Der letzte Streich von Schnuckelpunk (Fred/George) ================================================================================ Kapitel 15: Drei mal Sieben --------------------------- Die Wintersonne brach sich in den Eisblumen am Fenster, als Fred Weasley die Augen aufschlug. Sofort begann sein Herz zu rasen. Heute. Heute würde es geschehen. Heute würde nichts schief gehen. Er hatte die letzten Tage genug Unglück erlebt, als das heute etwas schief gehen konnte. George lächelte ihn durch den Spiegel hinweg an, als er ins Bad trat um sich zu rasieren. „Mir gefällst du so eigentlich sehr gut.“, bemerkte sein Zwilling und Fred blickte auf seine Hand, mit der er nach dem Rasierer gegriffen hatte. „Ich würde ja schon gern wissen, wie es ist, dich so zu küssen…“ Die Worte brachten ihn dazu, die Klinge liegen zu lassen wo sie war. Dafür band er sich jedoch die Haare zurück. Heute konnte er keine der schulterlangen Strähnen gebrauchen, wenn sie ihm nur ins Gesicht fielen. Er frühstückte ausgiebig, auch wenn er nicht einmal wirklich mitbekam, was er gerade aß. Es war unwichtig. Der Laden war heute geschlossen. Er hätte sich sowieso keine Gedanken darum machen können. Sein Fuß schmerzte nicht mehr, oder, wenn er noch schmerzte, nahm er diesen Schmerz einfach nicht mehr wahr. Das Geschirr blieb auf dem Tisch stehen, als er sich erhob und ins Wohnzimmer schritt. Er befeuerte den Kamin, wie er es auch tun würde, wenn es ein normaler Morgen war. „Nicht, dass du heute Abend frierst, Georgie.“ – „Das werde ich nicht Freddie, denn ich werde mich ganz nah an dich drücken.“, gab sein Bruder zurück. Fred quitierte die Worte mit einem frechen Grinsen. „Wir werden ja sehen, wer sich an wen drückt. Ich finde du warst jetzt lang genug in mir. Bist du es nicht langsam leid?“ – „Wie könnte ich deiner Nähe jemals überdrüssig werden?“ – „Wer von uns war nochmal der Melodramatiker?“ – „Naja, du färbst allmählich ab. Vielleicht ist es doch ganz gut, wenn ich mich aus dir raus halte.“ Ein Schnauben. „Das werden wir ja dann heute Abend sehen, ob du dich an deine Worte dann noch erinnerst.“ Dann wurde Fred Weasley ernster. „Du weißt, dass es an der Zeit ist, George.“ – „Ja ich weiß. Du wirst mich nicht verlieren. Selbst wenn es nicht klappt…dann komme ich wieder zu dir zurück. Ich kenne den Weg in dein Herz.“ Der verbleibende Zwilling biss sich auf die Lippen, die die Worte gerade gesprochen hatten. „Wie kein Zweiter.“ Er nahm die kleine Schatulle aus der Vitrine. Betrachtete nachdenklich die zwei Kammern. So wie er Harry das Prinzip ihrer Herzen erklärt hatte, hatte ein ägyptischer Zauberer es vor beinahe zehn Jahren vor den Pyramiden getan. Damals hatten Fred und George gedacht, dass der Mann nur etwas hatte verkaufen wollen. Und sie hatten die Schatulle nur deswegen an sich genommen, um seine erzählte Geschichte zu würdigen. Heute hoffte Fred darauf, dass die Schatulle so magisch war, wie die Worte, die sie damals in ihren Bann gezogen hatten. „Wenn das wirklich funktioniert, gehen wir bei ihm in die Lehre.“, murmelte Fred. „Gute Idee… wäre einmal etwas Neues.“ Sein Bruder schien zuversichtlich, dass es soweit kommen würde. Fred Weasley hockte sich vor den Wohnzimmertisch und stellte die kleine Schatulle geöffnet davor. „Bereit?“ – „Bereit…“ Er zog seinen Zauberstab und schloss die Augen. Atmete tief ein. Atmete tief aus. Langsam legte er die Spitze des Zauberstabs auf seine Brust. Das Holz fühlte sich kühl auf seiner Haut an. Noch einmal atmete er durch, stellte sich vor, wie er Georges Seele zu einer kleinen Kugel zusammendrückte, damit sie in die Schatulle passte. „estunim pel erene iha wegule tades fenul seni“ Wie von selbst kam die Formel aus seinem Mund. Dann ein Rucken. Er ließ den Zauberstab fallen, griff sich an die Brust. Etwas brachte sein Herz aus dem Rhythmus. Er klammerte sich an eines der Tischbeine. Keuchte. Das Rucken in ihm hörte auf. Er spürte Wärme seinen Hals hochsteigen. So schnell er konnte rappelte er sich wieder auf, wenn auch schwankend. Gerade noch rechtzeitig. Eine kleine, hellleuchtende Perle wand sich zwischen seinen Lippen hervor. Schnell hielt er die Schatulle vor sein Gesicht. Die Perle erzitterte einen Moment, dann blieb sie in der rechten Kammer liegen. Fred musste schielen um diesen Vorgang sehen zu können. Dann schloss er schnell den Deckel. „George?“ Keine Antwort. Doch strahlte kurz Wärme aus der Schatulle in seiner Hand. „Es hat funktioniert.“ Erleichterung durchflutete ihn und zwang ihn wieder auf den grünen Teppich zurück. Georges Seele war in der Schatulle. Er spürte es, genauso, wie er gespürt hatte, dass sie in ihm gewesen war. Er fühlte sich leichter, wenngleich ihm kühler war, als zuvor. Dank George hatte er so wenig gefroren in den Jahren. Dank seiner Wärme, die er ausgestrahlt hatte. Für einen Moment wollte er diese kleine Perle einfach wieder hinunter schlucken, um seinen Bruder wieder zu fühlen. Um wieder diesen Körper mit ihm zu teilen. Wieder strahlte die Schatulle Wärme ab. Es war wie das kurze Anschalten einer Lampe. Fred Weasley zuckte zusammen, verstand, was es bedeuten sollte. Melodramatiker. Vorsichtig stellte er die Schatulle auf die Tischplatte zurück und verschloss sie sicherheitshalber mit einem kleinen Zauber. Dann rappelte er sich, den Zauberstab in der Hand, wieder auf. Sein Blick schweifte durch den Raum. Er sah George in jedem einzelnen Gegenstand. Mal undeutlich, mal klar wie ein Photo. So viele Erinnerungen umgaben sie. Die Verpackung ihres ersten Knallbonbons, das sie selbst entwickelt hatten. Die alte Spieluhr, die George immer gebraucht hatte, um gut zu Träumen. Auch wenn er es nicht einmal vor Fred zugegeben hatte. Die Ringe… die er hatte anfertigen lassen. Die sie vor der Schlacht nicht hatten überstreifen wollen. Aus Angst, sie zu verlieren. Nun zog Fred den an, der für ihn bestimmt gewesen war. Den anderen legte er auf den Wohnzimmertisch. Er ging hinauf, um das Bettzeug abzuziehen, behielt jedoch einen Kissenbezug in den Fingern, als er zurück ins Wohnzimmer trat. Er nahm die Spieluhr vom Regal und ließ sie hinein gleiten. Das Knallbonbonpapier segelte lautlos hinterher. Der Ring hingegen gab ein leises Klingen von sich, als er gegen die Spieluhr traf. Er legte den Bezug, wie einen kleinen Sack, neben den Kamin und ging hinauf ins Schlafzimmer zurück. Die dünne Stoffhose, in der er geschlafen hatte, warf er achtlos auf das Bett. Er wühlte im Schrank nach Streifenhose, Socken und Pullover. Im Flur zog er ein paar Schuhe an, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob sie in irgendeiner Weise zu seiner Kleidung passten. Sein Winterumhang, den er über die Schultern warf, ließ ihn direkt schwitzen, doch achtete er auch darauf nicht. Er ließ die Schatulle in die Innentasche rutschen, nahm seinen Zauberstab zur Hand und den Schachbrettgemusterten Kissenbezug in die andere. Unten im Keller suchte er nach einem Kessel und nahm den Nächstbesten, den er finden konnte. Weder besonders groß, noch besonders klein. Er legte seine Habseligkeiten hinein und trug ihn. Es fühlte sich besser an, als ihn einfach so vor sich her schweben zu lassen. Es hatte aufgehört zu schneien. Alle Läden der Winkelgasse hatten bereits geschlossen, die Besitzer waren verreist oder bereiteten sich auf die morgigen Familienfeste vor. Das Tor zum Friedhof knarzte, als Fred es mit der Schulter aufschob. Stille. Hier knirschte nicht einmal mehr der Schnee unter seinen Füßen- so kam es ihm jedenfalls vor. Mit einem dumpfen Laut jedoch stellte er den Kessel ab. Er nahm den Zauberstab heraus, legte das gefüllte Kissen neben den Kessel. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut.“, sagte er mit fester Stimme, den Zauberstab auf den Grabstein gerichtet. Wieder suchten sich die Buchstaben ihren neuen Platz. Er ließ Wasser aus dem scheinbar nie zufrierenden Brunnen des Friedhofs in den Kessel platschen. Mit einem Schnippen seines Zauberstabs entflammte das Laub unter diesem, obwohl es zuvor gefroren gewesen war. Immer noch war niemand zu sehen. Der Friedhof war ausgestorben. „Du bist so viel mehr, als Voldemort es je sein könnte.“, wisperte er und zog die Schatulle aus der Tasche. Als er sich neben den Kessel in den Schnee kniete, stellte er sie vorsichtig neben sich, darauf achtend, dass sie nicht zu nah an dem Feuer lag. „Du hattest…die besseren Ideen, in der Vergangenheit.“, flüsterte Fred leise und ließ das Bonbonpapier in den Kessel fallen. Es trieb auf der Wasseroberfläche, die sich durch die Hitze des Feuers bereits zu kräuseln begann. „Du hast…die schöneren Pläne, für die Zukunft.“ Er setzte einen kurzen Kuss auf den Ring seines Bruders. Sofort versank er im Kessel. „Du wusstest, wie du deine Angst besiegst, anstatt sie zu verdrängen.“ Er drehte die Spieluhr auf, bevor er sie ins Wasser sinken ließ und ihre Melodie war noch zu hören, als sie unter der Oberfläche verschwand. „Du hattest den begehrenswertesten Körper.“ Knochen aus dem Grab rieselten in den Kessel. Machten Geräusche, wie kleine Steine, die man am Seeufer springen ließ. „Und wirst auch immer der Schönste für mich bleiben.“ Der Kissenbezug schwebte im Wasser, wie von Geisterhand getragen. „…weil deine Seele so strahlst, wie es nur die deine kann.“ Er löste den Zauber von der Schatulle und ließ auch sie ins Wasser fallen. „Und… niemand. Wirklich niemand. Wird so geliebt, wie du.“ Er griff fest um den Kesselrand, an der Stelle, an der das Metall am scharfkantigsten war. Spürte, wie die Haut seiner Handfläche aufriss. Sieben Tropfen Blut zerplatzen auf der Wasseroberfläche, als er seine Hand über sie hielt. Das Wasser begann zu kochen. Er sah, wie Blasen an der Oberfläche zerplatzten. Wie der Dampf aufstieg. Für einen Moment glaubte er, Popcorn zu riechen. Er hatte Felix Felicis nicht eingenommen. Er wusste nicht, ob es funktionieren würde. Er wusste nicht einmal genau, was er hier getan hatte. Was er noch hier tat. Er schloss seine Augen, ließ sich nach hinten in den Schnee fallen. Die Kälte kümmerte ihn nicht. Er hörte, wie die Melodie der Spieluhr lauter wurde. Obwohl es unmöglich war. Er spürte, wie der Boden zu zittern begann. Obwohl es keinen Grund dafür gab. Er wollte sich aufrichten. KNALL Ein gleisendes Licht. Eine Druckwelle. Irgendetwas traf ihn am Kopf. Pfeifen in seinem Ohr. Dann war alles schwarz. Hosted by Animexx e.V. 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