Blue Diamond von Edphonse15 (Die Urversion!) ================================================================================ Kapitel 1: (1-1) Das Richtige ----------------------------- Das Richtige Mini-Prolog Unzählige große Städte. Überfüllt mit Menschen. Fremde wie Freunde. Wo stehen wir? Viele Lichter. Reklame über Reklame. Gebäude, hoch wie der Himmel. Taghell, obwohl Nacht. Sterne wie verschwunden. Es sind eben diese Dinge, die unser Leben bestimmen. Auch das meinige. Wären wir uns damals nicht begegnet, wäre mir nie Bewusst geworden, wie schön die Welt doch sein kann. (1-1) Das richtige Auftreten Ich war wegen meines Jobs in Tokio unterwegs gewesen. Einer der wichtigen Sponsoren hatte mich zu sich gerufen. Um was es ging? Geld. Es geht doch immer nur ums Geld. Ganz egal ob große, eigentlich steinreiche Firma oder eine kleine Familie abseits der Stadtmitte. Immer nur machte man sich Sorgen um das liebe Geld. Verflucht sei es. Ich mochte meine Arbeit nicht. Ich kann schon gar nicht mehr sagen, warum ich das unbedingt machen wollte. Ich war Jung. Und mein Vater... Ja, er wollte es auch. Im obersten Stock war das Meeting angesetzt. Mein Hotel, in welchem ich mich einquartiert hatte, lag nur wenige Minuten vom Firmensitz entfernt. Ich ging also nicht zu Früh los – wollte eigentlich gar nicht hin. Doch es war meine Pflicht. Viele, schier endlos wirkende, Minuten, fuhr der aus glänzendem Metall bestehende Aufzug nach oben. Keiner der anwesenden Personen sprach ein Wort. Es war wie ausgestorben – wie so oft. Kaum ausgestiegen wurde ich auch schon von einer jungen Dame empfangen. Sie hatte mittellanges, blondes Haar und einen weißen Anzug an. Sie war schlank und die Brille stand ihr gut. Auf dem Papierstapel, den sie in der Hand hielt, notierte sie etwas, ehe sie mich lächelnd begrüßte. „Guten Tag. Bitte. Folgen Sie mir.“ Ich gab ein freundliches Grußwort zurück und ging ihr nach. Der Weg zum Chefbüro erschien mir so lang, wie keines zuvor. Lag aber vielleicht auch am schmalen Korridor, der recht schlicht gehalten war. „Treten Sie ein, Iro-san“, gab die Dame mir zu verstehen, öffnete daraufhin die gläserne Tür zu seinem Büro. Nach einer leichten Verbeugung betrat ich den hellen Raum, in dessen Mitte ein großer Tisch stand. Ganz aus Glas war die Platte, gehalten auf einigen metallenen Füßen. Ich verneigte mich und trat dann an das Pult des Mannes vor, der der Firma meines Bosses so oft aushalf. „Guten Tag, Washi-san. Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.“ Ganz seinem Namen entsprechend, sah mich der Mann mir Gegenüber mit scharfem Adlerblick an. Seine schmalen Mandelaugen und sein glänzendes schwarzes Haar machten ebenso Eindruck wie sein dunkel gehaltener Maßanzug. Er schien im zarten Alter von etwa 30 Jahren zu sein. Noch Jung, dafür dass er ein so hohes Tier war. „Guten Tag, Iro-san.“ Der Mann reichte mir seine Hand zum Gruß – eine sehr seltene Geste für einen Japaner. Ich trage zwar einen japanischen Namen, doch aufgewachsen bin ich nicht in Japan. Meine Heimat ist der Westen Europas. Genauer gesagt, habe ich mal hier und mal da gelebt. Aber am schönsten war es doch nahe Deutschlands. Und obwohl ich kein gebürtiger Einwohner des Landes der aufgehenden Sonne bin, so kenne ich doch die meisten Sitten und Gebräuche. Seinen Handschlag erwidernd reichte ich ihm dennoch meine Visitenkarte, die er mit einem Lächeln auf den Lippen annahm. „Kommen wir gleich zur Sache.“ Während er dies verlauten ließ, nahm ich unweit von ihm entfernt platz. Seine Stimme war tiefer als ich sie mir vorgestellt hatte. Aber sie passte zu ihm und hatte etwas, das ich nicht definieren konnte. „Wir, das heißt, der Vorstand und ich, zweifeln am Profit. Es stellt sich uns die Frage, ob es sich noch lohnt, weiterhin in Ihre Firma zu investieren.“ Sein ernster Blick machte es mir nicht leichter. Im Gegenteil. Wüsste er, wie egal mir das ganze wäre, wäre die Sache einfacher. Nun hieß es aber, das mühsam erstellte Konzept und meine Überredungskunst darzubringen. „Hören Sie...“, fing ich nach kurzem Warten an. „Nein. Sie hören jetzt mir zu!“ Der vor wenigen Augenblicken noch freundliche Blick war mit einem Male verschwunden. „Sagen Sie mir, und das in eigenen Worten, warum wir Sie noch unterstützen sollen!“ Tief sah er mir dabei in die Augen. Ich schwieg. Was sollte ich darauf antworten? „Ich höre.“ Meine Augen schließend, kicherte ich kurz auf. „Wissen Sie...“, gab ich leise von mir. Ich stand auf und lehnte mich auf dem Glastisch ab. „Es ist mir eigentlich ganz egal, ob Sie die Firma, in der ich nur Angestellter bin, weiterhin unterstützen. Ich darf frei sprechen? Bitte. Ich habe andere Sorgen als meine ungeliebte Arbeit! Es geht doch eh immer nur ums Geld! Was kümmert mich das? Wenn es uns so schlecht geht, dann kann man doch wen anderes als Sponsor suchen, oder etwa nicht? Geldsorgen... Hat die denn nicht jeder? Und jeder kommt irgendwie damit klar. Nur große Firmen, die brauchen Leute, die alles bezahlen. Aber wofür das alles? Schulden machen einen das Leben niemals leichter.“ Ich holte kurz Luft. Ich war wütend. Ehrlich und abwertend waren die Worte, welche ich dem fremden Firmenchef an den Kopf warf – aber es waren meine Gedanken. „Ich wünsche mir, dass Sie Ihre Firma gut leiten. Das ist es doch, worauf es eigentlich ankommt, oder nicht? Washi-san?“ Der Mann schwieg. Ich war wohl doch zu aufbrausend gewesen. Das hatte ich nun davon. Sobald mein Chef davon erfährt, bin ich den Job los. Obwohl, so schlecht wäre das auch nicht. „Sagen Sie...“, begann der Andere und hob den Kopf ein wenig an. Ich spürte, wie sich kalter Schweiß auf meinen Handflächen bildete und ich wegzurutschen drohte. „Sie mögen Ihren derzeitigen Beruf nicht?“ „... Nein, nicht wirklich.“ Worauf wollte Washi-san da hinaus? „Hätten Sie Interesse daran, bei uns anzufangen? Wir suchen immer nach Leuten, die ihre eigene Meinung offen und ehrlich sagen. Außerdem...“ Ich horchte auf. „Außerdem...?“ Ein Grinsen, dessen Bedeutung mir schleierhaft erschien, bildete sich auf den Lippen des Firmenbosses. „Außerdem scheinen Sie Mut zu haben. Sie gefallen mir.“ Ich gefalle ihm? In welcher Hinsicht? Wie ich meine Meinung sagte? Äußerlich? Charakterlich? „Überlegen Sie es sich. Ich werde mich bald bei Ihnen melden. Und keine Sorge, wir werden Sie weiterhin unterstützen.“ Ich sah perplex drein. „D-danke...“, nuschelte ich nur und verbeugte mich. Das Hochhaus hatte ich schneller verlassen können, als betreten. Ging der Aufzug abwärts flotter voran oder bilde ich mir das ein? „Er meldet sich bei mir?“ Immer mehr stellte sich mir die Frage, warum er ausgerechnet mich haben wollte. Ich bin kein mutiger Mensch, im Gegenteil – aber wenn ich jemanden meine Meinung sagte, dann ordentlich. „Was mach ich nun?“ _______________________________________________ Fortsetzung folgt in (1-2). Kapitel 2: (1-2) Die richtige Entscheidung? ------------------------------------------- Weiter gehts ;) ~~~~~~~ (2) Die richtige Entscheidung? In meinem Hotelzimmer angekommen – und von Schuhen und Jacke befreit – begab ich mich zuallererst ins Badezimmer. Ich freute mich schon richtig auf die erfrischende Dusche. Vom warmen Nass benetzt, kamen mir wieder die Worte Washi-sans in den Sinn. Ich fragte mich, was für einen Eindruck ich wohl hinterlassen hatte. Positiv konnte der eigentlich nicht gewesen sein... Nachdem ich mich abgetrocknet und aufs Bett gesetzt hatte, überlegte ich, was ich zu Abend essen sollte. Auf einen schlichten Imbiss hatte ich keinen Bock. Schick Essen gehen war alleine zu langweilig. „Ich glaub’, ich geh einfach einen trinken.“ Ich raffte mich schließlich auf und zog mir ein schlichtes, dunkelblaues Polo-Shirt und eine schwarze Jeans an. Ein wenig Parfum aufgelegt und die Haare etwas zurückgegelt, war ich auch schon auf dem Sprung. Ich wusste, dass es ganz in der Nähe des Hotels eine Bar gab. Zumindest sagte mein Chef, dass er da ganz gerne war. Als ich vor dem Hotel stand, war ich ganz überwältigt von den vielen Lichtern, welche die Nacht zum Tag machten. Da war mir meine kleine Heimatstadt lieber. Kurz sah ich mich um, ehe ich mich auf den Weg machte. Der Weg zu der Bar war nicht weit – ich brauchte keine fünf Minuten dorthin. Wenn mich nicht alles täuschte, befand sie sich in einem dieser Rotlichtviertel, was mir dann doch ein wenig Unbehagen brachte. Dennoch ging ich weiter und schließlich auch in die Bar, Blue Diamond nannte sie sich, hinein. Mein erster Eindruck? Die Lounge war in warmen Rot und Orange-Tönen gehalten. Die Menschen sahen alle miteinander glücklich aus. Der Tresen wurde mit blauen Lichtern und diamantförmigen Leuchtern geschmückt – daher wohl der Name. Ein Glück, denn ich hatte schon befürchtet, dass es sich hier um eine Schwulenbar handelte. Ich setzte mich nach einigem hin und her an den Tresen und bestellte mir einen Cocktail – Blue Diamond, den Haus-Drink. Wie zu erwarten war dieser Blau gefärbt und mit einem Diamant auf dem Schirmchen. Ob ich da einen Frauendrink vor mir hatte, wusste ich anfangs nicht. Ich kostete ihn vorsichtig. Zu meinem erstaunen schmeckte er besser als er aussah. Ich drehte mich dann um und beobachtete die Menschen um mich herum. Sah ihnen beim Tanzen zu, entspannte auf diese Weise ein wenig. „Sind Sie das erste Mal hier?“ Der Barkeeper, gekleidet mit einem weißen Hemd und einem dunklem Jackett, polierte gerade eines der vielen Gläser, als er mich ansprach. Ich wandte meinen Kopf ein wenig und nickte lächelnd. „Ja. Ich bin geschäftlich in der Gegend. Mein Chef empfahl mir diese Bar.“ „Da haben Sie aber Glück. Heute ist „Red Night“.“ Er stellte das Glas beiseite und stützte sich auf dem Tresen ab. „Red Night?“ Ich wusste nicht genau, was das bedeutete. Aber wahrscheinlich hatten die Farben etwas damit zu tun. „Sie müssen wissen, dass dies eigentlich keine normale Bar ist und wir meist nur männliche Kunden bedienen. Heute ist offener Abend. Da dürfen auch Frauen mit ihren Freunden oder Freundinnen sich mit unseren Damen und Herren begnügen.“ Ich verstand nicht. Was sollte das bedeuten? „Also... Dann ist dies eigentlich eine Schwulenbar?“ Doch der Barkeeper schüttelte seinen Kopf. „Nein, Nein. Nicht einfach eine Bar. Wir bieten Männern den Service, sich mit Frauen oder Männern genau so zu vergnügen, wie diese es wollen. Man könnte sagen, dass wir ein etwas anderer Host-Club sind.“ Host-Club. Davon hatte ich schon gehört. Das waren Läden, bei denen sich Kunden umschmeicheln lassen, aber eigentlich nichts Sexuelles miteinander anfingen. Ich war nun Neugierig und wollte mehr wissen. Ich drehte mich nun zu dem Mann um. „Und welche Tätigkeiten genau sind es, die hier angeboten werden?“ Der Drink war mittlerweile dem Ende zugegangen und ich bestellte gleich einen Neuen. „Nun. Das liegt natürlich immer an den Wünschen der Kunden. Die meisten aber suchen einfach nette Menschen, mit denen sie vertraut über ihre Sorgen reden können, in dem Wissen, dass es nie jemand erfährt.“ „So ist das also...“, murmelte ich und blickte mich noch einmal im Raum um. „Und dieser Dienst wird eigentlich nur Männern angeboten? Warum?“ Das wollte mir nicht in den Sinn... „Wie soll ich sagen? Wir haben noch nicht genügend weibliches Personal, um für die weiblichen Kunden Sorgen zu können. Und davon einmal abgesehen, ist es bei Frauen meistens so, dass sie ihre Freundinnen für solche Themen haben. Bei vielen Männern ist das etwas anders. Deswegen kommen sie zu uns. Hier können sie ihren Sorgen Luft machen und sich im nachhinein keine Gedanken darum machen. Dafür stehen wir.“ „Hm“, entgegnete ich nur und trank auch den letzten Schluck meines Drinks aus. Die Idee hinter diesem Laden war nicht schlecht. Aber ich fragte mich, ob es wirklich so viele Männer gab, die ihre Sorgen völlig Fremden anvertrauten. Die Musik wurde mit einem Male ausgeschaltet und eine freundliche Männerstimme erklang. „Verehrte Gäste. Unser Personal steht jetzt zu Ihrer Verfügung. Bitte begeben Sie sich zu den Räumlichkeiten, die ihnen zugeteilt wurden. Einen schönen Abend noch und vielen Dank für Ihren Besuch im Blue Diamond.“ Kurz darauf erklang wieder leise Musik. Ein Teil der Leute, etwa Sechs bis Sieben Mann, begaben sich tatsächlich zu diesen Räumlichkeiten, die in einem Nebenraum zu sein schienen. „Man bekommt jemanden zugeteilt?“ Ich sah den Barkeeper, der kurz einen Gast bewirtete, fragend an. „Nun ja. Das hat zwei Gründe“, fing er an zu erklären und kam wieder zu mir herüber. „Die meisten hier sind Stammkunden. Und damit die Privatsphäre garantiert bleibt, bekommt man bei jedem Besuch jemand neuen zugeteilt. Außerdem ist so auszuschließen, dass einer zu viele Kunden an einem Abend versorgt.“ „Macht Sinn.“ Ich sah nachdenklich zu dem Nebenraum. „Seine Sorgen loswerden...“, murmelte ich. „Möchten Sie es auch einmal probieren? Heute kostet es nur die Hälfte.“ Er lächelte mich freundlich an. „Ist nicht schon alles besetzt?“ Ich wusste nicht, ob ich mich darauf einlassen sollte. Aber es faszinierte mich und Sorgen abbauen konnte nie schaden. „Nun Ja. Ein Raum ist immer für besondere Gäste frei. Da der Herr nur Leute empfängt, die, wie er sagt, ‚seiner Kragenweite’ entsprechen. Und Sie scheinen mir fast so ein Kandidat zu sein. Es wäre zwar durchaus möglich, dass er Sie abweist, aber ich kenne ihn gut und bin mir sicher, das dem nicht so sein wird.“ Erstaunt sah ich den Mann an. Es gab also jemanden, der nur bestimmte Leute anhörte? Solche, die ihm in den Kram passten? Snob, dachte ich noch, ehe mir ein Schlüssel mit goldenem Anhänger hingehalten wurde. Auf dem Anhänger war ein Adler abgebildet. „Möchten Sie es einmal versuchen?“ Der Schlüssel baumelte vor meinen Augen hin und her. Ich sah aus dem Augenwinkel noch einmal zu jenen Räumlichkeiten, aus welchen glückliche Menschen herauskamen und fasste mir ein Herz. „Ja. Aber vorher bitte noch einen Drink.“ „Gerne, der Herr.“ Nun war es besiegelt. Mit dem Schlüssel und dem Cocktail in den Händen machte ich mich auf den Weg zu dem Zimmer mit Adler. Wer mich da wohl erwartete? Fortsetzung folgt... Kapitel 3: (1-3) Die zweite Begegnung ------------------------------------- Drittes Kapitel zu "Das Richtige" - leider etwas kurz geraten V_V Ich hoffe, es (allen voran Washi-san) gefällt euch dennoch :) [Kapitel 2-2 ist bereits fast fertig] Enjoy! _______________________ (3) Die zweite Begegnung Ich stand da nun also vor dem Zimmer, zu dem dieser Schlüssel passte. Nervös nippte ich noch einmal an meinem Drink. Tief atmete ich ein letztes Mal ein, ehe ich den Schlüssel langsam in das Schloss einführte. Meine Finger ruhten noch kurz auf diesem, drehte ihn dann aber schließlich um. Ein Klacken sagte mir, dass die Tür nun aufgeschlossen war und nur noch geöffnet werden musste. Ob der Mann da drinnen auf jemanden wartet? Wie war das wohl geregelt? „Herein.“ Eine Stimme drang an mein Ohr, als ich den Türgriff gerade in die Hand genommen hatte. Also wartete man tatsächlich darauf, dass jemand mit diesem Schlüssel herkam. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und trat dann mit neuer Entschlossenheit ein. „Guten Abend“, gab ich von mir und richtete meinen Blick auf den Mann vor mir, der ganz bequem auf einer ledernen Couch saß. Hinter ihm schien das Licht der Stadt in den Raum, sodass ich ihn nur Schleierhaft erkennen konnte. Der Raum war groß gehalten, in dunkelroten Tönen gestrichen worden und sogar der Teppich wirkte elegant. Die Möbel waren aus hochwertigen Materialien hergestellt. Die Couch aus rot-braunem Leder passte gut in das Ambiente. Vor dieser stand ein kleiner Glastisch. Flaschen mit alkoholischen Getränken fand man in einer eleganten, aus dunklen Hölzern gemachten, Vitrine, die mit schwachem Licht beleuchtet war. „Kommen Sie doch näher“, deutete mir der Mann, mich zu ihm zu setzen. Ich zögerte erst noch eine Sekunde, ehe ich die Tür hinter mir schloss und mich dann dem Mann gegenüber hinsetze. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Mann Ähnlichkeit mit Washi-san haben könnte, aber ich redete mir ein, dass dies nicht sein konnte. „Nicht so schüchtern“, gab er mir zu verstehen und lächelte. „Möchten Sie noch einen Drink?“ Sein Blick fiel auf das leere Glas in meiner Hand. Er ahnte wohl, dass ich schon etwas intus hatte. Ich nickte nur. Er stand daraufhin auf, ging zu der Vitrine und öffnete die rechte Tür. „Darf es ein Whiskey sein?“ Er sah mich über die rechte Schulter hinweg an und ich konnte wieder nur nicken. Er schenkte die zwei Gläser in etwa zur Hälfte ein und stellte diese dann auf den Tisch, eins vor mich und das seinige zu sich. „Dass wir uns auf diese Weise wieder begegnen würden“, murmelte er lachend und nippte an dem Whiskey. Ich hatte es ja schon geahnt und mit diesen Worten wurde mein Verdacht noch einmal bestätigt. „Washi-san...?“ Ich zögerte. Was tat ich hier? Warum war ich in dieses Zimmer gegangen? „Wieso...?“ „Seien Sie unbesorgt, Renjiro-san. Ich werde Ihnen sicherlich nichts tun.“ Sein durchdringender Blick ließ mich erstarren. Warum nannte er mich bei meinem Vornamen? Ich meine, wir kannten uns nicht – waren wir uns doch nicht vertraut. „Warum so nervös?“ „I-ich...“ Mein Blick schweifte ab. Ich wusste, warum ich hierher gekommen war, doch dass jetzt ausgerechnet er vor mir saß, machte mir mehr zu schaffen, als ich gedacht hatte. „Ich bin...“ Mir fehlten die Worte. „Sie wundern sich, dass ich nun vor Ihnen sitze, habe ich Recht?“ Er lachte kurz auf und stützte drin Kinn dann auf seinen Händen ab, nachdem er seine Arme auf dem Tisch platzierte. „Keine Sorge. Wir werden nur Reden. Schließlich bin ich nur dafür da.“ Ob das denn so stimmte? Aber egal was mich jetzt so nervös machte, er hatte Recht. Ich war hier, um mich mal so richtig auszulassen! „Wie geht das hier vonstatten?“ Selbstsicher trank ich einen Schluck und parierte den Blick meines Gegenübers. Washi-san sah mich zuerst erstaunt an, da sich mein Sinneswandel keineswegs angekündigt hatte. „Ahahaha! Sie sind mir ja einer!“ Er lachte laut auf und fuhr sich, dabei zurücklehnend, durch die Haare. „Genau das ist es, was mir so an Ihnen gefällt!“ Sein Lachen verstummte und die Stimmung schien sich plötzlich zu verändern. „Sie können einfach alles von der Seele reden. Ich werde Ihnen zuhören und wenn Sie wollen, werde ich meine Meinung äußern. Bleiben Sie sitzen, oder gehen Sie ein wenig umher. Natürlich kann man auch bei einer Runde Schach seinen Kopf frei bekommen. Wir richten uns stets nach dem Kunden.“ Höflicher als gedacht bekam ich eine ordentliche Antwort, bei der ich einen neuen Eindruck von dem Mann bekam. Ich konnte seinen Charakter zwar noch immer nicht so Recht entschlüsseln, doch mittlerweile kam ich besser mit Washi-san klar. Nach nur wenigen Minuten, die ich für meinen Whiskey brauchte, lockerte ich meine Haltung und fing einfach an zu reden. Über ganz belanglose Sachen wie den Spritkosten, über meinen Job, bis hin zu meiner Heimat. Ich saß da sicherlich ein paar Stunden, zumindest kam mir die Zeit wirklich lang vor. Es war, als könnte ich endlich alles abschütteln, was mich so einengte. „Und wie kam es dazu, dass Sie nach Tokio geschickt wurden?“ „...“ Ich überlegte kurz. Wie war das noch gleich gewesen? „Ich bin wohl einfach Chefs Liebling, da ich mich nie wirklich beschwere und immer tue, was man mir abverlangt.“ Ich senkte meinen Kopf, schwenkte mein neu eingeschenktes Glas – welches nun schon das sechste sein dürfte. „...“ Washi-san schwieg. Ich fühlte mich durch das plötzliche Schweigen seinerseits unwohl. Der Alkohol machte sich auch langsam bemerkbar. In meinem Kopf wurde alles von einem Schleier eingehüllt. „Ich... glaube...“, fing ich an und versuchte mich zurückzulehnen. „Ich hab wohl... zu viel getrunken“, gestand ich mir ein und legte meinen Arm auf meine Augen, die ich geschlossen hielt. Für einen Moment war es angenehm ruhig. „Sie können sich gerne ein wenig hinlegen“, bot mir mein Gegenüber mit freundlicher Stimme an. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete ich, wie er aufstand und an den Sessel, auf welchem ich saß, herantrat. Er hielt mir die Hand hin. Ich zögerte, überlegte, ob ich nicht eher ins Hotel zurück sollte. „Danke“, murmelte ich leise und nahm die Hand an. Mit etwas Mühe erhob ich mich und ließ mich zum Sofa begleiten. Das weiche Leder schmiegte sich an meinen Körper, als ich mich auf dieses legte. Washi ging kurz, um gleich darauf mit einem Glas Wasser wieder vor mir aufzutauchen. „Hier. Das hilft meist“, meinte er nur und hielt es mir hin. Ich trank das Wasser auf Ex aus und reichte dem Mann das leere Glas, welches er auf den Tisch stellte. „Ich werde Sie nun ein wenig allein lassen. Bleiben Sie ruhig noch liegen, bis es Ihnen wieder besser geht.“ Ich wusste nicht, ob es am Alkohol und meiner verschwommenen Sinne lag; aber Washi-san kam mir so viel freundlicher und hilfsbereiter vor, als noch am Abend als ich in seinem Büro war. Es war merkwürdig. Jeder Mensch schien eine weiche Seite zu haben. „Renjiro-san?“ Müde öffnete ich meine Augen. Ich musste wohl eingenickt sein. „Wachen Sie auf.“ Da war wieder der raue Ton, den ich von dem Schwarzhaarigen kannte. Ich beugte mich vor und blickte verstohlen auf meine Armbanduhr. Sie zeigte mir an, dass es mittlerweile kurz vor Mitternacht war. „Sie sind ja richtig eingeschlafen“, bemerkte Washi spöttisch und reichte mir erneut ein Glas Wasser. Ich setzte mich sogleich richtig hin, nahm das Wasser dankend an. Wie konnte ich nur so lange einpennen?! Und das in einem fremden Raum? So etwas war mir doch noch nie passiert! „Danke. Ich... Ich gehe jetzt“, flüsterte ich leise und wollte mich gerade auf den Weg machen, als mich Washi-san mit der Hand zurück aufs Sofa drückte. „Kleinen Moment.“ Er blickte mich mit einem Lächeln an, das mir sehr düster vorkam. „Kommen Sie morgen in mein Büro“, befahl er und schien mir in die Seele zu blicken. „Ich sagte Ihnen ja bereits, dass Sie mir gefallen. Durch das Gespräch heute, ist mir das erneut bewusst geworden.“ Das... hatte er mir bereits vermittelt. Aber ich konnte noch immer nichts damit anfangen. Inwiefern mochte ich ihm bitte gefallen? „...“ „Ich sage Ihnen morgen, was ich mit Ihnen vorhabe. Keine Sorge, es wird nichts ‚Schlimmes’ werden.“ Wo war seine Freundlichkeit hin? Vor ein paar Stunden noch hatte ich das Gefühl gehabt, mit ihm gut auskommen zu können. Aber nun...? Ich nickte nur eingeschüchtert, woraufhin er seine Arme zurückzog. Ich stand auf, verbeugte mich leicht und ging dann schnell aus der Tür. Beim Barkeeper legte ich den Schlüssel sowie die Kosten für den Abend auf den Tresen. Keine Sekunde länger blieb ich in diesem seltsamen Laden. Im Hotel legte ich mich erst einmal auf das weiche Bett und versuchte mich wieder zu beruhigen. Die letzten paar Minuten waren wirklich zu seltsam gewesen. Was war das...? Ich legte mich auf die Seite, den Arm unter dem Kissen liegend, und blickte durch das Fenster nach draußen. Washi-san konnte so sympathisch sein. Warum tat er die ganze Zeit so, als sei er ein Fiesling? Ganz egal. Er wollte mich morgen erneut treffen. Das dritte Mal würde das sein. Angespannt schloss ich meine Augen und schlief binnen weniger Minuten ein. Dieser Tag war wirklich sehr anstrengend gewesen. Fortsetzung folgt in (1-4) Kapitel 4: (1-4) Ein eigenartiges Treffen ----------------------------------------- (1-4) Ein eigenartiges Treffen Früh am nächsten Morgen weckte mich das Klingeln meines Handys. Verschlafen griff ich nach dem Gerät, welches auf dem Nachtkästchen platz gefunden hatte und sah auf das Display. Schlagartig war ich hellwach und nahm den Anruf entgegen. „Guten Morgen, Kenzaki-san!“ Warum rief mein Chef so früh an? „Morgen, Iro-san. Hören Sie. Es hat sich gestern etwas neues ergeben und ich würde Sie gern bitten, kurz nachzusehen und alles Dingfest zu machen.“ Natürlich. Was denn sonst? „Ist gut. Und wo muss ich hin?“ Ich rieb mir die Augen und versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. „Nun. Ich weiß gerade nicht, wer der Ansprechpartner dafür ist, aber Sie müssen sich dafür ins ‚Togu Royal’ begeben. Das ist ein Hotel in der Innenstadt. Man kann es eigentlich kaum übersehen.“ „Und wann genau?“ Auch wenn es mich mehr als nur ärgerte, blieb mir nichts anderes übrig. Es war schließlich mein Job... „Am besten so Früh wie Möglich. Bleiben Sie ruhig noch eine Nacht!“ Dieser...! „Einverstanden“, gab ich nur noch mühselig von mir, verabschiedete mich und legte das Telefon beiseite. Als ob ich nichts besseres zu tun hätte, oder? Ich seufzte tief. Ich wollte nicht. Ich wollte Nachhause. Ein Blick auf die Uhr verriet, das es mittlerweile schon nach Neun war. Sich noch einmal hinzulegen würde also nichts bringen, also stand ich auf und nahm noch eine Dusche, ehe ich mich anzog und mir am Buffet noch schnell einen Imbiss holte. Anschließend fuhr ich mit dem Taxi zu besagtem Hotel, bei welchem wir nach zwanzig Minuten ankamen. Wegen des Verkehrs hatte ich darum gebeten, etwas früher rausgelassen zu werden. Der Stau zog sich schon zu lange hin und ich hatte nun wirklich nicht mehr die Zeit und Geduld noch länger in diesem Wagen zu warten. Ich verabschiedete mich höflich, gab dem Taxifahrer das Geld samt Trinkgeld und stieg aus. Ganz wie der Chef sagte, konnte man das Gebäude wirklich nicht übersehen. Es war Höher als alle anderen Bauwerke der Umgebung. Man konnte kaum die Spitze erkennen. Nun war mir aber noch immer unklar wohin ich jetzt genau musste. Es war mir ein Rätsel. Geschäfte aushandeln und dann keine genauen Informationen einholen. So Typisch... Genervt ging ich nun die Straße entlang. Ein Laden nach dem anderen zierte die Einkaufsmeile. Sie war sehr prunkvoll gestaltet und konnte einem durchaus Angst einflößen. Ich blieb kurz stehen, um mir das Hotel noch einmal im ganzen anzusehen, reichte es doch wirklich bis zu den Wolken. Faszinierend, dass es mitten in der Stadt ein solches Gebäude geben konnte – und das überall auf der Welt. Ich wollte gerade meinen Weg fortsetzen, als mir ein junger Mann entgegenkam, bepackt mit zwei großen Schachteln, wohl aus einer Konditorei stammend. Da er scheinbar nicht sehen konnte, wo er lang ging – was sehr unvorsichtig war -, trat ich einen Schritt zur Seite. Und kaum hatte ich einen Fuß vor den anderen gesetzt, da geschah es: Der junge Mann verlor sein Gleichgewicht und beide Schachteln fielen in meine Richtung. Auszuweichen war mir nicht mehr Möglich gewesen. Nun saß ich auf dem Asphalt, von süßem Kuchen eingehüllt. ‚Oh Mann. Das musste ja passieren...’, dachte ich mir etwas entnervt. „Oh Gott! Entschuldigung! Tut mir Leid! Sie haben sich doch nicht verletzt?!“ Der junge Mann, wohl an die zweiundzwanzig Jahre alt, beugte sich zu mir herunter und reichte mir die Hand. Ich nahm diese an und stellte mich wieder auf. „Nein, keine Sorge.“ Verletzt hatte ich mich zwar nicht, dafür aber war ich jetzt von Kopf bis Fuß mit Tortenguss übersät. So konnte ich doch nicht zu dem Termin erscheinen... Was machte ich denn jetzt? Der junge Mann schien mich panisch zu mustern. „Oh Nein! Ihr Anzug! Was... Was mach’ ich jetzt nur?! Ich wusste es selber nicht so genau, aber... „Das ist nicht so schlimm. Ich... werde mich einfach umziehen. Den Anzug kann man waschen. Aber was ist mit dir? Der Kuchen war doch sicherlich für einen bestimmten Anlass?“ Ich kniete mich hin und sammelte die Überreste auf, um diese zurück in die Schachteln zu legen. Viel zu retten war allerdings nicht mehr. „Der... Kuchen...“, stammelte mein Gegenüber geschockt und kniete sich ebenfalls hin. „Er... wird mich töten...“ Bei diesen Worten kam ich nicht umhin, ihn fragend anzusehen. „Ikeda? Was kriechst du da auf dem Boden herum?“ Eine tiefe Stimme konnte ich noch vernehmen, als ein Mann aus dem Hotel geschritten und uns näher kam. Er war groß gewachsen, hatte braune Haare und elegante Mandelaugen. Ich kannte ihn nicht, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, ihm schon einmal begegnet zu sein. „T-Toju..!?“ Kreidebleich war der Mann neben mir geworden, als er den Anderen kommen sah. Nur langsam drehte er sich zu diesem um. „Dich kann man echt keine Sekunde aus den Augen lassen.“ „D-Das war ein Unfall!“, versuchte er sich zu verteidigen und stand auf. Doch sein Gegenüber schien das nicht mehr zu interessieren. Sein Blick fiel nun auf mich. „Verzeihen Sie mir sein Ungeschick. Selbstverständlich werde ich Ihnen den Anzug ersetzen.“ Seine Stimme, tiefer als man vermuten mochte, sah er doch noch sehr jung aus, gab einem das Gefühl, ganz klein zu sein. ‚Das kenne ich doch ...?’ Ich schüttelte nur den Kopf und stand nun auch auf. „Ah, nein. Mach dir wegen mir nur keine Umstände...!“ Schließlich konnte ich doch von einem Jüngeren nichts derartiges annehmen. „Keine Wiederworte! Der Anzug wird Ihnen ersetzt. Kommen Sie.“ Ich wusste nicht, was hier gerade geschah. Sein Blick übte eine ungeahnte Faszination aus, derer ich mich nicht entziehen konnte. Der Mann ging also, ohne auf seinen Freund zu warten, zurück in das Hotel Ich wusste nicht so recht, ob ich das guten Gewissens annehmen konnte, ging aber dennoch hinter ihm her. Die Hotellobby war riesig und nobelst ausgestattet. Glänzende Fließen, ein sauberer roter Teppich, ein Glastisch in der Mitte, dazu teure Ledermöbel. Ein Kronleuchter aus Gold, mit facettiertem Glas an der Decke., Dazu der große Tresen auf der rechten Seite und die edel verkleideten Fahrstühle am anderen Ende des Raumes. In welcher Welt war ich plötzlich gelandet? „Togu! Jetzt warte doch mal!“ Der Kleinere der Beiden hetzte dem Mann namens Togu hinterher. ‚Togu...?’ Da klingelte es bei mir. Konnte es etwa sein, dass dieser Mann etwas mit dem Hotel, in dem wir uns soeben befanden, zu tun hatte?` Wäre ich doch im Bett geblieben... Wir stiegen in einen der Fahrstühle ein und fuhren in den sechzehnten Stock. Mir machte es den Anschein, als sei das eine private Etage, war doch der Knopf vergoldet gewesen. Auch hier war alles sehr prunkvoll eingerichtet. Ich traute mich kaum, dem Mann zu folgen. Togu führte mich schnurstracks in ein Zimmer, welches sich als riesiges Kleidungszimmer herausstellte. Hunderte von Anzügen, Schuhe, Krawatten, Kleider und Damenmode. Man könnte meinen, das hier sei eine Boutique. „Welche Größe haben Sie denn?“ Diese Frage riss mich aus meinen Gedanken, weswegen ich ein wenig nervös wurde. „A-also...“ Togu blickte mich scharf an. Mir verschlug es daraufhin die Sprache. Nur warum? Er war doch so viel Jünger als ich...! „Nun. Wenn Sie mir nicht antworten wollen...“ Er schnipste mit den Fingern., woraufhin ein Mann Mitte Vierzig den Raum betrat und sich vor ihm verbeugte. „Sir?“ ‚Sir?!’ Perplex betrachtete ich nun das Schauspiel vor meinen Augen. „Wir benötigen einen neuen Anzug. Kümmern Sie sich darum.“ „Sehr wohl.“ Der Mann kam mit prüfendem Blick auf mich zu, während er im selben Atemzug ein Maßband zückte. „Das ist doch wirklich nicht nötig...“, brachte ich gepresst hervor, als mir mein Jackett auch schon abgenommen und beiseite gelegt wurde. Auch meine Krawatte fand ihren Platz auf dem kleinen Beistelltisch. Der Mann nahm nun konzentriert von Brust, Schultern und Armen maß, widmete sich anschließend noch Hüfte, Beinen und meiner Gesamtgröße. Er notierte alles auf einem kleinen Block, den er aus seiner Brusttasche gezogen hatte und überflog alles noch einmal kurz. Dann steckte er den Block wieder ein und verschwand in einem kleinen Zimmer auf der linken Seite des Raumes. Nach wenigen Minuten kam er mit einem dunkelgrauem Nagelstreifenanzug, dunkelblauer Krawatte und passenden, hochglänzenden Schuhen zurück. „Dieser wird Ihnen sicher hervorragend stehen“, gab der Schneider zu verstehen und hielt das Kleidungsstück an einen Körper. „Wunderbar. Probieren Sie ihn doch gleich an, Iro-san.“ Verwundert blickte ich Togu an. Woher wusste er wie ich heiße? Meinen Namen hatte ich doch noch gar nicht genannt? Zu schnell war alles abgelaufen... Lange konnte ich mich aber darum nicht kümmern, ruhten doch so viele Blicke auf mir. Ich blickte dann von Togu, auf seinen Freund zum Schneider, ehe ich den Kleiderbügel ergriff. „Dort hinten ist die Umkleide“, bemerkte Togu und zeigte auf einen weiteren kleinen Raum, diesmal aber hinter mir. Es war mir mehr als nur unangenehm, von so vielen Leuten angesehen zu werden, also begab ich mich zügig in diese Umkleide. Jetzt hatte ich also diesen neuen Anzug in der Hand. Er war aus Seide und fühlte sich dementsprechend gut an. Ich fragte mich, ob ich den wirklich annehmen konnte. ‚Und woher kannte er denn nun meinen Namen?’ Irgendwie kam mir das alles mehr als suspekt vor. Jetzt aber einfach zu gehen, nachdem Togu solche Mühen auf sich genommen hatte, wäre zu unhöflich gewesen. Zudem durfte ich doch den Termin auch nicht einfach absagen. Mir blieb also nichts anderes üblich, als mich seinem Willen zu fügen und den neuen Anzug anzuprobieren. „Und du pass beim nächsten Mal gefälligst besser auf!“, schimpfte Togu und sah seinen Freund gereizt an. „T-tut mir Leid! Ich habe das Gleichgewicht verloren...“ Nahezu demütig verbeugte er sich vor Togu. „Ich geh’ neuen Kuchen holen...!“ Doch noch bevor er sich auf den Weg machen konnte, wurde er vom Anderen am Arm gepackt und zurückgehalten. „Du bleibst schön da. Wir haben schließlich einen Gast.“ „A-aber...“ „Deine Strafe bekommst du natürlich trotzdem.“ Ein wenig verängstigt blickte Ikeda den Größeren an, als dieser ihn an sich zog und unsanft küsste. Gegenwehr brächte ihm nichts; zu fest hatte Togu ihn im Griff. Sekunden später löste sich Togu vom Anderen und leckte sich genüsslich über die Lippen. „Den Rest bekommst du später zu spüren.“ Tief holte Ikeda Luft, als er die Andeutung seines Freundes vernahm und daraufhin verlegen den Kopf senkte. Kleider machen Leute. Kaum hatte ich den neuen Anzug an, wirkte ich wie jemand ganz anderes. Das war schon etwas merkwürdig... Ich atmete noch einmal tief durch, ehe ich die Umkleide verließ, um mich den Anderen zu präsentieren. Doch kaum den Hauptraum betreten, sah ich etwas, das ich lieber nicht gesehen hätte. ‚Er hat ihn geküsst!’ Überrascht wie ich war, konnte ich mich kaum rühren. Was hatte das zu bedeuten? „Ah! Iro-san. Treten Sie doch näher.” Den dicken Kloß in meinem Hals schluckte ich herunter und trat hervor. Ganz gleich was diese Männer miteinander hatten – oder auch nicht -, es ging mich nichts an. „Steht Ihnen wirklich ausgezeichnet! Ochiai-san!“ Der Schneider trat erneut an mich heran und kontrollierte den Sitz den Anzugs. „Passt hervorragend, Togu-sama.“ ‚Sama?’ Ich fragte mich ernsthaft, wer dieser Togu war. „Sehr gut. Nun. Dann wollen wir weiter. Folgen Sie mir.“ Ich kannte diesen Ton. Und so langsam wurde mir auch klar, woher. Das Bild eines schwarzhaarigen Mannes drängte sich mir auf. ‚Washi-san... Aber wie könnte das sein...?’ Zusammen mit Ikeda folgte ich also dem jungen Mann. Togu war bereits in den Aufzug gestiegen und wartete. Ich hatte gedacht, dass wir wieder nach unten fahren würden, doch dem war nicht der Fall. Stattdessen ging es weiter hinauf, bis wir im zweiunddreißigstem Stock ankamen. „Hier entlang, Iro-san.“ Ich war von der Einrichtung, die ebenso edel war wie die Lounge, fasziniert. Der Ausblick auf die Stadt, der sich durch eine riesige Fensterfront am Ende des Ganges bot, war einfach atemberaubend. Doch was sollte ich hier? „Ähm... Entschuldigung? Togu-kun?“ Der Angesprochene drehte sich zu mir um und sah mich an, als missbillige er, wie ich ihn ansprach. “Ja?“, fragte er schließlich mit tiefer Stimme. „Es war wirklich freundlich von dir, mir den Anzug zu überlassen. Danke dafür. Aber ich müsste zu einem Termin, den ich nicht versäumen darf.“ Ich verbeugte mich noch leicht und hoffte, dass ich nun gehen durfte. Ich erntete dafür einen bösen Blick, der sich dann aber schlagartig änderte. Togu lächelte mich nun freundlich an. „Wissen Sie denn nicht, zu wem Sie müssen?“ Ich blinzelte. Was meinte er damit? „Nun, das sieht Maki-san ja ähnlich.“ „Du kennst meinen Chef?“, konnte ich nur erstaunt fragen. Mittlerweile verstand ich gar nichts mehr. „Iro-san. Diesen Termin haben Sie bei mir.“ Mir fehlten die Worte. „Was...?“ „Und bitte, duzen Sie mich nicht.“ Sein Blick war herablassend und keineswegs der eines jungen Mannes. „Setzen wir unser Gespräch doch lieber in meinem Büro fort. Ikeda, du holst uns schon mal den Kaffee.“ Der Begleiter nickte nur und verschwand in einem der Zimmer auf der linken Seite. Togu führte mich währenddessen in sein Büro, welches am anderen Ende des Ganges lag. Es war schlicht eingerichtet, aber wohl eines der größten Büros, die ich bislang gesehen hatte. Auf der linken Seite befanden sich einige Regale mit Büchern und Ordnern darin, wohingegen auf der rechten Seite ein kleines Sofa und daneben eine Vitrine ihren Platz gefunden hatten. Und direkt vor der großen Fensterfront, mit Blick auf ein riesiges Parkgelände, stand ein übergroßer, dunkelfarbener Schreibtisch. Es war wohl das ganze Hotel so luxuriös eingerichtet worden. Togu bot mir einen Stuhl, vor dem Schreibtisch stehend, an und begab sich daraufhin auf seinen Platz. Es faltete seine Hände und legte diese auf die Tischplatte. „Dann will ich mich mal vorstellen. Mein Name ist Misaki Togu und ich bin das zweiundzwanzigste Oberhaupt der Togukawa-Familie. Hier, meine Visitenkarte.“ Ganz wie es den Sitten entsprach, tauschten wir unsere Visitenkarten aus. ‚Togukawa...? Den Namen kannte ich doch? Waren das nicht diese... Yakuza?’ Noch bevor ich etwas erwidern und mich selber vorstellen konnte, sprach mein Gegenüber weiter. „Ich vermute, Sie ahnen nun, wer vor Ihnen sitzt. Aber keine Sorge. Wir sind nur wegen der Geschäfte hier. Na ja...“, begann er seinen Satz und schmunzelte. „und weil mir von Ihnen erzählt worden ist.“ „Wie meinen?“ Wer hatte da war über mich erzählt? Das war mir wirklich nicht geheuer. „Das ist im Moment egal. Kommen wir lieber zum eigentlichen Punkt, weswegen man Sie heute hierher geschickt hat. Maki-san wünscht also mehr Investoren?“ Ich nickte daraufhin zögerlich. Am besten war es wohl, wenn ich das schnellt hinter mich bringen würde und bald nach Hause fahren könnte. „Ganz recht. Er möchte wohl expandieren, hat aber noch nicht das nötige Kleingeld dafür...“ Ich seufzte innerlich auf. Es war dumm von meinem Chef, auf gut Glück die Firma zu vergrößern. „Dass wir momentan rote Zahlen schreiben, scheint ihn dabei weniger zu interessieren...“ „Davon höre ich zum ersten Mal“, kommentierte Togu und griff nach ein paar Unterlagen. Just in dem Moment klopfte es an der Tür und Ikeda trat herein. „Der Kaffee.“ Er kam mit freundlichem Lächeln an den Schreibtisch heran und schenkte Togu und mir je eine Tasse ein. „Milch oder Zucker, Iro-san?“ „Milch, bitte“, antwortete ich knapp und beobachtete den jungen Mann weiter. Nachdem er in meine Tasse noch einen Schluck Milch getan hatte, süßte er die Tasse Togus mit zwei Stückchen Zucker – ohne dass dieser etwas zu sagen brauchte. Es schien, als würden sie sich schon einige Zeit kennen und erneut stellte sich mir die Frage, in welcher Beziehung sie zueinander standen. Anschließend rührte Ikeda den Kaffee noch um und stellte die Tassen vor uns auf den Tisch. „Danke“, antwortete ich lächelnd, woraufhin sich Ikeda verbeugte und den Raum, mitsamt des Kaffeegeschirrs verließ. „Gut“, gab Togu zu verstehen und nahm einen Schluck des schwarzen Gebräus zu sich. Kurz noch überflog Togu die Papiere, wandte sich dann wieder mir zu. „Nennen Sie mir doch einen plausiblen Grund, warum ich diese Firma unterstützen sollte, wenn sie doch – wie Sie sagen -, rote Zahlen schreiben.“ Er sah mich dabei eindringlich an. „...“ Was darauf antworten? Ich kannte die genauen Absichten meines Chefs nicht. Er hatte mir immer nur das nötigste erzählt gehabt. Dass ich nun vom jetzigen Stand der Dinge wusste, war auch eher ein Zufall gewesen. „Wenn ich ehrlich sein darf...?“ „Natürlich.“ „Ich würde nicht in eine Firma investieren, bei der kein deutlich besserer Absatz in Aussicht ist. Unsere Leute geben alle ihr bestes und die Qualität stimmt auch, aber meinen Recherchen nach ist der Markt ausgeschöpft. Wir müssten eher mit einer neuen Idee ankommen, doch die ist nicht in Sicht.“ „Hm.“ „Halt! Sie können da jetzt nicht rein!“, hörte man Ikeda rufen, als die Tür auch schon aufgerissen wurde. „Na? Was habe ich dir gesagt?“ Ich drehte mich um, als ich eine Stimme vernahm, dir ich bereits kannte. Wen ich sah, überraschte mich sehr. ‚Washi-san?!’ “Yuu-san! Du hattest völlig recht! Er ist genau so, wie du ihn beschrieben hast.“ „Auf mein Gespür ist eben verlass.“ Er grinste und trat an den Tisch heran. Ich sah perplex zwischen den beiden Männern hin und her, als der Jüngere der Beiden zu erklären begann. „Washi Yuudai-san kennen Sie ja bereits. Er ist mein Großonkel mütterlicherseits und so etwas wie ein großer Bruder für mich. Er hatte mir nach Ihrem Gespräch mit ihm von Ihnen erzählt. Wie Sie sich verhalten hatten und waren dann beide der Ansicht, dass Sie der perfekte Kandidat seien.“ Zumindest war jetzt nun geklärt, warum mir Togu so seltsam bekannt vorkam. „Und... für was bitte?“ Warum sprachen in letzter Zeit nur alle in Rätseln? Das gefiel mir nicht. „Nun. Wie soll ich das erklären? Yuu-san?“ „Es ist doch eigentlich ganz einfach. Du sollst so etwas wie unser interner Spion werden.“ „Spi-Spion?!“ „Das ist etwas übertrieben, aber der eigentliche Sinn doch ähnlich“, antwortete Togu und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. „Es steht der Verdacht im Raum, dass einige unserer Mitarbeiter auffällig geworden sind. Einige sollen sogar Geld unterschlagen haben. Bislang konnten wir aber noch nichts beweisen.“ „U-und was hat das mit mir zu tun?“ „Sehen Sie. Sie sind ein mutiger, aufgeschlossener Mensch. Mit Ihren Charakteristika gewinnen Sie sicher leicht das Vertrauen anderer. Wir würden Ihre Fähigkeiten dazu nutzen, unlautere Angestellte und deren Machenschaften auszudecken, wenn Sie bei uns einsteigen“, beantwortete Washi-san meine Frage und sah mich eindringlich an. Ich verstand noch nicht so wirklich, was die beiden Männer von mir wollten... „Iro-san. Ich biete Ihnen diese Arbeit an, weil Sie genau das mitbringen, wonach wir suchten. Sie können sofort bei uns anfangen, bekämen ein ordentliches Gehalt und Ihre Arbeitszeiten wären flexibel.“ Togu lächelte selbstsicher und schob mir einen Vertrag vor die Nase. Sie wollten mich also wirklich haben? Und das als „internen Spion“? Das Ganze klang sehr abstrus, wie in einem Film und doch reizte es mich. Hatte ich nicht schon länger vorgehabt zu kündigen? Mein altes Leben zu beenden und ein Neues anzufangen? So schlecht klang es auch nicht, wenn man es sich mal überlegte. Und wirklich Illegal, wie Anfangs gedacht, war es auch nicht – wenn es nur um firmeninterne Mitarbeiter ging. Ich nippte nun an meinem Kaffee und griff dann nach dem Vertrag, um mir diesen zumindest einmal durchzulesen. Die Arbeitsbedingungen passten und die Stellenbeschreibung entsprach der, wie Washi-san und Togu es mir beschrieben hatten. Was sprach nun noch dagegen? „In Ordnung. Aber was ist mit meinem jetzigen Job?“ Ich blickte auf und sah zwei erstaunte Gesichter. „Machen Sie sich darum keine Sorgen. Das haben wir bereits alles geregelt.“ Ein wenig skeptisch sah ich den jungen Mann an. „Okay...“, murmelte ich leise. „Moment. Hier habe ich einen Stift.“ Ich nahm den mir gereichten Kugelschreiber in die Hand und setzte anschließend meine Unterschrift auf das Dokument. „Sehr schön. Den Anzug dürfen Sie übrigens behalten. Als kleines Willkommensgeschenk sozusagen.“ „... Vielen Dank.“ „Sie brauchen nicht so zögerlich zu sein.“ „Gut. Ähm... Eine Frage hätte ich aber noch...“ Neugierige Blicke trafen mich. „Washi-san? Verstehe ich das richtig? Sie haben drei Jobs?“ Kurz sah mich der Schwarzhaarige erstaunt an, ehe er zu lachen begann. „Ahahahaha! Sie sind wirklich...! Nein, nein. Ich helfe nur meinem Neffen, der diese Position noch nicht lange inne hat.“ „Verstehe...“ Ich hatte noch immer Schwierigkeiten, seinen Charakter zu deuten. Aber das würde sich in nächster Zeit wohl ehe erübrigen. „Schön. Dann wollen wir hier mal beenden. Es freut mich, Sie bei uns begrüßen zu dürfen. Ich werde Sie in den nächsten Tagen abholen lassen. Auf gute Zusammenarbeit.“ Togu reichte mir seine Hand, welche ich freundlich lächelnd entgegennahm. „Auf gute Zusammenarbeit.“ Auch Washi-san schüttelte ich noch die Hand, ehe ich den Raum, mit den Dokumenten unterm Arm, verließ. „Wiedersehen“, verabschiedete mich auch Ikeda, der vor dem Büro zu warten schien. „Ja. Auf Wiedersehen.“ Damit verließ ich dieses Stockwerk und bald darauf auch das Hotel. Ein paar Schritte war ich gegangen, als ich mich umdrehte und mir den Gebäudekomplex noch einmal ansah. Nun würde für mich ein neues Leben beginnen. Aber es war gut so. Am selben Abend noch stieß ich im Blue Diamond auf die Zukunft an. ~ Fin ~ Kapitel 5: (2-1) Mut zur Überwindung ------------------------------------ Kommen wir zu der alles entscheidenden Geschichte von Sosuke und Akira. "Wie alles Begann..." __________________________________ Mut zur Überwindung Kapitel 1 Hastig rannte der Schwarzhaarige die Flure der Oberschule entlang. ‚Verdammt! Hätte ich doch nicht so viel Tee getrunken!’ Schließlich sah er den Zielort, bog Rechts ein und öffnete die Türe zu Herrentoilette. Schnell öffnete er den Reißverschluss, ehe er sich erleichterte. „Das war nötig...“ „Ahn.“ Sosuke blickte über die Schulter nach hinten, da er etwas gehört zu haben glaubte. Fünf der sechs Kabinen waren leer, demnach war ein Zweiter in diesem gekachelten Raum. Er beachtete das jedoch nicht weiter, schloss den Reißverschluss und wusch sich noch die Hände. Anschließend kehrte er in seine Klasse zurück. Kurz vor Ende der großen Pause erging es dem jungen Mann ein weiteres Mal, dass er musste. „Was ist heut’ nur mit mir los?“ Er sah auf seine Armbanduhr. „Zeit wär’ noch“, murmelte er. Schnell packte er den Rest seiner Brotzeit ein und begab sich zu den Toiletten. Ich muss doch sonst nie, dachte er sich und machte sich daran, die Hose zu öffnen. „Hah... Ah!“ „Mhm?“ Sosuke war gerade fertig geworden, als er wieder diese Stimme vernahm. „Ähm... Alles okay?“ Wieder war nur eine der Kabinen besetzt und aus dieser ertönte die junge Männerstimme. „... Ja.“ Zwar machte Sosuke die kurze Pause ein wenig stutzig, doch wollte er auch nicht weiter nachfragen. DING DONG „Die Glocke. Beeil dich“, gab der Oberschüler noch zu verstehen, trocknete sich die Hände ab und ging in die Klasse zurück. Seither war eine Woche vergangen. Sosuke war gerade mit seinen Freunden Keisuke und Tamanosuke – welche im Trio nur „Tripple Ke’s“ genannt wurden – unterwegs. Es war etwa Neun Uhr und die Drei saßen mit ein paar Mädchen in einer Karaokebar. „Habt ihr eigentlich schon von diesem neuen Gerücht gehört?“, fing eins der Mädchen, die auf dieselbe Oberschule gingen, an. „Meinst du das von dem Stöhnen auf der Toilette?“ Die Mädels schienen das schon länger zu wissen, da die Ke’s nur erstaunt drein sahen. „Was meint ihr?“, fragte Sosuke nach. „Das hat mir der Freund einer Freundin erzählt. Es soll sich wie ein Stöhnen anhören. Bei den Jungs auf der Toilette. Fast jede Stunde soll da was sein. Aber man konnte bisher nie zurückverfolgen, von wem das ausging oder warum. Ob da was dran ist, kann ich aber nicht sagen.“ Der Schwarzhaarige versuchte sich zu erinnern. Das kam ihm doch bekannt vor... War da nicht etwas ähnliches gewesen? Das Mädchen sah Sosuke an. „Woran denkst du?“ Dieser schüttelte daraufhin den Kopf. „An nichts. Lasst uns lieber noch etwas bestellen!“ Am nächsten Tag hatte sich Sosuke mit seinen Kumpels auf dem Dach verschanzt. Es war Mittag, sie hatten Pause und die Sonne schien von oben auf sie herab. „Und? War da eine für dich dabei?“ „Nicht wirklich. Ich glaub, ich sollte mich erst mal nach einem süßen Jungen umschauen.“ Das Sosuke Bi war, wussten seine Freunde und sie akzeptierten es. Dies war wohl auch einer der Gründe, warum sie sich so gut verstanden und unterstützten. „Du weißt aber schon, dass das schwieriger ist?“, bemerkte Tamanosuke, der sich gerade ein Brötchen in den Mund schob. „Aber wir helfen dir, wenn’s ist!“ „Danke, Tama“, meinte der Oberschüler und lachte laut auf. Wir sind schon welche... „Treffen wir uns später noch im Kiss?“ Fragend sah Keisuke in die Runde. „Klar“, gaben Sosuke und Tamanosuke synchron wieder. Kurz nach Läuten der Glocke, die das Ende der Pause ankündigte, verschwand Sosuke noch kurz auf der Toilette. Tama würde dem Lehrer bescheid geben, dass Sosuke noch kurz bräuchte. Und eigentlich war er auch schon fertig, als er sich unbewusst umdrehte und die geöffnete Tür wieder ins Schloss fiel. So verharrte er kurz, auf die besetzte Kabine starrend. Eine Minute etwa war vergangen und da nichts kam, wollte er gehen, doch dann hörte er doch etwas. Ein Geräusch, dass ihm nur allzu bekannt vorkam. Dieses glitschige Geräusch, dass vor allem den Männern geläufig war. Mit leisen Schritten begab er sich an die Kabinentür und horchte. Ganz sicher. Da... „Nh... Ah“, ertönte schließlich ein gedämpfter Schrei. Der Schwarzhaarige schluckte. Kurz noch sah er sich um. Keiner da. Angespannt atmete er tief durch, legte seine Hand an den Griff und drückte diesen nach unten. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie verschlossen sein müsste. Doch das Gegenteil war der Fall. Mit einem leichten Quietschen konnte er die Tür öffnen. Sein Blick fiel auf einen blonden Jungen, der die Hose herabgelassen hatte. Er saß dort auf der Toilette und eine seiner Hände war mit einer weißen Flüssigkeit bedeckt. „Du...“, murmelte Sosuke nur. Der Anblick war in etwa das, was er erwartet hatte und doch konnte er es nicht verstehen. Der Blonde senkte nur seinen Kopf, wischte sich mit ein wenig Papier die Substanz weg, stand schließlich auf und zog die Hosen hoch. Er war ein wenig Rot angelaufen, als er sich an dem Eindringling vorbeischlich. Sosuke wich unbewusst aus, als der andere an ihm vorbei wollte. „Ähm...“ Der Blonde trug eine verspiegelte Brille, war in etwa so groß wie Sosuke und hatte eine normale Statur. Kurz nachdem er sich die Hände gewaschen hatte, flüchtete er. Sosuke konnte ihm nur hinterher blicken und sich weiterhin fragen, was das wohl zu bedeuten hatte. Die nächsten Stunden gingen an dem Schwarzhaarigen vorbei, ohne dass er wirklich etwas mitbekam. Er musste die ganze Zeit an den Typen denken. Ob das einen Grund hat, dass er es sich hier macht? Gegen Ende des Unterrichts sah er sich um. „Tama!“ Der Angesprochene kam zu ihm herüber. “Sag mal, kennst du einen Blondschopf mit verspiegelter Brille?“ Tamanosuke legte den Kopf schief. „Warum fragst du?“ „Ich... muss da was herausfinden. Also? Kennst du ihn?“ Tama seufzte. „Ja schon. Ein seltsamer Kerl. Es heißt, er hatte schon mit Vierzehn die erste Freundin gehabt. Die war angeblich ein bisschen Älter als er.“ Das wollte Sosuke zwar nicht so genau wissen, aber er hörte dennoch zu. „Soweit ich weiß, ist er in der F-Klasse. Ein Jahr jünger als wir. Soll gute Noten haben, freundlich sein und von den Mädchen heiß begehrt. Doch er lässt keine mehr an sich ran, seit seine alte Flamme weg ist.“ „Verstehe“, murmelte der Schwarzhaarige und fasste sich ans Kinn. „Danke. Ich wird’ heut etwas später kommen. Sag das Kei noch!“ Mit der Schultasche in der Hand rannte Sosuke aus dem Zimmer. „Spinner“, lachte Tama und ging vergnügt zu seinem Tisch. Außer Atem stand der Oberschüler nun vor der F-Klasse. Die Schüler schienen auch gerade Schluss zu haben. „Entschuldigung!“ Er hielt ein Mädchen mit langen braunen Haaren an. „Kennst du einen blonden Jungen mit Brille, der in diese Klasse gehen soll?“ Sie lächelte und klatschte die Hände vor den Gesicht zusammen. „Klar! Du meinst Aki-chan!“ „Aki-chan? Wie heißt er eigentlich?“ „Akira. Akira Ikehara. Was willst du denn von ihm?” „Ich muss mit ihm reden. Ist er noch da?“ Dabei blickte er über das Mädchen hinweg in die Klasse. „Leider nein. Aki-chan ist immer der erste der geht.“ „Schade. Okay. Danke dir!“ Ein wenig betrübt ging er dann nach draußen. „Wenn ich ihn so nicht erwische, dann muss ich ihm wohl auflauern. Sie hat gestern erwähnt, dass das fast jede Stunde sei? Warte nur, Akira! Du entkommst mir nicht!“ Entschlossen machte er sich schließlich auf den Weg. Am nächsten Tag war Sosuke bereit. Er konnte die Nacht kaum schlafen, so sehr ging ihm diese Sache durch den Kopf. Er fragte sich, was es damit auf sich hatte. Was mochte der Grund sein? Gab es einen Auslöser? War ihm einfach nur Langweilig? Oder konnte er sonst nicht? Ganz gleich was auch dahinter steckte, Sosuke würde dem auf den Grund gehen! Sobald es die Zeit und der Lehrer zuließen, verschwand der Schwarzhaarige auf der Toilette, die bereits am Vortag zum „Tatort“ erklärt worden war. Ihm war klar, dass es mehrere gab, doch er hoffte einfach, dass es Akira immer an denselben Ort verschlug. Er saß in einer der Kabinen, die er nicht wirklich abschloss. Die Füße hatte er ein wenig angezogen, um nicht sofort erkannt zu werden, sollte jemand nachsehen. Er wartete eine ganze Weile und langsam schliefen ihm die Beine ein. Argh. Verdammt..., dachte er grummelnd. Ob das heut noch was wird? Weitere Minuten später war immer noch nichts geschehen. Vorsichtig lugte Sosuke aus der Kabine hervor. „...“ Mit einem Seufzen wollte er schon gehen, da hörte er plötzlich, wie sich die Tür öffnete und jemand auf leisen Sohlen eintrat. Sosuke stockte der Atem, als er seine Tür vorsichtig zumachte. Ruhig! Ganz ruhig! Er hörte, wie sich jemand von ihm aus Rechts einschloss, danach war es wieder still. Nicht einmal das öffnen beziehungsweise herablassen der Hose seines Mitschülers war zu vernehmen. Sosuke schluckte den Kloß in seinem Hals herunter, als er sich seiner Schuhe entledigte. So leise er nur konnte stieg er auf den Toilettendeckel und hob die Arme an. Mit zittrigen Händen lugte er nun über den Rahmen hinaus in die Kabine des anderen. Er ist es! Ein wenig erleichtert war er, da es sich hier auch um jemand völlig anderen hätte handeln können. Neugierig beobachtete er die Szenerie, die sich vor ihm abspielte. Er... Er sieht so... befangen aus. Irgendwie bekam Sosuke nun ein schlechtes Gewissen. Er stieg herab, zog sich die Schuhe an und verließ den kleinen Raum, ohne dabei die Tür zu schließen. Nachdenklich stützte er sich nun am Waschbecken an und blickte in den darüber hängenden Spiegel. Was mache ich hier eigentlich?, fragte er sich und senkte seinen Kopf. „... Hh!“ Auf diesen Laut hin drehte der Schwarzhaarige seinen Kopf ein wenig nach Links, so hatte er die Kabinen wieder im Blick. Akira war aber noch darinnen. Sosuke stellte sich aufrecht hin und wartete ab. Die Tür nach draußen, die nur wenig von den Waschbecken entfernt war, hatte er im Blick und konnte diese jederzeit erreichen. Jedoch zweifelte er daran, ob es okay war, was er imstande zu tun. „Hah“, hörte man Akira seufzen, der gleichzeitig aus der kleinen Räumlichkeit trat. Geschockt, dass da jemand war, senkte er seinen Kopf. Die verspiegelte Brille verrutschte dabei leicht. Um sich jedoch nichts anmerken zu lassen, ging er wortlos zu den Becken und wusch sich die Hände. Kaum waren diese abgetrocknet, wollte er diesen Ort verlassen, doch Sosuke streckte seinen Arm aus und versperrte ihm so den Weg. Panisch sah Akira auf, was Sosuke nur indirekt sehen und mehr erahnen konnte. Fortsetzung in (2-2) Kapitel 6: (2-2) Dafür sind Freunde da -------------------------------------- Kapitel 2: Dafür sind Freunde da „Ikehara Akira?“ Er sah ernst auf den etwas kleineren Zweitklässler herab. „J-ja?“ Sosuke musterte ihn sehr genau, verschränkte dann seine Arme vor der Brust. „Ich möchte etwas von dir wissen.“ Ihm war bewusst, dass Akira nicht sofort damit herausrücken würde. Dennoch wollte er es wenigstens probieren. „Machst du das, was ich denke, das du tust?“ Akira zuckte kurz zusammen und wandte seinen Kopf ab. „...“ Hinter der verspiegelten Brille konnte Sosuke den Blick des Anderen nicht erkennen. „Ich höre?“ Der Schwarzhaarige stützte sich ab und trat einen Schritt an den Jüngeren heran. „Keine Sorge. Ich werde niemandem etwas verraten.“ Sosuke lockerte seine Arme und kratzte sich am Kopf. „Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, warum es mich so interessiert. Es ist ja eigentlich deine Sache! Aber ich habe das Gefühl, dass da mehr dahinter steckt.“ Unsicher blickte er den Blonden an. „Wenn du nicht reden willst, dann musst du das natürlich nicht tun. Aber ich rate dir, es nicht weiterhin hier zu machen. Sonst wirst du noch von wem anderen erwischt.“ Sosuke lächelte verschmitzt und drehte sich nach Rechts um. „Verzeih, dass ich dich so bedrängt habe. Ich werd’ wieder gehen.“ Die Hand hatte der Ältere schon auf der Türklinke gehabt, als: „Ich...“ Überrascht doch noch etwas zu hören, stoppte Sosuke in seinem Vorhaben und sah über die Schulter hinweg zurück. „Ja?“ „Ich mache... Ich kann nicht anders...“, nuschelte Akira nur, den Kopf zur Seite drehend. „Immer...“ Seine leise Stimme klang zittrig. Sosuke trat von der Tür weg und versuchte einen Blick auf das Gesicht des Anderen zu werfen. „Wenn du dich öffnen willst, dann lieber nicht hier.“ Er lächelte und hielt ihm die Hand hin. Doch der Blonde schreckte nur verängstigt zurück. „Hm?“ „...“ Es folgte nur ein Kopfnicken. „Wo dann...?“ Sosuke überlegte und blickte gen Decke. „Auf dem Dach vielleicht. Die Stunde dürfte längst begonnen haben, deswegen ist da jetzt sicher keiner.“ Sie verloren keine Zeit. Sosuke und Akira, die etwa einen Meter Abstand zwischen sich hatten, gingen hintereinander zum Schuldach. Wie gesagt, war niemand zu sehen. Dass sie auf dem Weg hierher niemand entdeckt hatte, grenzte hingegen an Glück. „Und du fühlst dich sicher nicht gezwungen? Das ist es nicht, was ich möchte.“ Auf dem Boden sitzend, zog der Schwarzhaarige sein linkes Knie an, auf welchem er dann seinen linken Arm abstützte – sein rechtes Bein hatte er wie im Schneidersitz. „Setz dich.“ Dieser Aufforderung kam Akira zwar nach, doch behielt er einen gewissen Abstand ein. Es war, als wolle er keine Berührung riskieren. „...“ Ein wenig verlegen sah er sich um. Hier oben war er zuvor noch nicht gewesen – auch weil er von der Clique hier erfahren hatte. „Es ist so...“ Gespannt lauschte Sosuke den leisen Worten. Der Wind wehte etwas stärker, weswegen er sich die Haare aus dem Gesicht zu halten versuchte. „Dass ich es da mache, ...liegt daran...“ Akira atmete tief ein und aus. „... dass ich unter dem posttraumatischem Stresssyndrom leide.“ Dass der Junge das doch so leicht sagen konnte, verblüffte Sosuke dann doch. Mit so einer Offenheit hatte er wirklich nicht gerechnet gehabt. Sein Mund stand regelrecht offen und auch seine Augen taten es ihm gleich. „...“ Er wusste irgendwie nicht, was er nun sagen sollte. Er hatte mit etwas einfacherem oder perverserem gerechnet. „Und...“ „Wenn... Wenn mich jemand anfasst...“, sprach Akira nach kurzer Schweigepause weiter. „... dann kommen all die Gedanken wieder in mir hoch und ich...“ Er schien verzweifelt, da er den Kopf hin und her schüttelte. „Darf ich fragen, welche Erinnerungen?“ Sosuke hatte sich mittlerweile im Schneidersitz hingesetzt. „Ich hatte eine Freundin. Sie war ein paar Jahre älter als ich.“ Akira hob seinen Kopf an. Das Licht der Sonne spiegelte sich auf dessen Brille, was Sosuke kurz blendete. „Sie wollte es jeden Tag mit mir machen. Jedoch ist sie wegen meines Alters nie aufs Volle gegangen und so kam es, dass sie es mir...“ Verständnisvoll schüttelte Sosuke den Kopf. Er brauchte nicht weiter zu erzählen. Sosuke konnte sich schon denken, was er sagen wollte. „Ich war schon immer Anfällig. Schon als Kind habe ich immer einen Tick gehabt. Und irgendwann war es dann so, dass ich immer an jene Zeit erinnert wurde. Ich konnte niemanden mehr an mich heranlassen, ohne...“ Die Stimme Akiras überschlug sich förmlich, als er all dies aus sich rausließ. Damit schien ein großer Stein ins Rollen geraten zu sein. Sosuke hob zwar seine Arme, versuchte sein Gegenüber jedoch nicht anzufassen. „Beruhig dich! Das bekommt man in den Griff!“ „Das sagst du so einfach!“ Akiras Laune schlug um. Wütend war er aufgestanden und schrie den Älteren an. „Ich habe keine andere Wahl! Ich werde nie wieder jemanden an mich heranlassen können! Hast du eine Ahnung, was für eine Qual das ist?! Wohl kaum!“ „Wa-warte mal! Ich...!“ Der Schwarzhaarige stand nun auch auf und trat nahe an den Blonden heran. „Wenn du willst, dann helfe ich dir! Es mag komisch sein, da wir uns ja so überhaupt nicht kennen, aber ich kann dein Leid verstehen. Und ich will nicht, dass jemand wegen einer Krankheit sein Leben lang allein sein muss!“ Sich selbst verstand Sosuke selber nicht. Doch er spürte diesen Drang in sich, diesem armen Jungen zu helfen. Scheinbar hatte er es noch niemandem anvertraut gehabt und das allein gab ihm den Mut dazu, es ihm anzubieten. „Vertau mir.“ Akira biss sich auf die Unterlippe, trat einen Schritt zurück und senkte seinen Kopf. „Soll ich das wirklich glauben? Bist du nicht auch einer von denen, die sich über alle Lustig machen?! Warum sollte ich dir, einem Wildfremden, einfach so vertrauen?!“ Da hatte er Recht. „...“ Mit gesenktem Haupt überlegte Sosuke, was er nun tun musste, um das Vertrauen des Anderen zu gewinnen. „Kannst du mir sagen...“, fing er an, stockte dann jedoch sogleich. Er wusste wirklich nicht, wie er jetzt reagieren sollte. „Ich habe keine Ahnung von Medizin. Und ein Psychologe bin ich auch nicht. Keines von beidem möchte ich einmal werden. Im Gegenteil. Ich habe andere Ziele!“ Selbstsicher hob er den Kopf wieder an und sah Akira tief in die Augen. „Ich möchte einmal einen Laden aufmachen. Einen, in dem sich jeder wohl fühlt und am liebsten nie wieder gehen will. Und dies ist der erste Schritt dazu. Ich kann dir wirklich nicht beschreiben, welches Gefühl gerade in mir ist. Ich kann es ja selber nicht zuordnen! Aber bei einem bin ich mir ganz sicher! Niemand hat es verdient zu Leiden. Sei es durch einen Menschen, durch die Umwelt oder eben durch Krankheit. Leid und Schmerz hat jeder zu ertragen. Keiner bleibt dem verschont. Und doch will jeder fliehen und all dem Entkommen. Mein Traum ist ein Laden, in dem man seine Sorgen vergisst!“ Akira war erstaunt von dem hochgestecktem Ziel seines Gegenübers. „Aber...“ „Es gibt kein Aber! Ich werde meinen Traum verwirklichen, koste es, was es wolle! Hör zu, Akira!“ Einen Schritt kam er dem Anderen näher und hielt kurz darauf seine rechte Hand in die Luft, während seine Linke flach auf der Brust platz fand. „Wenn ich dir nicht helfen kann, dann wird das zukünftig nur noch schwerer umzusetzen sein. Ich weiß nicht, ob du mich verstehst, aber – und versteh mich bitte nicht falsch – an dir kann ich testen, ob ich es schaffen kann. Ich möchte doch nur, dass alle im Leben ein wenig Glück erfahren.“ Sosuke holte kurz Luft. „Darf ich dir helfen, deinem Leid ein Ende zu setzen?“ Sprachlos blickte der Blonde den Älteren an. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. „Ich...“ Er empfand den Wunschtraum Sosukes als anmaßend. Und doch hoffte er, dass er es schaffte. So ein Laden wäre sicher eine Bereicherung für die Menschheit. Nach Minuten der Stille senkte er seinen Kopf und murmelte ein paar Worte vor sich hin: „Aber wie...?“ „Wie? Soweit ich weiß, muss man mit dem PTSS ganz speziell umgehen. Langsam angehen und nichts überstürzen. Natürlich ist eine Therapie empfehlenswert; aber auch Familie und Freunde müssen einem Beistehen.“ Sosuke lächelte. „Ich kann mich informieren. Und wenn du willst, wagen wir den ersten Schritt. Du wirst sehen, dass man alles schaffen kann. Aber, Akira, du musst es wollen.“ Mit ernst in der Stimme wagte er sich noch einen halben Schritt vor, sodass die beiden nicht mehr viel Abstand bot. Instinktiv wich der Jüngere daraufhin zurück. „Es wollen...?“, wiederholte Akira die Worte Sosukes. „Ich will es...“, murmelte er noch und ein kaum merkliches Lächeln stahl sich auf dessen Lippen. „Ich will das nicht mehr haben!“ „Sag’s noch mal! Diesmal noch entschlossener!“ „Ich will mich befreien!“ Akira schien Mut zu schöpfen. Das Lächeln zeichnete sich deutlich auf seinen Lippen ab und auch sein Blick war entschlossener denn je. „Zusammen werden wir dein Problem in den Griff bekommen! Ich werde sehen, was sich machen lässt. Und du sei dir bewusst, dass es kein leichter Weg werden wird, Akira. Das ist harte Arbeit. Du solltest dich auch deiner Familie und deinen Freunden anvertrauen.“ Der Angesprochene nickte nur und verbeugte sich schließlich vor Sosuke. „Was...?“ „Ich danke dir.“ „Aber warum? Ich hab doch noch nichts getan...?!“ „Ich hatte nie den Mut darüber zu reden. Und um mich dagegen zu wehren, war ich zu schwach. Alleine, dachte ich, würde ich irgendwann damit umgehen können. Du hast mir die Augen geöffnet. Und ich hoffe sehr, dass du deinen Traum erfüllen kannst.“ Verlegen kratzte sich Sosuke am Hinterkopf. „Ach...“ Selten war ihm etwas so unangenehm, wie in diesem Moment. „Jeder kann es schaffen, wenn er sich nur aufraffen kann.“ Sosuke lächelte den Jüngeren an und blickte kurz auf sein Handy. „Bald fängt die nächste Stunde an. Wir sollten gehen“, meinte er nur und steckte das Gerät wieder ein. „Treffen wir uns morgen wieder hier?“ Akira zögerte kurz. „Werden... Werden deine Freunde dabei sein...?“ Sosuke sah den Kleinen überrascht an und nickte. „Ja. Aber keine Sorge, ich werde ihnen nichts sagen. Du wirst dich besser mit ihnen verstehen, als du denkst. Die beiden sind echt feine Kerle!“ Breit grinste Sosuke und ging voraus. Er wartete kurz auf Akira, der sich nun auch bewegte und öffnete diesem die Tür. „Morgen zur Mittagspause. Sei pünktlich!“ Der Blonde senkte seinen Kopf, nickte und ging an dem Dunkelhaarigen vorbei. Am nächsten Tag würde er also zwei weiteren begegnen... Die Stunden waren wie im Flug vergangen und so trafen sich Akira und Sosuke erneut. Der Dunkelhaarige war bereits auf dem Dach und unterhielt sich angeregt mit Tamanosuke und Keisuke. Das Quietschen der Tür ließ die Drei aufsehen. Sosuke erkannte wer da kam und stand auf. „Leute, das ist Ikehara Akira-kun. Ich habe ja von ihm erzählt.“ Kurz zuckte der Jüngste der Gruppe zusammen. Er fragte sich, was sein Senpai wohl über ihn erzählt hatte. „Guten Tag“, begrüßte er alle und verbeugte sich leicht. „Du brauchst nicht so förmlich zu sein, Akira-kun“, gab Tamanosuke zu verstehen und lächelte. Er hielt dem Jüngeren seine Hand hin, als er sich vorstellte: „Ich bin Michida Tamanosuke. Freut mich, dich kennenzulernen.“ Die ihm hingereichte Hand nahm Akira nicht an. „Freut mich auch.“ An seinem verhaltenem Lächeln konnte Tama erkennen, dass er seine Hand nicht annehmen würde. Er sah ihn fragend an. „Hatte ich vergessen zu erwähnen“, unterbrach Sosuke. „Anfassen geht nicht.“ „Soso. Hallo. Keisuke Fujii mein Name”, machte Kei weiter und stand auf. Neugierig beugte er sich über den Jüngeren. „Eine verspiegelte Brille...?“, bemerkte er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso denn das?“ „...“ Akira schwieg. Dieses Thema wollte er vor Fremden nun wirklich nicht breittreten. „Lasst ihn doch in Ruhe. Es gibt seine Gründe dafür!“, schritt Sosuke ein und hielt den Dunkelblonden zurück. „Akira. Setz dich her. Tama hat auch für dich ein Bento gemacht.“ Die Gruppe nahm sich dann Zeit für die mitgebrachten Bentos Tamanosukes, welcher in einer Familie groß wurde, in der alle kochten oder backten. Sie unterhielten sich lange Zeit und schnell stellte sich heraus, dass Akira in die Runde passte. Trotz dessen Aussehen, war er doch ein offener, junger Mann und eben das war fast Nötig. Der Jüngere fühlte sich Anfangs noch etwas unwohl, spürte aber genau die enge Verbundenheit der „drei Ke’s“ und war fasziniert davon. „Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?“ Dabei sah der Jüngste vom einen zum nächsten. Die drei Drittklässler sahen einander an. „Am ersten Schultag, oder?“ „Ja. Wir standen zufällig alle in der ersten Reihe und dann gab’s auf einmal einen Aufruhr. Wir halfen mit den Streit zu schlichten und landeten dann alle bei der Schulärztin. Es hatte sich herausgestellt, dass wir ganz ähnliche Namen hatten und dann entwickelte es sich praktisch von selbst“, erzählte Sosuke. Tama und Kei nickten dem nur zu. „Sowas...“, murmelte Akira und lächelte. „So kanns gehen...“, schmunzelte der Dunkelhaarige, als kurz darauf die Schulglocke erklang. „Wir müssen los.“ „Kommst du morgen wieder?“, fragte Tama, während er die Bento zusammenpackte. „Du bist jederzeit willkommen.“ Das freute Akira dann doch. „Gerne! Und danke für das leckere Bento, Michida-san!“ „Nenn mich doch einfach Tama“, meinte dieser und stand auf. „Okay, Tamanosuke-san.“ Akira würde ihn noch nicht so vertraut ansprechen können, aber es war schon ein erster Schritt. „Gut. Dann bis morgen, Akira!“ Sosuke freute sich sichtlich. Zusammen gingen sie in die Klassen zurück. So und so ähnlich vergingen viele Wochen. Mit der Zeit freundeten sich die vier Schüler immer besser an und mittlerweile gehörte Akira wie selbstverständlich dazu. Von den Problemen des Blonden hatte Sôsuke erst mit dessen Einverständnis erzählt und wie zu erwarten war, gaben auch Tamanosuke und Keisuke ihr Wort, dem Jüngeren so weit es ging zu helfen. In diesen Monaten jedoch trafen sie sich immer seltener, da für die Drittklässler die ersten vorbereitenden Prüfungen anstanden. Auch Akira hatte einiges zu tun. Dennoch arrangierten sie sich immer, trafen sich dafür öfter auch nach der Schule und schon bald waren sie ein eingeschworenes Team. Jahre verstrichen. Sôsuke und seine Freunde besuchten nun die Universität um dort die theoretischen Fähigkeiten für die Zukunft zu erlernen. Bis auf Tamanosuke, welcher seine Kochlehre in einem nahegelegenem Restaurant angetreten und nun ein begehrter Geselle war. Sie alle hatten viel Für- und Miteinander erlebt und zusammen das sagten sie sich immer – würden sie den Traum des Blue Diamond hochleben lassen. Sicherlich war der Weg steil und steinig, aber Gemeinsam konnten sie diesen einzigartigen Traum des Schwarzhaarigen verwirklichen und mit ihm den Menschen das Glück wieder ein Stückchen näher bringen. Fortsetzung folgt... Kapitel 7: (2-B) Was nie sein wird ~Bonus-Chap ---------------------------------------------- (2-B) Was nie sein wird Als er sich über Zwangsneurosen und dem PTSS erkundigt hatte, wusste er, was zu tun war. „Aber...“ Wenn er es richtig verstanden hatte, musste man den Zwang langsam umlenken und verhindern, dass er wieder durchgeführt wurde. „Zu Blöd...“, gab er genervt von sich und schloss das Fenster des Internets. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah den Bildschirm grimmig an. „Wenn er halt nicht genau mein Typ wäre, wäre es echt leichter ihm dabei zu helfen“ Da weiteres Grübeln niemanden weiterbrachte, beschloss er sich schlafen zu legen. Am nächsten Tag versammelten sie sich wieder auf dem Schuldach. Keisuke und Tamanosuke hatten sie, das heißt Sôsuke und Akira, bereits über die Lage informiert. Sie waren ähnlicher Meinung gewesen und boten ihre Mithilfe an. Bei unseren „Krisensitzungen“ überlegten wir, wie wir Akira wohl helfen konnten. Sôsuke erzählte ihnen dabei, was er im Internet herausgefunden hatte. „Schwierige Sache“, murmelte Tama und schob den Mitschülern je ein Bento – welche er immer selbst machte – zu. „Hast du schon mit deinen Eltern darüber gesprochen, Akira-kun?“ Der Angesprochene nickte. „Ja. Sôsuke-san hat mir das schon am Anfang geraten gehabt. Sie sagten, dass sie mir jederzeit zur Seite stünden und haben auch gleich einen Termin beim Doktor ausgemacht.“ „Das ist zumindest der erste Schritt“, kommentierte Keisuke, während dieser eine SMS tippte und sein Bento aß. „Sag uns dann, was der Arzt sagt!“ Akira blickte den Älteren erstaunt an. Obwohl dieser fast nur auf das Display des Handys sah, bekam er die Gespräche immer genau mit. Ein wenig bewunderte er ihn dafür. „Natürlich.“ Ein wenig eingeschüchtert durch den bevorstehenden Besuch senkte Akira seinen Kopf. Sein Blick fiel dabei auf die Lunchbox vor ihm, woraufhin er einen Happen zu sich nahm. „Tamanosuke-san, deine Bento sind die besten!“, lobte er den Rothaarigen lächelnd. „Danke dir.“ Tama’s Wunsch Koch zu werden, kam nicht von ungefähr. Beinahe seine ganze Familie hatte mit Lebensmitteln zu tun – ganz gleich in welcher Form. Ob als Koch oder Konditorin, sei es als Kellner. Aber alle hatten diese Laufbahn eingeschlagen und nun war es an Tama, in die Fußstapfen seiner Familie zu treten. „Was ist los, Sôsuke? Du bist heute so still...“ Er sah den Schwarzhaarigen fragend an. Ein wenig aus den Gedanken gerissen schüttelte Sôsuke den Kopf. „Ach. Passt schon. Bin nur etwas müde.“ Weiterhin mit den Gedanken abwesend, griff er nach dem Bento, um sich aus diesem etwas zu nehmen. „Tama, deine Bentos werden auch immer besser“, kommentierte er lächelnd und sah ihm dabei in die Augen. „Ganz klar, dass nur du unser Chefkoch werden kannst!“ Während Akira sich wunderte, nickte Tamanosuke lächelnd. „... Wie meinst du das?“ Der Blonde verstand es nicht so recht, wollte es aber unbedingt wissen – jetzt, wo er zu der Gruppe dazugehörte. „Ich habe es dir doch schon erzählt?“ Sôsuke schluckte den letzten Bissen herunter und beugte sich ein wenig vor. „Ich werde einen Laden eröffnen, in dem jeder seine Sorgen loswerden kann. Mein Plan sieht vor, einen Bereich für die Aussprache zu haben, eine Bar soll es geben und ein Restaurant ist auch vorgesehen. Es soll sich jeder Wohl fühlen. Und zwar ganz so, wie er es am liebsten hat.“ „Und Tamanosuke und ich sind mit von der Partie. Er hier“, gab Keisuke von sich und zeigte auf den Rothaarigen. „wird der Chefkoch werden und ich gehe in die Buchhaltung.“ „Buchhaltung?“, fragte Akira erstaunt. „Ob man`s glaubt oder nicht, aber Kei ist richtig begabt, im Umgang mit zahlen. Man sieht's ihm halt nur nicht an.“ Das war ganz klar eine Anspielung auf Keisuke's Kleidungs- und Lebensstil. Die Drei verstehen sich wohl richtig gut, dachte sich Akira und überblickte die kleine Runde. „So. Jetzt weißt du bescheid. Nun bist du dran.“ Völlig aus seinen Gedanken gerissen, blickte der Blonde zu Keisuke auf. „Wie?“ „Es interessiert mich brennend! Und irgendwie bist du uns das auch schuldig.“ Akira legte den Kopf mit fragendem Blick zur Seite. „Was meinst du?“ Kei sah noch kurz in die Gesichter seiner Freunde, bevor er fortfuhr. „Wir wollen dich ohne die Brille sehen!“ Ein wenig geschockt sah Akira auf den Dunkelblonden, mit der Sonnenbrille auf dem Kopf. „Und so ganz allein, ist er mit dem Wunsch auch nicht“, gab Sôsuke zu verstehen. „Weißt du, wir wollen dich nicht ärgern. Aber es wäre viel persönlicher, wenn du sie abnehmen würdest und sei es nur in unserer Gesellschaft.“ Auch Tamanosuke schien den Jungen ohne die Brille sehen zu wollen. Der Zweitklässler war im Zugzwang. Eigentlich hatten die Drei ja Recht, aber diese Brille war doch seine kleine Schutzmauer. „Aber wirklich nur ganz kurz...“, flüsterte Akira leise und sah sich um. Es sollten wirklich nur seine Drei neuen Freunde an. Schließlich sollten es wirklich nur die Ke's sein, die ihn ohne sehen durften. Er schluckte den Kloß in seinem Hals herunter und führte seine Hände an das Gestell heran. Langsam setzte er sie ab, wodurch seine langen Ponysträhnen seine Augen erst recht verdeckten. Gespannt beobachteten Sôsuke, Tamanosuke und Keisuke, wie der Jüngere die Brille abnahm. Als dann zwei grüne Augen hervorblitzten, hielten sie den Atem an. Peinlich berührt senkte Akira daraufhin seinen Kopf. Keisuke fand als erstes seine Sprache wieder. „Grüne Edelsteine“, staunte dieser und lachte erleichtert auf. „Aber warum versteckst du dich nun?“ „Kei!“ Tama versuchte den Anderen auf seinen Patzer hinzuweisen, was ihm auch gelang – er hielt inne. „Mein Großvater kam aus Europa nach Japan“, fing Akira zu erzählen an, wodurch Tama und Kei ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Blonden richteten. „Und dann hat er meine Großmutter kennengelernt. Ich habe seine Augen von ihm vererbt bekommen.“ Das erklärte es natürlich. „Und deine Haare?“ Kei konnte es einfach nicht lassen. „Die habe ich mir letztes Jahr gefärbt und es danach beibehalten. Mein Opa hatte auch blonde Haare, wisst ihr?“ Dass der Zweitklässler so offen redete, erstaunte Tamanosuke und Keisuke sehr. Der Jüngere wirkte eher wie ein schüchternes Mauerblümchen. „Das hast du also gemeint gehabt, Sôsuke. Sôsuke?“, gab Tama wieder und blickte den Schwarzhaarigen fragend an. Der Angesprochene war in einer Art Starre gefallen und hatte das Gespräch kaum mitbekommen. „Äh? Wie? Was?“ „Erde an Sôsuke. Auf-wa-chen!“ Neckisch gab Keisuke seinem Freund einen Schubser. Der Schwarzhaarige verstand selber nicht, was das gerade war. Der Anblick Akira's ohne seine Brille und das leuchten seiner Augen, hatten ihn so in seinen Bann gezogen gehabt, dass er nichts mehr mitbekommen hatte. „Worum ging's gerade?“ „Was war denn das eben?“ Tama sah seinen Freund eindringlich an. Dieser schüttelte aber nur den Kopf. „Ich weiß auch nicht...“, murmelte dieser, als dann die Schulglocke zu hören war. „Was soll's. Gehen wir!“ Schwungvoll stand er als erster auf und ging voraus. Dass sich auf seinen Wangen ein leichter Rotschimmer gebildet hatte, sollte niemand zu Gesicht bekommen. Ich glaub, ich hab mich in ihn verknallt, dachte er sich und bog um die nächste Ecke. Eine Woche verging und auch heute war die kleine Gruppe wieder auf dem Dach verabredet. Einer jedoch fehlte. „Wo bleibst unser Kleiner nur?“, fragte Kei mit lauter Stimme und biss in sein Yakisoba-Pan, welches ihm Tama ,mitgebracht hatte. „Man spricht nicht mit vollem Mund!“, wies ihn der Rothaarige zurecht. „Aber er hat Recht. Wo mag er sein? Bisher war er doch auch immer da...“ Sôsuke starrte regelrecht auf das Brötchen in seiner Hand, drehte sich schließlich um und blickte auf die Tür hinter sich. „Ich werd' ihn mal suchen gehen“, murmelte er entschlossen, legte das Sandwich in die Box zurück und stand auf. Zielstrebig öffnete er die Tür und begab sich auf den Weg ins zweite Stockwerk. Tama und Kei blickten sich erstaunt an. „Meinst du, er...?“ „Ich glaub schon. Zumindest wäre unser Kleiner doch ganz sein Typ, oder nicht?“ Tama nickte der Aussage Keisuke's nur zu und verpackte das Brötchen Sôsuke's. Der Schwarzhaarige ahnte, wo sich der Blonde aufhielt und so ging er zielstrebig zur Herrentoilette. Ein Mitschüler kam ihm entgegen, doch war das nicht Akira. So ging er weiter ins innere des Raumes. Keiner war mehr da und doch konnte man leise Laute vernehmen. Laute, die Sôsuke sehr wohl bekannt vorkamen. Er trat an die geschlossene, aber nicht verschlossene, Kabine heran und lauschte kurz. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sich dahinter derjenige befand, den er suchte, öffnete er langsam die Kabinentür. Zu seiner Verwunderung, konnte er sie gänzlich öffnen, ohne jeglichen Widerstand. Als er einen Blick hineinwerfen konnte, fand er Akira vor, der in seinen intimen Bewegungen innehielt. Geschockt sah der Blonde den Schwarzhaarigen an, wusste nichts zu sagen. „Sô-Sôsuke-san?!“, keuchte er nur leise und wich wenige Zentimeter zurück. Mehr waren ihm nicht Möglich gewesen. „Eh, ja... Akira...“, murmelte Sôsuke und schloss die Tür hinter sich, drehte dann auch den Hebel um. „Verzeih, dass ich hier so hereinplatze...“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf und kniete sich dann vor Akira hin. Seinen Blick richtete er dabei auf diesen und sah ihn eindringlich an. „Ich kann einfach nicht anders...!“ Unaufgefordert legte Sôsuke nun Hand an den Penis Akiras' an, wodurch dieser – wohl durch den Schock – etwas erschlaffte. Der Blonde verstand das nicht. Groß darüber nachdenken war ihm in dieser Situation auch nicht Möglich gewesen. „Bi-Bitte, Sôsuke-san... Lass... mich los...“ Mit letzter Kraft versuchte er die Hand, die ihn so intim umklammerte, zu lösen. Sôsuke aber hatte ihn fest im Griff. Er schüttelte den Kopf und umfasste die sich wehrenden Hände des Jungen mit seiner linken Hand. Unbeirrt fing er an, seinen Daumen über den Schaft des Gliedes, das allein durch die Berührung wieder zu neuer Härte gelangt war, zu führen. „Hn“, stöhnte Akira mit gedämpfter Stimme auf. Ihm war die Scham anzusehen. „Bi-Bitte...“ Sôsuke aber beachtete das Bitten des Jüngeren nicht. Er wusste, dass er es mit dieser Tat sowieso nur schlimmer machte; Akira und dessen Krankheit so keineswegs helfen würde. Aber allein die Tatsache, dass er jetzt hier mir ihm in dieser kleinen Kabine war, fachte seine Lust umso mehr an. Er wollte dem Anderen nahe sein. Ihm seine Liebe spüren lassen. Sämtliche Kraft war inzwischen aus Akira gewichen – er konnte sich nicht mehr gegen diese Berührungen wehren. Dass ihn sein Freund da berührte, machte Akira nervös. Wie gern hätte er die Flucht ergriffen, doch das konnte er nicht. „S ô-Sôsuke-san...“, keuchte er und krallte seine Hände in die Haare des Älteren. Dieser war gerade dabei gewesen, sich dem feucht gewordenen Glied mit den Lippen zu nähern. Die Hände des Blonden jedoch hielten ihn kurz davon ab. Sôsuke sah zu ihm auf und bemerkte das angestrengte Gesicht des Anderen. „Lass dich gehen“, raunte er mit tiefer Stimme und hob seinen Kopf so weit an, dass er nun nur noch wenige Zentimeter vor Akira's Gesicht war. Seine linke Hand fuhr er an das Kinn des Jüngeren und sah ihm, trotz der Brille, in seine leuchtend grünen Augen. „Akira“, murmelte er, ehe er seine Lippen auf die Akiras legte. Geschockt darüber riss dieser seine Augen auf. „Nn!“ Wieso tat Sôsuke das? Warum? Sôsuke lies seine Zunge erst vorsichtig über die Lippen des Anderen gleiten, ehe er diese in dessen Mundhöhle drängte. Jegliche Abwehr hätte nichts gebracht. Erst nach einigen Augenblicken löste sich Sôsuke wieder von Akira und zog dabei einen Speichelfaden mit sich. Anschließend leckte er über seine Finger, bis diese rundum befeuchtet waren und führte sie zu Akira's Glied. Dieses umkreiste er zuerst an der Eichel, bevor er es von Oben nach Unten herabfuhr. „Mhm...“, säuselte Akira leise. Diese Art der Liebkosungen kannte er bisher noch nicht – seine damalige Freundin hatte das meist nur lieblos gemacht gehabt. Unbeirrt machte Sôsuke in seiner Tat weiter. Mit Vorsicht umspielte er den Penis mit seinen Fingern, als er ihn schließlich mit ganzer Hand umfasste und diese auf und ab bewegte. Akira vergrub seine Finger in Sôsuke's Hemd. „Bi-Bitte...“, gab der Blonde, mit immer leiser werdender, Stimme zu verstehen. „Die... Pause...“ Als hätte der Jüngere auf die Uhr gesehen, läutete just in diesem Moment die Schulglocke. „Ignorier' die“, raunte der Schwarzhaarige und versiegelte die Lippen Akira's mit den seinigen. Während sie sich ein einem feuchtem Zungenspiel befanden, wurde die Tür zur Toilette geöffnet und ein Mitschüler trat ein. Keinen Millimeter rührte sich Akira mehr. Sôsuke bemerkte die Anspannung seines Freundes und küsste ihn daraufhin erneut. Der Junge war bald wieder gegangen und der Schwarzhaarige löste sich vom Jüngeren. Dieser war nahezu starr vor Schreck. Das nutzte Sôsuke sogleich aus, indem er sich hinunterbeugte und Akira's Glied mit den Lippen umschloss. Mit seiner Zunge umspielte er dann den Schaft und die Eichel. Er fuhr den Penis, beinahe genüsslich, auf und ab. Wonnegefühle durchfuhren Akira bei diesen Berührungen. „Sô-Sôsuke...san...“, stöhnte der Blonde auf. „I-ich... Mhm...!“ Durch diese direkten Liebkosungen des Älteren, war es Akira unmöglich gewesen, sich noch länger zurückzuhalten. Er kam in Sôsuke's Mund zum Höhepunkt, woraufhin er knallrot anlief. „Sô-Sôsuke-san“, hauchte er und setzte sich etwas aufrechter hin. „Akira...“, raunte Sôsuke nur und gab dem Blonden erneut einen Kuss. „Ich hoffe, ich war nicht zu schlecht...“, scherzte der Schwarzhaarige, um die peinliche stille, die zu entstehen drohte, zu vermeiden. Noch ganz außer Atem schüttelte Akira den Kopf. „Nein. Das... war echt gut.“ Das freute Sôsuke natürlich, hatte er so etwas doch noch nicht getan gehabt. „Danke.“ Der Schwarzhaarige stand nun auf und wischte sich mit seinem Ärmel letzte Spuren aus seinem Gesicht. „Sôsuke-san?“ Akira tat es Sôsuke gleich, stand auf und richtete seine Klamotten. Nachdem sie die Kabine verließen und sich die Hände gewaschen hatten, hielt Akira inne. Sôsuke, der bereits am gehen war und die Türklinke in der Hand hatte, drehte sich fragend um. „Akira?“ Der Blonde sah mit ernstem Blick zu dem Älteren, der doch einige Zentimeter größer war, auf. „Sôsuke-san... Warum...?“ Akira wusste, dass er den Satz nicht zu Ende sprechen brauchte und ihn sein Freund sicherlich auch so verstand. Der Angesprochene sah den Kleineren mit großen Augen an. Verlegen legte er seine linke Hand an seinen Hinterkopf. „Tja, das...“ Er wusste, warum er es getan hatte. Er wusste es ganz genau. Aber sollte er es ihm sagen? „Eigentlich müsstest du es doch ahnen?“, lenkte Sôsuke ein und kam ihm einen Schritt entgegen. Leicht beugte er sich vor, war nun nahe an Akira's Ohr. „Ich mag dich“, flüsterte er schließlich lächelnd. Darauf wusste der Zweitklässler nichts zu erwidern. „Komm, gehen wir“, gab Sôsuke freudig zu verstehen und öffnete die Tür. Er ließ Akira gar nicht mehr zu Wort kommen. Überrumpelt stolperte der Jüngere dann, gemeinsam mit dem Älteren, aus der Tür. Mit sich und der Welt zufrieden ging Sôsuke in seine Klasse zurück. ~ Fin ~ Kapitel 8: (2-3) Der lange Weg zum Ziel --------------------------------------- (2-3) Der lange Weg zum Ziel Seit nunmehr drei Jahren existierte das Hauptgebäude des Blue Diamond und dem Kundenstamm nach zu Urteilen, lief es sehr gut. Gleich nach dem Studienabschluss hatte sich der Geschäftsgründer Sôsuke Kitahara darum bemüht, seinen lang gehegten Traum zu verwirklichen. Zu Beginn war es nicht leichte gewesen. Einen passenden Standort finden, erstes Personal einstellen, Kunden anwerben... An so manchem Tage hatte Sôsuke das Handtuch werden wollen, wäre da nicht Akira Inohara, ein guter Freund aus Schultagen, gewesen. Akira war ist vor wenigen Jahren noch einer Krankheit, dem posttraumatischem Stresssyndrom, erlegen. Im zweiten Jahr der Oberschule traf er den Älteren, welcher schon damals das Ziel verfolgte, den Menschen helfen zu wollen. Und ohne dessen Hilfe wäre Akira jetzt nicht der, der er war. „Sôsuke-san?“, fragte der Blonde, den Anderen in den Büroräumen suchend. „Sôsuke-san! Verstecken hilft nichts!“ Widerwillig trat der Schwarzhaarige aus seinem Versteck hervor. „Du weiß aber doch, dass ich darauf keine Lust habe...“ Akira seufzte. „Aber wir wissen beide, dass es nötig ist. Komm schon!“ Auch Sôsuke stieß einen Seufzer aus, ehe er sich wieder fasste. „Na gut. Dann komm.“ Einmal im Halbjahr fanden sich alle ein, die mit der Planung, Strukturierung und Modernisierung des Geschäfts zu tun hatten, ein. Darunter Gründer Sôsuke, Leiter Akira, die Abteilungsleiter Kyosuke Sakuto und Michiko Kudô, Buchhalter Keisuke Fujii, Webmasterin Sonoko Kenzo, der Anwalt Koichi Tsuji, Manager Ryuichi Ando, Architekt Akihito Sakuragi und auch Ayumi Tokami, die die Reinigung überblickt. Über Stunden hinweg diskutierten sie, wie es bisher lief, was bleiben konnte und was verbessert werden musste. Da hier meist alle durcheinander redeten, verlor Sôsuke gerne mal die Lust daran. Die Zeit verging und noch immer schien keine Ende in Sicht. Der Schwarzhaarige nippte an seinem, bereits erkaltetem, Kaffee und dachte an seine Anfänge zurück. Im Frühjahr des fünften Jahres war Sôsuke mit dem Studium endlich fertig. Harte Jahre hatte er hinter sich gebracht. Neben der anstrengenden Hausarbeiten, musste er ja auch seinen Unterhalt verdienen. Auch wenn er mit Tamanosuke und Keisuke, seinen besten Freunden seit Schultagen, eine Wohngemeinschaft teilte, so hatte doch jeder noch seinen Teil zur Miete beizutragen. Nicht zu vergessen, dass auch sein Vater noch etwas Unterstützung bekam. Jetzt hatte er aber erst einmal eine Woche Urlaub und diese hatte er auch vor zu nutzen. Faulenzen war nicht angesagt, im Gegenteil. Sein Plan, ein Laden, wie es ihn noch nicht gegeben hatte, musste schließlich Stück für Stück in Angriff genommen werden. Es musste ein passendes Gebäude gefunden werden, das bestenfalls Zentral lag; sowie Mitarbeiter und Kunden. Allen voran natürlich musste noch ein Startkapital her. Zwar konnte Sôsuke in den letzten Jahren immer wieder mal etwas Beiseite legen, reichen täte das aber noch nicht. Wenn er alles zusammenlegte, kam er auf knapp 770.000 Yen. Noch lange nicht genug. Was das Finanzielle anging, so würde er wohl einen oder mehrere Kredite aufnehmen müssen – wenn er keinen Sponsor fand, zumindest. Aber darum würde er sich die kommenden Wochen kümmern. Heute traf er sich erst einmal mit einem Makler, der ihm mögliche Immobilien zeigen wollte. Pünktlich zur verabredeten Zeit stand Sôsuke vor dem Tokio-Café, nahe des Tokio-Towers. Ungeduldig blickte er auf sein Handy. „Kitahara-san?“ Der Angesprochene sah auf und erblickte einen Mann Mitte Dreißig. Er trug einen schwarzen Blazer, dazu ein weißes Hemd und eine dunkle Hose. „Ja. Dann sind Sie...“ „Hatake Sasuke“, stellte er sich vor und reichte dem Jüngeren seine Visitenkarte. Sôsuke nahm diese an, reichte Hatake eine der seinigen und las durch, was auf dem Kärtchen stand. „Dann wollen wir uns ein paar Einrichtungen ansehen“, fing der Dunkelhaarige freudig an. „Ich konnte drei Immobilien ausfindig machen, die Ihren Angaben entsprechen.“ „Das hört sich doch gut an.“ Dennoch war Sôsuke skeptisch. Ob es wirklich Räumlichkeiten gab, die seinen Ansprüchen, seinen Wünschen, entsprachen? Zusammen machten sie sich dann auf den Weg. Vom Café aus war es ein etwa Zehn minütiger Fußmarsch. Von außen machte es einen sehr unscheinbaren Eindruck. Eine schlich-moderne Fassade, nur wenige Fenster und eine schmale Eingangstür. 'Ob das ginge?', fragte sich Sôsuke beim betrachten der Tür. Sie war wirklich sehr schmal. Im Inneren aber war das Erdgeschoss sehr geräumig. „Mit 180m² Grundfläche gehört es zu den größten Immobilien, die ich finden konnte. Der Schnitt ist außerdem sehr Vorteilhaft. Man kann sich praktisch austoben“, kommentierte Hatake den Raum und sah den Schwarzhaarigen lächelnd an. „Der erste Raum ist, wie Sie sehen, offen zugänglich. Hinten Links befinden sich zwei weitere Räumlichkeiten, die jeweils etwa Zehn Quadratmeter aufwiesen und hier Rechts sehen wir die gläserne Wendeltreppe, die ins Obergeschoss und damit zu den Büroräumen führt.“ 'Es ist durchaus sehr geräumig.' Sôsuke blickte sich lange um. Die Stützpfeiler aus Beton, welche alle paar Meter aufgebaut waren – etwa Sechs an der Zahl -, sorgten für freien Flair. Jedoch wurde der Raum fast ausschließlich durch Kunstlicht erhellt. 'Und eben das sollte Tagsüber anders sein...' „Wollen wir uns mal die beiden Nebenzimmer ansehen?“, unterbrach Hatake die Gedankengänge Sôsuke's. „Gern.“ Die beiden Zimmer lagen zwar etwas versteckt, waren aber dennoch leicht erreichbar. Es waren schlichte Zimmer, mit je einem Fenster an der hinteren Wand. „Darf ich fragen, was genau Sie für einen Laden planen?“, fragte Hatake die Stille und sah Sôsuke an. Der Angesprochene blickte auf. „Natürlich dürfen Sie das. Es soll ein Laden werden, bei dem sich die Leute ihrer Sorgen entledigen können. Nicht aber durch Psychotherapeuten, nein. Normale Menschen werden anderen zuhören.“ Begeisterung spiegelte sich Sôsuke's Augen wieder. Und das jedes Mal, wenn er davon erzählte. Er glaubte fest an seinen Traum und würde alles dafür tun, um diesen zu verwirklichen. „Das hört sich interessant an“, gab Hatake lächelnd zu verstehen. „Vielleicht werde ich dann auch einmal zu Besuch kommen.“ Sich alles von der Seele zu reden, war bestimmt so manches Mal eine Wohltat. „Hoffentlich finden wir den richtigen Ort dafür.“ Der Schwarzhaarige nickte. „Ja.“ Nachdem sie sich auch das Obergeschoss mit den drei Büroräumen angesehen hatten, wollten sie gleich zur zweiten Immobilie weiter. Diese lag nur etwa fünfzehn Gehminuten entfernt, in der Nähe des Stadtparks. „Das nächste Haus“, fing der Makler an. „besticht durch seine Moderne.“ „Ich bin schon gespannt“, meinte Sôsuke und blickte sich neugierig um. Ein großes Gebäude erstreckte sich vor ihnen. Es hatte sicherlich an die dreißig Stockwerke. Und wie es Hatake bereits verkündet hatte, war es von moderner Erscheinung. „Wahnsinn!“ allein der erste Blick auf die rossflächige Fensterfront beeindruckte den Schwarzhaarigen sehr. Diese reichte von der einen zur anderen Seite. Mittig war eine breite Holztür, die sich farblich dem Fundament anpasste. Außerdem gab es noch einen zweiten Eingang, der an das Haus angrenzte und zu den oberen Stockwerken führte – wohl mit einem Aufzug. Damit hatte er nicht gerechnet gehabt, schließlich hatte er dem Makler Budgetvorgaben gegeben. Die beiden Männer betraten nun das Innere, welches hell erleuchtet war. Der Vorraum war mit Kirschparkett ausgelegt worden. Direkt vor ihnen war eine Art Podest aufgebaut worden. Etwa drei auf vier Meter groß und fünfzig Zentimeter hoch. Zu ihrer Linken befand sich ein Tresen, welcher bereits in blau-silbernen Farben gehalten war. Etwas versteckt befand sich hinter diesem ein Gang, der nach Hinten zu einem großen Raum führte, welcher wohl als Büro anzusehen war. Auf der rechten Seite waren die Sanitäreinrichtungen sowie ein weiterer Gang, durch den man zu einem weiteren Raum gelangte. Bei diesem Anblick verschlug es Sôsuke die Sprache. War das hier nicht zu teuer? Lag das wirklich noch im Budget? „Hinreißend, nicht war?“ „Ja wirklich! Das wär’s! Genau so habe ich es mir immer vorgestellt gehabt! Aber...“ „Aber?“ „Liegt das wirklich noch im `verfügbarem Rahmen?“ Skeptisch blickte Sôsuke den Älteren neben sich an. „... Nicht ganz.“ Hatake schien diese Frage bereits geahnt zu haben. Ein wenige senkte er seinen Kopf. „Zusammen mit den links angrenzenden Zimmern kommt man auf eine monatliche Pacht von 1,5 Millionen Yen.“ Sôsuke konnte bei dem Betrag, der das doppelte seiner Vorgaben entsprach, nur die Augen weit aufreißen. „Es war mir durchaus im klaren, dass der Preis Ihre Angaben überschritt, aber ich hatte diesen Laden zufällig noch in meinen Unterlagen und er passte zu perfekt“, erklärte Hatake ruhig und sah Sôsuke ernst an. „Es wäre wirklich Ideal...“, murmelte der Schwarzhaarige leise und sah sich noch einmal um. Dieser Ort wäre es gewesen, aber die Summe würde er in naher Zukunft niemals aufbringen können. ‚Schade’, dachte er sich leise und seufzte leise. „Wollen wir uns noch die dritte Immobilie ansehen?“, lenkte der Dunkelhaarige ein und drehte sich um. „Für das nächste Objekt müssen wir allerdings ein Stückchen fahren.“ Sôsuke nickte Gedankenversunken und folgte dem Älteren unauffällig. Während der circa zwanzigminütigen Autofahrt unterhielten sich Sôsuke und Hatake, der am Steuer des Wagens saß, angeregt. „Und dann ist meine Mutter zu einer Weltreise aufgebrochen. Meinen Vater, meine Schwester und mich ließ sie dabei allein zurück.“ Sôsuke sprach schnell, sah dabei aber recht vergnügt drein. „Damit wir über die Runden kamen, habe ich mir auch ein paar Jobs gesucht. Zu der Zeit wurde mir auch klar, dass sich der Mensch selten das von der Seele sprach, das ihn bedrückte. Das beste Beispiel dafür ist mein Vater. Damit wir Kinder keine Sorgen hatten, nahm er viel auf sich, sprach aber nie über seine Sorgen und Ängste – obwohl wir immer für ihn da sind. Ich habe mir lange überlegt, wie man das ändern könnte und aus ersten Fantastereien ist der Traum des Blue Diamond entstanden.“ Hatake bog in eine Seitenstraße ein und sah Sôsuke dann kurz lächelnd an. „So ist das also gewesen. Das kann ich sehr gut nachempfinden.“ Wieder sah er den Mann links neben sich an. „Auch mich hat meine Frau verlassen. Unsere kleine Tochter hat sie mitgenommen. Ich habe beide seit Jahren nicht mehr gesehen.“ Mit diesem Bekenntnis schlug die Stimmung im Wagen um. „Ich hoffe“, begann Hatake, als das Auto schließlich zum stehen kam. „dass Sie Ihren Traum verwirklichen können.“ Er sah Sôsuke freundlich lächelnd an und schnallte sich ab. „Da wären wir.“ Die beiden Männer stiegen aus dem Kleinwagen aus, schlossen die Türen hinter sich und begaben sich auf das Grundstück, nur wenige Meter entfernt. Vor ihnen erstreckte sich ein etwa sechs Stockwerke hohes Gebäude, welches ab dem zweiten Stock mit einer treppenförmig, abgestuften und nach oben hin breiter werdenden Blechverkleidung versehen war. Pro Stockwerk zog sich von Rechts nach Links eine Fensterfront, wobei die Oberste durch das Blech immer weiter verdeckt wurde. Eine, aus Holz bestehende, Eingangstür befand sich auf der rechten Seite. Außerdem zierte das Haus ein, in Beige gehaltener, Sims. Optisch Modern, fügte es sich gut in die Umgebung ein. „Was halten Sie davon?“, fragte Hatake in freundlichem Ton. „Schon nicht schlecht“, antwortete ihm Sôsuke und drehte sich zu dem Makler um. „Gut. Dann wollen wir es uns mal von Innen ansehen.“ Sôsuke hatte erwartet, dass sie durch die Eingangstür gehen würden, doch der Dunkelhaarige bog nach Links ab. Verwundert folgte er dem Älteren. Seitlich des Hauses befand sich eine überdachte Wendeltreppe mit Stahlgerüst, die zu den oberen Stockwerken führte. Man konnte sowohl im dritten als auch im fünften Stock über einen Gang ins Gebäudeinnere gelangen. Der Gang des dritten Stockwerks, zu dem Hatake Sôsuke führte, war – wie bei einem Wintergarten – rundum mit Glas verkleidet worden, während der Boden aus Buche bestand. Um auf den Gang zu gelangen, hatte man gleich am Anfang noch eine weitere Türe angebracht. Dadurch, das man sich im Obergeschoss befand, war alles hell beleuchtet, war doch nebenan kein Hochhaus. „Sollte es im Winter zu kalt werden, kann man auch ein wenig einheizen“, erklärte Hatake und deutete dabei auf den Boden. „Man hat vorsichtshalber eine Fußbodenheizung einbauen lassen.“ Ins Innere gelangte man schließlich durch eine Tür auf der rechten Seite, die nur einen Schritt entfernt war. Vor ihnen erstreckte sich ein großer Raum von gut Neunzig Quadratmetern. Zur Rechten befand sich die, durch die äußere Metallverkleidung, halbverdeckte Fensterfront. Doch trotz dessen gelang genügend Tageslicht in den Raum. Wenn man geradeaus blickte, sah man eine weitere Wand, die etwa Mittig hineinragte. Dahinter war ein Gang, zu den Toiletten führend. In der Wand selbst befand sich eine Art Durchreiche, die sich auf halber Höhe befand. Sah man nach Links war da eine Treppe, die nach oben führte. Diese war sehr Schlicht gehalten. Das Geländer war aus hellem Holz, rund gearbeitet und auf einem mattem Metallrahmen befestigt worden. Die Stufen selbst waren aus demselben Holz gemacht, wie das Geländer, nur mit Teppichen versehen, welche dunkelblau und achteckig geschnitten waren. Der zweite Stock stellte eine Galerie dar, die bis zur Raummitte hineinreichte und von zwei breiten Stützpfeilern getragen wurde. Es war ein offener Raum, verkleidet mit Milchglas. „Oben könnte man zum Beispiel das Büro einrichten.“ Nachdem alles besichtet war, standen die beiden Männer wieder im Hauptraum. „Das sieht gut aus. Gefällt mir“, fing Sôsuke an. „Aber mir fehlen die Zweitzimmer...“ Er blickte den Makler ernst an. „Natürlich“, antwortete Hatake lächelnd. „Folgen Sie mir.“ Er führte den Schwarzhaarigen zurück in den Gang nach draußen. Am anderen Ende befand sich eine weitere Tür. „Hier haben wir noch einen Raum, der bislang nur als Abstellkammer genutzt worden ist. Man kann durch eine Tür in den Raum drüben gelangen. Diese wurde lediglich hinter einer Holzwand versteckt.“ Die Abstellkammer miss gut fünfundzwanzig Quadratmeter, war etwas mehr als drei Meter breit und sieben Meter lang. Zwei Fenster auf der Linken, welche die Nordseite darstellte, erhellten den Raum mit genügend Tageslicht – mehr als man meinen mochte. „Zwar etwas Schmal, aber man könnte daraus wirklich was machen“, kommentierte Sôsuke. Zusammen gingen die Beiden wieder zurück. „Alles zusammen würde eine Pacht von 760.000 Yen machen. Es wäre also knapp in Ihrem Budget.“ Sôsuke nickte nachdenklich. Der Platz würde ausreichen, aber die zusätzlichen Kosten für die Renovierung würden das Startkapitel doch ausreizen. „Jetzt haben Sie alle Drei gesehen. Das erste, sehr Zentral. Das Zweite mit etwas höherer Miete und dieses, dreißig Minuten von der U-Bahn-Station entfernt. Gerne können Sie noch darüber nachdenken. Melden Sie sich einfach bei mir, falls Sie sich für ein Objekt entscheiden.“ Mit einem Lächeln führte Hatake seinen Kunden nach unten. Sôsuke blieb noch kurz stehen, während Hatake ins Auto einstieg, und sah sich die Umgebung an. Gegenüber der Straßenkreuzung befand sich ein kleiner Bäcker und neben diesem eine Reinigung. Direkt neben dem Haus hinter ihm hatte ein Convenience Store seinen Platz. Anfangs würden, auch wegen der Entfernung zur U-Bahn, noch nicht allzu viele Kunden kommen. Wenn man aber bedachte, dass nur eine Straße weiter eine Wohnsiedlung war, standen die Chancen doch nicht schlecht. „Dann wollen wir mal wieder zurück.“ Zurück in der Innenstadt verabschiedeten sich die beiden Männer und gingen wieder ihrer Wege. Der junge Unternehmer machte sich sogleich auf den Weg nachhause. Dort angekommen trat er mit einem „Bin wieder da“ ein und zog sich die Schuhe aus. „Hi, Sôsuke“, rief ihm sein Freund Tamanosuke zu. Zusammen mit Tama und Keisuke – Kei genannt – bewohnte der Schwarzhaarige eine WG. Während er sich mit dem Wirtschaftsstudium herumschlug, hatte Tama direkt nach der Oberschule seine Lehre als Koch angefangen. Und Keisuke war auf dem besten Wege, Buchhalter zu werden. Obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, verstanden sie sich auf Anhieb. Vielleicht war das auch einer der Gründe dafür, dass sie Sôsuke bei der Verwirklichung seines Traumes tatkräftig unterstützen und sogar mit ihm arbeiten würden. „Wie ist es gelaufen?“, fragte der Rothaarige und trocknete sich die Hände ab – war er doch gerade dabei gewesen, abzuspülen. „Geht. Es war zwar was wirklich tolles dabei, aber der Preis... Das erste Haus gefiel mir nicht so, dafür aber war das Dritte wieder was.“ Der Schwarzhaarige nahm am Küchentisch platz und stützte sich mit seinen Ellbogen darauf ab. Tama stellte ihm eine Tasse mit Kaffee hin und setzte sich ihm gegenüber. „Du hast im Moment rund 800.000 Yen, oder? Meine Ersparnisse betragen circa 400.000 Yen und Kei... Na ja, du kennst ihn ja.“ Schmunzelnd lehnte sich Tamanosuke zurück. „Wie sahen die Häuser denn aus?“ Sôsuke nippte an seinem Milchkaffee, stellte diesen dann wieder ab und ging zu erzählen an. Sein Freund hörte ihm dabei gespannt zu. „Eine echte Zwickmühle. Ich würde aber wirklich zum dritten Objekt tendieren.“ „Obwohl es so weit dorthin ist?“ „Überleg doch mal. So wird deine erste Kundschaft eben aus Ansässigen bestehen. Du freundest dich mit den Nachbarn an und durch die Mundpropaganda erübrigt sich dann einiges“, versuchte Tamanosuke es Sôsuke verständlich zu machen. „Stimmt. So gesehen. Und der Vorteil wäre, das man von der Galerie aus alles im Blick hat. Danke, Tama.“ Sôsuke lächelte zuversichtlich. Ohne seine Freunde wäre er sicher nie so weit gekommen. „Wo bleibt eigentlich Kei heute? War er nicht dran zu Kochen?“ Einen Blick auf die Küchenuhr erhaschend, drehte er sich zum Wohnzimmer, das an die Küche angrenzte, um. „Der kommt heut später. Hat noch ein Date mit Saori-chan.“ Tama stand auf und ging zum Kühlschrank. „Hast du auf was bestimmtes Lust?“ „Nicht wirklich. Aber du weißt doch, dass mir alles schmeckt, wenn du es machst.“ Die eindeutige Anspielung auf Keisuke’s „Kochkünste“ konnte man schlecht überhören. „Ach komm! Er hat sich doch schon verbessert“, witzelte Tama und entschied sich spontan für Okonomiyaki. „Sôsuke? Hilfst du mir vielleicht? Dann geht’s schneller.“ „Klar“, ab der Angesprochene zu verstehen und kümmerte sich dann ums Gemüse schneiden. „Kitahara-san? Haben sie gehört?“ Aus seinen Gedanken gerissen sah Sôsuke auf. „Äh, ja. Tut mir Leid. Also müssen wir den Kunden erweitern?“ „Sicherlich würden auch Jugendliche gern unser Angebot nutzen. Natürlich müssten wir die Zeiten und Tarife ein wenig anpassen, aber schlussendlich wäre es Gewinnbringend“, erklärte Ryuichi Ando, der Manager des Blue Diamond. Sôsuke blickte auf die Unterlagen vor sich. „Bitte denkt daran, dass es unser Ziel ist, den Leuten ihre Sorgen abzunehmen. Profit spielt dabei keine Rolle. Wir könnten es ja einmal versuchen und eine Woche im Sinne der Jugend eröffnen.“ „Es liegt bei Ihnen, Chef“, bemerkte Ryuichi und sah in die versammelte Runde. „Ich wäre auch dafür“, merkte Seiji Minasawa, einer der Masseure, an. „Gewinnen wir auch die Herzen der Teenager.“ „Ich denke auch, das wir das mal probieren sollten.“ Reihum gaben alle nacheinander ihr Einverständnis. „Schön, wenn sich mal alle einig sind“, freute sich Sôsuke und notierte etwas auf seinem Notizblock. „Als nächsten Punkt hätten wir noch das White Saphire...“ Nach weiteren zwei Stunden konnte die Satzung beendet werden. Die meisten waren auch bereits auf dem Heimweg, da das Blue Diamond einen Ruhetag eingelegt hatte. Nur noch Sôsuke und Akira waren anwesend. Erschöpft breitete der Schwarzhaarige seine Arme auf dem riesigem Tisch aus und platzierte seinen Kopf zwischen diesen. Ein lauter Stoßseufzer entwich seiner Kehle. „Und genau deswegen hasse ich diese Treffen...“, beklagte er sich und linste zu seinem Freund herüber. „Aber Sôsuke-san. Es ist nun einmal Pflicht für uns alle. Außerdem ist doch heute alles gut gelaufen. Ich weiß nicht, was du hast.“ Der Blonde lächelte und heftete noch ein paar letzte Unterlagen ab, ehe er sich seinem Freund und Chef zuwandte. „Wollen wir vielleicht etwas Trinken gehen? Ich lade dich auch ein.“ Da horchte der Firmenchef auf und richtete sich sogleich auf. „Wie käme ich denn zu der Ehre, Akira?“ Es war selten, dass Akira von sich aus auf einen zuging, schließlich hatte er lange Zeit jegliche menschliche Nähe gemieden. „Nun ja...“, begann der Jüngere und nahm seine Brille, die mittlerweile nicht mehr verspiegelt war, ab. „Dafür dass du heute brav warst“, witzelte Akira. „Kommst du mit?“ Dieses Angebot konnte Sôsuke natürlich nicht ausschlagen und so genehmigten sich die Beiden in einer Bar in der Nähe einen Drink und redeten dort über alte Zeiten. [Fortsetzung folgt...] Kapitel 9: (2-4) Die Eröffnung ------------------------------ (2-4) Die Eröffnung   Nach etwa einem halben Jahr war es endlich soweit. Alle Verträge waren unter Dach und Fach, die Renovierung gerade beendet und auch die ersten Mitarbeiter waren gefunden. Nun stand der Eröffnung des Blue Diamond nichts mehr im Wege. „Gott, bin ich nervös“, murmelte Sôsuke, vor dem Tresen stehend. „Der Start in ein neues Leben.“ So aufgeregt war er in seinem sechsundzwanzig Jährigem Leben noch nicht gewesen. „Nur die Ruhe, Sôsuke. Wird schon alles gut gehen.“ Tamanosuke klopfte seinem Freund auf die Schulter und sah ihn zuversichtlich an. „Du hast alles für diesen Laden getan. Es kann eigentlich gar nicht schief gehen.“ „Genau! Also Kopf hoch, Brust raus und ran an die Front!“, kam es von Keisuke, welcher hinter der Bar – die direkt am Tresen angrenzte – auf erste Gäste wartete. „Ich bin mir aber unsicher, ob das mit dir hinter der Bar klappt...“ „Ihr wisst doch aber, dass ich meinen Alkoholkonsum bereits deutlich minimiert hab!“, rechtfertigte sich Kei, ein wenig beleidigt. „Sicher Kei, aber man weiß ja nie“, bemerkte Tama und trat nun ebenfalls hinter den Tresen. „Hey! Ihr seid gemein! Traut ihr mir denn gar nicht?!“ Kei fühlte sich hintergangen. Wie konnten seine besten Freunde nur so etwas sagen? „Ach komm. Das war doch nicht böse gemeint. Natürlich vertrauen wir dir, aber Kontrolle ist manchmal eben doch besser.“ Sôsuke lachte kurz auf und sah sich suchend um. „Pah“, entgegnete der Dunkelblonde nur und widmete sich schließlich der Bestandsliste. „Wo ist eigentlich Akira?“, fragte Sôsuke und trat einen Schritt vor. „Der wird oben sein, schätze ich. Er wollte noch ein paar Akten durchgehen“, antwortete ihm Tama und lächelte. Akira, der Vierte im Bunde hatte sich dazu entschieden, Sôsuke und dem Blue Diamond damit zu helfen, in dem er sich dem Steuerfach widmete. So hatte er auch sein Studium gerade abgeschlossen. „Na gut. Dann seh ich später mal nach ihm.“ „Eine halbe Stunde noch“, bemerkte Tama, als dieser auf die Uhr blickte und stellte drei Gläser Sekt auf den Tresen. „Auf einen erfolgreichen Start!“ „Kanpai!“   „Chef! Wir wären soweit.“ Sôsuke atmete tief durch und sah noch einmal zu jedem Mitarbeiter. „Tamanosuke, Keisuke, Akira, Etô-san, Kudô-san. Ich danke euch, dass ihr heute hier seid und hoffe, dass wir lange zusammen arbeiten können. Auf eine erfolgreiche Zukunft!“ Alle nickte zustimmend, ehe sie sich an ihre Plätze begaben. Tama zur Rezeption, Kei hinter die Bar, Akira ging zurück ins Büro, Usagi Etô begab sich in den Beraterraum, in welchen man durch eine Tür und in den anliegenden Raum gelangte, und Michiko Kudô gesellte sich zu Sôsuke. Dieser stand neben dem kleinen Bartisch nahe der Bar, auf welchem zahlreiche Sektgläser bereit standen. Die Uhr zeigte, dass es nun 16°° Uhr war. Ein wenig nervös öffnete der Schwarzhaarige die Eingangstür. Zu seiner Überraschung warteten bereits schon ein paar Leute vor dem Eingang. „Meine Damen und Herren. Ich heiße Sie alle im Blue Diamond willkommen.“ Enthusiastisch war Sôsuke vorgetreten und lächelte die Gäste freundlich an. „Bitte, treten Sie doch ein, genehmigen Sie sich ein Glas Sekt und lassen Sie das Ambiente auf sich wirken.“   Die ersten Gäste traten ein und sahen sich um. Zu ihrer Rechten befand sich eine kleine Sitzgruppe, bestehend aus einer schwarzen, dreiteiligen Ledercouch, zwei Sesseln sowie einem runden Glastisch. Dahinter standen zwei ovale Tische, deren massive Sockel rundum mit ausgeleuchteten, Plexiglaskacheln verkleidet waren. Auch der Tresen auf der linken Seite wurde mit diesen Kacheln geschmückt. Sie leuchteten abwechselnd Blau und Silber. Die Theke selbst reichte von der hinteren Wand bis nach vorn zur Treppe, wobei noch etwa ein Meter Abstand zu dieser bestand. Wellenförmig war sie geschnitten und in zwei Bereiche eingeteilt. Der vordere Bereich, nahe der Treppe, war für die Information und Rezeption vorgesehen, während der hintere Teil für die Bar eingeteilt worden ist. Ein Aquarium hatte man in die lange Wand am Ende des Raumes eingelassen. Es wirkte beruhigend und teilte den Raum auf diese Weise eleganter, als mit einer offenen Durchreiche. Unterhalb des Aquariums wurde ein Weinregal angebracht, in welchem schon ein paar Flaschen gelagert wurden. Nachdem jeder mit einem Glas Sekt versorgt war, führten Sôsuke und Usagi die ersten Gäste an die Information, während sich die weitere Kundschaft zur Bar begab. „Guten Tag meine Damen. Wir heißen Sie herzlich Willkommen. Mein Name ist Tamanosuke Michida. Was kann ich für Sie tun?“, begrüßte Tama die Damen mittleren Alters. Eine von ihnen, wohl vierzig Jahre alt, trat vor. „Guten Tag. Ich wüsste gerne, was Sie uns hier anbieten.“ „Das erkläre ich Ihnen doch gerne.“ Der Rothaarige machte eine kurze Pause und legte ein paar Broschüren auf den Tresen. Diese reichte er anschließend den sechs Damen vor sich. „In unserem Etablissement können sie ganz frei reden. Wir haben extra hierfür einen Raum vorbereitet. In diesem wartet unser Betreuer Etô-san. Sie können ihm alles erzählen und niemand weiteres wird je davon erfahren. Etô-san ist auch kein Psychologe, sollten Sie das annehmen.“ „Und er sagt nichts weiter?“, kam es skeptisch von einer Frau an die Dreißig. „Natürlich nicht. Wir verpflichten uns Ihnen gegenüber. Kein Wort wird aus diesen Raum gelangen. Ich kann verstehen, wenn Sie zweifeln, aber es wird auch niemand zum reden gezwungen.“ Eine Frau, schon etwas älter, trat vor und lächelte Tamanosuke freundlich an. „Ich möchte es einmal versuchen.“ Tama verbeugte sich leicht, ehe er ein Blatt Papier auf den Tresen legte. „Darf ich Sie nur kurz um Ihren Namen bitten?“ „Aber gerne doch.“ Sie nahm den Stift, den Tamanosuke ihr reichte und setzte ihren Namen in die erste Zeile. „Und nun?“ „Folgen Sie mir bitte.“ Der Rothaarige führte die Kundin an der Treppe vorbei zu einer hölzernen Tür. Etwas versteckt lag sie direkt hinter der Treppe. Er klopfte an und ein „Herein“ drang an ihr Ohr. Tamanosuke öffnete die Türe und führe die Dame in das Zimmer. Da der Raum relativ lang war, wurde die Einrichtung dementsprechend angepasst. So fand man ein längliches Landschaftsbild auf der Wandseite, wohingegen eine lange Kommode aus Zwetschgenholz sich unter den Fenstern erstreckte. Am hinteren Ende war eine Eckcouch aus dunklem Leder mit dazugehörigem Sessel. Außerdem fand auch ein kleiner Tisch dort platz. Die Wände hatte man in einem dunklem Rot gestrichen und auch der Teppich hatte eine ganz ähnliche Farbe. Trotz dessen aber war der Raum gut beleuchtet. Zusätzliche kleine Wandleuchten an den Ecken sorgten ihrerseits für Licht und Atmosphäre. „Hallo und herzlich Willkommen im Blue Diamond“, begrüßte Usagi Tamanosuke's Begleitung. Er war vom Sofa aufgestanden und mit einem breiten Lächeln nähergekommen. „Ich bin Usagi Etô. Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Mit wem habe ich das Vergnügen?“ Sein fiel auf die Frau, welche einen Kopf kleiner war als er selbst. „Guten Tag, Harukaze mein Name.“ „Na, dann lasse ich euch mal allein“, unterbrach Tama die beiden und schloss die Tür nach einer verabschiedenden Verbeugung.   Nervös blickte Sôsuke zur Tür. Die Gäste waren inzwischen alle bewirtet und hatten sich im Raum verteilt. Die meisten unterhielten sich angeregt. Michiko hatte in einer kleinen Runde eingespannt. Bisher war nur Positives ausgesprochen worden, doch fühlte sich der Schwarzhaarige immer noch etwas unbehaglich. „Nur die Ruhe. Wird schon werden.“ Keisuke hatte sich nun zu Sôsuke dazugesellt und ihm diese aufmunternden Worte entgegengebracht. „Hier. Trink 'nen Schluck, dann geht’s dir besser.“ In seiner Hand hielt Kei einen klaren Drink, mit blau eingefärbten Eiswürfeln und einem Papierschirmchen darin. „Probier' mal! Den haben Tama und ich gemixt.“ Sôsuke nahm das Glas entgegen und nippte an dem Getränk. „Nicht schlecht. Was ist da drin?“ „Sagen wir, es ist eine Art von Caipirinha, nur mit Litschi statt Limone. Die Eiswürfel sind mit blauer Lebensmittelfarbe eingefärbt, also unschädlich.“ „Die leichte Süße passt wirklich gut und die Eiswürfel geben einen tollen Effekt.“ Sôsuke war davon überzeugt, dass sich dieser Drink als Hausdrink eignen würde. „Mach mal noch ein paar Gläser. Die können wir gleich probeweise verteilen.“ Wie ihm geheißen, füllte Kei das neue Getränk in einige Cocktailgläser, gab je drei Eiswürfel hinzu und dekorierte das ganze mit je einem Schirmchen. Die befüllten Gläser stellte der Dunkelblonde schließlich auf ein rundes Tablett. „Hier, bitte“, meinte er noch und lächelte. „Danke Kei.“ Jetzt galt es, das Tablett unbescholten zu den Gästen zu tragen. Hierfür hatte Sôsuke extra einen Schnupperkurs besucht – nur um darauf vorbereitet zu sein. Zwar war der Schwarzhaarige nicht direkt fürs Bedienen zuständig, doch wollte er für den Fall der Fälle gerüstet sein. Und nun zahlte es sich schon am ersten Tag aus. Mit freundlichem Lächeln trat Sôsuke an die ersten Gäste, welche sich an den Stehtischen unterhielten, heran. „Darf ich kurz unterbrechen? Ich würde Ihnen gerne diesen Drink anbieten.“ Die beiden Damen im mittleren Alter und ein älterer Herr drehten sich neugierig zu dem Schwarzhaarigen um. „Darf man fragen, was in diesem Cocktail ist?“, fragte eine der Frauen. Sie hatte sich dem jungen Mann zugewandt und lächelte aufgeschlossen. „Natürlich, werte Dame. Der Drink besteht aus Wodka, Zucker und Litschisaft. Etwa so wie ein Caipiroschka.“ Er nahm ein Glas vom Tablett und stellte es der Frau auf den Tisch. Gleich darauf reichte er auch den anderen beiden je ein Glas. Die Frau mit dunkelbraunen Haaren nahm den Drink anschließend in die Hand, legte das Schirmchen beiseite und nippte an dem Getränk. Ein Lächeln zierte daraufhin ihr Gesicht. „Der ist gut!“, brachte sie hervor und ihre Gegenüber taten es ihr gleich, indem auch sie probierten. Und auch diesen Beiden schien es zu schmecken. „Der ist wirklich gut.“ „Ja. Sehr lecker.“ Die positiven Zusprüche erleichterten Sôsuke ungemein. „Entschuldigung?“ Ein junger Mann mit schwarzen Haaren und Brille war zu der kleinen Gruppe dazugestoßen. „Darf ich den auch mal probieren?“ Er hatte den leichten Tumult wohl mitbekommen und war von der Sitzgruppe herangetreten. Hinter ihm waren auch die letzten beiden Gäste und auch Michiko zu sehen. Sôsuke servierte auch ihnen den neuen Drink und bot ihn anschließend noch den fünf Damen, die sich immer noch mit Tamanosuke unterhielten, an. „Ein Kompliment an Sie, Herr...?“, begann die Brünette und sah Sôsuke fragend an. „Kitahara. Sôsuke Kitahara“, antwortete er freundlich und wandte sich ihr zu. „Kitahara-san. Ihr Laden ist wirklich gemütlich. Es ist sehr einladend. Ich werde auf jeden Fall wiederkommen.“ „Das freut mich natürlich.“ „Das Ambiente ist wirklich toll, Kitahara-san. Haben Sie sich das ausgesucht?“, fragte der junge Mann, sich dabei umsehend. „Nun ja. Sagen wir teilweise. Meine Freunde und Kollegen, Tamanosuke Michida, Keisuke Fujii und Akira Ikehara, haben ebenso mitgewirkt. Wir wollten unserem Ziel das passende Image verpassen und mithilfe des World-Wide-Web konnten wir dieses weitestgehend erfüllen.“ Das sanfte Lächelnd und das Glänzen in seinen Augen, erstaunte die umstehenden Gäste. War Sôsuke doch noch sehr Jung. „Wissen Sie, das Blue Diamond ist ein lang gehegter Traum von mir und ich würde alles dafür tun.“ „Man sollte für seine Träume arbeiten“, kommentierte eine schwarzhaarige Frau, die die Dreißig erreicht hatte. „Ich bewundere Sie dafür.“ Sie lächelte Sôsuke herzlich an. „Vielen Dank.“ „Viel Erfolg“, wünschte sie ihm und nippte noch einmal an ihrem Glas.   „Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen reden zu dürfen, Harukaze-san!“ Die Tür zum Beraterraum öffnete sich und eine laute, fröhliche Stimme drang in den Raum. „Ach, Sie Charmeur! Auch mir war es eine Freude.“ Sôsuke bemerkte, dass Usagi und Harukaze wieder da waren und kam daraufhin auf sie zu. „Etô-san, Harukaze-san. Wie ist es gelaufen? Hat es Ihnen zugesagt?“ Tamanosuke hatte sein Gespräch mit den Damen unterbrochen und sich nun auch den Beiden zugewandt. „Es war unerwartet aufregend. So etwas habe ich bisher noch nicht gemacht. Aber es war wunderbar. Etô-san ist so ein netter Mann. Ich denke, ich komme auf jeden Fall wieder her.“ Die Frau strahlte übers ganze Gesicht, was die umstehenden Kunden wohl neugierig machte. „Na, das freut uns aber. Schließlich ist es unser Wunsch, dass Sie sich bei uns rundum wohl fühlen.“ „Dürfte ich als Nächste?“, fragte eine schwarzhaarige Dame und trat etwas näher an Tamanosuke heran. „Gerne doch“, antwortete dieser und drehte sich kurz zum Tresen um, auf welchem die Namensliste lag. „Tragen Sie sich bitte hier ein.“ Er überreichte der Frau das Klemmbrett mit einem zufriedenem Lächeln im Gesicht. „Mich würde das auch interessieren“, brachte der Schwarzhaarige mit Brille hervor. Er war, nach einem kurzen Gespräch mit Sôsuke und Michiko, zu der vorrangig weiblichen Gruppe gegangen und nun auch sehr interessiert an diesem ungewöhnlichen Service.   Sôsuke beobachtete das Geschehen aus dem Augenwinkel heraus. Auch Kei verfolgte den bisherigen Ablauf und gesellte sich zu seinem Freund und den Kunden dazu. „Es scheint gut anzukommen. Ganz wie erwartet.“ Der Dunkelblonde grinste zuversichtlich. „Wissen Sie“, begann er und blickte in die bunte Runde. „unser Chef hier hat bis zuletzt befürchtet, dass sein Konzept nichts wäre.“ „K-Kei!“, kam es mit leicht erhobener, geschockter Stimme vom Schwarzhaarigen. „Ist doch wahr“, neckte Keisuke seinen Freund aber weiterhin. „Nun. Ich glaube, ich hätte auch Angst gehabt“, unterbrach eine Frau mit rötlichen Haaren die beiden Männer. „So wie ich das hier einschätze, ist es etwas Neues, Einzigartiges. Und viele Menschen meiden das Neue. Es erfordert viel Mut, sich der Gesellschaft zu widersetzen und trotz aller Schwierigkeiten eben diesen ersten Schritt zu wagen. Ich finde es wirklich bemerkenswert, was Sie erreicht haben, Kitahara-san.“ Solche Worte hatten weder Sôsuke noch Keisuke erwartet, weswegen ihnen fast die Worte fehlten und nur ein leises „Vielen Dank“ die Lippen des Schwarzhaarigen verließen.   Der Abend nahm seinen Lauf und gegen 22°° Uhr war auch der letzte Gast verabschiedet. Sôsuke hatte den Herren noch zur Tür begleitet, welche er dann abschloss. Seufzend drehte er sich um und lehnte sich an eben diese Türe an. „Geschafft“, brachte er leise hervor und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Klasse Abend, würde ich sagen. Ist ja alles super gelaufen!“ Kei kam seinem Freund mit einem breiten Grinsen und einem Drink in der Hand näher. „Gut gemacht.“ „Nein. Das war nun wirklich nicht mein Verdienst“, gab er zu verstehen und nahm das ihm gereichte Getränk an. „Das haben wir im Team geschafft.“ Er wandte sich nun auch den Anderen zu, welche sich versammelt hatten. „Leute, Danke! Ohne euch wäre das alles niemals Möglich gewesen.“ „Das gilt aber auch für dich, Sôsuke-san.“ Die Anwesenden drehte sich alle nach der Stimme um, die von oben ertönte. Akira, der den Tag über im Büro gewesen war, kam von dort und gesellte sich zu der Gruppe hinzu. „Schließlich warst du es doch, der diesen Laden eröffnen wollte. Gratuliere. Du hast es geschafft!“ Er lächelte den Älteren herzlich an. Dem Schwarzhaarigen war von diesen Worten so gerührt, dass er nur verlegen Lächeln konnte. „Danke, Akira. Danke euch allen!“ Sôsuke sah in die Gesichter seiner Freunde und Mitarbeiter, ehe er allen noch einen Feierabenddrink anbot. Längst schon lagen alle im Bett, doch an Schlaf war für Sôsuke nicht zu denken. Noch immer Wiederholte er den Tagesablauf. „Hoffentlich wird es auch in Zukunft so gut laufen“, sagte er sich, schob sich die Decke über den Kopf und schloss die Augen.   Am nächsten Tag wurde die Pforte zum Blue Diamond bereits um 15°° Uhr geöffnet. Sôsuke hatte sich den täglichen Tagesablauf des Durchschnittsjapaners angesehen und nach langen Recherchen versucht, passende Öffnungszeiten zu schaffen. So war der Laden zum Beispiel am Wochenende Abends länger offen als unter der Woche. Außerdem würden die Mitarbeiter im Schichtbetrieb arbeiten, sodass jeder Einzelne nicht zu viele Überstunden machen musste. Er selbst hielt sich dabei nur selten an seine eigenen Regeln. Mit der „Ausrede“, dass er als Chef einfach noch viel zu tun hatte, konnte ihm aber auch keiner Wiedersprechen. Zum Ausgleich dafür, sorgten seine Mitbewohner dafür, dass der Schwarzhaarige genug aß und schlief. Nervös wie am ersten Tag wartete Sôsuke auf die Kundschaft. Doch schien die heute auszubleiben. Vier Personen, darunter ein gestriger Kunde, hatten bisher den Laden betreten. „Mach dir mal keinen Kopf.“ Tama war an den Anderen herangetreten und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Wir müssen einfach etwas Werbung machen. Schließlich ist das hier nicht die Innenstadt.“ „... Meinst du?“ Man sah ihm an, dass er Zweifel hatte. „Ja. Ich werde Morgen noch ein paar Flyer verteilen, wenn ich einkaufen gehe. Es ist nur Frage der Zeit.“ „Okay...“, gab Sôsuke zögerlich zu verstehen. „Ich schau mal schnell nach Akira. Wenn was ist, hol mich einfach.“ „Ja.“   „Akira? Alles klar bei dir?“ Der Angesprochene drehte sich um und erblickte den nervös drein sehenden Sôsuke. „Sicher. … Ist etwas passiert? Kommt ja nicht oft vor, dass du rauf kommst.“ Der Ältere staunte, wie sich sein freund seit Schultagen verändert hatte. Wenn er an die Zeit an der Oberschule zurückdachte, als er den Blonden das erste Mal getroffen hatte, war es, als stünde jemand ganz anderes vor ihm. „Du hast dich wirklich verändert“, nuschelte der Schwarzhaarige und schmunzelte. Akira sah sein Gegenüber daraufhin mit großen Augen an. „...Ja. Und das habe ich vor allem dir zu verdanken, Sôsuke-san.“ Er lächelte. „Meinst du?“, konnte Sôsuke nur fragen. „Aber eigentlich war es dein eigener Wille.“ „Nun ja“, murmelte der Blonde verlegen und senkte seinen Kopf. „Aber... sag mal...“, begann er schließlich und sah den Anderen fragend an. „Warum bist du nun hier? Gibt es unten nichts zu tun?“ Dass er damit einen wunden Punkt traf, ahnte Akira nicht. Sôsuke gab auf die Frage hin ein verlegenes „Uh...“ zu verstehen, ehe er den Blick abwandte. „Ja, na ja... also...“ Er wusste nicht so wirklich, was er nun sagen sollte. Deprimiert senkte er den Kopf. „Heute ist weniger los als gehofft...“, murmelte er und setzte sich auf den freien Stuhl. 'Selbstzweifel?', dachte sich Akira erstaunt und musste sich ein Grinsen verkneifen. „So habe ich dich noch nie erlebt, Sôsuke-san.“ „Das ist aber nicht witzig“, gab der Jungunternehmer, ein wenig beleidigt, wieder. „Ich denke aber, dass sich alles erst noch einspielen muss. Also mach dir nicht zu viele Sorgen.“ Akira lächelte seinen Freund aufmunternd an und reichte ihm einen Stapel Papier. „Wenn du das dann bitte noch unterschreiben würdest.“ Sôsuke nahm den Stapel entgegen und überflog kurz, was auf den Blättern geschrieben stand, ehe er unterzeichnete. „Danke.“ „Gibt es sonst noch etwas zu tun?“ Akira überflog kurz seinen Schreibtisch, welcher im rechten unteren Eck der Galerie lag, schüttelte dann aber den Kopf. Ein zweiter befand sich auf der schräg gegenüberliegenden Seite. Zudem wurde ein kleiner, halbrunder Tisch im freien Eck platziert. Auf diesem fanden eine Kaffeemaschine und das nötige Zubehör ihren Platz. Der Schwarzhaarige näherte sich der gläsernen Wand, welche dieses Galerie-Büro umfasste und blickte nach unten. Ein leiser Seufzer entwich ihm. „Viel mehr Kunden sind scheinbar immer noch nicht gekommen...“, murmelte er, als er dann doch jemanden am Eingang stehen sah. Und irgendwie kam ihm diese Person bekannt vor. „Ich schau mal runter, Akira“, gab er zwar noch zu verstehen, wartete aber keine Antwort mehr ab. Schnell war er wieder unten angelangt und freute sich über den neuen Gast. Von oben hatte er ihn bereits erkannt gehabt. „Hatake-san! Schön, Sie zu sehen.“ „Guten Tag, Kitahara-san!“ Hatake war ihm einen Schritt entgegengekommen und lächelte freundlich zurück. „Ich dachte mir, ich sehe mir Ihren Laden mal an. Sie haben wirklich was nettes daraus gemacht.“ „Danke. Kommen Sie. Ich führe Sie ein wenig herum.“     „Wenn ich daran zurückdenke...“, murmelte Sôsuke und leerte sein Glas. Akira, der eher selten zum Alkohol griff und deswegen nur ein Light-Bier bestellt hatte, blickte seinen Freund neugierig an. „Ich hatte echt bammel, ob das was wird.“ Nach einem langen Arbeitstag hatte Akira den Älteren auf einen Drink eingeladen und so saßen sie nun in dieser kleinen Bar, nahe des Blue Diamond. „Sôsuke-san, ich glaube, du hast genug getrunken.“ Drei Gläser waren zwar eigentlich nicht so viel, doch vertrug der Schwarzhaarige nicht jeden Tag was. „Lass uns lieber gehen.“ Akira stand auf und warf sich schon einmal seine Jacke über den Arm, während er seinen Freund zum Gehen bewegen wollte. „Ist gut, ist gut. Immer langsam“, grummelte Sôsuke und raffte sich langsam vom Barhocker auf.   Am Anfang war es wirklich nicht absehbar gewesen, ob der Laden Erfolg haben würde oder nicht. Die ersten Wochen waren sehr schleppend gelaufen und ein fester Kundenstamm schien auch nicht in Aussicht. Erst als das örtliche Straßenfest veranstaltet worden war, konnte Sôsuke seinen Laden anpreisen. Seine drei Freunde hatten zusammen mit ihm hunderte Flyer verteilt und die Leute direkt angesprochen. Das diese Aktion schlussendlich etwas gebracht hatte, zeigte sich in den darauffolgenden Tagen. Und wie Tamanosuke es lange zuvor schon gesagt hatte, trug die Mundpropaganda ihren Teil dazu bei. Täglich wurden es mehr Kunden; einige kamen nun auch regelmäßig. Für Sôsuke, der noch des öfteren nervös im Laden auf und ab gegangen war, war der erste Schritt getan. Die Jahre gingen ins Land, der Laden boomte. Bald wurde ein zweites Gebäude angemietet – jenes, das Sôsuke sich zu Beginn angesehen hatte. Das Blue Diamond war schnell in aller Munde und Sôsuke seinem Traum so nah wie nie zuvor.   ~ Owari ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)