Green Eyes von Kajia ================================================================================ Kapitel 4: Besuch ----------------- Odin´s POV: Als ich den Schlosshof betrat, empfing mich das übliche Aufgebot von Dienern und Wachen. Thor´s Lehrer standen im Halbkreis im Innenhof. Alle trugen vornehme Kleidung und waren mit Schmuck angetan. Nur Aren, den ich noch von früher sehr gut kannte, hatte sich nicht herausgeputzt. Er tat es nie! Die Stimme meines Erstgeborenen riss mich aus meinen Gedanken und als ich meinen Blick auf das Eingangsportal des Schlosses richtete, kam mir ein Wirbelsturm aus Goldblond und Kaminrot entgegen. „Vater!“, rief Thor und fiel mir stürmisch um den Hals. Ein sanftes Lächeln schob sich auf mein Gesicht, als ich den Kleinen in den Armen hielt. „Mein Junge.“, sagte ich und schob ihn auf Armslänge von mir um ihn zu betrachten. In dem einen Jahr war er ein gutes Stück gewachsen und seine Haare waren länger geworden. Die tiefblauen Augen hatten ihre Kindlichkeit verloren und sahen nun mehr aus wie die eines Prinzen. Thor trug menschliche Kleidung, doch sie sah an ihm so natürlich aus wie die asische Seide, aus der seine normale Kleidung bestand und ich war stolz meinen Sohn so zu sehen. Thor´s Augen suchten meine für einen Moment, bevor er sich komplett von mir löste und den Blick hinter mich richtete. Ich trat zur Seite und in diesem Moment stürmte Thor auch zu seiner Mutter, von der er in eine feste Umarmung gezogen wurde. Dabei gar nicht bemerkend, das er aus tiefen, grünen Augen sehr genau beobachtet wurde. Thor´s POV: Die Freude meine Eltern wiederzusehen, ließ mich allen Frust und die Demütigungen des letzten Jahres vergessen. Als ich in Frigga´s Armen lag, spürte ich ihre Liebe und Zuneigung wie einen warmen Kokon, der mich umhüllte und einen Moment konnte ich mich nicht dazu überwinden, sie loszulassen, bis sie mir mit ihrer sanften Stimme ins Ohr flüsterte: „Du solltest noch jemanden begrüßen.“ Ich ließ sie los und sie trat einige Schritte zur Seite, womit ich einen wunderbaren Blick auf einen kleinen, schwarzhaarigen Jungen hatte. Er trug eine grüne Tunika, schwarze Hosen und Stoffschuhe und ein kleiner silberner Reif schmückte seinen Kopf. Und er starrte mich aus smaragdgrünen Augen an, ein geheimnisvolles Lächeln dabei auf seinen Lippen. „Loki.“, flüsterte ich, bevor der Kleine scheinbar aus einer Art Trance erwachte und mit dem hellen Lachen eines Kindes seine Arme um meinen Hals schlang. Ich hielt ihn fest und spürte Tränen über meine Wange laufen, weshalb ich mein Gesicht in seinen Haaren verbarg und tief den Loki immer anhaftenden Geruch von Milch und Honig einzog. Als ich mich von ihm löste, sah ich, dass auch er Tränen in den Augen hatte und mit einer sanften Handbewegung wischte ich die salzigen Tropfen von seinen blassen Wangen. Dann nahm ich ihn an die Hand und bedeutete meinem Vater mir zu folgen. Es wurde Zeit meinen Geburtstag zu feiern. Die Feier dauerte bis spät in die Nacht und als ich mich zum Schlafen zurückzog fand ich einen, noch wachen Loki in meinem Bett vor. „Was tust du denn hier, kleiner Bruder? Solltest du nicht schon längst schlafen?“, fragte ich und erntete ein leises Kichern. Loki betrachtete mich aus seinen grünen Augen, während ich mir meine Schlafsachen anzog und erst als ich bei ihm unter der Decke lag, antwortete er mir: „Ich wollte noch ein bisschen mit dir reden, Bruder. Wir haben uns lange nicht gesehen.“ Seine Stimme ließ mich erschaudern, denn obwohl sie noch kindlich hoch war, wie für einen Dreijährigen üblich, hatte sie schon jetzt eine seltsame Anziehungskraft und ich fragte mich unwillkürlich wie sie klingen würde, wenn Loki einmal erwachsen war. Doch darüber wollte ich mir heute nicht den Kopf zerbrechen. Ich legte den Arm um Loki und zog den kleinen, schmalen Körper an mich. Erst als er seinen Kopf auf meine Schulter gebettet hatte fragte ich: „Worüber möchtest du denn reden?“ Einen Moment blieb es still in dem dunklen Zimmer, bevor Loki´s Stimme wieder erklang: „Hast du mich vermisst?“ Diese Frage kam so unerwartet, dass ich im ersten Moment lachen musste. Ich spürte wie er sich verspannte und zog ihn noch näher, bevor er sich aus meiner Umarmung befreien konnte. „Ich lache dich nicht aus, Loki! Das würde ich nie tun. Und ja, ich habe dich vermisst. Schrecklich!“ „Ich habe dich auch vermisst, Bruder!“ Die ganze Nacht redeten wir noch über unsere Erlebnisse im letzten Jahr und als wir letztendlich einschliefen, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie sehr ich den Kleinen wirklich vermisst hatte. Der nächste Tag kam schnell und als Loki und ich in den Speisesaal traten, saßen Vater und Mutter schon an einer der langen Tafeln. Vater redete mit meinen Lehrern und ich musste unwillkürlich das Gesicht verziehen, als ich daran dachte, dass sie über mich sprachen. Frigga saß daneben und schenkte uns ein aufmunterndes Lächeln, bevor sie sich mit Rinda unterhielt, meiner einzigen weiblichen Lehrerin. Odin hatte sie für meine künstlerische Ausbildung hierher geschickt, denn er meinte man sollte seinem Geist auch mal eine Pause von dem strengen Unterricht und dem harten Training geben. Rinda war eine talentierte Künstlerin und auch eine begeisterte Musikerin, doch ich hatte für die schönen Künste keinerlei Talent. Auf meinen Bildern erkannte man selten das Dargestellte und ich hatte nicht die Geduld um ein Instrument zu erlernen, aber Rinda blieb hartnäckig. Loki´s Zupfen an meinem Ärmel ließ mich aus meinen Gedanken hochfahren und gemeinsam mit ihm ging ich zu einer der Tafeln und begann gleich darauf zu essen. Mein kleiner Bruder schüttelte nur den Kopf und wenn ich es nicht besser gewusst hätte, würde ich seinen Gesichtsausdruck glatt als resigniert bezeichnen. Das Frühstück verlief ruhig und nach dem Essen wollte mein Vater mit mir sprechen, weshalb wir einen Ausritt machten. Mittlerweile kam ich sehr gut mit Pferden klar und hatte auch schon die ein oder andere Jagd begleitet, weshalb ich mühelos mit meinem Vater Schritt halten konnte. Lange Zeit sagte er nichts, bis wir den Wald erreichten und in den Schatten der hohen Bäume eintauchten. Erst dann erhob Odin seine dunkle Stimme und ich schenkte ihm meine Aufmerksamkeit. „Ich habe mit deinen Lehrern gesprochen, Thor.“, begann er und ich verspannte mich leicht. „Sie haben mir nur Gutes berichtet und vor Allem Aren hatte nur Lob für dich übrig. Und ich bin stolz das zu hören.“ Mit einem unmerklichen Seufzer entspannte ich mich wieder, bevor ich anfing zu grinsen und sagte: „Hast du denn etwas anderes erwartet Vater!“ Odin warf mir einen strengen Blick zu und ich zügelte mein Temperament. „Thor, ich werde mir nachher deine Fortschritte ansehen und dann vielleicht einen Zeitraum festlegen, den du noch auf der Erde bleiben sollst. Außerdem habe ich, auf Anraten deiner Lehrer vor, dir ein paar Klassenkameraden zur Verfügung zu stellen. Gerade Balder war der Meinung das du Umgang mit Gleichaltrigen brauchst und auch ich bin dieser Ansicht.“ „Aber Vater! Sollte ich mir meine Freunde nicht selber aussuchen dürfen?“, fragte ich und spürte wie die Wut, die mich schon damals heimgesucht hatte, wieder in mir zum Vorschein kam. „Thor“, sagte mein Vater und seine Stimme klang kühl und befehlend: „Ich möchte das du mit den richtigen Leuten Umgang pflegst und ich spüre immer noch, dass du zu sehr auf deinen Bruder fixiert bist. Du darfst dich nicht so leicht ablenken lassen.“ Ich wollte widersprechen, doch mein Vater unterbrach mich, diesmal mit sanfterer Stimme: „Ich weiß, dass das eine schwere Situation ist. Aber glaub mir, dass ich nur das Beste für dich will.“ Mit diesen Worten gab er seinem Pferd die Sporen und preschte wieder aus dem Wald. Ich folgte ihm und grübelte dabei über seine Worte nach. Am Abend hatte mein Vater alle meine Stunden besucht und ich war mir fast sicher, dass mir sein Urteil nicht gefallen würde. Erschöpft vom Training und angespannt wegen des bevorstehenden Urteils saß ich zusammengesunken in dem großen Salon, der den privaten Unterredungen diente. Ich saß in einem weichen Sessel vor dem Kamin und Loki leistete mir Gesellschaft. Er schien zu spüren, dass gleich etwas wichtiges passieren würde und versuchte mich so gut es ging abzulenken, doch ich hatte für seine Versuche nur ein schwaches Lächeln übrig. „Mach dir keine Sorgen, Bruder. Alles wird gut!“, sagte er in dem Moment, als mein Vater und meine Mutter den Salon betraten. Ich wollte mich erheben, doch mit einer Handbewegung hielt Odin mich davon ab. Mutter ging zielstrebig auf Loki zu, nahm ihn auf den Arm und verließ wieder den Raum. Alles ohne mich einmal anzusehen und ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass, wenn sie es tat, sie in Tränen ausbrechen würde. Mein Vater nahm auf dem Sessel mir gegenüber Platz und unwillkürlich spannte ich alle meine Muskeln an, wie eine Raubkatze bereit zum Sprung. Ohne groß drum herum zu reden kam mein Vater gleich zum Thema und sagte: „Ich habe beschlossen, dich bis zu deinem zehnten Geburtstag auf Midgard zu lassen.“ Die Stille, die auf seine Worte folgte war unheimlich und fast zum Greifen nahe. Ich spürte wie meine Augen sich weiteten und in meinem Kopf spukten die Worte: Drei Jahre!, umher. Unbeirrt fuhr mein Vater fort: „Ab nächste Woche werde ich dir vier Kinder in deinem Alter schicken. Sie werden dich begleiten, mit dir zum Unterricht gehen und mit dir spielen. Hast du mich verstanden?“ Einen Moment saß ich noch geschockt da, bevor ich meine Miene wieder unter Kontrolle hatte und meinem Vater starr in die Augen blickte, bevor ich sagte: „Ja, Vater!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)