte es jeden Tag mit mir machen. Jedoch ist sie wegen meines Alters nie aufs Volle gegangen und so kam es, dass sie es mir...“ Verständnisvoll schüttelte Sosuke den Kopf. Er brauchte nicht weiter zu erzählen. Sosuke konnte sich schon denken, was er sagen wollte. „Ich war schon immer Anfällig. Schon als Kind habe ich immer einen Tick gehabt. Und irgendwann war es dann so, dass ich immer an jene Zeit erinnert wurde. Ich konnte niemanden mehr an mich heranlassen, ohne...“ Die Stimme Akiras überschlug sich förmlich, als er all dies aus sich rausließ. Damit schien ein großer Stein ins Rollen geraten zu sein. Sosuke hob zwar seine Arme, versuchte sein Gegenüber jedoch nicht anzufassen. „Beruhig dich! Das bekommt man in den Griff!“ „Das sagst du so einfach!“ Akiras Laune schlug um. Wütend war er aufgestanden und schrie den Älteren an. „Ich habe keine andere Wahl! Ich werde nie wieder jemanden an mich heranlassen können! Hast du eine Ahnung, was für eine Qual das ist?! Wohl kaum!“ „Wa-warte mal! Ich...!“ Der Schwarzhaarige stand nun auch auf und trat nahe an den Blonden heran. „Wenn du willst, dann helfe ich dir! Es mag komisch sein, da wir uns ja so überhaupt nicht kennen, aber ich kann dein Leid verstehen. Und ich will nicht, dass jemand wegen einer Krankheit sein Leben lang allein sein muss!“ Sich selbst verstand Sosuke selber nicht. Doch er spürte diesen Drang in sich, diesem armen Jungen zu helfen. Scheinbar hatte er es noch niemandem anvertraut gehabt und das allein gab ihm den Mut dazu, es ihm anzubieten. „Vertau mir.“ Akira biss sich auf die Unterlippe, trat einen Schritt zurück und senkte seinen Kopf. „Soll ich das wirklich glauben? Bist du nicht auch einer von denen, die sich über alle Lustig machen?! Warum sollte ich dir, einem Wildfremden, einfach so vertrauen?!“ Da hatte er Recht. „...“ Mit gesenktem Haupt überlegte Sosuke, was er nun tun musste, um das Vertrauen des Anderen zu gewinnen. „Kannst du mir sagen...“, fing er an, stockte dann jedoch sogleich. Er wusste wirklich nicht, wie er jetzt reagieren sollte. „Ich habe keine Ahnung von Medizin. Und ein Psychologe bin ich auch nicht. Keines von beidem möchte ich einmal werden. Im Gegenteil. Ich habe andere Ziele!“ Selbstsicher hob er den Kopf wieder an und sah Akira tief in die Augen. „Ich möchte einmal einen Laden aufmachen. Einen, in dem sich jeder wohl fühlt und am liebsten nie wieder gehen will. Und dies ist der erste Schritt dazu. Ich kann dir wirklich nicht beschreiben, welches Gefühl gerade in mir ist. Ich kann es ja selber nicht zuordnen! Aber bei einem bin ich mir ganz sicher! Niemand hat es verdient zu Leiden. Sei es durch einen Menschen, durch die Umwelt oder eben durch Krankheit. Leid und Schmerz hat jeder zu ertragen. Keiner bleibt dem verschont. Und doch will jeder fliehen und all dem Entkommen. Mein Traum ist ein Laden, in dem man seine Sorgen vergisst!“ Akira war erstaunt von dem hochgestecktem Ziel seines Gegenübers. „Aber...“ „Es gibt kein Aber! Ich werde meinen Traum verwirklichen, koste es, was es wolle! Hör zu, Akira!“ Einen Schritt kam er dem Anderen näher und hielt kurz darauf seine rechte Hand in die Luft, während seine Linke flach auf der Brust platz fand. „Wenn ich dir nicht helfen kann, dann wird das zukünftig nur noch schwerer umzusetzen sein. Ich weiß nicht, ob du mich verstehst, aber – und versteh mich bitte nicht falsch – an dir kann ich testen, ob ich es schaffen kann. Ich möchte doch nur, dass alle im Leben ein wenig Glück erfahren.“ Sosuke holte kurz Luft. „Darf ich dir helfen, deinem Leid ein Ende zu setzen?“ Sprachlos blickte der Blonde den Älteren an. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. „Ich...“ Er empfand den Wunschtraum Sosukes als anmaßend. Und doch hoffte er, dass er es schaffte. So ein Laden wäre sicher eine Bereicherung für die Menschheit. Nach Minuten der Stille senkte er seinen Kopf und murmelte ein paar Worte vor sich hin: „Aber wie...?“ „Wie? Soweit ich weiß, muss man mit dem PTSS ganz speziell umgehen. Langsam angehen und nichts überstürzen. Natürlich ist eine Therapie empfehlenswert; aber auch Familie und Freunde müssen einem Beistehen.“ Sosuke lächelte. „Ich kann mich informieren. Und wenn du willst, wagen wir den ersten Schritt. Du wirst sehen, dass man alles schaffen kann. Aber, Akira, du musst es wollen.“ Mit ernst in der Stimme wagte er sich noch einen halben Schritt vor, sodass die beiden nicht mehr viel Abstand bot. Instinktiv wich der Jüngere daraufhin zurück. „Es wollen...?“, wiederholte Akira die Worte Sosukes. „Ich will es...“, murmelte er noch und ein kaum merkliches Lächeln stahl sich auf dessen Lippen. „Ich will das nicht mehr haben!“ „Sag’s noch mal! Diesmal noch entschlossener!“ „Ich will mich befreien!“ Akira schien Mut zu schöpfen. Das Lächeln zeichnete sich deutlich auf seinen Lippen ab und auch sein Blick war entschlossener denn je. „Zusammen werden wir dein Problem in den Griff bekommen! Ich werde sehen, was sich machen lässt. Und du sei dir bewusst, dass es kein leichter Weg werden wird, Akira. Das ist harte Arbeit. Du solltest dich auch deiner Familie und deinen Freunden anvertrauen.“ Der Angesprochene nickte nur und verbeugte sich schließlich vor Sosuke. „Was...?“ „Ich danke dir.“ „Aber warum? Ich hab doch noch nichts getan...?!“ „Ich hatte nie den Mut darüber zu reden. Und um mich dagegen zu wehren, war ich zu schwach. Alleine, dachte ich, würde ich irgendwann damit umgehen können. Du hast mir die Augen geöffnet. Und ich hoffe sehr, dass du deinen Traum erfüllen kannst.“ Verlegen kratzte sich Sosuke am Hinterkopf. „Ach...“ Selten war ihm etwas so unangenehm, wie in diesem Moment. „Jeder kann es schaffen, wenn er sich nur aufraffen kann.“ Sosuke lächelte den Jüngeren an und blickte kurz auf sein Handy. „Bald fängt die nächste Stunde an. Wir sollten gehen“, meinte er nur und steckte das Gerät wieder ein. „Treffen wir uns morgen wieder hier?“ Akira zögerte kurz. „Werden... Werden deine Freunde dabei sein...?“ Sosuke sah den Kleinen überrascht an und nickte. „Ja. Aber keine Sorge, ich werde ihnen nichts sagen. Du wirst dich besser mit ihnen verstehen, als du denkst. Die beiden sind echt feine Kerle!“ Breit grinste Sosuke und ging voraus. Er wartete kurz auf Akira, der sich nun auch bewegte und öffnete diesem die Tür. „Morgen zur Mittagspause. Sei pünktlich!“ Der Blonde senkte seinen Kopf, nickte und ging an dem Dunkelhaarigen vorbei. Am nächsten Tag würde er also zwei weiteren begegnen... Die Stunden waren wie im Flug vergangen und so trafen sich Akira und Sosuke erneut. Der Dunkelhaarige war bereits auf dem Dach und unterhielt sich angeregt mit Tamanosuke und Keisuke. Das Quietschen der Tür ließ die Drei aufsehen. Sosuke erkannte wer da kam und stand auf. „Leute, das ist Ikehara Akira-kun. Ich habe ja von ihm erzählt.“ Kurz zuckte der Jüngste der Gruppe zusammen. Er fragte sich, was sein Senpai wohl über ihn erzählt hatte. „Guten Tag“, begrüßte er alle und verbeugte sich leicht. „Du brauchst nicht so förmlich zu sein, Akira-kun“, gab Tamanosuke zu verstehen und lächelte. Er hielt dem Jüngeren seine Hand hin, als er sich vorstellte: „Ich bin Michida Tamanosuke. Freut mich, dich kennenzulernen.“ Die ihm hingereichte Hand nahm Akira nicht an. „Freut mich auch.“ An seinem verhaltenem Lächeln konnte Tama erkennen, dass er seine Hand nicht annehmen würde. Er sah ihn fragend an. „Hatte ich vergessen zu erwähnen“, unterbrach Sosuke. „Anfassen geht nicht.“ „Soso. Hallo. Keisuke Fujii mein Name”, machte Kei weiter und stand auf. Neugierig beugte er sich über den Jüngeren. „Eine verspiegelte Brille...?“, bemerkte er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso denn das?“ „...“ Akira schwieg. Dieses Thema wollte er vor Fremden nun wirklich nicht breittreten. „Lasst ihn doch in Ruhe. Es gibt seine Gründe dafür!“, schritt Sosuke ein und hielt den Dunkelblonden zurück. „Akira. Setz dich her. Tama hat auch für dich ein Bento gemacht.“ Die Gruppe nahm sich dann Zeit für die mitgebrachten Bentos Tamanosukes, welcher in einer Familie groß wurde, in der alle kochten oder backten. Sie unterhielten sich lange Zeit und schnell stellte sich heraus, dass Akira in die Runde passte. Trotz dessen Aussehen, war er doch ein offener, junger Mann und eben das war fast Nötig. Der Jüngere fühlte sich Anfangs noch etwas unwohl, spürte aber genau die enge Verbundenheit der „drei Ke’s“ und war fasziniert davon. „Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?“ Dabei sah der Jüngste vom einen zum nächsten. Die drei Drittklässler sahen einander an. „Am ersten Schultag, oder?“ „Ja. Wir standen zufällig alle in der ersten Reihe und dann gab’s auf einmal einen Aufruhr. Wir halfen mit den Streit zu schlichten und landeten dann alle bei der Schulärztin. Es hatte sich herausgestellt, dass wir ganz ähnliche Namen hatten und dann entwickelte es sich praktisch von selbst“, erzählte Sosuke. Tama und Kei nickten dem nur zu. „Sowas...“, murmelte Akira und lächelte. „So kanns gehen...“, schmunzelte der Dunkelhaarige, als kurz darauf die Schulglocke erklang. „Wir müssen los.“ „Kommst du morgen wieder?“, fragte Tama, während er die Bento zusammenpackte. „Du bist jederzeit willkommen.“ Das freute Akira dann doch. „Gerne! Und danke für das leckere Bento, Michida-san!“ „Nenn mich doch einfach Tama“, meinte dieser und stand auf. „Okay, Tamanosuke-san.“ Akira würde ihn noch nicht so vertraut ansprechen können, aber es war schon ein erster Schritt. „Gut. Dann bis morgen, Akira!“ Sosuke freute sich sichtlich. Zusammen gingen sie in die Klassen zurück. So und so ähnlich vergingen viele Wochen. Mit der Zeit freundeten sich die vier Schüler immer besser an und mittlerweile gehörte Akira wie selbstverständlich dazu. Von den Problemen des Blonden hatte Sôsuke erst mit dessen Einverständnis erzählt und wie zu erwarten war, gaben auch Tamanosuke und Keisuke ihr Wort, dem Jüngeren so weit es ging zu helfen. In diesen Monaten jedoch trafen sie sich immer seltener, da für die Drittklässler die ersten vorbereitenden Prüfungen anstanden. Auch Akira hatte einiges zu tun. Dennoch arrangierten sie sich immer, trafen sich dafür öfter auch nach der Schule und schon bald waren sie ein eingeschworenes Team. Jahre verstrichen. Sôsuke und seine Freunde besuchten nun die Universität um dort die theoretischen Fähigkeiten für die Zukunft zu erlernen. Bis auf Tamanosuke, welcher seine Kochlehre in einem nahegelegenem Restaurant angetreten und nun ein begehrter Geselle war. Sie alle hatten viel Für- und Miteinander erlebt und zusammen das sagten sie sich immer – würden sie den Traum des Blue Diamond hochleben lassen. Sicherlich war der Weg steil und steinig, aber Gemeinsam konnten sie diesen einzigartigen Traum des Schwarzhaarigen verwirklichen und mit ihm den Menschen das Glück wieder ein Stückchen näher bringen. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)