The blossoming beelzebub von KyokaiKodou (I'm your devil) ================================================================================ Kapitel 6: Bathroom ------------------- Nachdem unser Flugzeug gelandet war, spürte ich in mir dieses dringende Verlangen, das alles einfach zu vergessen, es aus meinem Kopf zu verbannen und so zu tun, als wenn es niemals geschehen war. Es ärgerte mich. Es war doch gut gewesen, oder nicht? Ich hatte doch auch meinen Spaß bei dieser Sache gehabt, nicht wahr? Warum belog ich mich also schon wieder selbst und versuchte mir etwas zu verbieten, nur weil es sich nicht mit meiner Vorstellung von bandinternen Bindungen vertrug? Weil es mir nicht passte, dass die Gefahr bestünde, dass es tiefer gehen könnte? Vielleicht sogar so tief, wie ich es nicht mehr kontrollieren könnte. Und das wäre mein Untergang. Das würde alles zerstören, was ich mir über die Jahre an Selbstschutz und Mauer aufgebaut hatte. Ich hasste ihn. Ich hasste diesen Typen so verdammt sehr, dass es mich innerlich würgte. Und noch mehr hasste ich mich selbst, weil ich mir so eine gottverdammten Scheiße von angeblicher Abneigung einfallen lassen musste um zu rechtfertigen, dass ich etwas hassen wollte, was sich einfach nur verdammt gut angefühlt hatte.. Was sollte das denn? Wo sollte das hinführen? In mein altes Leben voller Einsamkeit und Isolation? Ja? Wollte ich das? Wollte ich allein und verbittert, erkaltet und verhärtet enden? Von diesen widersprüchlichen Gedanken konnte man nur Kopfschmerzen bekommen. Nach der Landung stieg ich mit als erster aus. Es war noch recht hell, wenn auch frisch, doch immer noch wärmer als drüben. „Machst du nach Hause?“ Überrascht drehte ich mich um und erblickte Kaoru, welcher mit seiner geschulterten Tasche hinter mir stand, in der Hand einen kleinen Stapel von Schreibkram und vermutlichen neuen Terminplänen. Seit wann beschäftigte er sich denn wieder selbst damit? Und das nach einer Tour. „Ich denke schon. Ich würde mich gern mal wieder in meinem eigenen Bett aufs Ohr legen und vorher noch in meinem eigenen Bad eine Dusche nehmen, mit meinem eigenen Duschgel und meinem eigenen Shampoo und mit meinem eigenen Handtuch...“ „...eigenen Handtuch abtrocknen, hab schon verstanden.“ Vollendete Kaoru meinen Satz und sah mich auf seine verständnisvolle und gleichzeitig minimal genervte Weise an. Dann schaute er über seine Schulter und Shinya und Dai stiegen die Treppe des Fliegers hinab, natürlich mal wieder am Lachen und wild mit den Händen durch die Luft wedeln. Die beiden hatten wohl mal wieder ihre ganz dicke Phase zueinander, in welcher sie nicht wirklich auseinander zu kriegen waren. „Wir wollten noch einen trinken gehen, ist doch noch nicht spät.“ begann Kaoru sein eigentliches Anliegen und ich legte den Kopf fragend auf die Seite. „Japanisches Bier, euer Ernst?“ Das schien mir jetzt ein wenig widersprüchlich, nachdem Dai doch so auf das ausländische Bier geschworen hatte. „Also eigentlich...“ mischte sich nun der Rotschopf ein, welcher uns in Begleitung des blondlockigen Drummers erreicht hatte. „...geht es mir mehr um den Sake. Du glaubst nicht, wie ich den im Ausland vermisst habe, vom Essen mal ganz zu schweigen.“ Kaoru nickte verstehend und deutete auf seinen kleinen angesetzten Bauch. „Da sagst du was. Ich fühle mich total unterernährt. Das Essen von drüben werde ich wohl nie vertragen.“ Okay, bevor sie jetzt auch noch über ihre Verdauungsprobleme anfangen würden, sollte ich dieses Gespräch schnell auf den richtigen Punkt bringen und dann noch schneller wieder beenden. „Und was hat das nun mit mir zu tun?“ murmelte ich etwas gereizter als beabsichtigt und der Bandleader hob sogleich die Brauen, als wenn er tatsächlich überrascht von meiner Frage gewesen wäre. „Na was wohl? Wir wollen wissen, ob du mitkommst? Danach könnt ihr euch immer noch alle daheim verkriechen, nachdem wir unseren Abschluss etwas gefeiert haben.“ Das klang in der Tat logisch und auch nicht wirklich übel. Lust hätte ich schon dazu, doch andererseits... Toshiya gesellte sich nun ebenfalls zu uns, unter seinem Arm die Laptoptasche und in der Hand sein Smartphone, war doch logisch. Meine Augen schnell wieder von ihm lösend, da der Herr selbst es auch nicht für nötig erachtete, uns auch nur eines Blickes zu würdigen, sah ich die anderen wieder an und rang mich doch tatsächlich zu einem lächelnden Nicken durch. „Klar, bin dabei.“ Warum auch nicht. Wie Kaoru selbst sagte, war morgen auch noch Zeit, sich zurückzuziehen, bis die Arbeit wieder aktiv und stressiger werden würde. „Soll ich dich abholen?“ hörte ich die Stimme des Bassisten, welcher doch tatsächlich die Dreistigkeit besaß, die Augen weiterhin auf dem Smartphone zu lassen und auf dem Display herumzutippen. War der gerade wieder im Twitter? Was gabs denn zu twittern? Vielleicht, dass wir uns vorhin gegenseitig einen gekeult hatten? Verfluchter Mistkerl. Warum machte er mich schon wieder so wütend? „Ich find den Weg auch allein, danke.“ gab ich in einem eisigen Ton zurück und kassierte sofort Kaorus misstrauischen Blick. „Stimmt ... etwas nicht bei euch?“ fragte er ruhig und sah zu Toshiya und dann wieder zu mir. Der Bassist hingegen zuckte nur die Schultern und trat dann an ihnen und mir vorbei, weiterhin die Konzentration überall, nur nicht bei uns. „Wahrscheinlich macht seine Stimme ihm wieder zu schaffen.“ Dieser ...!!! „Willst du dich dann nicht doch lieber zu Hause ausruhen?“ kam mir nun auch noch Shinya sorgend entgegen und ich versuchte zu lächeln und machte eine wischende Geste. „Jetzt hört schon auf. Ich inhalier vorher nochmal und dann wird es heute Abend auch keine Probleme geben.“ Jedenfalls schon mal keine, die mit meiner Stimme zusammenhängen könnten. Dai nickte und deutete dann Richtung Van, welcher uns zu Hause absetzen würde. „Dann wäre das ja geklärt.“ Da konnte es scheinbar jemand kaum abwarten, endlich wieder die Lippen mit Alkohol zu benetzen. „Dir hat das Bier im Flieger nicht gereicht, hu?“ kam meine gedachte und von Shinya ausgesprochene Frage und Dai lachte und schüttelte den Kopf. „Das reichte doch gerademal für den Geschmack!“ Ich wand mich von ihnen ab und trat den Weg zum Kleinbus an, natürlich hinter Toshiya. Und natürlich konnte ich nicht anders und starrte dessen Rücken an. Er hatte recht breite Schultern, wenn er auch sonst eher schlank war und man sah ihm an, dass er sich um eine gerade Körperhaltung bemühte, um seinen bereits angeschlagenen Rücken zu entlasten. Seine Taille hingegen war schmal, was man auch trotz des Hoodies gut erkennen konnte und seine Haut unter den hochgekrämpelten Ärmeln schien mir wieder so gebräunt und gesund, dass man sie am liebsten anfassen wollte... Ohja, Kyo, diese Gedanken werden dir auf deinem Weg des Abstandes zu ihm mit Sicherheit sehr hilfreich sein! Wollte ich mich eigentlich selbst noch mehr in den Wahnsinn treiben? Schon beim Einsteigen in den Van kramte ich in meiner Tasche den Player wieder vor, entfernte die geliehenen Ohrstöpsel und hielt sie Toshiya hin. Dieser hatte sich bereits auf einen der mittleren Sitze niedergelassen und schaute etwas fragend zu mir auf. „Brauch ich nicht mehr, danke.“ erklärte ich knapp und wollte mich abwenden, als Toshiyas Finger nicht nur die Kopfhörer sondern auch nach meiner Hand griffen und sie festhielten. Mit geschmälerten Augen sah ich in sein ahnungsloses Gesicht und seine dunklen Augen sprachen tatsächlich das reine Unwissen. „Bist du sauer? Schon wieder?“ Was hieß denn hier bitte schon wieder?! „Bild dir nichts ein.“ knurrte ich zurück und zog meine Finger etwas heftiger als geplant aus seinem Griff. Ja, ich war sauer, aber eigentlich wusste ich nicht so recht warum und das machte mich noch gereizter. Es war wirklich anstrengend, wenn man sich selbst nicht verstehen konnte und nicht immer wusste, warum man so reagierte, wie man es eben tat und das konnte einem tierisch an den Nerven rumfressen. Und mir fraß zur Zeit auch noch etwas anderes an den Nerven ... Die Fahrt war dieses mal recht kurz, jedenfalls für mich, da ich das Glück hatte, dem Landeplatz am nähsten zu wohnen. Nachdem der Van gehalten hatte und ich meine Sachen bereits gegriffen hatte, wurde mir die Tür aufgezogen und ich bedankte mich lächelnd und stieg aus. „Bis später, Kyo!“ hörte ich Dai rufen und winkte ihm über die Schulter zu. „Ich bin um acht bei dir!“ hörte ich als nächstes und hielt in meiner Bewegung inne, ehe ich mich zügig umdrehte, doch da wurde die Tür des Vans bereits wieder zugeschoben. Ich konnte Toshiyas Gesicht sehen, welches mir zugewand war und mich doch tatsächlich angrinste. Merkte der eigentlich noch was? Natürlich hatte ich jetzt keine Möglichkeit mehr sein ‚freundliches‘ Angebot abzulehnen, da der Kleinbus bereits wieder anfuhr. Gut, vielleicht hätte ich ihm nachsetzen und versuchen können, aufzuspringen ... Nicht sehr realistisch. So blieb mir nur ein wütender Blick dem Bus hinterher und ein Zähneknirschen, ehe ich mich der Nebenstraße und der Einfahrt zu meiner Bleibe widmete. Es war offensichtlich, dass er das mit Absicht gemacht hatte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es kurz nach sieben war. Also hatte ich nicht mal mehr eine Stunde? Na bravo. Hätten wir gleich direkt in die Kneipe fahren können, mit Gepäck und Technikutensilien, wen kümmerte das denn schon ... Die Backen aufplusternd lockerte ich mein Gesicht und damit hoffentlich auch diese angespannten Gedanken in meinem Kopf, während ich meine Wohnung betrat. Es war totenstill und sie roch fremd, doch das tat sie nach einer Tour immer. Mein Gepäck im Flur stehen gelassen, stieg ich aus den Schuhen und zog mir die Jacke aus, marschierte dann direkt ins Badezimmer und packte alles, was ich am Leib trug, in den Wäschekorb. Mein Badezimmer war klein, doch trotzdem fühlte es sich gerade so eisig an, als wenn es riesengroß wäre und unter einem Schneeberg vergraben. Mein Körper wurde sofort von einer Gänsehaut überzogen und ich warf einen flüchtigen Blick in den Spiegel und wäre dann beinahe zur Salzsäule erstarrte. Mein Hals war unter dem Tattoo gerötet und wenn ich mir über den Nacken strich, fühlte er sich ebenfalls gereizt an. Probehalber drehte ich mich und versuchte mich von hinten zu sehen. Auf meinem Schulterblatt trohnten mehrere dunkle Flecken zwischen den Tättoowierungen. Blutergüsse? Oder Knutschflecken? Aber natürlich ... gestern Nacht, bei Toshiya im Bett. Er hatte mich gebissen, mehrfach und sich dabei noch enger an mich geschmiegt. Mit einem Schlucken dachte ich an dieses Gefühl hinter mir und für einen Moment schien die Kälte in meinem Badezimmer zu weichen und von irgendwoher warme Luft über meinen Rücken zu streichen. Einbildung, natürlich, doch sie fühlte sich gut an. Warm und ... erregend. Stop! Ich musste davon loskommen, wenigstens für heute Abend. Wie würde ich denn sonst mit den anderen und ihm an einem Tisch sitzen können? Und dann auch noch unter der Wirkung von Alkohol? Alles klar, ich würde mir nur Saft bestellen, oder Tee und es auf die Reizung meines Halses schieben. Das Gesicht kopfschüttelnd verziehend wand ich mich meinem kleinen Badezimmerschrank zu und legte mir ein frisches Handtuch zurecht, ehe ich die Duschutensilien wieder in die Duschkabine räumte. Wenn wir auf Tour waren, räumte ich immer alles weg, um es nicht unnötig einstauben zu lassen. Die Kabine einmal mit heißem Wasser abgespritzt sollte sie wieder nutzbar für mich sein. So stieg ich hinein und genoss es, wieder in meiner Heimat, in meiner Wohnung, in meiner eigenen Dusche zu stehen, mein eigenes Wasser zu verbrauchen und nur auf meine eigenen Gedanke und Atemzüge zu achten, da hier sonst einfach niemand war. Es tat gut. Das Alleinsein konnte sich so schön anfühlen. So beruhigend und entspannend ... Es klingelte. Nee, oder? Ich war gerade dabei, mir das Shampoo aus den Haaren zu waschen und riss meinen Kopf unter dem Wasserstrahl hervor, um nach draußen zu lauschen. Hatte ich mich geirrt? Nein, es klingelte wieder und dieses mal etwas energischer. Das durfte doch nicht wahr sein, wer war denn bitte so lebensmüde? Schon lief mir das noch nicht ganz ausgespülte Shampoo in die Augen und ließ sie brennen. „Moment!“ rief ich nach draußen und wusch mir noch einmal über die kurzen Haare und das Gesicht. Wer auch immer jetzt an meiner Tür stand und sich sehr unbeliebt bei mir machte, der würde noch eine Minute warten müssen. Es klingelte wieder und ich stieß meine erste knurrende Verwünschung aus, doch natürlich etwas leiser, ehe ich aus der Dusche stieg und nach dem Handtuch griff. Sowas hätte es in einem ausländischen Hotel nicht gegeben ... Mir das Handtuch um die Hüfte wickelnd lief ich durch den Flur, dem erneuten nervigen Klingeln entgegen. „Ich sagte ‚Moment‘!“ Schon riss ich die Tür auf und starrte Toshiya an. Das war ein schlechter Witz. Ein ganz schlechter. Also ich meine so ein richtig, richtig schlechter ... „Du bist tot.“ rutschte es mir raus, während ich in das grinsende Gesicht starrte. „Und du ... ziemlich nass und nackt.“ entgegnete der Größere in seiner gewohnt ungetrübten Art, während seine Augen über meinen Körper huschten und dann wieder in meinem Gesicht hängen blieben. „Oh, hast du geweint?“ „Was?“ irritiert blinzelte ich und spürte jetzt wieder das Brennen dank des Shampoos in meinen Augen. Sofort begann ich zu reiben und drehte mich mit einem schnaubenden Geräusch von der Tür weg. „Natürlich nicht. Das ist deine Schuld! Hattest du nicht gesagt um acht?!“ zeterte ich sofort los, während mir der Jüngere folgte, die Tür hinter sich schloss und ein extra lautes Seufzen von sich gab. „Ja, aber ich hatte dich einfach zu sehr vermisst.“ Seine Stimme klang gespielt säuselnd und ich hob nur eine Hand über meine Schulter und richtete den Mittelfinger nach oben auf. „Och, so gastfreundlich wie immer. Und auf die zehn Minuten kommt es nun auch nicht mehr an.“ Oh Toshiya, deinen naiven Optimismus möchte ich haben. Ich trat zurück ins Bad und griff nach der Türklinke. „Setz dich irgendwohin und warte, bis ich fertig bin.“ Und schon zog ich mir wieder das Handtuch von der Hüfte und stieg noch einmal zurück unter die Dusche. Ich wusste nicht warum, aber plötzlich hatte ich das Bedürfnis mich besonders gründlich zu reinigen. Lag das an dem Störenfried in meiner Wohnung? Nein! Ich wollte nur das verdammte Brennen in meinen Augen endlich loswerden! So hielt ich den Wasserstrahl besonders lange in mein Gesicht, bis das reizende Gefühl endlich nachließ. Nochmal eine extra Portion Duschgel unter Arme und unterhalb der Gürtellinie und ich stieg nun schon zum zweiten Mal wieder aus der Kabine. Dieses mal hatte ich wenigstens Zeit mich ganz abzutrocknen und stieg in frische Unterwäsche. Eine Welle von Duft hinter mir herziehend kam ich ins Wohnzimmer und sah Toshiya auf dem Boden hocken, natürlich wieder mit dem Handy in der Hand. „Stalkst du Kaoru?“ fragte ich desinteressiert und kramte mir aus dem Kleiderschrank in der Ecke frische Jeans und ein Shirt hervor. „Nee, ich twitter, wie heiß du nackt aussiehst.“ Abrupt richtete ich mich auf und sah ihn an. Er erwiderte den Blick und es herrschte für Sekunden eine Stille, welche sich aufzuladen schien. „Lass diese Witze. Dazu bin ich nicht in der Stimmung.“ Unterbrach ich das Starren schließlich und zog mir die Jeans über die Beine und die Hüfte. „Das war keiner. Also ja, ich twitter sowas natürlich nicht. Aber das heißt nicht, dass das nicht auch meine Meinung ist.“ Seufzend blickte ich an die Decke und faltete das Shirt auseinander. „Du solltest mal wieder deine Dioptrien richten lassen.“ murmelte ich entgegen und konnte im Augenwinkel sehen, wie Toshiya aufstand. Er kam auf mich zu und ich war im Begriff mir das Shirt über den Kopf zu ziehen, als er mich in meiner Bewegung an den Unterarmen festhielt. Sofort riss ich mich aus seinem Griff und ging ein paar Schritte zurück. „Was wird‘n das jetzt?“ „Hör auf damit.“ seine Stimme wurde wieder eine Spur dunkler und ruhig, doch es war eher eine angespannte Ruhe, als wenn er etwas unterdrücken müsste. „Das auf deinem Rücken, ... ist das von mir?“ hörte ich ihn dann fragen und zog mir das Shirt nun doch über, ehe ich die Schultern zuckte. „Glaub schon.“ „Du glaubst?“ Toshiya hob die Brauen und seine Lippen wurden etwas schmollender. „Könnten sie etwa auch von anderen sein?“ Bitte was? Meine Augen richteten sich wieder auf ihn und ich zog den Mundwinkel auf einer Seite hoch, so dass es nach einem abgeklärten Lächeln aussah. „Hm, vielleicht?“ Mein Herz blieb stehen, als der Jüngere plötzlich auf mich zuschoss und mich an den Oberarmen packte. Sein Gesicht war erschrocken versteinert und seine Augen geschmälert. Mir schlug das Herz nun doppelt so schnell gegen meinen Brustkorb, als wenn es herausbrechen wöllte. „Damit...“ flüsterte er scharf und beugte sich näher zu mir. „...solltest du künftig keine Scherze mehr in meiner Gegenwart machen. Ich teile nicht. Niemals.“ Schluckend musterte ich sein Gesicht und es sah aus, als wenn er meinen Duft tief einatmen würde. Seine Hände fühlten sich wie die Handschellen an, ebenso eisern und unnachgiebig. „Du tust mir weh.“ wisperte ich unangenehm berührt und spannte die Oberarme an, um mich dann aus seinen Händen zu hebeln, was tatsächlich klappte. „Außerdem kann man nicht teilen, wenn man etwas nicht besitzt, oder?“ zischte ich dann zurück und straffte mein Shirt. Toshiya richtete sich wieder gerade auf und lächelte etwas unterkühlt. „Kommt noch, Kyo.“ Was? Wieso war er sich so sicher? Sprachen wir hier wirklich vom gleichen Thema? Ging es hier wirklich gerade darum, dass er mich besitzen wollte? Hatte ich das richtig verstanden? Er hob eine Hand, als wenn er mich beruhigen wöllte. „Entspann dich, ich hab nicht vor, dir die Freiheit zu rauben. Ich weiß, wie sehr du an ihr hängst.“ „Da war ich mir gerade nicht so sicher.“ Wir sahen einander an und je länger seine dunklen Augen in meine tauchten, desto weicher fühlten sich meine Knie plötzlich an. Als würde ich in einem Sumpf stehen und langsam sinken ... „Können wir dann?“ unterbrach er meinen anfänglichen Realitätsverlust und ich blinzelte und rieb mir über die klammen Haare. Mein Nicken wirkte etwas erzwungen, doch das würde man mir nach gerade eben nicht wirklich verübeln können. Die Art und Weise, mit der er mich festgehalten hatte, das war schon fast beängstigend gewesen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass er wirklich so sein konnte, so ... dominant. Doch warum überraschte mich das überhaupt noch? Sollte ich es nach der letzten Nacht nicht endlich mal besser wissen und vielleicht von vornherein der Einfacherhalber auf alles gefasst sein? Dann würde mich so etwas wie gerade eben nicht so extrem aus der Bahn werfen, dass mir immer noch die Nackenhärchen senkrecht nach oben standen. „Ja, sofort.“ murmelte ich und ging nochmal zurück ins Bad, trug etwas Parfüm auf und richtete mir die Haare vorm Spiegel. Mein Gesicht wirkte angespannt und ich klopfte mir mit den flachen Händen gegen die Wangen, um es etwas zu lockern, doch es half nur bedingt. War es wirklich schon acht? Kann doch nicht wahr sein, dass die letzte Stunde so schnell vergangen war und das, obwohl ich doch fast nur in Gedanken gehangen hatte. Oder vielleicht war das der Grund? Wenn man vor sich hin träumte, ging die Zeit doch immer schneller rum. Okay, ruhig bleiben. Ich musste ja nicht lange bleiben. Wenn ich mich über irgendetwas oder irgendjemanden zu sehr ärgern sollte, würde ich mich einfach früher wieder verabschieden und verschwinden und die anderen unter sich lassen. Vermutlich hatten sie ohne meine Laune eh viel mehr Spaß ... Als ich mein Gesicht zur Badtür wand, lehnte Toshiya im Türrahmen und fixierte mich. „Denkst du wieder darüber nach, wie schnell du abzischen und uns allein sitzen lassen wirst?“ Ich h-a-s-s-t-e ihn. „Nicht doch.“ spielte ich herunter und kam auf ihn zu, um ihn aus dem Badezimmer zu drängen. „Na dann bin ich ja beruhigt, sonst hätte ich dir gleich gesagt, dass das heute nichts werden wird.“ „Ach, und wie kommst du darauf?“ Ich griff meine Boots und zog sie mir über die Füße. „Weil ich heute gern etwas mehr von dir hätte, als nur zwei Bier.“ Meine Hände hoben die Lederjacke von der Garderobe, während ich Toshiya wieder ansah und lächelte. „Gut, dann mach ich eben drei draus.“ Doch so wirklich sicher war ich mir da nicht. Und ich sollte Recht behalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)