The Darkside von somali77 ================================================================================ Kapitel 11: Berufswahl ---------------------- ~ „Du bist Hundefrisör?!“, fragte Sasuke schon das dritte Mal in den letzten Minuten, weil er die Neuigkeit dermaßen für einen Witz hielt, dass er in jeder Ecke die versteckte Kamera vermutete, „Ohne Scheiß?!“ Gaara ließ die langen, bleichen Finger konzentriert und ausdruckslos über die goldenen Locken des Spaniels streichen, der in der Mitte des Raums auf dem gepolsterten Tisch stand und setzte an der Kehle des Tieres die elektrische Schermaschine noch einmal an. Das Gebäude mit den beiden Appartements im Dachgeschoß, Kibas Wohnbereich auf der einen- Gaaras und Rock Lees auf der anderen Seite, hatte ebenerdig, dort wo sie sich jetzt befanden, ein Tattoo- und Piercingstudio und-... diesen Schrecken hier gleich daneben. „Fakt ist, das ist eine Arbeit, die absolute Ruhe und Konzentration erfordert“, murmelte der Rotschopf und tauschte die Schermaschine nach ein paar sorgfältigen, gezielten Strichen gegen eine blitzende Trimmschere, mit der er die Ohren zu bearbeiten begann. „Ich muss keine Menschen anfassen. Oder mir dauernd ihr sinnloses Gerede anhören.“ Gleichgültig zuckte er eine Schulter und begann dann den Hund mit dermaßen raschen, ruckartigen Bewegungen der scharfen Klingen zu attackieren, dass Sasuke jeden Moment mit Gemetzel rechnete. Stattdessen hechelte ihm in kurzer Zeit ein säuberlicher, perfekt getrimmter Vierbeiner vom Tisch entgegen, der sich einmal schüttelte und über den Haufen Fell zu seinen Füßen nicht allzu beunruhigt zu sein schien. „Tiere beruhigen mich“, fügte Gaara in weicherer Tonlage hinzu und streichelte seine blasse, langfingrige Hand zärtlich über den runden Kopf des Hundes. Sasuke verzog das Gesicht. „Na gut, aber... du hättest auch Gärtner werden können.“ Gaaras graue Augen starrten ihn über den Hund hinweg lange und ausdruckslos an. Er hob eine Schulter. „Oder Informatiker?“ „Du meinst, alle Mitglieder der vierbeinigen Rasse sollten sich mit dem Schicksal abfinden, von dicken, hässlichen Damen traktiert zu werden, die ihre Bedürfnisse nicht ernst nehmen und ihren empfindlichen Hörsinn mit Quietschlauten foltern?“ Überfordert stützte Sasuke sich mit dem Rücken an die Spüle. „Also-...“ „Das ist eine Sache der Ehre" Gaara warf den Hund vom Tisch, der sichtbar erleichtert davonzockelte und kam langsam von der Mitte des Zimmers auf seinen Gast zu, im Vorbeigehen ein langes Rasiermesser von einem der Tische nehmend. "Du findest meine Arbeit lächerlich? Das ist dein gutes Recht. Ich finde, jeder soll seine Meinung frei äußern können...“ Die Waffe in seiner Hand war beunruhigend. Der blasse Rotschopf hatte etwas an ihm, das ihn unberechenbar wirken ließ. Sein Gesichtsausdruck zeigte keine Regung und er blinzelte nicht ein einziges Mal. Sasuke überlegte kurz, ob es angebracht war Vorsichtsmaßnahmen zu treffen und einfach ein paar Schritte zurück zu gehen. Andererseits glaubte er nicht, dass dieser bizarre Barbier hier so dumm war, ihn mitten in seinem Studio abzustechen. Allein schon wegen der Sauerei. Abgesehen davon wich er niemals zurück. „Jeder hat etwas das ihn antreibt...", murmelte Gaara in seinem gleichmäßigen Tonfall, "Seine Bestimmung im Leben. Die Gesellschaft und das System überschütten uns mit Komplexen, bis wir nicht mehr daran glauben und unsere wahren Bedürfnisse nicht zulassen, weil wir glauben sie sind zu dumm oder schwach oder lächerlich.“ Jetzt war er zu nah. Sasuke blieb reglos stehen als der kalte Stahl der Rasierklinge an seine Kehle tippte, ganz leicht und beinahe zärtlich. Er atmete nur etwas tiefer und hielt aus den Augenwinkeln den starren Blickkontakt zu Gaara dicht neben ihm, in dessen unheimlichen, emotionsleeren Augen ihn etwas an abgetrennte Köpfe erinnerte. Dieser Mann musste Übung mit seiner Klinge haben, aus seinem Leben vor-... was auch immer das jetzt für ihn war. „Fakt ist“, raunte der Rotschopf ihm ins Ohr, „Keine Bestimmung und kein tiefes, inneres Bedürfnis, das dafür sorgt, dass du dich so lebendig fühlst und so... angekommen... kann zu schwach oder lächerlich sein.“ Gaara hob die Klinge, um noch einmal bekräftigend an seine Haut zu tippen, dann wandte er sich ab um Hände und Messer in der Spüle zu waschen. Sasuke schob sich endlich ein wenig zur Seite, die Hände an das kühle Metall der Ablage gestützt, seine Augen misstrauisch auf Gaaras Händen. „Du warst mal ein Junkie“, bemerkte er. „Ja“, Gaara legte das Messer zur Seite und begann stattdessen damit, seine weniger bedrohlichen Scheren zu säubern, „Ich war so drauf, dass ich die Spuren nicht mehr los werde.“ „Was hast du alles genommen?“ „Hauptsächlich Heroin.“ Sasuke sah zu, wie klares Wassser über die blassen Finger floss. Er fragte sich, wie oft der Andere sich schon Blut von den Händen gewaschen hatte. „An den Armen und Beinen waren die Adern schnell hin. Gegen Ende hab ich am Hals gespritzt“, Gaaras gleichmütige Stimmlage veränderte sich kaum, der Blick aus seinen kalten Augen rollte wieder zu ihm hinüber , „... oder unter die Zunge.“ „Ewch...“, Sasuke verzog das Gesicht. „Glaub nicht, dass Meth oder Koks irgendwie besser ist.“ „Ich bin nicht-... das hab ich nicht behauptet!“ „Gut“, meinte Gaara nur und ruckte den Kopf auffordernd in Richtung Frisiertisch, „Dann kannst du die Haare jetzt aufwischen.“ „Was?!“, empört wich Sasuke zwei Schritte von ihm weg, warf einen Blick auf die Barbier- Kampfspuren und einen auf seinen merkwürdigen Gastgeber, „Ich bin nicht dein Praktikant, okay? Ich fass doch keine scheiß Hundehaare an!“ „Dann solltest du vielleicht Handschuhe anziehen.“, Gaaras Blick wurde von einer Sekunde zur anderen bohrend und tödlich. „Du schuldest du mir nämlich was, Pretty Boy.“ ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)