Der letzte Streich von Schnuckelpunk (Fred/George) ================================================================================ Kapitel 1: Prolog ----------------- „Oh…ein Weasley mit nur einem halben Herzen? …GRYFFINDOR!“ „Wie war mein Date mit Angelina?“ - „Oh sie hat dich leidenschaftlich geküsst.“ – „Na gut, dass du heute dran warst.“ „Das hat er zu mir auch gesagt…“ „Ich habe bei Frage vier auf deinem Test etwas Falsches angekreuzt.“ - „Ich bei dir auch.“ – „Wie kannst du nur?“ „Was der Hut zu uns gesagt hat? – Ach, das Übliche…“ „Kathie will mit dir und uns ausgehen.“ – „Und was hab ich gesagt?“ – „Oh, du stehst auf Doppeldates und kümmerst dich drum.“ „Der Unterschied? Der Name vielleicht…“ An dem Morgen war eigentlich alles so gewesen wie immer. Natürlich. Man hatte sich im Krieg mit Voldemort befunden, die Todesser hatten Angst und Schrecken verbreitet, doch hatte dies nichts an der Tatsache geändert, dass es ein schöner, sonniger Morgen gewesen war. Fred und George Weasley waren wie immer irgendwie ineinander verknotet erwacht und hatten gegen das Licht geblinzelt, das durch das Fenster hinein leuchtete. „Morgen Bruderherz.“, war es von ihnen gleichzeitig wie aus einem Munde gekommen. „Bereit für das übliche, George?“, hatte Fred eine eine Stunde später gefragt, als sie sich nach dem gemeinsamen Duschen abtrockneten. „Aber immer doch, Fred.“, hatte George zurück gegrinst. Zurück in ihrem Zimmer hatten sie sich auf das Bett gehockt und einen kleinen Ledersack herausgezogen. Er war abgegriffen und hatte nur zwei kleine Holzscheiben zum Inhalt. „Und?“, hatte Fred gefragt. „Bei der Rettung von Harry Potter aus dem wundervollen Hause seiner Eltern bin ich… Fred Weasley.“ – „Oh wie erfreulich. Eine Ehre, am Tage der Rettung, Du sein zu dürfen, George.“ Dieses Spiel war durch Zufall entstanden, als sie einst versehentlich ihre Weihnachtspullover vertauscht hatten. Ihre Mutter hatte nicht bemerkt, dass Fred eigentlich George gewesen war und George Fred. Von diesem Tag an, hatten sie jeden Morgen ausgelost, wer von ihnen wer war. Eigentlich hatte es sowieso keinen Unterschied gemacht. Eigentlich hätte es keinen Unterschied gemacht, wer von ihnen auf welchem Besen gesessen hätte. Doch war es Severus Snape, der an diesem Tag dafür sorgte, dass es für immer einen Unterschied geben würde. Kapitel 2: Bis zum bitteren Ende -------------------------------- „Wie fühlst du dich, Georgie?“, flüsterte Mrs Weasley. Fred tastete mit den Fingern seitlich an seinen Kopf. „Wie ein Schweizer Käse.“, murmelte er. „Was ist los mit ihm?“, krächzte George mit erschrockener Miene. „Tickt er jetzt nicht mehr richtig?“ „Wie ein Schweizer Käse.“, wiederholte Fred, öffnete die Augen und blickte zu seinem Bruder auf. „Verstehst du… Schweizer Käse. Löchrig, Fred, kapiert?“ Mrs Weasley schluchzte heftiger denn je. Georges blasses Gesicht nahm schlagartig Farbe an. „Schwache Leistung.“, sagte er zu Fred. „Ehrlich! Dir steht das ganze weite Feld der Ohrenwitze offen und du entscheidest dich für Schweizer Käse?“ „Tja.“, sagte Fred und grinste Seiner in Tränen aufgelösten Mutter zu, „jetzt kannst du uns jedenfalls auseinander halten, Mum.“ „Du bist echt ein Spielverderber.“, murrte George. Er lag neben seinem Bruder auf dem Bett, der nur seufzte. „Sorry Bruderherz.“ – „Schon verziehen.“ – „Ich hab echt gedacht, der macht mich kalt.“ – „Ich auch…“ Sie lachten über den schlechten Scherz, weil es besser war als zu schweigen und weil sie ihn eigentlich doch ganz lustig fanden. „Kein morgendliches Loseziehen mehr…“, Fred tastete an die schwarze Stelle. „Bringt ja nichts.“, antwortete George und nahm die Hand in seine. „Hätte er dir nicht lieber `nen Finger absäbeln können? …Den hätte ich ja auch noch zufällig durch `nen Unfall verlieren können.“ – „Ohr ist was auffällig, oder?“ – „Du sagst es.“ Einen Moment verfielen sie in ein unangenehmes Schweigen. Abwesend strich George über Freds Handrücken. „Was machen wir jetzt?“, fragte dieser leise. „Hm…“ Sie sahen sich an. Schwiegen. Doch war es diesmal nicht unangenehm. Gedanken rasten zwischen ihren Augen hin und her. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Bis zum bitteren Ende?“ „Ja, Fred- ich meine George.“ „Gut George- also Fred.“ Kapitel 3: Ich schwöre feierlich... ----------------------------------- „Hallo… wie geht es euch heute?“, Luna Lovegood lächelte wie immer etwas verklärt, als sie Weasleys Zauberhafte Zauberscherze betrat. „Gut, danke, und dir?“ – „Sehr gut…“ – „Weißt du jetzt was es wird?“ – „Ja… ein Mädchen… ich war bei der Untersuchung nur etwas besorgt… ich wollte ja nicht, dass sie mit Nargeln in Berührung kommt.“ Lee und sein rotschöpfiger Chef nickten zustimmend. Mit ihren Worten „Macht es gut ihr drei!“ verließ sie wenig später den Scherzartikelladen. Lee Jordan seufzte. „Oh man… Schwanger ist sie echt noch komischer als sonst.“ – „Lass sie nur…“, murmelte der Rothaarige und sah auf die Uhr. „Du kannst für heute Schluss machen.“ Eine Stunde später verschloss er die knallrot gestrichene Eingangstüre. Draußen hatte es bereits zu schneien begonnen. Mit einem dicken Mantel und Mütze bekleidet stapfte er hinaus. Er hätte apparieren können, doch war dieser Weg, den er jeden Abend ging, ihm zu wichtig um ihn einfach zu überspringen. Niemand folgte ihm. Schnee knirschte unter seinen Füßen und der Wind bließ weiße Flocken in sein Gesicht. Nicht, dass es ihn kümmerte. Den Zauberstab in der Tasche kletterte er einfach über die Friedhofsmauer anstatt das schon verschlossene Tor mit Magie zu öffnen. Zwei Mal links abbiegen und schon stand er vor dem Grab. Er betrachtete die Inschrift, auf der sein eigener Name stand. „Fred Weasley – Ruhe in Frieden“ Die behandschuhte Hand zog nun doch den dünnen Holzstab heraus. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut“ , hauchte er leise, die Spitze des Zauberstabes auf den Grabstein gerichtet. Die goldenen Buchstaben wuselten durcheinander. Als sie sich wieder geordnet hatten, waren wir von Geisterhand mehr hinzugekommen. „Fred und George Weasley – bis zum bitteren Ende.“ „Du bist so etwas von kitschig.“, murmelte Fred leise. „Wer hat sich das denn ausgesucht.“ – „Na du natürlich.“ – „Ja, aber doch nur, weil du es so wolltest. Du liegst offiziell ja hier und nicht ich.“ Er lachte über den beleidigten Ton seiner eigenen Stimme. „Es war übrigens sehr clever, Harry für heute Abend einzuladen.“ – „Wieso sagst du mir das erst jetzt? Du warst doch dabei.“ – „Ja schon, aber selbst wenn ich nur in deinem Kopf mit dir spreche, antwortest du laut. Die Leute sollen uns ja nicht für noch verrückter halten, als“ – „wir sind.“ – „genau.“ „Eigentlich musst du gar nichts sagen George. Ich höre ja, was du denkst.“ – „Ich weiß, aber du fühlst dich so allein, deswegen leih ich mir deine Lippen ganz gern, damit du meine Stimme hörst.“ – „Ach, gib doch zu, du hörst dich einfach selbst gern reden.“ „George?“ Erschrocken zuckte er zusammen, wisperte schnell ein „Missetat begangen“, bevor er sich möglichst langsam herum drehte. „Äh…Hermine… was tust du denn hier?“ Ausgerechnet sie. Hätte nicht irgendjemand anderes ihn bei seinem Gespräch erwischen können? Vorsichtig trat sie näher. Sie hatte neue Kerzen für das Grab gekauft und hielt sie in den Händen. Ihr Blick war voller Skepsis und Sorge. „Geht es dir gut?“, fragte sie vorsichtig. Fred nickte, auch wenn er die Frage am Grabe seines geliebten Zwillingsbruders doch ein wenig taklos fand. Taktlos, er empfand etwas als taktlos. Er spürte wie sich seine Augen verdrehten und er musste über seine eigene Reaktion grinsen. Bei Hermines Gesichtsausdruck verschwand dieses jedoch ganz schnell. Nun hielt sie ihn für völlig verrückt. „Äh…ja, danke.“, hörte er seine eigene Stimme sprechen und ließ es zu. „Es ist nur… im Moment hab ich viel Stress und ich vermisse ihn.“ Dramatiker. Auch wenn er absolut recht hatte. Sein Gesicht verzog sich zu einer Miene, für die er George früher geohrfeigt hatte. Verlorener Welpe war kein Ausdruck, der in das Gesicht der Zwillinge passte. „…Ich… verstehe.“ Nun kam sie sich taktlos vor und Fred war es nur recht. „Danke für die Kerzen Hermine… ich würde im Augenblick nur gerne etwas mit ihm allein sein, ja?“ – „Natürlich George.“ Fred hörte sie schluchzen, als sie davon ging. Seufzend hockte er sich vor dem Grab in den Schnee. „Danke Bruderherz.“ – „Kein Problem. Aber wirklich… dass du nicht an die Kerzen denkst.“ – „Entschuldige Mal! Du hättest ja auch welche kaufen können.“ – „Ich ziehe dir für solch unwichtigen Kram doch nicht unser Geld aus der Tasche.“ –„Ach… aber ich soll das tun?“ – „Ist doch dein Name auf dem Stein.“ Fred Weasley verdrehte diesmal die Augen und sein Mund lachte wie von ganz alleine. „Ich lass den Schnee liegen.“ – „Denk aber an den Feuerwiskey.“ – „Denk du doch dran…“ Kapitel 4: Der Retter der Chudley Cannons ----------------------------------------- Fred Weasley hatte alles so vorbereitet, wie sie es geplant hatten. Ein kleines Feuer prasselte im Kamin, Snacks standen bereit, ebenso wie Butterbier, Feuerwiskey und Kürbissaft, den er mit Alkohol versetzt hatte. „Du glaubst wirklich, dass das besser funktioniert als Veritaserum?“, fragte seine eigene Stimme, jedoch klang sie mehr amüsiert als besorgt. „Naja, Wenn Ginny ihn beim nachhausekommen fragt, worüber wir so gequatscht haben, wird er sich nicht mehr erinnern anstatt ihr die Wahrheit auszuplaudern.“, antwortete er und stellte je zwei Bierkrüge und zwei Schnapsgläser auf den bunt gestrichenen Wohnzimmertisch. Bunt, so konnte man die Wohnung über dem Laden der Zwillinge im Allgemeinen beschreiben. Es sah aus wie in einem von Kindern eingerichteten Spielzeugladen. Bunte Clowns baumelten an der Decke, verzauberte Gegenstände rollten und hüpften in den Regalen hin und her und auf und ab. Das Sofa aus knallroten Drachenleder stand vor einem knallgrünen Teppich mit langen Flusen, die wie von Wind bewegt wurden. In spitzzulaufenden Glasvitrinen mit Holzrahmen standen funkelnde Kristallfläschchen, Tiegelchen, und Töpfchen. Jedes Einzelne in einer anderen Farbe. In anderen waren Bücher mit gestreiften Einbänden gestapelt, die leise schnurrten, wenn man über ihre Rücken strich. Hier und da meldete sich eine Spieluhr, wenn sie sich vernachlässigt fühlte und spielte eine fröhliche Melodie. Die Uhr über dem Sofa ging rückwärts und zeigte die richtige Zeit nur dann an, wenn man ihr zuvor einen Witz erzählte. Trat man am Sofa vorbei und in den Flur fand man sich in einem Spiegelkabinett wieder. Allein an der Gaderobe neben dem Eingang erkannte man, dass die Wände in einem knalligen Lila gestrichen waren. Direkt neben der Eingangstüre befand sich die kleine Küche, die in einem fröhlichen blau erstrahlte. Eine goldglänzende Popcornmaschine stand auf der Orangenen Fensterbank. Im Nebenraum, dem größten Zimmer der Wohnung, hatte sich früher das Labor befunden, dass inzwischen in den Keller des Scherzartikelladens umgezogen war. Es war nach zwei Explosionen nötig gewesen, da sie keine Lust hatten die Wohnräume immer wieder von Ruß und Staub zu befreien. Jetzt stand er voller Pflanzen. Das Ministerium würde sich die Hände reiben, würde es jemals diesen sonnengelben Raum betreten, denn für mindestens die Hälfte des Grünzeugs brauchte man eine Apothekerbescheinigung, die es erlaubte, sie zu verwenden. Die Zwillinge besaßen genauso wenig eine solche Bescheinigung, wie das Ministerium wusste, welche Zutaten sich in Kotzpastillen, Nasenblutnugat und Fieberzuckerstangen befanden. Und dieses Unwissen der Behörde war für den Scherzartikelladen auch deutlich besser. Durch diesen Pflanzenraum musste man jedoch um in das Herzstück der Wohnung zu gelangen. Hinter einem Vorhang aus Schlingpflanzen, denen man vorsingen musste, damit sie zur Seite schwangen befand sich die Schmiedeeiserene Wendeltreppe, die in den Dachstuhl führte und damit zu dem Schlafzimmer, dass Fred Weasley augenscheinlich alleine bewohnte. Es war, abgesehen von der Bettwäsche mit schwarz-weißem Schachbrettmuster, schlicht gehalten. Das Bett war, wie die Nachtkommödchen, schwarz lackiert. Die Wände waren in einem beruhigenden, dunklen Grün gestrichen. Das Zimmer erinnerte stark an eine Höhle. Jeweils ein Bild der Zwillinge stand auf den kleinen Kommoden, die Bildbewohner lachten freudig jedem entgegen, der in das Zimmer trat. Das Bett war immer zerwühlt, sodass es aussah, als wären die zwei Personen die darin gewöhnlich zu schliefen gerade erst aufgestanden. Fred Weasley, der gerade in das Schlafzimmer trat um das Fenster zu schließen- einer der Clowns am Wohnzimmerfenster hatte vor weiterem Schnee gewarnt- seufzte, als er auf die beiden Kissen und Decken blickte. „Nicht mehr lange.“, hauchte seine Stimme. „…du bist wirklich sehr optimistisch.“, murmelte er zurück, „Du bist ja jede Nacht an dem Platz wo du am liebsten bist.“ – „Als ob du mich nicht genau dort haben wollen würdest.“ Er verfluchte in diesem Augenblick das Grinsen, das sich auf seine Lippen schlich, und musste doch zugeben, dass der Spruch nicht schlecht war. Etwas flach vielleicht, aber nicht schlecht. „Nicht so mein Lieber…“ Es läutete an der Hintertür des Scherzartikelladens. Magisch verstärkt hörte man die Glocke im ganzen Hause. Der Rothaarige apparierte herab durch den Spion sah er einen zerzaust aussehenden Harry James Potter, der sich den Umhang fester um seine schlanke Gestalt zog. Er atmete durch, setzte ein Grinsen auf und ließ ihn eintreten. „Hallo Harry. War das Training anstrengend?“ – „Es ging. Das Wetter macht es anstrengend, aber in zwei Wochen ist das Testspiel gegen Finnland.“ Fred nickte verständnisvoll. „Ich hab wirklich nicht gedacht, dass Wood als Trainer noch schlimmer ist, als zu seiner Zeit in Hogwarts.“, fügte er dann an und führte Harry hinauf in die Wohnung. „Oh doch… das ist er. Trotzdem… ich habe ihm viel zu verdanken.“ Harry James Potter – seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, jedoch mit den grünen Augen seiner Mutter – der Junge der lebte. Der Junge der Voldemort besiegt hatte. Der Retter der gesamten Zaubererwelt, hatte feststellen müssen, dass es nach dem Tod des dunklen Lords gar nicht so viel zu tun für ihn gab. Er hatte Auror werden wollen, um für einen finalen Kampf gewappnet zu sein. Der Gedanke hatte ihn fasziniert, kämpfen zu dürfen. Doch schnell hatte er nach dem nachgeholten Abschluss in Hogwarts festgestellt, dass er nicht mehr kämpfen wollte. Nicht auf diese Art. Er hatte sich etwas anderes gesucht und bei seiner Leidenschaft gelandet: Quidditch. Mit ihm als Sucher holten die Chudley Cannons im Vorjahr zum ersten Mal seit einhundertdreiundneunzig Jahren den Titel und jetzt spielte er in der englischen Nationalmannschaft. Fred musste zugeben, dass er den Werdegang bewunderte. Er und George waren immer sicher gewesen, dass Harry bei dem Versuch Voldemort kalt zu machen selbst drauf gehen würde (auch wenn sie sich dies nie gewünscht hatten), oder aber nach dem Triumpf auf Grund fehlender Aufgaben abstürzen würde. Nichts dergleichen war passiert und Fred war froh, keine Galleonen verwettet zu haben. Nun jedoch ließ er sich mit dem Retter der Welt und der Chudley Cannons auf das Sofa fallen. „Wie kommt es, dass du mich herbestellt hast?“, fragte Harry, nachdem er dankend ein Butterbier von Fred entgegen genommen hatte. „Ach, ich hatte keine Lust allein herum zu hocken.“ Der Abend verstrich und Fred füllte den Krug des Goldjungen Gryffindors immer dann nach, wenn dieser unachtsam in eine andere Richtung sah. Er selbst nippte immer nur an seinem, um einen klaren Kopf zu behalten. Er war nervöser, als er es je zugeben würde. Seine Lippen brachten das Gespräch auf die neusten Tränke, die er ausprobiert hatte und sie unterhielten sich über die aberwitzigsten Gebräue. „…Sag mal…“, fragte er möglichst beiläufig, „hast du nicht erzählt, dass Voldemort auch in einen Trank geworfen wurde, bevor er… naja… wiederkehrte?“ Harry richtete sich auf. Er wirkte ganz plötzlich nüchtern. „Warum willst du das wissen?“ Kapitel 5: Der verrückte Fred Weasley ------------------------------------- Fred Weasley atmete tief durch. Scheinbar war Harry noch nicht betrunken genug gewesen, um ihm diese Frage zu stellen. Doch was nun? „Die Wahrheit.“, wisperten seine Lippen. „Ja genau, die würd ich gern hören. Warum interessiert es dich?“, fragte Harry, der wohl der Meinung war, dass man mit ihm gesprochen hatte. „Also schön.“Der Rothaarige setzte sich auf. „Ich will George zurück holen.“ „Du bist George…“ – „Nein.“ – „George…“ – „Nein. Und ich bin auch nicht überarbeitet, durchgeknallt, oder von Trauer zerfressen. Es ist- erschreckender Weise- sogar deutlich komplizierter.“ Harry schien ihm nicht zu glauben. Fred konnte beinahe die Stimme Hermines in Harrys Kopf hören, die ihm sagte, dass er dringend einen Aufenthalt im Sankt Mungo nötig hätte. „George und ich… Wir haben ein Spiel gespielt. An dem Tag bevor…“ anstatt weiter zu sprechen deutete er auf seine rechte Kopfhälfte, an der das Ohr fehlte. „Spiel?“, fragte Harry zögerlich, der sich wohl dazu entschieden hatte, ihm wenigstens zu zuhören. „Ja... Jeden Morgen würfelten wir aus, wer welche Identität annimmt“, erklärte Fred. „Und an dem Tag waren wir halt nicht wir selbst, sondern der jeweils andere.“, führten seine Lippen die Geschichte alleine weiter. „Und…normaler Weise wäre es ja niemanden aufgefallen, wenn naja… Snape mich nicht getroffen hätte...“ „…Und dann konnten wir das Ganze ja schlecht aufklären…“ „…Ma hätte uns umgebracht…“ „…War nicht so wirklich der richtige Moment…“ „…Und dann haben wir uns überlegt, dass es ja eigentlich egal ist, wer von uns wer ist. Wir machen ja sowieso alles zusammen.“ Harry Potter sah aus, als hätte man ihm ins Gesicht geschlagen. Es war beinahe, als hätte nicht George alleine gesprochen, sondern als hätte er sich mit seinem Zwillingsbruder abgewechselt. Er schwor sich, in Zukunft deutlich weniger zu trinken. „Also…“, er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Eigentlich passte die Geschichte zu gut zu den Zwillingen, als dass er sie als Lüge abtun konnte. „…du bist …Fred… und George liegt in deinem Grab?“ Fred nickte. „Ja. Und ich will ihn zurückholen.“ „George. Ich mein… Fred.“, Harry seufzte, sah ihn an. Fred Weasley kannte diesen Blick. Und er hasste ihn. Viel zu oft hatte man ihn ihm schon zugeworfen. Er wusste, was jetzt kam und spürte Wut in sich aufsteigen. Er war machtlos dem gegenüber, was jetzt kommen würde. „Fred… ich weiß wie weh es tut… und ich wünsche mir auch nichts sehnlicher, als die Toten wieder auf zu wecken… aber… es geht nicht… du musst akzeptieren, dass Fre-George nicht zurückkehren wird. Er ist to-“ – „Eben nicht! Er ist noch hier!“ Der Blick des Suchers wurde sanfter und mitfühlender. Harry Potter, der Basilisken durch Wände gehört- und Visionen von Voldemort gehabt hatte, selbst er hielt ihn für verrückt. „Ruhig Freddie…“, flüsterten ihm seine eigenen Lippen zu, was es in diesem Moment nicht besser machte, denn Harry sah aus, als würde er einen Heiler rufen wollen, da der Rothaarige scheinbar begann Selbstgespräche zu führen. Fred wusste, dass er sich jetzt dringend zusammen reißen musste. „Harry…“, er hob den Blick und sah dem Schwarzhaarigen in die Augen. „Es ist alles nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Ja, Georges ‚Hülle‘ ist tot und verrottet auf dem Friedhof.“ – Seine Lippen verzogen sich angeekelt und er musste alle Kraft aufwenden um den Kommentar, den die Stimme aussprechen wollte, herunter zu schlucken. „Ich rede jetzt“ „Äh…“, machte Harry. „Fred… ist alles…“ – „Ja es ist alles in Ordnung.“ Er atmete durch, konzentrierte sich und sprach weiter. „Georges Körper liegt dort auf dem Friedhof. Aber… er ist… immer noch hier drin.“, er deutete auf sein Herz. „Ja, natürlich.“, Harry legte ihm die Hand auf die Schulter. „Und er wird immer dort sein, aber trotzd-“ – „Hör mir dem Scheiß, Harry. Mitleid ist nicht angebracht.“, knurrte Fred Weasley nur ungeduldig und schob die Hand beiseite. „Ich rede nicht von dem ‚Ich werde immer an ihn denken‘-Kram. Nein. George ist wirklich hier drin.“ Harry schien zu glauben, dass er nun wirklich verrückt geworden war, denn er rückte ein Stückchen ab. Fred sprang vom Sofa auf. Er musste sich bewegen, um Harry nicht an den Schultern zu packen und durchzuschütteln, damit er endlich verstand und seine Vorurteile von Bord warf. „George und Ich sind Zwillinge. Aber wir sind nicht, wie normale Zwillinge. Es gibt absolut gar nichts, was uns äußerlich von einander unterscheidet. Bei uns ist alles gleich. Wenn einer weint, weint der andere mit. Wenn dem einen das Herz rast, ist es bei dem anderen auch so. Wenn einer krank wird, ist es der andere auch. Wenn einer…stirbt…“ – „Fred…“ – „Wenn einer stirbt, stirbt ein Teil des anderen mit. Aber genauso bleibt ein Teil des Sterbenden, bei dem, der lebt.“ – „Fred, das ist-“ – „Es ist die Wahrheit! Wir sind keine normalen Zwillinge, Harry!“ Oh nein, das waren sie wahrlich nicht. Fred konnte nicht anders als in diesem Moment an all die Dinge zu denken, die sie teilten. An all die Dinge, die Geschwister nicht miteinander zu tun hatten. Doch sie waren schon immer anders gewesen. „George! …Ich meine Fred. Ich weiß, dass du ihn vermisst, aber er ist tot, ebenso wie Sirius!“, Harry war nun auch aufgestanden, wenn auch deutlich langsamer als er und er fasste Fred sanft am Arm, hielt ihn fest, sodass er nicht weiter auf und ab gehen konnte. „Er ist tot, Fred… und er kommt nicht zurück.“ Harry Potters Stimme war brüchig geworden. Müde. Sie brachte Freds Magen dazu, sich zu verkrampfen. Der Retter der Zaubererwelt trauerte selber noch über die Verluste. Verluste an denen er sich wahrscheinlich die Schuld gab, die er eigentlich nicht zu tragen hatte. Er wurde ruhiger. „Harry… Sirius ist tot. Seine Seele ist irgendwo dort oben.“, hauchte Fred und deutete an die Decke um auf den Himmel zu zeigen. „Für seine Seele gibt es hier auf der Erde kein Gefäß. Keinen Horcrux.“, mit Absicht wählte er dieses Wort. Und es verfehlte seine Wirkung nicht, denn Harry Potter stolperte zwei Schritte rückwärts. „Du willst mir jetzt nicht sagen, dass Fre- George einen Horcrux erschaffen hat?“ Bildete er es sich ein, oder lag die Hand des Schwarzhaarigen schon an der Tasche seines Zauberstabs? Endlich schien er wieder bereit zu zuhören, anstatt ihn zu beschwichtigen. Gut, dass er bei den Erzählungen über die Reise von Ron, Harry und Hermine aufgepasst hatte. „Nein, bei Merlins Bart, wir haben niemanden umgebracht. Außerdem ist Georges Seele nicht zerstückelt. Sie ist ganz und gar heil.“ Bevor Harry etwas erwidern konnte, sprachen Freds Lippen wie von selbst weiter. „Zwischen dir und Voldemort bestand durch deine Mutter eine besondere Verbindung. Bei uns bestand ein besonderes Band von Anfang an…“ „Du musst dir… vorstellen, dass hier ist mein Herz.“ Fred löste sich von dem Quidditchspieler und nahm aus einer der Vitrinen eine Schachtel mit zwei Kammern heraus. „In dieser hier…“, er legte in die linke einen kleinen Stein, „Befindet sich meine Seele. In dieser Hälfte… befindet sich nichts.“ Harry sagte nichts, schien abzuwarten. „Aber… als George gestorben ist und seine Seele seinen Körper verließ…“ Er nahm einen weiteren Stein und hielt ihn in seiner Hand. „Hat sie einen neuen Ort gesucht, an der sie existieren kann…“ Er trat wieder auf den Schwarzhaarigen zu, sah ihn ernst an. „Sie hatte die Wahl. Da oben hinauf zu steigen, oder hier her zu kommen.“ Wieder deutete er auf die kleine Schachtel. „Und dafür hat sie sich entschieden.“ Er legte den Stein in das freie Fach und schloss dann den Deckel. „Harry. Seine Seele lebt in mir. Und sie ist unbeschadet. Und deswegen muss ich wissen, wie dieses verdammte Ritual von Voldemort funktioniert hat, damit ich ihm wieder seinen eigenen Körper beschaffen kann!“ Kapitel 6: Der Geruch von Mandeln --------------------------------- Harry Potter war nie in seinem Leben sprachloser gewesen. Wenn es überhaupt eine Steigerung von sprachlos gab. Er wusste nicht nur nicht, was er sagen sollte. Auch sein Kopf war wie leer gefegt, kein Gedanke wollte auch nur ansatzweise in seinem Kopf zustande kommen. Fred bemerkte, dass es scheinbar etwas zu viel Information auf einmal gewesen war und buchsierte ihn zurück auf das Sofa und drückte ihm sein Butterbier in die Hand. Zögernd nahm der Schwarzhaarige einen Schluck. „Er ist wirklich...?“ –„Ja.“, sagte er ernst und musste sich auf die Zunge beißen, damit seine Lippen nicht noch Weiteres hinzufügten. Harry bemerkte den inneren Kampf des Weasleys nicht und stierte in sein Glas, als würde er dort möglicherweise Antworten finden, die er brauchte um die Situation zu erfassen. „Geor- Fred… ich gehe nach Hause.“, sagte er nach Minuten des Schweigens entschlossen. „Ich gebe dir die Informationen, die du brauchst. Nur nicht mehr heute. Ich brauche jetzt meine Ruhe.“Der Junge, der lebte, sah in diesem Moment nicht aus, wie der Retter der Zaubererwelt. Viel mehr wirkte sein Gesicht, wie das eines alten Mannes, der zu viel gesehen und gehört hatte, um noch an irgendetwas zu glauben. „Ich denke nicht, dass es funktionieren wird. Und… selbst wenn es das tut… zahlst du einen sehr hohen Preis.“ Es machte Plöpp und er war disappariert. „Ich glaube wir haben ihn leicht überfordert.“, bemerkte die Stimme seines Bruders, als Fred die Gläser in die Küche trug. „Ich denke auch.“; antwortete er mit seinen eigenen Lippen. Natürlich könnten sie sich lautlos unterhalten. Sie teilten sich schließlich eine Gedankenwelt- auch schon vor diesem Zwischenfall. Doch sie waren es zu sehr gewohnt, ihre Lippen zu benutzen. Fred würde es nicht zugeben, aber er würde verrückt werden, wenn er Georges Stimme nicht mehr hören würde. Auch wenn sie aus seinem eigenen Mund kam. „Du solltest uns einen Tee machen.“, bemerkte eben diese nun besorgt. „Was, wenn es nicht klappt?“, fragte Fred, als er den Wasserkessel aufsetzte. Per Hand, nicht mit dem Zauberstab, den er an einer Tasche am Gürtel trug. „Dann werde ich dir wohl noch einige Zeit bei gewissen Dingen zusehen, die du tust, während du vor dem Spiegel stehst.“ – „Wer steuert denn bitte die Hände?“ – „Du könntest mich ja aufhalten.“ Georges Grinsen huschte über sein Gesicht, während seine eigene Hand ihm sanft über die Wange fuhr. Manchmal, war es schwierig, sich einen Körper zu teilen. „Fred, bisher hat alles funktioniert, was wir angefangen haben. Schau uns an. Wir haben den Tod besiegt. Wenn auch vielleicht auf eine recht unübliche Weise.“ – „Wir haben nie etwas auf eine übliche Art und Weise gemacht…“, murmelte er zustimmend, trat ins Wohnzimmer zurück und legte einen Scheid im Kamin nach. Auf dem Rückweg sah er in den einzigen Spiegel, der seinen Körper nicht verzerrte. Sein Spiegelbild lächelte ihn an, weil George wieder in ihm lächelte. „Trübsal blasen ist jetzt nicht angebracht, Fred. Dafür bist du erstens nicht betrunken genug und zweitens haben wir dafür keine Zeit.“ Gerade noch konnte er seiner eigenen Hand ausweichen, die versuchte ihm einen Klapps auf den Hinterkopf zu verpassen. „Du hast recht.“ Fred Weasley strafte seine Schultern. Mit einer Kanne dampfenden Tees ging er wenig später hinauf in ihr Schlafzimmer. Er stellte sie auf der rechten Nachtskommode ab und verschwand kurz in das winzige Bad, dessen Tür Niemanden wirklich auffiel. Es war einfach nur klein und weiß. Ein Waschbecken, ein Klo, eine Dusche. Dafür für die Gäste unzugänglich, die das Größere nutzten, dass hinter einem der verzerrenden Spiegel im Flur versteckt lag. Dann ließ er sich auf das Bett fallen. Zweistimmig seufzte er. Der Tag war doch recht lang geworden, obwohl Harry früher gegangen war, als üblich. „Gute Nacht, Freddie…“ – „Schlaf gut, George…“ Er schloss seine Augen, vergrub das Gesicht in dem Kissen, das auf der linken Betthälfte lag und versuchte sich vorzustellen, dass es nicht nach ihm selbst roch. Sondern ein wenig mehr nach gebrannten Mandeln, anstatt nach süßem Popcorn. „Nächstes Jahr, gehen wir wieder Hand in Hand über den Jahrmarkt.“, hauchte er ein leises Versprechen. Seine Finger drücken das Kissen fester an seine Brust. Die einzige Umarmung, die sein Bruder ihm so geben konnte. Kapitel 7: Zwischenspiel ------------------------ Es dauerte fast eine Woche, bis Harry Potter wieder vor der Hintertür des Zauberscherzladens von Fred Weasley stand und klingelte. Genauer gesagt 5 Tage, 22 Stunden, 37 Minuten und 41 Sekunden. Er hatte seine Zeit gebraucht um die Begegnung mit dem Zwilling- oder eher gesagt den beiden Zwillingen- zu verarbeiten. Er hatte sich seine Gedanken gemacht und sie mit genügend Feuerwhiskey herunter gespült. Am ersten Tag nach der Zusammenkunft, hatte er Hermine bitten wollen, Fred ins Sankt Mungo einweisen zu lassen, doch hatte ihn ein kurzfristig angesetztes Training der Nationalmannschaft davon abgehalten. Am zweiten Tag hatte er sich gefragt, ob Fred vielleicht doch nicht so verrückt war, wie er vermutet hatte. Oder er selbst einfach weniger normal, als er es sich seit Voldemorts Tod einzureden versuchte. Am dritten Tag hatte er an die Dursleys gedacht, die behauptet hatten, dass es keine Magie gab. Was sich als unwahr herausgestellt hatte. Am vierten Tag hatte er an die Stimme aus den Wänden von Hogwarts gedacht, die nur in seinem Kopf gewesen zu sein schien. Die dann zu einer uralten Schlange gehört hatte. George Wealsey war einer von vielen. Einer von vielen, die er vermisste. Und Fred musste seinen Bruder, selbst wenn seine Seele noch irgendwie da war, noch mehr vermissen, als Harry seinen geliebten Paten. Er war Fred etwas schuldig, auch wenn der Weasley es abstreiten würde. Er war eigentlich all denen etwas schuldig, die um im Krieg verlorene trauerten. Er war sich sicher, dass Voldemorts Ritual der falsche Weg war. Dass es nicht funktionieren konnte und nicht funktionieren durfte. Irgendetwas in ihm brachte ihn am fünften Tag trotzdem dazu aufzustehen. Eine kleine Phiole in seine Tasche gleiten zu lassen. Aus dem Haus zu treten. Ohne sich umzudrehen. Seine Bedenken hinter sich zu lassen. Mit einem lauten Knall zu verschwinden. In der Winkelgasse aufzutauchen. Als er Freds Gesicht vor sich sah, wusste er was es gewesen war. Ein winziger Funken, den man Hoffnung nannte. Kapitel 8: Die Erinnerung ------------------------- „Harry!“, Fred Weasley stieß ein erleichtertes Seufzen aus, als er den Schwarzhaarigen vor sich stehen sah. Er hatte nicht mehr wirklich damit gerechnet, dass er ohne Heiler vom Sankt Mungo bei ihm auftauchen würde. „Ich habe etwas für dich… euch.“, murmelte Harry und zog seinen Umhang enger. Er blickte über die Schulter, als hätte er Sorgen, dass man ihn verfolgt hatte. „Komm erst einmal rein.“, sprach Georges Stimme, bevor Fred es selbst vorschlagen konnte. „Danke…“ Gemeinsam gingen sie hinauf in die Wohnung der Zwillinge. Doch diesmal stellte der Rotschopf keinen Flaschen voll Alkohol auf den Tisch, sondern eine Kanne mit dampfenden Tee, der beim einschenken nach kandierten Äpfeln roch. Schweigend tranken sie beide aus bunt gestreiften Tassen, bis sich Harry etwas entspannte. „Ich… habe die Erinnerung von diesem Tag aus meinem Kopf verbannt.“, begann er, „Von dem Tag, an dem das Finale des Tuniers war.“ Er zog die kleine Phiole aus seiner Tasche. Ein einzelner, silberner Faden schwebte darin. Als hätte jemand eisigen Atem in das Glasröhrchen gehaucht und es dann fest verschlossen. Fred Weasley wusste was es war. Eine Erinnerung. Er stand auf und trat in die Küche um das Denkarium zu holen. Zuerst musste er die Orangen zur Seite räumen, die er darin aufbewahrt hatte. Die zwischenzeitliche Zweckentfremdung zur Obstschale würde dem magischen Objekt sicher nicht geschadet haben. Er füllte die Tonschale zur Hälfte mit Wasser und balancierte sie dann ins Wohnzimmer. Als er sie auf dem Holztisch abstellte, gab Harry seine Erinnerung hinein. Das klare Wasser wurde trüb, blau-gräulich. Nein, es schien als hätten die Orangen dem Gefäß nichts ausgemacht. „Darf ich?“, fragte er Harry, der nur nickte. Bevor er in die Erinnerung gezogen wurde, sah er noch aus dem Augenwinkel, wie sich Harry Potter auf die Lippen biss. Er riss den Kopf aus dem Denkarium. Fred keuchte und spürte auch, dass die Seele seines Bruders aufgewühlt war. Harry Potter war in der Zeit, die er mit der Erinnerung verbracht hatte, aufgestanden und zum Bücherregal getreten. Er hatte ihm den Rücken zugewandt. „…Du…siehst….“ Er räusperte sich, drehte sich aber nicht um. „…es ist bei dem Ritual nicht so wie im Zaubertrankunterricht… und … es werden nicht einfach nur ein paar Zutaten zusammen gerührt.“ Fred schwieg daraufhin nur und presste die Lippen aufeinander, damit George sich nicht zu Wort melden konnte. „Danke, dass du mir diese Erinnerung gezeigt hast, Harry. Niemand wird je davon erfahren. Das verspreche ich dir.“ Nun drehte sich der Quidditchspieler herum. Retter der Zaubererwelt. Jetzt konnte er sich ungefähr vorstellen, was Harry Potter in seinen Schuljahren durchgemacht hatte. Seine Lippen waren eng aufeinander gepresst. Er wusste warum. Löste sich eine Erinnerung im Denkarium auf, trat sie im Kopf wieder aus der Versenkung hervor. Er selbst hatte es einmal erlebt. Auch wenn er nicht wusste, warum es so war. „Ich…sollte wieder zu Ginny.“, presste er hervor, Fred nickte verständnisvoll. Auch wenn er seinen Laden darauf verwettete, dass sich Harry Potter nicht auf den Heimweg nach Godric‘s Hollow machen würde. Vielleicht würde er sich noch ein zwei Stunden im Tropfenden Kessel verkriechen, um die Erinnerung wieder in den Hintergrund zu trinken. Oder spazieren gehen. In den Himmel starren. Vielleicht auch alles drei und zwar genau in dieser Reihenfolge. Das Wasser aus dem Denkarium schüttete er im Pflanzenzimmer über eine Mimose, die wie immer, wenn sie von irgendetwas berührt wurde, ihre Blätter zusammenklappte. „Fred…“ – „Warte einen Moment, George.“; hauchte er seinen eigenen Ohren zu. „Wir reden gleich.“ Gehorsam schwiegen seine Lippen. Er brachte die Tonschale in die Küche zurück, legte die Orangen wieder hinein. Dann spülte er Harrys Tasse aus und stellte sie in den Schrank. Seine eigene füllte er erneut und kuschelte sich dann in den Sessel, der dem Sofa gegenüber stand. Schlang eine kuschelige Felldecke um seine Beine, obwohl er nicht wirklich fror- das Feuer prasselte schließlich im Kamin. „So…jetzt.“ Er schloss seine Augen und lehnte den Kopf gegen die Lehne. „Es ist nur ein Zaubertrank, in dem ein paar Zutaten zusammengerührt wurden…“, begann George sofort und Fred nickte zustimmend zu den Worten, die ihm über die Lippen kamen. „Die Umstände waren fürchterlich, aber letztendlich…“, murmelte Fred nun selbst. „…Voldemorts Vater war schon tot. Es wird ihn wohl kaum gejuckt haben, ob ein paar Knochen mehr oder weniger in seinem Grab lagen…“ – „Pettigrew hat seine Hand freiwillig geopfert.“ – „Außerdem war eh vorher schon der Finger ab… und er wusste, dass er einen schicken Ersatz bekommt.“; fügte George hinzu. „Und was ist mit Harry? ‚Blut des Feindes- mit Gewalt genommen‘?“, fragte Fred, die Augen immer noch geschlossen. „...Nun…“ George schien sich an den nächsten Satz etwas vorsichtiger heran zu tasten. „Er hat auf dem Friedhof eine Menge mitgemacht. Aber… bei dem Ritual selbst hat er nur etwas Blut verloren. Wenn ich das so formulieren darf.“ – „Ich hätte es ebenso ausgedrückt.“ Fred Weasley öffnete seine Augen wieder. Sein Blick war klar und auf die Schatulle gerichtet, mit der er Harry versucht hatte zu verdeutlichen, was mit ihm und George passiert war. „Also wagen wir es?“ „Wir wagen es.“ Bei den letzten drei Worten konnte Fred nicht sagen, wer von ihnen sie ausgesprochen hatte. Ihre Gedanken waren in diesem Moment eins. Kapitel 9: Blut, Fleisch und Knochen ------------------------------------ Früh am Morgen wühlte sich Fred Weasley am nächsten Tag aus den verdrehten Laken. Kurz duschte er und zog dann seine übliche Kleidung an. Gestreifte Jeans, einfarbiges Hemd und Jackett. Heute war dar die Hose hellblau-dunkelblau, das Hemd hellblau und das Jackett dunkelblau. Die Garderobe passte zum Laden und er fühlte sich wohl darin. Er schloss auf und wenige Minuten später strömten die ersten Kunden herein. George und er hatten alles richtig gemacht, als sie die Schule abgebrochen hatten, auch wenn ihre Mutter das zu Anfang deutlich anders gesehen hatte. Er bediente einen streng aussehenden Zauberer, in dessen Augen jedoch der Schalk zu blitzen begann, als er die Langziehohren erblickte. Ein Neukunde, bemerkte George in seinem Kopf. Die Langziehohren gehörten längst zu ihrem Standartsortiment. Ein paar Jugendliche, die eigentlich in Hogwarts sein sollten, kauften die Filch-Wundertüte, in der sich mindestens drei Gegenstände befanden, mit denen man den Hausmeister des Schlosses so richtig zur Weißglut treiben konnte. Als Lee kam um seine Schicht anzutreten, zog sich Fred in das Labor im Keller zurück. Wenn auch nicht, um neue Scherzartikel zu entwickeln. Er sank auf den alten Schreibtischstuhl, starrte auf die Tischplatte vor sich. Ordnung war auf den beinahe zwei Quadratmetern Holz nicht zu finden. Er schob einen Stapel Papiere zur Seite, nahm eine Rolle Pergament und eine Feder zur Hand. Zutaten Knochen des Vaters (unwissentlich) Fleisch des Dieners (freiwillig) Blut des Feindes (mit Gewalt genommen) ‚Übergangskörper‘ Trankflüssigkeit „George…“ – „Hm…?“ – „Wir haben ein Problem.“ – „Warum?“ Fred seufzte. „Anders als Voldemorts Vater ist unserer nicht tot. Er wird also sehr wohl merken, wenn wir ihm einen Fingerknochen oder eine Rippe entfernen.“ - „Und…wenn er schläft?“, fragte George vorsichtig. „Dann wäre der Knochen ja unwissentlich entfernt worden. Dass er es danach nicht gemerkt haben darf, ist in dem Ritual ja nicht gesagt.“ Fred starrte auf seine Schrift, die Stirn gerunzelt. „Wir könnten ihn zuvor mit einem Betäubungszauber belegen…dann würde er es wirklich nicht merken. Und wir könnten ihm direkt Skelewachs einflößen…“ und trotzdem war er nicht so ganz überzeugt, ob es funktionieren würde. „Und wir haben keinen Diener.“ – „Was ist mit Lee?“ – „Der wird zu gut bezahlt um als einer durchzugehen.“, brummte Fred, „Andererseits sagt er ja immer ‚ steht‘s zu Diensten‘“ Und was war mit einem Feind? Da gab es die magische Steuerbehörde und das Brandschutzamt. Aber dies waren Organisationen, keine Personen. „Umbrige!“ Georges Ausruf, wenn auf über seine eigenen Lippen, ließ ihn aufspringen. Oh ja. Umbrige war ihre Feindin. Wie es diese fette, rassistische Kröte geschafft hatte im Ministerium zu bleiben, war ihnen ein Rätsel. Doch noch immer hatte sie einen recht hohen Posten. Fred war sich nicht sicher, was sie machte. Er wusste nur, dass sie in einer Zelle von Askaban besser aufgehoben wäre. „Jeder verlorene Tropfen Blut wäre berechtigt.“ Ein grimmiges Lächeln legte sich auf seine Lippen. Fred erinnerte sich nur zu gut daran, wie die kleinen Erst- und Zweitklässler schluchzend von den Nachsitzstunden bei der Kröte zurückgekehrt waren. „Nur wie kommen wir an sie ran?“ – „Ich, George. Du solltest dabei möglichst den Mund halten. Man hält mich schon für verrückt genug.“ – „Aber sollte man uns erwischen, ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man dich für verrückt hält.“ „George??? Mit wem sprichst du?“ Er riss den Kopf hoch. Lee stand auf der Treppe und das scheinbar nicht erst, seit ein paar Sekunden. „Ähm… mit…öhm… mir?“, antwortete die Stimme seines Bruders so locker wie es eben nur ging. „Hör zu George…“ Lee hatte diesen Ausdruck im Gesicht. „…Ich habe letztens mit Hermine“ – „Lee. Geht es um den Laden?“ – „Nein-“ „-Dann interessiert es mich auch nicht, was Hermine Granger gesagt haben könnte.“ – „George.“ Diesmal ließ sich Lee Jordan nicht abwimmeln, wie in den letzten fünf Jahren und trat nun die letzten Stufen herab. Er stellte sich dem vermeintlichen George Wealsey gegenüber und sah ihn ernst über die Schreibtischplatte hinweg an. „Du brauchst professionelle Hilfe… ein Heiler könnte dafür sorgen, dass es dir besser geht. Ich bin dein bester Freund George, bitte… lass dir doch helfen.“ „Du…könntest mir tatsächlich helfen.“ wieder sprach Georges Stimme, leise und vorsichtig. Lee klappte der Mund auf. „Wirklich? Wie? Was kann ich für dich tun?“ – „Würdest du mir zufällig deine rechte Hand opfern? Also… du würdest natürlich eine Prothese als Ersa-“ Fred presste die Hand auf den Mund. Wie konnte er nur? „Bitte…was?“ Lee stolperte ein paar Schritte zurück und schien seinen Freund und Vorgesetzten jetzt wohl wirklich für verrückt zu halten. Perfekt, genau das hatte er gewollt! Dass auch noch Lee glaubte, er habe nicht mehr alle Kessel im Regal. Wütend auf sich, seinen redseligen Zwilling, Hermine Granger und auf Lee packte Fred packte diesen recht unsanft am Oberarm und zerrte ihn die Treppe wieder herauf. „Ichwill NIE wieder etwas über Hermines Vorschläge zum Thema Sankt Mungo hören!“, fauchte er, so wütend er konnte und knallte die Türe zum Labor zu, nachdem er Lee hinaus in den Flur geschubbst hatte. Mit einem Schwung seines Zauberstabs klackte das Schloss. Niemand würde nun unbemerkt hineinkommen können. Er lehnte sich gegen das Holz, sank an der Türe herab. Er versuchte seinen Atem zu beruhigen, schlug seine eigene Hand weg, mit der George ihm beschwichtigend durch die Strähnen fahren wollte. „Das ist deine schuld! Hättest du nicht einmal meinen Mund halten können?“ – „Komm schon Fred, es hätte keinen besseren Zeitpunkt gegeben.“ – „Nein, keinen schlechteren!“, fauchte er zurück. Es war schwierig, sich mit sich selbst zu streiten. Es war schwierig, sich selbst zu unterbrechen. Sich selbst von etwas abzuhalten, wenn der eigene Körper es sich wünschte. Sein Hals zog sich zu. Das Atmen fiel ihm noch schwerer, als ein paar Sekunden zuvor, weil er die Züge nicht mehr kontrollieren konnte. Freddie… diesmal war Georges Stimme nur in seinem Kopf. Er hustete, doch trotzdem schnappte er dann wieder nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er bekam keine Luft mehr! Freddie… lass mich übernehmen… bitte... Fred Wealsey schloss seine Augen und versuchte die zwanghaft an sich geklammerte Kontrolle loszulassen, über die er trotzdem irgendwie die Gewalt verloren hatte. Er spürte, wie George in ihm stärker wurde. Wie er ihren gemeinsamen Körper dazu zwang, sich zu beruhigen. Ihn dazu zwang, einen Atemzug auszusetzen um dann ganz tief Luft zu holen. Wie er mit seinen Fingern die Tränen von den Wangen strich, die Fred gar nicht aufgefallen waren. „Wir stehen jetzt auf.“, hauchte George leise und sein Körper erhob sich, obwohl Fred nichts dafür tat. Es war, als würde er die Treppe herunter getragen werden. Als wäre es gar nicht sein Körper, sondern der von George. George ging mit ihm zurück zum Schreibtisch, schenkte ein Glas Wasser aus einer Flasche ein, die dort noch stand und setzte sich dann in den Schreibtischstuhl. Im nächsten Moment spürte er, wie sich sein Bruder wieder auf seinen Platz in seinem Herzen zurück zog. Fred Weasley hatte die Kontrolle zurück. „Danke…“, murmelte er und nahm ein Schluck aus dem Wasserglas. Es schmeckte abgestanden. Doch vertrieb die Flüssigkeit das Brennen aus seinem Hals. „Wir brauchen wirklich Hilfe, Fred.“, hauchte sein Bruder, „Hilfe bei dem Ritual.“ Fred nickte. „Und ich weiß auch schon von wem.“ Kapitel 10: Hass, Macht und Angst --------------------------------- „Jetzt hält man dich wirklich für verrückt.“, murmelte George in ihm. Der Schnee knirschte unter seinen Schritten, als er auf das seltsam geformte Gebäude zu hielt. Es war nicht allzu weit vom Fuchsbau entfernt, trotzdem hatte er vorher nicht vorbei geschaut. In den letzten fünf Jahren hatten sich seine Besuche auf einmal monatliche Pflichttermine begrenzt. Er konnte das Gesicht seiner Mutter einfach nicht ertragen. Einerseits sprach sie davon, wie sehr sie ‚Fred‘ vermisste. Wenn er jedoch davon begann, dass sein Zwilling noch da war- hatte sie ihn verletzt angesehen und mit zittriger Stimme geflüstert, dass er den Verlust akzeptieren musste. Er hatte am ersten Weihnachten nach der großen Schlacht aufgegeben über dieses Thema zu reden. Das erste halbe Jahr… Wenn er sich so daran zurück erinnerte. Man hatte gedacht, dass er durchdrehte. Niemand hatte ihm glauben wollen oder hatte auf seine Worte vertraut. Bis auf eine Person. Er klopfte an die Haustüre. Die seltsamen Pflanzen, die an dem Eingang hinauf ragten zitterten leicht. Schnee rieselte von ihr herab, wie von aus einem riesigen Puderzuckerstreuer. „Hallo!“ Sie öffnete und lächelte ihn an. „Freut mich, euch zu sehen.“ Wie immer klang ihre Stimme leicht entrückt, doch waren ihre blauen Augen klar. Mit ihrer zierlichen Hand strich sie über ihren Babybauch. „Kommt rein.“ „Danke Luna.“, antwortete Fred und spürte, dass sein Bruder mitsprach. „Ich habe nur Kakao da, das stört doch nicht? Neville ist einkaufen.“ – „Nein, kein Problem.“ Im Hause Lovegood gab es keinen süßen Kakao, sondern echten, der einen angenehm bitteren Geschmack im Mund hinterließ. „Also, was führt dich her?“, fragte Luna. Sie hatten sich in der Küche nieder gelassen. Sie auf der Eckbank, er auf einem knarzenden Holzstuhl. Hier passte kein Möbelstück zum anderen, kein Wunder, dass er sich so wohl fühlte. „George…ich will ihn zurück holen.“ Loona Lovegood war anders als die anderen. Sie hatte ihn und George schon immer auseinander halten können. Irgendwann nach einer DA-Stunde hatte sie die Zwillinge zur Seite genommen. „Ich mag euer Spiel.“ und dann hatte sie sich dem vermeintlichen Fred zugedreht. „Selbst eure Patroni sind gleich, George.“ Doch nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem Fred das Ohr verloren hatte. Danach war auch Georges Fuchs-Patronus einohrig gewesen, während der von Fred noch beide besaß. Auch das war Luna aufgefallen. Sie hatte, da war sich Fred sicher, eine verrückte Art auf die Welt zu sehen. Nicht, im Sinne, dass sie durchgeknallt war. Sie war einfach ein Stück zur Seite gerückt und sah die Dinge deswegen aus einem anderen Winkel. Er hatte gelernt, diese Art zu sehen, als Gabe zu betrachten. „Aber er ist doch hier.“, bemerkte sie. „Schon bin ich das…“, antwortete Georges Stimme ihr. „Aber… Fred und ich… es wird ein wenig eng hier drin, nach fünf Jahren.“ Fred lachte leise und freudlos auf Grund der Formulierung auf. „Wir sind- auch wenn wir zusammen gehören immer noch zwei Menschen und“ – „Ich verstehe.“, unterbrach Loona ihn und legte sanft ihre Hand in seine. „Ihr…seid trotzdem allein.“ Fred Weaslesy nickte. Treffender hätte er es nicht beschreiben können. „Und was habt ihr euch vorgestellt?“ Sie nippte an ihrer Tasse und er hielt es nicht für nötig sie über den Schokoladenbart an ihrer Oberlippe in Kentniss zu setzen. Er hatte wahrscheinlich ebenso einen. Sofort fuhr Georges Hand zu seinen Lippen. Luna lächelte, als sähe sie, was in ihnen vorging. Der Rothaarige räusperte sich, seine Hand wanderte zurück an den Tassenhenkel. „Das Ritual, das Voldemort verwendet hat, um zurück zu kehren.“, erklärte er. „Es wird auch George einen Körper verschaffen können.“ Sie sah ihn wartend an, anstatt aufzuschreien, dass es unmöglich war. Er zog seine Notiz aus der Tasche, damit sie lesen konnte, was man für dieses Ritual benötigte. Luna Lovegood sah auf das Pergament. Es war unklar, ob sie es las oder mit ihren Gedanken ganz woanders sah. Man konnte sich bei ihr nie ganz sicher sein. „Es wird nicht klappen.“ Fred sah auf, starrte sie an. Er hatte gedacht, dass sie ihn verstehen würde. Auch George in ihm wurde unruhig, wusste nicht so ganz was er sagen sollte. „Aber Luna! Es hat funktioniert, warum soll es das nicht noch einmal tun?“ „Weil es die falschen Zutaten sind.“ – „Aber genau diese haben bei Voldemort…“ Sie schüttelte nur den Kopf, was ihn zum Verstummen brachte. Ihr Blick war nun mindestens so entrückt, wie ihre Stimme es zuvor gewesen war, dafür war diese nun klar. „Glaubst du wirklich, dass es ausreicht Hass, Macht und Angst in einen Kessel zu geben, um ihm einen Körper zu schenken? Ist er nicht…so viel mehr?“ Fred Weasley konnte nicht anders, als sie weiterhin anzustarren. „…Aber…Luna…“ „Magie ist nicht nur das, was wir zusammen mischen, sondern auch das, was wir dabei fühlen, Fred Weasley.“, erklärte Luna, während sie durch ihn hindurch sah. „Und ein Funken Glück, Fred Weasley, und ein Funken Glück." Kapitel 11: Gedankenlesen ------------------------- Fred Weasley dachte über Lunas Worte nach. So viel mehr Ja, das war George. Für ihn war er mehr als alles andere auf der Welt. „Danke Bruderherz.“, wisperten seine Lippen und beinahe hätte er sich augenverdrehend selbst in die Seite gestupst. Er trat aus dem Laden, schlug den Weg zum Friedhof ein, um den Kranz auf dem Grab von ‚Fred Weasley‘ wieder frisch zu zaubern. „Das ist doch nicht nötig.“ – „Ich finde schon.“ – „Das tust du nur-“ – „-Weil Ma es sonst machen würde am Sonntag.“ – „Und sie dann sehen würde, dass du dich nicht kümmerst.“ – „Und dann würde sie sich Sorgen machen.“ – „Und wieder damit anfangen.“ – „Und Hermine würde wieder die Heiler empfehlen.“ Sie verdrehten die Augen. Nein, Fred kam zurecht. Irgendwie. Dank George. Als er endlich im Bett lag, wie immer Georges Kopfkissen an die Brust gepresst, ließen ihn seine Gedanken nicht in Ruhe. Sie drehten sich im Kreis und wirbelten herum. Erinnerungen mischten sich mit Zukunftswünschen zu Bildern. Ein Seufzen rann über seine Lippen. „Wenn du wieder hier wärst…“, murmelte er leise und spürte schon, wie seine rechte Hand über seine eigene Wange strich. „…dann würdest du jetzt nicht im Halbschlaf liegen, sondern hell wach sein…“, hörte er in seinem Ohr. Mit geschlossenen Augen war es so viel leichter, zu denken, dass die Finger nicht die seinen waren, die langsam seinen Oberkörper herab wanderten. „…und wenn ich zurück bin, werde ich dich jede Nacht lange wach halten… wir haben sehr viel aufzuholen, Freddie.“ Die Worte seines Bruders ließen ihn erschauern. „Ist das ein Versprechen?“ – „Dummerchen, natürlich ist es das…“ Es war, als wären es Georges, nicht seine Hände, die unter den Bund der Shorts fuhren. Die ihm ein leises Keuchen entlockten. Die, die Bilder in seinem Kopf so viel realer erschienen ließen. Es war sein Name, der in einem leisen Stöhnen Minuten später über seine Lippen rann. Er zog das Kissen wieder an sich, vergrub sein Gesicht darin. Allmählich kam sein Blut wieder zur Ruhe und er spürte, wie ihm die Lider schwer wurden. „Gute Nacht, George“ – „Gute Nacht, Freddie.“ Der Wecker war es, der ihn am Morgen dazu zwang den Kopf zu heben. Für einen Moment war er verwirrt, wo er war. In der Nacht hatte er geträumt, sie wären wieder vereint. Hatten zusammen am gedeckten Tisch im Fuchsbau gesessen. Ihre Mutter hatte gestrahlt, Harry diesen Schatten auf seinem Gesicht verloren, der ihn immer zu umgeben schien. Sie hatten nebeneinander gesessen. Hermine hatte sich entschuldigt, dass sie nicht an sie geglaubt hatte. Georges Hand hatte nicht einen Moment die seine losgelassen. Doch es war nur ein Traum gewesen. Und nun war es Zeit für ihn aufzustehen und die Ladentüre zu öffnen. Morgen begannen die Weihnachtsferien von Hogwarts, was bedeutete, dass deutlich mehr Kunden her strömen würden. Viele Schüler schenkten ihren Freunden Scherzartikel zum Fest der Liebe. Fest der Liebe. „Die Auferstehung muss an Heilig Abend geschehen.“ Sagte er plötzlich zu seinem Spiegelbild. Beinahe augenblicklich zog George seine Augenbrauen hoch, was er so sehen konnte. „Harry hat gesagt, Auferstehung ist an Ostern.“ – „Nicht die von diesem einfältigen Muggle! Ich rede von deiner!“ Seine eigenen Augen wurden groß. „Das… ist nächste Woche… und wir wissen nicht einmal, was alles in den Trank rein muss. Jetzt wo Luna so schön sagte, dass Voldemorts Zutaten nicht genug für mich sind.“, nicht ohne Stolz sprach George Weasley diese Worte. „Nein… wir wissen es nicht. Aber jemand anderes.“ – „Fred, das ist vollkommen bescheuert, Wurmschwanz ist tot und seine Seele geistert bestimmt nicht noch irgendwo hier herum.“ – „Ich rede auch nicht von dieser Kanalratte.“ Wieso war er nicht so viel früher darauf gekommen? „Wir müssen nach Hogwarts.“ – „Was? Warum das denn auf einmal?“ Fred Weasley verdrehte die Augen. „Du bist in der Lage meine Gedanken zu lesen, also tue es ausnahmsweise einmal.“ Er selbst sprach nicht und George schien in ihn hinein zu horchen. „Das…“ Er spürte, dass sich sein Herzschlag beschleunigte. „Verstanden?“ – „Das ist wahnsinnig.“ – „Wahnsinnig gut, meinst du wohl.“ – „Ja, mich wundert es, dass Harry nie darauf gekommen ist.“ Fred Weasley zog sich an, hinterließ Lee Jordan eine Notiz. Neben der Bitte, die Vorbereitungen alleine auszuführen, entschuldigte er sich für den Vorfall im Labor. Er hoffte, dass ihr Freund sich davon besänftigen ließ. Er brauchte nur diese eine Woche. Dann würden es endlich alle verstehen. Kapitel 12: Besuch in Hogwarts ------------------------------ Minerva McGonagall staunte nicht schlecht, als aus ihrem Kamin plötzlich grüne Flammen schossen und einen Moment später ein hustender Rotschopf heraus trat. Die Ferien hatten am Vortag begonnen und das Schloss war beinahe ausgestorben. Mit Besuch hatte sie nicht gerechnet. „Mr Weasley! Professor Lovegood hat mir zwar eine Eule gesendet, dass sie kommen würden, aber ich habe nicht so schnell mit ihnen gerechnet.“ „Entschuldigung.“ Fred Weasley klopfte sich den Ruß von seinem Umhang. „Es ist…nun sehr dringend.“ Auf Knien dankte er Luna, die Neville dazu gebracht hatte, einen Brief an die Schulleiterin und seine ehemalige Verwandlungslehrerin zu entsenden. So entkam er neugierigen Fragen und schrägen Blicken. Anstatt als Bittsteller kam er nur als Bote in das Schloss, dass George und ihn solange beheimatet hatte. „Wenn sie hier warten würden. Ich werde Professor Thumberland bitten, mir den Trank auszuhändigen.“ Fred Weasley nickte, ließ sich auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch sinken. Das Schulleiterbüro sah anders aus, als zu Dumbledores Zeiten. Es wirkte irgendwie so viel ordentlicher. Hüfthohe Bücherregale waren an den Wänden aufgestellt worden, damit sie die Portraits der ehemaligen Schulleiter nicht verdeckten. Diese sahen ihn abschätzend an. „George Weasley…“ Dumbledores Portrait hinter dem Schreibtisch zwinkerte ihm freundlich zu. „Guten Abend, Professor.“, antwortete er. Auch Dumbledore hatte sie nie auseinander halten können. Er wusste nicht, warum ihm es gerade jetzt einfiel und warum er darüber lächeln musste und wieder Ehrfurcht Luna Lovegood gegenüber verspürte. Sie war nicht grundlos eine Schülerin unter der schützenden Hand Rowina Ravenclaws gewesen. Schweigen hüllte sie ein. Fred war in seinen Gedanken versunken und George schwieg beharrlich. Nur das Feuer im Kamin prasselte leise. McGonagall mochte die Stille, ihm war es in dem Büro eigentlich viel zu leise. „Sie können froh sein, dass sie Minerva überhaupt hier vorgefunden haben.“ - „Weshalb?“ Wieder sah Fred zu dem Gemälde des Verstorbenen. „Nun, sie schätzt unsere Anwesenheit nicht so sehr. Sie behauptet, wir würden sie von ihrer Arbeit ablenken.“ Dumbledore lächelte und die Augen hinter der gezeichneten Halbmondbrille funkelten schelmisch. Fred Weasley konnte es Professor McGonagall nicht verübeln. Die ehemaligen Schulleiter- vor allem Dumbledore- wirkten immer so, als würden sie sich in ihren Rahmen langweilen. Und sicherlich waren sie- vor allem Dumbledore- darauf erpicht der lebenden Schulleitung mit Tipps und Ratschlägen zur Seite zu stehen. Egal, ob diese gerade danach fragte, oder nicht. „Sie ist auch gern näher an den Schülern.“, plapperte Dumbledore weiter. „Sie unterrichtet auch weiterhin, wenn auch nur noch die UTZ-Kurse. Jedenfalls verbringt sie die meiste Zeit in ihrem alten Büro.“ Höflich nickte Fred. Früher hätten die Zwillinge für solche Informationen vieles gegeben um möglichst viel Unruhe zu stiften. Ja, sie hatten dafür gesorgt, dass es ihnen nie langweilig wurde. Er erinnerte sich wieder an ihre zehnte Stunde Nachsitzen- ein paar Wochen, nachdem ihr erstes Schuljahr begonnen hatte. „Sie haben Talent, sie beide! Also setzten sie es doch bitte auch richtig ein!“, hatte Professor McGonagall sie ermahnt. Sie hatten ihren Ratschlag beherzigt- und sich in Zukunft deutlich seltener bei ihren Streichen erwischen lassen. Sie hatten Geheimgänge entdeckt, die Karte des Rumtreibers aus Filchs Büro stibitzt und sich im Laufe der Jahre mit dem Poltergeist Hogwarts einen Wettstreit geliefert. George seufzte leise und Fred lächelte darauf hin. Er dachte an ihren Abflug und Umbriges Wutverzerrtes Gesicht. Es war doch eine schöne Zeit gewesen und Neville hatte ihm versichert, dass ihre Namen in Hogwarts auch sieben Jahre nach ihrem Schulabbruch noch nicht vergessen waren. Schade eigentlich, dass er dieses Jahr nicht unterrichtete. Es hätte ihm die Beschaffung dessen, was er brauchte, noch leichter gemacht. Aber, dass er Luna, schwanger wie sie war, nicht zuhause alleine sitzen lassen wollte, war auch für ihn verständlich. Fred Weasley hatte im Krieg ebenfalls gelernt, wie wichtig jeder einzelne Moment war, den man zusammen verbringen konnte. Schritte auf der Wendeltreppe und das Knirschen des Schlosses kündigten die Rückkehr von Professor McGonagall an. „Sagen sie Professor Lovegood, dass er sich glücklich schätzen kann, dass Professor Thumberland noch etwas hiervon da hatte.“ Fred war aufgestanden, nickte. „Ich werde es ausrichten.“ „Und... er braucht es, für eine Pflanze?“ – „Ja, Professor. Irgendeine neue Züchtung. Genaueres weiß ich auch nicht. Er hat mich nur gebeten, es für ihn zu holen, weil er Luna nicht allein lassen wollte.“ Es war ihm unangenehm, sie anzulügen. Irgendwie hatte er bei ihr immer das Gefühl gehabt, dass sie Lügen riechen konnte. Ihr Blick wurde besorgt. „Und…Ihnen…Mr Weasley… wie geht es Ihnen?“ Fred schluckte. Seinen angespannten Blick hatte sie dieses Mal falsch gedeutet. „Es geht, Professor.“, sagte er leise. „Sie vermissen Ihn nicht wahr?“ – „Natürlich.“ Diesmal musste Fred nicht lügen. „Aber manche Menschen, die wir lieben verlassen uns nicht ganz, Professor. Sie bleiben bei uns. Sei es als Gemälde…oder auf eine andere Weise.“ Dumbledore in seinem Portrait lächelte wissend und Fred fragte sich, ob das Abbild des ehemaligen Schulleiters nicht doch etwas ahnte. Ein leises Schniefen brachte ihn dazu, sich wieder Professor McGonagall zuzuwenden, die sich mit einem Taschentuch die Nase tupfte. „Nun…Mr Weasley… Dann… wünsche ich Ihnen ein schönes Weihnachtsfest.“ – „Danke, das wünsche ich Ihnen auch.“ Er wusste nicht warum, doch zog er die große schlanke Frau an sich und drückte sie. Einen Moment zögerte sie, ehe sie die Umarmung erwiderte. „Passen Sie gut auf sich auf, Professor.“, sagte er leise, ließ sie dann los und trat in den Kamin. „Winkelgasse!“, sagte er mit klarer Stimme und schon erinnerten nur noch die vom Flohpulver verfärbten Flammen daran, dass er eine Sekunde vorher noch dort gewesen war. Minerva McGonagall lehnte sich gegen den Schreibtisch, atmete durch. „Passen Sie auf sich auf, Mr Wealsey…“ „Was ist los, Minerva?“, fragte Dumbledores Bildnis. Sie drehte sich zu dem Mann im Rahmen um. „Ich habe nicht zu hoffen gewagt, dass er fünf Jahre ohne ihn überlebt.“ „Nun Minerva… ich denke nicht, dass ihn sein Zwilling in dieser Zeit verlassen hat. Und ich denke, er plant etwas.“ „Und was soll das bitte sein?“, fragte die Schulleiterin irritiert. Dumbledore lächelte nur und strich sich über den langen Bart. „Das weiß ich nicht. Aber ich glaube kaum, dass Professor Lovegood den guten alten Felix für eine Pflanze benötigt.“ Kapitel 13: Unglückstag ----------------------- Fred Weasley hatte die kleine Flasche an dem Abend auf sein Nachtkommödchen gestellt und sie solange im Mondlicht angestarrt, wie er konnte. Irgendwann jedoch waren seine Augen vor Müdigkeit zugefallen. Er träumte. Träumte vom Jahrmarkt. Träumte von dem, was in der Manege geschah. Träumte von Feuerspuckern. Träumte von Clowns. Träumte von Musik, die es nur in den bunten Zelten gab. Träumte von Popcorn und gebrannten Mandeln. Träumte von dem Artistenpärchen hoch oben in der Luft. Er erwachte. Sein Blick wanderte sofort wieder zu der Kommode. In der Wintermorgensonne funkelte der Inhalt wie frisch abgefüllter Honig. „Nur noch vier Tage, George.“, hauchte der Rotschopf leise. Sein Bruder nahm es ohne Antwort zur Kenntnis. Ein Klackern an der Fensterscheibe ließ ihn herum fahren. Xenia, die neue Eule seiner Eltern, wartete mit einem Brief am Bein darauf, dass man sie einließ. Durch den immer noch fallenden Schnee sah sie leicht mitgenommen aus. Er las den Brief und seufzte. Seine Mutter bat ihn in der Nachricht, am Abend vorbei zu kommen um ein paar Dinge, wegen dem Weihnachtsessen am ersten Feiertag zu besprechen. Als ob er nicht genug zu tun hatte. Er schaffte es am Morgen des 21. Dezember einen beinah mannshohen Kessel preiswert zu erstehen, auch wenn er dafür einer Hexe einen Zauber aufhalsen musste. Sie hatte mit dem Kessel schon an der Kasse gestanden und ganz plötzlich war ihr eingefallen, dass sie ihn gar nicht benötigte. Gerade ließ er diesen neben sich die verschneite Winkelgasse entlang schweben, als er einen wohl bekannten braunen Haarschopf auf sich zu kommen sah. „Och nö…“, murmelte George leise. „George…!“ – „Hallo Hermine.“ Sie lächelte ihn an, wenn auch etwas gequält. Seit dem Vorfall auf dem Friedhof hatten sie sich nicht mehr gesehen. „Was…ähm…willst du mit dem Kessel?“ – „Mich darin ertränken.“, knurrte er sarkastisch. Sie erbleichte. „Oh Mann…“ Mit einem Wink seines Zauberstabs knallte der Kessel auf den Schneebedeckten Boden und die Hexe vor ihm zuckte zusammen. „Hermine… ich weiß wirklich nicht, was in dich gefahren ist. Muss ich jeden Scherz, den ich mache jetzt mit einem Schild kennzeichnen, damit du nicht denkst ich wäre verrückt und Selbstmord gefährdet?“ Sie biss sich auf die Unterlippe und starrte auf ihre Stiefel. Fred seufzte. Er hatte doch keine Zeit für so etwas. „Hermine, auch wenn du es mir nicht glauben möchtest. Mir geht es gut. Okay? Und es würde mir übrigens noch deutlich besser gehen, wenn nicht alle um mich herum mich glauben lassen wollen würden, dass dem nicht so ist.“ – „Es tut mir Leid. Ich mache mir doch nur…“ – „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Aber bitte… Ich bin kein kleines Kind mehr.“ Der Kessel erhob sich wieder. „Wir sehen uns an Weihnachten im Fuchsbau. Ich muss nämlich jetzt noch arbeiten.“ Er ließ sie einfach dort stehen. „Du hättest beinahe „wir müssen noch arbeiten“ gesagt, oder?“, fragte Georges Stimme, als sie außerhalb von Hermines Hörweite waren. „Ja…Macht der Gewohnheit.“ – „Bald kann ich dir ja wieder zur Hand gehen.“ Die Worte waren beinahe geflötet und Fred räusperte sich, als sich auf die Worte seines Bruders hin eine hübsche Hexe interessiert zu ihm herum drehte. Der Kessel sollte erst einmal ins Labor, wo er trotz seiner Größe nicht wirklich auffallen würde. Lee hatte er erzählt, dass er den neuen Kessel für Experimente benötigte und seinen Freund damit zum Strahlen gebracht. Wann immer Fred von neuen Produkten sprach, schien er zu glauben, dass alles wieder in Ordnung war. Den Streit im Labor hatte er entweder komplett verdrängt, oder wenigstens verstanden, dass er den vermeintlichen George Weasley darauf nicht ansprechen sollte. Die Entschuldigung hatte scheinbar Wunder gewirkt. Auf jeden Fall half er, den Kessel in die Ecke neben dem Feuer zu schieben. „Du…George…“ - „Ja?“ – „Hast du extra einen Kessel mit durchgebrochenen Boden gekauft?“ Fred drehte sich langsam zu ihm herum. „Wie meinst du das? Natürlich hab ich das nicht, was sollte ich mit einem Kessel mit durch- OH VERDAMMTE NARGELSCHEISSE!“ Angebotskessel. Und er hatte ihn auf den Winkelgassenboden krachen lassen. Dort, wo normalerweise der Boden des Kessels war, befand sich nun ein großes Loch mit zersplitterten Rändern. „Das hat mir gerade noch gefehlt… wahrscheinlich war er schon vorher ganz durchgerostet und ich habs einfach nicht gesehen.“ – „Mach dir nichts draus, ich bestelle einen neuen, der ist nach den Feiert-“ – „Ich brauche ihn aber an Heiligabend!“, platzte es wütend aus Fred heraus. Lee sah ihn nur verdattert an. Schnell fing er sich. „Ich… wollte über die Feiertage schon einmal anfangen… da der Laden dann zu ist, hätte mir das zeitlich gut gepasst. Aber nun gut. Da muss ich jetzt durch.“ Fred Weasley hütete davor einfach hinauf in die Wohnung zu gehen und die kleine Flasche zu öffnen. Ein einzelner Schluck würde alles, was noch an diesem Tag geschehen konnte, in eine gute Richtung lenken. Doch er wollte keinen Tropfen vergeuden. Als er am Abend mit einer großen Tasse Mokka auf dem Sofa saß, eine Decke um sich gewickelt dachte er, dass es vielleicht doch nicht geschadet hätte. Die Kasse hatte den ganzen Tag partout nicht das Wechselgeld herausrücken wollen. Eine Hexe hatte einen hysterischen Anfall bekommen, weil sie aus dubiosen Gründen Angst vor den Clowns hatte, die am Fenster als Dekoration standen und man hatte sie aus dem Geschäft führen müssen. Und zu guter Letzt war noch ein Regal umgekippt, weil sich aus irgendeinem Zauberstab versehentlich ein Fluch gelöst hatte, und hatte einen Zehnjährigen unter sich begraben. Es hatte trotz verschiedener Ablösezauber eine Stunde gedauert, bis man den Jungen von all den selbstklebenden stinkenden Schleimknubbeln befreit hatte, die auf ihn gefallen waren. Und als Fred Weasley am Morgen die Augen öffnete, fragte er sich, warum sein Nacken so schmerzte. „Oh nein…“ Er war scheinbar auf dem Sofa eingeschlafen und die Tasse war ihm in der Nacht aus der Hand gerutscht und von ihm unbemerkt auf dem Boden in tausend Teile zerschellt. Seine Füße trafen auf den nasskalten Teppich. Der Mokka hatte sich in den Stoff gesogen und das Grün braun eingefärbt. Dieser 22. Dezember schien ein wunderbarer Tag zu werden… Kapitel 14: Sankt Mungo Hospital für magische Krankheiten und Verletzungen -------------------------------------------------------------------------- Er hatte nicht hier her gewollt. Ganz bestimmt nicht. Und trotzdem konnte er nicht einmal Hermine Granger dafür verantwortlich machen, dass nun ein Heiler und zwei Schwestern um ihn herum wuselten. Auch der 22.Dezember war einfach nicht sein Tag gewesen und natürlich war er am Abend, als er noch etwas einkaufen gehen wollte- und das ausnahmsweise ohne in den Mugglesupermarkt herein zu apparieren- auf der Stufe des tropfenden Kessels ausgerutscht, die man natürlich nicht mit Salz bestreut hatte. Fred Weasley hatte sich im Fall nicht nur das Fußgelenk verdreht, sondern- weil er sich hatte auffangen wollen- auch noch die Hand gebrochen. Und so kam es, dass er hier in der Notaufnahme saß. „Wir werden die Knochen entfernen.“, bemerkte der Heiler und Fred seufzte schwer. Hätte er es bloß mal nicht mit einem ‚Reparo‘ versucht selbst wieder in Ordnung zu bringen. Aber er hatte sich ja beeilen wollen. Um schon etwas für das Ritual zusammen zu suchen. Wenn er auch nicht so ganz wusste was. Naja, nun wusste er, dass man Knochen nicht mit einem Reparo-Zauber wieder zusammen setzten konnte. Sie setzten sich dann nämlich nicht zu ihrer ursprünglichen Form zusammen, sondern zu einem Knochenklumpen… sehr unangenehm, weil noch Nerven dazwischen lagen. Die Schmerzen spürte er dank einem Betäubungstrank nicht mehr, doch wirklich besser sah seine Hand dadurch auch noch. „…naja…‘Try and Arrow‘“, murmelte George in ihm leise, “Jetzt wissen wir, dass Reparo nicht immer funktioniert.” Die Schwestern kicherten nur und zwinkerten ihm zu. Fred biss sich auf die Unterlippe. Dies war kein guter Zeitpunkt um mit seinem Zwilling einen Plausch zu halten. „Sie müssen über Nacht hier bleiben, Mr Weasley. Ich werde nun die Knochen aus ihrer Hand entfernen und eine Schwester wird ihnen dann nach dem Abendessen einen Becher Skelewachs aushändigen.“ – „Danke…“, murmelte er tonlos. Wenig später saß er allein auf dem Krankenbett und tippte seine rechte, knochenlose Hand an. Die Finger baumelten hin und her, wie bei einem mit Wasser gefüllten Gummihandschuh. „Konnte es nicht die linke sein?“, fragte George entnervt, zwang ihn, mit dem Antippen aufzuhören. Nur um dann selbst die Hand zu steuern und die rechten Finger in die eine oder andere Richtung zu verdrehen. Die Geister die man rief. Hatte er nicht selbst seinem Vater ein paar Knochen abluchsen wollen? Man hatte ihm seine entfernt. Hatte er nicht Lee um seine rechte Hand gebeten? Nun war seine nicht einmal dazu nutze, um sich an der Nase zu kratzen. Hatte er nicht von Umbrige Blut gewollt? Seines wurde gerade analysiert um die richtige Dosis Skelewachs zu ermitteln. „Du hast einen Hang zur Melodramatik, die kaum noch auszuhalten ist.“, kommentierte George seine Gedankengänge laut und eine Krankenschwester drehte sich zu ihm um. Sie wurde rot. „Psst.“, machte Fred nur. Sein Bruder hing mit ihm in diesem Körper und machte sich immer noch über ihn lustig. Wunderbar. Seine linke Hand fuhr ihm durch die Haare und er konnte sie nicht zur Seite nehmen. Seine rechte baumelte weiterhin nur vor sich hin. Ein Kichern kam über seine Lippen. Wenigstens hatte einer seinen Spaß. Man entließ ihn am nächsten Morgen, nachdem man seine Hand mehrmals geprüft hatte. Er hatte dank der Schmerzen, die das Skelewachs verursacht hatte, nicht geschlafen- natürlich hatte man ihm keinen weiteren Betäubungstrank verabreicht, um die Wirkung des Wachses nicht zu gefährden. Dazu kam, dass er immer noch ein wenig humpelte. Sein Fuß hatte den Sturz zwar gut überstanden, aber beim Auftreten protestierte er immer noch ein wenig. Natürlich hatten die Heiler nichts am Fuß gemacht, um die Wirkung des Wachses nicht zu gefährden. Lee rotierte bereits zwischen den Kunden, als Fred eintrat. Und obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte als ein paar ordentliche Stunden Schlaf, hinkte er hinter den Tresen um die Scherzartikel abzuhalten, die in Einkaufswagen überquollen. „Wir brauchen dringend mehr Personal.“, murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart hinein. Stumm gab George ihm recht. Am Abend schleppte er sich die Treppe zu seiner Wohnung hinauf und seufzte, als er endlich in die Kissen fiel. „Morgen solltest du das Bettzeug aber schon waschen, wenn ich wieder komme.“, merkte George an. „Du weißt, dass ich es am liebsten hab.“ Kapitel 15: Drei mal Sieben --------------------------- Die Wintersonne brach sich in den Eisblumen am Fenster, als Fred Weasley die Augen aufschlug. Sofort begann sein Herz zu rasen. Heute. Heute würde es geschehen. Heute würde nichts schief gehen. Er hatte die letzten Tage genug Unglück erlebt, als das heute etwas schief gehen konnte. George lächelte ihn durch den Spiegel hinweg an, als er ins Bad trat um sich zu rasieren. „Mir gefällst du so eigentlich sehr gut.“, bemerkte sein Zwilling und Fred blickte auf seine Hand, mit der er nach dem Rasierer gegriffen hatte. „Ich würde ja schon gern wissen, wie es ist, dich so zu küssen…“ Die Worte brachten ihn dazu, die Klinge liegen zu lassen wo sie war. Dafür band er sich jedoch die Haare zurück. Heute konnte er keine der schulterlangen Strähnen gebrauchen, wenn sie ihm nur ins Gesicht fielen. Er frühstückte ausgiebig, auch wenn er nicht einmal wirklich mitbekam, was er gerade aß. Es war unwichtig. Der Laden war heute geschlossen. Er hätte sich sowieso keine Gedanken darum machen können. Sein Fuß schmerzte nicht mehr, oder, wenn er noch schmerzte, nahm er diesen Schmerz einfach nicht mehr wahr. Das Geschirr blieb auf dem Tisch stehen, als er sich erhob und ins Wohnzimmer schritt. Er befeuerte den Kamin, wie er es auch tun würde, wenn es ein normaler Morgen war. „Nicht, dass du heute Abend frierst, Georgie.“ – „Das werde ich nicht Freddie, denn ich werde mich ganz nah an dich drücken.“, gab sein Bruder zurück. Fred quitierte die Worte mit einem frechen Grinsen. „Wir werden ja sehen, wer sich an wen drückt. Ich finde du warst jetzt lang genug in mir. Bist du es nicht langsam leid?“ – „Wie könnte ich deiner Nähe jemals überdrüssig werden?“ – „Wer von uns war nochmal der Melodramatiker?“ – „Naja, du färbst allmählich ab. Vielleicht ist es doch ganz gut, wenn ich mich aus dir raus halte.“ Ein Schnauben. „Das werden wir ja dann heute Abend sehen, ob du dich an deine Worte dann noch erinnerst.“ Dann wurde Fred Weasley ernster. „Du weißt, dass es an der Zeit ist, George.“ – „Ja ich weiß. Du wirst mich nicht verlieren. Selbst wenn es nicht klappt…dann komme ich wieder zu dir zurück. Ich kenne den Weg in dein Herz.“ Der verbleibende Zwilling biss sich auf die Lippen, die die Worte gerade gesprochen hatten. „Wie kein Zweiter.“ Er nahm die kleine Schatulle aus der Vitrine. Betrachtete nachdenklich die zwei Kammern. So wie er Harry das Prinzip ihrer Herzen erklärt hatte, hatte ein ägyptischer Zauberer es vor beinahe zehn Jahren vor den Pyramiden getan. Damals hatten Fred und George gedacht, dass der Mann nur etwas hatte verkaufen wollen. Und sie hatten die Schatulle nur deswegen an sich genommen, um seine erzählte Geschichte zu würdigen. Heute hoffte Fred darauf, dass die Schatulle so magisch war, wie die Worte, die sie damals in ihren Bann gezogen hatten. „Wenn das wirklich funktioniert, gehen wir bei ihm in die Lehre.“, murmelte Fred. „Gute Idee… wäre einmal etwas Neues.“ Sein Bruder schien zuversichtlich, dass es soweit kommen würde. Fred Weasley hockte sich vor den Wohnzimmertisch und stellte die kleine Schatulle geöffnet davor. „Bereit?“ – „Bereit…“ Er zog seinen Zauberstab und schloss die Augen. Atmete tief ein. Atmete tief aus. Langsam legte er die Spitze des Zauberstabs auf seine Brust. Das Holz fühlte sich kühl auf seiner Haut an. Noch einmal atmete er durch, stellte sich vor, wie er Georges Seele zu einer kleinen Kugel zusammendrückte, damit sie in die Schatulle passte. „estunim pel erene iha wegule tades fenul seni“ Wie von selbst kam die Formel aus seinem Mund. Dann ein Rucken. Er ließ den Zauberstab fallen, griff sich an die Brust. Etwas brachte sein Herz aus dem Rhythmus. Er klammerte sich an eines der Tischbeine. Keuchte. Das Rucken in ihm hörte auf. Er spürte Wärme seinen Hals hochsteigen. So schnell er konnte rappelte er sich wieder auf, wenn auch schwankend. Gerade noch rechtzeitig. Eine kleine, hellleuchtende Perle wand sich zwischen seinen Lippen hervor. Schnell hielt er die Schatulle vor sein Gesicht. Die Perle erzitterte einen Moment, dann blieb sie in der rechten Kammer liegen. Fred musste schielen um diesen Vorgang sehen zu können. Dann schloss er schnell den Deckel. „George?“ Keine Antwort. Doch strahlte kurz Wärme aus der Schatulle in seiner Hand. „Es hat funktioniert.“ Erleichterung durchflutete ihn und zwang ihn wieder auf den grünen Teppich zurück. Georges Seele war in der Schatulle. Er spürte es, genauso, wie er gespürt hatte, dass sie in ihm gewesen war. Er fühlte sich leichter, wenngleich ihm kühler war, als zuvor. Dank George hatte er so wenig gefroren in den Jahren. Dank seiner Wärme, die er ausgestrahlt hatte. Für einen Moment wollte er diese kleine Perle einfach wieder hinunter schlucken, um seinen Bruder wieder zu fühlen. Um wieder diesen Körper mit ihm zu teilen. Wieder strahlte die Schatulle Wärme ab. Es war wie das kurze Anschalten einer Lampe. Fred Weasley zuckte zusammen, verstand, was es bedeuten sollte. Melodramatiker. Vorsichtig stellte er die Schatulle auf die Tischplatte zurück und verschloss sie sicherheitshalber mit einem kleinen Zauber. Dann rappelte er sich, den Zauberstab in der Hand, wieder auf. Sein Blick schweifte durch den Raum. Er sah George in jedem einzelnen Gegenstand. Mal undeutlich, mal klar wie ein Photo. So viele Erinnerungen umgaben sie. Die Verpackung ihres ersten Knallbonbons, das sie selbst entwickelt hatten. Die alte Spieluhr, die George immer gebraucht hatte, um gut zu Träumen. Auch wenn er es nicht einmal vor Fred zugegeben hatte. Die Ringe… die er hatte anfertigen lassen. Die sie vor der Schlacht nicht hatten überstreifen wollen. Aus Angst, sie zu verlieren. Nun zog Fred den an, der für ihn bestimmt gewesen war. Den anderen legte er auf den Wohnzimmertisch. Er ging hinauf, um das Bettzeug abzuziehen, behielt jedoch einen Kissenbezug in den Fingern, als er zurück ins Wohnzimmer trat. Er nahm die Spieluhr vom Regal und ließ sie hinein gleiten. Das Knallbonbonpapier segelte lautlos hinterher. Der Ring hingegen gab ein leises Klingen von sich, als er gegen die Spieluhr traf. Er legte den Bezug, wie einen kleinen Sack, neben den Kamin und ging hinauf ins Schlafzimmer zurück. Die dünne Stoffhose, in der er geschlafen hatte, warf er achtlos auf das Bett. Er wühlte im Schrank nach Streifenhose, Socken und Pullover. Im Flur zog er ein paar Schuhe an, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob sie in irgendeiner Weise zu seiner Kleidung passten. Sein Winterumhang, den er über die Schultern warf, ließ ihn direkt schwitzen, doch achtete er auch darauf nicht. Er ließ die Schatulle in die Innentasche rutschen, nahm seinen Zauberstab zur Hand und den Schachbrettgemusterten Kissenbezug in die andere. Unten im Keller suchte er nach einem Kessel und nahm den Nächstbesten, den er finden konnte. Weder besonders groß, noch besonders klein. Er legte seine Habseligkeiten hinein und trug ihn. Es fühlte sich besser an, als ihn einfach so vor sich her schweben zu lassen. Es hatte aufgehört zu schneien. Alle Läden der Winkelgasse hatten bereits geschlossen, die Besitzer waren verreist oder bereiteten sich auf die morgigen Familienfeste vor. Das Tor zum Friedhof knarzte, als Fred es mit der Schulter aufschob. Stille. Hier knirschte nicht einmal mehr der Schnee unter seinen Füßen- so kam es ihm jedenfalls vor. Mit einem dumpfen Laut jedoch stellte er den Kessel ab. Er nahm den Zauberstab heraus, legte das gefüllte Kissen neben den Kessel. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut.“, sagte er mit fester Stimme, den Zauberstab auf den Grabstein gerichtet. Wieder suchten sich die Buchstaben ihren neuen Platz. Er ließ Wasser aus dem scheinbar nie zufrierenden Brunnen des Friedhofs in den Kessel platschen. Mit einem Schnippen seines Zauberstabs entflammte das Laub unter diesem, obwohl es zuvor gefroren gewesen war. Immer noch war niemand zu sehen. Der Friedhof war ausgestorben. „Du bist so viel mehr, als Voldemort es je sein könnte.“, wisperte er und zog die Schatulle aus der Tasche. Als er sich neben den Kessel in den Schnee kniete, stellte er sie vorsichtig neben sich, darauf achtend, dass sie nicht zu nah an dem Feuer lag. „Du hattest…die besseren Ideen, in der Vergangenheit.“, flüsterte Fred leise und ließ das Bonbonpapier in den Kessel fallen. Es trieb auf der Wasseroberfläche, die sich durch die Hitze des Feuers bereits zu kräuseln begann. „Du hast…die schöneren Pläne, für die Zukunft.“ Er setzte einen kurzen Kuss auf den Ring seines Bruders. Sofort versank er im Kessel. „Du wusstest, wie du deine Angst besiegst, anstatt sie zu verdrängen.“ Er drehte die Spieluhr auf, bevor er sie ins Wasser sinken ließ und ihre Melodie war noch zu hören, als sie unter der Oberfläche verschwand. „Du hattest den begehrenswertesten Körper.“ Knochen aus dem Grab rieselten in den Kessel. Machten Geräusche, wie kleine Steine, die man am Seeufer springen ließ. „Und wirst auch immer der Schönste für mich bleiben.“ Der Kissenbezug schwebte im Wasser, wie von Geisterhand getragen. „…weil deine Seele so strahlst, wie es nur die deine kann.“ Er löste den Zauber von der Schatulle und ließ auch sie ins Wasser fallen. „Und… niemand. Wirklich niemand. Wird so geliebt, wie du.“ Er griff fest um den Kesselrand, an der Stelle, an der das Metall am scharfkantigsten war. Spürte, wie die Haut seiner Handfläche aufriss. Sieben Tropfen Blut zerplatzen auf der Wasseroberfläche, als er seine Hand über sie hielt. Das Wasser begann zu kochen. Er sah, wie Blasen an der Oberfläche zerplatzten. Wie der Dampf aufstieg. Für einen Moment glaubte er, Popcorn zu riechen. Er hatte Felix Felicis nicht eingenommen. Er wusste nicht, ob es funktionieren würde. Er wusste nicht einmal genau, was er hier getan hatte. Was er noch hier tat. Er schloss seine Augen, ließ sich nach hinten in den Schnee fallen. Die Kälte kümmerte ihn nicht. Er hörte, wie die Melodie der Spieluhr lauter wurde. Obwohl es unmöglich war. Er spürte, wie der Boden zu zittern begann. Obwohl es keinen Grund dafür gab. Er wollte sich aufrichten. KNALL Ein gleisendes Licht. Eine Druckwelle. Irgendetwas traf ihn am Kopf. Pfeifen in seinem Ohr. Dann war alles schwarz. Kapitel 16: Fred Weasleys Himmel -------------------------------- „Freddie…“ Jemand sprach mit ihm. Jemand schüttelte ihn. Warum schmerzte sein Kopf? Und warum lag er auf etwas Kalten? „Freddie! Mach die Augen auf!“ Augen? Aufmachen? Vor seinen Augen tanzten so schöne bunte Lichter, dann mussten sie doch offen sein. „Freddie! Wenn das ein Scherz sein soll, ist das nicht witzig?“ Scherz? Wo? Vielleicht waren seine Augen doch nicht geöffnet? Er versuchte die Lider zu heben. Ja, sie waren geschlossen. Aber es war so unendlich schwer sie zu öffnen. Er brauchte drei Versuche, bis er es endlich schaffte. Rote Haare, die verdächtig nach weicher Zuckerwatte aussahen kamen in sein verschwommenes Blickfeld. Ein nackter, weißer Oberkörper. Er roch Popcorn. Er roch George Weasley. „Ich bin im Himmel.“, nuschelte er schwerfällig. Auch seine Arme, die er um die Person über sich schlang, ließen sich nicht so einfach anheben. „Mich trifft was am Kopf…“ - daran erinnerte er sich – „…Ich mach die Augen wieder auf und du liegst nackt über mir… ich muss tot sein.“ Er vergrub sein Gesicht an dem Hals seines Bruders. Endlich. Nun waren sie für immer vereint. „Tut mir leid, dass ich deine Seele gekocht hab… ich hab gedacht, dass hält sie aus.“ – „Freddie…“ – „Hmm?“ – „Lass mich los.“ – „Aber…“ verwirrt ließ er die Arme sinken. War George vielleicht doch sauer? „Sieh dich um.“ Sein Bruder half ihm, sich etwas aufzusetzen. Seit wann sah der Himmel aus wie ein Friedhof? Irgendwie hatte er ihn sich immer ganz anders vorgestellt. Und warum glühte dort etwas im Schnee? Und warum lagen überall Metallteile? Metallteile, die aussahen, wie von einem Kess- Er keuchte. „Wir sind nicht tot!“ – „Sieht nicht so aus nein…“ „Wir leben.“ – „Ja, Freddie. Wir leben.“ „Nein…WIR leben!“ Er sah zu seinem Bruder. Spürte, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten. Er ließ sie seine Wangen runter rinnen, denn es war egal. Es hatte funktioniert. George Weasley war nicht tot. Sie waren nicht im Himmel. Sie waren hier auf dem Friedhof, am Ende der Winkelgasse, vor dem Grab, dessen Inschrift freudig verkündete: Fred und George Weasley – bis zum bitteren Ende. Felix Felicis war nicht nötig gewesen. Wie es auch immer funktioniert hatte, es hatte funktioniert. Er, Fred Weasley, hatte ihn zurück geholt. Er schlang die Arme um seinen liebsten Bruder und diesmal waren sie nicht schwer, sie waren leicht, zogen ihn an seine Brust. Sein Herz an seinem. Durch seine Kleidung spürte er den Gleichschlag. Er sah ihm in die Augen, auch wenn sein eigener Blick schon wieder verschwamm. Diesmal durch die Tränen. Dann legten sich endlich die Lippen auf seine, die der solange vermisst hatte. Und endlich spürte Fred Weasley: er war komplett. Der Sturm in ihm kam zur Ruhe. Seine Erinnerungen ordneten sich wie von selbst. Gleichzeitig und vorsichtig lösten sie den Kuss. „Kannst du aufstehen?“, fragte George. Seine Stimme zitterte. „Ja…“ Schwankend kam Fred Weasley wieder auf die Beine. Wollte seinen Bruder endlich genauer betrachten. George Weasley war… nackt. NACKT! Am vierundzwanzigsten Dezember. Im ersten verschneiten britischen Winter seit Jahren. Sein Mantel war klamm, trotzdem warf er ihm, ihn schnell um die Schultern. Hexte ihm ein paar Schuhe an. Eigentlich hätten es Winterstiefel werden sollen, doch reichte seine Kraft gerade einmal für ein paar Hausschuhe. Kein Wunder, dass seine Stimme zitterte. Er packte Georges Hand und zog ihn mit sich über den Friedhof. Immer wieder strauchelten sie, weil einer von ihnen das Gleichgewicht verlor. Doch irgendwie fanden sie zu ihrem Geschäft zurück. Die Treppe hoch. Aus den eiskalten Sachen und unter die Dusche. Lauwarmes Wasser, das Fred brühend heiß vorkam prasselte auf sie herunter. Würde er nicht Georges Hände auf seinem Rücken spüren und Georges Rücken unter seinen Händen, würde er nicht glauben, dass er wirklich hier war. Er trat einen kleinen Schritt nach hinten um ihn ansehen zu können. Es war eindeutig George Weasley. Jedes Muttermal war an der richtigen Stelle. Jede Sommersprosse. Seine Grübchen, jetzt wo er ihn anlächelte, waren da, wo sie hingehörten. Die schlanken Finger- jeder einzelne von ihnen genauso lang wie die seinen- auf seinem Rücken zogen dieselben Kreise wie früher. Und doch war er anders. Seine Augen waren blauer als früher. Sie strahlten ein kleines bisschen mehr. Seine Haare waren feiner geworden, das sah er selbst jetzt, wo sie nass waren. Seine Haut war heller. Er bemerkte es, als er mit der Hand über Georges Wange strich, wie dieser es die letzten fünf Jahre bei ihm getan hatte. Und da waren diese Schatten. Auf seinem rechten Arm. Über seinem Herzen. An seiner linken Lende und auf seinem… „Tut mir Leid, George…“, flüsterte Fred und zog ihn das Stück, das er auf Abstand gegangen war, an sich heran. „Vielleicht… hätte ich nicht den Schachbrettgemusterten Bezug nehmen sollen…“ Kapitel 17: Besser als Träumen ------------------------------ Sie lagen im Bett. Fred hatte seinen Kopf auf Georges Brust gelegt, die sich hob und senkte, als würde sie dies schon seit Jahren tun und nicht, als wäre der Körper erst ein paar Stunden alt. „Was hast du jetzt eigentlich genau gemacht? Was hast du in den Kessel gefüllt?“, fragte sein Bruder, ihm durch die inzwischen trockenen, langen Strähnen streichend. „Die Verpackung von unserem ersten Knallbonbon…“ Er zählte die Dinge der Reihe nach auf. George lächelte. „Scheint, als müssten wir uns dann neue Ringe besorgen, was?“, fragte er kichernd. „Soll das jetzt ein Antrag sein?“ „Freddie.“ George verdrehte die Augen, wie er es schon immer getan hatte, wenn er fand, dass sein Bruder etwas Dummes gesagt hatte. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass wir so etwas nötig haben. Es stand doch von Anfang an fest, dass wir für immer zusammenbleiben.“ Fred seufzte. Auch auf seine Lippen legte sich ein Lächeln, das ganz gleich dem des Anderen war. „Hast recht.“ Schweigen trat ein. Es war kein Unangenehmes. Fred nutzte die Stille um sein Gegenüber zu betrachten. Seine Haare waren kurz und standen in alle Richtungen ab. Sanft strich er hindurch. „Weicher als das Fell von Ginnys Knuddelmuff.“, flüsterte er leise. George sah ihm in die Augen. Es war irgendetwas zwischen einem sanften Lächeln und einem frechen Grinsen, was auf seinen Lippen lag. „Ich hoffe doch, dass du nicht mit meinem Kopf Quidditch spielst…“ – „Oh nein… Nichts läge mir ferner.“ Sie waren sich nahe. So nah, dass sich ihre sommersprossigen Nasenspitzen beinahe berührten. Fred, leicht über seinen Bruder gebeugt, legte den Kopf schief. „Ich bin froh, dass du zurück bist.“, hauchte er. „Ich auch…“ Zwei Worte, die gegen seine Lippen gewispert wurden. „Weißt du, was ich am meisten vermisst hab, Freddie?“ – „Was denn?“ auch wenn er sich die Antwort vorstellen konnte. „Das hier…“ Wieder nur zwei Worte und diesmal wurden seine Lippen mit ihnen verschlossen. Als sich ihre Zungenspitzen trafen schmeckte Fred wieder Jahrmarkt und Feuerwerk. Seufzend schloss er seine Lider, spürte wie George ihn sanft auf die Kissen zurück drückte. Nicht nur er hatte gewartet. Gehofft. Und sich danach gesehnt, dass sie dies noch einmal erleben konnten. Sich noch einmal auf diese Art so nahe sein konnten. „Georgie…“, nuschelte er zwischen zwei Küssen, die Augen wieder geöffnet und die Arme um den Hals des anderen geschlungen. „Ich finde…mir sollte die Ehre gebühren.“ George lachte leise, küsste sich seinen Hals entlang. „Freddie... ich musste in nichts als Hausschläppchen und einem nassen Umhang durch die Winkelgasse laufen.“ – „Was nicht tötet, härtet ab…“ - „Komm schon, es ist Weihnachten…“ – „Ja und?“ – „Da erfüllt man einander Wünsche. Außerdem…“, Georges Stimme wurde leiser, als er die Worte in Freds Ohr flüsterte. „Nachdem du deine Beine nun schon um mich geschlungen hast, glaubst du doch nicht, dass ich hier wieder weg bewege, oder?“ Fred grinste, ließ seine Finger den Oberkörper des anderen herab wandern, die gemusterten Schatten wiesen ihm den Weg. „Eigentlich nicht, nein…“, schnurrte er, „Aber ich habe gedacht, du hättest etwas mehr Selbstbeherrschung.“ Der Morgen brach bereits an, als sie endlich von einander lassen konnten. Selbstbeherrschung, so hatte Fred in dieser Nacht sich wieder ins Gedächtnis gerufen, war eigentlich nicht immer notwendig oder von Vorteil. Jetzt lagen sie einfach beieinander. „Wir sollten Ma vielleicht einen Brief schicken, dass sie für einen mehr beim Dinner decken soll.“ – „Gute Idee. Aber was soll ich schreiben? Dass ich dich mitbringe? … Dann stehen hier schneller Heiler aus dem Sankt Mungo vor der Tür, als du Quidditich sagen kannst.“ George seufzte, zog Fred in seine Arme. „Schreib doch einfach, dass du jemanden mitbringst und dass sie sich sehr freuen wird, diese wieder zu sehen.“ Kapitel 18: Der letzte Streich ------------------------------ Der letzte Streich Er hatte es sich so schön ausgemalt. Sich vorgestellt, wie es sein würde. Wie ihre Mutter freudestrahlend auf sie zugerannt kommen würde. Sie beide in die Arme schließen würde. Ungläubig den Kopf schütteln würde. Und sich dann bei ihm entschuldigt hätte. Weil sie ihm nicht geglaubt hatte. Alle würden weinen. Alle würden sich freuen. Doch so war es nicht gekommen. Fred Weasley hatte, seinen Bruder an der Hand, an die Haustüre des Fuchsbaues geklopft. Seine Mutter war es, die die Türe geöffnet hatte. „Frohe Weihnachten!“, hatten sie im Chor gesagt. Molly Weasley war bleich geworden. Zurück gestolpert. Dann hatte sie zu schreien begonnen… „WIE KANNST DU NUR GEORGE! SOLL DAS EIN SCHERZ SEIN? WIEDER EINER DIESER STREICHE? DAS IST…KRANK! WILLST DU ES UNS NUR NOCH SCHWERER MACHEN?“ Fred Weasley wusste, dass sie mit ihm sprach. Wie auch nicht, sie wusste schließlich nichts von ihrem morgendlichen Spiel, dass sie immer gespielt hatten. „Str….Streich…? Nein! Ich hab ihn zurückgeholt!“ – „FRED IST TOT! DU KANNST IHN NICHT…“ Aufgeschreckt von dem Geschrei traten ihre Brüder-inklusive Anhängsel-, ihre Schwester, ihr Vater, Hermine und Harry in den Flur. „Was ist hier los?“, fragte Mr Weasley und zog seine Frau in seine Arme. Sie war völlig außer sich. Fred spürte nur, wie George seine Hand fester umfasste, als wolle er ihm zeigen, dass er noch da war. Mr Weasley sah in ihre Richtung. Erstarrte. Wurde bleich. „Da…da…das…kann doch nicht…“ Stille. Fred würde das Ende des Satzes nicht erfahren. „Ich rede mit ihm!“ Harry Potter drängte sich aus der Traube von Weasleys und schob sich auch an seinen Eltern vorbei. Keiner hielt ihn auf. Die Zwillinge ließen sich von ihm aus dem Flur schieben, ließen zu, dass er die Haustüre schloss. „Ihr hättet sie vorwarnen sollen.“, sagte er ruhig. Wenn er erschüttert war, dann ließ er sich nichts anmerken. Und dabei war Harry Potter doch sonst so ein schlechter Schauspieler gewesen. „Wir…wollten…“ „Ja, wir wollten…“ Beide verstummten. „Wir hatten uns das etwas anders vorgestellt.“, sagte Fred dann und George nickte zustimmend. Harry seufzte. „Sie hat gedacht, du wärst tot.“, sagte er an George gewandt. Seine Augen wanderte über das Gesicht, das so vertraut war und doch, dank des Schachbrettschattens der am Hals aus dem Kragen schimmerte und der hellen Haut, fremd. „…Sie hat akzeptiert, dass du tot bist.“, fügte er hinzu, als weder Fred noch George etwas sagten. „Es…ist nicht einfach für sie zu verstehen, dass dem nicht so sein soll. Sie hat sich von dir verabschiedet und nun plötzlich, wo sie es halbwegs verkraftet hat… bist du wieder hier. Sie glaubt… dass das nicht wahr sein kann.“ Fred schluckte und fragte sich, was er angerichtet hatte. „Aber du… du verstehst es doch auch…“ Harry lachte freudlos auf. „Ich habe zu vieles gesehen, um George für eine Spukgestalt zu halten. Wirklich. Zu viel.“ Sein Blick schweifte in die Ferne. „Vielleicht… solltet ihr… erst einmal verschwinden. Euch Zeit geben. Und ihr.“ – „Aber-“, wollte Fred unterbrechen, doch sein Bruder brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. „Wir haben wohl genug angerichtet, Freddie. Wir sollten…nach Hause gehen.“ Und damit meinte George Weasley nicht den Fuchsbau mit seinen warm erleuchteten Fenstern, direkt vor ihnen. Fester fasste er Freds Hand, der diesen Halt in diesem Moment mehr als alles andere brauchte. „Sag ihr, dass ich wirklich bin, Harry.“ „Ich verspreche es, George. Passt auf euch auf!“ Fred biss sich auf die Unterlippe. Dann spürte er schon, wie sein Magen sich zusammen zog und als er die Augen öffnete, standen sie in der ausgestorbenen Winkelgasse. Schweigend gingen sie zu ihrem Laden und hinauf in die Wohnung. Fred knallte die Haustüre zu. „VERDAMMT!“ „FRED!“ Schnell zog sein Zwilling ihn in die Arme, bevor er irgendetwas zu Bruch schlagen konnte. Denn seine Faust war dem Spiegel direkt neben der Tür schon gefährlich nahe gekommen. „Freddie, beruhige dich…“, flüsterte George und strich ihm über den Rücken, ließ nicht los, auch wenn sich Fred wehrte. „Ich kann mich nicht beruhigen! Ich bringe dich zurück und sie… sie…“ Er gestikulierte in der Umarmung, brach dann ab. Was sollte er sagen? Er wusste es nicht. Es gab nichts, was die Situation für sie erträglicher machen würde. „Meine…eigene Mutter glaubt… dass ich einen solchen Streich spielen würde! Dass ich sie erschrecken wollen würde mit einem Abbild von dir! Wie…wie kann sie…“ George schwieg und zog ihn näher an sich. Er schluchzte. Sein Körper zitterte. George strich nur weiter über den Rücken, zog Fred mit sich aufs Sofa. Er wartete, bis die Tränen, die über dessen Wange rannen, versiegt waren, ehe er etwas sagte. „Fred. Dass sie dir das zugetraut hat, ist… naja… du weißt schon. Aber Harry hat recht. Sie hat akzeptiert, dass ich tot bin.“ er zog seinen Bruder näher an sich heran, als dieser erschauderte. „Sie hat lange dafür gebrauch, aber sie hat es akzeptiert. Wenn sie dafür beinahe fünf Jahre benötigt hat, wird sie nicht in fünf Sekunden realisieren können, dass ich lebe.“ – „Du hast immer gele-“ – „Für dich, Freddie. Vielleicht noch für Luna. Für alle anderen war ich tot. Du hast an mich geglaubt und gewusst, dass…dass ich da drin war.“, mit einem traurigen Lächeln legte er seine Hand auf die Brust seines Bruders. „Du hast es gewusst und gesehen…die anderen nicht. Alle anderen haben gedacht, du bist verrückt, Fred. Und alle haben gedacht, du wärst Ich. Alle haben gedacht, du bist der verrückte George Weasley.“ Fred hob den Blick. Strahlend blaue Augen sahen ihn liebevoll an. „Unser…letzter Streich ist… dann wohl wirklich gelungen, oder?“, fragte er leise. „Scheinbar… ja.“ Kapitel 19: Anders sein ----------------------- Es war ein seltsamer Weihnachtsabend für die Weasley Zwillinge. Einerseits genossen sie diese Zweisamkeit, die sie endlich wieder teilen konnten. Genossen, dass sie sich endlich wieder berühren konnten. Doch Andererseits… Andererseits war da dieses Gefühl, dass sie allein waren. Allein auf der Welt, als Aussätzige. Denn George hatte recht. Es würde dauern, bis ihre Mutter diese fünf Jahre verarbeitet hatte. Und sie würden ihr nie ganz die Wahrheit sagen können. Dass sie diese fünf Jahre nicht nur ‚umsonst‘ getrauert hatte, sondern auch noch um den falschen Sohn. Fred wollte sich nicht vorstellen, was sie ihrer Mutter antun würden, wenn sie ihren letzten Streich aufklären würden. George schien seine Gedanken zu hören, denn er zog ihn enger an seine Brust und setzte einen Kuss auf seine Haare. Längst waren sie vom Wohnzimmer aus ins Bett umgezogen. In ihr gemeinsames Bett. Noch eine Sache, die ihre Mutter nicht verstehen würde. Sie hatten immer schon nur eng umschlungen schlafen können. Als Kinder hatte es keinen gekümmert. In Hogwarts hatten sie gelernt, dass sie aufpassen mussten. Hänseleien hatten ihnen gezeigt, dass ihre Nähe zu einander selbst unter Geschwistern nicht so üblich war, wie sie dachten. So hatten sie sich als Zweitklässler zwei Dinge angewöhnt: erst zu schlafen, wenn alle anderen schon ins Traumland geglitten waren und früh morgens kurz aufzuwachen, damit einer von ihnen wieder in das leere Bett schleichen konnte. Genauso hatten sie es in den Sommerferien gehalten. Erst in der eigenen Wohnung hatten sie sich so verhalten können, wie sie es wollten. In Ruhe gemeinsam erwachen. Noch liegen bleiben. Hier und da ein Kuss, eine Berührung, ohne Sorge, dass sie jemand sehen konnte und Fragen stellte. „Sind wir normal, Freddie?“, hatte George ihn einmal grinsend gefragt, während er ihn im Fuchsbau an die Küchenzeile gedrückt hatte. „Natürlich sind wir das nicht.“, hatte er geantwortet und die Arme um ihn geschlungen. „Wir sind Fred und George Weasley, schon vergessen?“ Sie waren anders. Und wussten, dass sie anders waren. Und sie wussten, dass ihre Umgebung diese nur bis zu einem gewissen Punkt akzeptieren und verstehen konnte. Heute hatten sie dies mit aller Wucht zu spüren bekommen. „Stell dir vor, sie hätten uns die Türe geöffnet, während meine Zunge noch…“, schnurrte George und entlockte Fred damit ein Lächeln, obwohl er gar nicht lächeln wollte, weil es eigentlich viel zu weh tat um zu lächeln. „…dann hätten sie uns wahrscheinlich…“ Weiter kam er nicht, denn sein Bruder verschloss seine Lippen mit den eigenen. Fred schloss seine Augen. Der Kuss drängte die Gefühle, die in ihm aufkamen wieder zurück, ebenso wie die Tränen, die in ihm aufzusteigen drohten. Als George den Kuss löste, sah er ihn prüfend an, lehnte seine Stirn an seine. „Freddie…“ – „Ja…?“ Er wusste, dass sein Zwilling seine Worte gut überlegt hatte. Zwischen seinen Augenbrauen hatte sich diese Falte gebildet, die er nur hatte, wenn er etwas Unangenehmes aussprechen musste. „…Nachdem Mam so reagiert hat… wie glaubst du, wird Lee reagieren…? Ich mein… wir müssten ihm auch von dem Streich erzählen… und was ist mit den Kunden…?“ Fred schluckte. Darüber hatten sie sich keine Gedanken gemacht. Ihr Blick war auf eine Möglichkeit gerichtet gewesen, George zurück zu holen, nicht darauf, was dann geschehen konnte. Sie hatten sich gedacht, dass schon alles gut werden würde. Sie hatten sich gedacht, dass alle es verstehen würden. Sie hatten vergessen, dass diese anders waren. Und sie hatten vergessen, dass die anderen nicht wussten, wie sehr. Sie hatten vergessen, dass ihre Umgebung sie nur bis zu einem gewissen Punkt akzeptieren und verstehen konnte. „Das Ministerium darf es nicht erfahren.“ Wie hatte er es vergessen können? Wie hatte er nicht daran denken können, dass Fragen aufkommen würden. Und das, egal was für ein Ritual es gewesen war, man einen Wiederkehrer mit Voldemort verbinden würde. Fred spürte Angst in sich aufsteigen. Was, wenn… George zog ihn fest in seine Arme. „Denk nicht dran.“, zischte er leise. „Denk nicht einmal daran.“ Er vergrub das Gesicht an dem Schachbrettschatten auf dem Hals seines geliebten Zwillings. Stille zwischen ihnen. Ein Plan. Sie standen auf. Fred Weasley ging an den Schrank, zog sich eine violett-weiße Hose an, ein weißes Hemd, ein schwarzes Jackett. George nahm eine schwarz-weiße Hose, ein weißes Hemd, ein violettes Jackett. Die anderen Sachen wanderten mit einem Schlenker von Freds Zauberstab in einem Koffer. Zahnbürsten, Shampoo, Duschzeug… alles kam in ihren alten Hogwartsschrankkoffern unter. Die Photos wurden von den Nachtskommoden genommen. Die Koffer folgten, vom Zauberstab dirigiert die Wendeltreppe herab. George nahm ein paar Bücher aus dem Regal, Fred nahm einen der Clowns vom Fenster und holte die kleine Mimose aus dem Pflanzenraum. Sobald er sie hochnahm, klappten die Blätter des Pflänzchens ängstlich zusammen. Er holte den Schlüssel von ihrem Gringgottsverließ aus seinem Versteck und schob ihn mit der vergessenen Flasche Felix Felicis in die Tasche, die George sich umhängte. „Wir… sollten ihnen schreiben.“, sagte Fred zögernd, als die Tasche schloss und seinem Bruder in die Augen sah. „Du hast recht.“ Sie schrieben vier Briefe. Verschlossen sie mit ihrem Siegel und legten sie unten im Laden auf den Tresen. George verstaute noch ihre Rezepte und Bauanleitungen für die Scherzartikel in der Umhängetasche. Dann traten sie aus dem Haus. Fred verschloss die knallrote Tür, die trotz des fahlen Mondlichtes zu strahlen schien erst mit dem Schlüssel und dann mit dem Zauberstab. Dann schwang er diesen und der Schlüssel lag nicht mehr in seiner Hand, sondern neben den Briefen, auf der Holztheke, über die sie sich früher so oft gelehnt hatten. Vor allem, wenn der Laden schon geschlossen hatte. „Sie werden verstehen.“, hauchte George leise über seine Schulter. Fred drehte sich zu ihm herum. Nahm mit dieser Bewegung Abschied von ihrem Laden. Abschied, von dem erfüllten Traum. Abschied von Lee, Luna, Harry, Hermine und seiner Familie. „Selbst, wenn sie es nicht tun, wir werden es nicht erfahren.“ Er fasste Georges Hand. Küsste ihn noch einmal. Ein Knall zerriss die Luft. Dann waren die Zwillinge verschwunden. Ein jeder, der in der Winkelgasse gewesen war, hätte geschworen, dass es in diesem Augenblick nach Popcorn, Mandeln und Feuerwerk roch. Ein jeder, der in der Winkelgasse gewesen war, hätte geschworen, dass sie gelächelt hatten. Doch es war niemand in der Gasse gewesen. Und so hatte niemand bemerkt, wie die Weasley Zwillinge für immer verschwanden. Kapitel 20: Briefe ------------------ Bester Laune machte sich Lee Jordan am zweiten Weihnachtstag auf, um George Weasley zu besuchen. Als er durch die verlassene Winkelgasse schlenderte, ein Weihnachtslied pfeifen, freute er sich darauf, seinen besten Freund mit seinem Weihnachtsgeschenk ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Er zog den Zweitschlüssel heraus, um die Ladentüre zu öffnen. George schlief gewiss noch. Die Zwillinge waren schon immer Langschläfer gewesen, dass hatte er in Hogwarts gemerkt. Er entriegelte die rote Tür. Es war still. Zu still. viel zu still. Er trat in das Ladenlokal. Irgendetwas hatte sich verändert. Er wusste nur nicht was es- Er sah den Schlüssel. Fröhlich funkelte das Gold ihn vom Tresen aus an. Er schluckte, als er die Briefe sah. Fein säuberlich nebeneinander. Lieber Lee, Mit diesem Brief möchte ich mich von dir verabschieden. Ich würde dir so viel erklären und kann es doch nicht. Es ist… zu viel um es in einem Brief zu erklären und viel zu viel um es an einem Abend an einem Kaminfeuer besprechen zu können. Ich möchte nur, dass du weißt, dass es mir gut geht. Mir… und Fred. Mehr musst du nicht wissen. Mehr musst du nicht verstehen. Ich überlasse dir den Laden. Ich lebe. Aber ich könnte es nicht in London. George. Harry, Pass auf Ginny auf, wie du es die letzten fünf Jahre getan hast. Lass sie auf dich aufpassen, wie du es die letzten fünf Jahre hättest tun sollen. Schlag Ron auf den Hinterkopf, wenn er es verdient hat und füll Hermine einmal mit Feuerwhiskey ab. Liebste Luna, Wir danken dir. Du bist so viel mehr. Mom, Wir lieben dich. F+G Kapitel 21: Epilog ------------------ Erbarmungslos brannte die Sonne vom Himmel. Die Pyramiden kümmerte es nichts. Zwei rothaarige Männer in gestreiften Hosen standen hinter einem Stand, an dem die meisten Touristen einfach so vorbei gingen, als könnten sie diesen gar nicht sehen. Sah man ihr Sortiment von weitem, sah es nicht anders aus, als das der anderen Souvenirverkäufer. Trat man jedoch näher, erkannte man, dass etwas mit ihren Sachen anders war. Irgendwie, hatten sie etwas Magisches an sich. Ein alter, zahnloser Mann blieb vor ihrem Stand stehen. Sein Blindenstock schwebte tastend über dem sandigen Bogen und doch sah er den Männern ins Gesicht. Er sagte nichts, doch schenkte er ihnen ein Lächeln. Dann ging er davon. „Er ist zufrieden mit uns.“, wisperte einer der beiden Männer in gestreiften Hosen, dessen Name Fred Weasley war. „Weil wir seine Worte damals irgendwie verstanden haben.“, hauchte der andere Mann in gestreifter Hose, dessen Name George Weasley war. „Und das wir sie noch heute verstehen.“, antwortete der Mann, dessen Name Fred Weasley war, mit einem Lächeln auf den Lippen und fasste die Hand des Mannes, der George Weasley hieß. An ihren Fingern trugen sie dieselben Ringe. Sie glänzten oder funkelten nicht, denn der Sand hatte die Oberfläche des Metalls in den zehn Jahren, die sie diese trugen, erblinden lassen. Doch das machte nichts. Denn sie gaben nichts auf Glänzen. Sie gaben nichts auf Funkeln. Sie hatten sich. Und das war alles, was zählte. ---- Nachwort Nun meine Lieben: Das wars. Danke an alle, die mich in den Favoriten haben, Danke auch vor allem an die treuen Reviewer , , und und natürlich an . (und danke an die Reviewer die noch kommen, die ich hier nicht aufführen kann) Einerseits weil mich ihre Geschichte wieder an auf die beiden gebracht hat und andererseits, weil sie so nett war und ich sie mit all den Ideen zutexten durfte xD Danke Brüdderchen^^ Wen es interessiert: Den Spruch, den Fred spricht um die Seele seines Bruders von seiner zu lösen ist eigentlich die Zeile "Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus" aus dem Gedicht 'Mondnacht' von Eichendorff (da ich fast eine Stunde damit verbracht habe die Buchstaben durcheinander zu würfeln, wollte ich euch das sagen) Warum doch kein Felix? Nun... ich wollte ihn gern verwenden, fand es aber dann doch zu unromantisch. Warum Ägypten? Weil mich darauf brachte und ich finde, die beiden passen dahin. Es könnte sein, dass Ägypten noch eine Rolle in einem 'Folgewerk' spielen wird ;) Sonstige Fragen? :D Bis zum nächsten Mal, meine Lieben Schnuckelpunk Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)