The Darkside von somali77 ================================================================================ Kapitel 73: Der schmale Grat ---------------------------- ~ „Hallo?“ Deidara stand immer noch vor dem Haus. Nichts rührte sich. Nicht nur der Garten blieb lautlos, auch das andere Ende der Anlage war völlig still. „Okay, das war nur ein Witz“, bemerkte er augenrollend nach ein paar Sekunden, „ich bin hier wegen dieser Job- Anzeige ... Sie suchen doch jemanden für einen Job, oder? Hallo ... ?“ Wieder blieb es sekundenlang still, dann ertönte endlich unvermittelt das Summen des Türöffners. Deidara griff nach dem Türknauf und drückte. Na endlich ... er schnaubte leicht. Es war der Moment, in dem er sich ein letztes Mal noch über die Schulter umsah, wo ihm etwas auffiel. Er sah es nur aus den Augenwinkeln, etwas, das er später als Hirngespinst abtun wollte, aber das sich doch in dem Sekundenbruchteil in sein Hirn geprägt hatte wie ein Stempel, ein Ausrufezeichen ... Da war doch ein Vogel- Ein Rabe. Er saß gleich neben dem Eingang, nur ein Stück entfernt, auf einem sinnlos herumstehenden Marmorsockel voller Flechten und Moos, und er war vollkommen starr. Leblos. Seine Augen hatten einen dumpfen, leeren Glanz. Wie aus Glas. ~ „Hallo?“ Vor ihm öffnete sich eine große Eingangshalle. Es roch ekelhaft. Muffig und alt. Nach Holz, alten Büchern und zu wenig gelüftetem Stoff, obwohl der Raum ziemlich weitläufig schien. Hoch, wie unter einem Grauschleier, und mit einer geschwungenen Doppeltreppe die in den ersten Stock führte. Genauso, wie man sich so eine unheimliche, alte Villa vorstellte. Deidara spürte ein Kribbeln auf der Haut, leicht genug um es zu ignorieren. Der Holzboden knarzte bei jedem Schritt, auch wenn man versuchte, leise zu gehen. Zögernd trat er in den Raum hinein, blieb direkt in der Mitte stehen. Es war totenstill. Genau wie im Garten, nur dieses Mal noch viel endgültiger. Sobald die Tür hinter einem ins Schloss gefallen war, fühlte man sich wie von einer unsichtbaren Blase umgeben, in der die Zeit einfach still stand. Nur ein feines, entferntes Ticken schien aus den Wänden zu kommen, aber das konnte genauso gut Einbildung sein. Selbst die Luft hier schien vollkommen reglos. Eine schweres, sakrales Schweigen drückte von allen Seiten her auf ihn ein, eine ähnliche Art von Beklemmungsgefühl, wie man es in einem Grabmal oder an einem heiligen Ort hatte. Deidara versuchte das Gefühl abzuschütteln und sah sich um. Keine Bilder ... Er hielt Ausschau nach den obligatorischen, gruseligen Gemälden, die man an so einem Ort sonst erwartete, aber es gab keine. Außerdem gab es niemanden, der ihn empfing. Die Halle war leer. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Hatte nicht gerade noch jemand mit ihm gesprochen? „Hallo“, rief er noch einmal, diesmal ein wenig forscher und ungeduldiger, „jemand zuhause? Bin daahaa, wer noohoch?! Ju- huu!“ Im oberen Stockwerk öffnete sich eine Tür. Sofort verstummte er. Auf leise quietschenden Reifen schob sich reglos eine dunkle Gestalt hervor. Langsam löste sie sich aus den Schatten, ein unförmiges, buckliges Wesen in einem Rollstuhl, verhüllt von einem schwarzen Mantel und mit einer Aura von solcher Bedrohlichkeit, dass die Umgebungstemperatur sofort um ein paar Grad zu sinken schien. Man konnte sie dort oben auf der Treppe im Dunkeln kaum wirklich erkennen, aber der Auftritt reichte Deidara schon ... er spürte ein kaltes Angstkribbeln im Bauch, riss sich zusammen und blieb fest stehen wo er war, um sich mit gehobenem Kinn und forschem Blick der Musterung zu stellen. „Hey“, meinte er schließlich betont lässig, „Hier bin ich ... tja ... wie sag ich das jetzt am besten ... ich brauch Geld und sie brauchen anscheinend Gesellschaft, also ... hm. Wie sieht´s aus?“ ~ Der Alte ließ sich Zeit damit, ihn zu mustern. Obwohl Deidara sein Gesicht nicht sehen konnte kam es ihm vor, als würde er spüren wie kleine, böse Augen gemächlich über seinen Körper glitten, ihn berührten wie unsichtbare Finger. Und ihm wurde klar, dass er das hier unterschätzt hatte. Ein schauriges Gefühl kroch unter seine Haut. Das hier würde verflucht nochmal kein leichter Job werden. Wenn es ihm jetzt schon so ging, wollte er da wirklich noch freiwillig etwas ausziehen? Er schluckte hart, bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Seine Hände waren feucht, als er die Fäuste ballte. „So ...“, sprach das Wesen endlich. Die Stimme- ... selbst seine Stimme klang schnarrend und auf so eine Art und Weise unnatürlich, dass es Deidara die Nackenhaare sträubte. „Du möchtest also für mich arbeiten ...“ Der Satz klang nach. Einen Moment hatte Deidara die verrückte Fantasie, dass all die Bösartigkeit, die von dem Alten ausstrahlte, sich auch wie ein Nervengeflecht durch den Boden und alle Wände zog und weiter erstreckte ... es sah aus wie ein Haus, aber irgendwie schien es zusammen mit dem Buckeligen eine Einheit zu bilden, als wäre auch das ganze Haus ... böse. Er rollte innerlich die Augen über sich selbst. Zu viele Gruselfilme. „Hm ... ja“, erwiderte Deidara unsicher und schob die Hände in die zu engen Hosentaschen. „Das heißt- ... erst müsste ich wissen ... hm ... was ich überhaupt machen soll.“ Der Alte schien zu überlegen. „ ... Erzähl mir etwas über dich“, die dunkle, raue Stimme hallte von den seitlichen Wänden wieder. „Hm“, begann Deidara. „Na gut, also ...“ Er kratzte sich flüchtig an der Stirn. „Was wollen sie wissen?“ Das Wesen blieb vollkommen reglos. „Erst einmal- ... ich bin kein Stricher, okay?", stellte Deidara klar. "Und das steht auch nicht zur Diskussion. Anschauen ja, anfassen nein! Das ist eine wichtige Grundregel! Geht das für Sie so in Ordnung?“ Der Alte wackelte gemächlich mit dem Kopf. „ ... Ich denke, das kommt mir entgegen“, erwiderte er. „Gut“, Deidara atmete etwas auf. „Tja, also ... ich weiß nicht, was Sie sich so vorstellen- ... ich könnte vielleicht ... keine Ahnung- ... also ich ... mache so eine Art Travestie- Show in einem Nachtclub. Als Nebenjob- was allerdings wirklich nicht sein muss, ich wär´ ihnen dankbar wenn Sie das nicht dringend sehen wollen, also- ... “ „In was für einer Art von Nachtclub?“ Deidara stutzte ein wenig. „Uhm ... es nennt sich „F.- Paradise“ ... sagt ihnen das was? Nicht gerade die nächste Nachbarschaft, wenn man so sagen darf ...“ Der Rollstuhl des Alten bewegte sich noch ein Stück nach vorn. „ ... Warum willst du hier arbeiten?“ Deidara rollte ratlos die Augen und schüttelte kurz den Kopf um den langen Pony wieder zur Seite zu bringen, „Hm ... tja, okay. Das ist so. Ich bin Künstler.“ „ ... Was für ein Künstler?“ „Naja ... also ... ich studiere Kunst." Er räusperte sich. "Eigentlich - habe ich schon vor Jahren meinen persönlichen Stil entwickelt, der gar nichts mit Malerei oder klassischer Technik zu tun hat, es ist mehr so eine Art ... Happening, verstehen Sie? Aktionskunst- ... die sich verbindet, mit- ... wie soll ich sagen- ...?“ Er gestikulierte, während er nach den richtigen Worten suchte. „Plastik! Skulpturen- ... in verschiedener Größe, es geht um die- ... um die Transformation, genau! Hm! Transformation ist ein zentrales Thema- ... Leben ist Bewegung, verstehen Sie? Und ich konzentriere mich nicht auf den langen Prozess, sondern- BÄM! Auf die- ... die Verschmelzung von Zerstörung- und Schöpfungskraft- ... denken Sie an den Urknall! Es ist perfekte Schönheit, die sich verbindet mit etwas total- ... rudimentären, katharischen! Ekstase und Entsetzen in einem perfekten Augenblick, hm! Dieser Moment, in dem pure Energie sich in einem Knall Raum verschafft! Stellen Sie sich das nur vor! Dieser eine Moment, in dem Sie einen Blick in das Auge Gottes werfen! Das lässt einfach niemanden kalt! Das lässt sich überhaupt nicht vergleichen mit öden Ausstellungen und Galerien- ... das ist Zukunft- ... ach was- ... das ist überhaupt die Essenz von Kunst! Also um in einem einfachen Satz zusammenzufassen, Kunst ist ... “ Er holte tief Luft: „ ... eine Explosion“, schloss er. Und dann hob er die Hand, um seine Finger andeutend zu spreizen. „Kaboom“, fügte er verheißungsvoll flüsternd hinzu. Der Alte rührte sich, gab keinen einzigen Laut von sich, aber für einen kleinen Moment hatte Deidara das Gefühl, dass sich etwas verändert hatte. Irgendetwas in der Atmosphäre war anders. War das ... Interesse? „Kunst ist eine Explosion?“, schnarrte der Alte schließlich mit seiner unangenehmen mechanischen Stimme. „Hm. Genau.“ Deidara schob stolz auf sich selbst seine Schultern zurück. Die bucklige Gestalt gab ein merkwürdiges Geräusch von sich. Zuerst klang es wie ein Husten, oder wie ein kaputter Motor- ... bevor Deidara klar wurde, dass es Lachen war. Der Alte lachte. „Das ist das Dämlichste, was ich je gehört habe“, dröhnte er dann in einschüchternder Lautstärke, „Kunst ist eine Explosion ... du Jungspund hast doch überhaupt keine Ahnung! Hah! Schwachsinn ... wie ich sehe haben deine Lehrer bei dir noch nicht viel Erfolg gehabt!“ Deidara spürte ein eisiges Gefühl von Scham und Ernüchterung an sich hinunter sickern- gleichzeitig horchte er auf ... dieser Alte ... er klang als wüsste er, wovon er sprach. Was hatte es damit auf sich? Diese herablassende Arroganz die ihm entgegenschlug, und gleichzeitig die spürbare Emotion bei dem Thema? Hm ... „Du bist eingestellt“, knarzte der Buckelige. „Deine Kunst will ich sehen. Ich habe eine Vorliebe für besondere Menschen ... du könntest einer von ihnen sein ..." ~ „Au! Auauau- ... ahh, nicht so fest ... Gai!“, Kakashi grub die Finger ins Polster der Massageliege, während ein Mann mit lackschwarzem Topfhaarschnitt und grünem Trainingsanzug sich an seinem Rücken abmühte. „Wirklich, mein dynamischer Freund“, gab der Andere in besorgtem Ton von sich. „Kein Wunder, dass du in diesem Zustand kein Match gewinnst! Deine Muskeln sind so verkrampft, dass es mir ein Rätsel ist, wie du es geschafft hast, dich heute Morgen überhaupt anzuziehen!“ „Ist mir auch ein Rätsel ...“, stöhnte Kakashi leise und drehte den Kopf seitlich, um bequemer zu liegen. „Aaaau- ...!“ „Nun reiß dich aber mal- ...“ „Ahhh ... owww ... uhuhuuu ... urgh ...“ Gais kräftige Finger zuckten zurück: „- ... Kakashi!“, mahnte er empört. Der Mann mit dem wilden, silbernen Haarschopf ließ alle Gliedmaßen gummiartig von der Liege baumeln und gab ein mitleiderregendes Stöhnen von sich. „Du machst mir Angst!" Zweifelnd stützte Gai eine Hand in die Hüfte, die linke Augenbraue hob sich dick und buschig zum Haaransatz: „Wenn es so schlimm ist, dass es schon weh tut, wenn ich dich noch nicht einmal – anfasse – solltest du wirklich zum Arzt gehen!“ „Nein, nein ...“ Kakashi ächzte gedämpft ins Polster. „So schlimm ist es nicht ...“ Maito Gai war ein alter Freund und inzwischen auch hochmotivierter Eigentümer des einschlägigen Fitnessstudios „Be Gai". Obwohl der Laden vor allem von einem gewissen Szenepublikum favorisiert wurde, gab es auch familienfreundliche Kampfsportgruppen für Kinder, sowie die üblichen Bauch- Beine- Po und Pilates- Übungsstunden dreimal die Woche. Kakashi tauchte in unregelmäßigen Abständen dort auf; wenn ihm langweilig war, wenn er Abwechslung brauchte, vor allem aber wenn er selbst nicht mehr weiter wusste: Denn auch wenn Gai keinen Hund aufnehmen wollte (Ningame, seine riesige Schildkröte hatte einen geradezu heiligen Platz als geliebtes Erbstück und Studiomaskottchen und sollte keine anderen Vierbeiner neben sich haben) und auch wenn er kein Geld springen ließ, wie erhofft- Gai blieb ein Fels der Beständigkeit in Kakashis sturmumtoster Brandung des Lebens. Zugegeben, ein quietschgrüner, schriller Fels- ... und einer, der so unglaublich überzeugt war, von der Ästhetik in jugendlich- männlichen Körpern, dass er am liebsten einen studioeigenen Dresscode erlassen hätte, nachdem man nur noch nackt, im Fundoshi oder im flaschengrünen Funktions- Trainings- Ganzkörperanzug Sport machen durfte (Kakashi wunderte sich, dass er nach wie vor keine Belästigungsklage am Hals hatte)- ... aber immerhin ein Fels. Keiner, um ihn auf Dauer zu bevölkern und sich dort nieder zu lassen, aber doch genug, um als Schiffbrüchiger seines Lebens zwischendurch etwas Luft zu holen. „Das gefällt mir nicht!“ Gai stemmte die kräftigen Hände in die Hüften und wölbte seine muskulöse Brust nach vorn. „Du bist sonst so stark und biegsam wie ein junger Bambussprössling! Dieser Zustand ist unakzeptabel. Fühlst du dich nicht wohl? Bist du krank?! Wirst du etwa- ... alt?!“ „Lass mich einfach hier liegen ...", seufzte Kakashi träge und kuschelte sich auf der Liege zurecht, „oder ... trag mich doch in die Sauna ... die Wärme tut bestimmt gut. Oh, und heute sollte der neue Band von Icha- Icha- Paradise eigentlich ankommen, den ich bestellt habe ... du könntest bei Iruka vorbeifahren und sehen, ob das Päckchen im Briefkasten steckt ... ?“ Gai schnaubte empört „Du bist ja gut! Vielleicht sonst noch was?!“ „Ja ... wenn du willst, kannst du mir einen Smoothie machen. Aber nur wenn du willst. Mit Apfel und Ananas ...“ Der Meister der atmungsaktiven Trainingsanzüge gab ein hörbares Schnauben von sich. Er ließ einen kritischen Blick am hingestreckten Körper seines heißgeliebten Freund und Rivalen auf und ab wandern, der auf der Liege lag wie ein benutzter Pariser. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. Als er zurück kam trug er etwas überm Arm, etwas, das er kurzerhand über Kakashis nackte Schultern packte: es war eine säuberlich verschweißte, im Wärmeschrank aufgeheizte Moorpackung für verkrampfte und überdehnte Muskeln, nach zu viel Training im Studio. Kakashis Kopf fuhr hoch, sein ganzer Körper zog sich zusammen: „Ah-…! Ahhh! Auauau, das ist zu heiß! Zu heiß! Auuu ... ahh ...“ Gais breite Hand hielt ihn mit sanftem Nachdruck unten, er murmelte dunkle, beruhigende Worte und justierte das schwere Ding ordentlich auf dem Rücken des Anderen. Schnell erschlaffte die Gegenwehr, seine Arme sanken wieder ... Kakashi stöhnte besiegt und leise. Sein Kopf sackte widerstandslos auf das Polster, die Augenlider schlossen sich. „Wirklich“, meinte Gai kopfschüttelnd, während er eine Decke über ihn zog, „trotz allem pures Glück, dass du her gekommen bist. Du siehst erbärmlich aus! Als hättest du seit Tagen nicht mehr geschlafen!“ Kakashi grunzte etwas. Wie Recht er nur damit hatte ... „Und wofür brauchst du denn bitte auf einmal Geld?“ „ ... kann ich nicht sagen ...“ „Du hast doch nicht etwa mit Glücksspiel angefangen, oder?“ „ ... nein ...“ „Du kannst mit mir über alles reden! Bist du Alkoholabhängig? Gestern kam erst diese Dokumentation darüber im Fernsehen! Freunde sind füreinander da, um sich in schweren Zeiten beizustehen! Du würdest das Gleiche für mich tun! Sprich dich aus! Wenn du eine starke Schulter brauchst, um dich auszuweinen- weißt du doch, ich bin immer hier!" Kakashi gab ein schwer verständliches Murmeln von sich. „Na gut ..." Gai schien mit seinem Werk zufrieden zu sein. „Am besten, du schläfst erstmal eine Weile ... dann geht es dir sicher besser. Ich schwöre, du brütest bestimmt etwas aus! Man muss auf seinen Körper besser achten, Kakashi, besonders wenn man in unserem Alter ist! Ich meine, wir sind immer noch- ... aber, du weißt schon! Nimm lieber schnell zuhause Vitamin C! Soll ich Iruka anrufen, dass er dich abholt?“ „Nein ...“, stöhnte Kakashi kaum hörbar. „Der muss arbeiten ... das ... geht schon, ich kann selbst fahren ... lass mich einfach nur noch hier ein bisschen ... liegen ...“ Schwer hoben sich dunkle Wimpern, er blinzelte aufwärts. „Danke", flüsterte er. Gai warf ihm einen Blick zu, einen Blick der sagte, dass es immer so bleiben würde. Er würde immer da sein, ein ewiger Rivale, ein Freund, jemand, der ihn besser kannte, als er sich selbst- und der vermutlich auch besser wusste, was gut für ihn war- egal was ihm noch bevor stand. Folter, Tod, Mordanklage ... Gefängnis ... Das war beruhigend. Dass er all diesen Turbulenzen, durch die sein Leben ihn warf, wenigstens noch diesen Fels in der Brandung hatte. Egal wie quietschgrün bemoost er auch war- ... das war gut. Jeder sollte einen haben. ~ Neji zitterte. Das Smartphone fiel ihm fast aus der Hand, so sehr zitterten seine Finger. Zum er-wusste-nicht-wievielten Mal musste er den Versuch unterbrechen, eine Nachricht zu schreiben und sich nur konzentriert darauf beschränken, durchzuatmen. Seinen Blick heftete er an die Wand. Er biss sich hart auf die Unterlippe, so lange bis er Blut schmeckte. Es half ihm, sich wieder zu konzentrieren. Reiß dich zusammen, Hyuga! Immer noch war er beim ersten Wort, das er geschätzte zwanzigmal neu getippt und wieder gelöscht hatte, und ihm war sehr wohl bewusst, wie lächerlich das hier war. Mal ehrlich! Es war nur eine Kurznachricht, an seinen festen Freund, etwas das er ständig- ... Oh Gott. Ihm war schlecht. Jemand, der sein Problem nicht kannte, machte sich garantiert keine Vorstellungen davon, wie schwer es irgendjemandem fallen konnte, eine verdammte Nachricht zu schreiben! Verglichen damit, was er sonst so für Sachen tat! Er hielt Vorträge, er organisierte, er sorgte dafür, dass viele Menschen ein nicht gerade unwichtiges Projekt am Laufen hielten. Neuerdings zeigte er sogar seine besten Seiten vor einer Kamera. Neji war immer der Beste gewesen- ... in so gut wie allem. Gut, im Schulschwimmen war er untergegangen wie ein U-Boot, aber sonst-...! Strahlend an der Spitze der Exzellenz. Einserschüler schon seit der Frühförderung. Literatur- eins. Mathematik- eins. Geschichte, Sport, Chemie- ... überall eins. Selbst Musik- wenn er sich daran zurück erinnerte, welche Angst er als Kind vor seinem Klavierlehrer gehabt hatte und mit welchem Widerwillen er mit dieser verfluchten Violine sein feines Ohr malträtiert hatte, nur weil man ihm klar gemacht hatte, dass Verweigerung keine Option war, weil ein Hyuga- Sprössling einen Ruf zu verteidigen hatte ... Gemessen an allem, was er schon überstanden hatte, wie schrecklich gewohnt er es war, Widerstände in sich nieder zu kämpfen, konnte eine einzige, simple Kurznachricht doch nicht das sein, was ihn am allermeisten aus dem Gleichgewicht warf. Aber das war es. Er schluckte hart. Die letzten Tage war er tausend Tode gestorben. Sein Hochleistungshirn hatte ihm tausendundeine Möglichkeit geboten, wie seine Aussprache mit Shikamaru grauenhaft schief gehen würde, und alle paar Sekunden kamen noch ein paar neue, niederschmetternden Variationen dazu. Neji Hyuga war ein sehr starker Mann mit außergewöhnlich vielen Talenten. Aber in manchen Punkten war er hilflos und wurde zu dem hier: einem nervlichen Wrack, einem verängstigten, verzweifelten Sonderling, der keine Ahnung hatte wie er mit jemandem intime Details über seine ... Vorlieben ... besprechen konnte. Nicht einmal mit seinem festen Freund. Insbesondere nicht mit seinem festen Freund! Klar war, dass sein gewagter Vorstoß nicht ausreichte. Sein Stunt hatte sicherlich einige Fragen aufgeworfen, als er über Shikamaru an diesem einen Morgen nach einer langen Nacht voller Clubbing und ungestillten Fantasien förmlich hergefallen war- ... er schämte furchtbar dafür. Wie aufdringlich! Was hatte ihn nur getrieben, sowas zu tun? Das war ganz und gar nicht seine feine, wohlerzogene Art! Kiba war schuld, er hätte nie auf ihn hören sollen! Was für eine Ahnung hatte schon Kiba? Er war ein Top, um Himmels Willen. Er ging nur davon aus, was ihm gefallen würde! Was wusste er schon von Männern wie Shikamaru? Er hätte seinen Freund vorher vorwarnen müssen! Das wäre er ihm bitter schuldig gewesen. Das ganze Thema gemeinsam mit ihm besprechen, und zwar ausführlicher als die gekrächzte Frage zu einer seltsamen Fernseh- Dokumentation, wie er eigentlich zu Fetisch und Fesselspielchen stand- ... und dann kein Wort mehr dazu zu sagen, als Shikamaru müde und gelangweilt bemerkt hatte, das sah stressig aus und er interessierte sich nicht dafür. Problematisch daran waren zwei Dinge, erstens: er tat sich furchtbar schwer, mit Leuten die er nicht sehr gut kannte über irgendetwas zu reden. Egal was es war. Je persönlicher, desto schlimmer. In seiner Familie sprach man nicht über Dinge, schon gar nicht über Probleme. Sie wurden tot geschwiegen. Oder aber zur Katastrophe dramatisiert. Der Hyuga- Clan war da extrem konservativ. Zweitens: von Anfang an hatte er die ungute Befürchtung gehabt, dass Shikamaru das Thema falsch verstehen konnte. Und je weiter er kam, desto größer wurde die Angst. Denn mit der quälenden Unfähigkeit, verständlich Bedürfnisse mitzuteilen, kam die Panik alles zu verlieren. Zu versagen. Abgelehnt, ausgelacht, bemitleidet- ... fallen gelassen zu werden. Er würde Schluss machen. Shikamaru würde garantiert Schluss machen, wenn er nicht die richtigen Worte fand..! Und, was noch erschwerend dazu kam: Der Nara hatte sich seit dem denkwürdigen Morgen bisher nicht gemeldet. Kein Anruf, keine persönliche Nachricht- ... was einerseits natürlich an dessen großer Bequemlichkeit liegen konnte (solange er nichts Bestimmtes wollte, war er niemand, der ständig Nachrichten schrieb und Neji akzeptierte das, er war selbst kein Fan von ständiger Nerverei und Süßholzgeraspel)- ... andererseits blieb da eben doch das ekelhafte Gefühl im Bauch, das ihm die schrecklichsten Horrorszenarien vorspielte und ihm kalten Schweiß aus den Poren trieb. Was, wenn er ... ihn schon längst nicht mehr wollte? Wenn er anderen Freunden von dem ... Erlebnis ... erzählte und sich dabei über ihn lustig machte? „Dieser Typ den ich hatte ... notgeile Schlampe, echt ekelhaft ... natürlich hab ich mich nie mehr bei ihm gemeldet ...“ Der Gedanke war nicht nur bitter, er war absolut unerträglich. Er machte es noch ein bisschen schwerer, die richtigen Knöpfe zu drücken. Darüber klar nachzudenken, erst recht noch darüber zu sprechen, die Dinge ... zu klären. Wie normale Leute das angeblich machten ... Normale Leute ... Verzweifelt rieb er sich seine Stirn, dort, wo die alte Narbe manchmal noch etwas juckte. Das war es ja gerade, er war nicht normal! Er hielt sich für ganz und gar nicht normal, und manchmal, wenn er in so schlimmen Momenten war, hatte er das Gefühl irgendwann noch komplett den Verstand zu verlieren ... Was für ein Idiot hatte wohl das Gerücht in die Welt gesetzt, dass ein großes Hirn alles einfacher machte? Schwachsinn. Nichts machte es leichter, einfach nichts, im Gegenteil. Er konnte leichter und schneller Sachen auswendig lernen, toll. Dafür war er den Rest der Zeit allein mit der Hölle in seinem Kopf. Mit neuer Entschlossenheit nahm er das Handy wieder an sich. Er schrieb keine Nachricht mehr, er rief an. Es klingelte lange Sekunden. Die Zeit zog sich länger und länger. Beinahe eine halbe Minute lang. Neji spürte, wie sein Magen sich schmerzhaft verkrampfte. Er hielt durch. Endlich nahm jemand ab, man hörte das Rascheln von Laken und ein übermüdetes: „Mmmhhh?“ „Hey ...“, Neji fühlte sich atemlos, ihm wurde heiß und kalt aber er sprach einfach weiter, „Shikamaru- ... ich bin´s- ...“ „Neji?!“ Ein unterdrücktes Gähnen, aber gleich darauf der wachere, freundliche Ton. „Hey..! Ahh so ein Glück ... hab schon überlegt ob ich mir Sorgen machen muss ... ist dieser Job da von dir gut gelaufen?“ Der Hyuga atmete auf, lächelte wackelig. „Ja ... ist ja schon ein paar Tage her...“ „Das ist cool ...“ Der Andere sprach immer noch als läge er flach auf dem Sofa und mit dem Gesicht im Kissen, während er die Augen kaum einen Spalt aufbekam. Vermutlich war das auch eine ziemlich genaue Beschreibung dessen, wie er im Moment gerade aussah. Aber man hörte das ehrliche Lächeln in seiner Stimme, und Neji wurde ein wenig warm ums Herz. „Mmmh ... mein Freund ist ein Supermodel!“ „Eh- ... na ... das würde ich nicht sagen- ...“ „Hast du eine Plakatwand gekriegt?“ Shikamaru grunzte träge und zufrieden. „Du wärst bestimmt sexy auf einer Plakatwand ...“ „Ehm ... heh!“ „Aber ich bin mir nicht sicher ob mir das gefällt ... mmmh ... ich glaub nämlich, da werd ich ein bisschen eifersüchtig ...“ Neji musste etwas lachen. Es klang zwar heiser und holperig, aber es tat ziemlich gut. Der Tonfall gerade eben- ... der löste eine Menge Verkrampftheit, der Andere war so mühelos entspannt und auf eine so gutmütige Art verspielt ... ein bittersüßes Ziehen in seiner Brust machte sich bemerkbar. Er ließ den Kopf sinken. „Du fehlst mir“, flüsterte er und war betroffen darüber, wie ehrlich er es meinte. „Du mir auch“, gab Shikamaru leise zurück. Eine Weile schwiegen sie beide am Telefon, hörten einander nur atmen. „Willst du nicht rüberkommen und mir ne Weile Gesellschaft leisten?“, fragte der Nara dann. „Du schläfst doch ...“, bemerkte Neji zögernd. „Ich will dich nicht stören.“ „Wir können auch zusammen schlafen ...“ Neji sah es fast vor sich: Shikamaru, mit dem Kopf halb ins Kissen vergraben, einem faulen Blinzeln, dem kaum sichtbaren, entspannten Schmunzeln auf den Lippen ... „Du kommst jetzt rüber ...", schnurrte der Nara, „und ziehst deinen hübschen Anzug aus ... kuschelst dich zu mir unter die Decke, und dann ... schlafen wir einfach nur“, ein tiefer, entspannter Atemzug, „mmmmh ... was meinst du?“ Neji schluckte hart. Er dachte an seinen Terminplan. An die bevorstehende Aussprache, den Berg von Arbeit, der auf ihn wartete, seinen Onkel, der Ergebnisse sehen wollte ... „Okay", flüsterte er. ~ Sasukes Augenlider waren schwer ... so wunderbar schwer und träge. Das Wasser um sie herum fühlte sich herrlich warm an. Tanzende Schaumkronen dufteten nach Pachouli, Lavendel und Sandelholz ... ein dunkler, hypnotischer Duft, der ihn einlullte und nicht wirklich zu Naruto zu passen schien. Ihm selber gefiel er sehr gut ... es erinnerte ihn an ein Duschgel, das er früher gehabt hatte ... nur natürlich viel ausgewogener, dekadenter ... Der Blonde hatte- abgesehen von der obligatorischen Axe- Phase und dem sinnlosen Versuch, die Werbung nachzuspielen und sich in einer Wolke von Duft einzunebeln, was Mädchen erfahrungsgemäß mehr auf Distanz hielt, als sie anzulocken- immer hellere, frischere Düfte bevorzugt. Melisse. Zitronengras ... diesen Hauch von Orange ... Sasuke machte sich absichtlich schwer, drückte den Rücken fest gegen den Körper des Anderen und ließ seinen Kopf dann zur Seite rollen, auf die warme Schulter hinter ihm ... Sie lagen zusammen in der Badewanne. Narutos Schenkel schmiegten sich um ihn und Sasuke lag tiefenentspannt in dessen Armen ... Nicht nur das- er hatte außerdem einem Vorschlag zugestimmt, den er in normalem Zustand nicht einmal annähernd in Betracht gezogen hätte ... nicht einmal in seinen kühnsten Träumen. „Bereit?“ Naruto hantierte mit etwas und das Gefühl seine Muskeln hinter sich rollen zu spüren war angenehm. Kein Grund, die Augen zu öffnen ... kein Grund, beunruhigt zu sein ... Sasuke gab ein leises, nachgiebiges Grummeln von sich. „Okay ... halt still“, raunte die Stimme direkt neben seinem Ohr und der Klang gefiel ihm ... die Tonlage gefiel ihm sehr ... „Ich mein´s ernst, Sasuke ... ramm mir nicht deinen Ellenbogen ins Gesicht, okay?“ Der Uchiha runzelte mürrisch die Stirn ... Kurzerhand ruckte er mit dem Kopf hoch um dem Idioten klar zu machen, dass es einfach nicht möglich war, ihn noch kooperativer zu kriegen, da- ... „- Mhpf!“ „Uwah!! Hoppla- ... Hahaha!“ Wäre er eine Katze gewesen, hätte sich in dem Moment Sasukes gesamtes Fell gesträubt. Unverhofft mit einer Handvoll Rasierschaum zu kollidieren war überraschend ... ekelhaft. Und Naruto, der blöde Idiot, lachte sich nur halb kaputt darüber! „Ahaha! Oh shit, oh shit ...! Sasuke, das wollte ich nicht! Sorry, sorry ...“ „Urgh- ... Verd- ...!“ Sasuke hob den Arm, versuchte wenigstens Mund und Nase von dem Zeug zu befreien, „du bist so ein verdammter- ...!“ „Alter, es tut mir leid, okay?! Haha!- ... Shit, ich wollte es grade drauf machen, und du-... hahaha! Rammst dich Kopf voran rein, aaahahhaha! Shit!“ „Nicht. Lustig“, grollte Sasuke erbost. Aus purem Unmut griff er kurzentschlossen zur Seite nach dem nackten Knie seines Badewannen-Tango-Genossen und zwickte dort mit kräftigen Fingern übers Gelenk- dort wo der Blonde früher zumindest einmal lächerlich empfindlich gewesen war- ... Ein nicht gerade männlich entspanntes Aufquietschen war die Antwort, ein heftiges Zucken das einen guten Schwall Wasser über den Rand der Badewanne schwappte- ... „Saskääääh!“, jaulte der Blonde gepeinigt auf. „Hör auf zu lachen!“, bestimmte er. „Oh Gott- ...“, Naruto hielt sein Handgelenk fest umklammert. „Oh sh- ...! Okay! Gnade! Gnade! Das sah nur eben sau lustig aus ... entspann´ dich, ich mach´s ja auch wieder sauber ... hehe ... komm her, ich mach das schon ... du darfst dich einfach nur nicht so bewegen!“ Grummelnd ließ Sasuke locker. Er ließ sich langsam zurücksinken, seinen Arm zur Körpermitte hin wegschieben ... „Lass den bloß da“, warnte Naruto immer noch glucksend. „Nicht ... mehr bewegen. Bleib..!“ „Mrh ...“ „Okay ... wo waren wir..?" Ein tiefes Durchatmen. "Phew! Komm hierher, leg dich her ... so ...“ Sasukes Kopf sank wieder zurück auf die Schulter des Anderen. Sorgfältig verteilte Naruto Rasierschaum ... Sasukes Augen schlossen sich. Er konzentrierte sich auf die Berührung ... spürte, wie der Andere mit den Fingerkuppen kleine Kreise fuhr ... von den Ohren über den Kieferbogen hinunter bis über die Kehle ... ein wohliger Schauder durchfloss ihn ... „Brav ...“, raunte Naruto ihm direkt ins Ohr, und da war er wieder, dieser besondere Tonfall ... Sasukes Finger zuckten leicht, entspannten sich aber rasch wieder ... Der Uchiha spürte, wie Naruto ihm behutsam mit einem feuchten Waschlappen übrigen, fehlplatzierten Schaum von der Nase streichelte. Keine Kommentare mehr ... nur noch Schweigen und die Berührung, und- ... Sasuke sank langsam wieder tiefer hinein ... Seit den Erlebnissen auf dem alten Sofa, hielt der Blonde fast ständig Körperkontakt, und das war verhängnisvoll ... Es hielt seinen Geist weich und offen, seinen Körper entspannt und wehrlos ... es verschaffte ihm eine ständige, niedrige Dosis von leichter, subtiler Erregung, nach der er vermutlich schon längst süchtig war. Seither hatte er nicht einmal mehr darüber nachgedacht, dass er doch eigentlich fort wollte ... Selbst jetzt streichelten Narutos Finger sanft und verspielt seine Seite und er räkelte sich nur noch wohlig darunter. Das Allerschlimmste war, dass die Berührung nicht einmal mehr besonders aufreizend sein musste. Seine Nervenenden waren so überempfindlich, dass ein leichtes, verheißungsvolles Antippen reichte, um ihn reglos und aufnahmebereit zu machen ... so wie auch jetzt. Sasuke spürte zunehmende Erregung durch seine Adern prickeln, spürte wie sein Rücken sich ahnungsvoll begann durchzudrücken, wie seine Schenkel sich wieder leicht öffneten- ... Aber dann hob Naruto die Hand mit dem Nassrasierer, und er konnte ein argwöhnisches Blinzeln nicht verhindern. „Wehe du schneidest mich“, drohte er mit seiner tiefen Stimme. „Lass den Kopf so“, erwiderte der Blonde nur gelassen. Mit pochendem Herzen hielt Sasuke still. Er spürte eine Gänsehaut, die sich von seinem Nacken abwärts ausbreitete, im gleichen Tempo, in dem die Klinge über seine Haut fuhr. Stumm blinzelnd starrte er hinauf zur Zimmerdecke. Naruto rasierte in sorgfältigen, langen Strichen. Prüfend reckte Sasuke seinen Kopf etwas mehr in den Nacken, spürte das Prickeln den Rücken hinunter, als der Anderen mit der Rasierklinge seine Kehle streichelte- ... und spürte dann das sachte, grundlos zärtliche Anstupsen mit der Nase am Hinterkopf, das einen warmen Tupfer von Gefühl in ihm auslöste. „Naruto ...", begann er atemlos. „Mmh?" Er sprach nicht weiter. Wieder einmal fehlten ihm Worte, um zu beschreiben was er eigentlich sagen wollte. Stattdessen sah er einfach nur weiter geradeaus. Naruto fragte nicht nach. Er war überraschend gründlich. Und er ließ sich Zeit. Seine Fingerkuppen fühlten nach übriggebliebenen Stoppeln, und dann spürte Sasuke sein kleines, kehliges Lachen am Rücken. „Heh..! Wer hätte gedacht, dass selbst jemand mit so mickerigem Bartwuchs wie du so stoppelig wird, wenn er sich ein paar Tage nicht richtig rasieren kann?“ „ ... Sei froh, dass du nicht verletzt warst“, gab Sasuke schwach murmelnd von sich. „Ein paar Tage ohne Rasieren ... und du würdest aussehen wie ein verdammter, blonder Yeti“ „Hey!“, Naruto schloss seine Schenkel ein wenig fester um ihn, „du bist ganz schön frech, wenn man deine Lage bedenkt!“ Das leichte Grinsen kam instinktiv, und Sasuke erntete dafür einen Knuff. „Naja… aber ist schon okay“, Naruto tätschelte ihn wohlwollend mit der freien Hand, bevor er weiter arbeitete: „Das heißt, dass es dir wieder besser geht.“ „Mrrrhh ...“, schnurrte Sasuke zufrieden und streckte die Beine soweit die Wanne es zuließ, „Mir geht’s gut, so lange du mich nicht schneidest, Idiot. Denn dann muss ich dich leider umbringen ...“ Naruto schmunzelte: „Sei brav und halt still, Miststück.“ „Ich will hinterher nur nicht so aussehen wie du ...“ „Hee, das kannst du auch voll vergessen ... meine Schönheit ist einzigartig!“ „Tss..!“ „Lach nicht! Arsch ... los, nimm den Kopf nochmal hoch.“ Narutos Finger schoben ihn leicht aber nachdrücklich in die gewünschte Position, Sasuke ließ es zu. Er blinzelte, sah dann aber keine Notwendigkeit, seine Augen offen zu lassen. „Naruto ...“, setzte er nochmal an. „Was denn?“ „Was ... was heißt das für dich- ... passiv sein?“ Eine Weile lang gab der Blonde keine Antwort, er arbeitete weiter, schien über seine Worte nur nachzudenken. „Wie meinst du das?“, gab er zurück. „Mmh ...“ Sasuke überlegte. „Weißt du ... es ist nicht so, dass ich völlig hinterm Mond gelebt habe ...", begann er. „Ich hab genug Dinge gesehen- ... ich weiß, was SM bedeutet. Das heißt ... ich dachte zumindest, ich weiß es. Aber du und Kiba- ... ihr- ...“, er wusste nicht genau weiter, „du machst das irgendwie ... nicht so wie ich dachte. Anders ..." Naruto schnaufte. Aus Sasukes Lage war es unmöglich daraus irgendwie abzuleiten, was ihm durch den Kopf ging. „Wie, anders?“, hakte er schließlich nach. „Du weißt schon", der Uchiha rollte die Augen, „anders ... als dieses Bild eben, was man so davon hat.“ „Was für ein Bild hat man denn?“ Sasuke war schon wieder leicht genervt. „Na dieses Bild eben", er hob die Hand aus dem Wasser, „von ... dem Chaps und Lederkäppi tragenden Dom, du weißt schon- ... der rumbrüllt und seine Peitsche schwingt ...“ Naruto schnaubte belustigt. „Du hast mich eindeutig noch auf keiner Party gesehen!“ „Oh Gott, danke für das Bild in meinem Kopf, Arschloch!“, Sasuke rollte die Augen. „Hahah!“ „Nein- ... jetzt im Ernst.“ Der Uchiha starrte grübelnd in den Berg von Schaum am Fußende der Wanne, der ein wenig aussah wie der Fujiyama. „Warum ... hast du mich nicht gefesselt? Warum hast du gesagt, wir hätten keine Verbindung?“ „Oh.“ Naruto blinzelte. „Das. Ja, sorry ... das kann man falsch verstehen. Ich meinte keine Verbindung, so wie- ... kein Vertrauen. Kein Flow, keine- ... Connection, ich weiß nicht wie ich das ausdrücken soll. Für eine Session, weißt du.“ „Ah." Sasuke blinzelte. „ ... nein. Was?“ „Das ist so ...", der Blonde schien fürs erste zufrieden, legte den Rasierer in die seitliche Seifenschale und kratzte sich mit dem Daumen die Augenbraue, „ein bisschen Rumspielen ist kein Problem, aber eine richtige Session, wo du tatsächlich, körperlich, ausgeliefert bist- ...“, er machte eine dramatische Pause, „also, wo du dich nicht mehr von allein befreien kannst, das geht nicht ohne ... Verbindung ... Vor allem nicht bei Leuten wie dir oder mir, die schon nervös werden, wenn jemand einfach nur hinter ihnen steht." „ ... huh." „Ja, die Verbindung, das ist- ... was, das wächst, wenn man sich viel berührt, miteinander Zeit verbringt, redet ..." „Berührt haben wir uns eine Menge... durch die ganze Prügelei und so. Früher?" Sasuke krümmte die Augenbraue. „Jaah ... aber zwischendurch lange nicht mehr! Das war das, was ich meinte: Man braucht eine sichere, gesunde, gemeinsame Basis. Du musst den Anderen ... fühlen können, mitschwingen, verstehst du was ich meine?" „ ... Nein." „Du ... naja!“, Naruto gestikulierte bemüht, „klinkst dich quasi in den Anderen ein, du fusionierst ... du ... machst eine DNA- Digitation, synchronisierst eure ... Seelenwellenlängen ...“ „ ... was?!“ „Du verschmilzt euer Chakra zu einer Einheit- ... ähm- ... zwei Elemente ... verbinden sich- ... und so ... das gehört überall zu den fortgeschrittenen Techniken, Mann, echt jetzt!“ „Du liest eindeutig zu viele Mangas“, bemerkte Sasuke spöttisch. „Ist halt so.“ Naruto hob die Schultern. „So kann ich´s mir am besten vorstellen! Außerdem hab ich schon mal versucht, dir das mit normalen Worten zu erklären, und du hast gesagt du kotzt gleich.“ „Tss.“ „Selber tss, Bastard.“ Mit triefend nassem Waschlappen wusch Naruto die letzten Spuren Rasierschaum von Sasukes Gesicht. Der rümpfte die Nase und hielt sich mit widerwillig verkrampften Fingern am Wannenrand fest, ließ ihn aber wortlos machen. Danach blickte er stumm unten zur Wasseroberfläche, hob die Handfläche und den weißen Schaum darauf. Man spürte kaum dass er da war ... es knisterte aber leise, wenn man versuchte, ihn zusammen zu drücken ... „Wir haben lange nicht mehr zusammen trainiert", bemerkte er tonlos. „Hast du Lust?" Naruto machte Anstalten, aus der Wanne zu steigen. „Wir könnten ins Sarutobi- Dojo. Wenn dir schon egal ist, wer dich alles lynchen will und so ... ist nicht weit von hier." „Hn." Sasuke beobachtete nachdenklich seine Finger durch Schichten von Schaum. „Du hast keine Chance gegen mich, ich hoffe das ist dir klar ..." „Lass mich jetzt mal eben raus", seufzte Naruto. „Wenn ich noch länger da drin bleibe, werd ich zur menschlichen Riesenrosine verschrumpeln..!“ „Tss, eher zum Nacktmull ...“ Sasuke lehnte sich widerwillig etwas vor, immer noch seinen Gedanken nachhängend. „Hey, als wir da waren ... du weißt schon. Im Darkside ... " Er sah sich nach dem Blonden um, der nach einem Handtuch griff und sich abrubbelte. Seine Augen glitten vom Nacken die Rückenmuskeln hinunter bis über den Hintern und die kräftigen Beine. Gut in Form ... „ ... da hast du gesagt, es ist egal wie ich dich nenne ... ?" „Hm?" „Du hast gesagt, ich muss dich nicht anders ansprechen. Aber ... die meisten tun das doch, oder? Sich anders ansprechen." Naruto sah sich um. Helle, blaue Augen trafen in forschendes Schwarz. Er zuckte mit einer Schulter. „Ja, wie man will ... viele Subs sagen „Sir“. Jedes Mal, wenn du das aussprichst, sagst du damit ja auch sowas wie: „Du bist mein Chef“ ... und das ist irgendwie schon schön, meinst du nicht?“ „Und wann sagt man „Herr“ oder „Meister?“ ... alles nur frei nach Vorliebe?“ „Schon ... naja, aber ... also bei den Leuten hier in der Gegend die ich kenne ist es oft so, dass Subs jeden Top mit „Sir“ ansprechen- aber nur ihren persönlichen- oder einen, mit dem sie auch wirklich schon mal eine Szene hatten- auch mit „Master“. Das ist dann irgendwie nochmal was Intimeres, weißt du?“ „Mmmh ...“ Sasuke legte nachdenklich den Kopf schief. „Ich kann dich dann also nennen wie ich will? Theoretisch?“ Er verschränkte die Unterarme auf dem Rand der Badewanne und beobachtete den Uzumaki, wie er umständlich versuchte, ein Paar Socken überzuziehen. „Klar ... Manche nehmen einfach auch den Vornamen. Da gibt’s keine so starren Regeln.“ Ein dunkles Schmunzeln flackerte über Sasukes Züge. Seine Stimme war weich und samtig, "Wie wär´s dann mit ... Vollidiot?“ „Wa- ...!“ Naruto drehte sich zu ihm um, dunkle Uchiha- Augen glitzerten lauernd. „Nein? Hm ... Lord Helmchen?“, schmeichelte er. „Ey!“ „Jetzt hab ich´s: -Meister- Vollidiot!“ „Sasukeeeee!“ Naruto griff drohend nach dem Rasierer und ließ ihn zwischen Daumen und Zeigefinger wippen. „Wenn du so frech bist, rasier ich dich gleich noch woanders!“ ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)