Bakaito und Ahoko von Mopsbacke (Eine Kaito-Aoko-Romanze) ================================================================================ Kapitel 8: Case 8: Freitagnachtsoli ----------------------------------- „Teuerstes Polizeiquartier, ich weiß, wir haben uns lange nicht gesehen, aber an diesem Sonnabend werde ich Dir dein wertgeschätztes Juwel rauben. In Liebe, Kaito Kid.“ Nakamori konnte nicht fassen, was er da las. Seine Knöchel wurden weiß, so fest ballte er die Fäuste, während er nach Erklärungen suchte. Sein Schnurrbart zitterte vor Aufregung und Zorn. Woher nur konnte Kaito vom Juwel des Polizeiquartiers erfahren?! Die Polizisten hatten erst gestern den Juwel, einen roten Beryll von erstaunlichem Ausmaß und einem unvergleichlichen Glanz, von einem reichen Unternehmer erhalten, um ihn, während ebendieser eigentliche Besitzer für einige Tage ins Ausland verreisen musste und seinen Juwelen nicht unbeobachtet lassen wollte, zu beschützen. Und nun wusste ausgerechnet Kaito Kid davon! Es war zum Auswachsen! Gab es etwa einen Spitzel unter den Polizisten? Oder wie konnte Kaito Kid von solchen Dingen, die nun wirklich unter äußerster Diskretion im Polizeiquartier besprochen wurden, wissen?! Manchmal hatte Nakamori das Gefühl, Kaito wisse von diesen Juwelen lange vor ihm selbst. Kaito hockte selbstzufrieden an seinem Schreibtisch. Dieser „Red Beryll“ war genau das, was er in diesem Moment brauchte. Dieses ganze Aoko-Durcheinander hatte ihn seine Tätigkeiten als Meisterdieb völlig vernachlässigen lassen! Doch damit war nun Schluss. Er würde sein Leben wieder in den Griff kriegen – und wenn er dafür kriminelle Akte ausüben musste, dann musste das eben so sein! Vor ihm lagerten Bücherberge und Altpapierseen – dieser Plan war der beste, den er jemals ausführen würde. Die Nachricht war bereits abgesendet und bestimmt auch schon von Nakamori empfangen worden – alles war bereits ins Rollen gebracht worden. Nun gab es kein Zurück mehr. Behände ließ Kaito seinen Bleistift über das vor ihm ausgebreitete Papier kreisen, sodass aus Ideen Pläne wurden und er seinem Ziel, dem Raub des Juwels des Polizeiquariters, unaufhaltsam näher kam – zumindest gedanklich. Aoko saß am Küchentisch, damit beschäftigt einen Fisch auf’s Feinste zu sezieren. Ihre Hand zitterte, als sie mit dem Messer die Flossen entfernte. Ein Fisch. Natürlich war es ein Fisch. Was auch sonst. Sie hob das Messer auf Augenhöhe und betrachtete es mit verlorenem Blick. Schuppen klebten an der Klinge. Der Fisch starrte sie vom Schneidebrett her genauso leer an wie sie das Messer anstarrte. Als sie es bemerkte, ließ sie das Messer hinunter schnellen, um ihm den Kopf abzuschlagen. Vielleicht wollte sie ihm auch nur das Auge aushacken. Sie war sich selbst nicht sicher. Bevor sie das Messer in dem Fisch versenken konnte, hielt sie inne – Zentimeter über der schuppigen Haut schwebte die Klinge des Messers. Das Telefon klingelte aus dem Nebenzimmer. Aoko rammte das Messer stattdessen in das Holzbrett und lief zum Telefon. Es brach Nakamori das Herz, seiner Tochter mitteilen zu müssen, dass er auch diesen Samstag wieder einmal durch Kaito Kid verhindert sein würde. Und noch mehr, dass er heute Nacht erst spät nach Hause kommen würde, weil es noch so viel vorzubereiten gäbe. Doch Aoko hatte sich nicht beschwert. Das war das Schlimmste daran, wenn er darüber nachdachte. Sie beschwerte sich nie. Sie verstand es. Immer. Als sie klein war, hatte Aoko oft geweint, wenn er stundenlang weg war. Das hieß, bis dieser Kaito-Junge sich ihrer angenommen hatte und sie mit Zaubertricks aufgemuntert hatte. Heute weinte Aoko überhaupt nicht mehr. Heute nahm sie alles hin. Er wusste, dass es sie ärgerte – nun, zumindest konnte er es sich gut vorstellen – doch sie würde ihm nie einen Vorwurf machen. Dabei hatte er so viele Vorwürfe verdient. Und Schuld an allem war nur dieser Kaito Kid! Nakamori schlug wütend mit der Faust auf seinen Schreibtisch, von dem nun Kaitos Schreiben ehrfürchtig herunter flatterte. Kaito legte sich die Sachen für den nächsten Tag sorgfältig zusammen. Der Anzug, der Zylinder, das Monokel. Alles aufpoliert und gebügelt – sofern es eben für das jeweilige Kleidungsstück möglich war. Der Gleitflieger war ebenfalls schon komplett vorbereitet. Ja, morgen würde ein guter Tag werden. Seine Zeichnungen und Pläne hatte er wild durcheinander ge- und verworfen. Papier konnte seine Genialität nicht festhalten. Sein Zauber würde morgen spontan kommen. Impulsiv. Die schönste Form der Magie. Er brauchte keine Pläne. Nicht mehr. Morgen würde alles so klappen. Und wenn nicht, dann endete es eben mit einem Knall. Aoko hängte den Telefonhörer wieder auf die Gabel. Natürlich. Morgen würde Kaito Kid also mal wieder sein Unwesen treiben. Worte konnten ihren Hass gegenüber Kaito Kid nicht beschreiben. In ihr kochte es. Sie musste sich zusammenreißen, nicht laut loszuschreien. Ein Raubzug von Kaito Kid war das letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Ihr Vater würde den ganzen Tag lang weg sein, sie wäre alleine zuhause und machte sich ununterbrochen Sorgen. Ohne es zu merken, war sie zurück an den Küchentisch gewankt, wo sie sich auf den Stuhl und ihren Oberkörper auf den Tisch hatte fallen lassen. Nein, morgen würde sie ihren Vater nicht alleine lassen. Sie würde mitkommen. So wie sie sonst mit Kaito mitgekommen war. Nur, dass es diesmal eben ohne Kaito sein würde. So wie jetzt vermutlich alles ohne Kaito sein würde. Als Ginzo Nakamori um kurz nach Mitternacht sein Zuhause betrat, strömte ihm ein seltsamer Geruch entgegen, der aus der Küche zu kommen schien. Er schlich durch das Haus, um Aoko nicht zu wecken. In der Küche fand er auch sofort den Quell des Gestanks: ein Fisch. Doch dies war nicht das einzige, das er fand. Neben dem Fisch lag seine Tochter, mit dem Oberkörper ausgestreckt auf dem Tisch, die Arme unter dem Gesicht verschränkt. Ein seltsamer Anblick – eine Tochter und ein Fisch. Um Mitternacht in der Küche. Behutsam hob er Aoko auf seine Arme. Zärtlich, ganz zärtlich um sie nicht zu wecken. Er fühlte sich wieder wie der Vater einer Siebenjährigen, nicht wie der Vater einer Siebzehnjährigen. Lediglich in seinem Rücken und ein paar anderen Knochen fühlte er den Unterschied. Dennoch brachte er sie wohlbehütet in ihr Bett. Es wunderte ihn, dass sie nicht aufgewacht war – und vermutlich empfand er es auch als schade, war dies doch eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, seine Tochter zu sehen. Doch vermutlich hatte sie einen harten Tag hinter sich, und er wusste, es wäre selbstsüchtig gewesen zu hoffen, sie sei noch wach. Statt nun also Gespräche mit seiner Tochter zu führen entsorgte er den Fisch. Lediglich über die vielen, ihm bisher unbekannten Kerben und Schnitzer im Holzbrettchen wunderte er sich – doch vermutlich erschienen sie ihm nur so unbekannt, weil er so selten zuhause war. Das war zumindest seine Erklärung. Kaito hingegen ging allein zu Bett – ohne Fisch und ohne, dass ihn jemand ins Bett trüge. Ihn begleiteten nur die Gedanken an den nächsten Tag. An seinen großen Coup. Ein Coup ohnegleichen. Er war schon fast aufgeregt. Oder war es Vorfreude? Auf jeden Fall kribbelte es ihn gewaltig in den Langfingern. Als Aoko die Augen langsam aufschlug, fühlte sie die Schwere ihrer Bettdecke auf sich und blickte im Halbdunkel an ihre Zimmerdecke. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, ins Bett gekrochen zu sein. Sie blickte auf die Digitaluhr neben ihrem Bett. Drei Uhr früh. Noch genügend Zeit, um sich zurechtzulegen, wie sie ihrem Vater erklären würde, dass sie am morgigen – oder inzwischen auch schon heutigen – Tag unbedingt während Kaito Kids Überfall dabei sein müsse. Kaum hatte sie einen halbwegs klaren Gedanken gefasst, fielen ihr die Augen auch schon wieder zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)