The blossoming beelzebub von KyokaiKodou (I'm your devil) ================================================================================ Kapitel 7: Sake and air ----------------------- Nachdem wir meine Wohnung verlassen hatten, entspannte sich das Verhältnis zwischen uns wieder. Es wäre auch recht kindisch gewesen, lange sauer zu sein, wegen etwas, was ich doch eigentlich provoziert hatte. Schließlich hatte er mir nicht mit böser Absicht weh getan, sondern eigentlich nur, um mich zu ermahnen und mich für einen Moment in die Schranken zu weisen. So gesehen doch genau das, was ich manchmal brauchte. Und wirklich weh tat es nun auch wieder nicht ... Moment, hatte ich es gerade befürwortet, dass mich jemand in die Schranken wies? Wie fertig konnten meine Nerven denn noch sein? „...hörst du mir überhaupt zu?“ Irritiert sah ich auf. Toshiya stand vor mir, hinter ihm die Kneipe, in der wir uns mit den anderen treffen würden. Ich hatte gar nicht so richtig mitbekommen, wie wir hier hergekommen waren. „Ehm ... entschuldige. Kannst du das vielleicht nochmal wiederholen?“ Meine Finger wanderten in meinen Nacken und kratzten mich unter dem Kragen. „Ich wüsste ja zugern was gerade so viel spannender gewesesn war, als meine Gegenwart.“ Tja, das wüsste der Herr Einsachtzig gern, hm? „Vielleicht beim nächsten mal.“ tröstete ich ihn nur halbherzig und bekam auch sogleich eine gespielt glaubwürdige Fratze zu sehen. „Ich hab Zeit, keine Sorge. Früher oder später werde ich dich sowieso besser kennen, als du dich selbst.“ Ich starrte ihn an. Nicht überrascht sein, Kyo, nein. Und nein, das war ich auch nicht. Aber ich konnte es trotzdem nicht vermeiden, dass meine Brauen nach oben wanderten und mein Blick alles andere als Vertrauen zeigte. „Ach, wirklich? Abwarten, Hara, abwarten.“ Und schwupps lächelte er, zynisch, berechnend, so als wenn er etwas wüsste, was mir jedoch einfach nicht einfallen wollte. Gut, vielleicht lag das auch nur daran, weil ich ihn beim Nachnahmen nannte. Schon kam er einen Schritt näher und als wenn ich auf Nummer sicher gehen wöllte, dass auch bloß niemand in der Umgebung etwas sehen, dann deuten und falsch verstehen könnte, warf ich fast schon unsichere Blicke um mich herum. Sofort lachte der Jüngere, ehe er sich räusperte. „Glaubst du wirklich es interessiert mich, ob du mich jetzt auf Abstand halten willst?“ Seine Stimme war gerade einmal so laut, dass ich sie verstehen konnte, das hoffe ich zumindest, doch sie war dennoch laut genug, um nicht nur in mein Ohr zu dringen, sondern noch viel tiefer. Mit einem Schnauben versuchte ich seine Worte aus meinem inneren herauszudrängen. „Wer sagt denn, dass ich das vorhabe?“ Mein Blick sollte gefasst sein, doch ich konnte in Toshiyas Augen lesen, dass er mich durchschaut hatte. Verflucht! „Dein Verhalten, dein Körper. Du sprichst sehr deutlich zu mir, Kyo und du solltest wissen, dass ich sensibel genug bin, aus deinen Gesten zu lesen.“ Ohja, das war er. Wenn Toshiya etwas war, dann sensibel und empfindsam und zwar für alles. Er hatte eine Art sechsten Sinn und das konnte ab und an schon ziemlich nerven. Doch mit den Jahren hatte er das nicht mehr allzu deutlich gezeigt und so war seine ‚Fahigkeit‘ schon wieder in Vergessenheit geraten. Dumm für mich. „Wirst du mich also bald wieder mit deiner Emphatienummer in den Wahnsinn treiben?“ versuchte ich ihn deswegen zu ärgern und ihm gleichzeitig zu verstehen zu geben, dass ich wisse, was kommen würde. „Nicht nur damit, Kyo.“ Er sah über meinen Kopf hinweg und lächelte auf eine träumerische Art und Weise, als wenn er in Gedanken schon wo ganz anders war. Und das Kribbeln in meinem Bauch schien aus der gleichen Richtung zu kommen. „Alles klar, wenn du‘s sagst.“ warf ich an und machte ein paar Schritte an ihm vorbei und Richtung Eingangstür der Kneipe. Anhand der Schritte hörte ich, dass Toshiya mir folgte und so hielt ich ihm nach Eintritt höflich die Tür auf. Er lächelte mir zu, doch gingen seine Augen schon durch den Raum und suchten unsere Kollegen. Sie hatten sich in einer etwas abgelegeneren Ecke niedergelassen. Gelöste Stimmung umfing uns und der Duft von Bier, Nudeln und Soja drang in unsere Nase. Es hatte etwas heimisches und entspanntes und ich atmete tief durch. Kaoru hob erfreut die Hände, als er uns kommen sah und deutete ihm gegenüber und neben Shinya. Nickend zog ich meine Jacke aus und schob mich auf die Sitzbank neben unseren Drummer, während Toshiya schräg neben mir auf dem Stuhl platz nahm. „Ich freue mich, dass du es dir nicht doch noch einmal anders überlegt hast.“ Die ruhigen Augen des Leaders musterten mein Gesicht und ich lächelte. „Ich hab‘ auch meine guten Tage.“ Was hätte ich auch sonst sagen sollen, dass Toshiya der einzige Grund gewesen wäre, der mich vom Feiern mit den anderen abgehalten hätte? Das stimmte schließlich nur zum Teil, der wirkliche Grund war ich doch selbst. „Fühlte es sich in eurer Wohnung auch wieder so merkwürdig an?“ begann Dai und löste damit eine Gesprächsrunde über das Heimweh und das dann tatsächlich eintretende Gefühl, wenn man heimkam, aus. Wir waren beim zweiten Bier, zwischen unseren Gläsern ein paar Cracker und die erste Sakeflasche. Mein Gesicht fühlte sich vom Alkohol wärmer an und meine Stimmung war erheitert. Ich lachte über Dai‘s Witze, die ich sonst eher mäßig amüsant fand und steckte mit meinem Kichern sogar Kaoru an. Das war so verdammt peinlich und noch peinlicher war es, dass man es wusste, aber nichts dagegen tun konnte. Vielleicht war es unbewusst und vielleicht war es auch wirklich nur ein Versehen doch ich bildete mir tatsächlich ein, dass ich unter dem Tisch immer wieder Toshiyas Knie an meinem eigenen spüren konnte. Wenn das tatsächlich nur Zufall sein sollte, dann doch ein sehr merkwürdiger. Möglichst unauffällig schielte ich zu ihm auf, doch seine Augen waren auf Dai und die anderen gerichtet. Dennoch fühlte es sich an, als ob sein Knie fester gegen meines drücken würde. Das konnte kein Versehen sein ... Selbst wenn er mich für das Tischbein halten würde,würde er doch sicher nicht so fest dagegen drücken. Nun bewegte es sich auch noch! Nur langsam, doch es drückte, ließ nach und bewegte sich etwas seitlich und dann wieder vor. Schon fast genervt zog ich mein Knie zurück und Toshiyas Mundwinkel zuckte einen Moment. Also doch! Du verdammter Scheißkerl, was soll‘n das? Er griff nach seinem Bierglas und nahm einen Schluck. Über den Glasrand spähten seine Augen zu mir und ich hob eine Braue und neigte den Kopf etwas schief. Die Lippen immer noch an seinem Glas hoben sich seine Mundwinkel zu einem versteckten Grinsen und ich hätte am liebsten meine Hand ausgestreckt und ihm das Glas in den Rachen gerammt. „Wie lange werden wir uns eigentlich eine Pause gönnen können?“ Shinyas Frage war berechtigt und ich sah interessiert zu Kaoru, welcher tief Luft holte und dann die Hände auf dem Tisch faltete. „Ich denke, zwei Wochen sollten genügen. Wir müssen die Live DVD zusammenschneiden und mir wäre es fast lieber, wenn wir damit gleich anfangen könnten.“ War das sein Ernst? Die Überraschung stand in allen Gesichtern, bis der Gitarrist einen nachdenklichen Laut von sich gab. „Aber ich brauche selbst eine Pause. Außerdem müssen wir darauf achten, dass Kyo seine Stimme wieder stabilisieren kann. Anderenfalls wird ein medizinischer Eingriff unumgänglich sein.“ „Müssen wir jetzt darüber reden?“ Ich rutschte auf meinem Platz etwas tiefer und stieß nun meinerseits an Toshiyas Bein, doch das war mir gerade ziemlich egal. Ich wollte nicht, dass wir jetzt und heute über mich und mein kleines Problem sprachen. „Ich krieg das schon hin.“ tat ich es somit ab. Einen Moment herrschte Stille und diese Stille erschlug mich. Es war nicht schwer zu erkennen, warum es so still war: sie sahen mich an, sie dachten nach, sie wollten helfen, etwas tun, um sicherzugehen, dass es problemlos weitergehen wird, dass überhaupt noch etwas gehen wird. Meine Lider senkten sich etwas und ich starrte auf die Tischkante, kratzte mit dem Daumen daran herum und biss mir innerlich auf die Zunge. Im Augenwinkel konnte ich sehen, wie Toshiya nach der Sakeflasche griff und mir einschenkte, dann tat er das gleiche bei sich und schob die Flasche dann wieder in die Mitte des Tisches. „Genug gegrübelt. Was passieren soll, wird auch passieren, doch darüber brauchen wir uns heute noch keinen Gedanken zumachen.“ Jetzt wäre ich ihm am liebsten um den Hals gefallen. Ein besseres Timing für seine Sensibilität hätte es gar nicht geben können und was er damit eigentlich bezwecken wollte, ging nun auch auf die anderen über. Zögerlich griff Shinya danach, ehe auch Dai seufzte und die Hand in die Luft hob. „Du hast Recht. Kyo wird schon wissen, was er tut.“ „Wir stehen das durch, so schlimm wird es schon nicht werden.“ klinkte sich nun auch der mir gegenübersitzende Gitarrist ein, ehe auch diesem eingeschenkt wurde und ich erleichtert die Augen schloss. Sie taten gerade so, als würden sie über meine Beerdigung sprechen, doch ich war unheimlich froh, dass das Thema schnell wieder vom Tisch war, so schnell wie es gekommen war und das dank Toshiya. Langsam sah ich zu ihm auf und unsere Blicke begegneten sich. Der Größere lächelte und prostete mir mit seiner kleinen Sakeschale zu. Ich erwiderte und lächelte ebenfalls knapp, bis ich das Funkeln in Toshiyas Augen sehen konnte. Oha, alles klar. Jetzt war ich ihm etwas schuldig, na prima. Doch was ich ihm schuldig sein würde, ließ sich nicht wirklich erraten und es hätte bei meiner Fantasie wirklich alles mögliche sein können. Allerdings ermahnte ich mich selbst, nicht zu weit zudenken. Schließlich waren wir immer noch Freunde und das seit Jahren, das würde er sicherlich nicht durch irgendeine unüberlegte Aktion ruinieren. Und wir waren jahrelange Kollegen und wir mochten doch einander und überhaupt ... Ein Stoß gegen mein Knie holte mich aus meinen Gedanken der Eventualitäten und ich fuhr unauffällig zusammen. Die Augen weiter geöffnete sah ich Toshiya an und er mich. „Hab ich ... was im Gesicht?“ fragte er mich mit einem mehrdeutigen Blick und erst dann wurde mir bewusst, dass ich ihn wohl angestarrt haben musste. Schon wieder? Das wurde ja langsam zur Gewohnheit. „Eh ... nein, ich war nur in Gedanken.“ gab ich leise zurück und rieb mir die Stirn. Den wievielten Sake hatte ich nun schon zwischen die Biergläser gekippt? Ich hatte nicht mehr ganz mitgezählt, doch dafür wurde das Drehen in meinem Schädel deutlicher. „Da kommt wohl jemand langsam in den Rausch!“ hörte ich Dai rufen und sah, wie er sich mit einem neuen Sakekrug zu mir beugte und nachschenkte. „Na komm, einen schaffst du noch!“ Er war selbst bereits gut dabei und die dicht bewimperten Augen hinter den roten Haarsträhnen leuchteten vergnügt und ziemlich alkoholisiert. Ich nickte und blinzelte mehrfach, als wenn der Schleier des Rausches damit wieder vergehen würde, doch so wirklich erfolgreich war das nicht. Egal. Es waren alle gut drauf und ich war es so weit auch. Beherzt griff ich mein Schälchen, prostete dem Tisch und somit allen zu und setzte an, um alles in einem Zug runterzukippen. „So ist‘s brav!“ rief Dai und Kaoru nickte zustimmend. Alles klar, scheinbar wollte mich meine komplette Truppe abfüllen. Super Kollegen. „Und noch einen für mich!“ hörte ich es dann tatsächlich vom Leader, der über den Tisch griff und mir erneut Reiswein eingoss. Echt jetzt? Toshiya lachte und schüttelte den Kopf und sein Lachen hatte gerade diesen kindlichen asthmaähnlichen Klang, den er früher schon hatte, da musste ich gleich mitlachen. „Okay, aber das ist der Letzte!“ verkündete ich und griff nun auch diese Schale, exte sie und stellte sie leer mit einem deutlichen Klacken auf den Tisch zurück. Allgemeiner Beifall aus meiner Trinkerrunde. So konnte man auch an Ruhm gelangen. Oh fuck, wie es mir schlagartig drehte! Ich bließ die Backen auf und stieß den Atem langsam und tief aus. In Ordnung, nun reichte es wirklich, das war genug und was genug war, war genug. „Leute, ich muss echt...“ versuchte ich meinen Abschied anzumelden und ein glucksender Shinya sah mich zuerst an. Seine Wangen waren gerötet und seine Finger von Crackerkrümeln voll. „Soll ich mitkommen? Ich werd nämlich auch gleich...“ „Du bleibst hier, bis der Krug leer ist!“ warf dann allerdings der rothaarige Gitarrist ein und hob gespielt drohend den Finger. Die beiden würden auch ein hübsches Paar abgeben, jedenfalls wenn sie beide schwul wären. Bei der Vorstellung musste ich grinsen und gluckste heiser vor mich hin. Die Vorstellung war einfach zu gut. „Oh, also gut, er sollte nun wirklich.“ Wand sich Kaoru dann an Toshiya und dieser nickte, leerte sein Rest Bier und schob das leere Glas mit der Sakeschale mehr zur Tischmitte. „Seh ich auch so, ich bring ihn heim.“ Ach, war der Herr Obermacho plötzlich wieder so nüchtern, dass er mich babysitten konnte? „Brauscht du nüsch ... isch ... kann auch allein.“ versuchte ich einzuwenden und schloss die Augen. War das gerade meine Aussprache gewesen? „Sicher.“ hörte ich die Antwort des Bassisten und sah, wie dieser aufstand und sich seine Jacke überzog. „Na komm schon.“ Er streckte die Hand nach mir aus, doch ich schob sie weg und verzog das Gesicht. „Pfotn‘ weg.“ Wow, vorsichtig, ich war schließlich nicht allein mit ihm! Einen mürrischen Laut von mir gebend griff ich also ebenfalls meine Jacke und schob mich von der Bank. Sofort wollten mir die Beine einknicken, doch da griff mich etwas am Arm und zog mich wieder auf. Toshiya, wer sonst. „Isch hab gesagt...“ „Sei jetzt still.“ zischte er mir zu und ich schob schmollend die Unterlippe vor, als wenn ich ihm damit drohen könnte. Natürlich konnte ich das nicht und mein Gesicht ließ ihn auch völlig kalt, doch mein schwammig und von Alkohol getränktes Hirn wollte das gerade nicht so ganz verstehen. „Pass auf ihn auf!“ hörte ich von weiter weg und meine Beine bewegten sich wie von selbst. „Aber klar, wir brauchen ihn doch noch!“ Toshiyas Stimme hörte sich nah an, doch ich schaffte es nicht den Kopf zu heben, zu sehr war ich damit beschäftigt, mich auf meine Beine und das Laufen zu konzentrieren und bloß nicht über meine Füße zu stolpern. Frische Luft kroch in meine Nase und tief in meine Lunge hinein und wir traten auf den Bürgersteig hinaus. Der Bassist zog mich am Arm an die Seite und nahm die Jacke aus meiner Hand, um sie mir hinzuhalten. „Anziehn‘.“ „Leck misch.“ war meine schnell genuschelte Antwort und mein Körper versuchte doch tatsächlich einen Schlenker an ihm vorbeizumachen, doch die Rechnung hatten meine Gliedmaßen ohne die Wirkung des Alkohols gemacht. Sogleich schwindelte es mir so sehr, dass ich es nicht einmal an Toshiya vorbei schaffte, ohne ihn dabei anzurempeln. Sein Arm fing mich ab und zog mich langsam doch deutlich wieder zurück. „Ich sagte, du sollst dich anziehen.“ wiederholte er mit Nachdruck und hielt mir erneut die Jacke hin. „Und ich sagte, du ... kannscht mich mal.“ Das Sprechen strengte mich an, dennoch war meine Stimme lauter geworden. Und das schien auch Toshiya aufgefallen zu sein. Etwas zerrte an meinen Armen und sein Duft stieg mir in die Nase, als er meine Jacke über meine Hände, Ellenbogen und Schultern zerrte. Er roch so gut. „Komm mir ... nicht zu nahe!“ murmelte ich gegen seinen Mantel vor meinem Gesicht, während er die Jacke vor meiner Brust zuzerrte. „Ich hab nicht vor dir hier draußen an die Wäsche zu gehen, also krieg dich ein.“ kam es ruhig von ihm und diese Ruhe machte mich innerlich rasend. „Du gehst mir auf‘s Schwein.“ zischte ich und drückte ihn weg, stolperte dann ein paar Schritte, ehe ich den Bürgersteig und die Richtung meines Heimwegs vor mir fand. Das war so peinlich. Besoffen sein ist das eine, doch besoffen sein in der Öffentlichkeit und dann auch noch in seiner Gegenwart! Es war offensichtlich, dass ich nicht mehr ganz die Kontrolle über mich und meinen Körper hatte. „Du hast ja keine Ahnung, wie sehr du mir gerade aufs Schwein gehst.“ hörte ich den Bassisten hinter mir, ehe er wieder neben mir war und ich seine Hand an meinem Ellenbogen fühlte, als wenn er mir dennoch den Weg weisen wöllte. Bitte was? „Dann verpiss dich eben!“ rutschte es mir so raus und ich zerrte meinen Arm von ihm weg, fuchtelte durch die Luft und schlug nach ihm, als wenn ich ihn somit auf Abstand halten könnte. „Wirst du doch früher oder später eh machen ...“ hörte ich mich murmeln und schüttelte den Kopf. „Nachdem du mich gevögelt hast, wirst du keinen Bock mehr haben und die Kurve kratzen.“ Oh Gott, was redete ich denn da? „Wahrscheinlich wirst du mir in Gedanken ne Note von eins bis sechs geben und dann hat sich die Sache für dich erledigt, stimmt‘s?“ Ich begann leise und heiser zu lachen, doch ich fand es absolut nicht witzig, weder, was da gerade aus mir heraussprudelte, noch dass er zuhörte. Und er schwieg. Er schwieg einfach. Ich hob das Gesicht, während ich weiter nach Hause torkelte, doch so langsam den Dreh raus hatte und meine Schritte fester wurden. „Du sagst also nichts? Wusst ich‘s doch. Du mieser Penner.“ Ich sah neben mich und an ihm empor, noch immer grinste ich. „Du bist so ein ...“ Doch als ich sein Gesicht sah, blieben mir die Worte im Hals stecken und mein Grinsen verschwand. Toshiya lief neben mir her und starrte auf den Boden, seine Augen geschmälert und die Lippen zusammengepresst. Er sah aus, als hätte man ihm fest in den Magen geschlagen. War ich zu grob gewesen? Natürlich. Ich hatte ihn arg beschuldigt und das nur, weil ich mal wieder mit mir selbst nicht zufrieden war und er doch gar nichts dafür konnte. Oder? Doch, konnte er sehr wohl! Zum Beispiel widersprechen, doch das tat er nicht! Also hatte ich doch Recht? Wollte er echt nur in die Kiste? In meinem Magen wurde es heiß vor Wut. „Sag endlich was!“ flüsterte ich scharf und biss mir auf die Lippe. Gerade jetzt sollte er besser nicht schweigen! Aber er schwieg weiterhin. Ich hatte keine Lust mehr. Sollte er doch seinen Mund halten, jetzt wollte ich auch nichts mehr davon hören! Von wachsender Wut getrieben marschierte ich die Straßen entlang, meinen stummen Gesellschafter weiterhin neben mir, doch ich ignorierte ihn. In Gedanken verfluchte ich mich dafür, dass ich überhaupt mit in die Kneipe gegangen war. Ich hätte den Abend allein verbringen sollen, dann hätte ich nicht so viel getrunken, hätte nicht so eine Scheiße gelabert und diese nervenzerreißende Spannung zwischen uns wäre gar nicht erst entstanden. Nun war es zu spät. Wir hatten meinen Wohnblock erreicht. Ohne auf den Jüngeren zu achten kramte ich meinen Schlüssel hervor und schloss die Haustür auf. „Nacht.“ hörte ich mich sagen und trat ins Wohnhaus und schaltete das Licht ein, doch die Tür hinter mir schloss sich nicht. Ein Blick über die Schulter sagte mir, dass Toshiya ebenfalls in den Hausflur getreten war. Prima. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)