Green Eyes von Kajia ================================================================================ Kapitel 21: Liebe ist Freundschaft ---------------------------------- Thor´s POV: Die Entscheidung unserer Zusammenarbeit wurde von allen Seiten mit Wohlwollen aufgenommen. Vater war begeistert von der Idee und auch Mutter schien erleichtert zu sein. Mein Team nahm es ebenfalls gut auf, denn Loki war ein guter Arzt und ein noch besserer Zauberer. Mit dieser Fähigkeit rettete er uns ein ums andere Mal das Leben. Auf diese Weise vergingen Jahrhunderte und ohne es zu bemerken veränderte sich etwas zwischen Loki und mir. Das erste Mal bemerkte ich es, als wir Svartalfheim waren und aus dem Hinterhalt angegriffen wurden. Die Elfenkrieger brachten uns zu ihrem Stammesoberhaupt und dieser, zwar schön von Gestalt, aber hart in der Seele, verlangte unsere sofortige Hinrichtung. Nur Loki´s Verhandlungsgeschick und seinen bezaubernden Worten verdankten wir unsere Freilassung. Dies war der Tag an dem Loki den Spitznamen „Silberzunge“ erhielt. Der Name passte, doch er brachte mich auch zum Nachdenken. Loki war ein Genie. Er war klug, gerissen und so schön, dass die jungen Damen und die Dienstmädchen sich kaum auf ihre Aufgaben konzentrieren konnten, wenn er in der Nähe war. Auch junge Männer begannen sich für meinen hübschen Bruder zu interessieren, war dazu führte, dass Loki sich regelmäßig in der Bibliothek verschanzte, oder gefährliche Missionen herbeisehnte, um den lüsternen Blicken zu entkommen. Auch unseren Eltern blieb die Situation nicht verborgen und besonders Mutter war besorgt um ihren Jüngsten. Die Jahre zogen ins Land und mit jedem Tag, welcher verging wurde die Stimmung um Loki´s Person ungehaltener. Die Mädchen beschwerten sich, dass er sie regelmäßig abwies und ich ahnte, dass es bald zu Handgreiflichkeiten kommen würde, da auch die jungen Männer sich zurück gestoßen fühlten. Dies führte zu dem Gespräch, welches ich an dem Krönungstag von der sterblich Victoria von England mit ihm führte. Loki interessierte sich in dieser Zeit für menschliche Politik und Kolonialisierung, weshalb er sich von den Priestern eine Seherkugel hatte anfertigen lassen. Die Warnung der alten Männer schlug er einfach in den Wind und verbrachte lieber stundenlang damit, in seinem Zimmer zu sitzen und die Sterblichen zu beobachten. Auch an diesem Tag saß er über die kopfgroße Kugel gebeugt, als ich das Zimmer betrat. Fasziniert starrte er in das klare Bild und sagte: „Sieh dir das an, Bruder. Diese Frau wird England, Europa und die ganze Welt verändern.“ Kurz spähte ich über seine Schulter hinweg und erblickte das Bild einer jungen Frau, die gerade auf dem Thron platz nahm. Doch ich war nicht hier, um mir die Krönung einer sterblichen Königin anzusehen und sagte stattdessen: „Ich muss mit dir reden, Loki!“ Der Schwarzhaarige blickte auf und runzelte die Stirn. Er kannte mich besser, als unsere Mutter und wusste, dass es etwas ernstes war, wenn ich ihn bei seinem Namen nannte. Kurzerhand löste er den Zauber, der auf der Kugel lag, und bedeutete mir zu den zwei Sesseln vor dem Kamin zu gehen. Mit einer Handbewegung seinerseits erschien ein Diener, der Tee und Früchte brachte, bevor er verschwand und uns allein in dem großen Zimmer ließ. Ich blickte zu Loki, der mich mit seinen smaragdgrünen Augen musterte und unwillkürlich musste ich schlucken, denn meine Kehle war plötzlich staubtrocken. „Hör zu, Loki,“, begann ich und senkte den Blick, um einen klaren Kopf zu behalten: „Du weißt, dass die Stimmung im Palast immer gereizter wird.“ Ich sah sein Nicken aus den Augenwinkeln und holte noch einmal tief Luft, bevor ich fortfuhr: „Weißt du, es liegt daran, dass die jungen Damen am Hofe langsam ungeduldig werden. Du weist sie seit langer Zeit ab, nimmst die stattdessen aber auch keinen Geliebten und langsam machen wir uns alle Sorgen. Du solltest dir wirklich einen Partner suchen, und sei es nur, um Gelüste zu befriedigen.“ Als ich geendet hatte war es lange Zeit still im Raum. Ich blickte wieder zu ihm, doch er starrte in die tanzenden Flammen des flackernden Kaminfeuers und ich rechnete damit, jeden Moment aus dem Zimmer geworfen zu werden. Doch als mit seiner ruhigen Antwort hatte ich nicht gerechnet: „Ich weiß, dass ihr euch Sorgen macht, Thor“ Er blickte mich wieder an und seine Augen glühten regelrecht vor unterdrückten Emotionen. „Doch glaub mir, es gibt einen Grund, warum ich mir keinen Gefährten suche.“, sagte er. Wieder starrte er in die Flammen, bis er mich plötzlich fragte: „Kennst du die Sagen und Lieder, welche die Sterblichen über uns geschrieben haben?“ Seine Frage verwirrte mich und ich schüttelte den Kopf. Er blickte mich wieder an und fuhr fort: „Die Menschen schreiben: Loki ist schmuck und schön von Gestalt, aber bös von Gemüt und sehr unbeständig. Er übertrifft alle andern in Schlauheit und in jeder Art von Betrug. Außerdem sind sie der Meinung, dass Odin´s Pferd Sleipnir mein Sohn ist. Überhaupt scheine ich der Vater von allerlei Monstern zu sein. Auch Fenrir, Jörmungandaal und Hel, die Todesgöttin, gehören dazu. Die Menschen halten mich für die Hure Asgards.“ Entsetzt starrte ich ihn an und versuchte seine Worte zu begreifen. Ich hatte nie von diesen Geschichten gehört und nun verstand ich auch Loki´s Gefühle. Für Götter war die Jungfräulichkeit, egal ob bei einem Mann oder einer Frau, etwas Heiliges. Oftmals dauerte es Jahrhunderte bis sie ihre Keuschheit aufgaben, was bei unserer Lebenserwartung nicht viel war. Sie gaben ihre Reinheit nicht jedem und ich wusste, dass gerade Loki niemanden freiwillig in seine Nähe ließ. Er ertrug die Berührungen anderen Personen nur sehr sporadisch. Ausschließlich Mutter und ich konnten ihn immer berühren, ohne das es ihn störte. Nicht einmal Vater hatte dieses Privileg und ich fragte mich plötzlich, wieso nicht. „Ist das der Grund warum du alle abweist?“, fragte ich und er nickte betrübt. „Ich will niemandem eine Angriffsfläche bieten, denn ich weiß, dass diese Lieder irgendwann bekannt werden und schon allein die Passage, dass ich mit Sigyn verheiratet sein soll, reicht für Spott für die nächsten Jahrhunderte.“ Ein eiskalter Schauer rieselte mir über den Rücken, als ich das hörte. Sigyn war eine Dame, welche am Hofe lebte. Ihr Vater war ein Berater Odins und vor einigen Jahrzehnten hatten unser und ihr Vater kurzzeitig überlegt, Loki und Sigyn miteinander zu vermählen. Doch Sigyn war nahezu obsessiv geworden, als sie von den Plänen erfuhr. Sie verfolgte Loki auf Schritt und Tritt, brach in sein Zimmer ein und platzte sogar in sein Magietraining, weshalb er sich beinahe selbst entzündet hätte. Völlig fertig mit den Nerven stand er eines Abends vor meiner Zimmertür und bat um Zuflucht, da er sich nicht traute sein Zimmer zu betreten, aus Angst Sigyn könnte wieder auf ihn warten. In dieser Nacht schliefen wir das erste Mal seit vielen hundert Jahren wieder in einem Bett und es sorgte dafür, dass ich am nächsten Morgen aufwachte und das Gefühl hatte, dass die Welt nun perfekt war. Diesen Gedanken hatte ich damals schnell unterdrück und glücklicherweise entschied sich Vater gegen eine Vermählung. Die Berichte der Dienerschaft und Loki´s anstehender Nervenzusammenbruch rieten von einer Hochzeit ab. Sigyn war daraufhin wutschnaubend aus dem Palast verschwunden und bis jetzt war mir eine weitere Begegnung gnädigerweise erspart geblieben. Ein leises Klirren riss mich aus meinen Gedanken und ich beobachtete Loki dabei, wie er Tee in eine Tasse goss und sie dann mit den Händen umklammerte, immer wieder einen Schluck dabei von der heißen Flüssigkeit nehmend. Er sagt blass aus und besorgt bemerkte ich den trüben Ausdruck in seinen Augen. Es tat mir in der Seele weh, ihn so zu sehen und spontan stand ich auf, um mich vor ihm auf die Knie sinken zu lassen. „Sag mir, Bruder, gibt es denn niemanden, mit dem du eine Beziehung wenigstens versuchen würdest? Irgendjemanden den du lieben könntest?“ Loki lächelte traurig und löste eine seiner schlanken Hände von der zierlichen Tasse. Vorsichtig legte er seine kühlen Finger auf meine Wange und strich über mein Gesicht, als müsse er sich die Züge so einprägen. „Es gibt jemanden, den ich bereits seit langer Zeit liebe, doch er würde mich verstoßen, sollte er von meiner Liebe erfahren.“, sagte er und die Tatsache, dass er von einem Mann sprach, überraschte mich weniger, als es sollte. Gleichgeschlechtliche Beziehungen waren nicht verboten und da Loki der zweite Prinz Asgards war konnte er frei wählen und irgendwie hatte ich schon immer geahnt, dass Loki sich für einen Mann entscheiden würde. Er einfach nicht für Frauen geschaffen. Ich hob die Hand und bedeckte seine, die immer noch auf meiner Wange lag, mit meiner. „Du hast es doch sicher noch nie versucht. Woher willst du wissen, dass er dich zurückweisen würde, wenn du ihm deine Liebe gestehst? Niemand könnte das, Loki.“ Sein Lächeln wurde noch eine Spur melancholischer und plötzlich senkte er seinen Kopf, bis seine Stirn an meiner ruhte. „Liebe ist Freundschaft.“, sagte er und sah mir dabei tief in die Augen: „Also sag mir, mein Freund… mein bester Freund, würdest du unsere Freundschaft zerstören, wenn ich dir sagen würde, dass du es bist, der mein Herz in seinen Händen hält. Was würdest du tun, wenn ich dir hier und jetzt sagen würde: Ich liebe dich!“ Und plötzlich spürte ich seine Lippen auf meinen. Hauchzart, seidenweich und so verboten, dass ich nichts tun konnte, außer aus weit aufgerissenen Augen meinen Bruder anzustarren, der mir gerade seinen ersten Kuss schenkte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)