An Ghealach Docher von SainzDeRouse (Du kannst ihm nicht entkommen!) ================================================================================ Prolog: -------- Sainz de Rouse       AN GHEALACH DORCHER Die Mondfinsternis       Glossar:   Mutter Mháthair Vater Athair Onkel Uncail Bruder Dearthair Brüder Brethren Schwiegertochter Nighean-chéile Schwägerin Piuthar-chèile Großmutter Seanmháthair Großvater Seanathair Königin Banrigh König Rígh Herrin/Dame Baintighearn Herrscher Riaghladair Hure Siùrsach         Vor vielen, vielen Jahren ereignete es sich, dass in Schottland ein Mädchen in einem entlegenen Dorf lebte. Der verschlafene Weiler lag in der Nähe eines Sees, umrahmt von wilden Blumen, Wiesen und Wäldern. Die weitläufigen, riesigen Berge schienen, einem Märchen entsprungen, da sie eine Wildheit ausstrahlten als seien sie noch nie von einem Menschen betreten worden. Diese Gegend hatte etwas Fantastisches und barg viele Geschichten in sich. Dies ist eine davon.   So oder so ähnlich beginnen die meisten Geschichten, doch meiner Meinung nach wäre Folgendes passender:   Ich blickte der Bestie in die glühenden Augen. Die scharfen Zähne blitzten im Schein des Mondes und das Blut seiner Feinde tropfte aus dem geifernden Maul. Das tiefe Knurren ließ seinen massigen Körper vibrieren und mit gierigem Blick starrte er mir entgegen. „Ich liebe dich“, sagte ich weinend. Und dann, sprang sie mir entgegen. Kapitel 1: TEIL 1 ----------------- *** TEIL 1   Verraten und verkauft   Kapitel 1 Meine Familie       Die Räder knarzten unter der schweren Last und rollten von einem Pony gezogen dem Waldrand entgegen. Der Vollmond ging auf und kündigte die unheiligen Kreaturen an während die Sonne sich zum Schlafen legte und uns mit ihren letzten Strahlen den Weg wies. Die Anspannung unter uns war zum Reißen gespannt. Meine Hände waren schweißig und mein Herz pochte wild, so das ich es schon in den Ohren rauschte. Alan, mein großer Dearthair tat so als würde er frieren, doch war ich mir sicher das er vor Angst zitterte. Athair führte das Pony über die Hügel, meine Mháthair direkt hinter ihm. Alan und ich bildeten die Nachhut um unser wertvollstes Tier zu helfen, falls das Rad im Schlamm stecken blieb oder ein großer Stein überwunden werden musste. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir angekommen und luden eilig unsere Waren aus. Ein großer, hoher Eichentisch stand direkt unter der Krone eines hohen Baumes. Es bildete einen ungewöhnlichen Anblick, doch war es nötig Tiere eine gewisse Zeit abhalten zu können unsere Tribute zu verschlingen, ehe sie ihren Zweck erfüllen konnten. Säcke mit Wolle, eine Stroh gefüllte Kiste mit den gesammelten Eiern der letzten Tage und der heutigen Gabe Ziegen- und Kuhmilch. Ebenso Käse und Joghurt und geräuchertes Fleisch. Jedes Mal wenn ich Mháthair dabei zusah wie sie das kostbare Fleisch einpackte zwinkerte sie Tränen weg und versuchte nicht unter der Last zu zerbrechen. Es war viel Geld das uns durch den Fingern rann, von dem teuren Salz ganz zu schweigen. Alles abgeladen machten wir uns sehr zügig auf den Rückweg. Es war merkwürdig, diese Prozedur vollzogen wir seit Jahren, doch die Angst wuchs ins Fantastische, wenn wir diesen Tisch im Rücken hatten. So als würde der erkaufte Frieden plötzlich seine Geltung verlieren und teuflische Monster könnten jeden Moment aus dem Dickicht kommen und uns meucheln. In unserem Dorf Uaigneas angekommen war die Angst und Anspannung deutlich zu spüren. Alle Fenster und Türen wurden verschlossen, selbst die Hunde und Katzen ließ man ein ins Haus. Es war deutlich zu hören, wie Kommoden und Schränke vor Türen und Fenstern geschoben wurden. Jeden Monat erlebten wir die Nacht absoluten Grauens. Es gab viele wundersame Geschichten über haarige Monster mit langen Krallen und Zähnen. Würde ein Mensch in dieser Nacht draußen sein, so würde er einen schrecklichen Tod finden. Wir liefen eilig in unser Haus und taten es unseren Nachbarn gleich. Meine Schwägerin Eidith, Alans Frau hatte mit ihrem Sohn Bran und meinem jüngeren Bruder Douglas auf uns gewartet. Blass waren die Gesichter die uns entgegen starrten. Die Männer trugen die schweren Möbel vor die Tür und verriegelten die Fenster. Im hinteren Teil des Hauses befanden sich unsere Viecher, die zwei Kühe und unsere Ziegen und Schafe, die Schweine und Hühner. Selbst der Hund hatten wir eingelassen, der sonst immer für unsere Sicherheit sorgte, indem er alles und jeden von unserem Hof fern hielt. Jedoch in dieser einen Nacht konnten wir nicht riskieren ihn an die Ungeheuer zu verlieren, die uns bedrohten. Es war eine lange Nacht und eine stickige. Unser Heim war nicht groß, und mit den Viechern mit denen wir es teilten angenehm temperiert, aber auch stickig wenn man kein Fenster öffnen konnte. Solange der Hund und die Tiere entspannt wirkten, fühlten wir uns sicher. In der einzigen Feuerstelle des Hauses prasselten die warmen Flammen, der Rauch hing stickig im Raum und zog durch kleine Schlitze im Dach ab. Eidith hatte einen Eintopf gekocht und so setzten wir uns an den großen Tisch und Löffelten stumm vor uns die Suppe aus. „Pfarrer Mansart sagte ich könne in die Stadt gehen und zur Schule gehen, ich wäre sehr klug“, durchbrach Douglas die Stille. „Und zahlt der feine Pfarrer auch die Gebühren?“, schnarrte Athair. „Nein, aber...“ „Ja dann wird es wohl nichts.“ „Aber ich könnte mir eine Anstellung suchen, vielleicht bei einem Gelehrten. Pfarrer Mansart sagte, er kenne da jemanden“, rief mein kleiner Bruder aufgeregt. „Mein Sohn, du wirst nicht in die Stadt gehen. Wir brauchen dich hier. In keinem Buch wirst du lernen wie du das Acker bestellst und Viehzucht betreibst. Das hier Junge ist dein Leben. Keine Träumereien.“ „Ich hörte auch das viele in die Stadt gehen, dort hat ein Bürger mehr Rechte und viele Möglichkeiten ein Handwerk zu erlernen. Die Häuser haben bis zu vier Stockwerke und ragen hoch hinauf. Die Menschen tragen feinere Kleider und ….“ „SCHLUSS!“, schrie Athair, sprang auf und knallte mit den Fäusten auf den Tisch. „Mit was für Träumern bin ich verflucht worden. Niemand geht in die Stadt, niemand lernt ein anderes Handwerk. DAS HIER ist unser Handwerk und HIER leben wir. HABT IHR NICHTSNUTZE DAS VERSTANDEN? Ist denn Alan der einzig vernünftige Sohn den ich habe? Und du Tochter, träumst du immer noch davon das Lesen und Schreiben zu erlernen? Möchtest du vielleicht auch in die Stadt gehen um als Dirne deine Lehrgebühren zu bezahlen?“, fragte er höhnisch. Ich nickte stumm mit dem Kopf und blickte auf meine Schale Suppe. Seine wütende Fratze mit den vielen Furchen und Falten, mit den gelben Zähnen und den schwarzen Löchern, dem fehlenden Zahn und dem löchrigen Bart. Das war ein furchterregender Anblick. Er wirkte durch sein Alter, stolze 34 Jahre schmächtig und schwach, aber davon sollte man sich nicht in die Irre führen lassen. Ich wusste wovon ich sprach. Eine Diskussion war unnötig wie ich sehr wohl wusste, hatte ich es ja schon einmal versucht und mir heftige Schläge dafür eingefangen. „Douglas, du wirst hier gebraucht und du wirst deinem Bruder eine helfende Hand sein. Und du Mädchen, sie zu das du dich gut verheiratest, du zählst bereits fünfzehn Jahre und ich habe deine Sperenzien satt.“ „Vater, beruhige dich“, sagte meine Mutter und biss von ihrem Kanten Brot ab. „Misch dich nicht ein Weib. Ich kann nicht verstehen wir unsere Bälger so naiv und dumm werden konnten. Ihr wurdet verzogen“, richtete er das Wort wieder an uns. Vor acht Jahren als der große Krieg durchs Land fegte und wir viele Männer verloren, das büßen wir noch heute.“ „McGregor hätte sich nicht mit ihnen anlegen sollen“, sagte Mutter kauend. „Er ist der Chief, er musste handeln, nachdem er selbst Tribute zollen sollte. Aber du hast recht Frau, er hätte es nicht tun sollen. Schon gar nicht nachdem ihm die anderen Clans im Stich gelassen hatten. Sie hatten ihm die wundersamen Geschichten nicht glauben wollen. Aber eins sag ich euch, bald wird es auch sie treffen. Bei dem was die Händler erzählen weiten sie ihre Macht weiter aus. Wir sind nicht die einzigen die leiden müssen.“ „Aber die Steuern“, stöhnte Alan und rührte betrübt in seiner Schüssel. „Nach acht Jahren verlangt er noch immer den zwanzigsten Teil. Als brächte es seine Krieger zurück.“ „Und die Wächter einen Zehntel“, schniefte Eidith und schnäuzte sich die Nase. „Wer sind die Wächter, Mutter?“, fragte der kleine Bran in seiner kindlichen Unwissenheit. „Schhhht, niemand mein Schatz, hör nicht hin“, versuchte Eidith ihren Sohn zu schützen. „Tz, er wird es früh genug erfahren. Verhätschle ihn nicht so, auch aus ihm muss ein Mann werden“, brummte mein Vater. „Er ist erst fünf“, gab Alan zurück. „Es ist besser wenn man ihnen früh genug beibringt wie die Welt funktioniert mein Sohn.“ Nach dem Essen ging es direkt ins Bett. In dieser Nacht im Monat versuchten wir alle so still und leise zu sein wie möglich um kein Aufsehen zu erregen. Die Wächter sollten nicht glauben das wir sie nicht fürchteten. So schliefen mein großer Dearthair mit seiner Familie in der einen und meine Eltern in der anderen Kammer. Diese Kammern wurden vor dem Krieg hinzugefügt. Ein Zeugnis der Zeit, als es uns noch gut ergangen war. Die Zwischenräume hatten wir mit geflochtenen Birkenzweigen gefüllt und mit Lehm und Stroh abgedeckt. Mein kleiner Dearthair schlief im Wohnraum. Die gestampfte Erde, bedeckt mit Stroh diente uns als Fußboden des Hauses. Douglas häufte sich einen Haufen Stroh auf, Nahe dem Feuer und rollte sich unter seinem Schafsfell zusammen. Ich indess kletterte über eine Leiter, oberhalb unserer Tiere, auf dem Boden, in dem das Heu lagerte, zu meinen Schlafplatz.   Ein lauter Schrei holte mich Stunden später unsanft aus meinen Träumen. Der unsägliche Hahn hatte meine Nacht beendet. Die vielen kleinen Sonnenstrahlen kitzelten meine Nase, welche durch das Stroh in der Dachluke schienen. Es wurde zuweilen sehr kalt, daher hatten wir eine Schnur immer wieder quer über die Luke gezogen und hatten Stroh hinein gehangen. Viele konnten sich keine Fenster aus Glas leisten und machten es ebenso um die Wärme drinnen zu halten und um der Privatsphäre wegen. Müde kuschelte ich mich noch tiefer in den Strohhaufen und zog das Schafsfell über meinen Kopf. In einem Augenblick der Ruhe dachte ich schon ich könne gemächlich weiter schlafen.   „Allison, was liegst du noch im Bett, steh endlich auf“, rief eine mir bekannte Stimme energisch. Kaum hatte ich die Stimme meiner Mháthair vernommen, ging das Gepolter im unteren Stockwerk von statten. Das Rascheln des Strohs auf dem Boden, es wurde sich angezogen, in der einzigen Feuerstelle des Hauses ein Feuer entfacht, Geschirr klapperte. Das Frühstück musste vorbereitet werden. Mein Athair und meine Brethren öffneten den anderen Teil des Hauses, welches uns als Stall diente und trieben die Tiere hinaus. Nur die Rinder wurden noch zurück gehalten.   Widerwillig erhob ich mich, streckte mich und stolperte mit wackligen Beinen zu meiner Kleidung, welches ich über ein Balken gehängt hatte. Glücklicherweise hielt sich die Wärme der Viecher gut im Dach, so war es angenehm warm und so konnte ich diese noch etwas genießen, ehe ich in die feuchte Kälte hinaus musste. Rock und Bluse waren schnell über mein schmutziges Unterkleid gezogen und wurde durch ein Mieder an Ort und Stelle gehalten.   Seit ich zehn Jahre alt war, musste ich aus der Kammer welche ich mich zuvor mit meinen Brethren geteilt hatte. Alan war mit seinen dreizehn Jahren schon ein Mann, daher hatten meine Eltern entschieden, das es besser wäre wenn ich mein eigenes Domizil hätte, um unsittliche Gedanken und Geschehnisse zu vermeiden.   Eidith deckte den Tisch und schenkte zu jedem Teller, ein mit Wasser verdünnten Wein ein. Verdünnter Wein war gesünder als Wasser, daher war es unser aller liebstes Getränkt. Ebenso wie Bier und Met. Jedoch gab es das teure Met bei uns nur an Festen. Bran indes wurde in den Stall geschickt um zu sehen ob die Hühne Eier gelegt hatten. Nachdem vergangenen Abend alles was wir die Woche über gesammelt und hergestellt hatten, abgegeben worden war, gab es keinen Vorrat. Er fand drei Eier. Somit war klar, das es für uns Frauen keine Eier geben würde. Meine Mháthair währenddessen schnitt breite Scheiben vom Laib Brot, wie auch vom Käse.   Noch immer Müde schlenderte ich in den Stall und melkte eines der zwei Rinder. Die erste volle Portion diente uns allen als Frühstück. Der Rest der Tagesleistung wurde an die anderen Dorfbewohner verkauft oder getauscht. So war das Essen hergerichtet und alle setzten sich auf die Bänke und begannen zu essen. Eine Scheibe Brot, ein Stück Käse und eine große Schale Milch. Für Athair, Alan und Douglas noch ein Ei dazu. Ein gutes Essen. Es war zur Tradition geworden das, nach der Nacht der Wächter, es ein üppiges Frühstück gab. Das beruhigte die Seele nach der angstvollen Nacht und gab Kraft für den weiteren nächsten Monat. Zudem war es eine gute Abwechslung zum häufigen Getreidebrei.   Nach dem Essen brach der Arbeitstag vollends an. Ich melkte das eine, wie auch das andere Rind und stellte die Milch hinaus, damit sie kühl blieb. Am Ende des Tages erhielt ich zwei große Eimer Milch, aus einem wurde immer Käse hergestellt. Ebenso verhielt es sich mit den wenigen Ziegen die wir hatten. Sie beanspruchten neben den Rindern eine Parzelle für sich. Jedoch melke ich sie immer erst am späten Nachmittag, da ich meine Pflicht auf den Feldern nachkommen musste. Auch da wurde die Hälfte zu Käse verarbeitet. Zudem lieferten sie uns das Leder und die Wolle, die wir für unsere Kleidung benötigten. Vier Schafe, drei Schweine, sechs Hühner und ein Hund rundeten unseren Hof ab. Es war nicht viel, bedachte ein jeder, das wir das ganze Dorf mit ernährten. Nicht aus Liebe oder Freundschaft hielt die Dorfgemeinschaft zusammen, sondern des Überlebens Willen. Wir halfen uns gegenseitig, doch wenn ein Drittel des Erwirtschaften abgegeben werden musste, schlechtes Wetter, Krankheiten und Misserfolg bei der Ernte unseren Alltag begleiteten, reichte es oft gerade so, das wir nicht verhungerten. Vierzehn Stunden arbeiteten wir täglich in den Sommer Monaten. Nur im Winter trieb uns die Kälte und der Schnee hinein ins Haus. Die Felder mussten bestellt, gesät und abgeerntet werden. Die Tiere brauchten ihr Futter, ebenso wie wir. Wir haben nur so viel Feld wie wir pachten können. Wir waren freie Bauern, keine Sklaven und dennoch erging es uns nicht viel besser. Nachdem der Stall gesäubert, die Schafe und Ziegen geschoren und die Viecher auf ihre Weide getrieben wurden, machte ich mich auf ins Dorf um Erledigungen zu machen. Kapitel 2: ----------- Kapitel 3 … und seine Bewohner … dá muintir   Am nächsten Morgen, nachdem ich meine täglichen Arbeiten erledigt hatte, schickte mich Mháthair um Fisch und Mehl kaufen zu gehen. Zuerst ging ich zur Bäckerei, denn der Fisch würde schnell zu stinken anfangen, vor allem da heute die Sonne für schottische Verhältnisse stark herunter schien. Mr. Campbell war unser Bäcker, ihm gehörten die Mühle und die Getreidefelder dahinter. Seine Frau war an Kindbettfieber gestorben, doch seine drei Söhne sind ihm nun eine große Hilfe, sogar der Jüngste, mit seinen zehn Jahren und seine zwei Töchter. Früher war es sehr schlimm für Mr. Campbell gewesen, vor allem da er nichts von Babys verstand, doch Mrs. Lindsay, als Hebamme war ihm eine große Hilfe.   Auf dessen Weg dahin ging ich noch eben bei unserem Bäcker Mr. Campbell vorbei um einen kleinen Sack Mehl zu ordern. Bei diesem fand ich Vater Mansart und einen unserer Schützen Mr. Gavin. „Ich sag es euch, es wird Krieg geben“, raunte Mr. Gavin. „Es heißt der Chief bereite sich seit der letzten Niederlage darauf vor.“ „Der Troll sollte sich lieber dem Schicksal fügen“, keuchte Mr. Campbell ängstlich. „Sie haben uns schon einmal zerschmettert, das nächste Mal, sag ich euch, ist es vorbei. Der Boden bricht auf und die Dämonen werden uns überrennen.“ „Gott wird uns schützen, wir sollten auf ihn vertrauen und täglich beten“, warf Vater Mansart ein. „Alles Beten hilft doch nichts mehr, Vater. Nur Feuerwaffen können noch helfen.“ „Ich hörte nur reines Silber soll sie verletzen können“, warf Mr. Campbell ein. „Weihwasser ist das beste Mittel“, kam es etwas leise seitens des Diener Gottes. „Na also“, klopfte Mr. Gavin diesem auf die Schulter, „ Silberne Kugeln, getränkt in Weihwasser, mit Schwarzpulver in einer Handfeuerwaffe abgeschossen, da würden sie fallen wie die Fliegen, das sag ich euch.“ Der Unterhaltung hätte ich gerne länger beigewohnt, doch saß mir mein Uncail im Nacken. „Allison“, rief Mr. Gavin begeistert aus. „Ich hoffe du hattest nicht all zu viel Angst in der Nacht. Gibt es schon Heiratskandidaten? Du bist doch schon fünfzehn, nicht wahr?“ „Nein, gibt es nicht“, sagte ich leise und kurz angeboten und gab Mr. Campball meinen Anliegen an. „Sie hat nämlich ihre Blutungen noch nicht“, quakte plötzlich eine Mädchenstimme. Emily, eine Freundin von Olivia, stand am Ende des Raumes und sah mit einem selbstzufriedenem Lächeln zu mir. Ich hörte ihre Mháthair mit meiner darüber klagen.“ „EMILY, SCHWING DEINEN HINTERN HIER RAUS ODER ICH PRÜGLE IHN DIR GRÜN UND BLAU“, rief Mr. Campball wütend aus mit seiner Bassstimme. Erschrocken zuckte ich zusammen drückte meinen Korb an mich. Ich spürte die lüsternen Blicke seitens Mr. Gavin und starrte starr vor mich hin. Nicht hinsehen, dachte ich mir. Was man nicht sieht, das passiert auch nicht. Mr. Campbell hatte mir den kleinen Sack schnell gebracht und ich legte ihn mir in den Korb. Eilig lief ich wieder hinaus, da ich schon befürchtete das Mr. Gavin durch meine Kleidung sehen konnte.   Der Sack hing schwer auf meinem Rücken und die Last ließ mich sogar so manches Mal über Maulwurfhügel stolpern, doch schaffte ich es nicht zu stürzen und lief auf den See zu.   Mr. und Mrs. Forbes gehörte die Fischerei, diese lag direkt an unserem See, der in der Nähe unseres Dorfes lag. Dort hatten sie ihre kleine Fischerhütte. Es ging alles schnell über die Bühne, denn Mrs. Forbes hatte keine Zeit für mich, da sie sich um die nächste Fischladung kümmern müsste, während ihr Mann und ihre Söhne wieder auf See fuhren. Glücklicherweise traf ich auch nicht auf Milian tinkenden Backfisch. So war es ein angenehmes Einkaufen, man traf auf keine Zicken, man bekam keine Beschimpfungen zu hören und man war schnell wieder draußen.   Mit dem Sack auf meinem Rücken und den Fischen in meinen Händen war es lästig den weiten Weg zurück nach Hause zu laufen, doch brauchte ich mich nicht zu beklagen. In unserem Örtchen waren wir gut durchorganisiert und hatten alles was wir brauchten. Niemand musste ins weit entlegene nächste Dorf fahren für einen Laib Brot oder einem Huhn. Die Bäckerei, die Fleischerei und alles was man sonst noch so brauchte. Jede Tätigkeit konnte man einer Familie zuschreiben. Der Familie Wallace stellten Torf her. Es diente Brennstoff daraus zu gewinnen, Viehfutter und auch Salz. Sie stapften durch die Moore um es abzubauen. Auch belieferten sie meinen Uncail damit er Whiskey daraus herstellen konnte.   Für den Werkzeug- und etwas Waffenbau und das beschlagen der Pferde gab es unsere kleine Erzmine. Diese wurde von der Familie Robertson abgebaut. Menschen dieser Familie gingen tagsüber ungern hinaus, da die helle Sonne für sie sehr unangenehm war. Irgendwann musste so was ja geschehen, nachdem man jahrelang im Dunkeln arbeitete. Die Mine befand sich weit in den Wald hinein und daher gab es die tollsten Geschichten über die Wächter.   Die fantasievollsten aber gab es von unserem Jäger Mr. Davidson, da dieser von allen am weitesten in den Wald hinein ging um Wild zu schießen. Seiner Familie gehörte Fleischerei und Gerberei Die Hopfen- und die Gerstenfelder gehörten zu meinem Uncail und dessen Brauerei. Ihm gehörte auch die Schänke im Dorf.   Familie Bruce war die Holzfäller-Familie, die auch eine Schreinerei hatten. Sie konnten einem alles bauen was man benötigte. Seien es Möbel oder Ställe, sie waren auch eine große Hilfe beim Hausbau. Einer der Söhne stellte Holzkohle her. Sie mussten zwar ebenfalls am Wald arbeiten, aber sie waren heil froh, dass sie nur bis zum Rand mussten. Sie hatten vier starke Söhne die bei der schweren Arbeit halfen.   Eine kleine Kaserne hatten wir ebenfalls. Es war zwar ungewöhnlich, doch ehe es mit den Dunklen Wächtern so ein riesiges Problem wurde hatten wir viel Ärger mit den umliegenden Dörfern. Schafe waren verschwunden, oder gar gerissen. Korn verschwand ebenfalls und sogar Pferde aus den Ställen. Natürlich musste dafür immer einer als Schuldiger in Frage kommen und wer könnte es anders sein als der Nachbar auf dem man schon immer neidisch war. Was man aber niemals zugeben würde. Lange vor den Dunklen Wächtern waren die Ländereien von McGregor groß gewesen und seine Familie einflussreich. Innerhalb seines Landes hatte er sogar einen See, der dafür sorgte, dass der Anbau von Getreide und derlei Dinge erfolgreich war, nicht wie auf den weiten Wiesen Schottlands. Doch die anderen Clans kämpften mit ihm darum, es ist immer ein ewiger Kampf um das Revier des anderen. McGregor verlor einiges von seinen Ländereien, doch konnte er noch den See zu seinem Eigen nennen.     Unsere „Krieger“ aus früheren Zeiten, die letzten die übrig geblieben waren, hatten in ihren alten Berufen gefunden. Viele mussten im Kampf gegen die Dunklen Wächter ihr Leben lassen, auch von den umliegenden Clans. Oft hatten sie Pläne ausgeheckt um die Wächter, wenn sie ihre monatlichen Tribute eintrieben zu überlisten, doch blieb es immer ohne Erfolg. Einige der Überlebenden waren zurück zu ihren Familien gekehrt um ihnen bei der Arbeit zu helfen und hingen das Kriegerdasein an den Nagel. Überlebt haben sie es aber nur, weil sie nicht wirklich mit in den Kampf gezogen waren, sondern sich schon bald, nachdem sie den Waldrand hinter sich gelassen hatten, sich hinter Bäumen und Büschen versteckten und nach Stunden wieder langsam zum Waldrand gelaufen waren. Sie ließen die anderen allein und in den Tod rennen, doch war es schlauer sich von der Angst übermannen zu lassen, denn die Mutigen opferten ihr Leben umsonst, denn nie hatte es Siege gegeben. Nur die letzten vier waren übrig geblieben. Wenn ich bei meinem Uncail arbeitete, waren diese vier immer anzutreffen und sie schwangen die größten Reden, selbst wenn sie noch keine rote Nase hatten. Im Dorf waren sie damals fast als Held verehrt worden, ehe sich einer im Suff verplappert hatte. Mr. Gavin, Mr. Ronald, Mr. Finley und Mr. Fraser, unsere Möchtegern-Soldaten. Sie hielten ihr Handwerk als Schmied, Töpfer, Küfer und Imker.   Zu guter Letzt kam unser Bürgermeister, Mr. Donald Dubhghlas. Seine Frau war bei der Geburt seiner Tochter Sophie gestorben, weshalb er besonders Acht auf diese gab. Sophie war in meinem Alter, und kaum im Dorf anzutreffen. Wir waren nicht sicher ob sie zu eingebildet war um sich mit dem „Einfachen Volk“ sehen zu lassen oder ob Mr. Dubhghlas sie regelrecht einsperrte.   Meine Familie, die Grahams, besaßen einen großen Bauernhof, wir lieferten Wolle, Eier, Milch, selten Fleisch und Käse. Wir waren sehr beansprucht mit Arbeit, weshalb mein Athair einige Knechte besaß. Doch nachdem die Lage sich immer mehr zugespitzt hatte, musste er mehr und mehr entlassen. Es konnte nicht mehr lange dauern bis es uns alle in den Ruin trieb. Die meisten im Dorf waren schon sehr dünn und blass.   Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 … und seine Bewohner … dá muintir   Am nächsten Morgen, nachdem ich meine täglichen Arbeiten erledigt hatte, schickte mich Mháthair um Fisch und Mehl kaufen zu gehen. Zuerst ging ich zur Bäckerei, denn der Fisch würde schnell zu stinken anfangen, vor allem da heute die Sonne für schottische Verhältnisse stark herunter schien. Mr. Campbell war unser Bäcker, ihm gehörten die Mühle und die Getreidefelder dahinter. Seine Frau war an Kindbettfieber gestorben, doch seine drei Söhne sind ihm nun eine große Hilfe, sogar der Jüngste, mit seinen zehn Jahren und seine zwei Töchter. Früher war es sehr schlimm für Mr. Campbell gewesen, vor allem da er nichts von Babys verstand, doch Mrs. Lindsay, als Hebamme war ihm eine große Hilfe.   Auf dessen Weg dahin ging ich noch eben bei unserem Bäcker Mr. Campbell vorbei um einen kleinen Sack Mehl zu ordern. Bei diesem fand ich Vater Mansart und einen unserer Schützen Mr. Gavin. „Ich sag es euch, es wird Krieg geben“, raunte Mr. Gavin. „Es heißt der Chief bereite sich seit der letzten Niederlage darauf vor.“ „Der Troll sollte sich lieber dem Schicksal fügen“, keuchte Mr. Campbell ängstlich. „Sie haben uns schon einmal zerschmettert, das nächste Mal, sag ich euch, ist es vorbei. Der Boden bricht auf und die Dämonen werden uns überrennen.“ „Gott wird uns schützen, wir sollten auf ihn vertrauen und täglich beten“, warf Vater Mansart ein. „Alles Beten hilft doch nichts mehr, Vater. Nur Feuerwaffen können noch helfen.“ „Ich hörte nur reines Silber soll sie verletzen können“, warf Mr. Campbell ein. „Weihwasser ist das beste Mittel“, kam es etwas leise seitens des Diener Gottes. „Na also“, klopfte Mr. Gavin diesem auf die Schulter, „ Silberne Kugeln, getränkt in Weihwasser, mit Schwarzpulver in einer Handfeuerwaffe abgeschossen, da würden sie fallen wie die Fliegen, das sag ich euch.“ Der Unterhaltung hätte ich gerne länger beigewohnt, doch saß mir mein Uncail im Nacken. „Allison“, rief Mr. Gavin begeistert aus. „Ich hoffe du hattest nicht all zu viel Angst in der Nacht. Gibt es schon Heiratskandidaten? Du bist doch schon fünfzehn, nicht wahr?“ „Nein, gibt es nicht“, sagte ich leise und kurz angeboten und gab Mr. Campball meinen Anliegen an. „Sie hat nämlich ihre Blutungen noch nicht“, quakte plötzlich eine Mädchenstimme. Emily, eine Freundin von Olivia, stand am Ende des Raumes und sah mit einem selbstzufriedenem Lächeln zu mir. Ich hörte ihre Mháthair mit meiner darüber klagen.“ „EMILY, SCHWING DEINEN HINTERN HIER RAUS ODER ICH PRÜGLE IHN DIR GRÜN UND BLAU“, rief Mr. Campball wütend aus mit seiner Bassstimme. Erschrocken zuckte ich zusammen drückte meinen Korb an mich. Ich spürte die lüsternen Blicke seitens Mr. Gavin und starrte starr vor mich hin. Nicht hinsehen, dachte ich mir. Was man nicht sieht, das passiert auch nicht. Mr. Campbell hatte mir den kleinen Sack schnell gebracht und ich legte ihn mir in den Korb. Eilig lief ich wieder hinaus, da ich schon befürchtete das Mr. Gavin durch meine Kleidung sehen konnte.   Der Sack hing schwer auf meinem Rücken und die Last ließ mich sogar so manches Mal über Maulwurfhügel stolpern, doch schaffte ich es nicht zu stürzen und lief auf den See zu.   Mr. und Mrs. Forbes gehörte die Fischerei, diese lag direkt an unserem See, der in der Nähe unseres Dorfes lag. Dort hatten sie ihre kleine Fischerhütte. Es ging alles schnell über die Bühne, denn Mrs. Forbes hatte keine Zeit für mich, da sie sich um die nächste Fischladung kümmern müsste, während ihr Mann und ihre Söhne wieder auf See fuhren. Glücklicherweise traf ich auch nicht auf Milian tinkenden Backfisch. So war es ein angenehmes Einkaufen, man traf auf keine Zicken, man bekam keine Beschimpfungen zu hören und man war schnell wieder draußen.   Mit dem Sack auf meinem Rücken und den Fischen in meinen Händen war es lästig den weiten Weg zurück nach Hause zu laufen, doch brauchte ich mich nicht zu beklagen. In unserem Örtchen waren wir gut durchorganisiert und hatten alles was wir brauchten. Niemand musste ins weit entlegene nächste Dorf fahren für einen Laib Brot oder einem Huhn. Die Bäckerei, die Fleischerei und alles was man sonst noch so brauchte. Jede Tätigkeit konnte man einer Familie zuschreiben. Der Familie Wallace stellten Torf her. Es diente Brennstoff daraus zu gewinnen, Viehfutter und auch Salz. Sie stapften durch die Moore um es abzubauen. Auch belieferten sie meinen Uncail damit er Whiskey daraus herstellen konnte.   Für den Werkzeug- und etwas Waffenbau und das beschlagen der Pferde gab es unsere kleine Erzmine. Diese wurde von der Familie Robertson abgebaut. Menschen dieser Familie gingen tagsüber ungern hinaus, da die helle Sonne für sie sehr unangenehm war. Irgendwann musste so was ja geschehen, nachdem man jahrelang im Dunkeln arbeitete. Die Mine befand sich weit in den Wald hinein und daher gab es die tollsten Geschichten über die Wächter.   Die fantasievollsten aber gab es von unserem Jäger Mr. Davidson, da dieser von allen am weitesten in den Wald hinein ging um Wild zu schießen. Seiner Familie gehörte Fleischerei und Gerberei Die Hopfen- und die Gerstenfelder gehörten zu meinem Uncail und dessen Brauerei. Ihm gehörte auch die Schänke im Dorf.   Familie Bruce war die Holzfäller-Familie, die auch eine Schreinerei hatten. Sie konnten einem alles bauen was man benötigte. Seien es Möbel oder Ställe, sie waren auch eine große Hilfe beim Hausbau. Einer der Söhne stellte Holzkohle her. Sie mussten zwar ebenfalls am Wald arbeiten, aber sie waren heil froh, dass sie nur bis zum Rand mussten. Sie hatten vier starke Söhne die bei der schweren Arbeit halfen.   Eine kleine Kaserne hatten wir ebenfalls. Es war zwar ungewöhnlich, doch ehe es mit den Dunklen Wächtern so ein riesiges Problem wurde hatten wir viel Ärger mit den umliegenden Dörfern. Schafe waren verschwunden, oder gar gerissen. Korn verschwand ebenfalls und sogar Pferde aus den Ställen. Natürlich musste dafür immer einer als Schuldiger in Frage kommen und wer könnte es anders sein als der Nachbar auf dem man schon immer neidisch war. Was man aber niemals zugeben würde. Lange vor den Dunklen Wächtern waren die Ländereien von McGregor groß gewesen und seine Familie einflussreich. Innerhalb seines Landes hatte er sogar einen See, der dafür sorgte, dass der Anbau von Getreide und derlei Dinge erfolgreich war, nicht wie auf den weiten Wiesen Schottlands. Doch die anderen Clans kämpften mit ihm darum, es ist immer ein ewiger Kampf um das Revier des anderen. McGregor verlor einiges von seinen Ländereien, doch konnte er noch den See zu seinem Eigen nennen.     Unsere „Krieger“ aus früheren Zeiten, die letzten die übrig geblieben waren, hatten in ihren alten Berufen gefunden. Viele mussten im Kampf gegen die Dunklen Wächter ihr Leben lassen, auch von den umliegenden Clans. Oft hatten sie Pläne ausgeheckt um die Wächter, wenn sie ihre monatlichen Tribute eintrieben zu überlisten, doch blieb es immer ohne Erfolg. Einige der Überlebenden waren zurück zu ihren Familien gekehrt um ihnen bei der Arbeit zu helfen und hingen das Kriegerdasein an den Nagel. Überlebt haben sie es aber nur, weil sie nicht wirklich mit in den Kampf gezogen waren, sondern sich schon bald, nachdem sie den Waldrand hinter sich gelassen hatten, sich hinter Bäumen und Büschen versteckten und nach Stunden wieder langsam zum Waldrand gelaufen waren. Sie ließen die anderen allein und in den Tod rennen, doch war es schlauer sich von der Angst übermannen zu lassen, denn die Mutigen opferten ihr Leben umsonst, denn nie hatte es Siege gegeben. Nur die letzten vier waren übrig geblieben. Wenn ich bei meinem Uncail arbeitete, waren diese vier immer anzutreffen und sie schwangen die größten Reden, selbst wenn sie noch keine rote Nase hatten. Im Dorf waren sie damals fast als Held verehrt worden, ehe sich einer im Suff verplappert hatte. Mr. Gavin, Mr. Ronald, Mr. Finley und Mr. Fraser, unsere Möchtegern-Soldaten. Sie hielten ihr Handwerk als Schmied, Töpfer, Küfer und Imker.   Zu guter Letzt kam unser Bürgermeister, Mr. Donald Dubhghlas. Seine Frau war bei der Geburt seiner Tochter Sophie gestorben, weshalb er besonders Acht auf diese gab. Sophie war in meinem Alter, und kaum im Dorf anzutreffen. Wir waren nicht sicher ob sie zu eingebildet war um sich mit dem „Einfachen Volk“ sehen zu lassen oder ob Mr. Dubhghlas sie regelrecht einsperrte.   Meine Familie, die Grahams, besaßen einen großen Bauernhof, wir lieferten Wolle, Eier, Milch, selten Fleisch und Käse. Wir waren sehr beansprucht mit Arbeit, weshalb mein Athair einige Knechte besaß. Doch nachdem die Lage sich immer mehr zugespitzt hatte, musste er mehr und mehr entlassen. Es konnte nicht mehr lange dauern bis es uns alle in den Ruin trieb. Die meisten im Dorf waren schon sehr dünn und blass.   Kapitel 4: ----------- Kapitel 4 Meine Bürde Mo Ualach   Eilig lief ich nach Hause und brachte das, von Mháthair verlangte, Mehl und den Fisch, damit sie wieder Brot backen und Fisch zum Abendessen zubereiten konnte. Nach einem kurzen Gespräch, in dem sie mir wieder vorwarf dass ich mir zu viel Geld aus der Tasche hab ziehen lassen, lief ich wieder ins Dorf zur Schenke meines Uncails, mütterlicherseits. Ich arbeitete oft dort nebenbei, um für die Familie noch mehr einzubringen, hatten sie gemerkt das durch meine Anwesenheit, besonders ab dem Zeitpunkt als ich mich zur Frau entwickelte mehr Leute kamen, oder nein, nicht unbedingt immer mehr, aber sie blieben länger, was auch mehr Geld einbrachte. Sie tuschelten und lachten hinter meinem Rücken, manche waren so aufdringlich und packten mich an meinem Hintern oder zogen mich auf ihren Schoß wenn ich ihnen Getränke servierte, während sie mich betatschten und an meinen Haaren rochen. Es war mehr als ekelerregend ihre Fahne auf meinem Nacken zu spüren und ihn einzuatmen und mich von ihren großen, verschwitzten, schmutzigen Händen an intimen Stellen berühren zu lassen, aber was sollte ich tun, es ging um die Familie, ich konnte sie nicht im Stich lassen. Denn wenn ich es täte, täten sie es bei mir ebenfalls, und das würde meinen Tod bedeuten. Nur wenn sie unter den Rock fassen wollten, nahm ich es mir heraus, mich, mit einem Schlag wenn es sein musste, zu befreien und abzuhauen. Es brachte mir zwar Schläge von meinem Uncail ein, aber diese riskierte ich lieber als eine verlorene Jungfernschaft.   Es war nicht so das ich nicht schon manches Mal glaubte kurz davor gewesen zu sein Gevatter Tod zu begegnen, oder es auch manches Mal freiwillig nach zu helfen. Aber in diesem Fall wäre es ein mehr als langsamer, grausamer Tod. Selbst die Dunklen Wächter machten es nicht gerade angenehmer, wobei sie es wohl eher verschlimmerten. Sicherlich ließen sie es sich nicht entgehen einen Menschen, der schon freiwillig in den Tod rannte, foltern zu können. Womöglich würden sie mich bei lebendigem Leibe auffressen, bestimmt es noch so abstimmen das ich lange brauchen würde ehe ich endgültig stürbe.   Kaum war ich um die letzte Ecke gebogen und schon fast bei der Schenke angekommen, wurde ich schon von Fearghas begrüßt. „Madainn mhath, meine schöne junge Dame, wohin des Weges?“, wünschte er mir einen guten Morgen mit einem charmanten Lächeln.   Seine braunen Haare waren dicht und von grauen Strähnen durchzogen, die Augen eine Mischung aus grün und braun, was es golden wirken ließ. Seine Kleider waren löchrig und schmutzig. Sein Geruch war zwar unangenehm, aber nicht so stark wie bei manch anderen. Seine Zähne zwar gelb und sein Körper kam auch nicht oft mit Wasser in Berührung, wie bei uns allen, aber da er nicht arbeitete war der Stunk wohl nicht so stark. Manchmal roch er auch gar nicht übel, was ich persönlich nicht verstand, aber vielleicht zwang er sich auch manchmal im kalten See oder in einem nahe gelegenen Fluss zu waschen.   Fearghas war ein besonderer Fall in unserem Dorf. Er war Bettler und wir wussten, noch nach all den Jahren nicht, wer er wirklich war und wo er herkam. Wenn er nicht gerade für einige Zeit spurlos verschwunden war, niemand konnte sagen wohin, denn keiner hatte je beobachtet wie er das Dorf verließ, geschweige hier wieder auftauchte, saß er immer an einem anderen Haus gelehnt. Er erbettelte sich charmant Geld, Kleidung oder Essen von den Leuten. Konnte man es denn noch erbetteln nennen? Fearghas war anzusehen, dass er alt war, aber dennoch sprühte er noch eine ungemeine Lebenskraft aus, was aber sehr täuschte, wenn man ihn mal näher betrachtete oder er gar etwas herumlief. Wir waren nicht sicher wie viel Zeit ihm noch blieb, so wie er sich gab, dachte er wohl das der Tod noch lange hin wäre, aber wir glaubten das er es sich nur einredete um besser damit klar zu kommen.   Mit seinem kleinen Fläschchen Fusel, das er sich so manches Mal erbeuten konnte kam er auch auf die tollsten Geschichten wenn es um die Dunklen Wächter ging. Er glaubte zu wissen das es große Wölfe waren, die seit Beginn der Zeit hier gelebt haben sollen, zunächst so ähnlich wie Götter verehrt von den Menschen, und später als Dämonen verbannt worden, da die Menschen durch Waffen und Fortschritt immer stärker wurden, wollten sie nicht an Dinge glauben die wohl nicht von Gott erschaffen wurden. Denn der Mensch war die Königsschöpfung und nichts anderes. Da die Wölfe ungewöhnlich in des Menschen Auge waren und weder Waffen noch Rüstung brauchten um erfolgreich in der Jagd und dem Krieg zu sein, mussten sie vom Teufel Verdammte sein, die ihre Seelen verkauft hatten. Nach jahrelanger Abstinenz, nachdem von den Menschen mehr und mehr in Vergessenheit geraten waren, waren sie nun darauf aus ihre alte Macht und ihr Reich zurückzuerobern.   Natürlich schenkte man ihm kein Gehör. Er mag zwar manches Mal verschwunden sein, aber da kein Jäger und kein Bauer ihn je aus oder in dem Wald gehen sah, glaubten wir das er dann wohl hinter irgendeinem Haus in irgendeinem Fass lag oder gar heimlich in irgendeiner Scheune. Lange konnte ich mich leider nicht mit Fearghas unterhalten, ich musste gestehen, ich unterhielt mich gern mit ihm. Ich konnte behaupten das er mir fast der liebste im Dorf war, was vielleicht auch daran lag das er nicht wirklich dazugehörte und es auch oft schwer hatte mit den anderen. Mit einem scharfen Pfiff rief mich mein Uncail Archie hinein, weswegen ich das Gespräch mit unserem Bettler beenden musste. „Wirst du noch da sein wenn ich hier fertig bin?“, fragte ich etwas hoffnungsvoll. Er schien zu merken das ich es genoss mich mit ihm zu unterhalten, so grinste er mich an, „wenn sie es wünschen Madame“, und deutete eine Verbeugung vor. Mit rot werdenden Wangen kicherte ich und ging schleunigst hinein in die Schenke, in der mein Uncail mich bereits erwartete.   „Unterhalte dich doch nicht immer mit diesem Schlucker, Mädchen. Schon gar nicht wenn du die Zeit für Arbeit nutzen kannst“, tadelte er und begrüßte mich mit einem Klaps auf meinen Hintern. Man dachte sich nun wohl das er es tat um mich zu ärgern, da er wusste das es mich durch die anderen trunkenen Männern nervte oder aus Spaß. Nein, das war es wirklich nicht. Seit mein Körper auch nur ansatzweise anfing sich in den einer Frau zu wandeln, konnte er nur schwer seine Finger von mir lassen. Man könnte meinen, dass er es den anderen geradezu vorgemacht hatte. Ich bildete mir ein, dass es so war. Aber vielleicht waren Männer auch einfach so.   Er war ein kleiner Mann mit einem großen Bierbauch. Halbglatze mit einem grauen, dichten Schnauzer. Seine Nase war rot, wie auch seine Wangen, es waren nur noch wenige Zähne vorhanden und sein Geruch troff nur so vor Schweiß. Bei mir persönlich machte sich nur das Bedürfnis breit zu würgen wenn er in meine Nähe kam, aber was sollte ich machen, es ließ sich, selbst gewollt, nicht verhindern.   Schnurstracks ging ich nach hinten in die kleine Küche an der das Lager angebunden war. Ich schnappte mir meine von Bier befleckte schmutzige Schürze und band sie mir um mein noch schmutzigeres Kleid. Um einigermaßen ordentlich zu sein, fischte ich mir die letzten Strohhalme aus meinem Haar und wusch mir in der, mit kaltem Wasser, gefüllten Schüssel meine Hände und mein Gesicht. In meinem routinierten Trott wischte ich die Tische ab und stellte die Stühle ordentlich hin. Ich prüfte den Stand der kleinen Fässer, die wir hinter dem Tresen stehen hatten und bereitete auch sonst alles vor, ehe die ersten Gäste kamen.   Im Lager, während ich gerade die kleinen Fässer auffüllte, kam Uncail Archie, wie so oft, mir plötzlich von hinten nahe und fummelte an meinen Brüsten. Angewidert versuchte ich mich aus seiner Umarmung zu entwinden, doch es nützte nichts. Ich könnte mich auch mit Schlägen wären, aber ich wusste aus Erfahrung das er gnadenlos zurückschlug und noch mehr. Da ich mich vor der schrecklichen Arbeit hier eh nicht drücken konnte, fand ich mich einfach damit ab, wozu wieder mit blauem Auge und Flecken herumlaufen, wenn es auch schmerzfreier zugehen konnte.   Als er seine Hände zwischen meinen Beinen herabwandern ließ und seine feuchten Lippen meinen Nacken mit Küssen benetzten war es mir zu viel. „Uncail, lass mich in Ruhe arbeiten, oder soll ich dir nicht helfen?“, rief ich aus und schupste ihn fort von mir. „Hey Mädel, ich warn dich. Sei nicht so unverschämt, du kannst froh sein das du hier arbeiten kannst oder willst du lieber die Scheiße von Kühen misten?“, lallte er mich an, er war schon immer sehr bald am Tag betrunken, man sah ihn kaum wirklich nüchtern.   Nachdem er endlich fortgegangen war und mich in Ruhe ließ, lief mir eine stille Träne die Wangen hinunter. Es war egal wie sehr man sich damit abfand, es war unwichtig wie lange man es schon kannte, selbst wenn es Alltag war, es war nicht auszuhalten. Manchmal fragte ich mich, wie lange ich das noch mitmachen konnte. Schon manches Mal hatte ich ein Glas frisches Bier in der Hand und fragte mich ob ich mir das Gehirn nicht damit vernebeln sollte. So ließ sich sicherlich alles besser ertragen.   Nun musste ich an meine liebe arme Tante denken, die Frau von meinem Uncail Archie. Sie war die Einzige gewesen die mich wirklich liebte, oder zumindest die Einzige von der ich es wahrhaftig zu spüren bekam. Immer hatte sie liebe Worte gefunden wenn ich traurig war und Trost brauchte. Gerne lag ich in ihrer warmen Umarmung und weinte mir die Sorgen aus der Seele. Noch nie in meinem Leben war mir so ein lieber Mensch begegnet, sie war immer etwas Besonderes für mich gewesen.   Oft hatte sie mich vor Uncails Annährungen beschützt und ihn oft abgelenkt damit er nicht so viel an mich dachte. Schnell kam mir die schlimmste meiner Erinnerungen an meinem Uncail ins Gedächtnis. Es war an einem kalten Wintertag gewesen, ich war gerade dabei gewesen, die kleinen Fässer, die wir während der Bewirtschaftung der Gäste anzapften, im Lager, wie so oft, aufzufüllen. Es war später Nachmittag, schon ganz dunkel war es gewesen und ein Schneesturm wütete vor dem Haus.   Mein Uncail hatte mich von hinten gepackt und zu Boden gedrückt. Die Nase war noch röter gewesen als ich es bis dahin gekannt hatte, die Wangen ebenso und Schweiß war von seinem fast noch dichten Haar getropft. Kaum hatte ich realisiert was geschah, hatte er schon meinen Kleidersaum bis über meine Knie hochgeschoben, hielt mich mit der einen Hand am Boden und mit der anderen berührte er mich an meinem heiligsten Zentrum meines Körpers. Er hatte mir den Mieder gewaltvoll geöffnet und mein Kleid am Dekolleté zerrissen um an meine, damals noch sehr kleinen Brüsten zu kommen. Wie ein Besessener hatte er an ihnen gelutscht und versuchte grob meine Schenkel zu spreizen. Damit ich nicht um Hilfe schrie hatte er mir auch gleich hart ins Gesicht geschlagen, so dass meine Nase schnell voll von Blut war.   Als es mit dem spreizen meiner Beine nicht ganz so funktionierte wie er es wollte, strengte ich mich mit aller Kraft an meine Knie beieinander zu halten und er dank des Alkohols nicht ganz so fit und koordiniert war, begann er an seinem Gürtel zu fummeln und nach einigen misslungenen Versuchen schaffte er es, diesen zu öffnen und sich die Hose bis auf die Knie hinunter zu ziehen. Ich drehte meinen Kopf angewidert weg und schloss die Augen um das ganze Unglück nicht sehen zu müssen, doch plötzlich hatte ich etwas Fleischiges und weiches an meinem Mund. Es roch eklig nach Schweiß und käsig, sein Gemächt war lange nicht mehr gewaschen worden, und wer weiß wie oft er schon mit seinen dreckigen Fingern da herum gemacht hatte. Ich musste mir die Zähne aufeinander beißen um nicht brechen zu müssen, doch als sich ein furchtbarer Schmerz an meiner Nase breit machte schrie ich es hinaus, doch schnell wurde mein Mund mit diesem stinkenden halbsteifen Geschlecht meines Uncail gefüllt. Zur Sicherheit, dass ich nicht darauf biss, gab er mir noch eine und ich glaubte gleich der Ohnmacht zu Opfer zu werden. Ich betete, dass es so weit kam, denn dann konnte ich mir dieses Desaster ersparen, aber mein Körper gab mir nicht die gewünschte Erlösung.   Als ich schon dachte hier nicht mehr heil heraus zu kommen, fiel mein Uncail plötzlich von mir herunter und landete mit seiner fetten Wampe auf dem Boden. Ich dachte, dass Gott meine Gebete erhört hatte und mein Uncail nun in einem Rausch verfallen war, doch dann erkannte ich das Gesicht meiner lieben Tante vor mir. „Wie kannst du es wagen deine Nichte anzufassen du alter Lustmolch. Du betrügst mich mit einem Kind, dem Kind deiner Schwester ist dir das klar? Wie sie wohl darauf reagieren würde, bist du denn von Sinnen? Was wohl Athair Mansart dazu sagen wird wenn du deine Sünden, wie ein jeder anständiger guter Bürger, ihm beichtest“, wies sie ihn zurecht und da er noch ganz durcheinander war sagte er zunächst nicht viel dazu und ließ es mit sich machen, doch ich wusste das sie noch die Konsequenzen dafür tragen würde, und das war auch am nächsten Tage sichtbar. Bis heute hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil sie wegen mir so leiden musste, doch sie tat es nur mit einem Lächeln ab.   Trotz meines Bedauerns um ihren Tod, war es für sie vielleicht besser so und deshalb hatte sie sich wohl dazu entschieden. Nachdem sie ihren geliebten kleinen Jungen, er war gerade erst fünf Jahre alt gewesen, an Fieber verloren hatte. Er war ihr Sonnenschein gewesen, der einzige Grund um dieses grausame Leben noch mitzumachen und als es ihr gewaltvoll genommen wurde, wartete sie nicht lange bis sie sich dafür entschied ihm zu folgen. Schließlich war er das Einzige gewesen, das sie nach vielen Fehlgeburten gesund hervorgebracht hatte.   Ihre Beerdigung war erst Wochen nach ihrem Verschwinden, ihre Leiche wurde nie gefunden. Doch wir wussten, dass sie dahingeschieden war. Es war wenige Tage vor Vollmond gewesen, da hatte sie der Jägersmann im dichten Nebel in der Nacht im Wald hineingehen sehen. Seit dem Tod ihres Sohnes war sie wie eine wandelnde Leiche gewesen, sie wurde immer blasser und dünner, ihre Wangenknochen traten schon stark heraus und ihre Augen waren scheinbar immer tiefer in die Höhlen gesunken. Die dunklen Ringe unter den Augen verstärkten diesen Eindruck. Sie sprach und aß nicht mehr. Immerzu hatte sie aus dem Fenster gestarrt und hatte ihre Freizeit, wenn es irgend ging, auf dem Friedhof verbracht um ihrem Kind nahe zu sein.   Manchmal fand ich sie dort vor dem Kreuze liegend und in den Schlaf geweint. Einmal war sie so unruhig eingeschlafen, dass sie vor sich hinmurmelte. „Dieses Leben ist nicht lebenswert ohne dich mein geliebter Sohn. Du wirst sehen, ich werde bald bei dir sein, dann bist du nicht mehr allein. Deine Mháthair liebt dich, mein Junge“, hatte sie vor sich hingestammelt. Wir waren alle einig, dass wenn sie nicht gestürzt und verhungert war, sie entweder von den Wölfen zerrissen oder von den Dunklen Wächtern verschleppt und getötet worden war.   Lange hatte ich um ihren Tod geweint, das Leben war mehr als grausam so eine liebenswerte Frau so leiden zu lassen und letztendlich zu einem so schrecklichen Ende zu finden. Ich vermisste sie so oft. Wenn manche Abende besonders schlimm in der Schenke waren, dann munterte sie mich schon mit nur einem Lächeln oder einem Augenzwinkern aus ihren Haselnussbraunen warmen Augen auf. Nun war ich alleine hier, und niemand der mir Trost spendete. Aber das Leben war nun mal nicht leicht. Was konnte ich anderes tun als es zu ertragen. Aber auch dieser Abend ging vorbei und die Tage gingen ins Land. Schon bald ragte der nächste Vollmond am Himmel und die Dunklen Wächter mit ihren Forderungen wieder am Waldrand.   Kapitel 5: ----------- Kapitel 5 Die Gefängniswärter erwählen ihr Opfer An jailer a roghnú a n-iospartaigh   Wie schon erwähnt, forderten sie das Wertvollste was wir hatten. Einen von uns. Und nicht irgendeinen. Lasst mich erklären, wie diese Nachricht zu uns gestoßen war.   Am nächsten Tag, alle waren wir froh die Nacht heil überstanden zu haben, denn auch nach Jahren fürchteten wir, das sie eines Tages tollwütig würden und uns in unseren Häusern aufsuchen würden.   Wie immer hatten wir die geforderten Attribute auf der großen langen Tafel, den unser Holzfäller und Schreiner gebaut hatte bereit gelegt. Lebensmittel, Stoffe, Waffen, Werkzeuge, alles was wir aus unseren Arbeiten herausbrachten, von unserem Bürgermeister forderten sie Geld. Glücklicherweise forderten sie nur einen Teil unserer Errungenschaften, doch das brach uns zu diesen schlimmen Zeiten fast das Genick. Dadurch ging so viel Geld verloren das wir normalerweise daran verdienen würden. Aber jenes Geld, das wir verdienten mussten wir wiederum einen guten Teil an unseren König abgeben und den nächst großen an unseren Bürgermeister. Am nächsten Tag sahen unsere vier tapferen Männer von unserer Taverne nach ob sie auch alles mitgenommen hatten. Aus Neugierde sahen sie auch immer nach ob man ihre Spur nicht auch zurückverfolgen konnte, aber jeder wusste, dass wir das nie tun würden, es wäre mehr als lebensmüde. Doch nie fanden sie etwas vor, nicht einmal unser Jäger, der geübte Spurenleser.   „Kannst du was entdecken?“, fragte Ronald den Jäger aufgeregt. „Nichts zu finden, entweder wissen sie ihre Spuren gut zu verwischen oder wir haben es mit etwas Übermächtigem zu tun.“ „Es muss etwas Übermächtiges sein, was sonst kann den Armeen unseres Königs angst einjagen und noch niemand hat sie bisher gesehen“, sprach Fraser. „Wir müssen es mit Geistern oder Phantomen zu tun haben“, warf Gavin ein. „Welche Geister oder Phantome benötigen Kleidung, Waffen und etwas zu Essen?“, rief Finley in die Runde. „Ob es nicht irgendwelche Monster sind? Ich hörte von einem, der schwöre sie einmal gesehen zu haben. Sie sollen große Gehörnte sein, mit roter lederner Haut, einem peitschenden echsengleichen Schwanz, glühenden Augen und spitzen Zähnen. Sicherlich der Leibhaftige oder Dämonen seiner Armee von Verdammten“, erzählte Ronald mit unheilvollem Ton. „Nein, nein, ich glaube es sind Wilde, die mit Hilfe von Fellen und bösen Ritualen die Gestalt von Monstern annehmen können, weshalb sonst die Forderung nach Waffen? Dämonen des Leibhaftigen brauchten wohl weder Waffen noch Essen“, schmiss Fraser ein. „So ist es vielleicht ein Magier der schwarzen Künste, der an jedem verhängnisvollen Vollmond Verdammte heraufbeschwor. Uralte Krieger aus früheren Zeiten, sicherlich braucht er neue Kleider und Waffen für sie. Er will wohl eine neue Armee aufstellen um die Herrschaft an sich zu reißen“, grübelte Gavin und nahm einen Schluck seines Bieres. „Ich hörte es sei ein armer Schuft, der vor vielen Jahren seine Seele an den Teufel verkauft hatte, wohl aus der verzweifelten Liebe zu einem Weibe hin, die einen anderen geheiratet hatte. Nun muss er als Monster umherstreifen“, wusste es Finley besser. In der Schenke bekam man oft solche Gespräche mit, vor allem über die Wächter. Eine toller als die andere, sie redeten sich förmlich den Mund darüber fusselig. Aber das geschah auch nur in der Schenke, wenn sie alle im Einfluss des Alkohols standen, ohne diesen trauten sie nicht ein Wort darüber zu verlieren.   Nach dem Vollmond letzte Nacht, fanden unsere vier Leibwächter des Dorfes ein Stück teures Pergament mit einem Dolch, zweifelsohne von Mr. Wallace geschmiedet, auf dem Tisch genagelt. Nachdem sie es entdeckt hatten, brachten sie es auf schnellstem Wege zu unserem Bürgermeister und dieser war mehr als fassungslos darüber. Noch am selben Tage noch fand eine Versammlung auf dem Marktplatz vor seinem Hause statt.   Wie üblich trug der kleine, runde Mann mit den Schmalzlocken und einem Vollbart, einen schwarzen Anzug am Leibe und einen schwarzen Zylinder auf dem Kopf. „Meine lieben Dörfler, ich habe eine mehr als schlechte, aber auch eine gute Nachricht. Die gute ist, die Dunklen Wächter fordern nur noch ein einziges Mal unsere Attribute und werden uns fortan für immer in Frieden lassen, … .“   Alle Menschen des Dorfes jubelten und begannen wie wild durcheinander zu schnattern, doch schon bald war es wieder still, da unser Bürgermeister mit seiner Pistole in die Luft schoss und nach Ordnung rief.   „Freut euch nicht zu früh meine Lieben, denn sie haben eine Bedingung.“   Auf niemandes Gesicht trat Beunruhigung ein, denn was sollte nach der Jahrelangen Ausbeutung noch passieren, wo es doch in einem Monat für immer vorbei sein sollte. Doch fiel mir bei näherem Hinsehen auf, wie blass unser Bürgermeister doch war und er glänzte vor Schweiß.   „Sie fordern einen von uns.“   Es schien eine Welle von Besorgnis und Angst durch die Mengen zu gehen. Spürbar schlug die Stimmung um und die Gesichter links und rechts neben einem wurden kränklich blass, mehr noch als sie sonst schon waren.   „Sie fordern eine von unseren Töchtern, wohl um uns den letzten Rest zu geben.“ Langsam hellte sich die Stimmung wieder etwas auf, denn wen kümmerte es schon wenn es nicht einen selbst traf, und es nicht die eigene Familie betraf. Nur einer Familie sollte das Unglück treffen, so waren die Familien die keine Töchter hatten, oder diese, die bereits verheiratet oder zumindest verlobt waren aus dem Schneider, wodurch der Großteil der Dörfler merklich entspannter wurden. „Dann lasst uns schnell eine aussuchen und nach Hause gehen, es wird kalt unterm Kilt“, rief einer aus. Ich erkannte an der Stimme nicht wer es war, und es war in der großen Menge schwer auszumachen von woher es kam. Derjenige musste verrückt sein, dem Bürgermeister so etwas respektloses zu sagen, doch da dieser auch nicht ausmachen konnte woher es kam und alle dem im Prinzip auch recht gaben, waren sie still, statt wie üblich denjenigen der Meute auszuliefern.   „Meine geliebten Dörfler, ich bin euer Bürgermeister, wie ein Athair beschütze und kümmere ich mich um euch, wie um meine eigenen Kinder. Ich würde mein eigenes Kind opfern um euch dieses schreckliche Schicksal zu ersparen, doch fürchte ich das die Dunklen Wächter... nun ja.... wenig Gefallen an ihr finden könnten. Wir wissen zwar nicht wer sie sind und was sie wollen, aber könnten wir denn sicher sein das es bei meiner Tochter bleiben würde? Wer weiß, vielleicht beginnen sie einen nach den anderen unsere Frauen zu rauben, ja wie soll das nur ausgehen? Wie soll der Fortbestand weitergehen, und es geht hier um jede Familie die hier steht, wollt ihr eure Frauen fort geben? Wer wird denn Kinder gebären und sich um Haus und Hof kümmern? Können wir das zulassen? Ich mache euch einen Vorschlag, vielleicht wird es auch wirklich die einzige Forderung bleiben, ich biete demjenigen der mir seine schöne Tochter herausgibt, dem werde ich eine gute Summe als Dankbarkeit zukommen lassen und zwei meiner guten Hengste und eine Kutsche dazu.“   Nun schlug die für einen Moment die Stimmung wieder einmal herum. Natürlich wollte niemand seine Tochter an die Wächter hergeben, wer wusste schon was aus ihnen wurde, doch solch ein Angebot musste gut überlegt werden. Es klang sehr hart wenn man darüber nachdachte, aber so lief das im Leben nun mal. Man musste voran kommen, letztendlich dachte jeder nur an sich, auch wenn man die Leibeigenen verraten musste.   Der Bürgermeister gab jedem von uns Zeit bis drei Tage vor dem nächsten Vollmond. Bis dahin solle sich jemand gemeldet haben. Es war schwer vorzustellen, dass sich jemand melden würde, liebte man doch seine Kinder. Doch alles war möglich und alles hat es schon gegeben auf dieser Welt.   Kapitel 6: ----------- Kapitel 6 Die unwillige Braut An Bride drogall ar   Da meine Eltern nun eine glorreiche Zukunft sahen, nachdem die Dunklen Wächter sozusagen aus unser Leben verschwinden würden, dachten sie nun darüber nach wie sie gegen das nun größte Problem vorgehen sollten. Ihre Tochter, die nicht bereit war zu heiraten.   Bereits zwei Tage später stand der erste Kandidat mit seinen Eltern vor unserer Tür. Es waren der Schreinermeister und seine Frau vom nächsten Nachbardorf, eine Meile westlich von uns. Ihr großer schlaksiger sommersprossiger Sohn Arren, der mit Pickeln im Gesicht gestraft war und dessen schüchternes Lächeln leicht an ein Pferdemaul erinnerte, fand offensichtlich schnell gefallen an mir. Während unsere Eltern sich begrüßten wanderten seine gierigen Blicke an mir auf und ab. Wie bei einer Fleischbeschau wurde ich überprüft und als wäre das nicht abstoßend genug, setzten sie uns auch noch neben einander. Wir sollten schon einmal miteinander vertraut werden, hatte Mháthair gesagt. Obgleich das nicht der Brauch war, eigentlich hätten wir uns gegenüber sitzen müssen, jeder mit seiner Familie an seiner Seite, aber zu diesen Zeiten sah man es wohl nicht so eng.   Sogleich roch ich das er von Körperpflege nicht sehr viel hielt oder es nicht für wichtig befunden hatte bevor er zu uns kam und es war nicht der gewohnte Stallgeruch, den ich schon längst nicht mehr riechen konnte, sondern ein ganz anderer. Er stank nach altem Schweiß und nach etwas anderem, welches ich bei den wenigen Übergriffen meines Uncails zu riechen bekommen hatte. Die Ursache fand man direkt auf seinem schmutzigen Kilt, denn dort hatten sich wenige kleine weiße Flecken, genau dort wo sein Gehänge war, abgezeichnet.   Seine Eltern dagegen hatten sehr darauf geachtet, halbwegs sauber zu erscheinen.   „Sie sieht sehr klein und dürr aus, ist sie denn auch wirklich fruchtbar?“, fragte Mrs. MacConwill als suchte sie nach einer besonders schönen Kuh die sie besteigen lassen wollte. „Aber natürlich“, rief meine Mháthair sogleich aus. „Allison ist ebenso fruchtbar wie ihre Mháthair, sehen sie nur meine strammen, gesunden Männer an“, sagte sie stolz und zeigte auf Douglas und Alan. Diese sahen verglichen mit diesem stinkenden Schmutzfink neben mir besonders präsentabel aus. Natürlich stand sie selbst mit gerade Mal drei Kindern in keinem guten Licht. Der Durchschnitt lag bei sechs. Allerdings sah man bei den vielen Kindern die in den letzten Jahren unter den schwierigen Bedingungen zur Welt gekommen waren auch ihre Spuren. Manche wiesen Schäden auf bei denen man nicht wusste ob sie jemals einen eigenen Hof leiten könnten. Die Körper so verkümmert, das man sehen konnte das sie keine nahrhafte Nahrung hatten um zu wachsen und zu gedeihen, der Geist einfach gestrickt und ständige Krankheiten ziehen sich durch ihr meist kürzeres Leben.   Während sie noch ihr Wenn und Aber besprachen, ob ich denn als Schwiegertochter in Frage käme, bereitete meine Mháthair das vorbereitete Essen zu. Natürlich gab es einen Braten für welchen wir extra eines unser dicksten Schweine opfern mussten. Es war nicht wirklich besonders dick für normalgewichtige Schweine, doch was konnte man bei solchen Zeiten schon erwarten. Es war ein richtiges Festmahl und meiner Familie war anzusehen das sie sich beherrschen mussten um sich nicht darauf zu stürzen wie hungrige Wölfe auf das Schaf.   Der ganze Tisch erstrahlte in einem mir völlig unbekannten Licht. Meine Mháthair hatte ihn offensichtlich sauber poliert und sogar die letzten schönen Messingkerzenständer meiner GroßMháthair hervorgeholt, die aus Not noch nicht in Geld umgetauscht worden waren. Der gesamte Tisch war mit Essen bedeckt. Den Schweinebraten, Gemüse, Brot, auch eine Soße gab es. Es war seit langem mein schönster Anblick, doch erschien mir diese ganze Farce so dumm. Alle wussten das es uns schlecht ging, da es uns allen schlecht erging, und dennoch ließen sie es nicht dabei bewenden und holten mit den alten Kerzenständern den unbrauchbaren Brauch hervor das die Familie der Braut sie förmlich anpreisen, ja schmackhaft machen musste, damit sie eine Chance auf den Eheschluss hatte. Es wurde geprotzt wo es nur ging und so getan als stünde man gut da, wo man in Wahrheit alles opferte und am nächsten Tag froh sein konnte, noch ein wenig Fleisch am Knochen abnagen zu können.   „Wir sollten uns gleich über die Hochzeitsvorbereitungen unterhalten. Ich nehme an Sie wissen wie es läuft“, sagte Mrs. MacConwill. Natürlich wusste es meine Mháthair. Nicht weil sie selbst schon einmal geheiratet hatte, das sind oft keine besonderen Tage an die man sich erinnern wollte, sondern weil es meiner Familie das Genick brechen würde. Es war Brauch dass die Familie der Braut die Hochzeit ausrichtete und alles bezahlte, und als wäre das nicht schon genug brauchte jede Braut eine Mitgift. Schmuck hatte meine Mháthair keinen, schon gar nicht aus Silber oder Gold. Auch Geld war Mangelware, es gab auch kein schönes Porzellangeschirr, ja nicht einmal Messingbesteck. Vieles musste meine Familie in den nächsten Orten verkaufen um in besonders harten Zeiten, wenigstens an ein paar Schillinge zu kommen. Aber wir hatten kostbares Vieh. Pferde, Schweine, Schafe, Kühe, wie viel die Eltern des Bräutigams auch haben wollten, sie würden es bekommen, damit die Tochter endlich verheiratet wäre.   „Natürlich soll mein Sohn in der Kirche heiraten, kein unscheinbarer Besuch vom Pfarrer. Auch wollen wir die Familie dabei haben, und alle wollen danach natürlich Speis und Trank haben, auch soll Musik gespielt werden, schließlich ist das ein frohes Fest. Oh ich weiß das ihr es nicht so gut habt, aber wir würden gerne einmal in euren Stall gehen und sehen was ihr so habt, fasst es bitte nicht falsch auf, aber wenn wir einen weiteren Esser haben, der mit der Zeit auch noch Nachwuchs mit sich bringt, braucht es auch mehr Tiere. Mrs. Graham der Braten ist vorzüglich“, schnatterte die alte Glucke, wie ich sie nannte, vor sich hin. Die Gesichter meiner Familie wurde zusehends blasser, doch ließen meine Eltern nicht von dem Plan ab mich zu verheiraten.   Nach endlosen Stunden war das Essen vorbei, so schien es mir und ich konnte mich endlich an den Abwasch machen. Schon vor diesem Abend hatte ich mir vorgenommen so schnell wie möglich abzuhauen, bevor schlimmeres passieren konnte. Meine Eltern und ihre Gäste waren wieder in die Wohnstube gegangen und hatten es sich vor dem verrußten Kamin gemütlich gemacht und besprachen ihre Pläne. Auch meine Brethren hatten sich rüber gesetzt doch spürte ich ihre bohrenden Blicke in meinem Rücken. Es war nicht schicklich das eine Frau alleine mit einem Mann war, doch waren unter den gegebenen Umständen alle Sitten vergessen und sie tuschelten darüber wie sie mich in die Fänge meines zukünftigen, verpickelten Gefängniswärters geben konnten.   „Na ja, so hübsch bist du gar nicht. Deine Haare gleichen mehr den verfilzten Zotteln eines Gaules und du bist so dürr oder dein Kleid so weit das man kaum glauben kann eine wahrhafte Frau vor sich stehen zu haben“, gackerte dieser Laffe in den Raum.   „Du bist auch nicht gerade ein Traumprinz“, nuschelte ich wütend vor mich her.   „Was hast du gesagt?“   „Nichts weiter, ich habe mich nur selbst ermahnt an eine Arbeit zu denken die ich noch zu erledigen habe.“   „Pff, dämlich ist sie auch noch.“   Zittrig hielten meine kleinen Hände das Brotbrett fest, bis die Knöchel sich weiß färbten. Gerne hätte ich ihm eine damit über den Kopf gezogen, doch musste ich mich beherrschen. Ich war schon zu weit gegangen, ich durfte es nicht überstrapazieren. Mich stumm auf den Abwasch konzentrierend träumte ich mich schon hinaus, auf dem Weg zum See. Ich kümmerte mich nicht um meinen ungebetenen Besucher. Meine Brethren beobachteten uns, das wusste er, also kam er mir nicht zu nahe. Den letzten Schmutz entfernt, brachte ich den Eimer mit meinem Wischwasser hinaus um es auszuschütten. Noch immer in meinen Tagträumen gefangen, bemerkte ich meinen stillen Begleiter nicht.   Eine flinke Hand hatte mich am Hintern gepackt und griff fest zu, als wollte sie prüfen das es auch wirklich reif war. „Heee, was soll das?“, wollte ich rufen, doch hielt er mir sogleich den Mund zu. „Zier dich nicht Püppchen, ich will doch sehen was meine Braut mir zu bieten hat“, schnurrte er.   Dieser Widerling drückte mich hart gegen die Wand, mein Mund von seiner schmutzigen Hand zugehalten. Seine freie Hand begrabschte mich an Brust und meiner intimen Stelle, und als wäre das nicht bereits schlimm genug drückte er mir seinen ekligen Mund mit den rauen, aufgerissen Lippen und den fauligen Zähnen darin auf meinen und versuchte mir seine Zunge reinzustecken. Ich wollte schreien, wollte ihn von mir stoßen und ihn einen Tritt verpassen, doch brachten meine Fluchtversuche nichts. Er war stark, auch wenn sein schlaksiger Körper nicht danach aussah. „Wehr dich nicht, oder ich werde ihnen erzählen, dass du keine Jungfrau mehr bist.“ Nun stoppte ich. Wenn er das tatsächlich täte wäre ich dem Tode geweiht. Sie würden mich davon jagen und wie sollte ich dann überleben? Als Hure wollte ich nicht durch die Lande ziehen und im Wald würde ich unter der Klaue der Monster meinen Tod finden, auch wenn sie behaupteten, dass sie uns in Ruhe ließen. Das hieß jedoch nicht das sie aus den Wäldern verschwanden und ein kein Auge auf uns hatten.   „Lass mich“, rief ich aus, als ich es geschafft hatte seine Hand wegzuschieben. „Sei ruhig, und halt gefälligst still“, presste er wütend heraus und schlug mich hart ins Gesicht. Der Schmerz ließ mich innehalten. Ich spürte wie Blut aus meiner Nase lief und hoffte dass es schnell vorbei sein würde. Seine flinken Hände versuchten meinen Rock zu heben, betatschten mich, ein unerklärbares Ekelgefühl ergriff mich in meiner Magengegend, zog sich über all meine Glieder. Wie bei meinem Uncail damals, als er den Versuch gewagt hatte zu weit zu gehen, stieg das Gefühl auf, ich müsste mich erbrechen. Ich fühlte mich wie ein See in der er scheißen und pissen würde. Der Ohnmacht innerlich zu mir rufend fingerte er an meiner Körpermitte, die verräterisch feuchter wurde. Ich spürte sein hartes Glied an meinem Bauch, seinen rasselnden stinkenden Atem an meinem Ohr.   „Allison?“, rief Douglas. Offenbar suchten sie bereits nach uns. Arran wich zurück und ließ meinen Rock nach unten fallen. Ich wich zur Seite und wischte mir das herunterlaufende Blut von den Lippen. Sogleich erschien Douglas' Gesicht in der Tür und sah uns berechnend an. „Mr. Und Mrs MacConwill wollen dich noch einmal sehen“, sagte er und machte mir Platz, damit ich an ihn vorbei laufen konnte. Arren lief mir hinterher und ich hoffte das Douglas bemerkt hatte was geschehen war und sich ihn zur Brust nahm, doch verliefen alle Hoffnungen im Sande.   „Da bist du ja Mädchen“, knurrte Mr. MacConwill. „Wie siehst du nur aus? Warum blutet deine Nase, ist sie krank?“, schrie Mrs. MacConwill fast hysterisch. „NEIN, nein, sie wird sich nur mal wieder ...“, versuchte meine Mháthair einzugreifen. „Ich bin gestolpert und hingefallen als ich das Wischwasser draußen ausschütten wollte“, sagte ich. Natürlich wäre das die Gelegenheit gewesen die Wahrheit zu sagen um Arren loszuwerden, doch hätten sie mir niemals geglaubt. Zumindest nicht offiziell. Die Frauen hätten es sofort geglaubt, doch hätten sie es niemals zugeben können und wenn mein Athair mir glauben schenkte, wäre es eine Beleidigung an MacConwill, der die Hochzeit platzen lassen könnte.   „Lass dich ansehen Allison“, befahl meine Mháthair und ich stellte mich in die Mitte der Runde, bereit von den Raubtieren verspeist zu werden. Mrs. MacConwill trat zu mir und betrachtete mich von oben bis unten. Sie drehte mich, tastete mich ab, sah meine Zähne an, meine Hände, ja sogar meinen Zopf besah sie sich argwöhnisch. „Sie ist dünn, aber voll entwickelt. Sie hat ein breites Becken, was gut für Söhne ist und sogar volle Brüste. Die Zähne sind sehr Gelb, ich sag dir Mädchen, in Zukunft wirst du sie mehr pflegen oder willst du bald zahnlos sein?“   „Nein Mrs. MacConwill.“   „Gut, bei uns achten wir auf solche Sachen, die anderen sollen nicht glauben, wir wären eine Bande von Wilden, das würde unseren guten Ruf schaden.“   „Ist sie noch eine Jungfrau?“ „Aber NATÜRLICH“, rief meine Mháthair empört aus, streifte mich jedoch mit einem drohenden Blick. Ich wusste dass sie das später auf jeden Fall überprüfen würde und wenn dem nicht so war, würde ich mir wünschen nicht geboren worden zu sein. „Man weiß ja nie. Lieber einmal geprüft als blind vertraut und ein fremdes Balg in die Wiege gelegt bekommen. Heutzutage wissen die Mädchen kaum noch wie man sich zu verhalten hat, schnell landen sie mit jedem Mann im Heu, der nur ein paar nette Worte sagt. Die letzte Braut von Arren war eben so eine, noch vor der Hochzeit hatte sie sich mit einem anderen vergnügt, und stellen Sie sich vor, die Hure behauptete noch das Arren sie sich genommen hätte. Und stellt euch vor, sie war sogar in guter Hoffnung, dieses Miststück. Ein Kuckuckskind wollte sie uns unterschieben. Arren versicherte uns das er nichts dergleichen getan hatte und sich das bis zur Hochzeitsnacht aufsparen wollte. Natürlich wurde sie sogleich fortgejagt, und ich habe von einem gehört der sie in der nächsten Stadt als Straßendirne gesehen hatte.“   Mich überkam ein kalter Schauer und ich musste mich zusammenreißen um meine Tränen zurückhalten zu können. Sie sprachen es nicht aus, aber ich war mir sicher das Arren dieses Mädchen geschändet hatte. Offensichtlich wollte er ebenso wenig heiraten wie ich und fand eine Möglichkeit sich immer wieder herauszuwinden. Ich musste vorsichtig sein.   Während meine Eltern weiter mit unseren Gästen Pläne schmiedeten schlich ich mich unbemerkt aus dem Zimmer. Wie in Trance lief sie hinaus und betrachtete den Sichelmond. Die kalten Strahlen leuchteten durch die dunklen Wolken, die an ihrem vorüberzogen und warfen auf der großen weiten Wiese, bis zum See ein unheimliches Licht. Doch es hielt mich nicht ab weiter zu laufen und dem größeren Grauen im Haus zu entkommen. Wie auf ein Zeichen rannte ich los, als wäre der Teufel hinter mir her. Weg! Einfach nur noch weg, und niemand sollte sehen wohin ich renne. Von Weiten sah ich die großen dunklen Bäume des Waldes ihren düsteren Schatten auf die Wiese werfen. Ein Schauer lief mir durch den Körper und fast wäre ich wieder nach Hause gelaufen, doch fing ich mich wieder.   Am See angekommen raffte ich meinen Rock hoch, watete bis zu den Knöcheln ins Wasser hinein, kniete mich hin und wusch mein Geschlecht. Es war bitterlich kalt und ich musste mich beherrschen nicht aufzuspringen, doch der Wille die verräterische Feuchte abzuwaschen war größer. Die eisige Kälte kroch in meinen Körper und Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut, doch das war mir egal. Immer wieder wusch ich meine intime Stelle und als ich glaubte das es nun sauber war, stand ich auf, lief wieder auf die Wiese und setzte mich ins Gras. Mit dem Stoff meines Rockes wischte ich es trocken, legte die Beine an und versteckte auch meine Füße unter den Rock. Meine Arme schlang ich um die Knie und legte meinen Kopf darauf.   Ich weiß nicht wie lange ich dort gesessen hatte, doch war ich irgendwann so müde das ich beschloss nach Hause zu gehen. Auf dem Rückweg fühlte ich mich seltsam beobachtet und sah in die Dunkelheit der Bäume. Für einen Moment glaubte ich zwei leuchtende Punkte aufleuchten zu sehen, doch verschwanden sie wieder. Mit schnellem Schritt lief ich weiter. Das Licht war bereits im Hause erloschen und ich schlich mich unbemerkt zu meiner Dachkammer hinauf. Am nächsten Morgen gab es den größten Ärger meines Lebens. Meine Eltern waren so sauer das sie mich den ganzen Tag ohne Essen und etwas zu Trinken einsperrten und als meine Mháthair mich nach einem Tag wieder frei ließ verpasste sie mir eine deftige Ohrfeige. Die Hochzeit war geplatzt, die MacConwill hatten nur den Kopf geschüttelt als sie bemerkt hatten dass ich einfach abgehauen war. Sie wollten keine Schwiegertochter die ihren Platz nicht kannte und tat was sie wollte, hatten sie gesagt.   Im Laufe der nächsten drei Wochen bekam ich mehr als fünf Männer, die meine Eltern für geeignet hielten vor die Füße gesetzt. Doch alle wollte ich sie nicht haben. Sie versuchten mich noch damit zu locken, mit dem Vorschlag mir selber einen von ihnen auszusuchen. Aber nein, ich wollte keinen Mann und schon gar nicht eine Vernunftsheirat eingehen. Nachdem ich mich nach der gegebenen Bedenkzeit noch immer nicht entschieden hatte, nahmen sie es in die Hand und luden ihren Traumschwiegersohn mit dessen Eltern ein um über die Verlobung zu reden. Es war eine gute Familie, mit einem großen Hof und einen großen Bestand an Vieh aus einem der benachbarten Orte. Doch das ließ ich mir trotz der Schläge und Bedrohungen nicht aufhalsen. So schlich ich mich aus dem abgeschlossenen Dachboden, sprang auf den großen Heuhaufen, wenn es auch nur gemistete Viehhaufen waren und ich damit mehr als bestialisch stank, um aus dem Hause entkommen zu können.   Ich versteckte mich nicht in unserem Stall, dort würden sie mich finden und wenn sie mit Heugabeln suchten. Während ich die Zeit herum bringen wollte, spazierte ich zum See und wusch mich so gut es ging wieder sauber. Doch durch die Kälte, die schon während der Dämmerung herrschte war es nicht wirklich möglich. Schon nach ein paar Sekunden waren meine Finger vor Kälte erstarrt. Mein Leib zitterte wie gefallene Blätter im Herbstwind. Meine Zähne klapperten und meine Glieder begannen zu schmerzen im Abendwind. Ich überlegte wieder zurückzugehen, so wie ich aussah, und schon allein der Gestank, den ich verbreitete, sicherlich versteckten sie mich prompt und schlossen mich ein. So könnte ich mich ausziehen und mich in mein warmes Bett kuscheln. Eilig lief ich zurück ins Dorf, vielleicht konnte ich mich unbemerkt in einem Lager verstecken, dort wehte wenigstens kein Wind. Leise schlich ich durch die menschenleeren Gassen. Nur der helle Mond, die Sterne und das Licht, welches aus manchen Fenstern schien, erhellten die Wege. Kurz blickte ich in eines der Fenster. Olivia hatte wie ich wohl ebenfalls keinen guten Abend. Eine mir unbekannte Familie war dort und scheinbar wurde auch bei ihnen gerade über die Hochzeit gesprochen. Olivia schien ebenfalls nicht so glücklich auszusehen. Ihr Gatte war wirklich nicht der Hübscheste und seine Haut mit Unreinheiten übersät. Mit einem schadenfrohen Lächeln zog ich mich zurück und lief weiter. Ich lief zwischen der Schenke meines Uncails und der Bäckerei hindurch. Mein Uncail hatte noch einige Gäste und zechte fleißig mit ihnen mit. In Gedanken verloren, wie das Leben weiter gehen sollte, blieb mein Kleid plötzlich an etwas hängen. Als ich mich umdrehte um mich befreien zu können, erschrak ich und taumelte einen Schritt zurück. „So in Gedanken verloren das du nicht siehst, dass du an jemandem vorbeiläufst, bonnie Caileag?“, begrüßte mich Fearghas. Mit einem ehrlich erfreuten Lächeln setzte ich mich zu ihm auf das leere Bierfass. „Warum so nachdenklich?“ „Ich bin von zu Hause wieder abgehauen“, seufzte ich. „Hast du wieder Schläge bezogen?“, fragte er besorgt und legte tröstend einen Arm um meine Schulter. „Noch nicht!“ „Warst du wieder ungehorsam?“ „Ich will ihn eben nicht heiraten“, klagte ich und versuchte meine Tränen zu unterdrücken. „Aber irgendwann musst du heiraten, wie soll es denn weiter gehen?“ „Ich weiß“, sagte ich trotzig und riss mich wieder aus seiner Umarmung. Plötzlich wurde das Licht in der Schenke gelöscht und wir saßen im Dunkeln. Ungewöhnlich das alle jetzt schon gingen. Aber das kümmerte mich gerade nicht. „Vielleicht solltest du zurückgehen und versuchen es wieder in Ordnung zu bringen. Er ist vielleicht gar nicht so schlecht und dir ein guter Ehemann.“ „Mag sein, aber ich liebe ihn nicht. Ich kenne ihn nicht einmal. Außerdem ist er ein Tölpel“, sagte ich wütend und angeekelt an voriger Stunde denkend.   Auch wenn er mich nicht kannte, er würde mich bald genauso als die blöde Kuh betrachten, wie die anderen. Was sollte ich mit einem Mann der mich nicht verstand. Ich war immer die Außenseiterin gewesen, warum sollte sich das wegen einer Hochzeit ändern. Er wäre nur ein weiterer Mensch der mich mit komischen Blicken quittieren würde, der hinter meinem Rücken lästern würde, sicherlich würde er mir schnell untreu werden, da er nichts mit mir zu tun haben will.   Oder würde mich gar wie Dylan es getan hatte, benutzen und verletzen. So wie es auch mein Uncail gerne tat, um sich an mir sein Horn abzustoßen. Vielleicht würde er mich an einen Menschenhändler verkaufen, und behaupten ich sei in eine Schlucht gestürzt um eine andere ehelichen zu können. Warum mir so etwas antun, wenn ich so weiter leben konnte wie bisher, auch wenn es nicht viel besser war. Möglicherweise gaben meine Eltern irgendwann nach und ließen mich einfach damit in Ruhe, so dass ich irgendwann als alte Jungfer sterben konnte. Für einen Augenblick beobachtete Fearghas meinen gedanklichen Krieg.   „Weißt du denn was Liebe ist? … .“ „Natürlich! Liebe ist . . . Ja wenn man … „   Tja, was war Liebe eigentlich? Auf was wartete ich und hoffte zu finden. Möglicherweise war Liebe nur ein dummes Märchen, damit man bereit war sich zu verheiraten, in der stillen Hoffnung Liebe zu erfahren.   „Siehst du. Wie kannst du auf etwas warten, das du nicht kennst. Es heißt auch, Liebe käme mit der Ehe“, redete er weiter auf mich ruhig ein. „Vielleicht hast du Recht.“ „Pff, oh nein. Also darauf würde ich nicht hoffen. Es gibt nicht viele Menschen auf der Welt die wissen was Liebe ist. Sie geben sich nur gerne der Illusion hin“, sprach er gehässig.   Erschrocken wich ich von ihm zurück. Was war nur in ihn gefahren? Und wie er sprach, so deutlich und kraftvoll. War er nicht betrunken gewesen, ich roch doch seine Fahne. Für einen Moment war er tief in Gedanken versunken und schien sich selbst zu Recht und Ordnung zu zwingen, ehe er mir wieder seine Aufmerksamkeit schenkte.   „Ach was weiß ein alter Zausel, wie ich denn was das ist. Geh du nur deinen Weg, aber bedenke das du für jede Entscheidung bezahlen musst. Es gibt nichts umsonst, selbst für den Tod musst du mit dem Leben bezahlen“, riet er.   Er hatte Recht. Ich sollte vernünftig werden. Vielleicht war auch nur alles halb so schlimm, wie ich mir vorstellte. Ich war ein dummes Ding, ich sollte nicht immer alles so schwarz sehen. Dankend blickte ich zu Fearghas. Er verstand mich, warum nicht auch mein Zukünftiger. Die anderen gaben sich ja nicht die Mühe es zu versuchen, also konnte es ja nicht funktionieren. Es war schon komisch das ich mich so sehr mit einem Bettler angefreundet hatte. Ich erinnere mich noch gut wie ich Fearghas kennen gelernt hatte. Ich war ein junges Mädchen von zehn Jahren und hatte zunächst eine heiden Angst vor ihm. Doch als ich einmal von den anderen gehänselt und gejagt wurde, ging er dazwischen als sie Steine auf mich werfen wollten. In dem Augenblick war er mir wie ein Held erschienen, und er hatte mit dem alten Saum seines Umhanges mir mein verletztes Knie verarztet. Seitdem hatte ich keine Angst mehr gehabt und freute mich immer darauf ihm das nächste Mal zu begegnen. So manches Mal hatte ich meine Mahlzeit nicht aufgegessen und hatte es ihm heimlich gebracht. Wortlos ging ich den einen Schritt, der zwischen uns lag auf ihn zu und umarmte ihn. „Vielen Dank Fearghas, du hast mir sehr geholfen. Ich werde dann mal zurückgehen und versuchen alles wieder zu richten. Oidhche mhath!“, wünschte ich ihm eine gute Nacht und ging.   Die Nacht war längst hereingebrochen und ich rannte zitternd zurück. Zum einen wollte ich endlich in der Wärme sein, und zum anderen keine Zeit mehr verlieren.   Als ich mich spät am Abend wieder in mein Elternhaus eingeschlichen hatte, hatte ich nicht das vermutet was mich dort erwartete.   Kapitel 7: ----------- Kapitel 7 Die Entscheidung An Cinneadh   Die Lichter waren aus und niemand mehr wach. Die Besucher längst gegangen und der kommende Streit zwischen mir und meinen Eltern provoziert. Es war wohl besser wenn ich mich unbemerkt in den Dachboden schlich, mich morgen entschuldigte und darum bat die Familie noch einmal einzuladen. Vorsichtig schlich ich mich durch ein kleines Fenster, welches zu unserer Lebensmittelkammer gehörte. Als ich dachte, dass die Luft rein war, schlich ich mich hinaus und wollte eben die Treppe zum Dachboden hinauf gehen, als eine grobe Hand sich wie ein Schraubstock um meinen Arm schlang und mich zurück hielt. Plötzlich ging eine Kerze an und ich sah das puterrote, von Wut verzerrte Gesicht meiner Mháthair.   „Wie kannst du es wagen deiner Familie solche Schande zu bereiten, du Miststück. Haben wir uns nicht jahrelang gut um dich gekümmert? Hast du es denn nicht gut bei uns gehabt? Statt dankbar dafür zu sein und deinen Teil der Familie beizutragen stichst du uns mit einem Messer in den Rücken. Wenn du glaubst das wir dich ewig aushalten werden hast du dich getäuscht“, keifte sie los. Immer mehr Kerzen gingen an und ich erkannte die Gesichter meiner Brethren, meines Athair, und eines, mit dem ich nie gerechnet hatte.   Mit dem Gesicht meines Uncail Archie.   Kaum hatten sie die Küche erhellt, setzten sie mich an den Küchentisch, meine Brethren links und rechts neben mir, so dass ich nicht entkommen konnte. Mein Uncail und meine Eltern setzten sich gegenüber. „So mein Mädchen“; begann Athair“, wie deine Mháthair schon gesagt hat, wir machen das nicht länger mit. Immer wieder haben wir dir eine Chance gegeben, du bist bereits 17 Jahre alt und bist noch nicht einmal verlobt, das können wir nicht hinnehmen, die Leute reden schon. Wir geben dir nun eine letzte Gelegenheit, die Familie des Bräutigams heute hast du für immer vergrault, aber wir haben noch eine letzte Möglichkeit.“   Ich ahnte Schreckliches.   „Da du niemanden an dich heran lässt und keiner der jungen Männer die du zur Auswahl hattest annehmen wolltest, stellen wir dich nun vor die letzte Wahl. Entweder nimmst du Archie zum Manne, oder wir melden uns beim Bürgermeister und du wirst gegen die Bürgermeistertochter eingetauscht werden, und glaub mir, die Dunklen Wächter werden nicht so nett sein, das beste was dir bei denen passieren kann ist der Tod.“   Mein Herz schlug mir bis zum Hals, meine Ohren begannen zu Rauschen. War das ihr ernst? Hatten sie tatsächlich die Idee mich meinem eigenen Uncail hinzugeben? Ein unerträgliches Gefühl von Ekel zog über meinen Rücken und ein mehr als würgendes in meiner Magengegend. Ich hatte das Bedürfnis in Ohnmacht zu fallen, doch diese außergewöhnliche Situation schärfte meine Sinne und meine Gedanken waren klar. Wieder versagte mir mein Körper die Erlösung.   „Dein Uncail wäre sogar bereit auf die Mitgift zu verzichten, da er der Meinung ist etwas Wertvolles mit dir zu bekommen.“ Ja, ein junges Mädchen, das er zu Belieben schänden konnte. „Eine gute Arbeiterin in der Schenke. Du hättest ein gutes Heim und kannst der Familie zugute kommen.“ Das glaubten sie doch nicht wirklich. Ich sollte mit meinem Uncail, der mich jahrelang ausgenutzt, bedrängt hatte, seine Laune an mir ausgelassen hatte und seine Frau förmlich in den Tod geschickt hatte, heiraten und am Ende noch seine Bälger gebären? Nein danke, da kam mir die Vorstellung vom Tod mehr als einladend vor.   Für einen Moment ließen sie mich und ihn allein, damit ich mich entscheiden und er mit mir alles besprechen konnte wie er es sich vorstellte. Mit einem schmierigen Grinsen setzte er sich zu mir und legte seine Hand auf meinem Schoß, ich rutschte angewidert weg, doch er folgte mir.   „Hör zu mein Täubchen, ich wäre bereit auf die Mitgift zu verzichten, wenn du mir dein Bestes gibst, und du weißt was ich damit meine.“ Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen griff er mir direkt zwischen die Beine. „Ich werde dich niemals nehmen, du bist mein Uncail und noch dazu ein mieser Bastard“, beschimpfte ich ihn, spukte ihm ins Gesicht und riss mich aus seiner Umarmung. „Moment mein Mädchen, wir sind nicht Bruder und Schwester, niemand wird etwas gegen die alte Regel sagen, ich weiß nicht was du willst, niemand wird etwas dagegen tun, das ist völlig normal. Es müssen Kinder geboren und der Fortbestand gesichert werden, da meine Frau und mein Sohn verstorben sind und ich nicht mehr der Jüngste bin, spricht nichts dagegen meine Nichte mit mir zu ehelichen. Dir kommt es vielleicht nicht normal vor, aber so ist das eben, oder würdest du lieber einen deiner Cousins heiraten?“ Cousin heiraten, von wegen, diese waren schon alle verlobt oder verheiratet. Die die es nicht waren, waren noch zu jung um zu heiraten und bevor sie die Idee hatten mich mit einem 13-jährigen zu vermählen schlug ich es mir aus dem Kopf. Es wäre sicherlich besser als diesen Mistkerl zu nehmen, aber ich konnte und wollte es einfach nicht. Doch die Vorstellung mein Leben lang, oder wohl eher sein Leben lang seine Sklavin zu bleiben und diesen mehr als für mich ekligen Akt zu vollziehen um Kinder zu gebären, sicherlich würde er es ausnutzten und mich ständig nehmen und sicherlich nicht nur in der Hochzeitsnacht um die Ehe zu vollziehen. Was sollte ich nur tun? Wie jeder andere fürchtete ich mich vor den Dunklen Wächtern, nur den Tod würden sie mir bringen, und sicherlich nicht den angenehmsten.   Aber mir schien nichts anderes übrig zu bleiben, niemals würde ich mich meinem Uncail ausliefern. Wer wusste schon wie lange ich es aushalten würde, es wäre sicherlich noch schlimmer als das, was er jetzt schon mit mir tat. Wenn ich mit ihm verheiratet wäre, würde niemand mehr etwas dagegen tun wenn er mich wieder missbrauchte. Er wäre dann mein Mann, er hätte das Recht so etwas mit mir zu tun. Noch nie in meinem Leben erschien mir alles so schwer und trostlos wie in diesem Augenblick. Ich hatte die Wahl zwischen meinem gewalttätigen, Trunkenbold von Uncail, der jede seiner ekligen Gelüste an mir stillen würde oder den Monstern, die mich ohne weiteres qualvoll zu Tode bringen würden. Eigentlich war beides nicht besser als das andere, der Unterschied bestand nur darin das ich mich niemals meinem Uncail hingeben wollte, was für mich viel schlimmer war als es mit irgendjemand anderem zu tun. Bei meinem Uncail würde ich bestimmt qualvoll leben, aber noch lange. Bei den Dunklen Wächtern würde es auch Qualvoll werden, aber bestimmt nicht über Jahre. Sie würden ihre Mordlust schnell an mir ausleben, wie bei den anderen die plötzlich verschwunden sind, als sie nach diesen Monstern suchten.   So war meine Entscheidung gefallen. Lieber starb ich durch die Klauen der Wächter, als lebte ich jahrelang geschändet mit meinem Uncail zusammen. Es war merkwürdig, mich durchdrang eine Art innere Ruhe, ich wurde müde und ich verspürte eine leise Freude auf den Tod. Mein Uncail war nicht gerade begeistert von meiner Entscheidung und ging mit rotem Gesicht, durch die Wut noch röter als sonst, wieder zu seiner Schenke. Mir war klar, dass er sich nun noch weiter betrinken würde, mehr als er es sonst tat, um die Zurückweisung überwinden zu können.   Meine Familie verzog keine Miene über meine Entscheidung. Ruhig gingen wir alle schlafen und damit ich nicht abhauen konnte, schlossen sie mich ein und aus reiner Neugier, entdeckte ich, dass der stinkende Heuhaufen unter meinem Fenster verschwunden war. Ich konnte nicht entkommen, der Taler war gefallen und deckte die Zahl auf. Der Kopf symbolisierte den Verstand. Jeder der bei Verstand war, würde sich wohl für den Uncail entscheiden und hoffen, dass er sich schnell ins Grab saufen würde, um dann die Schenke zu übernehmen und sich einen guten Mann nehmen zu können. Der Überlebensinstinkt war bei jedem Wesen zu finden, bei jedem Menschen.   Aber ich hatte mich dagegen entschieden, die Zahl war meine Entscheidung gewesen. Ich hatte versucht zu berechnen wo ich alles schneller überstehen konnte, endete es meiner Rechnung nach in beiden Fällen mit dem Tode, sei es durch eigene Hand oder durch die der Monster.   Ich empfand keine Reue was meine Entscheidung anging, ich freute mich schon fast darauf wenn alles endlich vorbei war. Manche mussten schon früh gehen, andere später. Auch wenn mein Leben nicht viele Lenze zählte, ich hatte es gelebt, und besser würde es nicht werden, also konnte ich es ohne schlechten Gewissens beenden. Das Einzige wofür ich jetzt noch betete war das Gott mich in den Himmel nahm und ich endlich in Frieden ruhen konnte.   Plötzlich musste ich an eine Geschichte denken die meine GroßMháthair mir einmal erzählt hatte.   Vor vielen vielen Jahren lebten die Menschen und die Tiere harmonisch zusammen, wie Bruder und Schwester. Sie töteten einander nicht, achteten einander und die Menschen sahen die Tiere als Götter an, die es zu verehren galt. Doch eines Tages wurde der Verstand des Menschen trüber und trüber. Der Neid und der Hass waren geboren. Die Menschen frönten den Fortschritt und entdeckten das Eisen. Sie bauten Waffen und ohne Vorwarnung begannen die Menschen die Tiere zu bekämpfen. Viele mussten ihr Leben lassen und nur noch wenige Tiere des alten Geschlechts überlebten. Ihre Nachkommen wurden immer kleiner und wurden zu dummen Tieren, die der Mensch, dank des Fortschritt als Beute schießen konnte.   Waren die Tiere damals sehr groß GroßMháthair?   Ja mein Kind. Sie waren mehrere Meter hoch und konnten sogar mit dem Menschen sprechen. Auch die Wälder bestanden aus riesigen Moos bewachsenen majestätischen Bäumen, die einem glauben machten, sie wüchsen bis zum Himmel.   Gibt es diese Göttertiere noch GroßMháthair?   Nein mein Kind. Es sind nur Geschichten, so alt wie die Steine. Dein GroßAthair nannte sie immer Altweibergewäsch, doch er liebte die alten Geschichten. Vor allem von dem großen Wolf, der sich unter den Menschen eine Braut gesucht hatte. Sie war schwer krank und sollte schon bald sterben. Doch der Wolf verwandelte sie mit seiner Kraft in eine von seines Gleichen und so lebte sie noch viele Jahre. Kapitel 8: ----------- Kapitel 8 Der schreckliche Handel An trádáil uafásach   Nach einer schlaflosen Nacht rief Mháthair alle nach dem Hahnenschrei in die Küche, ich wusste nicht was sie beredeten, aber es dauerte nicht lange ehe Alan kam und mich hinunter brachte. Das Frühstück verlief sehr ruhig, niemand sagte ein Wort und starrte nur auf sein Brot. Noch immer fühlte ich mich müde und ausgelaugt. Die Nacht hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt. Ich dachte das ich so fest und gut schlafen würde wie noch nie in meinem Leben, da ich endlich wusste was auf mich zu kam, es keine bösen Überraschungen mehr geben würde. Niemals müsste ich mich wieder von meinem Uncail begrabschen lassen, nie mehr unter die Launen meiner Familie leiden, oder mich von den Jugendlichen im Dorf herunter putzen lassen, bald würde alles vorbei sein.   Doch irgendwie hatte es nicht die gezielte Wirkung wie erwartet, die ganze Nacht hatte ich darüber nachgedacht und war jede Möglichkeit noch mal im Detail durch gegangen. Ich stellte mir vor wie es gewesen wäre, hätte ich mich für Uncail Archie entschieden. Nach seinem dahinscheiden hätte ich mir sicherlich ein schönes Leben machen können. Vielleicht wäre ich auch abgehauen ehe es zu Schlimmeren gekommen wäre, schließlich bedrohten uns die Dunklen Wächter nicht mehr. Die halbe Nacht lang dachte ich meine Entscheidung zu bereuen, denn langsam merkte ich das ich noch nicht mit meinem Leben abschließen konnte. Aber so waren mir die Möglichkeiten nicht in den Sinn gekommen als mein Uncail mir seine Vorstellung offenbarte. Vor Angst vor dem bevorstehenden Ende konnte ich nicht mehr schlafen, verkroch mich wie ein kleines Kind, das einen Alptraum gehabt hatte unter der Decke, in der Hoffnung, dass es bald wieder vorüber wäre.   Irgendwann schlug die Stimmung wieder um und ich war glücklich darüber meinen Uncail nicht heiraten zu müssen, und vielleicht würde ich bei den Dunklen Wächtern auch nicht sterben müssen. Weshalb sollten sie noch töten wollen, sie hatten doch alles was sie wollten. Womöglich wurde mir ein Leben außerhalb dieses Dorfes ermöglicht und ich brauchte nur noch die Chance zu ergreifen und sie nutzen. Würde es bei den Monstern aber wirklich besser werden? Sicherlich brauchten sie nur eine Sklavin an der sie sich an ihrer Verzweiflung weiden konnten.   Müde schnaufte ich, starrte meine Brotscheibe an, an der ich noch nicht einmal abgebissen hatte. Was nützte es jetzt noch sich Gedanken zu machen, ich würde es früh genug erfahren.   „Das ganze hatte doch etwas Erfreuliches. Wir müssen für Allison weder eine Mitgift zahlen, noch sie weiter aushalten, und als könne es nicht besser werden, bekommen wir nun auch noch einen Lohn, zwei Pferde und eine Kutsche“; plapperte Athair munter drauf los. Solcherlei spitze Sprüche hätte ich eigentlich mehr von Mháthair erwartet, doch diese war ungewöhnlich ruhig und abwesend. „Es hätte anders laufen können, aber du ließest uns keine andere Wahl“, redete Athair es sich ein.   Ich war mir nicht sicher ob es sie nun freute das sie mich loswurden oder nicht, aber ich versuchte mir einzureden, dass das harte Leben es ihnen nicht erlaubte Schwäche zu zeigen. Ich war ja auch selber Schuld. Statt die üblichen Arbeiten zu verrichten, waren sie so aufgeregt wegen des Lohnes, der auf sie wartete, dass wir sofort zum Hause des Bürgermeisters aufbrachen. Während des ganzen Weges sagte niemand etwas, aber alle liefen sie sehr zügig, wohl weil sie es nicht mehr erwarten konnten. Athair und Mháthair liefen links und rechts neben mir, meiner Brethren hinter uns, damit ich ja nicht entkommen konnte.   Der Weg kam mir ewig vor, gefühlt brauchten wir eine Ewigkeit um dort hinzulaufen. Mr. Dubhghlas staunte nicht schlecht als er vor seiner Türe stehen sah. Er hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass sich jemand melden würde und das sah man ihm auch an. Seine Haare waren in der kurzen Zeit um ein vielfaches ergraut, dunkle Ringe zierten seine Augen und durch die zugenommene Blässe wirkte er wie eine lebendige Leiche.   Nachdem meine Eltern ihm den Umstand erklärten bekam sein dickes Gesicht plötzlich eine gesundere Farbe, seine Wangen wurden regelrecht rot vor Freude. Mit einer Freundlichkeit, wie ich noch nie erlebt hatte lud er uns in sein Haus ein, mit unseren ungepflegten Sachen durften wir uns sogar auf die guten Sessel setzen die in seinem Wohnraum standen.   „SOPHIE, SOPHIE, KOMM HERUNTER, ich habe eine mehr als gute Neuigkeit für dich“, rief er glücklich nach seiner Tochter. Nach kurzer Zeit kam sie schüchtern ins Zimmer hinein geschlichen, sie sah kaum jemanden an, ihr Blick galt immer dem Boden unter ihren Füßen oder etwas anderem. „Stell dir vor Liebes, die Familie Graham, du weißt die mit dem großen Bauernhof am anderen Ende des Dorfes, sind bereit ihre Tochter Allison den Dunklen Wächtern herzugeben. Ist das nicht wundervoll?“, rief er begeistert aus und umarmte sie so fest, dass man, trotz ihrer maskulinen Statur glaubte er zerquetsche sie gleich. „Mr. Graham, ich bin so froh das Sie sich bereit erklären ihre Tochter herzugeben. Natürlich hätte ich auch meine hergegeben“, sagte er mehr als großzügig, „Denn wer will das jemanden antun, aber es freut mich das sie es freiwillig tun. Am besten wäre es aber wenn wir Allison für Sophie ausgeben, so kommen die Dunklen Wächter wirklich nicht auf dumme Gedanken kommen und glauben sie hätten ein Mädchen von Stand.   Ich war nicht sicher ob es nur mir auffiel, aber Sophie wirkte alles andere als glücklich. Es war merkwürdig für mich, wer würde sich nicht freuen, wenn man erfuhr, dass ein anderer daran glauben musste, und man selbst in Frieden weiter leben konnte. Noch lange saßen wir da und meine Eltern beratschlagten mit dem Bürgermeister wie sie es am besten anstellten. Es war erstaunlich wie sehr sich meine Familie anstrengen konnte um ihr Ziel zu erreichen. Meine Wenigkeit hörte nur kaum bei diesem Gespräch zu, sollten sie mit mir tun was sie wollten, ich war auf das Ende eingestellt. Ich fand es interessanter Sophie zu beobachten, ihre Stimmung änderte sich im Laufe des langen Gespräches nicht im Geringsten. Sie spürte, dass ich sie beobachtete, schaute ab und zu mit gesenktem Kopf zu mir, wich aber meinem Blick immer schnell wieder aus. Sie war schon ein merkwürdiges Mädchen. Kapitel 9: -----------   Kapitel 9 Der Tausch beginnt, die Verwandlung vollbracht Tosaionn an malartú, i gcrich an claochlú   Irgendwann kam der langersehnte Augenblick in dem meine Eltern den geldlichen Lohn erhielten und mit ihren zwei neuen Hengsten und der neuen Kutsche, was nur eine alte des Bürgermeisters war, aber sei es drum, heim fahren konnten. Ehe sie für immer aus meinem Leben traten beharrte Athair darauf zu erklären, dass man mich niemals aus den Augen lassen solle, im Falle das ich flüchten wollte. Der Bürgermeister nahm den Ratschlag mehr als dankend entgegen und schickte seine Haushälterin, die mich ins Badezimmer führte, das im oberen Stockwerk lag.   Mit nur wenigen Anweisungen und einem grimmigen Gesicht sprach sie zu mir und sah mir nicht einmal in die Augen. Man wollte mich so gut verkaufen wir nur irgend möglich, damit die Dunklen Wächter auf keinem Fall wiederkamen, also durfte man mir nicht die harte Arbeit und den Stallgeruch anmerken.   Eilig machte sie mir ein heißes Bad, was so einige Zeit in Anspruch nahm. Sie schüttete einige Eimer kaltes Wasser, welches sie vom Haus dazugehörigen Brunnen pumpte und erhitzte über einem heißen Feuer das restliche Wasser, bis es begann zu kochen. In die mit kaltem Wasser gefüllte hölzerne Wanne gefüllt, ergab es ein angenehmes dampfendes Bad. Prompt zerrte sie mir die Kleider vom Leib, ließ mir noch nicht mal die Chance es selbst zu tun, schmiss sie ins Feuer und steckte mich mit einigen ätherischen Ölen hinein. Keine Sekunde ließ sie mich allein, sie nahm sich sogar die Frechheit heraus ohne zu fragen, sich eine Bürste zu nehmen und den Dreck, der an meinem Körper seit Tagen haftete abzuschrubben und mir die Haare zu waschen. Ich kam mir wie ein kleines Kind vor, das noch nicht in der Lage war sich selber zu waschen.   Die dickliche Haushälterin mit dem grauen Dutt war nicht gerade die sanfteste Person. Sie schrubbte alles ausgiebig, auch meine Fingernägel, damit der Dreck abging, was mir bald höllische Schmerzen bereitete. Ich hatte das Gefühl sie zog mir die Haut ab. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war es ihr auch nicht gerade angenehm und rümpfte angewidert die Nase wegen meines Gestanks. Der Kuhdung, in den ich am vorherigen Tage hinein gesprungen war, tat wohl sein Übriges.   Irgendwann, nach ihren gemurmelten Worten zu urteilen, war es wohl nur eine halbe Stunde gewesen, doch mir kam es vor wie eine Ewigkeit. Sie scheuchte mich aus der Wanne, gab mir aber kein Handtuch und befahl mir mich auf den Hocker zu setzen, der in der Ecke stand. Es war offensichtlich noch nicht vorbei und ich sollte Recht behalten. Das nun braun gefärbte Wasser ließ sie ab und schüttete neues hinein. Sie achtete diesmal auch nicht darauf genug heißes Wasser hineinzuschütten. Offensichtlich wollte sie nicht so viel Zeit verlieren, oder ich war es ihr nicht Wert, das sie sich Mühe gab und mir ein wohliges Gefühl vermittelte. Aber wozu auch, schließlich machte ich es eh nicht mehr lange, dachte ich sarkastisch. Dieses Mal musste sie nicht den Dreck von meiner Haut kratzen, dafür sollte ich so lange wie möglich im, nach Blumen duftenden Wasser liegen bleiben, bis meiner Haut an Füßen und Händen schon lange schrumpelig war und das Wasser schon ganz kalt. Ich sollte den blumigen Duft mir aneignen, niemand sollte mehr die Kühe oder sonstiges an mir riechen können. Nach der zweiten Tortur schmiss sie mir ein großes Handtuch entgegen und schickte mich in das Gästezimmer.   Nachdem ich dort eine weitere halbe Stunde herum gesessen hatte, kam sie mit einem schönen Kleid zurück. Ihren Worten nach war es ein altes von Sophie als sie noch kleiner und dünner war. Doch dieses passte mir alles andere als angegossen. An Ärmeln und Saum war es zu kurz, und noch immer etwas zu groß, es sah merkwürdig aus. Ich war wirklich sehr dürr geworden in den letzten Monaten. Meine Oberweite war recht beachtlich, darunter aber waren die Rippen zu sehen und der Bauch ging etwas nach innen, meine Hüftknochen aber wieder nach außen. Ich bestand nur noch aus Haut und Knochen.   Als Mr. Dubhghlas mich in Augenschein nahm gab er sofort den Auftrag auf ein neues Kleid nähen zu lassen, nach meinen Maßen. Die nächsten drei Tage wurde ich mehr als gefordert, ich wusste nicht was besser war. Wie eine Puppe herausgeputzt zu werden oder auf unserem Bauernhof zu arbeiten. Mr. Dubhghlas gab mir sogar Unterricht, nur leider nicht in Schreiben und Lesen, dafür aber in der Geschichte seiner Familie. Schließlich sollte ich ja so echt wie möglich wirken wenn die Dunklen Wächter mich holten. Man gab mir übermäßig zu Essen, ich sollte in den paar Tagen so viel wie möglich zunehmen, niemals durfte ich hinausgehen, keinen Finger sollte ich rühren. Die Haushälterin kümmerte sich noch um meine Finger- und Fußnägel, damit sie aussahen, als gehörten sie einer Dame. Alle Kratzer und Flecken auf meinem Körper wurden von unserem Arzt Mr. Lindsay behandelt, nichts sollte mehr zu sehen sein. Natürlich ließ sich nicht alles in so kurzer Zeit richten, aber sie gaben sich alle Mühe. Meine Haare wurden frisiert und sahen nun glänzend und gepflegt aus. Mein Anblick war fantastisch, verglichen mit der alten Allison, aber die Umstände grausam. Je näher die bevorstehende Nacht rückte, desto mehr kroch die Angst in meine Knochen.   Obgleich ich so erschöpft war von den letzten Geschehnissen und Tage die ich erst verarbeiten musste, vor allem der lieblose und wenig vorhandene Interesse meiner Eltern an dem weiteren Verlauf meines Lebens. Mein großer Bruder Alan schenkte mir nur ein kurzes Nicken und Douglas sah immer wieder traurig zurück, doch von meinen Eltern konnte ich dergleichen nicht erwarten, obwohl meine Mháthair von hinten merkwürdig gekrümmt und angespannt wirkte.   Die erste Nacht wollte nur langsam vorüber gehen. Das Bett war zwar sehr einladend weich und gemütlich, es war ein richtiges Holzbett mit einer Matratze, aber dennoch schwirrten mir so viele Bilder und Gedanken durch den Kopf, das ich keine Ruhe fand.   Und als ich glaubte mich dem Traumland hinzugeben, ertönte plötzlich lautes Gepolter und Gelächter. Ich glaubte unsere vier tapferen Männer aus der Kaserne herauszuhören. Sicherlich bewachten sie das Haus, damit ich nicht entkommen konnte. Doch plötzlich war Musik zu hören, ich konnte meinen Ohren nicht trauen und glaubte schon schwachsinnig geworden zu sein. Aber dem war nicht so. Als ich aufstand erblickte ich tatsächlich ein großes Feuer in der Mitte des Dorfes und, mein Uncail stand mit zwei großen Fässern hinter einem Tisch und schenkte aus und meine Familie war mitten drin. Nur von meiner Mháthair war nichts zu sehen, aber sie würde schon irgendwo in der Menge sein. Sie war sehr klein und konnte leicht aus den Augen verloren werden, trotz ihres massigen Umfangs.   Die Leute lachten und erfreuten sich ihrer bevorstehenden Freiheit. Sie tranken, scherzten und tanzten um das Feuer herum. Sogar zwei Schweine drehten sich an einem Spieß, welche am Rande des Vergnügens über einem kleinen Feuer gebraten wurden.   Und da erblickte ich ihn. Dylan. Der Junge der noch vor einem Jahr mein Herz gehört hatte. Doch sein Werben sollte sich als schrecklicher Scherz herausstellen. Eine Wette hatte ihn dazu veranlasst Interesse an meiner Person zu heucheln. Ich bedaure diese süßen Wochen sehr, obgleich sie zu den schönsten meines Lebens zählten. Bis zu dem verhängnisvollen Tag. Die ganze Zeit hatte er versucht mich in sein Bett zu bekommen, doch glücklicherweise war ich nicht drauf eingegangen, obgleich ich darüber nachdachte und es wenige Tage später sicherlich seinen Schmeicheleien erliegen gewesen wäre. Doch es war vorbei. Alles war vorbei. Nichts war mehr wichtig, alles irdische war doch so banal wo ich doch nur noch den Tod zu erwarten hatte. Es war leicht das zu glauben, aber nicht so leicht das wirklich zu verinnerlichen. Obwohl ich andere Dinge im Kopf haben sollte, vor allem Ängste, brannte mein Herz vor wut als ich diese vermaledeite Olivia in den Armen von Dylan war. Wie ein fröhlich verliebtes Pärchen tanzten sie um das Feuer und ich sah dabei zu wie sie ihm mit jeder Drehung, immer mehr verfiel. Ihm, mit seinem schönen Prinzengesicht, der mit seinen schulterlangen weichen braunen Haaren, die er immer zu einem Zopf gebunden hatte. Ihm, der so schöne blaugraue Augen hatte, die einen an den schönen See Loch Lomond erinnerten.   Tja, sie würde schon sehen was sie davon haben würde. Oder auch nicht? War er bei ihr vielleicht einmal aufrichtig? Was brachte es schon wenn ich jetzt noch darüber nachdachte?   Mein Kopf wurde schwer und Kopfschmerzen stellten sich ein. Von der schnöden Welt gänzlich verlassen fühlend, drehte ich ihr den Rücken zu und legte mich ins Bett. Mein Henkersbett und sank in einen tiefen traumlosen Schlaf.   Kapitel 10: ------------ Kapitel 10 Unerwarteter Besuch Cuairt gan choinne   Am letzten Abend in diesem Hause kam ein unerwarteter Besuch auf eine ungewöhnliche Weise. Steinchen wurden an mein Fenster geschmissen, zunächst verwirrt, wusste ich nicht wer es war, ging ich im ersten Augenblick nicht hin. Ich redete mir ein das es Olivia, Grace, Emily und die anderen waren, um sich über die arme Allison lustig zu machen, die nun für die Tochter des Bürgermeisters in den Tod gehen musste. Doch nachdem das Klopfen der Steinchen nicht weniger wurde und es mir fast den Verstand zermürbte, ging ich ans Fenster und rief wütend: „Was wollt ihr denn?“   Doch wen ich sah hätte ich nie in meinem Leben für möglich gehalten. Erstaunt blickte ich in die, vor tränennassen leuchtenden Augen meiner Mháthair.   „Mháthair was tust du hier?“, rief ich ihr verwirrt entgegen. „Allison, mein Kind, bitter verzeih deiner dummen Mháthair“, klagte sie. „Ich hätte es niemals so weit kommen lassen dürfen, bitte komm mit mir.“   „Was ist los mit dir Mháthair, reiß dich doch zusammen“, tadelte ich sie. Es war ein mehr als befremdendes Gefühl, der eigenen, sonst so ernsten Mháthair so gegenüber zu stehen. „Bitte Ally, mein Schatz, komm zu mir zurück, ich wollte dir das nicht antun, das musst du mir glauben.“   „Aber … .“   „Es war nicht meine Idee dich vor diese Wahl zu stellen, nie hätte ich zugelassen, dass dir mein Bruder weiterhin Schaden zufügt oder dass du gar in den Tod gehst.“   „Woher weißt du davon?“, ich verstand nicht was gerade passierte. Bildete ich es mir ein?   „Glaubst du wirklich, ich hätte deine Tränen nie gehört oder die Flecke gesehen? Ich kenne meinen Bruder gut, ich weiß was er dir angetan hat.“ „Aber wieso hast du immer so getan als sähest du es nicht, als kümmere es dich nicht?“   „Ich musste stark bleiben. Nie hätte ich es ertragen wenn ich deine Wunden offen an mich heran gelassen hätte, ich wusste nicht was ich tun sollte. Nie hätte ich gegen meinen Bruder etwas ausrichten können und er ist doch der beste Freund deines Athairs, was hätte ich tun sollen?“, klagte sie nun mehr. „Es tut mir Leid, dass ich immer so kalt zu dir gewesen bin, du musst wissen, dass du immer mein kleines Mädchen warst, das ich mehr liebte als alles andere. Von deiner Geburt an wusste ich das du das gleiche Schicksal teilen würdest, wie ich, und wie alle Frauen. Das Leben das uns durch die Dunklen Wächter so erschwert wurde war hart und irgendwann war ich eine leere Hülle, anders hätte ich es nicht durchstehen können. Sieh was mit deiner Tante passierte. Komm Allison, lass uns fliehen, wir laufen weit fort von hier und beginnen ein neues Leben. Ich will nicht das du meinetwegen zu Tode kommst. Viel früher hätte ich mit dir reden sollen, ich verstand warum du nicht heiraten wolltest, ich wollte es damals ebenso wenig, aber wir können es nicht verhindern. Die Männer bestimmen über uns, wie Gott über seine Engel, wir können uns nicht wehren und müssen uns dem fügen. Ich habe mir immer gewünscht, dass es dir besser ergehen würde, darum ließ ich es zu das du alle deine Bewerber abblitzen ließest, aber nun sehe ich meinen Fehler. Nun musst du dein Leben opfern. Bitte, willst du nicht doch lieber mit mir fort gehen? Wir könnten ein neues Leben in der Stadt anfangen, es wird sehr hart sein, aber wir müssten uns wenigstens nicht von Männern beherrschen lassen und du kannst dir zum Mann nehmen wen du willst. Bitte komm mit mir. Tu mir das nicht an, das ertrage ich nicht.“ Nun war Mháthair dabei zusammenzubrechen. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte. Es rührte mich zu Tränen, denn endlich hörte ich das was ich immer hören wollte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, ich glaubte sogar rauschen in meinen Ohren zu hören. Die Gefühle fielen über mich her, wie Ratten über einen Komposthaufen, alles drehte sich vor meinen Augen, ich schlug mir die Hand vor die Augen, damit es aufhörte.   „Warum willst du fortgehen, könntest du es Athair nicht erklären?“   „Nein, glaub mir mein Kind, ich habe es versucht, doch es nützte nichts. Lass uns bitte fortgehen.“, sagte sie resigniert. Mit Schrecken erkannte ich durch das Licht meines Fensters und da sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, das Mháthair ein blaues Auge hatte und mehr als Elend aussah. Noch nie in meinem Leben hatte ich sie so gesehen. Nun verstand ich, dass sie fortgehen wolle. Mein Athair wollte ihre Ansicht nicht teilen. Mir brach es das Herz sie so zu sehen, doch leider konnte ich nichts tun. Der Groschen war gefallen, es ließ sich nichts rückgängig machen. Ich wusste, dass der Bürgermeister die Haustüre und das untere Geschoss bewachen ließ, niemals würde ich verschwinden können. Denn dieses Haus zierte keine großen Heuhaufen.   „Mháthair, bitte geh. Mach dir keine Sorgen um mich, es war meine eigene Entscheidung. Mach dir das Leben wegen mir nicht unnötig schwer. Geh zurück und kümmere dich um Alan und Douglas. Such für Alan eine gute Frau und gib deiner Schwiegertochter all die Liebe die du mir geben möchtest. Douglas ist noch jung, er braucht seine Mháthair. Du kannst es ihnen nicht antun. Verschwende keine Gedanken mehr an mich, vergiss mich“, sagte ich ihr mit fast tränenerstickter Stimme.   Weinend brach sie zusammen. „Verzeih mir mein Kind, bitte verzeih mir“, hörte ich sie noch, als sie schon in der Dunkelheit verschwunden war. Die Leibwächter Fraser und Ronald hatten sie aus dem unteren Stock gehört und hatten sich um das Haus umgesehen. Als sie sie entdeckt hatten, packten die beiden Männer sie unter den Armen und schliffen sie fort. Wie eine Wilde versuchte sie sich zu wehren und schrie, man solle sie zu ihrer geliebten Tochter bringen. Ich war mir sicher dass ich sie niemals wiedersehen würde. Doch mich überkam das starke Gefühl zu wissen, dass der Tod auch nicht lange auf sie warten würde. Athair würde sie gehörig prügeln wenn sie wieder dort hinkäme. Fraser und Ronald werden ihm erzählen was passiert war. Meine arme liebe Mháthair. Mehr und mehr Tränen rannen über meine Wangen, noch nach Stunden weinte ich, denn nun verstand ich die Frau, die mir mein Leben zur Hölle gemacht hatte und ich mich immer wieder fragte ob sie mich denn nicht liebe. Nun verstand ich es. Jetzt verstand ich auch, weshalb sie besonders kalt war wenn ich von Uncail Archie zurückkehrte. Sie kannte den Ekel, die Schmach und den Schmerz. Wie ich musste sie ihn aushalten, bis sie verheiratet war. Nur durch die Kälte, die sie in ihr Herz gelassen hatte, konnte sie das alles Überleben. Mehr und mehr verstand ich, warum es meiner Tante nicht gelungen war. Denn sie war bis zu ihrem Tode, die liebenswerteste Frau die ich kannte, aber keine, der es bestimmt war das Elend der Welt zu ertragen.   Noch lange saß ich da, die Tränen waren bald versiegt, denn ich war ausgetrocknet. Wie in Trance starrte ich mit leeren Augen vor mich hin und dachte nichts. Mein Gehirn fühlte sich an wie eine hohle Schale, ich vermochte keinen Gedanken mehr zu denken. Worüber hätte ich auch weiter nachdenken sollen, meine Tage waren gezählt, der morgige würde der letzte sein, warum sich noch unnötige Gedanken machen und sich das Hirn zermartern.   Plötzlich erklang eine zaghafte, vom vielen Weinen beanspruchte Stimme. „Warum bist du nicht mit ihr gegangen? Warum tust du dir das an? Ich will nicht das ihr meinetwegen leidet.“ Sophie stand in einem weißen Nachthemd und mit einem Häubchen auf dem Kopf an meiner Tür und dicke Tränen kullerten über ihre Wangen. „Komm schnell, zieh dich an, geh fort von hier. Du kannst unauffällig aus dem Fenster des Kellers entfliehen. Es ist von einem großen Busch bedeckt, niemand wird sehen, dass du dort hinaus kletterst, ich könnte sie ablenken während du in der Dunkelheit verschwindest.“   „Was nützt es Sophie? Sie werden mich einfangen, ganz gleich wie gut ich mich auch wegschleiche. Und welches Schicksal bliebe mir noch? So oder so würde ich sterben. Rissen mich nicht die Wölfe in den Wäldern, so erwischten mich die Dunklen Wächter, die in der Dunkelheit lauern. Was kümmert es dich eigentlich was mit mir geschieht? Sei doch froh, dass du in Frieden weiter leben kannst. Du kennst mich nicht einmal, was schert es dich.“   „Mein Leben ist auch nicht so perfekt wie du es dir vorstellst. Jahrelang lebe ich in diesem Haus, komme kaum hinaus, habe weder Freunde noch Bekannte. Mein Athair versucht mich zu beschützen, aber was nützt die Sicherheit wenn man kein Leben hat? Zudem findet er keinen Mann für mich, weil ich nicht schön genug bin. Jeder hatte bisher abgelehnt. Was bleibt mir da übrig als das, das ich als alte Jungfer sterbe. Nennst du so etwas Leben, da könne ich ja gleich sterben, verpassen würde ich nichts.“   „Sophie, du wirst irgendwann einen Mann haben, und glaub mir, ein Mann allein macht das Leben nicht lebenswert, ich habe mich immer vor meiner Heirat gedrückt. Wieso zerbrichst du dir den Kopf, sie wollten ein Mädchen und werden es bekommen und auch wenn dein Athair großzügig tun will und behauptet er hätte dich hingeschickt, es ist nicht deine Schuld“, beruhigte ich sie.   „Doch!“   „Was? Ich verstehe nicht.“ Verwundert blickte ich Sophie an.Was wollte sie mir nur sagen?   „Ich bin schuld. Mein Athair hatte euch angelogen“, schluchzte sie.   „Aber.... warum solltest du schuld sein und wann soll dein Athair gelogen haben?“   „In dem Brief der Dunklen Wächter stand nicht das sie ein Mädchen haben wollen, sondern mich. Mein Athair wollte das natürlich nicht zulassen, und so hatte er etwas anderes behauptet. Kaum einer in dem Dorf kann lesen, wer wäre ihm denn auf die Schliche gekommen? Darum die Belohnung. Es sollte anlocken, er wusste das alle endlich ihren Frieden vor den Dunklen Wächtern und fast alles dafür tun würden, endlich ein Ende zu finden. Alle sind es leid, alle sind bankrott und wer würde dann nicht darauf anspringen, wenn man Geld, Hengste und sogar eine Kutsche bekommt. Eigentlich hatte er gedacht das die Familie Wallace ihre Tochter bringen würden.“   Die schüchterne Rona, deren Familie in der Erzmine arbeitete?   „Warum sollten sie das tun?“   „Tja, sie hatte sich mit einem Arran ins Heu gelegt und soll schwanger geworden sein.... .“   „Bitte? Aber woher weißt du das? Das hätte doch längst die Runde durchs Dorf gemacht.“   „Ja aber nur der Pfarrer weiß es und er redet mit meinem Athair. Mein Athair begann vor Jahren damit den Pfarrer zu bezahlen, um alle Geheimnisse seiner Dörfler zu erfahren, um immer zu wissen was sie denken. Jedenfalls kam Rona zum Pfarrer und beichtete unter Tränen was ihr geschehen war. Sie hatte Kräuter genommen um das Kind abzutreiben, doch hatte es nicht funktioniert. Irgendwann erfuhr es ihre Mháthair, natürlich, wie jede Mháthair es tut wurde überwacht ob die Töchter auch regelmäßig ihre Blutungen hatten. Natürlich wollten sie nicht ihrem Ruf schaden, also würden sie behaupten dass das Kind von der Mháthair ist. Aber vielleicht geben sie es auch weg. In den letzten Monaten wurde Rona nicht mehr gesehen, sie sprachen auch davon sie wegzuschicken und zu behaupten sie hätte geheiratet.“   „Ich kann dir sagen was mit ihr passiert ist. Das selbe was mit mir passieren würde, würde ich nicht sterben. Als Straßendirne würde ich enden, in den nächstgelegenen Ortschaften.“   „Das muss nicht so kommen. Allison bitte, lass mich gehen“, flehte mich Sophie an. Trotz der Tränen in ihren Augen sah ich ihre Entschlossenheit. Noch nie in meinem Leben hatte ich so einen selbstlosen netten Menschen kennengelernt. Mit dem Wissen dass es solche Menschen gibt konnte ich sterben gehen, dachte ich sarkastisch.   „Sophie, du weißt dass das nicht geht. Dein Athair würde es nicht zulassen, er würde dich einsperren und mich notgedrungen gefesselt zu ihnen schicken. Akzeptiere es einfach. Außerdem war es meine Entscheidung und hat mit dir nicht das Geringste zu tun“, sagte ich traurig.   „Aber.... ich habe nicht mal ein Leben, wie könnte ich dann mein Leben verlieren... .“   Das Gesagte zog nicht spurlos an mir vorbei, aber dennoch sagte ich nichts dazu. Für ihr kam das Leben vielleicht grausam vor, doch wusste sie nicht annährend was Grausamkeit bedeutete. Irgendwann ließe sich schon ein Mann für sie finden, und wenn er es nur auf ihr Ansehen und Erbe abgesehen hatte. Was wusste sie schon was Elend war, sie sollte dankbar sein was ich für sie tat.   Noch lange blieb sie bei mir, und irgendwann, als die Trance in meinem Kopf nachließ, begannen wir zu reden. Sie war gar nicht so übel, fand ich. Ein nettes, wohlerzogenes, einsames Mädchen war sie, aber zudem sehr belesen. Es mir beizubringen, dazu fehlte die Zeit, das wusste ich, also vergnügte ich mich damit ihr beim Vorlesen zuzuhören. Viele schöne Gedichte gab es auf der Welt. Auch die Märchen gefielen mir gut, die sie mir vorlas. Märchen über verzauberte Prinzen und Prinzessinnen, die in Türmen gefangen oder mit Zwergen zusammen lebten.   Am besten gefiel mir die Geschichte von der Schönen, die gezwungen war mit einem Monster zusammen zu leben, da ihr Athair sie verkauft hatte. Sie freundete sich mit ihm an und lernte es, trotz seiner Hässlichkeit zu lieben und zum Schluss verwandelte er sich in einen schönen Prinzen und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Welche Fantasie manche Menschen doch hatten.   Irgendwann waren wir so entspannt und für wenige Stunden vergaßen wir den bevorstehenden Tag. Wir lachten ausgelassen und machten uns über Olivia und diese anderen zänkischen Weiber lustig. Wir alberten herum und verdrehten die Geschichten, die wir zuvor gelesen hatten. Einmal versuchte auch ich mich als Gedichtschreiberin. Es wirkte wieder bedrückend auf uns, doch es war eine fantastische Möglichkeit die brodelnden Gefühle die in mir herrschten zu drosseln. Es hatte dieselbe Wirkung als weine oder schrie man es aus sich heraus. Sophie war so lieb und schrieb es mir auf, damit ich es niemals vergessen konnte. Lesen würde ich es nie können, aber es würde mich immer daran erinnern, dass ich eine gute Freundin gefunden hatte, die mir in einer schwierigen Zeit beigestanden hatte.   Kapitel 11: ------------ Kapitel 11 Zum Tode verurteilt Pianbhreith báis   Als die ersten Sonnenstrahlen aufgegangen waren schlich Sophie sich wieder in ihr Zimmer zurück. Sie hatte mir noch einmal zu verstehen gegeben das ich es nicht tun müsste, sie wäre bereit selbst zu gehen. Doch wir wussten, dass es ihr Athair, der Bürgermeister niemals zulassen würde, und wenn er sie einsperren musste. Also verneinte ich ihre Bitte und schickte sie ins Bett. Es würde nicht lange dauern bis die anderen vor unseren Zimmern standen.   Ich sollte Recht behalten, kaum war ich ins Land der Träume gesunken, schwang auch schon meine Tür auf und die Haushälterin schritt hinein und weckte mich, nicht gerade sanft, wieder auf.   „Du hast nicht gerade lange geschlafen was? Aber wen verwundert es, so sieht man wohl aus, wenn man weiß, dass es der letzte Tag auf Erden ist“, begrüßte sie mich und zog mich rasch ins Badezimmer. Der Kuhgeruch war schon lange gewichen, selbst mein Hund würde mich wohl nicht mehr erkennen, aber dennoch sollte ich stundenlang, im schon längst, kalten Wasser baden. Sämtliche Duftöle, Seife und alles was es als Pflegeprodukte so gab befand sich auf meiner Haut, in meinem Haar und im Wasser.   Meine Finger und Füße waren schon ganz schrumpelig, Gänsehaut zog sich über meinem gesamten Körper. Irgendwann erbarmte sich die dicke Haushälterin und ließ mich aus dem Wasser steigen, das Handtuch mit dem ich mich trocknete, kam mir vor wie eine warme Decke, ich war froh als ich mich in die teuren Kleider zwängen durfte. Zu Anfang hatte ich meine alten, weiten Kleider vermisst, weil diese engen Mieder und diese vielen Lagen Stoffe sich sehr unbequem anfühlten, aber nun schmiegten sich diese trockenen, warmen Stoffe eng um meinen frierenden Körper und es fühlte sich an wie der Himmel.   Ich glaubte die Sonne stand schon an einem hohen Punkt am Himmel, was bedeutete das es schon Mittag war, erst da ging ich hinunter und fand den Bürgermeister und seine Tochter am Esstisch. Es würde gleich das Mittagessen serviert werden. Bei mir hatte es noch ewig gedauert, da meine Haare getrocknet und frisiert werden mussten. Ich musste aussehen wie eine von diesen teuren Porzellanpuppen, die reiche Prinzessinnen besitzen sollen, doch ich fühlte mich müde und mehr als hungrig. Schnell hatte ich mich an die fünf regelmäßigen Malzeiten gewöhnt, und da ich nun die Nacht überwacht hatte, stundenlang im kalten Wasser zugebracht und zusehen musste, wie meine Haare zu einer schönen Hochsteckfrisur gesteckt wurden und ich von oben bis unten parfümiert wurde, fühlte es sich an als wäre ein riesiges Loch in meinem Magen. Selbst das Knurren hatte schon aufgehört. Übrig blieben nur die unangenehmen Bauchschmerzen. Nur mit Mühe konnte ich mich gerade hinsetzen, da diese Krämpfe meinen Körper zusammenzucken ließen.   Das Essen verlief mehr als Ruhig. Es war so still das man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Ich hatte sowieso keine große Lust zu reden, die ganze Nacht hatte ich geredet. Alles war gesagt. Was sollte man nun auch noch sagen? Mein Leben würde schon sehr bald vorbei sein und was würde ich für den Tod noch wissen müssen. Nichts. Die Stille war sehr unangenehm, irgendwas schien in der Luft zu hängen. Sophie warf mir immer wieder vielsagende Blicke zu. Lass mich an deiner Stelle gehen, sollten sie verkünden. Der Bürgermeister dagegen vermied nur jeden kleinen Blick. Stur sah er auf seine Suppe vor sich und wagte es nicht nur kurz aufzusehen, wohl aus Angst, dass ich ihm in die Augen sehen würde oder gar etwas sagen würde. Scheinbar kam er nicht damit zu recht das sein Opfer ihm um Gnade anflehen könnte oder ihm Vorwürfe an den Kopf werfen könnte. Ich war kein Ferkel das er mit Vorfreude auf das leckere Essen schlachten lassen konnte. Ich war ein Mädchen, das er schon von klein an kannte, er kannte meine Eltern und deren Eltern von früher, als er noch ein junger Mann war. Von Beginn seines Lebens an hatte er die wichtigen Lebensmittel von unserer Familie bekommen und nun opferte er mich den Monstern um seiner eigenen Verantwortung zu entgehen.   Als das große Essen vorbei war räusperte er sich, richtete das Wort an mich, wagte es aber noch immer nicht von seinem leeren Teller aufzusehen.   „Später werden wir noch einmal den Familienstammbaum durchgehen, wir werden dir Koffer packen mit einigen von Sophies Habseligkeiten, sie hat sie in den letzten Tagen aussortiert. Einen Karren werden wir dir auch zur Verfügung stellen, damit du deine Reise angenehm antreten kannst. Du brauchst mir für meine großzügige Hilfe nicht zu danken, sicherlich müsste ich das nicht tun. Sieh es einfach als Neuanfang, du wirst ein neues Leben anfangen können und musst nicht mehr als Bäuerin arbeiten. …“   „WAS? Als wäre es eine gute Tat das Sie hier vollbringen“, schrie ich entsetzt aus.   „Ich kann mir vorstellen, dass du das Ganze als sehr inakzeptabel empfindest, aber lass dir gesagt sein, das es wohl das Beste für alle Beteiligten ist. Nach dem Gespräch mit deinem Athair bin ich mir sicher, das dir keine größere Ehre zuteil werden kann, nachdem du seine Großzügigkeit so schändlich ausgenutzt hast.“   Das nannte er also Großzügigkeit, mit entweder mit einem idiotischen Halunken zu verheiraten wie dieser Arren oder sogar mit meinem eigenen Uncail.   Am liebsten hätte ich das gesamte Haus zusammengeschrien und diesem dummen Volltrottel eine runter gehauen, aber das Mieder fühlte sich plötzlich mehr als enganliegend an, die Luft wurde mir immer knapper. Ich versuchte mich zu beruhigen, doch als ich begann zu hyperventilieren wurde mir schwarz vor Augen.   ********   Mit einem brummenden Kopf schlug ich die Augen auf, das mit Sorgenfalten übersäte Gesicht von Sophie blickte mir entgegen. „Geht es dir wieder besser?“, fragte sie. Doch ehe ich antworten konnte, wurde sie von der Haushälterin verscheucht, dir mir mit einer harten Hand gegen die Wangen klatschte um mich schnell wieder wach zu bekommen. „Steh auf Mädchen, du hast nicht mehr viel Zeit“, sagte sie, stand auf und ging fort. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir was sie meinte. Die Sonne würde bald untergehen. Den gesamten Tag hatte ich verschlafen. Der Bürgermeister wollte mit mir zwar noch den Familienstammbaum durchgehen, doch war er wohl froh, dass er meinem Wutanfall entkommen konnte. Mit Mühe hatte er sich die Tage eingeredet, dass er mir was Gutes tun würde, er wollte es sich wohl nicht vermiesen lassen, weswegen er mich wohl weiter schlafen ließ.   Kaum kam die Haushälterin wieder aus dem Bad ging die Tortur wieder von vorne los. Ewiges Baden, waschen, abtrocknen, anziehen, Haare frisieren, parfümieren. Mir wurde sogar Puder und andere Schminke ins Gesicht geschmiert. Nun sah ich tatsächlich aus wie eine Porzellanpuppe. Ich sah die schöne junge Frau im Spiegel an. Niemand der mich kannte hätte glauben können, dass ich das war. Olivia würden die Augen raus fallen, nun kam sie mir schon nicht mehr so schön vor, da ich nun sah was man mit noch mehr Geld alles machen konnte. Ich hatte sogar etwas zugenommen, nur ein wenig, aber mehr hätte ich in diesen Tagen auch nicht geschafft. Geistig war ich zwar ein Wrack, aber mein Körper war nur auf das Überleben aus und war dankbar für jeden Bissen und das wenige Bewegen tat seinen Teil dazu.   Die Zeit verging wie im Fluge, wo sie mir normalerweise so lange vorkam. Doch diese Vorstellung vom nahenden Tod, ließ es mich empfinden wie der Himmel auf Erden. Es war jemand da der sich um mich kümmerte und dafür sorgte dass es mir gut ging, sei es auch aus völlig anderen Gründen. Wie in Trance stieg ich die Stufen hinunter, hinaus vor die Türe, wo mein Karren auf mich wartete, der mich direkt zu Gevatter Tod bringen würde. Selbst die Tränen von Sophie konnten mich nicht erweichen, es war wie eine Art Selbstschutz, nichts und niemand konnte mich berühren. Wie ein Stein ging ich auf den Karren zu, kletterte hinauf und setzte mich. Er war bereits gefüllt mit „meinen“ Koffern. Nachdem das schwarze Pferd losgelaufen war, ich erkannte meinen Fahrer nicht, er war in einen Mantel mit Kapuze gehüllt, bemerkte ich die vielen Gesichter, die mich beobachteten. Mit eiserner Miene blickte ich ihnen entgegen, nur der Anblick meiner Mháthair, die mit meinen Brethrenn ganz vorne stand erweichte mich und holte mich aus meiner Trance. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, noch nie hatte ich sie so blass gesehen, und die blauen und roten Flecke auf ihrem Gesicht machte es nicht besser. Nun wusste ich, dass diese strenge, harte Frau nicht wirklich existierte. Doch sie musste dieser die Führung überlassen um überleben zu können. Für einen Moment hatte ich das Gefühl das sie gleich zu mir gerannt käme um mich von hier fort zu holen, doch da bemerkte das meine Brethren sie mit harten Griffen umklammerten. Ehe sie sich loseisen konnte packten sie sie und schliffen sie nach Hause.   Aus dem Dorf hinaus gefahren und vom tränennassen Anblick meiner Mháthair erweicht, bemerkte ich die zwei Gestalten, die links und rechts neben dem Karren herliefen. Sie waren ebenfalls von Kapuzen bedeckt, doch war ich mir sicher, dass es zwei unserer vier Leibwächter waren. Was für ein schönes Gefühl des Vertrauens das sie mir entgegenbrachten, ich hatte mich freiwillig bereit erklärt und dennoch brauchten sie ein paar Männer um sicher zu gehen das ich nicht verschwand.   Schon bald erblickte ich im Licht des Vollmondes die große Tafel, die extra für die Opfergaben errichtet worden war. Ein Schwall von Panik überkam mich und nahm mir fast die Luft weg. Nun war ich nicht mehr so sicher ob ich das mit dem Tod wirklich so akzeptiert hatte. Der Karren hielt an und der Kutscher machte das Pferd an einem Baum fest. Und wie gründlich er das machte. Damit es ja nicht abhauen und mich von hier fortbringen würde. „Macht sie so gut wie möglich fest Jungs“, befahl eine mir mehr als bekannte Stimme. Der Kutscher drehte sich zu mir und ich erkannte das Gesicht meines Athairs. „Sie darf uns nicht entkommen Männer, wenn wir es vermasseln, werden die Dunklen Wächter sich an uns rächen“, sprach er. Fraser und Ronald fesselten mir nicht nur die Hände, sondern auch die Füße zusammen, was meine Todesangst ins Grenzenlose trieb.   „So, nun wird sie bestimmt nicht entkommen können“, sagte der große, in schwarz gehüllte Fraser. „Wenn sie es jetzt schaffen würde, wäre sie auch eine Hexe“, bemerkte Ronald. „Lasst uns gehen, bevor die Dunklen Wächter kommen und die kleine Hexe ihren Schicksal entgegentreten muss“, scherzte mein Athair. Doch niemand lachte. Die beiden Leibwächter sahen betreten zu Boden, zumindest war es das was ich im Mondlicht erkennen konnte. Mein Athair stolzierte schon voraus, und sein Gang ließ vermuten das er sich mehr als fürchtete und so schnell wie möglich wieder im Dorf sein wollte. Fraser und Ronald warfen sich einen Blick zu, und sahen noch einmal zu mir hinauf, ehe sie sich herumdrehten und meinem Athair folgten. Bedauern und Angst hatte ich in ihren Augen gesehen. Doch es beruhigte mich nicht im Mindesten.   Schon nach wenigen Minuten, die mir vorkamen wie Stunden, war ich allein, und die Stille verkündete Unheilvolles. Am liebsten hätte ich mir vor Angst die Seele aus dem Leib geschrien, doch unterdrückte ich es mit aller Macht um nicht verrückt zu werden. Stattdessen sah ich mich um, so gut es die Fesseln zuließen und beobachtete das grasende Pferd. Es stand ruhig da und genoss das frische Gras. So lange es so ruhig war, befand sich nichts in der Nähe, dass mir Schaden zufügen konnte.   Ich wusste nicht wie lange ich dort gewartet hatte, aber irgendwann waren meine Hände schweißnass, wie auch andere Teile meines Körpers, was mich irgendwann frieren ließ, da ich durch Erschöpfung fast zusammenbrach und ich nur noch eine bleierne Müdigkeit verspürte. So endete nun also mein Leben, dachte ich. Erst führte ich das Leben einer Bauerntochter unter furchtbaren Umständen, wurde letztendlich von meinen Eltern verstoßen und nun würde ich als Beute für diese schrecklichen Monster herhalten müssen, um ihre perverse Gier befriedigen zu können. Warum war Gott nur so grausam? Ob er mich wohl hasste? Vielleicht war es auch nur die Bezahlung um in den Himmel einkehren zu können.   Inständig hoffte ich dass ich es in den Himmel schaffen würde. Nur einmal wollte ich etwas Schönes erleben. Aber vielleicht würde ich durch diese Monster, auch in die Hölle verschleppt werden. Es brauchte immer Menschen die ohne ihre eigene Schuld leiden mussten, bis in den Tod. Vielleicht war es Schicksal. Ich sollte mich dem einfach hingeben, so war es für alle Beteiligten am leichtesten.   Es dauerte nicht lange und ich versank wieder in die schützende Hülle, die alles andere abschirmte. Diese Trance hatte was gutes, ich wirkte sicherlich wie eine lebendige Tote, aber nichts konnte mir mehr wehtun. Plötzlich wurde ich aus dieser gerissen und blickte mich ängstlich um. Das Pferd wurde zusehends unruhiger, es rollte mit den Augen, versuchte sich loszureißen und schabte mit den Hufen auf dem Boden. Ich konnte nichts hören, denn das Wiehern des Pferdes und das Blut das in meinen Ohren rauschte, machte mich für alles andere taub. Ich sah sie nicht, doch glaubte ich zu spüren wie sie mich beobachteten.   Vor Angst machte ich mich klein und schloss die Augen. Ich wollte nicht als letztes diese schrecklichen Fratzen sehen mit ihrem widerlichen Grinsen. Plötzlich bewegte sich der Karren und etwas schien mir immer näher zu kommen. Ich hörte ein schweres Atmen, und ein komischer Geruch stieg mir in die Nase, etwas hauchte mich an. Mit zitterndem Körper spürte ich wie es mich beobachtete und an mir schnupperte, für einen kurzen Augenblick spürte ich etwas feuchtes an meinem Nacken, was mich vor Angst aufschrien ließ. Etwas kletterte zu mir auf den Karren und das Pferd wurde merkwürdiger weise immer ruhiger, was ich aber nur am Rande der Angst wahrnahm. Mir wurde sogar ein Sack über den Kopf gesteckt, damit ich nichts und niemanden sah und kaum war dies geschehen, setzte sich der Karren in Bewegung. Ich wusste nicht wie viele es waren, wie sie aussahen oder wo es hinging, aber es interessierte mich in dem Moment auch nicht. Ich bangte nur um mein Leben. Kapitel 12: ------------ Kapitel 12 Die Reise ins Reich des Sensenmannes An turas I réimse an Reaper ghruama   Die kleine Kutsche rollte knarrend über den hügeligen Waldboden. Ich wurde so sehr durchgeschüttelt, dass mir schon der Hintern nach kürzester Zeit wehtat. Jedoch merkte ich es nur im Hintergrund, denn die Angst war allgegenwärtig. Das Zittern meiner Glieder hatte bald geendet, doch war es schmerzenden Krämpfe gewichen und nun überzog meinen Körper kalter Schweiß. Noch immer war ich von den Monstern umzingelt. Ich konnte nicht so recht erahnen wie viele es waren, doch konnte ich mit Sicherheit sagen, dass sie sehr schwer waren. Denn das dumpfe Geräusch welches zu hören war wenn sie auf dem Boden auftraten ließ erkennen das sie sehr schwer und wohl auch auf großen Füßen gehen mussten. Wenn es denn Füße waren. Es konnten auch Hufe oder Klauen sein, wer wusste schon welchen Dämonen ich ausgeliefert war. So manches Mal gaben sie sich auch Signale, woraufhin einer von ihnen reagierte. Ich konnte es nicht wirklich zuordnen, es hörte sich an wie ein Grummeln, aber nicht wie bei einer Katze oder wie ich es von meinem Hund kannte, obwohl es mich daran erinnerte. Es klang sehr kehlig und tief. Bestimmt vibrierten die Blätter der Bäume wenn sie es taten, es war sehr stark. Ich vernahm auch von Zeit zu Zeit eine Art schnaufen, vielleicht auch schnüffeln oder gar ein Winseln oder Jaulen, so würde ich es beschreiben. Meine Nase konnte mir auch nicht mehr beschreiben. Es roch erdig, nach feuchtem Waldboden, auch etwas schlammig und nach Moos. Auch konnte ich die Blätter und Kräuter riechen, es lag auch etwas anderes in der Luft das mir auch bekannt vorkam, ich mir aber nun nicht genauer erklären konnte.   Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch der Weg war nicht mehr so holprig, ob wir aus dem Wald heraus waren? Plötzlich erschlug mich der schwere Duft von den blühenden Blumen, wir mussten gerade an einer Wiese vorbei fahren. Diese war schnell durchfahren und wieder wurde es für mein Hinterteil schmerzlich, das Holpern begann wieder. Plötzlich kam der Wagen zum Stehen und dann, mit einem kräftigen Ruck wurde er einen Berg hinaufgezogen, ich erschrak mich so dass ich einen kurzen Aufschrei hinausschrie. Doch da meine Kehle vertrocknet war, so fühlte es sich an, klang es mehr wie das Ächzen einer Krähe. Kaum hatte ich den Schreck überwunden, bemerkte ich den Starken Windhauch über meinem Kopf. Es musste von einem dieser Monster kommen, denn sie atmeten schwer. Vor Angst zog sich mein Körper zusammen und die Krämpfe und der Schweiß kamen zurück. Nicht weil ich noch Furcht vor ihnen hatte, so redete ich es mir die ganze Fahrt über ein, ich hatte mich mit meinem Tode abgefunden, doch nun zeigte es wie groß sie eigentlich waren. Da das Schnaufen über meinem Kopf war, waren sie um einiges größer als Mr. Bruce, unser Holzfäller, der ein wahrer Riese war in unserem Dorf. Die Monster überstiegen also gute zwei Meter. Ein eiskalter Schauer durchlief meinen Körper, ich war schon unter durchschnittlich großen Menschen klein, aber das war für mir zu viel. Was waren das nur für Geschöpfe, sie mussten vom Gehörnten erschaffen worden sein. Denn der allmächtige Gott würde nie so etwas erschaffen, nur der Mensch war die Krönung der Schöpfung und nicht die Dämonen der Hölle, wie ich sie hier vor mich hatte. Nur bedingt bekam ich Luft durch diesen Sack, so dass ich oft der Ohnmacht nahe schien, und auch roch er nicht besonders gut, doch ich war dankbar das mir der Anblick dieser Monster erspart blieb.   Eine Art Knurren kündigte offensichtlich etwas an, denn es schien ein Befehl an einen anderen zu sein, der plötzlich ein markerschütterndes Heulen von sich gab, das mir das Blut gefrieren ließ. Wieder ächzte ich ängstlich und versuchte mein wild pochendes Herz zu beruhigen, doch war auch mein Verstand zu durcheinander. Da ich stundenlang in einem großen Nichts, da ich nicht sehen konnte, herumgefahren war, wusste ich weder wo ich war, was mich hier verschleppte, noch wer mich erwartete, noch wie es weiter gehen würde. Es machte mich schier wahnsinnig. Ich betete um ein schnelles Ende, so dass es doch endlich vorbei sein würde, es war nicht mehr auszuhalten. Wie viel Spaß mussten sie bei meinem Anblick haben, sicherlich ergötzten sie sich an meiner Angst und verwehrten mir den erlösenden Tod so lange, bis ihre abscheuliche Gier es nicht mehr aushielt.   Kapitel 13: TEIL 2 ------------------ Teil 2 Gefangen!       Kapitel 13 Gevatter Tod ein Schwindler? Is ghruama Reaper le calaois?   Mit einem Mal blieb der Wagen wieder stehen und etwas großes, an Ketten befestigtes wurde hinunter gelassen, wohl eine Zugbrücke und auch Tore wurden geöffnet und Gitter hochgezogen. Der Wagen fuhr hinein, doch blieb er nicht wie erwartet gleich stehen, sondern rollte noch einen, für mich schier unendlich lang gefühlten Weg entlang, bis er sein tatsächliches Ziel erreichte.   Viele Häuser mussten hier stehen, man vernahm alltägliche Geräusche, fast als würde ich durch mein eigenes Dorf hindurchfahren, der Boden war eben und fest, und, was mich am meisten irritierte, es roch nach Tier, aber nicht wie gewohnt nach Bauernhof. Oder besser gesagt, eine Mischung. Kurz darauf blieb der Wagen nun endlich stehen und scheinbar hatte es niemand für wichtig erachtet mich hier runter zu holen. Nun hörte ich viele dieser dumpfen Schritte, und auch das Grummeln und Jaulen, doch entfernten sie sich schnell und für einen Moment lag eine Totenstille über diesem Platz.   Plötzlich erklangen von drinnen, wohl in einem Haus oder eher einem großen Gebäude gedämpfte Schreie und Stöhnen. Es klang als würden viele Menschen gefoltert werden und wieder fühlte ich meinen ansteigenden Herzschlag und fühlte mich der Ohnmacht nahe. Ich presste meine Hände zusammen, wie zu einem Gebet und bangte um mein Leben. Ich betete zu Gott das er mir einen schnellen Tod gewäre und mich zu sich in den Himmel nehmen würde.   Bei was für Ungeheuern musste ich gelandet sein. Auf einmal schoßen mir Bilder durch meinen Kopf mit den wildesten Vermutungen. Dämonen, bösartige Waldgeister, Chimären, der Teufel persönlich musste die Truppen anführen die uns das Leben die Hölle auf Erden bescherten. Schuppige Fratzen mit scharfen Zähnen zogen vor meinen inneren Auge. Auch gehörnte Rothäutige Wesen mit schwarzen Augen und spitzen langen Schwänzen. Wieder wurden meine Hände ganz schwitzig und das Blut rauschte laut in meinen Ohren. Hoffentlich war das Ganze bald vorbei.   Viele Stunden mussten vergangen sein, seit sie mich geholt hatten, denn so langsam schimmerten die ersten Sonnenstrahlen durch den Sack auf meinem Kopf. Als ich schon befürchtete hier vergessen worden zu sein hörte ich Schritte auf mich zukommen. Mit einem unerwarteten Ruck wurde mir der Sack vom Kopf gerissen. Durch das gleißende Licht schmerzten mir die Augen, weshalb ich sie zukniff. “Na die sieht ja süß aus”, sagte eine mir unbekannte Männerstimme. “Da hast du nicht so ganz Unrecht, da können wir nur hoffen, dass sie kein weiteres Interesse wecken wird”, sagte der eine mit einem mir zuwider klingenden Unterton.   Männerstimmen? Es waren Menschen? Mein Herz raste in meiner Brust und drohte sie zu sprengen und mir wurde schwindelig. Es waren nur Menschen. Wie hatten sie es geschafft uns so hinters Licht zu führen? Ob unser Chief das wusste? Er hatte doch seine Armee gegen sie geschickt und niemand hatte überlebt. Es gab weder feindliche Geiseln noch Tote. Wie machten sie das nur? Hatten sie etwa wundersame Waffen aus den fremden Ländern?   “Na bin ich froh einen höheren Rang zu haben als du, aber da ich gerne mit meinen Freunden teile, kannst auch du sie haben. Zumindest wenn sie anfängt langweilig für mich zu werden”, spottete der andere. “Ja ja, das glaube ich gerne, aber . . . “, stockte der eine auf einmal. Ich wusste nicht weshalb sie auf einmal schwiegen, da ich noch immer meine Augen geschlossen hielt, doch es schien das jemand auf uns zu kam. Mit einem Keuchen ließen die zwei sich auf den Boden fallen und verbeugten sich, schätzte ich. Ob wohl ihr Herr auf uns zutrat?   “Was steht ihr hier noch rum, geht wieder an eure Arbeit”, herrschte sie jemand grob an. Vielleicht lag es an meinen geschundenen Nerven oder ich wurde langsam verrückt. Aber kam mir die Stimme nicht bekannt vor? Die Schritte kamen näher und ich versteifte mich. Wer wusste schon wo ich hier war. Die Monster konnten sprechen, doch hieß es nicht dass sie gnädig mit mir sein würden. Wenn es denn überhaupt so war. Vielleicht gaukelten sie mir auch einfach etwas vor, damit ich mich in Sicherheit wog, so das mein Schrecken ihnen gegenüber noch größer war. So musste es sein. Sie wollten nur ihre perverse Lust stillen, ehe sie mich zerrissen. Wieder begann das Zittern und ich drängte mich noch mehr an den Rand der Kutsche. Meine Augen hatten sich so langsam an die Helligkeit gewöhnt, doch machte ich sie nicht auf. Ich wollte nicht das ihre selbstgefälligen Fratzen das einzige war das ich zu Gesicht bekommen würde, bevor ich stürbe. “Allison? Oh mein Gott, ihr habt die Falsche, ihr Dummköpfe. Das ist nicht die Tochter des Bürgermeisters”, sprach er verärgert. War das nicht? Ich schlug die Augen auf, blinzelte etwas, da die Sonne mir ins Gesicht schien und starrte verblüfft in das Gesicht von Fearghas, dem Bettler aus unserem Dorf.   Mit Tränen des Glücks in den Augen sprang ich von der Kutsche, lief auf Fearghas zu und schlang meine Arme um ihn. Mein Herz war so erleichtert, dass ich zu weinen begann.   “Oh Fearghas, ich bin so froh dich zu sehen. Du kannst dir gar nicht vorstellen was ich schreckliches durchmachen musste. Meine Eltern zwangen mich, nachdem ich meinen Uncail nicht ehelichen wollte, mit der Tochter des Bürgermeisters den Platz zu tauschen. Dann ließen sie mich gefesselt dort am Opfertisch stehen und dann wurde ich hierher verschleppt. Ich dachte schon die Dunklen Wächter hätten mich geholt, mit dem Leben hatte ich schon abgeschlossen. Oh ich bin so froh dich zu sehen. Haben sie dich etwa auch gefangen genommen?”, weinte ich und redete völlig durcheinander.   „Allison hör mir zu“, sagte Fearghas ernst, griff mich an den Schultern und zog mich von sich weg, so dass ich ihn ansehen konnte. Da erkannte ich was er mir sagen wollte. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht, und es war nicht so wie ich geglaubt hatte. Er hatte diesen wilden Geruch an sich, wie diese, ich wusste nicht wie ich sie nennen sollte, die mich verschleppt hatten. Diese Viecher, wenn es denn welche waren. Oder Menschen die mich zum Narren halten wollten. Dieser Geruch nach Moschus, Erde und Schlamm. Er roch so ähnlich wie mein alter Hund wenn er nass war, aber noch dominanter. Gehörte er etwa … waren das die… .   Nun glaubte ich klar zu sehen wie noch nie in meinem Leben. Es waren Barbaren. Allesamt Barbaren und sicherlich hielten sie sich wilde Bestien in ihren Kerkern gefangen. Wölfe, Bären, wer wusste das schon, und ließen sie frei damit sie unsere Landsleute aus dem Hinterhalt töten konnten. Vielleicht sogar Bestien aus den anderen Ländern, die wir gar nicht kannten.   Ich wollte meinen Gedanken nicht zu Ende führen, doch Fearghas‘ Auftreten sagte mir alles. Er war gepflegt, und gut gekleidet, ja sogar so gut, das er wohl einem hohen Stand angehören musste. Mit feuchten Augen starrte ich in seine. „Hör mir jetzt genau zu Allison“, sprach er ruhig auf mich ein. Doch ehe er mir irgendwelche Lügen erzählen konnte, die er mir auftischen wollte, und da war ich mir ganz sicher, schlug ich seine Hände von mir, taumelte nach hinten, bis ich an die Kutsche anstieß und rutschte diese hinunter. Ich legte die Knie an meiner Brust, umschlang sie mit meinen Armen, legte meinen pochenden Kopf darauf und weinte bitterlich. Was sollte nur aus mir werden? Nun saß ich hier, allein auf einer fremden Burg, umzingelt von, von diesen Barbaren die keinen funken Menschlichkeit mehr in sich trugen und von denen ich nicht wusste ob sie mir gut gesinnt waren. In dem Augenblick, erschien mir die Aussicht auf den Tod sehr einladend. „Was sollen wir tun Herr?“, fragte einer der Männer, die mich am liebsten gleich in ihr Bett gezerrt hätten. „Lasst sie hier“, kam sogleich die Antwort. „Sollen wir die rechte Tochter des Bürgermeisters holen?“, kam die Frage. „BITTE NICHT!“, schrie ich aus.   Wenn ich hier schon festsitzen sollte, dann sollte Sophie nicht auch noch leiden. Ihr Leben war schon schwer genug. „Nehmt mich an ihrer Stelle“, begann ich zu weinen. Es verwunderte mich selbst, das ich mich für einen anderen Menschen, so opfern konnte, aber da ich nun sowieso schon hier war und nicht entkommen konnte, war es nicht sehr schwer. Der Mann den ich als Fearghas kannte sah mich nachdenklich an. Ich konnte seinen Blick nicht deuten. „Nein, lasst sie dort wo sie ist. Wenn wir sie holen, und damit unsere Abmachungen mit ihnen brechen, dann wird es womöglich einen Aufruhr geben.“ „Aber es sind doch nur ein paar Menschen, so ein kleines Dorf“, rief der andere der beiden aus. „Widersprich nicht“, herrschte Fearghas. „Wenn wir sie noch mehr gegen uns aufbringen, dann werden sie sich zusammenrotten und Jagd auf uns machen, willst du dass es wieder einen Heiligen Kriegszug gibt?“ „Ja aber wir sind doch stärker als damals, sie hatten uns doch unbewaffnet überrascht. Niemand hatte mit so einem Verrat gerechnet. Heute ist es doch was anderes“, bekundete der erste. „Mag sein, doch haben sie sich in den wenigen Jahrhunderten weiterentwickelt und noch heute stellen sie eine große Gefahr dar, vor allem ihre Überzahl. Wir sind nicht mehr Millionen. Wir mögen zwar stärker sein, aber es ist an ihnen sich schnell fortpflanzen zu können, und das ist zu gefährlich“, sagte er mit einem Ton, der erkennen ließ das es keine Diskussionen mehr geben wird.   „Wo ist mein Sohn“, fragte Fearghas sogleich. Fragend blickten sie sich an und blickten sich um. Scheinbar wussten sie es nicht so recht. Doch sogleich kam ein junger Mann um die Ecke und gesellte sich dazu. „Ah, mein Sprössling gibt mir die Ehre. Wo hast du dich wieder herumgetrieben? Du bringst sie hier her und verziehst dich wieder, ist das die Art für einen Leitmann sich um seine Pflichten zu kümmern?“, tadelte ihn Fearghas. Der Angesprochene blickte den Älteren kurz an, sagte jedoch nichts darauf. Stattdessen kniete er sich hin, einen Knie am Boden, strich sich die langen Haare nach vorne, legte seinen Kopf etwas zur Seite und legte seinen Hals frei. „Seid gegrüßt Athair. Verzeiht, aber es bedarf etwas meiner Aufmerksamkeit.“ Es war Fearghas ein spitzer Kommentar anzumerken, aber scheinbar war das zu intim als das er es nun vor allen anderen aussprach. Stattdessen schloss er für einen Moment die Augen und seufzte tief, so als stünde eine riesige Last auf seinen Schultern. Für einen Moment glaubte ich meinen alten Fearghas zu sehen, bekam Mitleid und wollte ihm was Nettes sagen, doch so gleich fiel mir ein wo und vor was ich mich hier befand. „Allison“, sprach mich unser ehemaliger Bettler an. „Habe keine Furcht, dir wird es hier an nichts fehlen. Mein Name ist Lugus, und das ist mein Sohn Radulf“, sprach er auf mich ein, was mich aufschauen ließ. Mit starrendem Blick blieb ich auf diese Bernsteinfarbenen Augen hängen, allerdings waren es nicht die von Fearghas, oder Lugus, wie auch immer er sich nennen wollte.   Diese Augen. Sie hatten etwas Anziehendes an sich, ich konnte einfach nicht wegsehen. Blickten sie mir auch abwesend und kalt entgegen, so konnte ich ihnen einfach nicht widerstehen. Was war nur los mit mir? Es war schon eine merkwürdige Augenfarbe, es war kein braun und auch kein grün, es war auch kein gelb. Es hatte etwas Goldenes. Es musste vom Teufel sein, wer sonst könnte so etwas erschaffen. Doch statt in Angst und Schrecken auszubrechen, blieb ich ruhig und wurde sogar noch etwas ruhiger. Mein Herz schlug beständig vor sich hin, als wäre es völlig entspannt. Ehe ich es versah brachen diese sündigen Augen den Kontakt ab. Wie aus einer Trance wachte ich auf und blickte diesen fremden Mann namens Radulf an, der mir die kalte Schulter zeigte. Er schien mit sich zu ringen, so vertieft war er in Gedanken, und blickte zornig vor sich hin, doch sagte er kein Wort.   “Nun tu deine Pflicht Radulf und bringe sie in den Turm zu den anderen. Schließlich gehört sie nun zu uns”, befahl Lugus. Ich gehörte zu ihnen? Was sollte das denn heißen? Wenn ich nur wüsste was sie denn waren, ob Freund ob Feind, seufzte ich innerlich. Mir widerstrebte der Gedanke zu ihnen zu gehören, wer weiß was sie mit mir anstellten, doch mich zu wehren brachte nichts. Für eine kleine Ewigkeit regte sich dieser Radulf kein Stück, und als er endlich den Blick hob, sah er seinem Athair trotzend entgegen, bemüht mich nicht anzusehen. “Befehl es doch den anderen, ich bin doch nicht der Laufbursche”, sagte er patzig und schritt von dannen. Ich erwartete einen heftigen Streit, doch blieb Lugus ruhig und blickte seinem Sohn nachdenklich hinterher. Er schien zu wissen, weshalb dieser nun so reagierte, ließ sich aber nichts weiter anmerken. “Sicherlich bist du erschöpft, lass dir von Conan zeigen wo sich dein neues zuhause befindet. Du kannst dich waschen, man wird dir neue Kleider und zu Essen geben. Habe keine Angst, auch wenn dir hier alles sehr merkwürdig erscheinen wird, so denke daran, das du zu uns gehörst, und dich niemand zu etwas drängen wird”, sprach er zu mir, als wenn nichts gewesen wäre und lief in die selbe Richtung die sein Sohn eingeschlagen hatte.   Kapitel 14: ------------ Kapitel 14 Eine neue Hölle...? A ifeann nua...?   Die zwei Bediensteten von Fearghas, nein, Lugus brachten mich an dem großen Hauptgebäude des Schlosses herum und führten mich zu einem großen Turm der sich an einer äußeren Ecke des Gemäuers befand. Dieser gehörte ohne Frage zu dem Schloss, doch war es als hätte man ihm mit Absicht weiter abseits von dem gesamten Gebäude gebaut. Ein kleineres, ähnlich wie das Hauptgebäude, verband es mit dem Ganzen. Nun wurde ich also wieder so weit wie möglich an den Rand gedrängt. Wie schon in meinem Dorf lebte ich nur mit meiner Familie am Rande, ohne jemals richtig integriert gewesen zu sein, all die Jahre. Als hätte ich nie zu dem Dorf gehört, sondern nur ein langjähriger Gast war, den man bedauerlicherweise nicht wegschicken konnte, da er nützlich war. Aber nicht einmal das entsprach der Wahrheit. Wenn meine Eltern es geschafft hätten mich mit einem dieser Tölpel zu verheiraten, wäre ich am Ende, wer weiß wo, gelandet. Aber so, endete ich nun bei den Barbaren.   Inzwischen hatte ich mir die Beiden etwas genauer angesehen, natürlich nur unter gesenktem Blick, denn, egal wie nett sie auch taten, sie jagten mir dennoch Angst ein. Sie sahen sich recht ähnlich, ich wusste nicht ob sie Brethren waren, oder Cousins, aber man sah eine gewisse Ähnlichkeit. Obgleich der eine den anderen um einen ganzen Kopf überragte. Sie hatten aber dieselben dunkelbraunen lockigen Haare. Der eine trug sie kurz, nur bis zu den Ohren, der Andere hatte sie zu einem Zopf gebunden. Der Kleinere hatte eine breitere, muskulösere Figur, der andere war mehr sehnig und alles länger gezogen. Der Große hatte leuchtend blaue Augen, sie waren sogar blauer als unser See, man konnte nur schwer wegsehen und gleichzeitig, traute man sich nicht wirklich direkt hineinzusehen. Der andere hatte leuchtend grüne Augen, sie erinnerten mich an den tiefen Wald und an die große blühende Wiese im Sommer, und auch hier war das Weg -und hinsehen eine schwierige Sache.   Sie führten mich in den Turm, das Schloss schien noch gar nicht so lange zu stehen, oder es wurde regelmäßig erneuert. Es hatte einen sehr guten Wehrbau und es wirkte unzerstörbar auf mich. Den Turm hinein, lagen auch im Erdgeschoss ein paar Räume, zumindest ließen es mich die geschlossenen Türen erahnen, und es gab auch eine Treppe, die nach Unten führte. Viele Stufen führten sie mich hinauf, und trugen auch noch mein gesamtes Gepäck mit. Ich kannte mich mit solcherlei Dingen nicht aus, da ich in meinem ganzen Leben noch nie so viel besessen hatte, doch glaubte ich zu wissen das es für den Stand einer Bürgermeistertochter nicht so viel war. Was sollte es. Wer wusste schon was sich darin befand, sicherlich war es nichts Brauchbares für mich. Gewiss alte Kleider von Sophie.   Ich wusste nicht wie viele Stufen es waren, doch sah ich aus den Fenstern das der Boden immer weiter in die Ferne rückte. Ich hatte nie Schwierigkeiten mit Höhen, aber nun wurde mir doch mulmig im Magen und die durchwachte Nacht und die vielen Stunden in denen ich von der Ungewissheit geplagt war, was mich denn nun erwarten würde, forderte meinem Körper nun doch den Tribut ab. Ich spürte die bleierne Müdigkeit, auch wenn ich nicht gähnte, mein Körper ließ sich schwerer und schwerer lenken, jede weitere Stufe, ließ mich schnaufen, und es fühlte sich mehr und mehr danach an, das ich schon bald einfach nicht mehr weiter laufen könnte. Doch kurz bevor es soweit war, erklommten wir den Berg und kamen oben an. Ein kleiner Gang war zu sehen, von dem genau eine einzige Tür abging. Vor der Tür blieben wir stehen und der Kleinere der Männer klopfte drei Mal daran und wartete.   Als ich schon dachte, das die Tür nicht mehr von Innen geöffnet werden würde, da wohl niemand da drin war, erschrak ich um so mehr, als sie plötzlich aufgerissen wurde und mir diese respekteinflößende Frau gegenüberstand. Als erstes stachen mir ihre dunkelbraun leuchtenden Augen entgegen. Sie waren so dunkel, das sie schon fast wie schwarze Seen erinnerten, die mich in ihre kalte Tiefe zu ziehen schienen um mich zu verschlucken. Ein Schauer lief mir über den Rücken, und ich spürte wie Gänsehaut meine Haut überzog. Aber durch das Leuchten, welches scheinbar viele Menschen hier zu Lande haben, kam das braune noch hindurch. Das nächste das mir auffiel war, das es offensichtlich war, mehr als das, das sie eine Frau war, vor allem schon durch ihre gesegnete Größe ihrer Brüste. Sie aber kurze Haare, gerade etwas über die Ohren gewachsen, und auch keinerlei Röcke, sondern Hosen trug. Auch hatte sie ein breites Kreuz und ihre Arme und Beine schienen auch recht muskulös zu sein. Ehe ich sie mir in Ruhe fertig betrachten konnte, spürte ich ihren kalten, durchbohrenden Blick auf mir. Ich wagte es nicht ihr in die Augen zu sehen, und blickte hinunter zu meinen Füßen und dem schmutzigen Saum meines Kleides, es war schon eine Schande so ein schönes Kleid zu beschmutzen, doch als mich nach diesem Schock schon fast auf den Boden geworfen hatte, war ich nicht in der Lage darüber nachzudenken.   “Was bringt ihr mir denn Schönes? Die nächste neue Hure?”, sagte sie spitz zu den anderen, spürte aber weiterhin den Blick auf mir. “Der Herr wollte das wir sie hierher bringen, kümmere dich gut um sie, er wollte dass es ihr besonders gut geht und sie zu nichts gezwungen wird”, erklärte der Größere. “Bitte? Was soll der Unsinn, sie ist nur ein Mensch, so wie die anderen auch, weshalb sollte ich sie mit Samtpfoten anfassen”, schrie sie schon fast wütend die beiden an, woraufhin ich jemanden hinter dieser Frau erschrocken nach Luft schnappen hörte. Ein kurzer Blick, an ihr vorbei, sie nahm mir zwar viel von dem Blickwinkel, aber die Holztür war so groß, das noch genug Platz war, wodurch ich die Sicht auf zwei verängstigte Mädchen, mit verweinten roten Gesichtern hatte. “Wir geben dir nur weiter was uns aufgetragen wurde, deswegen musst du nicht gleich ausrasten”; sprach der Kleinere genervt und sie gingen davon. Es war ihnen anzusehen das sie froh waren endlich verschwinden zu können. Diese Frau musste wohl immer so launisch sein. “Na komm mal her mein Täubchen, ich werde mich schon gebührlich um dich kümmern”, sagte sie grimmig, packte mich mit eisernem Griff am Arm, zog mich in den großen Raum hinein und schlug mit einem lauten Rums die Tür zu.   Nun konnte ich mir den Raum genauer ansehen. So wie der Turm erkennen ließ, war er rund und fast überall, an jeder Wand, eng beieinander, nur mit einem Nachttischchen dazwischen, standen Betten. Einfache, aus Holz geschaffene Betten, nicht besonders schön, nur zweckmäßig gebaut, aber sie sahen viel gemütlicher aus, als mein einfacher Strohsack, den ich daheim gehabt hatte. Vor den Betten, am Fußende, standen einfache, ebenso zweckmäßig gebaute Truhen, in denen man sein Hab und Gut aufbewahren konnte. Der Raum wirkte netter als das was er darstellen sollte. Ein Gefängnis!   Scheinbar wollten diese Barbaren, nicht so grausam wirken, als sie in Wirklichkeit waren. Als wenn sie so etwas wie ein schlechtes Gewissen besaßen, dachte ich bitter und schüttelte den Kopf um die trüben Gedanken abschütteln zu können. “Was auch immer sie dir gesagt haben mögen, glaube ja nicht das du was Besonderes bist und du hier die Prinzessin spielen kannst, du wirst ebenso arbeiten wie die anderen, und tun was man dir sagt”, fauchte sie, es klang schon fast wie ein knurren. Erschrocken wich ich zurück. “So meine Püppchen, lasst euch gleich gesagt sein das ihr hier hart arbeiten werdet, und glaubt ja nicht dass ihr dafür Geld erhaltet. Ihr könnt froh sein das ihr am Leben geblieben seid, einen Schlafplatz und Speis und Trank habt. Tagsüber werdet ihr Kleider nähen, sticken, kochen, Spinnen und alles was so an Arbeit anfällt. Wenn ihr Pech habt müsst ihr auch in den Ställen arbeiten, Kühe und Ziegen melken, oder auf dem Feld arbeiten und ernten. Des Nachts, sollte einer unserer Männer gefallen an euch finden, so scheut euch nicht, und weist ihn nicht ab, und sollte er euch erwählt haben seine Brut auszutragen, so dürft ihr euch geehrt fühlen”; redete sie munter drauf los. Mit jedem weiteren Wort waren meine beiden Leidensgenossinnen und ich immer bleicher geworden. Es war ihnen anzusehen, das sie sofort weiter weinen würden, doch waren sie nun endgültig ausgetrocknet. Mein Herz raste bis zum Hals, ein kalter Schauer zog mir über den Rücken und meine Knie wurden weich. Das war wieder einer der Momente in denen ich liebend gern die Ohnmacht begrüßt hätte. Doch leider wie so oft, blieb sie aus. “Aber … “, begann ich zaghaft. “WIE KANNST DU ES WAGEN MIR ZU WIEDERSPRECHEN?”, schrie sie mich an, und drohte mir Schläge zu verpassen, doch blieben sie glücklicherweise aus. Wie konnten sie das nur von uns verlangen?   Die Arbeit, war im Vergleich zu meiner vorherigen, geradezu Luxus, und selbst wenn, war es nichts was ich nicht kannte oder gewohnt war. Doch das wir uns für fremde Männer, als Gespielinnen hingeben und auch noch ihre unehelichen Bälger auf die Welt bringen sollten. Was waren wir dann schon wert? Niemals könnten wir heiraten oder eine Familie unter normalen Umständen aufbauen. Unser eigenes Haus und Hof haben um das wir uns kümmern können. Ein Leben lang sollten wir uns versklaven lassen. Was wohl passierte wenn wir alt und grau waren? Würden sie uns umbringen oder gar wieder in die Wildnis fortscheuchen?   Erst als es schon im vollen Gange war, merkte ich das mir Tränen die Wangen hinunter liefen. Eilig wischte ich sie mir mit dem Ärmel weg und versuchte tapfer zu bleiben. Wie aussichtslos es auch aussehen mag, das Weinen brachte nichts. Sie wies uns die hinteren Betten zu, die in einer Ecke standen, neben einem großen Fenster. Unser Hab und Gut, wurde darunter oder daneben hingestellt. Es war eine mühsame Arbeit, denn das hatten die zwei Bediensteten uns nicht abgenommen und diese merkwürdige, launische Frau scheuchte uns regelrecht und beschimpfte uns, wenn wir zu langsam für sie waren. Wir wären schwächlich, zu langsam und unnütz sagte sie.   Kapitel 15: ------------ Kapitel 15 … oder doch ein Heim? … nó ag baile?   Ich hörte wie die anderen beiden sich an einander drückten und weinten. Am liebsten hätte ich auch geweint, doch ich fühlte mich ausgetrocknet und ausgelaugt, als hätte ich zwei Tage lang ohne Pause und ohne Schlaf gearbeitet.   „Hach, nun hört auf zu heulen ihr … .“   „Danke Kayla, ich weiß dass ich viel von dir verlangt habe, aber es war nötig, die Bestellung musste fertig werden“, unterbrach eine liebliche blonde Frau diese Furie.   „Catriona“, fauchte die böse Frau, „hier sind die neuen Mädchen. Zeige ihnen alles und nimm sie hart ran, sie haben die schlechte Angewohnheit Wiederworte zu geben“, sagte sie und blickte dabei in meine Richtung. Trotz dass die liebliche Catriona angefaucht wurde, lächelte sie sanft und sagte: „Aber so trotzig sehen sie gar nicht aus Kayla. Ich werde mich schon angemessen um sie kümmern, mach dir keine Gedanken!“ „Tu was du willst, solange sie nicht denken sie wären Prinzessinnen auf diesem Schloss und ihre Arbeit verrichten“, brummte sie, drehte sich auf dem Absatz um und knallte mit einem lauten Rumps die Tür zu, was uns zusammenzucken ließ.   „Beruhigt euch Mädchen, so schlimm ist sie nicht. Sie knurrt mehr als das sie beißt. Nennt mir eure Namen“, forderte sie uns aufmunternd auf.   „Deirdre“, sagte die große Blonde, mit grünen Augen und den Sommersprossen auf der Nase. „Ich … ich bin … Mackenzie“, schluchzte die Kleinere, mit dem blassen Gesicht, den grauen Augen und dem schmutzigbraunen Haar.   „Sophie“, sagte ich und hoffte das meine Stimme fest genug klang. Catriona nickte mir zu und blickte mich für einen Augenblick merkwürdig an. Doch dann schüttelte sie den Gedanken ab, den sie bei dem Klang meines Namens zu haben schien.   „Deirdre, Mackenzie und Sophie“, wiederholte sie und zeigte beim Aufzählen unserer Namen auf jeden von uns. „Verzeiht mir wenn ich sie mir nicht sofort merke, wir haben hier so viele Mädchen und ich merke mir Namen nicht so gut. Ich kann verstehen, dass ihr verängstigt seid und große Furcht vor diesem Ort habt, doch seid versichert dass ihr es gut bei uns haben werdet. Hier seid ihr sicher, hier wird euch nichts geschehen“, versuchte sie uns zu beruhigen.   „Sicher? Wie können wir sicher sein wenn ihr diese Monster hier versteckt. Ich habe sie gehört, sie müssen riesig sein. Ich habe sie knurren gehört, bestimmt können sie einen Menschen in einem Stück verschlingen“, schrie Mackenzie panisch aus.   „Oder sie haben einen Pakt mit dem Teufel“, begann nun Deirdre zu jammern, „wohin sonst sollen die Dämonen nun verschwunden sein.“   „Mädchen, nein, wir verstecken hier keine Monster und beschwören auch keine Dämonen. Ich weiß das es schwer für euch ist und alles merkwürdig erscheinen mag, mir selbst ging es vor Jahren nicht anders, aber schon bald werdet ihr merken das alles einen Sinn ergibt und euch wird es hier an nichts fehlen. So, ich nehme an das ihr übermüdet seid, schlaft erst Mal eine Runde, ich werde euch später die Stadt zeigen. Packt eure Sachen aus und fühlt euch wie zu Hause. Ich werde euch später wecken, sonst schlaft ihr den ganzen Tag und könnt in der Nacht nicht mehr schlafen“, sagte Catriona und ließ uns allein.   Zunächst standen wir drei nur verwirrt da und wussten nicht so recht was wir tun sollten. Wir alle hatten vor der Ankunft ein hartes Leben aber es war das einzige was wir kannten und plötzlich wurde man herausgerissen und an einen merkwürdigen Ort gebracht, mit schrecklichen Kreaturen mit denen man fortan zusammenleben sollte. Und als wäre es nicht schon skurril genug, wollte diese nette Frau uns hier herum führen als wäre es das normalste der Welt.   Es schwirrte in meinem Kopf, mir wurde schwindlig und ich schwanke. Ich lief zur Wasserschüssel und kühlte mir das Gesicht. Nachdem ich auch einige Schlucke daraus getrunken hatte ging es etwas besser, aber dennoch setzte ich mich auf das Bett. Mein Bett. „Bist du die Tochter des Dubhghlas aus dem Dorf südlich von Loch Lomond?“, fragte mich die große blonde Deirdre. Diese kleine unschuldige Frage ließ mich erschauern, obgleich mir von Anfang an bewusst war, das sie kommen würde. Mir war nicht sicher was ich tun sollte, denn Fearghas, nein Lugus wusste bereits das ich nicht Sophie war. Eigentlich wäre es Unsinnig zu behaupten Sophie zu sein, doch auch wenn wir nun alle hier dem gleichen Stand angehörten, und zwar nur Sklaven waren für diese grausamen Kreaturen, so würden diese Mädchen untereinander aus Stolz ihren Stand nicht so einfach ignorieren. Wenn sie wüssten dass ich nur ein Bauernmädchen war würden sie es sich erlauben auf nur jede erdenkliche Art ihren Frust über ihre Situation an mir auszulassen. So entschied ich mich bei meiner Rolle zu bleiben.   „Ja, ich bin Sophie Dubhghlas“, behauptete ich, und wie ich hoffte, überzeugend. Als Deirdre mir schon die Hand reichen wollte, trat die kleine Mackenzie dazwischen und begegnete mir mit Verachtung in ihrem Blick.   „Das hättest du wohl gerne, aber ich kenne Sophie zufälligerweise, da sie schon auf Versammlungen unserer Väter gesehen habe. Das ist so ein fetter großer Trampel. Sie ist sogar so grässlich dass sie von ihrem Athair nur im Haus gehalten wird“, lachte sie verächtlich. Wut loderte in meinem Inneren auf, am liebsten hätte ich ihr eine Ohrfeige gegeben, doch verkniff ich es mir. Wer wusste schon wie lange ich hier am Leben gelassen wurde, womöglich sehr lange, da ich ja einen gewissen Nutzen hatte, da wollte ich es mir nicht mit den anderen verscherzen. Denn ohne Zweifel würde sie die anderen damit anstecken, wenn sie es nicht schon ebenso dumm waren wie sie.   Sie keines Blickes würdigend ging ich hinüber zu meinem Bett und legte das eng sitzende Kleid und Korsage ab, so dass ich nur noch mein Unterkleid trug. Noch einmal machte ich mich frisch, diesmal etwas gründlicher, denn überall klebte der Schweiß, der mir vor Angst über den Körper gelaufen war. Dass ich sie ignorierte und nicht weiter mit ihr sprach schien Mackenzies dummen Stolz zu verletzten, und sie sagte noch mehr was mich wütend machte, und fing sogar mit Beleidigungen an. Doch da ich durch das Arbeiten bei meinem Uncail das Weghören regelrecht perfektioniert hatte, hörte ich fast so gut wie nichts, und war schon bald in Gedanken versunken. Als ich fertig war und mich wieder wohler fühlte legte ich mich ins Bett, und kaum das ich mich auf dieses weiche Paradies legte, verabschiedete ich mich auch schon ins Land der Träume.   Es war ein traumloser Schlaf, es war als hätte ich mich zu den Toten gesellt, aber da ich nicht tot war, musste ich irgendwann einmal aufwachen. Leider schreckte ich regelrecht aus dem Schlaf, das Herz schlug mir wild in der Brust, so sehr hatte ich mich erschrocken. Plötzlich war die Tür aufgesprungen und eine Horde Mädchen kam in den Raum hinein gestürmt. Sie schienen sehr neugierig auf die Neuankömmlinge zu sein, denn sie hatten sich schon um unsere Betten versammelt, bevor ich erkannte wo ich mich befand. Denn für einen kurzen schmerzlichen Moment dachte ich, Zuhause in meinem Dachboden zu liegen, auf meinen Strohsack. Doch schnell war mir klar, dass der Strohsack nie so weich war, wie dieses Bett.   Im ersten Moment erkannte ich kein Gesicht, denn es waren so viele um mich versammelt, das ich nicht direkt wusste, wen ich direkt ansehen sollte. „Herzlich Willkommen ihr Frischfleisch!“, begrüßte uns die rothaarige junge Frau welche wohl die Älteste sein musste, was ich nach einem Rundblick feststellte. Das Wort Frischfleisch ließ uns ängstlich zusammenfahren, was den Mädchen ein Grinsen entlockte. „Nun seid mal nicht so schreckhaft, euch wird man schon nichts tun“, sagte sie und grinste weiter. Prompt setzte sie sich zu mir aufs Bett und hielt mir ihre Hand hin. „Hallo, ich bin Aileen und die Älteste hier, was euch sicher schon aufgefallen ist“, lächelte sie und grüßte auch die anderen beiden. „Wie kommst du darauf dass man es sieht“, lenkte ich ein, ich wollte freundlich sein, schließlich wäre es fatal sich hier unbeliebt zu machen und sie wirkte sehr sympathisch auf mich. „Jetzt wirst du aber frech, mir ist durchaus bewusst, dass man mit Mitte zwanzig nicht mehr so jung aussieht“, sagte sie. Im ersten Moment hatte ich schon Angst dass sie es mir böse nehmen würde, doch da sah ich ihren lieben Blick und ich beruhigte mich wieder. „Wir haben euch geweckt es tut mir leid“, lenkte sie ein und sah uns mitleidig an. „Die Fahrt hierher und die Ankunft muss schrecklich gewesen sein, ich kann mich noch kaum erinnern wie es bei mir war, weil ich schon so lange an diesem schönen Ort bin, doch ich kann es mir vorstellen“, schnatterte sie unaufhörlich weiter. „Wenn ihr Fragen habt oder ich euch herumführen soll, so sagt es nur. Ich kann euch auch einige Leute vorstellen, hier gibt es auch sehr gutaussehende Männer“, sprach sie und flüsterte schon fast bei den letzten Worten. Das war der Moment wo Mackenzie sich einmischte. „Igitt, wie kannst du dich diesen Monstern anbieten, haben sie dich schon so verzaubert das du das Rechte nicht mehr erkennst? Oder bist du eine Síúrsach?“, sagte sie boshaft. Ich zuckte bei diesen Worten zusammen. Sicherlich würde jetzt Krieg ausbrechen, denn auch wenn diese Aileen sehr freundlich war würde sie es sich nicht auf sich sitzen lassen, sich als Hure beschimpfen zu lassen. Doch es geschah nichts. Aileen blickte nur sehr eindringlich. Ihr Blick ließ ein Schauer über meinen Rücken wandern und Gänsehaut auf meinen Armen. Ich war mir nicht sicher was da zu lesen war. Zum einen entzifferte ich das Mackenzie wohl keine Vorstellung hatte was dieses Wort bedeutet, geschweige denn wie es ist so etwas durchstehen zu müssen. Keine Frau der Welt würde sich freiwillig den geilen Männern hingeben, nur weil es denen gerade in der Hose juckt. Auch Mackenzie ließ der Blick zum Schweigen bringen, bis sie sogar wegsah. Die anderen Mädchen waren ebenso still und sahen auf den Boden, scheinbar wussten sie was genau in Aileen vorging. Ich berührte Aileen am Arm und riss sie aus ihrer Starre. „Ist alles in Ordnung?“, fragte ich und sah sie mitleidig an. Mir war nicht bewusst was ihr zugestoßen war, doch war ich mir sicher, dass ihr etwas zugestoßen war. Etwas sehr schlimmes. Verstört sah sie mich an, feuchte Augen blickten in meine.   „Ja ja, meine neugierigen Mädchen, kaum erlaube ich ihnen eine Pause und schon stürmen sie hier hoch als gäbe es eine Truhe voller Gold zu bestaunen“, lachte Catriona und trat ins Zimmer. Die Mädchen lachten und machten sich nach und nach wieder auf den Weg nach unten. Auch Aileen stand auf, den Blick noch immer etwas starr und fand sie mehr und mehr in die Wirklichkeit zurück und als letzte in der Tür stehend zwinkerte sie mir zu.   „Es tut mir leid dass sie euch so überfallen haben, sie sind eben sehr neugierig. Habt ihr euch ein wenig ausruhen können?“, fragte sie. Mackenzie und Deirdre sagten nichts, die erstere verschränkte die Arme vor der Brust und blickte beleidigt aus dem Fenster. „Ein wenig“, antwortete ich, stand auf und zog mein Kleid wieder an.   „So Mädchen, ich zeige euch erst mal euer neues zu Hause“, sagte sie und ging uns voraus. Den Turm hinunter und in die nächste Tür, führte sie uns in ein kleineres, mehrstöckiges Randgebäude. Viele Frauen und Mädchen saßen dort, sponnen und webten Stoffe. Kurz führte Catriona uns durch, gab der einen oder anderen Anweisungen und versicherte ihnen bald wieder zurück zu sein. Im oberen Stock wurden die Stoffe zu Kleidung zusammen genäht. Einen weiteren Stockwerk, das letzte, wurde gehäkelt, gestrickt und gestickt.   Während sie uns durch dieses Gebäude führte fiel mir eines sofort auf. Keine der Frauen sah unglücklich aus oder gar traurig. Im Gegenteil, sie hatten rosige Wangen, keine von ihnen war so dürr wie ich, manche sogar wohlgenährt und allesamt sahen gesund und zufrieden aus.   Catriona führte uns hinaus und in ein ähnliches Gebäude nebenan. „In diesem Haus seid bitte leise und macht keine hektischen Bewegungen, die Frauen brauchen Ruhe“, sagte sie uns eindringlich. Verwirrt sahen wir uns zunächst an, denn wir wussten nicht wo wir uns befanden, bis wir in den ersten Raum geführt wurden. Sie öffnete andächtig die Tür und führte uns hinein.   Brutstätte, war das erste Wort das mir dazu einfiel. Es musste das Gebärhaus sein. Hier bekamen die Frauen die Gören dieser Monster. Doch auch hier sahen die Frauen erstaunlicherweise nicht so unglücklich aus, wie ich es mir vorgestellt hatte, bei dem Gedanken das Kind eines dieser Monster gebären zu müssen. Aber jede Mháthair liebte wohl ihr Kind, selbst wenn es kein Mensch war. Im Erdgeschoss lagen die Frauen, bei denen es jeden Tag soweit sein konnte, aber sich noch nichts tat. Sie lagen entspannt in den Betten, mit einem freudig erwartenden Blick im Gesicht und schienen sich auch etwas zu langweilen. Abgesehen von denen die Männerbesuch hatten. Es waren gutgebaute Männer und auch deren Augen wiesen eine leuchtende Farbe auf, wie ich es schon bei den anderen gesehen hatte. Im nächst höheren Geschoss befanden sich die Frauen die im Begriff waren zu gebären, man hörte das Stöhnen und Seufzen schon vor der Tür, doch Catriona ließ uns nur einen kurzen Blick hineinwerfen. Eines aber in dem Raum stach mir wie eine Nadel die Hand, ins Gesicht. Diese bösartige Kayla dachte ich gesehen zu haben, bei einer Frau weit hinten, der der Schmerz ins Gesicht geschrieben stand. Wenn ich mich nicht getäuscht hatte und einer Illusion durch Schlafmangel zum Opfer gefallen war, war Kayla gerade dabei gewesen ihr bei der Geburt zu helfen. Ob sie eine Hebamme war? Der Gedanke jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Wenn sie die Hebamme war, wollte ich erst recht kein Kind bekommen, auch wenn ich es mir so sehr wünschte. Aber von einem Monster wollte ich es sowieso nicht. Aber da Kayla doch mehr als offensichtlich keine normalen Menschenfrauen mochte, warum half sie ihnen bei den Geburten? Sicherlich um ihre gewünschten Monsterkinder zu bekommen, zu was anderem taugten die Menschenfrauen hier scheinbar nicht. Im anliegenden Raum wurden die Säuglinge gesäubert und untersucht. Auch da durften wir nur einen Blick hineinwerfen. Die Säuglinge waren allesamt gesund und rosig, das fiel mir mit einem Blick auf. Nicht wie die kleinen dünnen Dinger, die bei uns im Dorf zur Welt gekommen waren und oftmals bald unter die Erde mussten.   Catriona erklärte uns das wir Menschenfrauen unseren eigenen Bereich hatten, nicht nur den Mädchenturm, das Gebäude welches für die Stoffherstellung gedacht ist oder das Geburtshaus. Auch ein weiteres war allein für uns. Im unteren Raum gab es mehrere lange Esstische und eine Ecke mit einer Spülvorrichtung, ein Stockwerk weiter oben gab es viele Sessel, eine große gemütliche Couch, weiche Teppiche und einen großen Kamin. Eine Art Aufenthaltsraum. Die Wände waren weiß gekalkt und durch die Bilder an der Wand wirkte es hell und gemütlich, wie viele Räume, in dem Teil des Schlosses. In einer Ecke entdeckte ich ein Regal voller Bücher. „Hier halten wir uns gerne auf, es werden Geschichten vorgelesen, geschnattert und gestickt“, erklärte Catriona uns.   Aus diesem Gebäude heraus, befanden wir uns in einen Innenhof, in der Mitte ein Brunnen und in einer sonnigen Ecke ein Beet mit Blumen. Dieser Hof wurde durch ein großes, festes Eisentor vom Rest des Schlossgeländes getrennt. Es gab mir zumindest annährend ein sicheres Gefühl, so konnten keine ungebetenen männlichen Besucher hineinkommen.   „Wie ihr seht kann euch hier nichts geschehen, die Männer bleiben draußen und hier sind wir die Herren“, erzählte Catriona stolz. „Nur leider kann ich euch nicht weiter herumführen, aber ich werde Aileen bitten das zu tun. Ich muss mir die Arbeiten der Mädchen ansehen und die Bestellungen überprüfen, entschuldigt mich.“   Wieder allein gelassen setzte ich mich an den Brunnen, der mir zuvor gar nicht aufgefallen war, als diese beiden Männer mich hinauf geführt hatten. Deirdre und Mackenzie gingen wieder in den Mädchenturm und tuschelten miteinander. Klebten jedoch immer noch so sehr aneinander, das man glauben könnte sie hätten Angst für immer voneinander getrennt werden zu können.   Gedanken verloren sah ich hinauf zu dem hohen Schloss, welches ganz in der Nähe von dem abgetrennten Teil der Frauen war. Ich glaubte noch die alte Burg, die es einst gewesen war zu erahnen. Offensichtlich hatte man angebaut und ein großes prachtvolles Schloss daraus gemacht. Es war schön anzusehen, doch schmerzte es in meine Brust, bei dem Wissen woher das Geld dafür kam. Nun wurde mir das Herz schwer. Wie ein drohender Schatten schienen sich die hohen Türme über mich zu breiten. Niemals wieder würde ich meine Brethren sehen, meinen Athair, meine Mháthair und auch Sophie. Ich bereute es sie nicht früher kennengelernt zu haben, dann hätte ich wenigstens eine richtige Freundin gehabt. Meine Eltern waren nicht immer gut zu mir, doch ich liebe sie dennoch und vor allem meine Mháthair, nach ihrem nächtlichen Besuch. Nun war ich hier, und würde ein neues Leben geginnen müssen. Alleine auf mich gestellt. Ich sah hinauf zum Mädchenturm und dachte an Deirdre und Mackenzie. Deirdre war ein nettes Mädchen, doch schien sie sehr unter der Fuchtel von Mackenzie zu stehen und ich glaubte schon im weiser Voraussicht zu erahnen, das mit ihr nicht gut Kirschen essen sei.   Plötzlich hörte ich lautes Gelächter jenseits des Tores und drehte mich neugierig um. Es waren Männerstimmen und sie kamen immer näher und auf einmal standen sie da. Zwei Männer die mir bekannt vorkamen. Es waren die beiden, die sich so ähnlich sahen und mich zu Kayla gebracht hatten. Wie hießen sie noch? Conan hieß der Größere, den Namen des anderen hatte ich nicht erfahren. „Hast du dich schon etwas beruhigt? Ich hoffe dir gefällt es hier“, rief Conan zu mir hinüber.   „Ja ganz bestimmt, wer will denn nicht seiner Freiheit beraubt und in einen Käfig gesteckt werden“, rief ich zynisch drehte den Rücken zu ihnen. Ich spürte die Blicke in meinen Rücken und musste mich beherrschen ihre Blicke nicht zu erwidern, doch widerstand ich dem Drang und lenkte mich mit den kleinen Goldfischen ab, die im Brunnen herum schwammen. Ich fuhr mit meinen Fingern durchs Wasser und sah belustigt dabei zu wie die Fischchen versuchten daran zu knabbern, weil sie dachten es sei Futter.   Als ich wieder hinter mich sah waren die beiden verschwunden. Sie waren Fearghas gewichen... nein, nicht mein Fearghus. Lugus, der König der Barbaren. Sein Blick war traurig und entschuldigend, doch erreichte es mich nicht. Mein Herz war kalt wie Eis. Ich drehte mich um und ignorierte ihn. Sollte er mir doch gestohlen bleiben. Ich saß noch ein Weile am Brunnen und gab mich meinen düsteren Gedanken hin. So endete mein Leben also. Als Sklavin für mörderische Barbaren. Aber als die Frau von meinem Uncail wäre es mir wohl nicht besser ergangen. Es brachte nichts deprimiert hier herum zu sitzen, ich musste mich dem Schicksal fügen, so oder so. Langsam ging ich hinauf in den Turm. Es kam mir wie ein unendlicher Weg vor, der immer wieder um den Kreis führte, und gaukelte mir vor ich käme nicht voran. Nach einer Ewigkeit kam ich oben an und erwischte Deirdre und Mackenzie wie sie aufgeregt miteinander tuschelten und so taten als redeten sie nicht als ich hinein kam. Mir war es gleich, die Müdigkeit überkam mich und ich fiel geradewegs in mein Bett und schlief sogleich ein.   Plötzlich wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Ein ganze Horde Mädchen war schnatternd ins Zimmer gekommen und redeten über dies und das. „Oh, haben wir dich geweckt?“, fragte mich die rothaarige Aileen und setzte sich auf meine Bettkannte. „Schon gut, ich bin einfach nur erschöpft, ich habe das Gefühl ich könnte tagelang durchschlafen.“   Aileen lächelte mich liebevoll an. „Das vergeht. Morgen wird schon alles anders aussehen“, versuchte sie mich zu trösten. Doch es brachte nichts, ich glaubte es besser zu wissen. „Soll ich dir morgen die Stadt zeigen? Eigentlich ist es ja nicht so groß wie eine wirkliche Stadt, aber ein Dorf kann man es auch nicht nennen“, lachte sie. „Ja gerne“, sagte ich. Mir war nicht wirklich danach, doch wollte ich auch nicht wie eine Glucke herum sitzen. Noch lange wurde getuschelt, getratscht und gelacht. „So Mädchen, es wird Zeit fürs Bett, morgen steht wieder viel Arbeit bevor und wir wollen doch gut ausgeruht sein“, sagte Aileen. Scheinbar war sie nicht nur die Älteste, sondern auch die Aufsicht. Die menschliche Traube lief auseinander, alle in eine andere Richtung. „Vor allem du Aileen“, lachte eine schwarzhaarige Große. „Habe gehört du hast eine Verabredung.“ Aileen wurde schlagartig rot im Gesicht und versuchte den neugierigen Blicken auszuweichen. Nacheinander wuschen sich die Mädchen an den drei Waschschüsseln, die zur Verfügung standen, zogen sich ihre Nachthemden an und legten oder setzten sich in die Betten und tuschelten weiter. Aileen zog sich ebenfalls aus, wusch sich und legte sich ins Bett. Doch bevor sie sich zur Ruhe begab, löschte sie die vielen Kerzen im gesamten Zimmer. Manche tuschelten noch leise weiter, doch schon bald war nichts mehr zu hören und es herrschte nur Schwärze und Stille in dem großen Raum. Kapitel 16: ------------ Kapitel 16 Der Beginn eines neuen Lebens und seine Hindernisse Tús le saol nua agus constaicí       Weich war es hier und warm. Tief war ich im Traumland versunken, fernab von meinen Sorgen. Im Halbschlaf drehte ich mich herum, kuschelte mich in mein weiches Kissen und vernahm das Zwitschern der frühen Vögel. Ich hätte ewig hier liegen können, doch leider musste ein jeder irgendwann aufstehen und sich seinen Plagen stellen.   Als ich mich noch einmal wohlig geseufzt und die Decke, die mir etwas verrutscht war, bis zum Kinn gezogen hatte, und dachte es könnte nicht mehr schöner sein, war plötzlich andauerndes Getrampfel zu vernehmen. Mit verzogenem Gesicht drückte ich die Decke an mein Ohr, denn ich wollte doch weiter träumen und selig schlafen, doch kaum hatte ich dies getan, öffnete sich die Tür mit einem lautem Rumps und Kayla trat herein.   „Aufgewacht Mädchen, verschlaft nicht den ganzen Tag. Es gibt viel zu tun. In einer Stunde sehe ich jede Einzelne von euch bei ihrer Arbeit“, rief sie befehlend durch den Raum. „Ihr da“, zeigte sie mit den drohenden Finger auf mich und meine zwei Leidensgenossinnen, „euch werde ich noch einteilen, kommt später zu mir. Catriona wird euch zu mir führen.“   So schnell und laut wie sie gekommen war, war sie auch wieder verschwunden.   Es dauerte einige Momente ehe ich begriff wo ich mich befand und was von mir verlangt wurde. Arbeiten. Doch nicht als Hure? Mein Herz pochte laut und meine Finger wurden Feucht. Mackenzie und Deirdre dachten wohl ähnlich und sahen sich in ihre blassen Gesichter.   „Auf auf Mädels, es gibt viel zu tun. Catriona wird sicherlich wieder ein herrliches Frühstück vorbereitet haben“, rief Aileen und sprang voller Tatendrang auf und wusch sich eilig in der Waschschüssel.   Auch die anderen Mädchen sprangen guter Laune auf und drängten sich an das erfrischende Nass. Sie schubsten und plärrten, scherzten und lachten. Worüber waren diese Mädchen eigentlich so glücklich? Sollten sie nicht ebenso entsetzt sein wie wir oder hatten diese Ungeheuer ihnen den Geist verwirrt?   „Allison, Mackenzie, Deirdre, was ist mit euch los? Ihr seht aus als müsstet ihr den Gang zum Galgen antreten“, lachte Aileen.   Mussten wir das nicht? Oder gar schlimmeres?   Aufmunternd lächelnd kam Aileen auf mich zu und setzte sich neben mich auf das Bett.   „Ich weiß wie es dir ergangen ist. Aber denke nicht mehr daran und glaube nicht den Lügen der Menschen. Es wird dir hier an nichts fehlen und es wird dir auch nichts geschehen“, lächelte sie und streichelte mir über den Arm.   Mackenzie und Deirdre nickte sie nur kurz zu und ging hinüber zu ihrer Betttruhe, aus der sie ein frisches Kleid zog. Sie hatte das Gesagte vom vorigen Abend nicht vergessen. Auch wenn es nicht meine Art war, aber die Angst die diese beiden noch immer verspüren mussten gönnte ich ihnen aus tiefstem Herzen. Sie würden früh genug merken das keine Gefahr drohte.   Drohte denn keine Gefahr?   Mein Körper hatte sich entspannt und ich fühlte mich auch besser. Aber dennoch blieb ein ungutes Gefühl. Wie eine böse Vorahnung. Doch wollte ich Aileen Glauben schenken und auch Fearghus.... nein, nicht mein Fearghus... Lugus hatte mir sein Wort gegeben. Sein Wort aus diesem lügnerischen Mundwerk. Mein Leben lang hatte ich ihn schon gekannt und mit jedem Wort das er an mich gerichtet hatte, hatte er mich belogen. Doch wenn ich die anderen Mädchen sah, die sich eilig anzogen, musste ich ihm wohl diese Lüge glauben. Mir würde nichts Schlimmes geschehen.   So stand ich denn auf, wusch mich wie die anderen Mädchen, darauf bedacht den Angstschweiß vom Vortag gründlich abzuwaschen und zog eines von Sophies Kleidern aus meiner Truhe. Hübsch waren sie und passten wie angegossen. Sie erschienen mir viel zu schön um für die Arbeit getragen zu werden, doch dieser Blickwinkel würde sich wohl mein Lebtag nicht ändern. Zu meinem Glück war ich nicht die Einzige, die so herausgeputzt herumlief, ich wäre mir vorgekommen, wie ein bunter Hund.   Ich folgte Aileen die unzähligen Stufen des Turmes hinunter, über den Hof ins andere Gebäude, indem uns schon die sanftmütige Catriona geführt hatte. An der langen Tafel, von denen es zwei gab, standen Teller und Besteck bereit, zu meinem Erstaunen aus richtigem Porzellan und Metall. Bestaunend strich ich zart darüber und nahm das Besteck in die Hand als könnte es zu Staub zerfallen.   Sogleich hörte ich Mackenzies schnarrendes Lachen, als sie sich mir gegenüber setzte und mich beobachtete. „Das Bauernmädchen lernt das Speisen im feinen Hause kennen und glotzt wie eine dumme Kuh. Ich kann es nachfühlen, Allison. Aus dem Trog ist es doch leichter...“, lachte sie und konnte sich nur schwer wieder besinnen. Auch Deirdre lachte kurz auf, doch hielt sie sich eine Hand vor dem Mund um an sich zu halten.   „Dann speisen die Schweine bei dir wohl am Tisch vom Teller und umgekehrt, Mackenzie“, gab Aileen feixend zurück, die sich zu meiner Freude neben mich gesetzt hatte.   Mit einem Mal war Mackenzie so totenstill das man glaubte eine Stecknadel fallen hören zu können. Mit einem rot anlaufenden Gesicht sah Mackenzie Aileen an als hoffe sie, sie möge tot umfallen. „Wie kannst du es wagen, du....“   „RUHE!“, rief die sonst so liebliche Catriona aus einem Organ, wie man es ihr niemals zugetraut hätte. „Ich dulde keine Beleidigungen und Streitereien am Tisch. Beim Speisen wünsche ich Ruhe, also esst. Wir haben nicht viel Zeit, die Bestellungen müssen für heute fertig werden.“   Sogleich herrschte Stille im Saal und die Mädchen begannen hungrig und herzhaft zu Essen. Wie aus dem Nichts kamen vier Frauen herein, die aus einer Tür gekommen waren, die ich zuvor nicht bemerkt hatte und brachten auf hölzernen Tabletts das Essen auf den Tisch. Hinter dieser Tür musste sich die Küche befinden, denn aus dieser drangen herrliche Düfte in den Raum, die meinen Magen zum Knurren brachten.   Wie gebannt starrte ich auf das was nun vor mir stand. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie so leckeres, zahlreiches Essen gesehen. Eine Armee hätte womöglich damit gesättigt werden können. Frische Brötchen und große Laiber Brote lagen auf den Tisch. Butter, Käse und sogar Wurst war zu finden. Kaum an mich halten könnend, nahm ich mir von allem was und schlang aufs Geratewohl hinein, als wäre es meine Henkersmahlzeit. Zu meinem Erstaunen erging es Mackenzie und Deirdre nicht anders, obgleich sie doch aus gutem Hause kamen und nicht gerade dürr aussahen. Doch die anderen belächelten es nur mit wissendem Blick, scheinbar erging es allen Neuzugängen so. Auch ich wurde gut genährt in den letzten Tagen im Dorf. Doch nach diesen Angstzuständen, die nackte Angst ums eigene Leben war man doch so erschöpft, als hätte man die wochenlang anhaltende Fastenzeit gerade überstanden.   Die restliche Zeit im Speisesaal verging recht ereignislos. Es wurde ruhig gespeist und auch Mackenzie fand keine Zeit oder Lust Aileen und mir böse Blicke zuzuwerfen. Danach schickte Catriona die Mädchen in die Schneiderei und führte die anderen Beiden und mich in einen Raum, der sich direkt im Nebengebäude, neben dem Saal mit den bald Gebärenden. Dort hatte Kayla sich eine Art Arbeitszimmer eingerichtet und auf ihrem Tisch lagen einige Dokumente und Formulare, vor allem Notizen vor sich. Aileens ausgesprochene Worte des Glücks halfen mir nur wenig, bei dem aufsteigenden, unguten Gefühl das sich nun mehr und mehr in mir aufbaute.   Das Arbeitszimmer hatte etwas Düsteres und Beengendes an sich. Es war klein und wirkte wie ein Loch, eine Höhle. Ein großes Bücherregal stand an einer Wand, vollgestopft mit dicken Wälzern, deren Inhalte ich leider nicht von den Buchrücken herauslesen konnte, da ich des Lesens nicht mächtig war. Die Wände waren nackt, nichts beschmückte sie. Nur große graue Steine waren zu sehen, der Schreibtisch war groß und schwer und hatte auch nur das Nötigste vorzuweisen. Keine Stoffe, keine Blumen, keine Bilder. Dunkel und trostlos. Nur eines schmückte diesen Ort des Elends. Eine große Karte von einem Land, einer Insel. Ich wusste nicht was es war und erlesen konnte ich es auch nicht. Doch einige Felder waren durchgestrichen. Ob es unser geliebtes Schottland war? Und die verschiedenen Felder die Ländereien der Clans? Ich wusste nicht wieso, aber die Karte hatte etwas besänftigendes an sich und der Raum erschien mir weniger elendig. Vielleicht kam das ungute Gefühl einzig und allein von der Person hinter dem Schreibtisch, die gebeugt über ihre Blätter saß.   „Da seit ihr ja endlich. Wir brauchen Kräfte überall, in die Schneiderei kann ich keine Mädchen mehr einsetzen“, sagte sie sogleich missmutig ohne aufzusehen.   „Das wäre auch zu schade, aber Allison wäre sicherlich gut im Stall aufgehoben“, flüsterte Mackenzie hinter meinem Rücken zu Deirdre.   Auf der Stelle erschien ein boshaftes Lächeln auf Kaylas Gesicht und sah Mackenzie an. „Du hast Recht, Mädchen. Da wäre sie sehr gut aufgehoben. Also ist es beschlossen, Catriona, führe sie dort hin und ihr Mädchen“, sagte sie und sah bestimmt auf Mackenzie, „ihr werdet auf dem Feld arbeiten. Die Erntezeit fällt bald an und es werden viele Helfer gebraucht.“   Das aufkommende Lachen hinunter zu schlucken war eine weit weniger einfache Aufgabe als ich gedacht hätte. Die Gesichter der beiden waren göttlich zu einer ungläubigen Fratze verzerrt und raubte den schönen Gesichtern allen Liebreiz. Ich musste die Arbeit im stinkenden Stall verrichten, doch das tat ich schon mein halbes Leben, doch diese beiden rohen Eier sollten auf einmal auf dem Felde stehen, sich den Rücken krumm buckeln und in der Hitze der sengenden Sonne dahinsiechen.   „WAS? Aber...“, rief Mackenzie sogleich empört aus, doch wurde sie sogleich zurückgehalten.   „DU WAGST ES UNGEFRAGT DAS WORT AN MIR ZU RICHTEN?“, schrie Kayla und war so ruckartig aufgestanden das ihr Stuhl mit einem lauten Poltern hinten über gefallen war.   „Beruhige dich Kayla, es war nicht böse gemeint. Kommt Mädchen, ich werde euch zu euren Arbeitsstätten hinführen“, sagte Catriona besänftigend und schob uns zugleich hinaus.   Noch einmal sah ich mich um und bereute ich es zutiefst, als ich Kaylas hasserfüllten Blick in die meinen starren sah. Im Halbdunkel ihres Arbeitszimmers, welches nur von einem kleinen Fenster, welches sich auf der Schattenseite des Schlosses befand, erhellt wurde, glaubte ich ein drohendes aufleuchten in ihren Augen gesehen zu haben, doch drehte ich mich schnell wieder um und folgte Catriona hinaus. Noch lange hatte sich dieser Augenblick in meine Erinnerung gebrannt und es brauchte noch einige Minuten an der frischen Luft um wieder zur Besinnung zu kommen.   Catriona führte uns hinaus aus dem Reich in der die Frauen die Macht besaßen und lief mit uns unter dem großen Tor mit den großen Eisernen Flügeltüren hinaus, in die Straßen des großen Dorfes... nein Stadt.   Es wirkte so idyllisch. Die Steinhäuser, mit richtigen Ziegeln auf den Dächern, den steinernen Wegen, auf denen man ungehindert mit einem Wagen fahren konnte, mit dem man nicht im Schlamm stecken blieb. Es gab viele kleine Geschäfte mit einem schönen Schild , welches über der Tür hing. Bäckereien, allerlei Lebensmittelgeschäfte, ja sogar wenige Modegeschäfte, sogar Barbiere und auch Wirtshäuser.   „Wie können sie es nur wagen. Ich hoffe das der Chief oder der König eine starke Armee schicken um diese Missgeburten abzumetzeln. Auf dem Feld arbeiten. Ich. Soweit kommt es noch“, schimpfte Mackenzie missmutig leise vor sich hin. „Das haben sie doch, aber es nützte doch nichts. Nichts und Niemand kann uns retten“, klagte Deirdre wehleidig.   In den breiten und auch engeren Gassen liefen kreuz und quer, tüchtige und geschäftige Menschen hin und her. Es wirkte wie in jeder anderen Stadt auf der Welt. Niemand hätte geglaubt das es das Reich der Barbaren war, welches das halbe Land terrorisierte. Hier jedoch liefen Menschen eilig umeinander herum, begrüßten sich und quatschten, lachten und verabschiedeten sich.   Es dauerte eine Zeitlang ehe wir am Rande der Grenze angelangt waren, welches von einer hohen Mauer umgeben war. Es gab viele Hunde hier auf dem Schloss, fiel mir auf. Alle mussten Mischlinge sein, denn sie sahen den Wölfen im Wald doch sehr ähnlich. Aber hier in den Bergen, mitten im Nirgendwo konnten sich Hunde wohl nur mit den Bestien des Waldes vermischen, wo sie doch sonst ihre Geschwister begatten müssten.   Es standen zunehmend weniger Häuser hier am Rande. Die Steinwege waren Erdpfade gewichen und es wurde ländlicher. Von weitem sah ich bereits die flachen Häuser aus robusten, dicken Holz, doch je näher wir kamen desto mehr fiel mir Ungereimtheiten auf. Unter dem flachen Dach, schien es keine wirklichen Mauern zu geben und runde Dinge waren immer zu sehen. Aber manchmal sanken sie wieder nach unten und hoben sich dann wieder. Verwirrt ging ich hinter Catriona laufend weiter und als wir nur noch einige Meter entfernt waren, sah ich diese ungewöhnliche Art von Stall.   Als ich dort angekommen waren, stand ich mit offenen Mund da und wusste nichts darauf zu sagen.   „Zu Anfang habe ich ebenso geguckt wie du, Allison“, lächelte Catriona.   Beschämt senkte ich meinen Blick und schloss meinen Mund.   „Was ist das denn? Weiß man hier nicht wie man Ställe baut?“, schimpfte Mackenzie von überheblich. „Wie weit ist es denn noch?“, jammerte nun auch Deirdre. Es war ihr anzusehen das sie es nicht gewohnt war weite Wege zu laufen.   „Wir werden noch ein Stück laufen müssen, die Felder befinden sich außerhalb“, sagte Catriona und sah sich bereits um. „KENDALL“, rief Catriona plötzlich aus vollem Hals.   Gespannt blickten wir uns um, schließlich wussten wir nicht was uns erwartete und hofften auf einen netten Menschen zu treffen und nicht einen von diesen … Barbaren. Noch einmal holte Catriona Luft um noch einmal laut nach diesem Kendall zu rufen, doch wie aus dem Nichts fiel etwas wie ein Sack zu Boden, landete vor mir elegant auf allen vieren und stand auf.   „AAAAHHHH“, rief ich erschrocken aus und trat einen Schritt zurück. Ein junger Mann, mit markanten Zügen stand vor mir und überragte mich um eineinhalb Köpfe. Er war sehr stramm und muskulös, wie auch braungebrannt. Der dichte dunkelblonde Haarwuchs lag verstrubbelt und ein Strohhalm hatte sich darin verfangen. Seine braunen Augen zogen mich direkt in seinem Bann, wie auch der anderen Ungeheuer war die Farbe so hell und strahlend und er begrüßte mich mit einem neckischen Lächeln.   „Wen bringst du mir denn hier Hübsches, Catriona?“, lächelte er und lies mich nicht aus den Augen. Sein Blick verursachte ein flaues Gefühl in meiner Magengegend. Ob gut oder schlecht konnte ich zu der Zeit nicht sagen. „Das ist Allison....“ „Ein schöner Name“, sagte er, während er mich noch immer eingehend betrachtete. „Sie ist gestern Früh angekommen und kennt sich noch nicht aus. Kayla hat sie für die Ställe eingeteilt, zeige ihr bitte alles und sei ihr ein guter Begleiter. Allison kennt sich nicht aus und fühlt sich noch sehr einsam. Bringe sie heute Abend bitte wieder zurück. So, aber nun gehen wir drei weiter, die beiden werden gebraucht. Kommt Mädchen“, sagte Catriona, verabschiedete sich von uns und strich mir noch einmal aufmunternd über den Arm.   Mürrisch zogen Mackenzie und Deirdre hinter Catriona her und sahen immer wieder zurück. Auch sie hatten Kendall eingehend betrachtet und bildeten sich ihre Meinung. Wie immer gab Mackenzie den Weg vor, während Deirdre mehr oder weniger alles nachahmte. Mir schien es als gestehe Deirdre sich keine eigene Persönlichkeit zu.   „Du bist also gestern angekommen“, begann Kendall ein Gespräch. „Ja“, sagte ich und sah ihn unsicher an. Ich musste gestehen das er sehr sympathisch wirkte und gar nicht gefährlich. Aber dennoch nahm ich mir vor ihm nicht zu nahe zu kommen. Wer wusste schon was passierte wenn wir für einen Moment unbeobachtet blieben.   „Ich zeige dir erst mal alles. In diesem Stall haben wir die Schafe, da drüben die Ziegen und daneben Schweine. Es gibt auch einige Gänse. Weiter da hinten haben wir noch Hühner und Kühe. Im Schloss haben wir auch Stallungen, indem die Pferde stehen.“   „Ihr seit gut bestückt.“   „Ja, aber jetzt erst mal zu den Schafen. Geschoren wurden sie bereits, also müssen wir das nicht mehr erledigen. Bei euch in der Schneiderei wurde bereits Garn daraus gemacht. Wir müssen aber den Stall jeden Tag von dem Mist, den sie produzieren befreien....“   „Warum sind eure Ställe so komisch gebaut? Normalerweise ist unten das Vieh und das frische Heu auf dem Heuboden.“   „.... nun ja....“, sagte er und trat von einem Fuß auf den anderen. „Wir machen das, damit dem Vieh nichts passiert.“   Verwirrt blickte ich ihn an.   „Was sollte denn passieren?“   „Ganz einfach. Unser Vieh ist für manche Tiere nichts weiter als Beute und wir wollen nicht, das es gerissen wird.“   „Ja, aber.... hier sind doch keine. Ich meine, es ist doch alles ummauert oder nicht?“   „Doch schon... aber die Mauer ist noch gar nicht so alt und aus Gewohnheit lassen wir die Ställe nun so wie sie früher erbaut wurden“, sagte er und somit war die Sache für ihn beendet.   Verwirrt erblickte ich die Mauer die zum großen Teil mit Efeu überwuchert war, sagte jedoch nichts.   Ich folgte ihm in den Stall, lief an den Bergen von Heu entlang, bis er mir eine Heugabel und eine Schaufel in die Hand drückte und mich auf einer Leiter hinaufführte. Dort war der Stall gar nicht so klein wie es von außen aussah. Auf jedem Meter befand sich ein Balken an der Brüstung, und auch innerhalb des Raumes, so dass das Dach gehalten werden konnte. Die sogenannten Fenster konnte man auch verschließen und jedes zweite war tatsächlich sogar verglast, so das immer Licht hinein fiel. Nur jetzt waren sie alle, auch die aus blosem Holz nach außen geöffnet, so das die Tiere die Sonne genießen konnten. Der Stall war groß und hier fanden viele von den Schafen Platz. Ich kam nicht umhin mit offenen Mund zu staunen. Es war ein prächtiger Stall. Nicht wie diese Scheune zu Haus, die sicherlich bald den Witterungen der harten Winter erliegen wird.   Zu Haus, dachte ich bitter. Das war nicht mehr mein zu Hause, und egal was mich hier noch erwarten sollte, dort hin wollte ich nie wieder zurückkehren. Dort gab es nichts was mich dazu bewegen könnte.   „Wie viele Schafe habt ihr“, fragte ich um von den bedrückenden Gedanken los zu kommen.   „Vier Dutzend“, sagte Kendall stolz. „Doch es werden jedes Jahr mehr, da sie immer wieder Junge erwarten. Aber nun zu den wichtigen Dingen. Die Fläche um die Luke hier herum lässt sich aufklappen, so kannst du ungehindert Heu hinauf werfen. Zunächst musst du aber die Viecher da drüben hin scheuchen. Zuvor tust du aber ihren Mist hier“, sagte er und führte mich auf die Fenster auf der hinteren Seite, „und schmeißt es da hinunter. Das wird dann wiederum von den Goldgräbern regelmäßig entfernt.“   Also mussten wir es nicht tun, dachte ich erleichtert. Durch meine Arbeit hier wird es nicht leichter mit den Mädchen zusammen zu leben, da sie sich wieder über meinen Geruch beschweren werden, doch so würde es erträglich werden. So lange ich mich nicht mit ihren Fäkalien beschmutzen musste. Die Goldgräber aber konnten mir nur leid tun. Selbst der Titel dieser Arbeit höhnte voller Spott, wie auch die Menschen immer für diese Arbeiter zur Genüge übrig hatten. Wäre es doch echtes Gold, so wären sie Helden, aber so gehörten sie zu der untersten Schicht einer Gesellschaft, und es geschah nicht selten das einer dabei sein Leben lassen muss, wenn in eines dieser großen Brunnen fällt, wenn sie es ausschöpfen oder entsorgen wollen.   „So, genug gequatscht, wir sollten anfangen, aber dafür musst du dich erst einmal umziehen.“   „Umziehen?“, fragte ich erstaunt.   „Natürlich oder willst der Dorftrottel für die anderen sein?“   „Nein“, rief ich sofort aus.   „Na also. Neben dem Schweinestall haben wir eine kleine Kammer gebaut, dort gibt es Schürzen aus Leder und auch alte Lumpen die du für die Arbeit anziehen kannst. Wir stellen uns auch immer ein Eimer Wasser zum Waschen hin, hier in der Nähe ist ein Brunnen. Auch haben wir Stiefel, du musst nicht in deinen feinen Schuhen arbeiten“, lächelte er.   Eilig führte er mich dort hin und schob mich direkt hinein und schloss hinter mir die Tür.   „Beeile dich bitte, wir sind schon genug aufgehalten worden.“   Ich sah mich um. Es war wirklich sehr klein. An einer Wand hingen Kleidungsstücke, die sicher bereits von vielen verschiedenen Menschen getragen wurden und hier und dort geflickt worden waren. Auf der Gegenüberliegenden Wand hinten die Mistgabeln, wie auch die Schaufeln und auch eine Bank stand darin, unter der Stiefeln in den verschiedensten Größen standen. Ich legte mein Kleid ab und legte es ordentlich zusammen auf die Bank, zog mir eines dieser Lumpen über, wie auch eine von den Schürzen von denen Kendall gesprochen hatte. Meinen langen Zopf knotete ich mir geschickt zusammen, so das er nicht herum baumelte und Gefahr lief mit dem Mist in Berührung zu geraten. Ich nahm mir auch die kleinsten Stiefel, die mir aber immer noch ein wenig zu groß waren, aber so lange ich nicht damit rennen musste, passten sie. Neu ausgestattet ging ich hinaus.   „Reizend“, lächelte Kendall belustigt.   Eiligen Schrittes liefen wir zurück, und kümmerten uns um die Schafe. Kendall hatte die Luken geöffnet und warf das Heu mit seiner Heugabel hinauf, während ich sie verteilte. Zu zweit ging es schnell voran und so konnten wir bald weiter zu den Schweinen gehen. Bei ihnen war der Mist natürlich noch nicht hinunter geworfen worden und so öffnete er die Fenster, damit wir beginnen konnten.   So ging es den ganzen Tag. Wir liefen von einem Stall in den nächsten. Als wir bei den Kühen ankamen sahen wir von weitem wie einen Karren mit zwei Pferden davon traben. Zwei Männer konnte ich auf der Kutsche erkennen, mit einer unbekannten Fracht die unter einer Decke verhüllt war.   „Das sind die zwei Melker“ sagte Kendall und beantwortete somit gleich meine unausgesprochene Frage. „Wir haben nicht gerade wenig Kühe und es braucht seine Zeit alle zu melken.“ „Aber wird die Milch nicht schlecht wenn sie den ganzen Tag hier herumsteht?“   „Nein. Wir schütten sie in metallenen Behältern um und nicht in Holzeimern wie ihr vom Lande. Diese werden auch in einer Kammer im Keller gelagert, so das sie schön kühl sind und nicht so schnell warm werden. Das funktioniert ganz gut. Aber es wird am Tage so viel Milch versoffen das nichts übrig bleibt um schlecht werden zu können“, lachte er.   Nachdem wir auch mit den Kühen fertig waren, fuhren wir mit einem Einspanner zurück zum Schweinestall, so das ich mich umziehen und waschen konnte. Mich wieder sauber und frisch fühlend setzte ich mich wieder zu ihm auf den Karren und so fuhren wir über einen anderen Weg, als ich mit Catriona hierher gelaufen war, zurück.   Vor uns sahen wir bald einen Zweispanner, der sich auf den Weg eingereiht hatte. Darauf waren sämtliche Feldarbeiter und auch Mackenzie und Deirdre konnte ich erkennen. Sie waren von oben bis unten schmutzig, sicherlich hatten sie sich ganz ungeschickt angestellt oder waren sogar in den Dreck gestürzt. Belustigt lächelte ich sie an, da ich es mir einfach nicht verkneifen konnte. Auch Kendall erging es nicht anders und rief dem anderen Männern lachend zu: „Hübsche Mädels habt ihr an Bord.“   Die anderen stimmten auf der Stelle mit ein. „Ja wenn sie auch so anpacken könnten, wie sie heut morgen noch hübsch waren“, rief einer belustigt.   „Tja Schönheit ist eben nicht alles“, entgegnete Kendall.   Ich konnte nicht umhin loszuprusten und mir die Hand vor dem Mund zu halten.   „Hast du schon einmal eine Kutsche gelenkt?“, fragte Kendall und sah mich neugierig ein.   „Nein“, sagte ich ehrlich. Ich war noch klein als wir unsere einzige Kutsche verkauft hatten um etwas Essen kaufen zu können.   „Versuch es mal“, sagte er und drückte mir sogleich die Zügel in die Hand.   Ich war so überrascht das ich mich nicht so recht traute sie zu ergreifen, so legte er seine Hände über meine und lenkte.   „Siehst du, es geht ganz einfach. Wenn du nach links lenken willst, musst du nur den linken Zügel anziehen und umgekehrt.“   Für einen Moment durch seine Berührung seiner warmen Hände aus der Fassung gebracht, ergriff ich mutig die Zügel, schüttelte seine Hände ab und lenkte den Karren selbst. Es bereitete mir riesigen Spaß einmal die Pferde selbst zu lenken, statt immer nur neben her zu laufen oder auf dem Karren zu sitzen und so ergriff mich der Übermut und ließ mich die Pferde sogar im Trab laufen.   „Dir scheint es zu gefallen“, lachte Kendall und nahm mir erst kurz bevor wir die kleine Stadt erreicht hatten, die Zügel ab. „Durch die engen Straßen will ich dich jedoch nicht fahren lassen, sonst passieren noch Unfälle“, stichelte er. Darauf erwiderte ich nichts. Verwirrt saß ich da, dachte über den Tag nach und wusste nicht was ich fühlen sollte. Hatte Aileen mir nicht gesagt, das ich nichts zu befürchten hätte? Und doch konnte ich diesen Barbaren nicht trauen, diesen Ungeheuern, die meiner Familie und das Land in Armut und Angst leben lassen. Und doch fühlte ich mich ungewollt gut in seiner Nähe, was ich ihm aber nicht zeigen wollte und die zur Seite tretenden Menschen beobachtete. Im Licht der untergehenden Sonne hatten die Augen dieser Barbaren ein sehr schönes Glühen in sich, doch barg sie eine monströse Gefährlichkeit in sich. Als ich an all die Jahre zurückdachte, die wir in Kummer und Armut wegen ihnen leben musste, gelobte ich mir, mich niemals mit einem anzufreunden. Mir würde nichts übrig bleiben als hier zu leben, doch Freundschaft sollten sie von mir niemals erhalten und schon gar nicht mehr.   In den Ställen des Schlosses angekommen, stiegen wir ab und übergaben den Stallknechten die Pferde, die sie ab sattelten. Bei näherem hinsehen konnte ich feststellen das es zwei Menschen waren. Kendall begleitete mich bis vor das Frauentor, wie ich es gedanklich schon nannte, hinter der sich unser neues zu Hause befand.   „Morgen früh hole ich dich direkt mit dem Karren ab, sie zu das du um fünf hier bist. Wenn du auf dein Frühstück nicht verzichten willst, kannst du eure Köchinnen fragen, sie werden dir etwas herrichten“, sagte Kendall und sah mich eindringlich an.   Ich blickte ihm nur kurz entgegen und senkte meinen Blick, so schön und anziehend diese Augen auch waren, doch ansehen konnte ich sie nicht. Sie bargen so schmerzvolle Erinnerungen, das auch die Schönheit sie einem nicht vergessen ließ.   „Na dann bis morgen“, sagte Kendall etwas bedrückt und ging seiner Wege. Ohne ihm noch eines Blickes zu würdigen ging ich hinein und wollte die kurze Zeit noch genießen, bevor Mackenzie und Deirdre kamen und ihre Wut an mir auslassen würden.   Kapitel 17: ------------ Kapitel 17 Die gefährlichste Dunkelheit ist die in deinem Inneren... Is é an chuid is mó contúirteach sa dorchadas i do taobh istigh...     Wie erwartet straften mich Mackenzie und Deidre mit verletzenden Kosenamen und übertriebenen, erlogenen Behauptungen. „Gib es zu, du fühlst dich hier wohl und ehe wir es versehen wächst dein Bauch.“ „Hat das Kuhschwänzchen einen schönen Tag gehabt an der Seite ihres neuen Freier?“ „Verständlich das dir einer dieser Ungeheuer dir hässliches Ding schöne Augen macht.“ Einzig Aileen nahm mich in Schutz, die anderen äußerten sich nicht wirklich dazu, als schienen sie zu spüren das mit Mackenzie nicht gut Kirschen essen war. „Sie werden irgendwann damit aufhören, sie sind nur gekränkt, weil die feinen Damen auf dem Feld arbeiten müssen, doch werden sie bald erkennen, dass.....“ So gut Aileen es auch mit ihren tröstenden Worten gemeint hatte, wirklich zuhören konnte ich ihr nicht. Es waren nicht die Beleidigungen die mich von diesen vermenschlichten Ziegen von allen Seiten einschlugen, sondern die Tatsache das sie wohl recht hatten. Etwas stimmte doch nicht mit mir. Ob es meine Eltern bereits gemerkt hatten? Ist mein Leben deshalb so verlaufen? Weshalb sonst hatten es alle auf mich abgesehen. Während ich Aileen nur mit einem halben Ohr zuhörte, erinnerte ich mich an die Geschichte von Seanmháthair. Sie glaubte mich immer vom Schicksal begünstigt, als ich ihr in einer Nacht zurückgegeben wurde, als sie bereits befürchtet hatte, ich sei ihr genommen worden. Nie wollte sie weiter darüber reden, egal wie sehr ich noch danach fragte, als ich alt genug war, doch sie wollte es mir erst im rechten Alter erzählen. Doch unverhofft starb sie einen schnellen Tod. Zu der Zeit lief ich Stundenlang mehr nur als mit einem unguten Gefühl herum, doch konnte ich es nicht bestimmen. Máthair hatte mir immer versichert das einer meiner Bruder nach ihr gesehen hatte und das es ihr gut erginge, doch entsprach es letztendlich nicht der Wahrheit. Seanmáthair's Husten wurde zunehmend schlimmer und hatte schon bald nicht mehr die Kraft um sich die heilenden Kräuter zu besorgen und sich ein Sud daraus zu kochen. Tod, kalkweiß und merkwürdig eingefallen hatte ich sie entdeckt als ich sie unerlaubt aufgesucht hatte. Der Verwesungsgeruch hatte sich bereits ausgebreitet und der unsägliche Duft war mir noch Wochen danach ins Gedächtnis eingebrannt. Auch war mir der Gedanke je wieder zu ihrer Hütte zurückzukehren unmöglich. Immer hatte ich mir vorgestellt wie ich eines Tages zurückkehrte und es als mein Eigen behielt um meiner herrischen Mutter zu entkommen. Eine Art Rückzugsort, wenn nicht sogar als neues Heim. Doch soweit sollte es nie kommen. Mein Fehler war es das ich diesen Moment so lange hinausgezögert hatte. Ich glaubte ich hätte noch Zeit. Jahrelang glaubte ich verschwommene Erinnerungen behalten zu haben, doch war ich mir nie sicher. Abgesehen von einem Traum, an dem ich mich nur sperrlich erinnern konnte, besuchte mich dann und wann einmal. . Besonders in den Zeiten an denen ich um Seanmáthair trauerte oder viel an sie dachte. ******** Die erdrückende Wärme des Feuers umschlang mich, das Licht flackerte und erhellte den Raum nur spärlich. Sanfte Hände fahren durch meine Haare, sie umschmeicheln mich, ein Kamm fährt vorsichtig durch meine Längen. Ich fühle mich geborgen und schließe genießend die Augen. Die alten Hände flechten meine Haare zu einem langen Zopf ohne das schmerzliche Ziehen. Ein Blöken drang von draußen herein und Glocken erklangen. “Betty ist wohl hungrig”, sagte die leise, krächzende Stimme hinter mir. Ohne weiter nachzudenken befreie ich mich und laufe aus der dunklen Hütte ins Licht. Die Ziege stand neben der Tür und beschnuppert mich interessiert. Nachdem ich sie gestreichelt habe, laufe ich über die kleine Lichtung und sammle die bunten Blumen, die in den letzten Wochen gewachsen waren. Plötzlich war es dunkel, ich fand die Hütte nicht mehr... Seanmáthair? Wo bist du? Der Wald ist so dunkel, überall gruselige Geräusche... eine Eule? Meine kleinen Füße tragen mich weiter, über die dicken Wurzeln der Bäume. Ich kratze mich an den Dornen eines Busches, es ist so dunkel Seanmáthair. Wo bist du nur? Weiter laufe ich den holprigen Weg entlang, es ist kalt. Was war das für ein Geräusch? Schnell laufe ich den Weg weiter, der Wald lichtete sich nicht. Seanmáthair suchst du mich? Ich laufe zu dir, schnell werde ich da sein, du wirst sehen. Mach dir keine Sorgen. Das Licht des Mondes weist mir den Weg, es wird heller. Ein Rauschen ist in der Ferne zu vernehmen. Schnell wie mich meine Füße tragen können renne ich weiter, schneller und schneller. Dort ist der Mond, er führt mich hinaus, die Waldkronen werden lichter. Ich laufe auf einer offenen Wiese, es ist rutschig vom Regen, ich rutsche. Meine Kleidung ist schmutzig, bist du mir böse Seanmáthair? Dort geht es tief hinunter. Das Wasser schimmert. Die Wellen rauschen schnell ihren geebneten Weg entlang. Ich rutsche, es ist so kalt und matschig. Ein Schrei entfährt mir aus der Kehle. Seanmáthair ich werde fallen? Tut es weh? Ein lautes Geräusch, ich habe es nie gehört. Hat ein Pferd geschnaubt? Da ist etwas im Busch, Seanmáthair. Goldene Augen blicken mir entgegen. Ist es ein Einhorn, von denen du mir einst erzählt hast, Seanmáthair? Lange helle Beine laufen lautlos auf mich zu, die Augen lassen mich nicht aus ihren Bann. Ich rutsche Weiter, das Gras entzieht sich meinen Händen. Seanmáthair ich falle. Ehe ich durch die Luft fliege hält mich etwas fest. Das Einhorn hält mich mit seinem Maul fest, es trägt mich, fort von der Schlucht. Meine Füße hängen in der Luft über dem Gras, ich kann die Hufe sehen. Sie sehen so merkwürdig aus, Seanmáthair. Das Einhorn trägt mich in den Wald, dort ist es weich und warm, es wird dunkel. Ich bin müde Seanmáthair. Ich liege auf etwas weichem, es bewegt sich. Die Strahlen des Mondes leuchten mir ins Gesicht, die Geräusche im Wald sind nicht mehr gruselig. Goldenes Licht am Ende des Waldes. Dort ist eine Lichtung. Seanmáthair rufst du mich? Das Einhorn legt sich hin, stubst mich von sich hinunter, schiebt mich auf dich zu. Ich sehe dich Seanmáthair. Ich schaue zum Einhorn, doch sehe ich nur noch die Augen zwischen den Büschen, ehe sie verschwinden. Deine Arme umschlingen mich, du tust mir weh, Seanmáthair. Drück mich nicht so doll. Ich freu mich auch dich zu sehen. Wo ist das Einhorn, Seanmáthair? Es ist weg. Es war so schön. ******** Dieser merkwürdige Traum hat mich den ganzen Morgen beschäftigt. War es nur Traum oder Wirklichkeit? Noch immer spüre ich die feste, klammernde Umarmung von Seanmáthair. Ihren herben Duft nach Kräuter und Holz, Ruß und Moder. “Geht es dir gut?”, trat Aileen an meiner Seite und strich mir besorgt über meinen Arm. “Sie sieht so blass aus und verstört aus. Hast du davon geträumt wie du dich diesem Kendall heut im stinkenden Heu hingibst?”, stichelte Mackenzie mit einem boshaften Grinsen. “Wohl eher war das dein Traum Mackenzie. Habe schon gehört wie du Kendall angestarrt haben sollst”, gab Aileen unbeeindruckt zurück und würdigte der dämlich guckenden Kuh keines Blickes. Wie gewünscht hielt Mackenzie ihre vorlaute Klappe und drängte sich beleidigt an uns vorbei um sich zu waschen. “Du siehst wirklich blass aus, ich hoffe du wirst nicht krank”, sagte Aileen und sah mich forschend an. “Nein, nein”, sagte ich beschwichtigend. “Es geht mir gut, ich habe nur geträumt.” “Ein Alptraum?”, fragte Aileen besorgt. “Ich bin nicht sicher”, sagte ich nur. Gerne hätte ich mich jemandem anvertraut, doch kannte ich Aillen nicht gut, auch wenn ich sie jetzt schon mochte. Manchmal war Sympathie nicht genug. Der Herz fühlte sich schwer in der Brust an, so kalt, so einsam, so verloren in der Ferne der Fremde. Ich hatte mir eingeredet das es mir hier nicht schlechter gehen würde als in meinem Dort, bei meiner unliebsamen Familie, doch fürchte ich jetzt daran zu zerbrechen. Niemand mehr da, ich bin allein an diesem fremden Ort. Keine Familie, keine Freunde, keine Dazugehörigkeit. Was war damals geschehen? Was hatte Seanmáthair das Leben gekostet? War es wirklich der Husten der sie dahin gerafft hatte? Warum nur beschäftigte mich diese unsägliche Frage nun? Der Traum ließ mich lange Zeit nicht mehr los, brannte sich in mein Innerstes. Trauer und Einsamkeit legten sich um mein Herz, mehr und mehr. Die ganze Woche lang erging es mir so, nichts vermag mich aus meiner Trance zu holen, aus meiner Traurigkeit. Mehrmals hatte Aileen versucht mit mir zu reden, doch ergab sich nie ein passender Augenblick in dem man allein sein konnte. “So in Gedanken schöne Maid?”, lächelte Kendall als er am frühen Morgen am Frauentor auf mich wartete. Ich nahm ihn nur am Rande wahr, war noch völlig benommen, eingenommen. Würde mein Leben nun ewig so weiter gehen? Immer ungeliebt und abgewiesen? Wie mag es wohl meiner Mutter ergangen sein, die sich erst zum Schluss zu ihrer Tochter bekannt hat? Sicherlich glaubt sie ich wäre schon tot. Mit dem Wissen das sie nicht die Kraft hatte noch einmal ein Kind zu verlieren, trauerte ich bereits um sie, als stünde ich vor ihrem Grab. Ob mein Vater das eine oder andere Mal an mich dachte? Oder meine Brüder? Manchmal begann ich selbst Olivia und die anderen zu vermissen und doch wusste ich das es unsinnig war. Warum sollte ich Menschen vermissen die mir nur Leid zufügen wollten? War ich nun schon so verquer im Kopf das ich in dem altbekannten Schmerz Vertrautheit suche? Mackenzie, Deirdre und Kayla füllten diesen Platz doch wunderbar aus. Mit Schrecken erkannte ich das ich vollends allein war. Selbst Fearghus, nein... Lugus bedeutete mir nichts mehr. Ich sah ihm nur mit Abscheu und Hass entgegen. Mein einziger Freund hatte mich belogen, meine Art von Freund. Aileen war so lieb und geduldig mit mir, doch fühlte ich mich innerlich so tot und leer, das mich ihre tröstenden Worte nicht erreichten. Manchmal saß ich weinend an einem stillen Ort und fragte mich ob es jemandem interessieren würde, wenn ich mich aus dem Fenster in die tödliche Tiefe stürzte. Wie schon so oft stand ich nun am Fenster oben im Frauenturm, die anderen speisten gerade zu Abend. Niemand hier, niemand der mich aufhalten könnte... wenn es denn einer tun würde. Doch bestimmt. Niemand würde sich diese Bürde freiwillig aufhalsen. Ich öffnete das Fenster, die Lichter der treibenden Stadt und unserer Häuser strahlten mir entgegen. Nur ein Schritt und alles Kämpfen ist vorbei, flüsterte eine Stimme in meinem Inneren. Die kühle Brise umschmeichelte meine Gestalt, streichelte meine Wange, wie eine Liebkosung, als wollte sie mich zu sich nach draußen führen. Der Turm war hoch, die Steine hart, ich wäre bereits tot ohne zu merken das ein Unglück geschehen war. Doch dann dachte ich an Sophie und daran das ich sie nicht enttäuschen wollte. Auch konnte ich mir nicht sicher sein ob sie sie dann nicht doch noch holen würden an diesen merkwürdigen Ort mit diesen unseligen Gestalten. Das wollte ich ihr nicht antun. So schloss ich das Fenster und lebte mein Totenleben weiter. Lief wie eine leere Hülle umher und tat was man von mir verlangte. Selbst wenn mich einer dieser Barbaren mit Gewalt nehmen würde mit seiner perversen Lust, ja selbst wenn es Lugus selbst wäre, es wäre mir gleich. Ich fühlte nichts mehr, außer die tiefsitzende Dunkelheit in meinem Herzen, die mich von innen heraus auffraß. Die Arbeit ging mir leicht von der Hand. Wie eine Marionette tat ich meine Pflicht, ohne Pause oder einmal einen Moment inne zu halten um zu ruhen. Den ganzen Tag war ich wie in Trance, gar nicht wirklich da. Umringt von diesem fremden Ort, von diesen Barbaren, die unsere Gefängniswärter waren, nichts brachte mich aus der Ruhe. “Du bist die ganze Zeit merkwürdig still, was bedrückt dich denn schon die ganze Woche?”, fragte Kendall als er den letzten verkoteten Heuhaufen aus dem Fenster des Ziegenstalles geworfen hatte und sich den Schweiß von der Stirn strich. “Nichts”, sagte ich nur abweisend und verrichtete meine Arbeit ohne ihn weiter zu beachten. “Hör zu, ich kann verstehen wenn du....” “WAS VERSTEHST DU SCHON, DU BARBAR?”, schrie ich aus vollem Hals. Ehe ich es selbst begriff saß ich am Boden, bittere Tränen rannen meinen Wangen hinunter. Meine Hände in meine Arme gekrallt. “Allison ich....” “LASS MICH!”, schrie ich hysterisch, “FASS MICH NICHT AN!” Weinend saß ich in der Ecke des Stalles, die Ziegen vor Schreck von mir gewichen. Alles stürzte auf mich ein, so viele Bilder und Gefühle rauschten durch meinen Kopf, ich fühlte mich überfordert, überrannt, allein... Seanmáthair, wo bist du? Kann ich nicht zu dir kommen, können wir nicht endlich vereint sein? Auch will ich meine liebe Tante wieder bei mir haben. Die Arme um mich geschlungen, mein Kopf auf meine Knie gebettet, weinte ich unaufhaltsam in mich hinein und schloss alles um mich herum hinaus. Mit offenen Armen begrüßte ich die schwarze Dunkelheit meiner Seele.   Kapitel 18: ------------ Kapitel 18 ...doch gibt es manchmal ein Licht am Ende des Tunnels ...ach uaireanta tá solas ag deireadh an tolláin Ich nahm nichts mehr wahr. Nur noch durch einen dicken Schleier hörte ich die Stimmen, sah das Geschehen. Kendall hatte mich in seine Arme genommen, beruhigend auf mich eingeredet, doch lag das Dunkel schwer und bleiernd auf mir. Nichts vermochte mich zu ihm zurück zu bringen. Ich konnte nicht, hatte nicht die Kraft. Oder wollte ich nicht? Weiter schossen die Erinnerungen vergangener Zeiten auf mich ein. Sah die Gesichter geliebter und weniger geliebter Menschen. Alles schien so real, so echt, das ich glaubte den Schmerz noch einmal zu verspüren, als mein Athair mir eine Ohrfeige schlug, meine Mháthair mich aus vollem Hals anschrie, die ekelerregenden Berührungen meines Uncails auf meiner Haut. Das traurige, blasse Gesicht meiner Aintín spukte mir unablässig durch den Kopf, brachten mir schlimme Befürchtungen in den Sinn. Ich sah ihren geschundenen, nackten Körper auf dem Waldboden liegen. Schmutzig, blutbeschmiert und in Stücke gerissen. Sophie sah ich unglücklich in ihrem Zimmer, weinend um mich, weinend um sich, ihr weißes Hochzeitskleid mit Tränen benetzend, welches später Blutverschmiert und zerschlissen neben ihrem Ehebett liegt. Kendall hatte mich sogleich zurück zum Schloss gebracht. Am Frauentor war er auf niemandem gestoßen und hatte mich kühn einfach selbst hinauf in den Turm getragen. Dort legte er mich in mein Bett, wobei ich mich zu einem späteren Zeitpunkt gefragt hatte woher er wusste das es mein Bett war. „WAS HAST DU HIER ZU SUCHEN?“, rief eine aufgebrachte Stimme. „Oh, Aileen... tut mir leid. Ich habe nur Allison hergebracht, ich fürchte es geht ihr nicht gut“, stammelte er. „Was? Aber was hat sie denn?“, fragte sie besorgt und setzte sich zu mir auf die Bettkannte. Ich spürte wie sie mir sacht über das Haar strich. „Allison, was ist los? Geht es dir nicht gut? Soll ich Kayla rufen, sie findet schnell raus....“ Sie hörte auf zu reden, als sie merkte wie ich beim Klang des Namens dieser mir mehr als unbehaglichen Frau zusammenzuckte. „Ich glaube sie hat einen Nervenzusammenbruch. Sie hat geschrien als würde ich sie anfallen wollen und hat sich in ihre eigene Welt zurückgezogen“, erklärte Kendall. „Ich muss dann mal wieder los, es gibt noch einiges zu tun in den Ställen, kommst du heute in den Silbernen Mond? Dann kannst du mir erzählen wie es ihr ergeht.“ „Natürlich“, sagte Aileen und verabschiedete sich unzureichend. „Padraig wird auch da sein“, lächelte Kendall und schloss die Tür hinter sich. Lange war Aileen bei mir gesessen, hatte mich gestreichelt. Gab mir die Wärme die ich brauchte, obgleich ich eine volle Stunde lang nichts erwidern konnte. „Schön das du da bist“, krächzte ich als ich wieder glaubte ich selbst zu sein. „Weißt du, als ich einige Tage hier war erging es mir ebenso wie dir“, begann Aileen zu erzählen, legte sich zu mir und strich mir unablässig über den Kopf. „Von meiner Familie fortgerissen und alles was ich kannte, stand ich hier in dieser fremden Welt, nicht ahnend was mich erwartete. Wie du glaubte ich hier in der Hölle gelandet zu sein, und bald einen grausamen Tode sterben zu müssen. Ich gehörte zu den ersten Mädchen die hierher verschleppt wurden, niemand konnte mir sagen das alles nicht so ist wie es mir erscheinen mochte. Wir Mädchen hielten verbissen zusammen, trauten uns nicht allein irgendwo herumzulaufen. Anfangs auch nicht hier, in unserem Reich. Wenn sich eine entleeren musste, sind wir alle zusammen gegangen, verspürte eine Hunger, ebenfalls. Kayla machte uns besonders Angst. Wir dachten das sie uns eines Tages nacheinander holen würde um... na ja... ein Kind zu empfangen. Wochenlang ging es mir nicht gut, ebenso wie dir jetzt. Die anderen versuchten mich aufzubauen, doch steckte ich sie mehr mit meiner Bürde an, als das sie mir helfen konnten. Eines Abends bat … na ja, befahl mir Kayla in der Schenke Silberner Mond auszuhelfen. Du kannst dir vorstellen wie verängstigt ich war. Umringt von diesen Männern die sich mit Alkohol begossen. Außer mir mussten noch zwei andere hinter der Theke stehen. Es passierte den ganzen Abend über nichts, aber dennoch waren meine Sinne angespannt als könnte in jedem Augenblick etwas unaussprechliches geschehen. Doch das einzige das geschah war Padraig“, lächelte sie verträumt. Verwundert drehte ich mich zu ihr um und sah sie verständnislos an. „Padraig?“, stieß ich verächtlich aus. „Ich verzeihe dir den Tonfall“, lachte Aileen. „Ist er einer von ihnen?“, fragte ich besorgt. „Allison, ich verstehe das du das Gefühl hast allein zu sein, umringt von diesen... Fremden, doch glaub mir, sie sind auch nur Menschen und in vielerlei Hinsicht anders als die, mit denen ich zuvor leben musste. Vielleicht willst du das jetzt noch nicht verstehen, aber das dauert nicht mehr lange, bis du das merkst. Und vergiss nicht, falls du Sorgen hast, ich bin für dich da. Lass uns Freundinnen sein. Ich mag dich sehr und wünsche mir das du dein Leben bald genießen kannst, so wie ich“, lächelte sie aufmunternd. Es war ein fremdes Gefühl diese Worte aus ihrem Mund zu hören und ich vermag sie noch in Jahren nicht zu beschreiben, doch spürte ich bei dem Wort Freundinnen wieder etwas Wärme in mir und glaubte mich aus diesem tiefen Loch in dem ich gefallen war zu befreien. Die nächsten Tage ergab ich mich meinem Schicksal. Wandelte wie eine leblose Hülle durch die Straßen, verrichtete meine Arbeit, schlief und aß um bei Kräften zu bleiben um jeden Tag meine mir auferlegte Pflicht zu tun. Sieh mit dem Herzen!, schoss mir die Stimme von Seanmháthair durch den Kopf und ließ mich heftig zusammenzucken. “Was ist heute nur los mit dir?”, fragte Kendall verwirrt und starrte mich an. „Nichts. Es geht mir gut“, wandte ich ein und beobachtete Kendall einen Moment, als er begann sich wieder seiner Arbeit zu widmen. Ob Allison recht hatte und sie wahrlich keine Ungeheuer waren? Die nächsten Wochen verliefen recht eintönig. Zumindest für mich. Meist blieb ich allein, da ich noch immer nicht im Stande war mich auf dieses neue Leben einzulassen. Manchmal zog mich Aileen doch mit, und versuchte mich näher mit den anderen bekannt zu machen. Doch leider verlief es nie so wie sie gehofft hatte, in der großen Traube aus vielen Mädchen ging ich schnell unter. Alle schnatterten sie wie Gänse wild durcheinander und lachten, und meine Teilnahmslosigkeit schien ein Tuch über mich zu werfen, welches mich für sie völlig unsichtbar machte. Nachdem ich mich zwei Wochen in den Mädchenturm zur Einsamkeit verdammt hatte, begann ich mich in der Stadt in der ich wohl nun mein restliches Leben fristen würde, umzusehen. Ich lief ziellos durch die Gassen, sprach jedoch mit niemanden, sah meistens zu meinen Füßen und ließ mich mit niemanden in ein Gespräch verwickeln. Schnell war mir aufgefallen das es ungewöhnlich viele Hunde gab, die überall zu sein schienen. In jeder Straße, neben jeder Tür liegend, manche halfen sogar bei leichten Arbeiten, was mir so manches Mal ein Schmunzeln ins Gesicht zauberte. Ein Grauer hatte sich zu einem Packesel degradieren lassen und schleppte Tontöpfe auf einem speziell dafür erbautes Zaumzeug seinem Herrchen hinterher. Erstaunlich vorsichtig war er hinter diesem her getapst und achtete darauf nicht zu nahe an den Häusern entlang zu laufen um die Tontöpfe nicht zu beschädigen. Ein Schwarzer hatte auf eine Art Spielplatz auf die kleinen Kinder aufgepasst, hat sie davon abgehalten fortzulaufen und auf seine Art, mit der Zunge verarztet, wenn sie sich das Knie aufgeschlagen hatten. Diese Hunde waren schon sehr groß gebaute, intelligente Tiere. Mein lieber Wachhund von unserem Hof im Dorf war schon sehr groß, doch diese überragten ihn noch um einen Kopf. Es gab einen Grauen mit einer süßen weißen Schnauze mit dem ich mich bereits ein wenig angefreundet hatte. Anders als die anderen hatte er mich eingehend beschnuppert und betrachtet. Manchmal hatte ich das Gefühl das er mir direkt in die Augen sah, obgleich Hunde es ja niemals taten. Wenn ich in die Stadt ging, kam er oft wie aus dem Nichts und begleitete mich ruhig, als wäre es etwas selbstverständliches. An vielen Momenten war ich nicht so sicher ob er mir folgte oder ich ihm, doch es war mir gleich, denn schnell merkte ich das ich tatsächlich keiner Gefahr hier hinter den Mauern ausgeliefert war und ich durch den Grauen immer wieder leicht zurück zum Frauenturm fand. Einzig der Stolz gebot es mir mich nicht mit diesen Barbaren zu unterhalten. Auch wenn mir keine Gefahr drohte, nahm ich es ihnen dennoch übel mich entführt und aus meinem zu Hause gerissen zu haben. Eine weitere Woche war vergangen als ich mir nicht mehr so sicher war ob sie mich tatsächlich aus meinem zu Hause entführt hatten. War es nicht mein ehemaliges Zu Hause gewesen, welches mich jahrelang unterdrückt und unglücklich gemacht hatte? Bald musste ich mir eingestehen und erkennen das es mir hier im Grunde nicht schlecht erging. Niemand wollte mich unterdrücken und abgesehen von Mackenzie, Deirdre und gelegentlich Kayla, machte sich niemand lustig über mich oder wollte Streit mit mir haben. Sogar das Arbeiten begann mir Spaß zu machen, ich fühlte mich nicht dazu gezwungen, sondern so als wäre ich ein Teil einer großen Gemeinschaft und gab so gut ich es konnte, meinen Beitrag dazu. „Es tut mir leid, Kendall“, sagte ich an diesem Morgen unvorbereitet an ihn gerichtet. Kaum hatte ich es gedacht, war es schon ausgesprochen. Im ersten Moment schien er noch etwas verwirrt und sah mich entgeistert an – offensichtlich hatte er niemals damit gerechnet, das jemals wieder ein Wort an ihn von mir käme. „Ich hätte nicht...“, wollte ich mich erklären. „Schon gut“, winkte er nur ab und lächelte mich an. „Ich kann verstehen das es schwer ist von seiner Familie fortgerissen zu werden und dann auch noch plötzlich harte Arbeit verrichten zu müssen.“ „Ehrlich gesagt, kannte ich es nicht anders...“ „Deine Eltern haben dich arbeiten lassen? Aber für deinen Stand....“ „Ich gehöre keinem Stand an, meine Eltern waren arme Bauern und ich wurde mit der Bürgermeister vertauscht.“ „Deine armen Eltern. Die Tochter einfach weggenommen...“, sagte er mitleidig. „Offen gesagt haben sie es freiwillig getan. Es gab Geld und eine Kutsche und...“ „WAS? Sie haben dich für Reichtümer hergegeben? Ihr eigenes Kind?“, rief er plötzlich wütend aus und seine Augen blitzten so Hasserfüllt als wolle man ihm sein eigenes nehmen. „Na ja es...“, versuchte ich sie zu verteidigen - wohl aus uneingeschränkter Liebe die Kinder nun mal zu ihren Eltern empfinden - doch fiel ihr nichts ein. „Verteidige niemanden der es nicht verdient hat. Ich kann verstehen das es die merkwürdigen erscheinen mag das ich so etwas sage, wo ich doch zu den Barbaren gehöre, doch sollten Eltern ihre Kinder niemals freiwillig fort geben. Schon gar nicht so eine Schönheit“, lächelte er so charmant das ich nur verlegen wegsehen konnte. So war das Eis gebrochen und ich sah Kendall nicht mehr als Monster an. Den ganzen Tag erzählte ich ihm Geschichten aus dem Dorf und betrunken und ungehobelt Lugus so manches Mal war, was mir ungläubige große Augen Kendalls einbrachte. Es war der erste Tag, denn ich seit ich denken kann so richtig genoss. Die Sonne schien heiß auf uns herab, die Arbeit ging uns leicht von der Hand und ich fühlte mich wie von einer schweren Bürde befreit. Mit einem Schmunzeln im Gesicht betrachtete ich die neue Welt die sich während der Rückfahrt mir erschloss. Mit gebannten Augen, als sähe ich alles zum ersten Mal beobachtete ich die Menschen und bewunderte die schöne, saubere Stadt. „Lächle so oft du kannst, Allison. Es steht dir sehr gut“, verabschiedete Kendall sich von mir. Ich war froh das er sogleich umkehrte, so sah er nicht meine geröteten Wangen. Er war ein lieber, gutaussehender Mann, so einen hätte ich gerne in Dylan gefunden, dachte ich ein wenig wehmütig. Doch nun gab es keinen Dylan mehr und ich war eine freie Frau. “Kommst du mit in unser Aufenthaltsraum? Dort treffen wir uns Frauen ein Mal im Monat um mal unter uns zu sein. Geschichten erzählen, Musik, Tanz, Wein und gutes Essen. Komm Allison, es wird dir gefallen und dich von deinen trüben Gedanken ablenken”, drang Aileen in mich ein als ich in unser Gemeinschaftszimmer getreten war. „Nein danke“, wimmelte ich sie ab. „Ich will noch ein wenig zur Ruhe kommen und nachdenken.“ „Denk nicht so viel über vergangenes nach“, sagte Aileen besorgt und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Mach dir keine Gedanken, mir geht es wieder viel besser. Ich will nur … einen Abschluss finden“, beschwichtigte ich. Nach einem forschenden Blick ihrerseits lächelte sie und ging mit den anderen heraus. Ich trat ans geöffnete Fenster, genoss die warme Brise und beobachtete die anderen Mädchen, die ins Nebengebäude gingen. Diese Mädchen würden nun meine Freundinnen und meine Familie sein. Zumindest Aileen. Sie war die Einzige in den letzten Wochen die mich nicht aufgegeben hatte. Ich hatte ihr viel zu verdanken, vielleicht sogar mein Leben. Mit klopfenden Herzen trat ich noch einen Schritt ans Fenster und sah hinunter. Nicht einen Augenblick dachte ich daran mich da hinunter zu stürzen und dieses Vorhaben erschien mir nun sehr absurd. Nachdem mir etwas flau im Magen wurde, während ich hinunter starrte, schloss ich es und lief nachdenklich durch den Schlafsaal. Meine Eltern hatten mich fortgeschickt für weltliche Reichtümer, meine Mháthair war sicherlich gestorben, womöglich wie es meine arme Aintín ergangen war. Mein Athair und meine Brüder hatten nur unzureichend Interesse an mir und Sophie.... ich hoffte das es sich gelohnt hatte und Sophie ein achtbares und schönes Leben führen konnte, vielleicht sogar mit einem annehmbaren Mann an ihrer Seite. Mich aber hielten nun alle für tot und so war ich allein auf der Welt. So verabschiedete ich mich von meinen Lieben und schloss mit meinem alten Leben ab. Nie wieder würde ich an mein altes Leben denken, ich wollte nie wieder an den alten Schmerz erinnert werden, ihn nie wieder verspüren. Das letzte Mal liefen die Tränen um mein Schicksal und den Verlust meines zu Hauses. Nachdem ich mich noch einmal der schwarzen Tiefe in meiner Seele hingegeben hatte und sie für immer verbannte, fühlte ich mich sehr gut und ein warmes Gefühl machte sich in mir breit. Um nicht weiter als seelenlose Gestalt herumzulaufen ging ich ebenfalls hinunter zu unserem Innenhof und lief auf die flackernden Lichtern entgegen, hinter denen meine neue Familie miteinander Zeit verbrachte. „Oh Allison, schön das du da bist. Hatte dich gar nicht mehr erwartet“, sagte Aileen, die mich direkt abgefangen hatte, als ich hineingekommen war. „Ein paar von uns wollten gerade in den Silbernen Mond, willst du mitkommen?“ Mein Herz beschleunigte sich und ich wollte sogleich ablehnen, doch ihr flehender Blick und mein eben beschlossener Vorsatz am Leben wieder teilzunehmen, nickte ich und lief mit nervösem Magen neben Aileen her. In der Stadt angekommen, gingen wir in die hell erleuchtete Schenke hinein, in denen die Männer ihre Abende für gewöhnlich verbrachten. Der erste Schritt den ich über die Schwelle trat fühlte sich schwer an, als versuche ich gegen eine Welle Wasser zu laufen. Die Männer jolten begeistert, als sie uns Frauen eintraten sehen, doch niemand begann sich an die Mädchen ungehobelt an die Mädchen heranzumachen. Wir setzten uns an die Tische in eine hinter gelegene Ecke. Unablässig sahen die Männer zu uns hinüber und auch die Frauen sendeten Blick hinter halb gesenkten Lidern. Es begann das Spiel des Begehrens, es war mir unangenehm, hatte ich doch keinerlei Erfahrung oder auch nur einen gesunden Bezug dazu. Das einzige Wissen das ich anwenden konnte waren die Erinnerungen mit Dylan, doch die schienen mir nicht geeignet. Völlig unvorbereitet und überfordert senkte ich den Blick und betrachtete den Tisch, als wäre er das Interessanteste im ganzen Raum. Nachdem Aileen organisiert die sieben Mädchen gefragt hatte was sie wollten, zog sie mich mit zur Theke um für uns alle etwas zu Trinken zu bestellen. Es dauerte bis jemand Zeit für uns fand. „Was darf es denn sein?“, fragte uns plötzlich eine Frauenstimme. Irritiert sah ich auf, nicht weil eine Frau hinter der Theke stand, sondern weil mir die Stimme schmerzlich bekannt vorkam. Und ich sollte recht behalten. Als ich aufsah stockte mir der Atem.   Kapitel 19: ------------ Kapitel 19 Vergangenheit zurück im Leben Ar ais sa saol atá caite Die ältere Frau vor mir wischte über den Tresen und beachtete uns zunächst gar nicht. Aileen gab ungerührt ihre Bestellung auf und wartete bis die Frau wieder kam, da sie nach hinten gegangen war um etwas zu holen. Tränen bildeten sich in meinen Augen, verwischten meine klare Sicht in ein Bild voller Farben. Das Herz begann zu rasen, es wurde schummrig in meinem Kopf. Meine Hände krallten sich in den Tresen bis meine Knöchel weiß hervortraten, ich hatte das Gefühl das mich bald die Ohnmacht begrüßte. Blitzte flackerten vor meinen Augen, Bilder der Vergangenheit traten aus ihrer Gruft. „Allison geht es dir gut?“, fragte Aileen besorgt und legte ihren Arm um meine Schultern. Doch ich hörte sie nicht, sah sie nicht. Es gab nichts und niemanden, nur die Tür aus der kurze Zeit später die Frau trat die ich für Jahre tot gehalten hatte, dich ich geliebt hatte wie eine Mutter. Sie kam mit einem hölzernen Tablett voller frisch abgewaschener Gläser zurück und sagte: „So Mädchen, sagt mir bitte noch einmal was ihr wollt, es hat ein wenig gedauert, verzeiht. Aber ihr seht ja wie viel hier los ist...“ Plötzlich schweifte ihr Blick durch die Runde und blieb an mir hängen. Dort wo das Mädchen mit dem verweinten, ungläubigen Gesicht stand und sie anstarrte. Ebenso wie ich verfiel sie augenblicklich in eine Starre, ihre warmen rehbraunen Augen brannten sich in meine, die Farbe wich ihr aus dem Gesicht und mit einem lauten Scheppern hörte man nur noch die Gläser zu Boden fallen. Mit einem Mal war das gesamte Wirtshaus in beunruhigender Stille getaucht. Alle sahen in unserer Richtung, verstanden nicht was geschehen war. Die Frau meiner Vergangenheit hatte sich durch das laute Geräusch wieder gefangen, doch schenkte sie den tausend Scherben zu ihren Füßen keinerlei Beachtung. Mit bebenden Lippen lief sie um den Tresen herum, lief eilig zu mir und ehe ich es mich versah, drückte sie mich fest an sich. Bevor ich wusste was geschah drückte auch ich sie instinktiv an mich und so klammerten wir an uns wie verzweifelte Geschwister. Tränen flossen und zunächst sagte niemand ein Wort. Noch immer klopfte mein Herz wie wild, doch nun vor wilder Freude. Ich krallte mich an die Frau die ich so sehr vermisst hatte und spürte erschreckend das sich etwas an ihr verändert hatte, doch ich wusste zunächst nicht was es war. Noch immer schlugen Erinnerungen durch meinen Kopf, ich konnte die Frau die weinend in meinen Armen lag nicht mit der Frau in Verbindung bringen die doch vor Jahren gestorben sein sollte. „Oh Allison, oh Allison...“, schluchzte sie immer wieder und strich mir übers Haar. „Iseabail?“, fragte plötzlich ein hochgewachsener Mann. Ich konnte ihn zunächst nicht wirklich betrachten, meine Tränen verschleierten die Sicht und auch das wellige Haar meiner Aintín versperrte es mir. Bei der Stimme des Mannes, der den Namen meiner Aintín so vertraut aussprach, löste sich diese von mir. „Es geht mir gut“, sagte sie und strich dem Mann im mittleren Alter sanft über den Arm. Ich rieb mir über die Augen und sah kurz zu ihm hinauf. Leuchtend grüne Augen sahen mir entgegen und ließen mich einen Schritt zurückgehen. Gerne hätte ich mir eingeredet das die beiden nur bekannt miteinander waren. Doch als er ihr sanft über die Wange strich um ihr die Tränen fort zu wischen, stiegen mir weitere Tränen aus den Augen. Meine Aintín war also... Tja, was sollte diese Vertrautheit bedeuten? Ob sie gerade miteinander anbandeln? „Allison? Lass uns zu mir gehen, hier sollten wir unser Wiedersehen nicht weiter stattfinden lassen“, sagte Aintín Iseabail und zog mich mit sich. Es wirkte vielleicht als würde ich Aileen nur einen entschuldigenden Blick zuwerfen, aber mit Tränennassem Gesicht blickte ich ins Nichts und wusste nicht was mir geschah. Kurz aus der Trance erwachend sah ich Aileen in ihre zu Tränen gerührten Augen und fand nur Verständnis. Meine Aintín zog mich an sich, ich schlang einen Arm um ihre Taille und wollte nie wieder von ihr fort. Wie durch einen Schleier bemerkte ich was um mich herum geschah. Iseabail zog mich durch die hinteren Zimmer, in denen die Gläser gespült und die Fässer aufbewahrt wurden und zog mich zu einer Treppe die nach oben führte. Über die knarzenden Stufen im oberen Stockwerk angekommen, öffnete sie eine robuste, hölzerne Tür und ließ mich ein. „Warum lebst du noch? Ich dachte du seist in den Wald gegangen, in den Tod. Niemand hat deine Leiche gefunden, doch war ich sicher das dich die Wölfe gerissen haben oder die Dunklen...“, krächzte ich. Mein Mund war trocken und ich fühlte mich noch immer schwindlig. „ ... Wächter? Das haben sie, mein Kind. Nicht gerissen, aber gerettet. Wie du weißt erging es mir bei deinem Uncail sehr schlecht und nachdem... mein Junge... gestorben war... Ich wollte nicht mehr leben. Ich wollte nur noch zu meinem Kleinen. So lief ich denn des Nachts in den Wald, darauf hoffend das mich die Wölfe rissen oder die Dunklen Wächter mein Ableben verursachen. Wie erwartet kamen sie. Zumindest einer. Ein großer Wolf stand plötzlich vor mir und...“ „Ein großer Wolf, ich dachte die Dunklen Wächter hätten dich mitgenommen“, blickte ich sie verwirrt an. Für einen Moment sah meine Tante mich ebenfalls verwirrt an, doch dann schien sie etwas zu verstehen und schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Natürlich, aber ein großer einsamer Wolf hatte mich gefunden und hatte mich mit fletschenden Zähnen bedroht. Da kam Eideard und hat ihn getötet. Ich war ohnmächtig geworden, du weißt das ich nur noch ein Schatten meiner Selbst war und das Essen verweigert hatte. Eideard hatte mich den weiten Weg zum Schloss getragen und hat sich um mich gekümmert...“ Lange noch saßen wir da und hielten uns in den Armen. Tränen flossen keine mehr, ich war völlig ausgelaugt und lag nur noch selig in der Umarmung meiner Aintín. Ich hatte ihr erzählt wie es mir in den Jahren ergangen war und auch sie hatte viele Tränen vergießen müssen. „Sei deiner Mháthair nicht böse, sie hat sehr viel durchmachen müssen. Beten wir lieber für sie das sie ihren Frieden gefunden hat. Doch es ist eine Schande das deine Brethren den gleichen Weg gehen werden wie dein Athair und dein Uncail. Sie waren die ersten in der Familie die das Schreiben und Rechnen erlernen durften, deine Mutter hatte insgeheim immer gehofft das aus denen etwas werden würde, und nicht solche hinterwäldlerischen Frauenschänder wie dein Uncail.“ „War Athair auch so wie Uncail?“ „Nein. Er war in Gegensatz zu deinem Uncail ungefährlicher. In der Nacht bestieg er oft deine Mutter, ob sie wollte oder nicht, doch ansonsten ließ er sie in Ruhe. Nur leider war er bei ihrem Kummer um deine zahlreichen Geschwister keine große Hilfe. Sie hatte sich immer gewünscht sich etwas erholen zu können, nachdem sie ein weiteres verloren hatte, doch ließ er es nicht zu. Er bestieg sie immer wieder. Sicherlich hat sie deswegen oft eine Fehlgeburt gehabt. Doch denk nicht mehr daran. Es ist eine grausame Welt und deine Eltern hatten es wahrlich nicht leicht. Vergib ihnen und lebe dein Leben, gehe es klüger an“, beschwichtigte Iseabail und strich mir liebevoll übers Haar. „Du bist so erwachsen geworden. Es tut mir leid das ich nicht für dich da sein konnte, ich hatte oft an dich gedacht. So manches Mal spielte ich mit dem Gedanken, dich, deine Mhátair und deine Brüder holen zu lassen, doch ist es nicht möglich. Die Dunklen Wächter mischen sich nicht in das Leben der Menschen, sie gehen ihren Weg, doch soll alles andere unberührt bleiben. Doch nun bist du da, das ist das Einzige was zählt. Du hast sicherlich Durst, ich werde uns etwas holen.“ Während Iseabail in eine der Türen verschwunden war, sicherlich befand sich eine Küche dahinter, sah ich mich in diesem Wohnraum um. Es war eine schöne große Wohnung, wie ich staunend feststellte. Von der Wohnungstür aus kam man sogleich in ein großen Wohnraum – in welchem wir saßen – in dem ein großer Esstisch stand, zwei Bücherregale, ein schöner Kamin und schöne, gemütliche Sitzpolster davor. Auf dem Boden vor dem Kamin lag ein kuscheliges Schaffell und vier Türen gingen von dem großen Raum ab. Die Wände waren geweißt und ein Gemälde war über dem Kamin aufgehängt. Es zeigte einen älteren Schotten hinter dem sich die Highlands erstreckten. „Es ist sehr schön und gemütlich hier“, sagte ich als Iseabails mit zwei Krüge zurück kam. „Ja, ich habe genauso geguckt als ich das erste Mal hier war. Dánaidh hat mir die Wohnung überlassen. Er stand kurz vor seiner Hochzeit und ist zu seinem Bruder Eideard gezogen. Kyla wollte mich zunächst in den Frauenturm wohnen lassen, doch hat Eideard darauf bestanden mich hier unterzubringen. Was das zu bedeuten hatte, begriff ich erst später“, lächelte sie verträumt. Ungläubig sah ich sie an, noch immer erschien es mir wie ein Traum und sie wie eine Halluzination. „Du wirst sicherlich noch lange glauben dass das alles nicht wahr ist“, sagte Iseabail verständnisvoll. „Verzeih das ich dich so anstarre, aber ich sehe dich das erste Mal lächeln, so richtig, meine ich“, sagte ich und starrte sie noch immer an als sei sie eine Erscheinung. Nun wurde Iseabails Gesicht ernst, doch sogleich erschien wieder das glückliche Lächeln. „Es gibt einen guten Grund dafür. Ich...“ „Aintín Iseabail, bist du sicher... glaubst du er ist der Richtige? Schließlich sind sie...“, ich wusste nicht wirklich wie ich es ihr beibringen sollte. Doch mir schien es nicht richtig, sich einem von ihnen hinzugeben, auch wenn ihre Geschichte eine andere war als die von uns anderen. „Allison, hör mir bitte zu“, sagte sie und nahm meine Hände in ihre. „Ich weiß, du bist noch nicht lange hier, aber glaube mir, auch für dich wird sich alles zum Guten wenden. Nimm das neue Leben an und fange von vorne an, schau nicht zurück. Auch wirst du Dinge erleben, die du nie für möglich halten würdest, und es scheint nicht alles so wie es ist, aber hier geschieht dir nichts, das ist alles woran du denken und glauben musst.“ Bei den Worten wurde mir warm ums Herz und nun konnte ich es auch vollends glauben, da es aus dem Mund von meiner Aintín kam, die ich lange für tot hielt und der es nun besser geht als jemals zuvor. „Ich weiß das du es dir vielleicht momentan nicht vorstellen kannst, schon gar nicht nach Dylan, aber die Männer hier.....“ Wie aus dem Nichts öffnete sich eine der Türen, und es war nicht die Wohnungstür. Ich erschrak, da ich dachte das wir alleine waren und war noch mehr erstaunt als ein kleiner Junge von etwa drei Jahren zu uns gelaufen kam und mit einer Selbstverständlichkeit, die ich mir nicht erklären konnte auf meine Mutter zulief. Hatte ich ihn nicht schon einmal gesehen? „Mháthair, ich hab einen Alptraum gehabt“, sagte er und tapste auf nackten Füßen zu Iseabail. Ehe ich es mich versah und ich meinte nicht das der kleine Junge sich in die Arme meiner Aintín stürzte, denn es kam noch ein weiterer Schlafloser in die Wohnstube. Es war der große schwarze Hund, der auf dem Spielplatz die Kinder gehütet hatte. Er trabte brav hinter dem Kleinen her und legte sich direkt neben Iseabail. „Schhhh, ist ja gut. Was hast du denn geträumt“, fragte sie und schaukelte ihn beruhigend hin und her. „Da war eine Frau im roten Umhang und hat Athair mit einem Schwert wehgetan“, weinte er kläglich. „Schhhh, Tearlach, niemand wird deinem Athair etwas tun. Er ist unten mit den anderen.“ Zutiefst verwirrt betrachtete ich diese Szenerie von außen und wollte sie nicht begreifen. Es dauerte nicht lange und der kleine Mann hatte sich beruhigt. Neugierig sah er mich aus seinen Augen an. Seinen leuchtend grünen Augen. Unangenehm berührt sah ich weg und versuchte dem Kind nicht zu zeigen das es mich nervös machte. Glücklicherweise trug meine Aintín ihren Sohn sogleich in sein Zimmer und brachte ihn zu Bett. Währenddessen saß ich vor dem Kamin und schlang meine Arme um meine Schultern. Es fröstelte mich. Wurde meine liebe Aintín etwa gezwungen sich mit diesem Eideard zu vereinigen, damit sie ihm weitere Barbaren schenkte? Es wäre auch möglich das sie nur auf jemandes Kind aufpasste. Nein, ich sollte so nicht denken. Sie ist glücklich, das ist unübersehbar und ich sollte mich für sie freuen. Es ist offensichtlich das es ihr hier sehr viel besser ergeht als jemals zuvor. Sie ist gut gesättigt und hat gut zugenommen. Sie hat Farbe im Gesicht und macht einen klaren, wachen Eindruck. Auch ich bin nicht mehr das dürre, blasse Mädchen mit den dunklen Augenringen und selbst meine Haare fühlen sich nicht mehr so rau an. Ich gestehe mir ein, so schlecht ist es hier nicht. Auch wenn ich nicht gutheißen kann was die Dunklen Wächter unserem Land und unserem König antun. „So er ist wieder eingeschlafen. In letzter Zeit hat er immer wieder diese Träume, ich hoffe das es sich wieder beruhigt“, sagte Iseabail, als sie leise die Tür zum Kinderzimmer schloss. „Er ist also tatsächlich....“ „Mein Sohn. Richtig. Eideard und ich haben vor einiger Zeit geheiratet.“ „Aber du warst doch bereits verheiratet, wie....“ „Allison, meine Ehe mit einem Uncail hat keine Bedeutung für mich. Vor Gott hatte ich damals ihm meine Treue geschworen bis an mein Lebensende, und er das er mir in guten wie in schlechten Tagen beisteht. Doch wenn er mir mit Freuden die schlechten Tage beschert und in keiner Weise für mich da ist, sehe ich es als gebrochenes Versprechen und die Aufgabe als nicht erfüllt.“ „Wann hattet ihr geheiratet?“ „Vor vier Jahren.“ „Aber da kannst du noch gar nicht so lange von uns fortgewesen sein...“, grübelte ich. „Weißt du....“ „Wurdest du gezwungen?“ „Ach Allison. Ich war bei klarem Verstand und willigte ein. Mehr musst du im Moment nicht wissen. Glaub mir nur, wenn ich dir sage das ich glücklich bin und alles nach meinen Wünschen verläuft.“ Wie sie es von mir verlangte schluckte ich meine Sorgen hinunter und vertraute ihr. Für mich gab es keinen Grund mehr ihr nicht zu trauen, sah ich doch den Beweis ihres Glücks. Bis zum Morgengrauen saßen wir noch beieinander, lagen uns in den Armen, genossen die Stille und verloren uns noch dann und wann sanken wir zurück in unsere Vergangenheit. Als die ersten ersten Strahlen der Sonne am Horizont zu sehen waren, kam Iseabails Mann herauf und versicherte das in der Schenke alles gesäubert worden ist und alle nach Hause gegangen waren. Ich verabschiedete mich sofort, da sich in mir das unbehagliche Gefühl des Störens breit machte. Iseabails bot mir an das ich bei ihnen schlafen könnte und müsste nun nicht riskieren beim Hineinschleichen am frühen Morgen auf Kayla zu stoßen, doch schlug ich ihr Angebot ab. Wir drückten uns lange und fest, als wir uns voneinander verabschiedeten und sie nahm mir das Versprechen ab sie oft in der Schenke zu besuchen. Mit einem Tuch um den Schultern, welches mir Iseabail geborgt hatte, schlich ich durch die verlassenen Gassen der kleinen Stadt. Es war nicht mehr ganz so dunkel und so fand ich den Weg leicht. Plötzlich hörte ich ein stetiges Geräusch und versuchte mich darin ungehört weiter zu laufen. Als könnte ich bei etwas verbotenem erwischt werden drückte ich mich an die Hauswand, ein Schritt vor den anderen setzend. Als die Stimmen immer lauter wurden und ich Gefahr lief entdeckt zu werden, kniete ich mich hinter einem Fass, welches vor einem Geschäft stand und gab mich unsichtbar. „Warum willst du es denn nicht einmal versuchen?“, hörte ich eine verzweifelte Frauenstimme. „Was soll das bringen, du weißt das wir nicht füreinander bestimmt sind.“ „Ich weiß“, hauchte sie. „Aber wir waren doch schon einmal vereint. Weshalb nicht wieder? Uns verbindet so viel.“ „Nein, ich kann nicht. Ich glaube ich....“ „Bist du etwa....?“, quiekte sie fast hysterisch. „Ich weiß nicht. Ich bin nicht sicher.“ „Dann ist es bestimmt nicht so. Du kennst die Erzählungen, es schlägt ein wie ein Blitz. Sicher bist du nur etwas verwirrt. Also warum sollten wir nicht...“ „Nein. Es tut mir leid. Wir hatten unsere Chance, doch es sollte nicht sein.“ „Aber... wie kannst du so etwas sagen? Wir sterben aus. Wir müssen zusammenhalten. Die Menschen....“, begann die Frau wütend und versuchte ihren Gegenüber von etwas zu überzeugen. „Hör mir zu, damit hat es nichts zu tun. Wir sind nicht dafür geschaffen. Ich liebe dich so wie du bist, als die Frau die mir das Wunderbarste in meinem Leben geschenkt hat, aber nicht die Frau mit der ich mein Leben teile. Ich weiß du glaubst das ich zu dir gehöre und es tut dir weh. Doch wirst auch du bald sehen dass das nicht der Fall ist. Du wirst....“ „SAG ES NICHT!“ „Du wirst den Richtigen finden.“ Plötzlich hörte ich eilige Schritte und eine Frau kam in mein Sichtfeld. Sie lief wütend in die nächste Gasse und obwohl ich sie nur von hinten sah, erkannte ich dieses kurze Haar, das im Nacken widerspenstig abstand. Kayla. Auch die Verkörperung ihrer Wut wartete nicht lange bis sie sich mir offenbarte. Aus dem Schatten der Gasse trat der Sohn des großen Lugus. Wie war sein Name? Ra... Rado... Radulf! Ich hatte ihn während der letzten Wochen, seit ich ihn das erste Mal gesehen hatte, nicht wieder gesehen. Doch erkannte ich diese Augen, diese Augen mit dem Glühen darin. Noch mehr drückte ich mich an die Wand, befürchtete von ihm entdeckt zu werden. Aber ehe er sich weiter der Straße zuwandte, drehte er um und ging davon. Ich weiß nicht viel von ihm, eigentlich gar nichts. Allerdings schnappte man, ob man es wollte oder nicht, über allerlei etwas auf. Ich hörte das er nicht sehr gesellig sei. Doch habe ich auch gehört das er sich in letzter Zeit merkwürdig verhält. Sein Schatten entfernte sich und war bald schnell verschwunden, die Schritte verhallt. Eilig stand ich auf und lief zügig zum Frauenturm. Was auch immer dort geschehen war, wollte ich nicht Kayla begegnen, denn die würde in nächster Zeit jedem die Hölle heiß machen, der ihr über den Weg lief.   Kapitel 20: ------------ Kapitel 20 Unerwartete Rettung Tarrthála gan choinne Alles war gut verlaufen. Ich hatte es geschafft mich in den Frauenturm zu schleichen ohne Kayla zu begegnen. Jedoch blieb es im unserem Schlafsaal nicht unbemerkt. Obgleich der Morgen graute, schnatterten und tuschelten manche noch immer miteinander, lagen zu zweit oder dritt in den Betten und kicherten. Aileen sah mich vielsagend an, war aber in einem Gespräch mit zwei anderen vertieft. Ich wusste das sie hoffte das alles gut verlaufen war und es mir nun besser ergehen würde. Jetzt, wo ich einen geliebten Menschen aus meinem früheren Leben wieder gefunden hatte. Ich lächelte ihr ehrlich entgegen, alles war gut, alles war in bester Ordnung und es konnte nur noch besser werden, wollte ich ihr signalisieren. Noch etwas aufgekratzt, legte ich mein Überkleid ab und schlüpfte unter meine Decke. Ich fühlte mich so aufgeweckt von den letzten Ereignissen das ich mir nicht vorstellen jemals wieder Schlaf zu finden. Doch kaum hatte mein Kopf das Kissen berührt, fiel ich in einen tiefen Schlaf. Catriona weckte uns zur Mittagsstunde, das Mittagessen warte auf uns, rief sie durch den Raum. Es war ein herrliches Gefühl gewesen einmal länger schlafen zu können, wenn auch sehr ungewohnt. Die Vorstellung war verlockend, doch wenn man seit Kindesbein an immer mit den Hühnern aufgestanden war, ganz gleich, wie gut oder schlecht die Nacht verlaufen war, oder wie man sich fühlte, dann hielt man es sein leben lang und es war schwer vorstellbar einmal nur eine Stunde länger liegen zu bleiben. Doch hatte mich die durchzechte Nacht erschöpft und die emotionale Auf- und Talfarht hatte mich genug gefordert und so versuchte ich es zu genießen, wenn es mir auch schwer fiel. Mit einem, vielleicht unverständlichem Gefühl des schlechten Gewissens im Leib, sprang ich auf um mich anzukleiden, mein Bett herzurichten und mich meinen Waschungen hinzugeben. „Die Nacht war also schön?“, erschrak mich Aileen, indem sie plötzlich hinter mir stand während ich mein Gesicht wusch. „Ja, sehr“, sagte ich und trocknete mir das Gesicht mit einem Tuch. Ich öffnete meinen langen Pferdeschwanz, kämmte ihn eilig mit meinen Fingern durch – ich besaß zwar einen Kamm von Sophie, doch war es noch immer ungewohnt ihn zu benutzen – und überließ Aileen die Waschschüssel. „Wer war sie? Eine Aíntin?“, fragte sie, während sie sich den Schlaf aus den Augen wusch. „Die Liebste!“ „Das freut mich für dich und hoffe das ich nie wieder dein trauriges Gesicht sehen werde.“ „Versprochen“, sagte ich grinsend und zusammen machten wir uns auf, das Mittagessen einzunehmen. Der Tag war der Schönste, an dem ich mich erinnern konnte. Ein langer Schlaf, ein warmer Eintopf und das Wissen um das Leben meiner geliebten Aíntin, deren Leben nur einige Häuser weiter stattfand. Nach dem Essen machte ich mich sofort auf den Weg zu ihr. Ich konnte es kaum erwarten sie wieder zu sehen, mich zu vergewissern das es kein Traum war. Kontrolle war nun etwas das mir mehr und mehr entglitt, denn je näher ich dem Haus kam, desto schneller wurde ich, bis ich schon begann zu rennen. Nur noch um diese Ecke, dann könnte ich sie wieder in die Arme nehmen. Ein harter Schlag gab es, als die Ecke erreicht war. Ich fiel nach hinten und stieß mich an einem Fass. Verwünschungen und Gefluche war zu hören, es kam jedoch nicht von mir. Nachdem ich mich aufgerichtet hatte und sah gegen wen und was ich gelaufen war, erblickte ich ihn. Radulf. Diese schönen Augen. Doch sie hatten sich verändert. Grün waren sie, nicht golden, und doch... es waren die selben. Mein Herz beschleunigte sich, ein kribbelndes Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Auch er sah mich an, und der Moment kam mir so unendlich lang vor. Nicht unangenehm lang, wie man es hat, wenn man so schnell wie möglich verschwinden wollte, sondern eher das Gegenteil. Und dieser Blick. So warm, so sorgend.... „Pass doch auf wo du hinläufst“, schnarrte er nur, erhob sich, klopfte den Dreck von seinen Kleidern und ging seines Weges. So ein... dummer Esel! Stolz erhob ich mich, den Schmerz in meinem linken Arm und meinem Gesäß verbergend, klopfte den Schmutz von meinem Rock und ging weiter als wäre nie etwas gewesen. „Guten Morgen, Allison“, hörte ich die geliebte Stimme meiner Aíntin, als ich um die Ecke bog. „Der Schönste seit langem“, sagte ich nur und fiel ihr um die Arme. Lachend drückte sie mich an sich und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich nehme an das du zu mir wolltest. Aber Tearlach und ich sind auf dem Weg zum Friedhof. Willst du uns begleiten?“, fragte sie und nun bemerkte ich den Korb Blumen an ihrem Arm. Tearlach, ihr kleiner Sohn stand neben ihr, seine Hand in ihren Rock gekrallt und blickte neugierig zu mir hinauf. Es war mir irgendwie peinlich. Mir war nicht bewusst wie ich mich am besten ihm gegenüber verhalten sollte. Natürlich war er im Grunde mein Cousin, wir waren Verwandte, aber dennoch, ein fremdes Kind. In unserem Dorf hatte es nicht viele kleinere Kinder gegeben. Meine Generation hatte noch keine Kinder und unsere Eltern waren zu alt oder hatten die jüngeren an den Hunger oder Krankheit verloren. „Guten Morgen Tearlach“, sagte ich und ich kam mir so peinlich unbeholfen vor. „Morgen...“, flüsterte er nur und blickte mich aus gesenkten Lidern an. „Er ist etwas schüchtern, gib ihm etwas Zeit, er erwärmt sich schnell“, lachte meine Aíntin. Zusammen machten wir uns auf den Weg und begannen den Sparziergang schweigend. Wir mussten nicht reden, es war nicht nötig. In der letzten Nacht wurde genug gesagt, schöne wie scheußliche Dinge und ich genoss einfach nur ihre Nähe. Bald wusste ich nicht mehr wo wir uns genau befanden. Der Friedhof lag abgelegen, das war mir bewusst, doch war es weder in Richtung des Frauenturms, noch der Felder oder Ställe. Es lag mehr im Westen. Die Häuser wurden immer weniger und es wurde zunehmend ländlicher. Bald hatten wir das Tor erreicht, umringt von Mauern. Allein dieses Tor musste unglaublich alt sein. Es war dicht mit Pflanzen bewuchert, verrostet und quietschte, wenn man ihn nur wenige Zentimeter bewegte. Teile von Figuren waren zu sehen, doch sah man nicht mehr welche. Dafür hätte jemand diesen Urwald stutzen müssen. Friedhöfe hatten schon immer etwas unheimliches an sich. Und auch dieser war keine Ausnahme. Es fiel mir nur etwas leichter, da ich die Menschen, die hier lagen nicht kannte und auch nicht wusste woran sie gestorben waren. Bei uns im Dorf war es immer anders gewesen. Als Seanmathair gestorben war und wir sie beerdigten, war es ein unerträgliches Gefühl die Beerdigung abzuwarten. Nicht nur das ich mich wegen dem Verlust am liebsten in meinem Bett verkrochen hätte, der Ort war mehr als erdrückend gewesen. Zwei Spielkameradinnen aus schöneren Zeiten lagen dort und Familienmitglieder von jedem im Dorf, die man ebenfalls einmal gekannt hatte. Hunger und Krankheit waren die Hauptverursacher dieser Trophäensammlung des Todes. Altersschwäche war eine Seltenheit. Geradewegs marschierten wir durch die Reihen aus Steingräbern und blieben vor einem großen Klotz stehen. Hier waren wir angekommen, vor dem Grab des neuen Schwiegervaters meiner Aíntin. Die Blumen, welche sie mitgebracht hatte, pflanzte sie sorgfältig in die Grabeserde. Tearlach half ihr hilfsbereit dabei, wie es bei Kindern nun mal so war. Meine Aíntin Iseabail hatte die lieblichen Blumen zuvor in kleinen Blumenbottichen gezogen, nur um sie hier einpflanzen zu können, erzählte sie. Sie waren sehr schön und ich beneidete sie um ihren grünen Daumen. Früher, als sie noch mit meinem Uncail verheiratet war, hatte man niemals solche Blumen gesehen. Zwischendurch hatte sie sich immer wieder vorgenommen den Garten etwas zu verschönern, doch blieb vor lauter Arbeit keine Zeit dafür und später vor lauter Kummer um ihren toten Sohn. Neugierig betrachtete ich Tearlach, er war wirklich sehr süß. Während er so eifrig in der Erde mit seinen kleinen Händen schaufelte betrachtete ich ihn und erkannte ein wenig Ähnlichkeit zu seinem Halbbruder. Auf dem langen Weg zum Friedhof hatten wir uns etwas angefreundet und er hatte sogar meine Hand gehalten. Iseabail ließen ihn zwischen uns fliegen, was ihn zum Lachen brachte und auch ich hatte seit langem wieder lauthals gelacht. Auf dem Rückweg bemerkte ich eine Bewegung aus dem Augenwinkeln. Kayla. Das Herz wurde mir schwer und ich hoffte das sie uns nicht bemerkte. Ich versuchte mich mehr oder minder hinter Iseabail zu verstecken, doch bemerkte sie uns nicht. Starr stand sie vor einer Statue, der weißen Statue eine jungen Frau. Das Weiß war über die Jahre verschmutzt und es war mehr ein grün als ein weiß. Ob es ihre Schwester war? Oder vielleicht ihre Mutter? Ich wollte nichts sagen, ich befürchtete das Kayla es hören könnte, obgleich es eine unsinnige Befürchtung war, schließlich war sie einige Gräber entfernt. Aber dennoch, ich wollte nichts riskieren, nur schnell weg von hier. Wieder bei Iseabeil im Wirtshaus angekommen, verabschiedete ich mich zunächst von ihr. Tearlach sollte ein Mittagsschlaf abhalten und auch sie hatte noch einiges zu tun. Sie nahm mir das Versprechen ab, so bald wie möglich wieder zu kommen und das ich auch einmal zum Abendessen bleiben solle. Es war erst Nachmittag, die Sonne stand noch immer hoch am Himmel und ich beschloss einmal bei den Ställen vorbei zu schauen. Nicht das ich vorhatte meinen freien Tag mit meiner täglichen Arbeit zu verschwenden, aber es zog mich einfach dort hin. Die Stände auf dem Markt hatte ich mir bereits angesehen und ich bekam für meine Arbeit zwar ein wenig Geld, so das wir uns Mädchen auch etwas kaufen konnten - meist für Süßigkeiten und Schmuck, wie mir aufgefallen war – aber nun hatte ich von dem regen Treiben genug. Ich wollte etwas Abgeschiedenheit, ein wenig Ruhe. Ich genoss den langen Sparziergang durch die weiten Blumenwiesen, den Feldern. Vielleicht war auch Kendall in den Ställen, dann könnte ich vielleicht heraus bekommen weswegen Kayla auf dem Friedhof war. Es ging mich ja nichts an, aber eine rührselige Kayla, die vor einem Grabe stand, das war für mich eine verkehrte Welt. Obgleich mir bewusst war das ich ihr eine Gefühlswelt nicht absprechen konnte, egal wie hart sie erscheinen mochte. Im Stall der Schafe angekommen, hörte ich bereits reges treiben und aufgeregtes Geblöke. Kendall arbeitete also doch. Schwungvoll öffnete ich die Tür, ging hinein und musste mich zunächst erst einmal an die Dunkelheit des Stalles gewöhnen. Das laute Getrampel der Schafe über mir. Doch die Luke war nicht geöffnet, denn sonst wäre es hier heller. „KENDALL?“, rief ich und hielt inne. Hier war jemand, ich hörte das Schnaufen, das Jaulen, das... Knurren. Mit drei Schritten hatte ich die Stalltür im Rücken und hatte mir den Kopf hart angestoßen. Meine Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit und dort war etwas. An der großen Leiter, die zu den Schafen führte. Dort war etwas sehr Großes. Innerhalb weniger Sekunden war ich einige Meter vom Stall entfernt, ein spitzer Schrei aus meiner Kehle tretend. Mein Herz raste wie noch nie in meinem Leben, mein Brustkorb tat mir weh, ich glaubte ich würde platzen. Es rauschte in meinen Ohren, als stünde ich direkt am Meer und ich hatte das Gefühl das mir etwas die Luft abschnitt. Was war das? Ich unterdrückte den Impuls wegzulaufen, denn was auch immer dort im Stall war, wenn es mich hätte anfallen wollen, wäre es längst geschehen. Hastig sah ich mich um, niemand war in der Nähe, dem ich um Hilfe hätte bitten können. Und doch... ich hätte weglaufen können, aber... ich konnte nicht, etwas hielt mich zurück. Langsam ging ich wieder zu den Stalltüren, die noch immer etwas offen standen. Mit zittrigen Fingern stieß ich die Stalltüren auf und linste ängstlich hinein. Tatsächlich, dort war ein großer, großer Wolf. Ein Wolf! Er war riesig. Was tat diese Bestie hier? Nach meinen unzähligen Sparziergängen durch diesen merkwürdigen Ort, in der ich noch nicht alles gesehen hatte, wusste ich, das er komplett ummauert war, und diese Mauern waren keine kleinen Wallen. Niemand könnte hier so einfach rein oder raus kommen, schon gar nicht ein Wolf. Es sei denn er könnte durch Wände gehen oder Mauern emporsteigen, doch das war unsinnig. Vielleicht gehörte er aber auch zu den Hunden, die hier überall herum streiften. Obgleich er wirklich, wirklich groß war. Er war... das war kein Hund, das war ein Highlandpony. Ein Monstrum, doch schien er nicht gefährlich. Schließlich knurrte er mich nicht an oder betrachtete mich wie ein Frühstück, eher war er wütend. Wütend auf seine Situation. Und nun sah ich es. Die Leiter, war wohl unter seinem Gewicht zusammengebrochen und eines der Pfosten hatte sich in seinen Schenkeln gebohrt. Das Blut lief sickernd heraus und bald würde er seiner Wunde erliegen, wenn ich ihm nicht half. Was sollte ich nur tun? Wenn ich ihm zu nahe kam, konnte es sein das er nach mir schnappte oder mich fraß, sobald er befreit war. Ich sah mich noch einmal kurz um, niemand war in unserer Nähe. Seine einzige Hoffnung war also ich. Die Luft sog ich stark in meine Lungen, versuchte mir Mut einzuatmen und ging langsam auf ihn zu. Der Wolf, der Hund, wie auch immer, wurde ganz ruhig und beobachtete mich misstrauisch. Er besaß schöne goldene Augen und sie zogen mich magisch an. Neugierig schnüffelte er in meine Richtung wurde zusehends ruhiger. War sein Fell schwarz oder braun, ich wusste es nicht, es war zu dunkel. Doch seine Augen, die leuchteten in die Dunkelheit. „Ganz ruhig, mein Großer. Ich tue dir nichts“, flüsterte ich ängstlich. Ich versuchte mehr mich zu beruhigen als ihn. Der Pfosten hatte sich tief in sein Fleisch gebohrt, ich konnte mir nicht vorstellen das er jemals wieder laufen können würde, wenn er es denn überhaupt überlebte. Ich bückte mich etwas um das näher zu untersuchen um abzuwägen, wie ich den Pfosten am besten herauszog. Ich musste ihn möglichst gerade herausziehen, um die Wunde nicht weiter aufzureißen und ihm nicht unnötig Holzsplitter rein zu jagen. Der Wolf verspannte sich und sog scharf die Luft ein. Ich stellte mich breitbeinig hin um einen guten Halt zu haben, griff nach dem Pfosten, zählte innerlich bis drei und zog kräftig daran. Er war schwerer als gedacht, ich hatte große Mühe ihn nur für ein paar Sekunden anzuheben. Der Wolf jaulte auf, was in ein lautes Knurren endete. Meine Hände wurden schwitzig und das nicht nur vor Anstrengung. Ich hatte Angst, nackte Angst. Dieses laute Knurren, dieses riesige Tier, das mich mit Leichtigkeit verschlingen könnte, wenn er es wollte. Ich gab mir noch einmal einen Ruck, und schaffte es tatsächlich, das sich der Pfosten vollends aus der Wunde ziehen ließ. Der Wolf robbte sich vorwärts um nicht noch einmal aufgespießt zu werden und brach in einem naheliegenden Heuhaufen zusammen. Erschöpft ließ ich den Pfosten fallen und fiel nach hinten, landete aber jedoch weich. Der obere Teil der Leiter schaukelte an den Befestigungen unter der Falltür, fiel aber mit einem lauten Krachen herunter und ich zuckte erschrocken zusammen. Als sich mein Herz beruhigt hatte, erhob ich mich und lief auf zittrigen Beinen zu dem Wolf hinüber. Er schnaufte angestrengt, versuchte die Wunde zu lecken, doch tat es ihm sehr weh. Der Pfosten hatte sich tief ins Fleisch geschnitten und ich glaubte mich erbrechen zu müssen bei dem metallenen Geruch des Blutes und dem Anblick des zerfetzten Muskelgewebes. Ohne weiter darüber nachzudenken, öffnete ich meine Schürze, die ich immerzu über meinem Kleid trug um es vor dem alltäglichen Schmutz zu schützen. Ohne darauf zu achten ob der Wolf es zulassen oder mich fressen würde, legte ich es auf seine Wunde und wickelte es fest darum, um das Blut zu stoppen. Die Schnüren wickelte ich ebenfalls fest darum und knotete sie zusammen. Außer ein elendiges Jaulen war nichts aus seiner Kehle gewichen und dieser Ton war unerträglich für mich. Es war markerschütternd und ich wollte das er aufhörte. Eilig holte ich ein Eimer und füllte es mit Wasser aus dem nahe gelegenen Brunnen. Ich hielt es ihm vor sein Maul und gierig begann er zu trinken, es würde ihm guttun. Es würde etwas gegen den Blutverlust helfen und er würde sich erholen können. Aber ob er jemals wieder richtig laufen können würde, das bezweifelte ich. Wie lange ich noch so bei ihm saß, wusste ich nicht. Doch plötzlich hörte ich eine Stimme. „Hallo, ist da jemand?“ Es war Kendall. Nervös sprang ich auf, was sollte ich nur tun? Ich lief hinaus aus dem Stall und kam Kendall entgegen, ich musste ihm vom Stall ablenken. „Hey, ich bin es nur. Ich bin gekommen um dich zu besuchen, aber du warst nicht da. Da saß ich eben eine Weile im Heu herum, und … die Leiter, sie ist runter gefallen. Also nicht wegen mir, oder sonst wem. Ich weiß nicht wer das war... aber ich schätze mal das sie altersschwach ist. Den Schafen geht es gut. Und dir? Wie geht es dir so?“, fragte ich und plapperte vor ich hin als wäre der Leibhaftige hinter mir her. Ich wusste nicht warum ich es tat, aber ich wollte nicht das dem Wolf jemand etwas zur Leide tat. Zwar wusste ich nicht wie die Leute hierzulande auf so etwas reagierten und mir war nun klar, weshalb die Ställe weiter oben gebaut waren, als bei uns, doch wollte ich nicht riskieren das ihm etwas passierte. Auch wenn ich selbst nicht hätte sagen können, weshalb, schließlich war es nur eine Bestie, deren Seinesgleichen uns schon unzählige Male das Leben zur Hölle gemacht hatten, indem sie in den harten Wintern unsere Nutztiere als Beute ansahen. Bei uns im Dorf war es ein Todesurteil, selbst wenn es unser eigener Hund verbrochen hatte. „Warum redest du so komisch? Ist jemand im Stall?“, fragte er misstrauisch. „NEIN!... ich meine, nein“, sagte ich und versuchte ruhig zu wirken. Sogleich lief Kendall an mir vorbei, geradewegs auf den Stall zu. Mein Herz klopfte wild in meiner Brust und ich lief hinter ihm her. „Ich hab dir doch gesagt, das da nichts ist. Warum hörst du mir nicht zu. Da. Ist. …“ Kendall stieß aufgebracht die Stalltüren auf und überblickte die Heuhaufen. „...Niemand.“, beendete ich den Satz verblüfft. Denn da war tatsächlich nichts und niemanden zu finden. Da war die kaputte Leiter und auch den Eimer den ich rein getragen hatte. Aber der große Wolf war verschwunden. „Warst du die ganze Zeit allein?“ „Ja.“ Er beruhigte sich und seine Schultern entspannten sich merklich. Was war nur mit ihm los? Kendall lief in den Stall, untersuchte die Leiter und zog ein schwarzes Büschel Fell vom gesplitterten Holz. „Hier war jemand“, sagte er bedrohlich und sog scharf die Luft ein. Hastig drehte er sich zu mir um. „Hast du wirklich niemanden gesehen?“, fragte er eindringlich und sah mir tief in die Augen. „Nein“, sagte ich entschlossen. Ich wollte ihn nicht anlügen, er war ein Freund. Doch konnte ich mich auch nicht dagegen wehren. Es ging nicht anders. Noch immer sah er mir tief in die Augen und ich befürchtete das er merkte das ich lügte, doch ergab er sich. „Einverstanden, lass uns gehen. Die Leiter repariere ich morgen. Komm, ich bring dich wieder zurück“, sagte er ergeben und verriegelte hinter uns den Stall. Noch einmal sah ich mich um, doch von dem Wolf war nichts zu sehen.   Kapitel 21: ------------ Kapitel 21 Ein neuer Freund? Cara nua? Am nächsten Tag war ich pünktlich, wie jeden Morgen, bei den Ställen und wie ich es erwartet hatte, war Kendall bereits da und tauschte die Leiter gegen eine neue aus. Auch ein anderer Mann war bei ihm, ich war einer von den Feldarbeitern, doch konnte ich mich nicht an seinen Namen erinnern. Nervös sah ich ihnen dabei zu wie die Teile der alten Leiter hinaus auf den Karren getragen wurden - auf dem das getrocknete Blut sich an dem abgebrochenen Ende befand - welches dem Wolf tief verwundet hatte. Wie es ihm wohl ergehen mochte? Sollte ich Kendall von dem Vorfall erzählen oder lieber für mich behalten? Doch sicher wusste er davon. Wer konnte diese Blutflecke ignorieren? Im Stall roch es stark nach frischem Stroh wenn man hinein ging, doch glaubte ich dennoch, einen Hauch von dem metallischen Geruch des Blutes zu riechen. Nach einer Stunde, in der ich mich bereits um dem nahegelegenen Schweinestall gekümmert hatte, präsentierte mir Kendall die neue Leiter und bat mich einmal hinaufzusteigen um sie auszuprobieren. Kaum war ich ein paar Sprossen hinaufgeklettert, spürte ich das Kendall mir folgte.Oben bei den Schafen angekommen, folgte mir Kendall auf dem Fuß und ich fühlte seinen Atem in meinem Nacken. Meine Nackenhaare stellten sich sogleich auf. „Allison. Bist du dir wirklich sicher das du gestern nichts gesehen hast?“, raunte er hinter mir und als ich mich zu ihm drehte sah er mich eindringlich an. „Kendall....?“ „Du musst dir keine Sorgen machen, ich werde dich nicht für verrückt halten. War hier jemand oder etwas im Stall gestern?“, drang er weiter in mich ein. „Äh...“, ich war nicht sicher was ich ihm antworten sollte. Egal was er vermuten mochte, ich befürchtete dennoch das er mich nicht ernst nahm oder gar das Jagd auf den Wolf gemacht würde. Natürlich müsste der Wolf umgehend getötet werden, schließlich hatte er es schon einmal versucht an die Schafe heran zu kommen, was die merkwürdige Konstruktion dieses Stall glücklicherweise verhindert hatte, und doch . . . Ich wollte nicht das ihm etwas zu leide getan wurde. Er hatte mir nichts angetan, vielleicht gehörte er zu den Hunden, die hier überall frei herumliefen, auch wenn er sehr groß geraten war. Wohl war ein Elternteil von ihm ein mächtiger Wolf. „Allison, bitte... sag mir was du gestern gesehen hast.“ „Nun ja, ich glaubte etwas gehört zu haben und dachte das du es bist. Aber als ich mich dem Stall näherte und hineinging, sah ich nur die kaputte Leiter und sah das Blut, mehr weiß ich nicht“, antwortete ich ihm und versuchte seinem starrenden Blick nicht auszuweichen. Warum nur war es ihm so wichtig? Er sah mich an als ginge es mehr als um ein Tier das es auf die Schafe abgesehen hatte. „Du hast nichts entdecken können?“, fragte er noch einmal nach und sah mir tief in die Augen. Diesem Blick würde ich nicht mehr lange standhalten können. „Nein. Nichts.“ „Nun gut. Es tut mir leid wenn ich dich etwas verschreckt habe, aber... weißt du, hier... nun wir müssen gut auf unsere Tiere achten, wir können es uns nicht leisten einige von ihnen zu verlieren. Tu mir den Gefallen und gehe das nächste Mal nicht ohne weiteres in einen Raum wenn du nicht sicher bist was dort ist.“ „Warum? Im schlimmsten Fall wäre es ein Wolf, aber sie haben Angst vor uns Menschen.“ „Hör einfach auf mich, bitte Allison“, bat er eindringlich und ich nickte, ehe ich den Blick senkte. Diese Augen waren so bohrend. Den ganzen Tag über fühlte ich mich nicht wohl in meiner Haut. Ich hatte Kendall wirklich gern, doch heute erstach er mir förmlich den Rücken. Jeden seiner fragenden Blicke konnte ich spüren in meinem Rücken, wenn er glaubte ich bemerke es nicht. Offensichtlich beschäftigte ihn die Sache noch immer. Wenn ich ihm aber nun die Wahrheit beichten würde, täte er mich für immer als Lügnerin ansehen und ich wollte nicht das dem Wolf etwas geschah. So hielt ich tapfer durch und schon bald neigte sich dem Tag seinem Ende zu und Kendall fuhr mich mit dem Karren zurück zum Frauenturm. Ehe unser üppiges Abendmahl bevorstand, wusch ich mich an einen der Wasserschüsseln in unserem Gemeinschaftsraum und zog mir ein frisches Kleid über. Noch immer war es ungewohnt, das wir mehr Kleider besaßen als bis jetzt für mich gewohnt war, man sie regelmäßig waschen konnte und nicht mit abgestandenen Schweißgeruch herumlaufen musste. Während sich die anderen bereits im Salon aufhielten und mit knurrendem Magen auf das Essen warteten, öffnete sich leise die Tür und Aileen kam herein. „Hat dir schon einmal jemand gesagt wie schön du bist?“, sagte sie mit einem sanften Lächeln, kam auf mich zu und öffnete mir den Zopf um meine langen Locken mit einer Bürste in Ordnung zu bringen. „Nein“, sagte ich wahrheitsgemäß und ich spürte wie mir die Röte in die Wangen schoss. „Tust du tatsächlich. Als du zu uns kamst, warst du noch so blass und dürr, aber nun siehst du wohlgenährter aus und hast eine gesunde Farbe. Die Augenringe sind auch verschwunden und die furchtsamen Augen. Du wirkst um einiges jünger.“ „Danke“, nuschelte ich peinlich berührt und zog mein Kleid über den Kopf, nachdem sie mir die Haare geflochten hatte. „Hast du nicht Lust mit uns später noch in die Schenke zu gehen?“ „Ähm, ich weiß nicht. In Wirtshäusern fühle ich mich nicht so wohl, weißt du...“ „Ach komm schon, oder willst du etwa allein hier herum sitzen?“ „Aileen?“, lenkte ich vom Thema ab. „Ja?“ „Ich war gestern mit meiner Aintin auf dem Friedhof und dort... hab ich Kayla gesehen. Vor einer Frauenstatue. Weißt du wer sie war?“ „Ähm... weißt du, ich weiß es nicht so genau, aber es ist kompliziert. Was verwundert dich so sehr daran? Obwohl wir ja auch oft glauben das sie sicherlich keine Träne verlieren würde, wenn einer ihrer Lieben sterben würde“, lachte Aileen. „Sie ist die ernsthafteste Frau die ich je in meinem Leben kennengelernt habe.“ „Glaubst du das Kayla und Radulf... glaubst du das sie sich näher stehen?“, fragte ich neugierig und versuchte aber meine Stimme neutral klingen zu lassen. „Ja, tatsächlich tun sie das, nur wissen wir nicht was dahinter steckt. Ich habe gehört das sie ein Paar waren, aber das wundert mich nicht. Sie sind beide sehr störrisch und verschwiegen und nicht gerade die Nettesten. Wenn du mich fragst passen sie wunderbar zusammen. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann das sie Gefühle zulassen und sich verlieben könnte.“ „Sie waren ein Paar? Und nun nicht mehr?“, hakte ich nach. Ein merkwürdiges Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Doch konnte ich sie nicht sofort einordnen. Irgendwie wollte und konnte ich Kayla, der dummen Pute, keinen Mann gönnen. Ob er nun ein Esel war oder nicht. Allerdings würde ich wohl in den nächsten Tagen mir die Statue genauer ansehen. Aber eines gab es noch was mich beschäftigte. Zum einen hoffe ich das Kendall mir die Lüge geglaubt hatte, und zum anderen... … frage ich mich wie es dem Wolf erging. Das Schloss, das Städtchen, die Felder, der Friedhof, dieses Areal war sehr groß und barg viele Orte an denen man sich sicherlich verstecken konnte. Allerdings frage ich mich doch wie eine so große Bestie ungesehen hier herumlaufen konnte. In meinem Dorf hätten die Männer sich einen schweren Wettkampf geliefert, ein Jeder in der Hoffnung als der Sieger in der Schlacht gegen die Bestie herauszugehen und seinen Kopf über dem Kamin zu hängen. Aber hier schien niemand Notiz davon zu nehmen und wieder denke ich an die gut erzogenen Hunde, die überall in der Stadt zu finden waren. Ob ich Aileen danach fragen sollte? Aber sicherlich würde sie mich für verrückt halten, würde mich schalten und glauben das mir die Sinne schwinden. Doch vielleicht irrte ich mich. Wer sich ängstigte, konnte so manches Mal Dinge sehen, die nicht der Wahrheit entsprachen. Sicherlich kam er mir nur so groß vor in dem schummrigen Licht. Die restlichen Tage vergingen ruhig, obgleich mir Kendall immer wieder einen merkwürdigen Blick zuwarf, wenn er glaubte ich merke es nicht. Die Sache mit der kaputten Leiter, die von einem oder etwas Unbekannten zerstört worden war, schien ihn nicht loszulassen. Obgleich ich manchmal das Gefühl hatte, das er der Sache selbst nicht so viel Bedeutung beimaß, sondern eher... meine Ansicht davon. Manchmal wenn es bereits dunkel war, wenn wir mit dem Karren zurückfuhren und die Büsche und Sträucher raschelten – einmal glaubte ich auch das es so war, ohne das der Wind wehte – überkam mich die Angst vor der Bestie und war kurz davor gewesen Kendall etwas zu erzählen. Doch als ich die kühle Abendluft in meine Lungen gesogen hatte, ließ mich etwas inne halten, das ich nicht benennen konnte. Den darauf folgenden Sonntag, an meinem freien Tag, lief ich wieder mit meiner Aintin und dem süßen Tearlach zum Friedhof. Während sie sich um das kleine Blumenbeet vor dem Grab ihres Schwiegervaters kümmerten, kam ich nicht umhin die schöne Statue, vor der ich Kayla erblickt hatte, immer wieder anzusehen. Sie zog mich wie magisch an - wie eine Biene, die vom süßen Duft einer üppigen Blumenwiese gelockt wurde - und ehe ich es mich versah, stand ich bereits vor ihr. Sie war so schön. Blumenranken waren über den Sockel gewuchert und schlingen sich um die Füße der hübschen jungen Frau. Erstaunt sah ich mir die feine Steinmetzarbeit an. Das Gesicht, die Haare, die Falten des Kleides, alles war so liebevoll und detailliert nachgebaut worden. Wäre sie nicht durch das raue Wetter hier in Schottland mit Schmutz und einer leichten Schicht Moos bedeckt hätte sie ein weißer Engel sein können. Ihr Gesicht wirkte nicht versteinert, als befände sich tatsächlich leben in ihr. Für einen Moment glaubte ich sie gleich zwinkern oder lächeln zu sehen. Sie war so anmutig und blickte direkt zu mir hinunter, in meine Augen. Die großen Augen, die vollen Lippen. Die reinste Vollkommenheit, selbst Olivia war ein Löwenzahn gegen diese Rose. Wie es ihr wohl ergangen war in den letzten Wochen? Ich hoffte das sie an einem dieser elenden Kerle geraten war, wie man ihn mir aufzwingen wollte. Ein hurender, dummer Esel mit Pickeln und Warzen im Gesicht. Soll sie ein Gör nach dem anderen gebären, ihre schöne Figur verlieren und so fett werden wie das dickste Schwein in ihrem Stall. Nun wo die Dunklen Wächter sie in Frieden ließen würde es allen besser ergehen. „Wem wünscht du gerade die Pest an den Hals, Liebes?“, fragte mich meine Aintin plötzlich neben mir stehend. Erschrocken sprang ich einen Schritt zur Seite und stieß mich hart an der Kante des Sockels. Schmerz lass nach, so schnell hatte man einen blutigen Ellbogen. „Ich hab nur... also... diese Statue, ich fand sie das letzte Mal schon so schön und wollte sie mir genauer ansehen“, erklärte ich während ich mir die Schürfwunde am Ellenbogen zuhielt. „Ja, aber deinem Blick nach zu urteilen hast du an jemand bestimmtes gedacht. Du warst in unserem Dorf, nicht wahr? Bei deinem Onkel?“, fragte Iseabail sanft und zog für sie offensichtlich ganz gewöhnlich ein Streifen Stoffleinen aus ihrem Korb und verband meine Verletzung. „Nein, aber keine schlechte Idee. Ich hatte an Olivia gedacht und gehofft das sie es schlimm getroffen hat. Mit einem wie Arren, von dem ich dir erzählt hatte.“ „Säubere die Wunde wenn du zurück im Turm bist. Was Olivia angeht, kann ich es mir lebhaft vorstellen“, lächelte sie, wurde aber sogleich wieder ernst. „Gib dich nicht solchen rachsüchtigen Gefühlen hin. Verzeih ihr ihre dumme, kindische Art und lass das alte Leben hinter dir. Auch sie hatte es nicht leicht, sie trug eine schwere Last auf ihren Schultern. Von ihr wurde erwartet eine sehr gute Partie zu machen um somit ihre Familie aus der Geldnot zu verhelfen. Sie waren nicht so vermögend wie du dir vielleicht immer vorgestellt hast. All ihre Hoffnung hatten sie in ihre hübsche Tochter gesteckt, denn wäre sie in Lumpen und mit zerschundenen Händen von der harten Arbeit herumgelaufen, hätte kein besser gestellter Mann sie beachtet. Einen Sohn aus gutem Hause sollte sie für sich gewinnen und wurde bei jeder Möglichkeit und Festivität Männern vorgestellt, und glaub mir, sie waren nicht immer so jung und hübsch wie dein Dylan. Ihre Eltern wollten und werden sie verheiraten und ihr Mann wird sehr wahrscheinlich so alt sein wie ihr eigener Vater und bereits eigene Kinder haben, bei der sie die Erziehung übernehmen muss, was nicht leicht sein wird, wo sie kaum jünger sein werden als sie selbst.“ „Du meinst sie wird....“ „Bei einem alten geilen Bock landen, der sich nicht dafür schämt seine kaum verstorbene Gattin durch ein Kind zu ersetzen. Und er wird sie bekommen, ob es Olivia sein wird oder eine Andere. Hat er das Geld, hat er die Frauen. So ist nun mal unser Los in dieser Welt, Allison. Wir müssen an unsere Familien denken und müssen uns hinter einem Mann stellen, wenn wir wollen das es uns gut ergeht“, seufzte meine Aintin traurig. „Ich werde nie heiraten. Selbst wenn ich nicht hier leben würde, in diesem finsteren Paradies, ich würde versuchen mich selbst durchzuschlagen. Selbstständig.“ „Mein Kind, sei nicht so verbittert. Du wirst einen guten Mann finden den du lieben wirst und ihm Kinder schenken. Du wirst deinen Weg gehen und dein Schicksal erfüllen, du wirst sehen“, lächelte sie mich aufmunternd an. Ich konnte nur an Radulf denken, diesem dummen Esel. „Nein, ich will keinen Mann.“ „Das sagst du jetzt so einfach. Aber er wird kommen, ob du nun willst oder nicht, gegen die Liebe hat noch niemand ein Mittel gefunden. Und wärst du nicht hier, könntest du dich nur mit Hurerei durchschlagen und selbst da stündest du unter dem Fittichen eines Hurenwirts.“ Am liebsten hätte ich ihr aus Sturheit entgegnet, das ich mich als Wanderhure durchgeschlagen hätte. Doch natürlich würde ich das niemals tun. Der Gedanke war mir zu wider unter stinkenden, fetten Männern zu liegen. Opfer eines jeden übermütigen Bettleres oder Räuber zu werden. Unfreiwillig musste ich nun an meinem Uncail denken und unliebsame Bilder schlimmer Erinnerungen rauschten vor meinem inneren Auge vorbei. Ob ich wohl jemals die Berührungen eines Mannes genießen könnte? „Denk nicht mehr daran“, sagte Iseabail nur. Die Gute, sie wusste immer was ich dachte. Zärtlich strich sie mir über den Rücken, drückte mich kurz an sich und rief Tearlach zu sich, der ein paar Gräber weiter begonnen hatte zu spielen. Immer wieder hatte er sich hinter eines der Steine oder Holzkreuzen versteckt und gerufen: Máthair, such mich. Such mich! „Wir gehen jetzt wieder zurück. Isst du heute Abend bei uns? Es gibt einen leckeren Hähnchenbraten. Eine schöne fette, alte Henne, habe ich in den Morgenstunden erst gerupft.“ Da konnte ich unmöglich widerstehen. Ein Essen mit meiner geliebten Aintín und ohne bissigen Kommentaren von dieser unerträglichen Mackenzie. Wie lange ich noch auf dem Friedhof saß konnte ich nicht sagen, unaufhörlich hatte ich auf die Statue gestarrt und war in Gedanken versunken. Wieder musste ich an meine Familie denken und wie es ihr wohl so ergangen war, was mir die Tränen in die Augen trieb. Es war einer meiner wenigen Gefühlsausbrüche, die sich nicht kontrollieren ließen und mich immer überkamen wenn ich gerade allein war. Mit geröteten Augen und schniefender Nase beruhigte ich mich einige Zeit später und bemerkte das die Sonne bereits im Begriff war unter zu gehen. Eilig raffte ich mich auf und lief den breiten Trampelpfad entlang. Ich musste mich beeilen, doch war mir klar das ich die Stadt nicht mehr rechtzeitig erreichen würde. Aber ich brauchte mir keine Gedanken machen, ich wusste das dieser Ort größtenteils ummauert war, auch wenn ich die Mauer nie entlang gegangen war. Meinen Cape um mich geschlungen und die Kapuze über meinen Kopf gezogen lief ich eiligen Schrittes voran. Ich konnte mir nicht helfen, aber ich hatte das Gefühl beobachtet zu werden. Bald bin ich aus dem kleinen Wald draußen, bald würde ich am Rand einer Wiese ankommen und in der Ferne die Lichter der Stadt und des Schlosses sehen. Jedoch war mir nach kurzer Zeit nicht mehr so wohl zumute. Die letzten violetten Wolken waren am weiten Horizont zu sehen, während am hohen Himmel die ersten Sterne zu sehen waren. Aber nicht die aufkommende Dunkelheit war der Grund für meinen Unmut. Sondern das unverkennbare Gefühl eines starrenden Blickes auf mich. Irgendjemand beobachtete mich und nicht zu wissen auf wen ich hier draußen stoßen könnte, beunruhigte mich. Zügigen Schrittes lief ich weiter, sah immer wieder von links nach rechts, jedoch ohne meinen Kopf zu sehr zu drehen. Mein Verfolger sollte nicht merken das ich ihn bemerkt hatte oder mich fürchtete. Da! Da war etwas. Ein Knacken? Ein Rascheln? Ich lief schneller, doch es kam mir immer näher. Als ich einen Schatten im Augenwinkel zu erkennen glaubte, nahm ich buchstäblich die Beine in die Hand und rannte. Adrenalin schoss durch meine Adern und ließ mich schneller rennen, als ich es unter normalen Umständen je gekonnt hätte. Todesangst überkam mich und so sah ich nicht den tiefhängenden Ast, der weit in den Pfad hineinragte. Mein Schopf schrammte hart an dem Ast vorbei und durch den stechenden Schmerz war mir bewusst das ich sicherlich einige Haare gelassen hatte, doch das war völlig unwichtig. Plötzlich stolperte ich, als ich meinen Fuß in den Hufabdruck eines unserer prächtigen Zugpferde setzte, welcher in der Mittagssonne getrocknet war. Hart stürzte ich auf den Boden und rollte über die Wurzeln eines Baumes. Von einer riesigen Welle aus Schmerz überwältigt blieb ich mit offenen Mund steif darauf liegen, während ein stummer Schrei in die Nacht glitt, als mir die Luft aus der Lunge gepresst wurde. Ich versuchte mich aufzurichten und Sauerstoff in meine Lungen zu saugen. Kaum war mir das gelungen, was sehr anstrengend war, da mir die Rippen und der Rücken schmerzte und mir selbst das Atmen erschwerte. Da! Wieder ein Schatten. Nach anfänglicher Furcht in der ich glaubte mir zerspringe das Herz vor Furcht, erkannte ich das es nur sehr klein war. Neugierig lief es auf mich zu und schnüffelte an mir. Ein Frischling – ein Wildschweinjunges. Und wo ein Frischling war, konnte die Bache nicht weit sein. Im Wald konnte man auf einen Wolf treffen, aber nichts war so gefährlich als eine Mutter die glaubte ihr Kind sei in Gefahr. Wildschweine waren große kraftstrotzende Tiere und ihre Stoßzähne fanden leicht das weiche rohe Fleisch in dem sie ein Loch bohren konnten. Kaum konnte ich mich auf meine Knie aufrappeln, brach die Bache bereits wie eine Furie aus den nächst gelegenen Büschen und kam direkt auf mich zu. Durch die Angst war der Schmerz für einen Augenblick vergessen, und ich konnte mich auf meine Füße stellen. Ich lehnte mich an den Baum, schloss die Augen und wartete auf den unerträglichen Schmerz den sie mir zufügen würde. Doch der stellte sich nicht ein. Stattdessen brach ein weiteres Tier aus den Büschen und sauste nur wenige Zentimeter an mir vorbei um die Bache abzufangen. Es war groß. Riesig. Es war zu dunkel um im dem Getümmel mehr erkennen zu können, doch schnell war die Bache mit ihrem Frischling verscheucht. Auch konnte ich das Quieken der anderen hören, eine kleine Horde hatte sie bei sich, die sie wohl in den Büschen versteckt hatte. Eilig verschwanden sie hinter den grünen Zweigen und ich atmete erleichtert die Luft aus. Doch kaum beruhigte sich mein Herz, der in den letzten Minuten einen Marathon hinter sich gebracht hatte, beschleunigte sich wieder sein Rhythmus. Dort stand es, das große Ungetüm. Grün leuchtende Augen blickten in meine und er tapste auf mich zu. Der Wolf! Mein Herz rutschte mir hinunter, der Angstschweiß lief mir den Rücken hinunter. Ob es der selbe war den ich von der Leiter befreit hatte, die ihn aufgespießt hatte? Mein Atem ging stoßweise, ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Ich drückte mich an den Baumstamm, machte mich klein, obgleich mir bewusst war, das mich die wenigen Zentimeter mehr nicht vor dem monströsen Wolf retten konnten. Als sähe ich alles langsamer, kam er auf mich zu und ich erwartete jeden Augenblick seine gebleckten Zähne zu sehen, und seinen faulen Atem nach Kadaver in meinem Gesicht zu spüren, bevor er mich in Stücke reißt. Da war er, sein fauliger Atem. Seine feuchte Nase streifte meinen Hals, meine Wange. Doch der tödliche Biss wollte einfach nicht folgen. Ob er es wohl noch so lange hinaus zögerte um seine Lust zu steigern? Ich wimmerte und flehte, betete zu Gott um ein Wunder. Die Chancen das ich erhört wurde, waren schwindend gering und mir wurde schlecht vor lauter Angst. Aber auf einmal hatte ich ein komisches Gefühl, etwas Vertrautes. Der schwarze Wolf begann meine Wangen zu lecken, als wollte er meine Tränen wegwischen. Es erinnerte mich an unseren lieben Hund auf dem Hof. Unsicher öffnete ich die Augen. Träumte ich? Nein, tatsächlich stand ein ungewöhnlich großer Wolf, dessen Kopf mich überragte vor mir und leckte mir mein Gesicht. Ich kann nicht mehr sagen wie lange wir uns anstarrten, aber es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Es war etwas an ihm das mich magisch anzog. War er es? Im Mondlicht sah er dem Wolf sehr ähnlich, dem ich im dämmrigen Stall begegnet war, aber in der Nacht waren bekanntlich alle Katzen grau. Wieso nur fraß er mich nicht? Vielleicht erinnerte er sich an mich und das ich ihm geholfen hatte? Er trat an meiner Seite, drückte seinen Kopf unter meinen Arm und bedeutete mir mich an ihm festzuhalten, damit er mich wieder hochziehen konnte. Vorsichtig legte ich meine Arme um seinen Hals und er half mir auf, in dem er seinen Kopf hob. Sein Fell war sehr weich und am liebsten hätte ich meine Hände darin rein gekrallt. Dann sah er mich kurz an und lief den Pfad entlang. Bewundernd sah ich ihm nach, aber dann blieb er stehen und blickte sich nach mir um. Er ruckte mit seinem Kopf in Richtung der Lichter und bat mich so ihm zu folgen. Den ganzen Weg entlang liefen wir Seite an Seite. Nun merkte ich wie groß er wirklich war. Sein Wiederrist reichte an meine Schulter und würde er den Kopf hoch erhobenes Hauptes tragen, so würde er mich um wenige Zentimeter überragen. Mir war bewusst das ich nicht die Größte unter den Frauen war, aber dennoch hatte er eine ungewöhnlich große Größe für einen Wolf. Immer wieder warf ich ihm neugierige Blicke zu, wie auch er, was eine äußerst merkwürdige Situation war. Am Rande der Stadt, hinter einem Haus blieb er stehen und sah mir in die Augen. Weiter konnte er nicht gehen, sonst würde man ihn wohl jagen. Er stupste mit seiner Nase auf meine Brust, dort wo mein Herz sich befand, leckte mir einmal über den Mund und ging. Schnell war er in der Dunkelheit verschwunden und nachdem ich glaubte mich zusammenreißen zu können um normal zu wirken als wäre nichts passiert, ging auch ich meinen Weg zu meiner Aintín, die mich sicherlich bereits zum Essen erwartete.   Kapitel 22: ------------ Kapitel 22 Eine Feier zu meinem Ehren...? Ceiliúradh chun ómós mo ...? Das Abendessen bei meiner Aintín war köstlich gewesen. Einen leckeren Hähnchenbraten hatte es gegeben mit Gemüse dazu. Besonders lecker war es allerdings durch das kostbare Salz das es enthalten hatte. Niemals hätte ich erwartet kostbares Weißes Gold hier vorzufinden, oder eher raus zu schmecken, doch hatte ich es schon in Maßen bei allerlei Mahlzeiten in unserem Speisesaal geschmeckt. Innerhalb dieser Mauern konnte man tatsächlich von Wohlstand reden, wobei es doch das restliche Land es momentan so schwierig hatte. Oft kam ich mir vor wie in einem Paradies, ein kleines Stück Glück mitten in den Highlands. Doch wie kam es dazu? Vielleicht ein Handel mit Mephistophilus? Ein solch Garten Eden, bewohnt von diesen.... Inzwischen lagen mir die Worte „Barbaren“ schwerer auf der Zunge, selbst in meinen Gedanken. Seit einigen Momenten war es etwas unangenehm Still am Tisch. Der kleine Tearlach schlürfte und schmatzte laut, eilig seine Portion verdrückend, wo ihm eine Süßigkeit versprochen worden war, wenn er brav seinen Teller leerte. Der neue Gatte meiner Aintín, mein neuer Uncail Eideard war ein großer, robuster Mann. Seine markanten Züge und sein stoppeliges Gesicht ließen ihn ernster und gröber erscheinen, als er wirklich war. Aber manchmal wenn er seine blauen leuchteten Augen zu mir schweifen ließ, fühlte ich mich etwas unbehaglich. Vor allem war es mir nicht möglich ihm in die Augen zu sehen. Aber das passierte mir bei den gebürtigen Einwohner dieses Ortes immer. Außer bei Kendall. Bei ihm hatte ich das Gefühl gut aufgehoben zu sein, er war sehr lieb und witzig. „Was lächelst du so in dich hinein, Allison?“, fragte meine Aintín neugierig. „Ähm... nun ja. Ich dachte an die Arbeit in den Ställen...“, erwiderte ich und hoffte inständig das sie mir Glauben schenkte. Die Ausrede war nicht die Beste, aber vielleicht.... „Und darum lächelst du? Es ist eine sehr harte Arbeit, mal abgesehen von den Gerüchen die dich dort umgeben. Möchtest du nicht lieber wo anders arbeiten? Vielleicht könnte ich mich mit Kayla...“ „NEIN!“, rief ich hastig aus. Erschrocken darüber das sie tatsächlich in Betracht zog mit diesem Drachen von Frau zu reden, hatte ich sie sogar zur Bekräftigung meiner Worte am Arm gepackt. Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah sie mich verständnislos an. „Es ist wegen Kendall nicht wahr?“, begann sie wissend zu lächeln. „Es ist nur... Eine Sau hat heute einen Wurf Ferkel bekommen. Und die kleinen sind so niedlich. Bitte sprich nicht mit Kayla. Ich habe das Gefühl das sie mich nicht besonders mag“, sagte ich und ließ die Schultern hängen. Wenn sie nun glaubte das ich für Kendall etwas empfand, und natürlich war es nicht so, würde ich vor Scham sterben. Nicht auszudenken wie es wäre, wenn Gerüchte die Runde machten. Ich hatte schon in unserem Dorf Uaigneas zu spüren bekommen, wie grausam so etwas ist. Doch die Geschichte die ich ihr aufgetischt hatte, war im Grunde nicht einmal gelogen. Auch wenn es zwei Schafe waren und vor drei Tagen auf die Welt gekommen waren. Aber es war ohnehin hinfällig, da meine Aintín so sehr mit Tearlachs Erziehung und dem Wirtshaus beschäftigt war, das sie mich niemals bei den Ställen aufsuchen würde. Nach einem durchbohrenden Blick und tiefgründigen Gedanken deren Inhalt mir verborgen blieben, blickte sie mich an und wandte sich nach einem kurzen Augenblick wieder ihrem Eintopf zu. „Ich weiß das Kayla etwas roh ist und ihre Gefühle nicht immer gut unter Kontrolle hat, aber glaube mir, sie hasst dich nicht. Weißt du, sie hat es auch nicht leicht in ihrem Leben und ist über die Jahre vielleicht etwas verbittert. Wenn du lange genug hier bist, wirst du es merken. Aber nun zu angenehmeren Dingen“, sagte sie prompt, nachdem ihr Gatte ihr einen warnenden Blick zugeworfen hatte. „Was wünscht du dir nächste Woche, Allison?“, wechselte sie das Thema. „Nächste Woche?“, fragte ich sie verständnislos. Was sollte da besonderes sein? Und warum wünschen, ich durfte mir nie etwas wünschen. „Nun, dein Jahrestag!“, erklärte Iseabail und schien nicht zu verstehen das ich nicht wisse was sie meinte. „Jahrestag?“, begriff ich noch immer nicht. „Der Jahrestag deiner Geburt. Dein Geburtstag.“ „Mein Geburtstag“, wiederholte ich die fremden Worte. Ich wusste was es war und glaubte zu wissen, das es in meiner Kindheit etwas schönes an diesem Tag zu erwarten gab. Aber vielleicht war es nur ein Traum gewesen. „Du bist am siebenten Tag des siebenten Monats geboren worden. Hach, ich weiß es noch als wäre es gestern gewesen. Ich war noch jung gewesen, etwa in deinem Alter und hatte deiner Mutter und der Hebamme geholfen. Es war kurz nach der Verlobung mit deinem Uncail. Mrs. Lindsey die Gattin des Medikus aus unserem Dorf hatte dir aus dem Leib deiner Mutter verholfen. Es war tiefste Nacht gewesen, ich weiß noch wie hell der volle Mond gestrahlt hatte und deine Seammathair hatte in der Ecke gesessen und eine Decke für dich gestrickt.“ Meine Aintín hatte wieder diesen Glanz in den Augen, wie sie ihn immer bekam, wenn sie an schöne vergangene Tage dachte. Manchmal glänzten ihre Augen so stark, das der Glanz sich zu Tränen füllte. „In fünf Tagen hast du Geburtstag und wir werden es feiern.“ Meine Wangen färbten sich auf der Stelle rot vor Scham, noch nie hatte man wegen mir sich die Mühe gemacht eine Feier auszurichten. „Aber nein, das ist doch gar nicht nötig....“, versuchte ich sie davon abzuhalten. „Doch! Ich will es so. Wir werden unten in der Wirtsstube feiern, Tische sind genug da. Lade ein wen du willst. Du kannst auch Kendall einladen“, sagte sie mit Nachdruck, was mir noch mehr Röte ins Gesicht schießen ließ. „Es ist doch gar nichts mit Kendall, ich weiß gar nicht wovon du sprichst“, empörte ich mich und hoffte das es nicht zu verzweifelt klang. Aufkeimende Gerüchte musste man sogleich im Keim ersticken. Das hatte ich aus grausamer Erfahrung gelernt. „Natürlich“, lächelte sie sanft. „Also was glaubst du wie viele Leute kommen? Wie viele Tische soll ich freihalten? Drei?“ „WAS? Das sind doch viel zu viele“, warf ich ein und auch Eideard hatte Einwände. „Frau übertreib es doch nicht so.“ „Übertreiben? Weshalb? Wegen drei Tischen? Keine Sorge, für dich und deine Saufkumpanen wird es noch genügend freie Tische geben“, grinste sie angriffslustig. Erschrocken blickte ich sie an und flüsterte ein warnendes „Aintín“, doch bevor ich befürchten konnte, das sie Schläge erwarten konnte, begann ihr Gatte lauthals zu lachen an. „Und das von einer Frau die mich bei unserer dritten Begegnung unter dem Tisch saufte“, brüllte er vor lachen. „Was?“, fragte ich ungläubig und verwirrt. Meine Aintín trank mit Männern? „Oh ja, Allison. Dieses Weibsbild hat ein gehörig dickes Fell. Sie trinkt wie ein Mann und beim Kartenspiel zieht sie allen Mitspieler die Hosen aus. Selbst der König hatte es einmal an sie versucht.“ „Er hat gewonnen, Liebster“, erwiderte Iseabail friedlich und mimte die perfekte Gattin, was mich bei dem eben Gehörten nur nur noch mehr für Verwirrungen in meinem Kopf sorgte. „Du kannst dich verstellen wie du willst, Weib. Ich weiß, du hast ihn gewinnen lassen.“ „Ach, du wieder. Ich habe ihn nicht gewinnen lassen“, versuchte sie es wieder, aber ihr Lachen schien sie zu verraten. „Lüge nur bis sich die Balken biegen, aber ich weiß es besser“, knurrte er, griff in ihren Nacken um sie zu sich zu ziehen und küsste sie. Etwas beschämt guckte ich weg und stocherte mit meinem Löffel im Eintopf herum. „Iiiiiih“, rief Tearlach. „Ihr seit so eklig“, schrie er aus und alle begannen wir zu lachen. Ich konnte mich nicht erinnern wann ich das letzte Mal herzhaft gelacht hatte, aber ich glaubte nun eine Last von meinen Schultern rollen zu spüren. Ob ich nun vollends hier angekommen war, und alle Umstände akzeptiert hatte? Egal wie sehr ich manchmal an mein altes Leben denken musste, inzwischen wollte ich nicht mehr dorthin zurück. Aber da würde mich auch nichts erwarten. Hier aber, hier, hatte ich eine Familie. ******** „Eine Feier? Das ist so lieb von deiner Tante. Ich darf natürlich kommen oder?“, grinste Aileen und kämmte meine Haare, während wir gemütlich auf ihrem Bett saßen. Vor einer halben Stunde war ich von meiner Aintín zurück gekehrt und war sogleich in den Frauenturm gegangen, da ich wusste das Aileen mich erwartete. „Äh...Natürlich“, erwiderte ich, noch immer etwas rot im Gesicht. „Du musst unbedingt dein schönstes Kleid anziehen und ein Bad nehmen. Dein Badetag ist zwar erst zwei Tage später, aber ich gebe dir meinen, wir tauschen einfach. Deine Haare waschen wir dann auch, dann duften sie schön und ich mache dir eine schöne Frisur“, lächelte Aileen und freute sich wie ein kleines Kind auf eine Süßigkeit. „Wer kommt noch? Hast du schon jemanden eingeladen?“, fragte sie und das war genau die Frage über die ich nicht nachdenken wollte. In den wenigen Monaten die ich nun hier war, habe ich mich kaum mit jemanden angefreundet. Zu Anfang war ich noch sehr misstrauisch und ängstlich gewesen, aber auch sonst hatte sich inzwischen nicht viel getan. Ich war irgendwie nicht besonders kontaktfreudig. Sicher, die anderen Mädchen sind nett, man spricht miteinander und lebt so neben einander her. Aber als Freundin würde ich nur Aileen bezeichnen. Eigentlich gab es nur sie. Und Kendall, wenn ich bei den Ställen war. Mehr Menschen gab es nicht in meinem Alltag, außer meine Aintín. Schon traurig wenn man darüber nachdachte. „Du könntest Kendall einladen“, sagte Aileen sanft, als hätte sie meine Gedanken gelesen. „Ach er würde bestimmt nicht kommen wollen“, versuchte ich es, hatte aber mühe meine Stimme beiläufig klingen zu lassen. Ich wusste nicht weshalb ich mich dagegen sträubte Kendall in mein privates Leben hinein zu lassen, doch vielleicht lag es an seinem Geschlecht. Seit der Sache mit Dylan und meinem Uncail hatte ich mir geschworen mich niemals wieder zu verlieben. Es war eine andere Sache jemanden Akzeptables zu ehelichen und süße Kinder zu bekommen, die ich lieben konnte und die mich liebten. Aber mehr hatte ich für mein Leben nie vorgesehen. Nicht mehr. „Ach komm schon Allison. Gib dir einen Ruck. Entweder lädst du ihn ein oder ich werde es tun“, drohte sie. „Na schön, ich werde ihn morgen fragen“, versprach ich widerwillig. „Brav“, grinste sie triumphal. „Na ihr beiden, was gibt es da so fröhlich zu quaken?“, fragte Meara, eine gute Freundin von Aileen. Ich hatte sie auch sehr gern, doch war der Kontakt nur durch Aileen verbunden. Oft redeten sie miteinander und ich saß mit dabei und hörte einfach zu. Zu Anfang hatte sie versucht auch Freundschaft mit ihr anzuknüpfen, aber es war mir zu viel und ich war ihr sicherlich zu anstrengend gewesen mit meiner Melancholie. Aber ich mochte das Mädchen mit dem strohblonden Wellen und den blaugrauen Augen dennoch. „Nächste Woche hat Allison Jahrestag und es wird im Wirtshaus ihrer Aintín gefeiert. Du kommst doch auch oder nicht?“ „Oh gerne. Das ist aber nett von deiner Aintín. Endlich mal wieder was anderes. Unsere Geburtstage feiern wir sonst nur unter uns, hier im Frauenflügel des Schlosses. Kommen auch Männer?“, fragte sie neugierig, senkte aber ihre Stimme dabei. „Au ja, Kendall ist bereits ein Kandidat. Doch unsere Allison tut sich etwas schwer jemanden einzuladen“, tratschte Aileen, was mich peinlich berührt auf den Boden blicken ließ. „Oh komm schon Allison, es ist nicht so schlimm. Wir kümmern uns darum“, sagte Aileen aufmunternd und tätschelte meine Schulter. „Aber Kendall fragst du selbst!“ „Einverstanden“, nuschelte ich, spürte aber sogleich die flatternde Aufregung als ich an ihn dachte. ******** Am nächsten Tag schlurfte ich mit einem flauen Gefühl zu den Ställen, was nicht unmittelbar dazu führte das ich mich verspätete. Schon von Weitem sah ich Kendalls Karren vor dem Stall der Ziegen, sein Gaul graste gemütlich am Wegesrand. Die Stalltür war geöffnet, aber die Klappen an den Fenstern im oberen Teil des Stalles, in dem sich die Tiere befanden nicht. Vorsichtig lugte ich hinein in die Dunkelheit. „Kendall?“ „Guten Morgen, Schönheit“, sprach eine Stimme neben meinem Ohr. Erschrocken drehte ich meinem Kopf direkt zu ihm, stieß mich aber an dem Türpfosten. Der Schmerz war schnell vorbei, aber ich spürte die Schramme an meinem Wangenknochen. „Oh tut mir leid, das wollte ich nicht“, sagte Kendall und riss mich sofort tröstend in seine Arme, was mich sehr irritierte. Staunend blickte ich zu ihm auf, sein Gesicht nur ein kurzes Stück von meinem Entfernt, sein warmer Atem streifte meine Wangen. Wie aus dem Nichts hatte er ein sauberes Tuch geholt und tupfte mir die Wange ab. Zischend zog ich die Luft ein, da es mehr brannte als erwartet. „Oh warte du hast ein....“ Ein stechender Schmerz flammte kurz auf, ehe es erlosch und zwischen seinen Fingern sah ich einen Holzsplitter. Den musste ich mir von der Tür zugezogen haben. „Danke“, sagte ich und sah etwas unsicher zu ihm auf. Es war ein komisches Gefühl so nahe bei ihm zu stehen. Aber ich konnte nicht beschreiben ob es gut oder schlecht war. „Du hast dich verspätet, was hat dich aufgehalten?“, brach er die Stille und sah mich mit seinem schiefen Grinsen an. „Ach.... nichts besonderes“, wich ich aus und beeilte mich ein genuscheltes „tut mir leid“ hervorzubringen. Wieso fiel mir das Reden nur mit ihm so schwer? Reiß dich zusammen Allison. Noch einmal holte ich tief Luft und überwand mich: „Nächste Woche habe ich Geburtstag und meine Aintín möchte es im Wirtshaus feiern und wenn du ….“ „Ich komme gern“, prasselte es sogleich aus seinem Mund, kaum das ich meine Einladung aussprechen konnte. „Ähm.... gut. Dann... sehen wir uns da. Es ist am Dienstag. Es beginnt am frühen Abend.“ Puh, geschafft! „Sag mal, wer kommt eigentlich noch so? Sind noch mehr Männer eingeladen?“, fragte er mit einem anzüglichen Lächeln, welches mir wieder das Herz höher schlagen ließ. „Äh... nun ja, nicht direkt. Eigentlich bist du ja der einzige mit dem ich wirklich bekannt bin. Aber Aileen wird sich darum kümmern, also... weiß ich nicht wer kommt.“ „Schade, wäre ich der Einzige, bräuchte ich mir keine Gedanken um Konkurrenz zu machen“, sagte er und sein Gesicht kam meines wieder näher. „Tja nun... du kennst ja Aileen“, wich ich aus, ging hinüber zur Leiter und wollte mit meiner Arbeit beginnen. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken und versuchte es geflissentlich zu ignorieren. Eilig stieg ich die Leiter hinauf, ergriff die Mistgabel und machte mich an die Arbeit. Kendall war mir gefolgt und tat es mir nach, allerdings spürte ich immer wieder seinen fragenden Blick. Als alle Misthaufen aus dem Fenster geworfen waren – auf dem stinkenden Berg hinter dem Stall – wollte ich hinunter steigen um das frische Stroh hinauf zu werfen damit es Kendall verteilen konnte. „Allison?“, hielt er mich zurück. „Ja?“ „Was ist los? Du wirktest vorhin schon so nervös und als ich... ist es für dich unangenehm wenn ich dir zu nahe komme? Glaube nicht das ich etwas beabsichtige... also wenn du nicht willst....“, stammelte er und kratzte sich unsicher am Hinterkopf. „Kendall, ich habe nichts gegen dich, nur... ich …. es ist in meinem alten Leben einiges geschehen und ich … auch wenn ich dich sehr gern hab... ich kann die Nähe von Männern nicht wirklich... ertragen. Also wenn sie mir zu nahe kommen. Es tut mir leid...“ „Schon gut, du musst dich nicht entschuldigen. Ich verstehe dich, glaub ich“, sagte und er blickte zu einer kleinen meckernden Ziege um meinem Blick zu entwischen. Er wirkte sehr geknickt und bei diesem Anblick des traurigen Kendall, der sonst immer gutgelaunt war und immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hatte, bekam ich ein schlechtes Gewissen. „Ich brauche etwas Zeit. Nur etwas Zeit“, log ich. Ich hatte in diesem Augenblick nicht das Gefühl das es sich jemals ändern würde, doch wollte ich ihn aufmuntern und wusste mich nicht anders zu helfen. Es ließ sich nur auf ein Wunder hoffen, das er etwas anderes findet das sein Interesse weckt oder ich tatsächlich eines Tages in der Lage bin mich einem Mann wieder romantisch zu nähren. ******** „Ich bin so furchtbar nervös. Muss ich denn dieses Kleid tragen? Ich falle doch auf wie ein bunter Hund“, klagte ich und zupfte an diesem blassbklauen Stoff der mich umgab. Aileen schnürrte meinen Mieder während Meara mir die langen Locken bürstete, nachdem sie diese einigermaßen, sorgfältig mit einem Tuch getrocknet hatte. Aileen umkreiste mich wie eine Katze eine Maus und bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick, wobei sie auf ihrer Lippe herum kaute. „Es fehlt etwas.... du siehst so schmucklos aus.“ „Also das würde ich nicht sagen, sieh dir doch dieses prächtige Kleid an. Sie sieht aus wie ein Burgfräulein“, strahlte Meara und begann damit meine Haare zu flechten um sie zu einer Hochsteckfrisur zu verarbeiten. „Papperlapap! Es ist gleich wie prachtvoll ein Kleid auch sein mag, wenn die Frau die es trägt keinerlei Schmuck trägt, ist es nur halb so schön. …. Moment, da fällt mir etwas ein“, sagte sie und ging hinüber zu ihrem Bett. An ihrem Nachttisch öffnete sie die Schublade, holte eine Schatulle hervor und dieser entnahm sie einen schönen Haarkamm. Er war aus schönem Holz geschnitzt mit reicher Verzierung. Es waren Ranken zu erkennen und eine Rose in der Mitte. „Oh Aileen, die ist ja wundervoll“, sagte ich und nahm sie ehrfürchtig entgegen. „Na dann. Sie gehört dir, ich trage sie ohnehin nicht. War ein... Geschenk“, seufzte sie plötzlich schwermütig und verfiel in kurze Melancholie, wie ich es nur selten bei ihr erlebt hatte. „Aileen ist alles in Ordnung?“, fragte ich vorsichtig. Sogleich wurde sie aus ihrer Trance gerissen und wischte eine aufsteigende Träne fort. „Natürlich. Was eine unsägliche Erinnerung, wie sie einem manchmal ärgern. Schwamm drüber. Hier Meara, diese Haarspange wird alles abrunden“, sagte sie grinsend und sogleich spürte ich die Spitzen des Kammes über meine Kopfhaut gleiten. „Sie ist bestimmt schön aber... ich kann sie nicht annehmen“, sagte ich bestimmt und wollte die Haarspange bereits aus meinen Haaren ziehen. „Finger weg“, sagte sie und schlug auf meinen Handrücken. „Nimm es als Geschenk zu deinem Geburtstag. Ich brauche es nicht mehr, ich habe es ohnehin nie getragen.... Aber es fehlt noch immer etwas!“ „Da kann ich vielleicht weiter helfen“, mischte sich Meara ein und lief ihrerseits zu ihrem Bett um aus ihrer Kleiderkiste ein samtenes Säckchen zu holen. „Ich habe sie einmal von meiner Schwester geerbt, nachdem sie verheiratet wurde und eine neue bekam. Es ist schon zerkratzt und etwas schäbig....“ „Sie ist wunderschön“, sagte ich und nahm es ehrfurchtsvoll in die Hand. Es war eine bronzene Kette mit himmelblauen Steinen. „Leider sind die Steine keine echten Diamanten, es ist nur Glas, aber....“ „Sie ist unbeschreiblich schön“, strahlte ich und drückte sie an meine Brust. „Vielen Dank!“ So war ich denn gerüstet für die erste Feier die je in meinem Leben nur für mich stattfinden sollte. Ein hübsches Kleid, welches aus Sophies Truhe stammte. Natürlich stammten die meisten aus Sophies Kindheit,weshalb mir die Ärmel oft zu kurz waren, denn um mir eine völlig neue Garderobe zu schneidern, dafür war in den drei Tagen keine Zeit gewesen. Doch glücklicherweise hatte mich Aileen bereits vor Tagen dazu aufgefordert die Truhe zu öffnen und zu offenbaren, welche Schätze ich besaß, denn oft trug ich immer das gleiche Kleid, wie ihr aufgefallen war. Das schlichteste. In dem ich mich eben am wohlsten fühlte. Fleißig hatte sie sich daran gemacht die Ärmel zu kürzen um es sommerlicher zu machen. Zunächst hatte ich Einwände, da ich nicht sicher war ob es sich für eine Frau schickte ihre gesamte Armlänge zu zeigen, doch schien es hier an diesem Ort nicht so weit herzugehen mit der Prüderie. In einen etwas übergroßen, aber zu kurzem Umhang gehüllt, begleiteten sie mich aus dem Frauentrackt und in die Stadt hinein. Vor der Tür des Wirtshauses blieb ich noch einen Moment stehen und holte tief Luft um meine Schultern zu straffen, ehe ich meine Hand auf die Klinke setzte um sie zu öffnen. Der Duft von herrlichem Essen war das erste das ich wahrnahm und als ich den ersten Schritt hineintrat erblickte ich die lodernden Lichter der metallenen Leuchter an der Decke und den Kerzen auf den Tischen. Kaum das ich unter den bereits anwesenden Menschen ein Gesicht erkennen und zuordnen konnte, wurde ich plötzlich von jemandem in die Arme gerissen und ein mir vertrauter, lieblicher Duft zusammen geflochtener Haare wehte mir um die Nase. Herzlich drückte mich meine Aintín an ihre Brust und zog mich weiter in die Stube hinein. Nun sah ich das die Tische etwas zur Seite gerückt waren um einer großen freien Fläche in der Mitte platz zu machen und einige der Tische zu einer großen Tafel zusammen geschoben waren. Von dort her stammte der leckere Duft, der mir den Speichel in den Mund trieb. Auch Aileen und Meara waren entzückt und klatschten begeistert in die Hände. „Aintín das... wäre doch nicht nötig gewesen“, sagte ich kleinlaut und spürte wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Das Gefühl das sich in meinem Körper ausbreitete war überwältigend, was meine Knie weich werden ließ. Noch nie hatte es ein Fest meinetwegen gegeben. Geburtstage wurden bei uns nicht gefeiert, es war kaum der Erwähnung wert. Seither hatten wir an jenem Tag nur Dinge bekommen, die ohnehin längst nötig gewesen wären. Ein neues Kleidungsstück oder vielleicht etwas praktisches um unsere Arbeit besser verrichten zu können. Wir hatten uns nie etwas daraus gemacht. Es gab eine etwas größere Portion zu Essen und ich weiß noch, wie sehr sich Doughlas einmal über seine neue Axt gefreut hatte. Denn die Alte war schon so stumpf und zerschlissen gewesen, das man genau so hätte versuchen können mit einem einfachen Messer Holzscheite aus einem Stamm zu schneiden. „Oh nein Allison, nicht weinen. Wir haben so lange gebraucht um dich so schön herzurichten, bitte versau nicht unser Meisterwerk“, jammerte Aileen, packte mich an den Schultern und sah mich eindringlich an. „Komm schon Süße, lächeln, nicht weinen. Du bist zwar ein Jahr älter und nun eine alte Vettel, aber erfreue dich doch wenigstens des leckeren Essens.“ Etwas ungeschickt begann ich zu prusten vor Lachen und verlor etwas Speichel dabei, doch achtete ich nicht weiter drauf. Stürmisch umarmte ich sie und spürte die unsägliche Träne meine Wange hinunter rollen. „Was habe ich gesagt, keine Tränen“, sagte Aileen und wischte mir zärtlich übers Gesicht. Nachdem mich alle überschwänglich gratuliert hatten, öffnete sich mit einem lauten Rumps die Tür und es kam kein geringerer herein als Lugus. Prächtig gekleidet wie ich ihn noch nie gesehen hatte, mit einem Kilt aus teurem Stoff, ein weißes Hemd und einen fantastisch Umhang. Auch eine herrliche Brosche an einer langen Kette durfte nicht fehlen. Es kam mir vor als sähe ich ihn zum ersten Mal. Genauer gesagt, sah ich ihn mir nun direkt das erste und richtige Mal an, von oben bis unten. Lange Zeit war ich wütend auf ihn gewesen, ja selbst gehasst hatte ich ihn. Doch nach einigen Wochen konnte ich es nicht mehr, und die Tatsache das er eigentlich für mich ein völlig Fremder war, hielt mich von ihm fern. Immer hatte ich das Weite gesucht wenn er sich ins gemeine Volk mischte. Doch nun war es ein Fest zu meinem Ehren und musste ihn wie einen Ehrengast willkommen heißen. Ehe mir dieser politische Akt das Herz schwer werden lassen konnte, lief meine Aintín bereits auf ihn zu, verbeugte sich und dankte ihm für sein kommen. Ihr hatte ich es also zu verdanken? Ein zischender Schmerz durchfuhr meiner Brust, doch konnte ich ihr nicht böse sein. Vielleicht hatte sie auch nur befürchtet, das er beleidigt reagieren könnte. „Ich bin der Einladung gerne gefolgt Iseabail. Ich war so frei meinen Sohn ebenfalls mitzubringen, wenn es dir nichts ausmacht?“ „Aber nein. Seid gegrüßt Prinz Radulf, setzen Sie sich. Das Essen ist bereits angerichtet und auch das Geburtstagskind ist bereits anwesend“, sagte meine Aintín aufgeregt und führte die zwei Herrschaften direkt zu mir. Mein Herz klopfte vor Aufregung wild in meiner Brust und ich sah kurz zu Aileen, die sich ebenfalls verbeugte, als die beiden Neuzugänge näher traten. „Allison, du siehst umwerfend aus, lass dich ansehen. Du hast dich erholt wie ich sehe. Ich hoffe du verzeihst mir mein damaliges Versteckspiel, doch hat es seine Gründe gehabt. Mir ist bewusst das ich dir weh getan habe, aber lass es mich wieder gut machen“, sagte er und holte etwas ledernes hervor. Zunächst wusste ich erst nichts damit anzufangen, doch schien es eine Art Gürtel zu sein. Es war aus schwarzem, feinen Leder und an sich gewöhnlich und schmucklos, wäre da nicht dieser leuchtend weiße Stein gewesen, der durch eine silberne Schnalle an dem Gürtel befestigt worden war. „Oh ein Mondstein“, sagte Aileen ganz erstaunt und strich ehrfurchtsam darüber. „Aber er scheint ein wenig kurz zu sein“, überlegte ich und versuchte ihn an meiner Hüfte anzulegen, allerdings war diese zu breit. So entschied ich sie an meiner Taille anzubringen, um Lugus nicht zu enttäuschen. „Nein, die Länge ist genau richtig. Trage ihn nur immer bei dir, manchmal sind Gürtel sehr nützlich“, lächelte Lugus und Iseabail führte ihn an die Spitze der Tafel, an der er sich gemächlich setzte. „Sag mal Junge, wie lange willst du noch wie eine Statue dort stehen und wie ein dummes Pony gucken?“, sagte Lugus plötzlich ohne aufzusehen und alle wandten wir uns um. Natürlich, er hatte ja davon gesprochen das er Radulf mitgebracht hatte. Dieser stand mit verschränkten Armen vor der Brust am Türrahmen angelehnt und schien zunächst keine Anstalten machen zu wollen sich von der Stelle zu bewegen. „Nun beweg dich, oder muss ich dir Beine machen“, dröhnte die tiefe Stimme wie Donnerhall durch das Wirtshaus, was uns zusammen zucken ließ. Zunächst hatte es den Anschein das Radulf sich noch immer nicht bitten lassen wollte, doch ehe Lugus noch ein Wort sagen musste, stieß er sich schwungvoll vom Türrahmen ab und trat ein, während er die Tür laut ins Schloss schlagen ließ. Je näher er mir kam und mich mit seinem Blick durchbohrte, desto lauter klopfte mein Herz. Diese Gefühlswallungen konnte ich mir selbst nicht erklären, doch war ich ihnen unbewaffnet ausgeliefert. Doch bevor er vor mir stand, machte er einen Bogen und wollte an mir vorbeilaufen. „Radulf“, kam es leise knurrend aus Lugus Richtung, doch seine Stimme war so vibrierend, das es niemand hätte überhören können. Es war als würde es um uns herum kalt und ungemütlich werden, alle standen wir still, hielten den Atem an und warteten gespannt darauf was geschehen würde. Auch Radulf ließ sich davon beeindrucken und blieb Schulter an Schulter an meiner Seite stehen. Ein tiefes Seufzen kam aus seiner Kehle ehe er sich zu einem „Herzlichen Glückwunsch“, niederringen konnte. „Danke“, hauchte ich, während ich zu ihm aufsah und von diesem wildem Grün in seinen Augen eingenommen wurde. Unerwartet blieb er noch einen kurzen Moment stehen und sah mir entgegen, während ich glaubte etwas anderes in seinen Augen zu sehen, als Langeweile und Verachtung, doch war es so schnell vorüber das ich es mir auch eingebildet haben konnte. Mit einem gereiztem Schnauben in meine Richtung trottete er hinüber zur Tafel und setzte sich zur Linken seines Vaters. Dummes Maultier! „Komm, setz dich zu mir, Kleines. Wir sollten mit dem Essen anfangen, sonst wird es kalt“, sagte Iseabail und klopfte auf den Stuhl neben ihr. Dort saß ich also, mit meiner Familie, meinen zwei Freundinnen, Lugus und diesem Maultier. Kaum hatte ich nach dem Besteck gegriffen, flog die Tür auf und Kendall trat gutgelaunt, wie immer herein. „Ihr wollt doch nicht ohne mich anfangen?“, grinste er. Doch sein Grinsen hielt nicht lange an, nachdem er seinen König entdeckt hatte. Eilig lief er zu ihm, sank auf die Knie, wischte seine Haare aus den Nacken um diesen dem König zu präsentieren. Das war einer der vielen Merkwürdigkeiten die ich hinter diesen Mauern entdeckt hatte. Aber jedes Volk hatte seine Sitten. „Wie unerwartet Euch beim einfachen Volk zu sehen, Chief“, grinste er sein schiefes Lächeln das er so oft drauf hatte und suchte den Tisch nach mir ab. Bereits in wenigen anderen Momenten hatte ich mitbekommen das er dem König gegenüber nicht gerade den größten Respekt zollte, doch war ich bisher nie dahinter gekommen woran dies lag. Schnell hatte er mich erblickt und blieb für einen Moment ganz starr. „Bei den Göttern. Schönheit, aus dir ist eine Prinzessin geworden“, sagte er, schnappte meine Hand und zog mich vom meinem Stuhl hoch, wobei es durch die Wucht zu Boden fiel und vergessen liegen blieb. Zwei Mal ließ mich Kendall wie bei einem Tanz mich um meine eigene Achse drehen, bis er mich zu sich zog. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Schönheit“, flüsterte er und reichte mir einen Gurt. Mit einer reich verzierten Scheide, in der ein Dolch steckte, an der Spitze des Griffes einen Sichelmond.“Oh Kendall, das ist..... wunderschön, aber...“ „Schhhh“, legte er mir einen Finger auf den Mund. „Jede hübsche Frau braucht eine Waffe um sich vor ihren Verehrern zu schützen“, grinste er. Wir setzten uns und natürlich setzte er sich direkt neben mir, so das ich zwischen ihm und meiner Aintín saß. „So meine Lieben, lasst euch das Essen und den Wein schmecken“, sagte Iseabail und sogleich hörte man das Besteck über den Tellern kratzen. Vor lauter Aufregung bekam ich kaum ein Bissen runter. Kendalls starke Präsenz neben mir und die Anwesenheit von Lugus und Radulf ließen mich vollends vor Anspannung versteifen. Was war das nur für ein merkwürdiger Abend, an dem ich mich wie eine verwöhnte Prinzessin aussah und mich wie eine Bettlerin fühlte? Während dem Essen unterhielten sich Iseabail, Eideard und Lugus viel, es war kaum zu erkennen das eine Art König hier an diesem Tisch saß, so entspannt gingen sie miteinander um, aber nicht ohne den nötigen Respekt. „Allison?“, fragte mich Iseabail, nachdem das Essen abgeräumt war und nur noch die Weinkrüge auf dem Tisch standen. „Ja?“ „Hier, das habe ich für dich gemacht. Ich habe damit angefangen, nachdem wir uns das erste Mal gesehen haben. Deine Seanmathair hatte damit angefangen, doch wie du weißt... verstarb sie plötzlich. Ich habe die Wolle noch einmal auseinander gefädelt und habe ihre Arbeit beendet. Sie wäre stolz dich darin zu sehen“, sagte Iseabail und reichte mir einen roten Wollhaufen. Verwirrt nahm ich es entgegen, stand auf und hielt es vor mir hin. Es war ein schöner, weicher, roter Umhang mit einer Kapuze daran. „Oh das... das ist so schön“, sagte ich begeistert und Tränen stiegen mir wieder in die Augen. „Probier es bitte an, ich will sehen wie es dir passt“, sagte meine Aintín, kam auf mich zu und schnürte den Umhang vor meinem Hals. „Du siehst so hübsch darin aus, meine Kleine“, sagte Iseabail und umarmte mich herzlich. „Deine Seanmathair wäre so stolz auf dich, wenn sie sehen würde was für eine hübsche Frau aus dir geworden ist.“ „Danke“, schluchzte ich und drückte mich an sie. „Schluss mit dem Geheule, wo ist die Musik?“, rief Kendall aus und sprang auf. „Oh... ach ja, die anderen müssten bald kommen“, sagte Iseabail und kaum hatte sie es ausgesprochen ging die Tür auf und einige Männer kamen herein mit verschiedenen Instrumenten. Ein Dudelsack, zwei Geigen, eine Flöte, Trommeln, es versprach aufregend zu werden. Auch einige Stammgäste traten ein, denn nach wie vor, sollte die Wirtsstube ihre Kunden empfangen. Doch da am frühen Abend noch niemand hier anzutreffen war, hatte meine Aintín das Abendessen getrost hier stattfinden lassen können. Schnell hatte sich der Alltag mit meiner Geburtstagsfeier vermischt. Iseabail und ihr Gatte Eideard sind wieder hinter dem Tresen verschwunden um ihrer Arbeit nachzugehen und die ersten Bestellungen wurden bearbeitet. Die Musik fing zu spielen an und ich stand etwas unbeholfen herum, mit dem roten Umhang, einem Dolch und einem Mondsteingürtel. „Darf ich um diesen Tanz bitten?“, flüsterte eine Stimme in mein rechtes Ohr und der warme Atem der über meinen Nacken strich verursachte ein Kribbeln in meiner Magengegend. Ich drehte mich zu Kendall um und war nicht wirklich im Stande ihm direkt in die Augen zu sehen. „Nein danke... ich... habe schon so lange nicht mehr getanzt, ich glaube... ich kann das gar nicht mehr“, stammelte ich. Ich spürte die neugierigen versteckten Blicke in meinen Rücken und fühlte mich schrecklich unwohl. Es war bereits schon zu viel Aufmerksamkeit auf meine Person für diesen Tag. Für dieses Leben. „Allison, bleib ruhig. Sie dir das volle Wirtshaus an. Niemand achtet auf uns. Gib mir den Umhang“, sagte er und hatte prompt diesen aufgeschnürt und legte ihn mir ab. „Achte nicht auf die anderen, es gibt nur uns.“ Er nahm meine Hand und führte mich in die Mitte, in der bereits einige wenige Paare tanzten. Nach einigen unbeholfenen Umdrehungen wurde ich allmählich entspannter und begann an dem Tanz Spaß zu haben. Die Musik stimmte ein neues Lied ein, ein fröhliches, schnelles Lied. Lachend wirbelten wir umeinander und schon bald fühlte ich mich so wohl und glücklich, das ich glaubte fliegen zu können. Das Lied endete abrupt und ich fand mich schwer atmend in Kendalls Armen wieder. „Vielleicht sollten wir eine Pause machen“, sagte er und führte mich zu unserem Tisch. Erschöpft aber glücklich, ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen und sah dabei zu wie Aileen mit einem großen gutaussehenden Mann tanzte. Sie hatte einmal durchblicken lassen das es jemandem in ihrem Leben gab und es wurde getuschelt, das sie bald nicht mehr bei uns im Frauenturm wohnen würde. Das musste der Glückliche sein. Doch der Gedanke meine Freundin bald nicht mehr bei mir zu wissen, machte mich traurig. Doch noch immer spürte ich einen starrenden Blick auf mir, wie schon die ganze Zeit. Es war mir im Laufe des Tanzes unwichtig geworden, hatte sich aber wie ein Nebel um die Lichtung gewabert. Als ich es nicht mehr aushielt und meinen Kelch geleert hatte, suchte ich den Raum ab, suchte die Augen die mich auf Schritt und Tritt verfolgten. Grüne Augen starrten mir für einen Augenblick entgegen, ehe sie sich abwandten. Radulf hatte mich beobachtet? Der Gedanke das er meine Existenz nicht nach wenigen Minuten vergaß sobald sich unsere Wege für einen Augenblick gekreuzt hatten - sondern da saß und ich so interessant war, das er mich länger als eine Sekunde beobachtete - löste ein merkwürdiges Gefühl in mir aus. Während Kendall am Thresen stand und neue Getränke für uns holte, sah ich mir Radulf einmal genau an, was ich die letzten vier Monate nie getan hatte. Er hatte glänzende schwarze Haare, die ihm lang auf die Schultern reichten. Seine grünen Augen glühten im dämmrigen Licht und nun sah ich das er von Narben übersät war. Eine lange dicke Narbe, verunstaltete sogar sein Gesicht und hatte ihm wohl fast ein Auge gekostet, doch dieses war glücklicherweise heil geblieben, auch wenn sein Lid zur Hälfte nur noch eine dünnes, faltiges, etwas rötliches Hautstück war. Mir fiel auch auf das ihm ein Glied am kleinen Finger an seiner Rechten Hand fehlte. Das musste er wohl bei einem Kampf verloren haben, was sich aber schwer sagen ließ, da es ausgebrannt worden war und nur noch ein schwarzer Stumpf übrig war. An seinem linken Unterarm, fand sich auch eine lange feine Narbe. Wären diese Errungenschaften nicht gewesen, wäre er wohl ein gutaussehender Mann gewesen. Nicht das ich Oberflächlich gewesen wäre, wobei ich gestehen musste das Dylan ein echter Schönling gewesen war. Aber Radulf nun genau betrachtet war er schon eine merkwürdige Erscheinung. Unter all den anderen, großen, meist Muskelbepackten Männern wirkte er körperlich wie ein Jüngling. Nicht das nichts an ihm dran war, doch war er eher sehnig. Auch waren sie wiederum ein guten Kopf größer als er selbst und besaßen breitere Schultern. Wenn ich mich recht erinnere, wie groß er war als er an mir vorbei lief, überragte er mich tatsächlich nur um einen halben Kopf. Und ich selbst gehörte auch nicht gerade zu den größten Frauen. Während Kendall noch einen weiteren größer war als ich, wie die anderen Männer hier. Doch obwohl er in Gegensatz zu den anderen klein geraten und durch seine Narben am meisten von allen verstümmelt, war seine Anwesenheit so.... präsent. Das Erstaunliche war, das er nicht wie ein Jungspunt am Rande der Gruppe saß und gebannt den Geschichten lauschte, die die Älteren zum Besten gaben, sondern saß in der Mitte, umringt von den anderen die ihm.... respektvoll? … lauschten. „Das war vielleicht eine schwere Geburt. Iseabail und Eideard haben ganz schön zu tun, alle sind so in Feierlaune, es wird nicht lange dauern bis es hier keinen freien Platz mehr gibt“, holte mich Kendall aus meinen Gedanken heraus. Er reichte mir einen Krug Beerenwein, während er begierig sein Bier trank. „Mmh, Iseabail versteht wirklich etwas von Bier, das muss man ihr lassen“, sagte er genüsslich und trank den restlichen Krug fast in einem Zug leer. Ich dagegen nippte hier und da an meinen Wein und versuchte die unaufhaltsamen, starrenden Blicke in meinem Rücken zu ignorieren. Was er wohl damit bezwecken wollte. Ich konnte mir nicht vorstellen das dieser rohe Klotz nur ein Fünkchen Interesse an mir hätte, nicht das es mir wichtig wäre, aber sein Verhalten war schon etwas sonderbar. Wo er mich sonst bisher immer ignorierte oder anplärrte, durchbohrte er nun mein Fleisch mit seinen Augen. Bestimmt wollte er mich nur ärgern, dieser dumme Esel! „Noch ein Tänzchen, Königin der Nacht?“, fragte Kendall grinsend und ergriff bereits meine Hand, ehe ich auch nur eine Bekundung von mir geben konnte. Auf der Tanzfläche begegnete ich dem aufmunternden Blick von Aileen und ihrem vielsagenden Lächeln, ehe sie mir zuzwinkerte und ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Tanzpartner widmete. Er war ein großer junger Mann, mit braunem, langen, zotteligen Haaren und blauen Augen. „Ich weiß ja das Conan für die Frauen ein Leckerbissen ist, aber ich bin doch auch nicht so übel, als das du mich hier unbemerkt stehen lässt“, flüsterte eine schelmische Stimme an meinem Ohr. „Was? Nein Kendall, so ist es nicht“, sagte ich eilig und riss mich von dem süßen Pärchen los. „Nun entspann dich mal, gerate nicht immer gleich in Panik, nur weil ich Unsinn rede“, lachte er. Ich nickte ihm brav zu und gelobte Besserung. Zufrieden zog er mich wieder an sich, enger als jemals zuvor, so das ich sein Herz klopfen spüren konnte. Ein Kribbeln zog sich durch meine Magengegend, ich spürte wie meine Nippel sich verhärteten und seine Hände an meine Taille ließen meine Knie weich werden. Woher kamen nun die unsäglichen triebhaften Gefühle? Ich hatte dieses Gefühl bereits kennengelernt, doch nun war es anders. Ich versuchte es nicht über zu bewerten, doch wollte es mir nicht so recht gelingen, vielleicht lag es auch an dem unfassbar schönen Abend oder der Tatsache das ich so viel Wein getrunken hatte, wie noch nie in meinem Leben. Zuvor hatte mich Alkohol, Dank meines Uncails, immer abgeschreckt und angeekelt. Doch nun fühlte ich mich glücklich, leicht wie eine Feder und wie Kendall mich so schön betitelte, wie die Königin der Nacht. Ich weiß nicht wie lange wir noch tanzten, nur das Aileen und Conan sich bald verabschiedet hatten, um etwas Zweisamkeit zu genießen, wie sie mir verschwörerisch zuzwinkerte. Aileen war eine tolle Frau, niemals würde ich gegen sie etwas schlechtes sagen, doch vor der Hochzeitsnacht seine Jungfräulichkeit herzugeben war eine riskante Angelegenheit. Natürlich war es nicht direkt verboten, wenn die Frau verlobt war und als Zeichen des Versprechens ein Geschenk ihres Verlobten erhielt. Doch war es keine Sicherheit dafür das er es tatsächlich tat und es nicht nur auf das Eine abgesehen hatte. Wenn sie Pech hatte wurde sie am nächsten Morgen von der Bettkannte gestoßen und fände sich als mittellose Frau wieder. Eine wertlose Braut, die niemand heiraten würde. „Wollen wir gehen? Es ist schon spät und du scheinst nicht mehr ganz bei der Sache zu sein“, sagte Kendall und strich mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht. Wieder dieser bohrender Blick, der sich wie ein Giftzahn in lebendes Fleisch bohrte und diesen schönen Moment ruinierte. „Ja lass uns gehen“, sagte ich und ging hinüber zum Tresen um mich von Iseabail zu verabschieden. „Gute Nacht, mein Kleines. Ich hoffe es war für dich nicht zu anstrengend?“ „Nein, Aintín. Vielen Dank“, hauchte ich, da ich die Tränen unterdrücken musste. „Gut. Denn du solltest dich ab sofort daran gewöhnen“, lächelte sie. Ich nahm den roten Umhang an mich, zog ihn mir über und folgte Kendall hinaus. Aber nicht ohne den Blick von Radulf für einen kurzen Augenblick erwidern zu müssen. Das was ich sah schlug mir die Luft aus den Lungen. Wut und Zerrissenheit war in seinen Augen zu erkennen, obgleich er bemüht war eine gleichgültige Miene zu zeigen. Verwirrt und mit pochendem Herzen ließ ich mich von Kendall mitziehen, hinaus in die sommerliche, frische Luft. Wir liefen noch immer Händchen haltend durch die Straßen und während ich versuchte meine wirren Gefühle zu ordnen und zu verstehen was Radulf gegen mich hatte, merkte ich nicht wie schnell wir doch am Frauentor angekommen waren. „Nun, ich denke du bist sehr müde, der Tag war ja sehr aufregend für dich gewesen“, unterbrach er die Stille. „... Ja. Ja, du hast recht“, sagte ich, plötzlich aus meinen Gedanken gerissen. „Allison, ich will das du weißt... denke nicht das ich etwas von dir will... also doch... aber nicht so wie du denkst. Ich meine, ich werde warten“, hauchte er und ehe ich verstehen konnte, was er mir da sagte, drückte er mir schon seine Lippen auf den Mund. Mein Herz machte einen riesigen Satz, meine Knie wurden weich und meine Hände begannen zu schwitzen, während sich ein heißkalter Schauer über meinen Rücken zog und Körper von Gänsehaut überwuchert wurde. Nachdem ich den Schock überwunden hatte, verspürte ich den Wunsch den Kuss zu erwidern, doch überkam mich plötzlich so eine unangenehme Übelkeit. Schnell zog ich mich zurück und hielt mir eine Hand vor dem Mund. „Es tut mir leid, ich... es ist nicht wie du denkst aber... ich fürchte ich habe zu viel getrunken. Ich bin es nicht gewohnt“, erklärte ich mich und wandte mich etwas beschämt ab. „Keine Sorge, ich gehe nicht davon aus das dich mein Kuss zum Kotzen bringt“, lachte er. „Nun gut, dann solltest du dich schlafen legen, ich werde dann auch mal das heimische Bett aufsuchen. Gute Nacht“, sagte er sanft und strich noch eine Strähne hinter mein Ohr, ehe er pfeifend nach Hause schlenderte. Einen kurzen Moment sah ich ihm nach, schlüpfte durchs Tor und lief langsam über den Brunnenhof, noch immer mit meinen verwirrenden Gefühlen beschäftigt. Kurz hatte ich am Brunnen inne gehalten und hinein gesehen. Doch im Mondschein war nicht viel von meiner Gestalt zu erkennen. So lief ich zur Tür des Frauenturms, bereit mich den unzähligen Stufen zu stellen. Doch plötzlich hörte ich furchterregende Geräusche und schreckte kurz kreischend zusammen. Die Ohren zuhaltend, horchte ich widerwillig woher es kam. Da! Vor dem Tor, welches ich glücklicherweise geschlossen hatte, regte sich etwas. Im Schein der Fackeln war etwas zu sehen, wer auch immer es war, warf Schatten an die Mauern. Es klang wie wildes Gerangel, Geknurre, Winseln.... kämpfen zwei Hunde miteinander? So heftig hatte ich es nie erlebt. Es hörte sich so laut an, so ernst, als ginge es wahrhaft um Leben und Tod. Neugierig machte ich einen Schritt nach dem anderen, lief leise die Mauer entlang, bis ich die Gitter des Tores erreicht hatte. Noch einmal Luft holend und allen Mut zusammen nehmend, sah ich um die Ecke und riss überrascht die Augen auf. Mitten auf dem Platz vor dem Tor kämpfte der große schwarze Wolf, der mir im Stall begegnet und mir im Wald, auf dem Nachhauseweg das Leben gerettet hatte, mit einem anderen. So knurrend und drohend, mit aufgerichtetem Nackenfell wirkte der Wolf noch viel größer und unheimlicher als er es ohnehin schon tat, doch sein Gegenspieler war nicht weniger Furcht einflößend. Er hatte sehr helles Fell, jedoch nicht weiß, es war mehr ein sehr helles Braun oder Beige, eine gesträubte Rute und stechend blaue Augen. Er war ebenfalls unnatürlich groß für einen Wolf, allerdings kleiner als sein schwarzer Gegenüber. Allerdings sollte seine mangelnde Größe kein Problem darstellen, denn er war wendiger und flinker. Unaufhörlich sprangen sie sich an, versuchten die Kehle des anderen zu erreichen, ihn nieder zu ringen um ihn die diese aufzureißen. Sie schenkten sich nichts, kratzten, bissen, als stünde alles auf dem Spiel. „AUSEINANDER!“, rief plötzlich eine laute Stimme wie Donnerhall. Lugus! Sogleich sprangen die Wölfe auseinander, ließen es sich aber nicht nehmen den anderen weiter an zu knurren und zu drohen. War ich denn betrunken? Wie konnte Lugus diesen riesigen Wölfen gebieten? Oder waren es doch Hunde? Wolfshunde? An sich wäre es nichts ungewöhnlich, des Öfteren paarten sich Hunde mit Wölfen, doch waren sie dennoch so unnatürlich groß. „Allison, ich wünsche das du auf der Stelle hinauf in dein Bett gehst. Keine Diskussionen!“, sagte er scharf, was mich sogleich zusammenfahren ließ. Wie befohlen eilte ich zum Turm und schloss eilig die Tür hinter mir, blieb jedoch völlig atemlos an der Tür gelehnt stehen und versuchte zu begreifen was eben geschehen war. Doch da ich so erschöpft und an diesem Abend so viel geschehen war, entschied ich hinauf zu gehen um wenigstens zu versuchen etwas Schlaf zu bekommen. Mit der letzten aufbäumenden Neugier blickte ich aus dem Fenster, nur einige Stufen höher, direkt über der Tür, doch konnte ich nicht viel sehen. Nur den Schatten eines Wolfes, der wie ein kuschender Hund zusammen gesunken war, mit eingezogenem Schwanz. Ich machte mir etwas vor, es konnten nur Hunde sein. Es musste eine völlig andere Rasse sein, als die, dich ich bisher gesehen habe, und das waren weiß Gott, nicht viele.   Kapitel 23: ------------ Kapitel 23 Verwirrende Gefühle Mothúcháin mearbhall     Ich habe lange Zeit gebraucht um einzuschlafen. In meinem Kopf rasten die Gedanken, die mir die unterschiedlichsten Gefühle durch den Körper jagten. Mir war immer bewusst das ich Kendall sehr mochte. Er hatte sich von Anfang an meiner angenommen, hatte keinen Hehl daraus gemacht, das ich eine Frau war und nicht ganz so viel leisten konnte wie er. Natürlich blieb es nicht aus das es zu prickelnden Momenten gekommen war, in denen Kendall seine charmante Seite gezeigt hatte und mir war vom ersten Augenblick an bewusst, das er sehr gutaussehend war und ich mich stolz fühlte mit ihm arbeiten zu dürfen. Die Tatsache das ich immer mit ihm allein war, war ein Glücksfall. Ich musste mir eingestehen, das ich bereits davon geträumt hatte, er möge mich küssen. Wild hatte mein Herz geklopft als ich gemerkt hatte, was er vor dem Frauentor vorgehabt hatte. Aber diese Übelkeit war so mächtig gewesen, das ich meinen Mageninhalt sogleich im Hals spürte und bereits geglaubt hatte es zu riechen, wobei ich es einfach schnell hinunter geschluckt hatte. Woher war diese Übelkeit gekommen? Warum hatte ich Schmetterlinge im Bauch verspürt und dann diese unsägliche Übelkeit? Was ich mich aber ebenfalls fragte, woher diese kämpfenden Hunde hergekommen waren. Wahrscheinlich hatten sie sich während des Kampfes dort hin verirrt. Aber warum hatte Kendall sie nicht auseinander getrieben?   Im Bett liegend schüttelte ich den Kopf um meine immer wiederkehrenden Gedanken loszuwerden. Sicherlich war er enttäuscht darüber gewesen, das er keinen anständigen Kuss bekommen und meine Reaktion nicht anders ausgefallen war. Sicherlich war der volle Magen und das viele Tanzen keine gute Idee gewesen. Radulf hatte mich aber am meisten überrascht. Die ganze Feier über hatte ich seinen Blick auf mir gespürt. Ich hatte mir die Frage ob es unangenehm, nicht selbst beantworten können. Ich wusste nur, ich hatte es nicht vollständig ignorieren können. Einmal hatte es einen Augenblick gegeben, der mir fast magisch erschienen war. Er war, ich schätze vom Wasserlassen zurück gekommen, und da ich kurz hinter der Theke bei meiner Aintín gewesen war, waren wir zusammen gestoßen. Ich erinnere mich daran, wie sehr mich sein Geruch überwältigt hatte. Nie hatte ich über so etwas Unsinniges nachgedacht, jedoch war mir schnell bewusst gewesen, das es mir gefallen hatte. Er roch gut! Jedoch gebannt hatten mich seine Augen. Aber Kendall hatte mich aus dieser ungewöhnlichen Situation gerissen, in dem er mich rief und dann hatte Radulf sich ohnehin schnell abgewendet. Es war alles so … verwirrend.   Prompt schreckte ich aus meinen Gedanken auf als Aileen grinsend auf mich hinunter sah. „In Kendalls Armen sahst du sehr glücklich aus.“ „Äh... ach was, wir...“ „Erzähl mir doch nichts, ich habe dich beobachtet. Ihr seit auch zusammen fort gegangen“, hob sie spielend drohend den Finger. „Ja, nun ja....“ „Hat er dich geküsst?“, flüsterte sie verheißungsvoll. Voller Vorfreude. Meine Wangen färbten sich augenblicklich rot und ich spürte wie sich mein Herzschlag beschleunigte. „Also doch“, flüsterte Aileen fast ehrfürchtig. Und ich würde schwören ein Glitzern in ihren Augen zu sehen. „Wie hast du dich gefühlt? Als ich Conan das erste Mal geküsst hatte war es überwältigend, ich war mir sicher niemals einen anderen küssen zu können.“ „Nun ja, da bin ich mir nicht sicher....“ „Ach so, sicherlich bist du noch ganz durch den Wind. Mensch, ich freue mich ja so für dich, nicht jeder findet seinen Gefährten so schnell. Bei mir ...“ „Gefährten?“, fragte ich erschrocken. Was sollte das heißen? „Gefährten? Gefährten eben. Ein Wer … Ein Mann für dein Leben.“ „Du meinst heiraten?“ „Natürlich. Heiraten, Kinder, ein Haus und ...“ „HEIRATEN?“, schrie ich hysterisch.   Panik stieg in mir hoch. Wollte meine beste Freundin mich gleich verheiraten, nur weil ich Kendall einmal geküsst hatte? Adrenalin durchströmte meinen Körper und eine große Welle Widerwillen. Wut entbrannte in meiner Brust, ich ballte die Fäuste und sprang aus dem Bett.   „Allison, was hast du?“, fragte Aileen überrascht und ich glaubte einen verständnislosen Ton heraus zu hören. „Ich will nicht heiraten, niemals“, sagte ich heftig und bestimmt. „In Ordnung Allison, du musst das auch nicht“, sagte Aileen beruhigend, mit erhobenen Händen, als wollte sie zeigen, das sie unbewaffnet sei. „Du musst niemanden heiraten, den du nicht willst“, sprach Aileen sanft und sah mir fest in die Augen. Ehe ich mich bei ihren Worten beruhigen konnte, trat sie an mich heran, nahm mich so fest in den Arm, das sie mich fast erdrückte und sprach in mein Ohr. „Lass uns heute Abend reden. Etwas ist bei dir passiert, in der Vergangenheit, nicht wahr?“ Ich nickte nur während ich vor mich hin starrte. „Lass uns vor der Tür der Nähstube treffen, ich zeig dir einen Ort wo wir absolute Ruhe haben.“ Ich verabredete mich mit ihr nach dem Abendessen und versuchte mich wieder zu beruhigen. Es war nicht ihre Schuld das ich bei etwas so natürlichem so unnatürlich reagierte. Als ich nach dem frühen Frühstück meine Fröhlichkeit wieder gefunden hatte, war ich zuversichtlich, das es doch ein schöner Tag werden würde.   „WARTE! DU!“, keifte eine wütende Stimme hinter mir und ich sprang erschrocken zur Seite. Ein kurzes, zufriedenes Lächeln zog sich über Kayla's Gesicht, verschwand aber so schnell wie es aufgetaucht war. Eilig, fast gehetzt trat sie auf mich zu. „Ich habe euch gesehen“, blaffte sie. „Wie bitte?“, fragte ich irritiert. „Du hast schon richtig verstanden. Lass die Finger von ihm.“ „Aber ich hab doch nicht … er hatte doch...“, versuchte ich mich zu erklären. „Spar dir dein Gestotter, wie könnte er auch nicht, wenn so eine Dirne mit ihrem Gesäß wackelt wie eine rollige Katze und ihm schöne Augen macht.“ „Was?...“ „Hör zu Liebchen, halt dich einfach von ihm fern, mehr verlange ich nicht von dir“, zischte sie, drehte sich auf den Absatz um und verschwand in einer Gasse zwischen den Häusern.   Während ich meinen Weg zu Kendall fortfuhr, dachte ich über diese seltsame Begegnung nach. Mir war bewusst das sie Gefühle für Radulf hatte, das sie aber nun an Kendall interessiert war, war mir neu. In meinen Gedanken vertieft, bemerkte ich nicht, das ich bereits bei den Stallungen angekommen war.   „Guten Morgen, Allison“, unterbrach eine mir bekannte männliche Stimme. Kendall stand mit dunklen Augenringen vor mir und fuhr fortwährend mit seiner Hand durch die Haare, was ihn sehr unsicher erschienen ließ. „Guten Morgen, Kendall“, nuschelte ich mehr als ich sprach und für einen Moment standen wir völlig verloren gegenüber und wussten nicht was wir sagen sollten. „Allison, es tut mir leid das ich dich gestern so... überrascht habe. Ich hatte den Eindruck das es in Ordnung wäre.“ „Nein … also ja ...“ Ich wünschte der Tag wäre vorbei. „Es war einfach zu viel. Ich hatte noch nie eine Feier. Die vielen Menschen, die Musik, meine Aintín, das war...“ „Zu viel“, beendete Kendall meinen Satz. „Überwältigend“, korrigierte ich. Ehe es zu weiteren Fragen oder noch schlimmer, weiteren Annäherungsversuchen kommen konnte, richtete ich meine Aufmerksamkeit geschäftig auf die Arbeit. So konnte ich den Arbeitstag erst einmal hinter mich bringen. Die folgenden Gespräche mit Aileen taten mir gut. So nach und nach konnte ich ihr meine Geschichte offenbaren. Dafür hatte sie mir keinen schönen, aber einen ruhigen Ort für uns gefunden. Über dem Mädchenschlafsaal befand sich eine staubige Dachkammer, inmitten des Turms, die man über einer Dachluke und einem Stuhl und Seil mit eingebundenen Schlaufen erreichen konnte. Aileen hatte sie mit zwei anderen Mädchen, die einmal hier im Turm gewohnt hatten, ehe sie geheiratet hatten, entdeckt. Sie war selbst lange nicht mehr oben gewesen, aber man entdeckte noch wofür sie einmal verwendet worden war. An einem kleinen Fenster war eine alte Decke und alte Vorhänge ausgebreitet worden. Kerzenstümpfe standen ringsherum und eine leere Schale stand darauf. Ich hatte mich mehr als wohl gefühlt dort oben, abgeschnitten von der restlichen Welt.   Die nächsten Tage wurden zusehends schwierig, fast unerträglich mit Kendall. Ich emfpand ihn als überaus gut aussehend und ich fühlte mich sehr wohl und sicher bei ihm. Wenn er mir Komplimente machte, kribbelte es in meinem Bauch, auch wen diese ein wenig an den Haaren herbei gezogen waren. Ich konnte mir nämlich nicht wirklich vorstellen das ich gut roch, während ich mich in den Massen von Viehdung bewegte. Man sollte meinen das ich die Schwärmerei genoss, aber immer wenn wir uns zu nahe kamen, wurde mir schlecht. Ob es daran lag das ich unterbewusst an meinem Uncail dachte?   Eine Woche nach meinem Geburtstag kam Kayla auf mich zu, ehe ich zu Kendall aufbrechen konnte. „Liebchen, du bist ab heute bei den Näherinnen“, keifte sie und wollte bereits davongehen. „Was?“ Stöhnend blieb sie stehen, als hätte sie es mit einem Schwachsinnigen zu tun. „Ab heute schaffst du nicht mehr in den Ställen, sondern gehst zu den Näherinnen“, sagte sie genervt und sprach so langsam als wäre ich schwer von Begriff. „Ja aber … warum?“ „DARUM, es wurde so entschieden, also finde dich damit ab. Catriona wird dich einweisen“, schnarrte sie und zog eilig von dannen. Verwirrt lief ich zu den Näherinnen, die am Fuße des Weiberturms ihre Arbeitsstätte hatten. Ein lautes Geschnatter mehrerer Mädchen empfing mich als ich die schwere Holztür öffnete. „Guten Morgen Allison, schön das du nun zu uns kommst“, empfing mich Catriona und nahm mich zur Seite. „Allison, sei mir nicht böse, aber ich muss dich bitten, dich noch einmal gründlich zu waschen. Man riecht die Viecher an dir und die Mädchen hier … es gibt eine Hierarchie unter den Mädchen und es wäre auch für die Herrschaften nicht angenehm“, flüsterte sie mir zu. Mir selbst war nie entgangen, das die Mädchen zwar alle nett, aber in gewisser weise sich größtenteils in Gruppen bewegten, als wären nicht alle aus dem selben Grund hier. „Hier, nimm dieses Tuch und binde es dir um den Kopf. Baden kannst du heute Abend, ich sage Allison, das sie das Wasser noch in der Wanne lassen soll, so bald sie fertig sind.“ Eilig hastete ich hinauf in den Schlafsaal und nahm mir auch gleich ein frisches Kleid aus der Truhe. Schnell riss ich mir die Stoffe vom Leib, trat an die Waschschüssel und kippte etwas von Aileens Badeöl hinein, das so herrlich nach Rosmarin roch. Mit einem dünnen Leinen schrubbte ich mir die Haut von Kopf bis Fuß. Nur meine Haare würde ich jetzt nicht waschen können. Also träufelte ich mir jeweils ein paar Tropfen in den Haaransatz, band meine Haare zu einem Dutt und band mir das Tuch von Catriona straff darum. Ich hatte noch immer den Eindruck nach Stall zu riechen, aber so schnell würde er auch nicht verschwinden. Catriona nickte zufrieden, als ich zu ihr trat. Jedoch erkannte ich an den rümpfenden Nasen, an die ich vorbei trat, das der Geruch nicht vollständig verschwunden war. Ehe ich mich in Grund und Boden schämen konnte, nahm sich Catriona meiner an. Sie prophezeite mir das es ein langer Tag werden würde, und sie sollte recht behalten. Jedoch war es nichts schlechtes, denn hier hatte ich Einblick in die professionelle Näherei. Hier gab es diese modernen Nadeln aus Metall, in denen man einen Garn einfädeln konnte. Von denen hatte ich vor wenigen Jahren das erste Mal gehört. Es soll eine regelrechte Wohltat sein mit denen zu nähen, da es schneller und viel ordentlicher funktioniert. Die Mädchen hier waren in mehrere Gruppen eingeteilt. Es gab die Weißnäherinnen, welche Stickereien und Verzierungen auf weiße Stoffe stickten. Dann gab es noch die Flickschneiderinnen und Zuschneider. Catriona erzählte mir das es im Ort einen Maßschneider mit eigenem Atelier, für Damen, wie für Herren gab. Diese jedoch waren eher den besser gestellten Menschen vorbehalten. Manchmal durften wir aber bei viel Zulauf, die Vorarbeit leisten. Am häufigsten stellten wir Daunenbettwäsche, Kissen, Taschentücher, Tischdecken und Decken her. Auch die Stoffe selbst mussten hergestellt und das Garn gespindelt werden. Es gab viel zu tun, jedoch machte mir die Arbeit großen Spaß. Es war eine weit ehren vollere Arbeit, Kleidung oder Stoffe für den Haushalt herzustellen als Ausscheidungen von den Viechern wegräumen zu müssen. Die nächsten Tage lernte ich sehr intensiv. Man zeigte mir wie man Garn an der Spindel herstellte, Stoffe webte und mit Nadel und Garn zwei Stoffe zusammen nähte. Das Nähen hatte ich schon zuvor gemacht um Kleidung unserer Familie flicken zu können, da kein Geld für den Schneider war. Jedoch lernte ich hier, wie man das Handwerk richtig ausführte. Es dauerte nur drei Tage bis mir Kendall auf den Weg zu meiner Aintín begegnete. „Grüß dich, holde Maid!“, sagte er theatralisch und öffnete seine Arme um mich in eine Umarmung zu ziehen. Das gewohnte Bauchkribbeln setzte wieder ein. „Wie geht es dir? Ich schätze mal dir gefällt es bei Catriona besser als bei mir im schmutzigen Stall.“ „Kendall …. ich wurde dorthin geschickt, ich habe nicht darum gebeten“, sagte ich beschwichtigend. „Ach so?“ Mmh.... ich habe es mir gedacht, aber ich war mir nicht sicher. Aber warum?“ „Ich weiß es nicht. Kayla kam zu mir und … schickte mich dorthin. Schien aber selbst nicht sehr begeistert davon.“ „War sie das...“, sagte Kendall nachdenklich. Für kurze Zeit schien er tief in Gedanken versunken zu sein und etwas schien ihn zu verstimmen. So sehr das sich eine Falte zwischen den Augenbrauen entstand. „Kendall?“, fragte ich zaghaft. „Kendall?“, versuchte ich es noch ein zweites Mal. „Allison, ich muss jetzt leider weg, würdest du mit mir spazieren gehen, am Sonntag?“ „Ähm... nun ja... natürlich“, sagte ich überrascht und sah ihn sogleich in eine Gasse neben der Schenke verschwinden. ------- Nach einer Woche die ich bei den Näherinnen zugebracht hatte erschien plötzlich unerwarteter Besuch. Radulf besprach leise etwas mit Catriona und ich glaubte in deren Gesichtszüge kurz Wut aufflammen zu sehen. Doch es war so schnell wieder verschwunden das ich glaubte Gespenster gesehen zu haben. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als mich eben diese zu sich rief. „Allison, der Prinz benötigt ein Hemd und eine Hose. Ich hoffe zu hast die Zahlen geübt, ich zeig dir nun man abmisst.“ „Aber....“, kam es promt von mir, doch wurde ich ignoriert. „Folgt mir mein Prinz, in der Kammer dort sind wir ungestört.“ So trottete ich mit einem sehr unwohlem Gefühl im Bauch hinterher und schloss dir Tür, die Blicke aller Mädchen in meinem Rücken. Mit etwas zittrigen Händen nahm ich das Maßband aus der Lade und erschrak als ich mich herumdrehte. Dort stand Radulf mit freiem Oberkörper. Ich wollte mich zwingen ihn nicht so anzustarren, doch wollten mir meine Augen nicht gehorchen. Viele Narben zierten seinen Körper, doch die schlimmste befand sich an seinem Arm, welche mir schon an meinem Geburtstag aufgefallen war. „Nun steh nicht so herum, Mädchen, ich sage dir was du abmessen musst und ich notiere“, sprach Catriona, ganz die gewichtige, strebsame Näherin die sie war. So schnappte sie sich einen Stab, trat zu Radulf und maß seine Größe. „Einen Meter und Dreiundsiebzig groß. Nun komm schon Allison, heran.“ Sie kritzelte auf einem Blatt Papier den Körper eines Menschen und sah erwartungsvoll zu mir. „Zunächst den Hals.“ Mit wild klopfenden Herzen trat ich an Radulf heran und versuchte nicht in seine grünen Augen zu sehen, die mich, wie ich sehr deutlich spüren konnte, belustigend beobachteten. So straffte ich meine Schultern, atmete tief ein und fühlte mich erschlagen von seinem Duft. Erde, Blätter, ein wenig nach Blumen und dieser Moschus der nur Kraft verheißen konnte. Meine Knie wurden weich und ich spürte ein überwältigendes, unbekanntes Gefühl in meinem Bauch, welches sich in meine Körpermitte stahl. Es war noch viel stärker als Dylan mir jemals mit seinen Händen beibringen konnte. Allen Mut zusammen nehmen trat ich noch etwas näher an Radulf heran und legte das Maßband um seinen Hals. Sein Atem in mein Gesicht und plötzlich wurde mir bewusst wie nahe ich seinen Lippen war. Reiß dich zusammen Allison. „Sechs....drei... nein, Sechsundreißig“, stotterte ich. Aileen hatte sich viel Mühe gegeben mir die Zahlen beizubringen, zumindest bis Hundertfünfzig, damit ich mit dem Maßband umgehen konnte. „Nun die Schultern. Messe genau von einer Schulter zur Nächsten.“ „Siebenunddreißig.“ „Armlänge?“ „Achtundfünfzig.“ „Brustumfang?“ Ich trat noch näher heran als eh schon und umgriff ihn um das Maßband um ihn herum nach vorne zu ziehen. Das unsägliche Bedürfnis mich an ihn zu schmiegen und meine Körpermitte an ihn zu reiben machte es nicht leichter. Ich spürte die angenehme Wärme seiner Haut. Obgleich er ein gutes Stück kleiner war als die anderen, war er keinesfalls Schmächtig. Er war nur einen halben Kopf größer als ich, aber dennoch breiter und muskulös. Mit Unbehagen und Unverständnis für mich selbst, stellte ich fest das seine Körperbehaarung auf der Brust und seinem Bauch genau richtig waren. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Wann verdammt hatte ich einen Geschmack entwickelt, fragte ich mich wütend auf mich selbst. „Fünfundneunzig.“ „Bundweite?“ „Zweiundachtzig.“ „Nun den Hüftumfang. Mein Prinz wäre es möglich den Gürtel zu lösen und die Hose einen Stück hinunter zu lassen? Es verfälscht sonst die Maße.“ „Wie ihr wünscht“, sagte er mit einem schiefen Grinsen, das nur ich sehen konnte und die Röte stieg mir ins Gesicht. Glücklicherweise hatte Catriona durch ihn keinen rechten Blick auf mich. Wieder kam ich einer Umarmung nahe und versuchte nicht allzu sehr in die offene Hose hineinzusehen. Ich musste nicht genau hinsehen um zu bemerken das sich seine schwarzen Bauchhaare bis dort hinunterzogen und begannen sich wieder zu verdichten und lockiger zu werden. „Nun...“, war ich versucht die Zahlen abzulesen, doch unterbrach mich Radulf. „Hier ist die Hüfte“, flüsterte er und schob meine Hände noch etwas hinunter. Ich war mir sicher das ich aussehen musste wie eine Tomate und hörte das Rauschen in meinen Ohren. „Achtundneunzig“, krächzte ich, sprang eilig einen Schritt zurück und versuchte überall hinzusehen, nur nicht zu ihm. „Sehr gut, nun die Beinlänge.“ Es blieb mir auch nichts erspart dachte ich mir und fragte mich ob ich von Gott für etwas bestraft wurde. So kniete ich mich denn vor ihm und fand mich auf der Höhe seiner Körpermitte wieder. Natürlich hatte Radulf es tunlichst vermieden seine Hose wieder zuzumachen, offensichtlich um mich zu quälen oder schlimmer, zu verhöhnen. „Achtundsiebzig.“ „Gut mein Prinz, Ihr könnt Euch wieder ankleiden. Wir machen uns sogleich an die Arbeit. In drei Tagen können sie die Sachen abholen.“ „Mir wird es nicht möglich sein sie abzuholen. Wäre es möglich das eure neue Angestellte sie mir liefert?“ „Nun, wollt ihr nicht eine Dienerin schicken um diese zu holen?“, fragte Catriona und schien etwas missmutig zu werden. „Leider werte Dame ist mir das nicht möglich. Wir erwarten wichtige Gäste und es bedarf viel Vorbereitung. Ich möchte nur ungern den Zorn meines Kastellans auf mich ziehen.“ „Verstehe, daher hat der Euer bisheriger Schneider keine Zeit.“ „So ist es und da ich mir sicher bin das Euer Talent dem Seinen in nichts nachsteht, war ich mir sicher hier Hilfe erwarten zu können.“ Radulf so charmant und nett zu erleben war mir völlig fremd. Ich hoffte das mein Gesichtsausdruck nicht zu entgeistert aussah. „Nun denn, ich helfe gerne aus und Allison wird ihnen Euer Gewand höchstpersönlich in den Burgfried bringen, nicht wahr Mädchen?“, fragte diese mich und ich schreckte aus meinen Gedanken. „Natürlich“, sagte ich eilig und hoffte dabei nicht auf Kayla zu treffen. Ebenso hoffte ich inständig das er mir gegenüber nur halb so nett sein würde.   Nach diesem mehr als aufregenden Arbeitstag machte ich mich auf den Weg zu meiner Aintin. „Ich bin so froh das du nun nicht mehr in die Ställe musst“, sagte meine Aintin fröhlich heraus. „Ich fand es schrecklich das du in den Ställen schaffen musstest, das war dein altes Leben, es ist recht das du etwas neues beginnst.“   „Oh… ich hatte nie darüber nachgedacht. Ich meine… es machte mir nichts aus, ich hatte das schon immer gemacht, ich hatte nie darüber nachgedacht etwas anderes zu machen.“ „Natürlich Liebes, weil du keine andere Möglichkeit hattest. Aber nun bist du hier und ich hatte mir gewünscht das du dir ein schönes Leben aufbaust. Scheiße umher zu schieben soll dir wahrlich nicht das Brot zum Essen einbringen.“   Sie umarmte mich freudig und drückte mich fest an sich. Es tat so gut. Ich fühlte mich wieder wie das kleine Mädchen, das sich das Knie aufgeschlagen hatte und von den Jungs an den Haaren gezogen wurde. Es schmerzte am Kopf, an den Knien und am Rücken. Ich war schmutzig, fühlte mich elend und traute mich nicht nach Hause, weil ich wusste das Mutter mich ohrfeigen würde, weil ich das einzig schöne Sonntagskleid ruiniert hatte. Aber meine Aíntin war niemals böse auf mich, hatte immer Verständnis für mich und ich fühlte mich so geliebt. Der Geruch von gegorener Gerste und Kräutern stieg mir in die Nase und für einen Moment fiel alle Anspannung von meinen Gliedern.   „Komm zu mir Allison. Wohn bei mir. Ich habe mit Eideard gesprochen, er hat mir zugestimmt. Eine Familie gehört unter einem Dach. Wir hätten eine Kammer für dich, sie ist nicht groß, aber wir können sie schön einrichten.“   Mit großen Augen betrachtete sie mich und blickte mich flehend an. Für mich war sie unglaublich. Jahrelang glaubte ich sie tot und nun steht sie lebendig und gestärkt aus ihrer furchtbaren Ehe mit meinem Uncail wieder hier und machte mir dieses unglaubliche Angebot. Es war eine gute Gelegenheit von all diesen Mädchen fortzukommen und etwas Privatsphäre zu gewinnen.   „Ich würde gerne, aber ich werde weiterhin im Mädchenschlafsaal leben, ich möchte noch die Zeit mit Aileen genießen ehe sie heiratet, sie ist wie eine Schwester die ich nie hatte.“ Natürlich war es nur die halbe Wahrheit. Aber ich möchte ihr Familienleben nicht stören, sie hat sich hier etwas aufgebaut mit ihrem neuen Mann und dieser Schenke, ihrem Sohn Tearlach. Ich wusste ich würde mich wie Ballast fühlen, die Nichte die unversehens hier aufgetaucht war, um die man sich nun kümmern musste, die einen an die unliebsame Vergangenheit erinnerte. Ich wollte kein Ballast sein. Sie sollte ihr schönes neue erkämpftes Leben leben können, wie bisher.   Nachdem ich meinen dampfenden Tee ausgetrunken hatte, machte ich mich sogleich auf den Weg. Mit schnellen Schritten machte ich mich auf zu dem Frauenturm, und je länger ich über diese Wendung in meinem Leben nachdachte, begann ich mich immer mehr darüber zu erfreuen. Ich hatte Abstand zu Kendall gewonnen und dieser mehr als merkwürdigen Beziehung die zwischen uns herrschte. Und wie meine Aíntin es passend formuliert hatte, musste ich nicht mehr in Scheiße wühlen. Der Stallgeruch war im Laufe der Woche ebenfalls gewichen, von dem ich schon geglaubt hatte er hätte sich nach all den Jahren in meine Haut gefressen. Früher hätte ich es mir nie erträumen können, doch das Leben konnte sich zum Guten wenden. Meine Schritte wurden zusehends beschwingter und ich konnte es nicht mehr verhindern das sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete.   Ehe ich das Tor passieren konnte bog ich um die letzte Ecke auf diesem Weg und stieß plötzlich mit jemanden zusammen. „Tut mir leid“, sagte ich sogleich und blickte überrascht in Radulfs Gesicht. Dieser Duft, der ihn umweht. Nach Erde, Holz, Laub und dieser Moschusduft. Dieser leichte Geruch von schweiß und Kraft. Es war absurd. Dieser blieb stumm und blickte mir tief in die Augen. Er schien dazu anzusetzen etwas sagen zu wollen, doch kam nichts aus seinem Munde. Die Lippen öffneten sich, schlossen sich und öffneten sich wieder. „Radulf“, rief eine erfreute Frauenstimme. Ehe ich es mich versah, veränderte sich Radulfs Gesichtsausdruck, er rempelte mich an und fluchte, „steh nicht im Weg herum“. „Allison“, spieh mir Kayla entgegen und plötzlich wurde aus der eben noch glockenhellen Stimme ein raues Knurren. „Was stehst du hier herum und belästigst den Prinzen“, schimpfte sie. „Ich… ich habe ihn nicht belästigt, wir sind...“ „Ihr seit gar nichts. Geh in deinen Turm und wasch dich, du stinkst erbärmlich.“ Sie hatte ihn schon am Arm gepackt und machte sich mit ihm im Schlepptau von dannen.   So schnell konnte die Stimmung kippen. Ich würde zwar ein besseres Leben haben, aber konnte mich nun nicht mehr darüber freuen. Warum war Radulf nur so ein unverschämter Mistkerl? Es ist so absurd. Er war irgendwie faszinierend, ich sah ihn gerne an. Er war keine typische Schönheit, aber … Radulf hatte etwas an sich. Kendall war in Gegensatz sehr hübsch, ein wirklich schöner Mann. Auch nett und witzig, dieser gute Mann wollte so ein Mädchen wie mich küssen. Doch irgendetwas hinderte mich. Diese aufsteigende Übelkeit, das Unwohlsein, wenn er mich in den Arm nahm. Ob es ein Vermächtnis meines Onkels war? War es meiner ersten Liebe aus dem Dorf geschuldet? Es war verrückt. Doch nun musste ich nicht mehr in den Stall. Der Abstand wird mir helfen. Ich sollte es grundsätzlich mit den Männern lassen. Wer brauchte schon einen Mann. Wenn man Pech hat behandeln sie einen schlecht und verlangen einen alles ab. Im Dorf gab es eine Frau die sechs Kinder hatte. Das siebte war unterwegs und drei waren kurz nach der Geburt gestorben. Ihr Mann war furchtbar, hatte ihr keine Pause gegönnt. Einen Tag nach der Geburt musste sie weiter auf dem Feld arbeiten, nachdem sie das Kind mühevoll zur Welt gebracht hatte. Sie war kurz darauf verstorben. Die Erschöpfung hatte sie auf dem Feld niedergestreckt und das Kind war ihr gefolgt. Nein, ich wollte keinen Mann. Es gab so viel zu tun, so viel Arbeit. Ich hatte meine Aíntin, meinen Neffen, Aileen. Ich brauchte niemanden sonst.   Im Turm zurückgekehrt zog ich Aileen zu mir und flüsterte ihr eindringlich ins Ohr das ich sie sprechen musste. Während des Abendessens beeilten wir uns, um unbemerkt zu unseren Versteck hinauf zu kommen und in Ruhe reden zu können. Ich erzählte ihr von meinem heutigen Arbeitstag, den merkwürdigen Radulf der nicht wusste welcher Laune er folgen sollte und die wirren Gedanken über Kendall.   „Vielleicht brauchst du mehr Zeit. Du scheinst mir etwas verbohrt was die Männer angeht. Es sind nicht alle schlecht und irgendwann wirst du dich verlieben und führst dein Leben fort.“   „Ich dachte eigentlich das ich das tue, doch diese Übelkeit ihm gegenüber, das ist nicht normal. Irgendwas stimmt nicht.“   „Wie gesagt, du steigerst dich vielleicht zu sehr hinein.“   „Wenn dein Onkel versucht dich zu vergewaltigen tätest du es auch“, sagte ich ein wenig patzig.   „Schlimmer ist es wenn es der eigene Vater tut“, sagte Aileen in einer veränderten Stimme, fern aller Freude, die sie sonst innehatte. Mit starrem Blick sah sie ins Nichts und sprach mit einer brüchigen Stimme während Tränen ihre Augen überschwemmten. „Nachdem Mutter bei der Geburt mitsamt meinem Bruder im Bauch gestorben war, hatte Vater sich verändert. Er trank nur noch und sah in allem einen Feind und etwas Böses. Er hatte nur eine Tochter, welche das Familienerbe nicht fortführen konnte. Die Familie war im Ansehen gesunken und er war in all den Jahren, in denen er vergeblich versucht hatte einen Erben zu zeugen, gealtert. Ich war zwölf Jahre alt und er war nachts in mein Zimmer gekommen, mit roten Backen und stank höllisch nach Alkohol. Nach dieser Nacht hatte ich gedacht das die einzige Möglichkeit aus diesem Höllenhaus verschwinden zu können, mir von meinem eigenen Vater geraubt wurde. Ein Mann möchte nur eine Jungfrau heiraten, kein beschmutztes Luder. Er beschimpfte und schlug mich, es dauerte nicht lange bis ich in seinem Bett schlafen musste, wie eine Ehefrau. Dank unserer Haushälterin konnte ich eine Schwangerschaft verhindern. Sie besorgte mir alles was dazu nötig war. Es mag dir unglaublich erscheinen, aber die Forderung von den Wächtern war das Schönste was ich in meinem Leben je geschenkt bekommen hatte. Ich freute mich riesig darauf und hatte einen Monat lang die Befürchtung er würde mich nicht hergeben. Lieber wählte ich den Tod als weiter mit meinem Vater leben zu müssen. Doch dann kam ich hier in den Frauenturm. Ich war nicht allein, es gab gutes Essen, eine Arbeit. Niemand der mich ungewollt anfasste. Dann trat Conan in mein Leben. Mit ihm änderte sich alles. Ich fand ihn tatsächlich erst kurz bevor du hierher gekommen warst.“   Mit pochendem Herzen und salzigen Tränen auf den Wangen sah ich sie ungläubig an. Ich kam mir schäbig vor. Sitze hier herum und beklage mich wie schlecht es mir erging. Dabei war ich nur eine von vielen, und bei mir war es vergleichsweise erträglich gewesen.   Am nächsten Tag lief ich in meiner Freizeit spazieren, sah mir das Städtchen an, entdeckte immer wieder etwas Neues. Sei es eine Handwerksstätte in Form einer Schmiede oder ein Bäcker. Oder eine Art Platz, der zum Spielen für die Kinder gedacht war. Mit Klettermöglichkeiten oder Spielzeuge. Die erstaunlichen Hunde, die Gouvernanten der kleinen Kinder, immer dabei. Dieses Mal trieb es mich auf den Friedhof hinaus. Obgleich er recht gruselig auf mich wirkte, selbst tagsüber, gab es etwas das mich magisch anzog. Als ich mit meiner Aintín und deren Sohn das erste Mal hier war, hatte mich das Grab dieser jungen Frau fasziniert. Damals hatte ich nicht genügend Zeit sie mir genau anzusehen, doch nun wollte ich sie besuchen. Schon von Weitem erblickte ich sie. Die zarte Gestalt, der gesenkte Kopf und der sanfte Blick. Sie war wunderschön und die glatten Längen fielen ihr über die Schulter. Die Statur war so fein bearbeitet, man könnte manchmal meinen, sie wäre echt. Wenn der Stein nicht vom Wetter verschmutzt und vom Moos bewachsen wäre. Auf dem Sockel unter den Füßen war eine Inschrift, jedoch konnte ich diese Zeichen nicht verstehen. Das Lesen und Schreiben hatte ich nie erlernen können. Während ich so verträumt dastand und die schöne Dame betrachtete, hörte ich plötzlich ein Rascheln und Hecheln. Mit klopfenden Herzen drehte ich mich in die Richtung und starrte in die grünen Augen eines riesigen schwarzen Wolfes. Mit einem stummen Schrei auf den Lippen trat ich zurück, stolperte über einen Stein und landete schmerzlich auf meinem Hintern. Langsam und bedacht kam er auf mich zu. Ich erkannte ihn wieder, nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte. Er hatte sich in dem Stall verletzt und mich vor dem Wildschwein gerettet. Ob er jemanden gehörte? Geschweige denn zahm war? Mit langsamen Schritten kam er auf mich zu, was mich automatisch von ihm weg kriechen ließ, jedoch war er schneller. Schnell hatte er meinen Gürtel, der um meine Taille gebunden war und zog ich mit einem schnellen Ruck hinauf, das ich wieder stand. Der Wolf hatte so viel Schwung, das ich direkt vornüber kippte, und seine Schnauze in mein Bauch drückte während ich mich halb auf ihn gebeugt wieder fand. Nachdem ich heftig nach Luft geschnappt hatte, sprang ich erschrocken auf und trat zurück bis ich an ein Grabstein geriet, welches mich daran hinderte mich noch weiter von dem Wolf zu entfernen. Das Blut rauschte in meinen Ohren und mein Herz schlug laut in meiner Brust. So laut das ich nichts anderes Wahrnahm. Bis auf das Bild von dem Wolf, der mich aufmerksam beobachtete, welches mir meine Augen zeigten. Ich schnaufte nach Luft, sog die Luft ein wie eine Ertrinkende. Die Hitze stieg in meinen Körper an, ich spürte den Drang weglaufen zu wollen, doch war ich vor Angst erstarrt. Zumal es sinnlos wäre in Anbetracht dieses großen Raubtieres, dessen Beine ebenso lang waren wie meine, mit kräftigen Muskeln versehen. Da hätte ich nie eine Chance. Weiterhin betrachtete mich der Wolf, ganz als erwarte er etwas. Nach einiger Zeit, ich wusste nicht wie viel schon vergangen war, war es mir so, als warte ich darauf das er etwas tat. Nun standen wir uns gegenüber, unsicher, so schien es mir. Aber die Angst wurde nicht weniger. Plötzlich machten sich meine weichen Knie bemerkbar, die Beine wackelten und ich begann den Grabstein hinunter zu rutschen. So saß ich nun da. Am Boden sitzend an einem Grabstein gelehnt und starrte zu dem riesigen Tier hinauf. Es schien nicht so als würde er mir nun den Kopf abreißen und dennoch sah ich vor meinem inneren Augen, wie sich dieses, mit scharfen Zähnen besetztes Maul, sich um meinen Kopf schließt. Jedoch wurde ich überrascht. Er kam einen Schritt näher, doch als ich erschrocken aufschrie, hielt er inne. Nun tat er etwas womit ich nicht gerechnet hätte. Er legte sich zur Erde nieder, sah nun seinerseits, zu mir hinauf und beobachtete mich. Lange betrachtete ich ihn und begann ihn mir genau anzusehen. Er war wirklich rabenschwarz, kein weißes Haar war zu sehen. Seine Augen hatten ein kräftiges Grün und sahen mir direkt in die Augen. Als wollte er mir etwas sagen. Jedoch kam mir dabei etwas komisch vor. Hatte mein Hund mir je so lange in die Augen gesehen? Plötzlich bewegte sich sein massiger Körper wieder und legte sich zu Boden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)