Home, sweet home? von Shizana (Rumishipping vs. Rocketshipping) ================================================================================ Kapitel 2: Willkommen zu Hause ------------------------------ „Kojiro-sama“, sprach sie ihn erneut an und ihre Stimme klang so lieblich wie die eines Engels. „Ihr seid zurück. Rumika ist so glücklich, Euch zu sehen, nicht wahr?“ Kojiro antwortete ihr nicht. Nur ein leises Schnaufen war zu hören dank seiner erneuten Bemühungen, irgendwie die Fesseln von sich zu lösen, die ihn noch immer im Zaum hielten. Von Wiedersehensfreude war nicht zu sprechen, ganz im Gegenteil – nichts würde er lieber tun, als die Beine in die Hand zu nehmen und so schnell es nur irgend möglich war zu flüchten. Lieber wäre er einem Darkrai in die Hände gefallen, als in diesem realen Albtraum gefangen zu sein. „Okaa-sama und Otoo-sama werden sehr erfreut sein, Kojiro-sama wiederzusehen. Er wurde schmerzlich vermisst, nicht wahr? Rumika hat ihn sehr vermisst.“ Zwecklos, das Seil ließ sich einfach nicht lockern. Es war so demütigend zu wissen, dass er auf ihre Gnade angewiesen sein würde, ihn wieder freizulassen. Er wagte einen vorsichtigen Blick über seine Schulter zu dem Anwesen, von dem er wusste, dass er es schon bald wieder betreten müssen würde. „Wo sind sie?“, fragte er, wobei ihn viel mehr interessierte, ob seine Eltern ebenfalls anwesend waren. „Sie werden schon bald hier sein“, erklärte Rumika und blickte sich vergewissernd zu dem Butler neben ihr. „Nicht wahr?“ Der Butler deutete der jungen Dame eine Verbeugung an, ehe er sprach. „Ich habe den Meister und seine Frau bereits über die Rückkehr unseres jungen Herrn in Kenntnis gesetzt“, bestätigte er in aller Seelenruhe dieser Welt. Kojiro korrigierte diese nette Formulierung in „dass ich ihn erfolgreich entführt und gegen seinen Willen nach Hause geschleppt habe“, das entspräche schon eher der Wahrheit. „Sie werden in drei Tagen hier eintreffen.“ „In drei Tagen?“, wiederholte Kojiro die Worte des Butlers und war hörbar überrascht. „Das heißt, sie sind nicht hier?“ „Eure werten Eltern befinden sich derzeit noch auf einer Geschäftsreise, Kojiro-bocchama“, erklärte er gewissenhaft. Der Rocket atmete hörbar aus. Dass seine Eltern nicht hier waren, hatte mit Sicherheit etwas Gutes. Solange sie nicht vor Ort waren, würde keine Hochzeit stattfinden – niemand konnte ihn also dazu drängen, seine sogenannte Pflicht noch jetzt und sofort zu erfüllen. Rumika würde sich also noch gedulden müssen, ob sie es nun wollte oder nicht. Doch andererseits bedeutete ihre Abwesenheit auch, dass er mit Rumika alleine war. Und den zig Angestellten des Hauses, okay. Aber was machte das schon aus, wenn  er seine wahnsinnige Verlobte die ganze Zeit um sich wusste? Alleine der Gedanke daran bereitete ihm Unbehagen. Und nicht nur das, er konnte schon jetzt die Panik in sich aufsteigen spüren. Er musste von hier verschwinden, so schnell es ging! So viel stand fest. „Wie dem auch sei“, verkündete Rumika in diesem Moment und klatschte dabei einmal in die Hände. „Kojiro-sama, wollen wir nicht reingehen? Rumika wird uns einen Tee bringen lassen und dann können wir uns in aller Ruhe unterhalten, nicht wahr?“ ‚Unterhalten…‘, wiederholte er sie in Gedanken und zweifelte sofort an der Bedeutung dieses Wortes. Rumika würde vermutlich so einiges mit ihm anstellen, aber sie würde sich gewiss nicht mit ihm „unterhalten“. „Kojiro-sama?“ „Ich kann nicht aufstehen“, grummelte er ihr widerwillig zur Antwort und zog ein trotziges Gesicht. Das war natürlich gelogen, selbstverständlich könnte er aufstehen, wenn er nur wollte. Der Schmerz in seinem Bein war abgeklungen und er zweifelte nicht daran, dass er von allein wieder auf die Füße kommen würde. Aber selbst dann bestünde noch immer dieses klitzekleine Problem mit seinen Fesseln. „Oh, natürlich!“, reagierte sie nur einen Augenblick später und es klang so, als hätte sie vollkommen vergessen, in welch missliche Lage sie ihren Verlobten gebracht hatte. „Nur keine Sorge, Kojiro-sama, das haben wir gleich, nicht wahr? Jiiya?“ Sie wandte sich an den Butler, der mit einer weiteren Verbeugung an sie herantrat. „Seid doch bitte so lieb und helft Kojiro-sama ins Haus.“ „Jawohl, Rumika-sama“, bestätigte er ihre Anweisung und schon hatte er sich seinen jungen Herrn unter den Arm geklemmt. Unbeeindruckt seines Gepäcks ging er schließlich auf das große Familienhaus zu, hinter sich eine kichernde Rumika, welche sich allem Anschein nach sehr über die entgleisten Gesichtszüge ihres Verlobten zu amüsieren schien.   Zwei Bedienstete öffneten die hohen Türen und ließen den Butler mit seinem menschlichen Gepäck und der jungen Dame im Schlepptau in das Familienhaus eintreten. Entlang des langen roten Teppichs, der sich mittig durch den breiten, hell beleuchteten Empfangssaal zog und Gästen so den Weg zur ersten Treppe wies, standen weitere Bedienstete der Reihe nach aufgestellt in einheitlichen Trachten. Es mussten an die zwölf auf jeder Seite sein, doch das wollte Kojiro lieber nicht nachzählen. Kurz fragte er sich lediglich, ob seine Eltern in den vergangenen Jahren so viel mehr Leute in ihre Dienste gestellt hatten. Er konnte sich zumindest nicht daran erinnern, dass er schon immer von so vielen Leuten empfangen worden war. Sie traten einige Schritte vor, bis der Butler endlich zum Stehen kam und sich daraufhin, wie auf einen stummen Befehl hin, die gesamte Reihe Bediensteter verbeugte und sie im einstudierten Chor begrüßten: „Willkommen Zuhause, Kojira-sama, Rumika-sama.“ „Jiiya, lass mich runter“, flüsterte Kojiro zu dem Butler hoch und gab sich alle Mühe, es mehr wie einen Befehl als eine Bitte klingen zu lassen. Er war es nicht gewohnt anderem Befehle zu erteilen und er mochte es auch nicht, trotzdem schien er zu dem hochgewachsenen Mann durchzudringen und wurde sogleich auf die Beine gestellt. „Bitte verzeiht mir, Kojiro-bocchama“, sprach er leise dabei und Kojiro wusste, dass die Entschuldigung ernst gemeint war. „Schon gut.“ Nur widerwillig drehte er sich nach seiner Verlobten um, die sich wohl lieber etwas weiter zurückgehalten hatte und er hatte unweigerlich das Gefühl, als wolle sie damit nur sichergehen, dass er keinen Fluchtversuch unternehmen würde. „Könntest du mir jetzt bitte wieder die Fesseln abnehmen?“ Er verkniff es sich zu erwähnen, dass ihm diese Gefangenennummer vor den Angestellten peinlich war. Vermutlich würde es Rumika nur noch mehr darin bestärken, ihr kleines Machtspielchen noch etwas länger zu demonstrieren. Statt ihm zu antworten, holte Rumika ihren Fächer hervor und hielt ihn sich auf die typische verhaltene Art einer Dame vors Gesicht. Er vermochte jedoch nicht zu verbergen, wie sie ihren Verlobten abschätzend musterte. „Kojiro-sama“, sprach sie schließlich verdächtig ruhig und ließ ihren prüfenden Blick ein letztes Mal an ihm hinuntergleiten, „Ihr schaut scheußlich aus. Ihr seid jetzt wieder daheim, Ihr müsst Euch wieder Euren guten Sitten anpassen, nicht wahr? Rumika kann nicht dulden, dass Ihr so herumlauft.“ Damit gab sie einen flüchtigen Wink und zwei Mägde gesellten sich links und rechts neben Kojiro. „Bereitet Kojiro-sama ein Bad vor. Er braucht angemessene Kleidung, nicht wahr? Rumika wünscht, dass für ihn gesorgt wird.“ „Jawohl, Ojosama“, gaben die beiden Mägde eingespielt zur Antwort und verbeugten sich vor ihrer jungen Herrin. „Und Kojiro-sama“, fuhr Rumika fort und holte ihren Verlobten somit wieder aus seinen Gedanken, der gerade noch verwirrt an sich hinuntergesehen hatte, um sich selbst ein Bild von seinem „scheußlichen“ Anblick zu machen. Als er zu ihr aufsah, lächelte sie nicht hinter ihrem Fächer. „Lauft nicht wieder davon“, bat sie sanft, doch Kojiro wusste, dass es keine Bitte, sondern vielmehr eine Warnung an ihn war. Er schluckte sie zusammen mit seinem Missmut hinunter. Ohne weiteren Widerstand ließ er sich von den beiden Mägden die breite Treppe hinaufführen, die ebenfalls mit einem roten Teppich ausgelegt war. Sie wiesen ihn dann zu der linken der beiden nächsten Treppen, die gegenüber des breiten, mit spiegelnd-sauberen Parkett ausgelegten Ganges zur nächsten Etage führten, welche sämtliche Aufenthalts- und Unterhaltungsbereiche der Familie beherbergte.  Die erste Etage, das wusste Kojiro noch, diente einzig als Gästebereich, wo rechter Hand sämtliche Gesellschaftsveranstaltungen stattfanden, unter anderem auch die häufigen Bälle, und der linke Flügel beherbergte einige Gästezimmer und -einrichtungen luxuriösen Ausmaßes. Die nächste Treppe, die sie nun hinaufstiegen, war mit einem etwas schmaleren roten Teppich ausgelegt, der am Rand golden bestickt war. Um zu unterscheiden, dass ab hier der Familienbereich begann und Gäste hier ohne Erlaubnis nichts mehr zu suchen hatten, so erinnerte sich Kojiro. Er kannte noch alles im Schlaf. Neun Stufen die erste Treppenhälfte, eine viertel Drehung links und weitere sechs Stufen, noch eine viertel Drehung links und dann dem Gang linker Hand folgen. Das war sein Flügel, den gesamten, endlos langen Gang entlang. Ihm gegenüber lag der Flügel seiner Eltern und würde er am Ende der Treppe dem Weg nach rechts folgen, käme er in den Familiensaal, der exakt mittig der beiden Flügel lag und wo die Familie beispielsweise zum Essen zusammenkam. Es gab noch zwei weitere Etagen über dieser hier, doch für wen oder was sie genutzt wurden, wusste er selbst nicht so genau. Er vermutete, dass auf der dritten Etage die Hausangestellten ihre Räumlichkeiten hatten. Wieso sie höher wohnten als seine Eltern, war ihm allerdings schleierhaft, doch er erklärte es sich damit, dass seine Eltern wohl nicht jedes Mal so viele Treppen steigen wollten. Sein Vater hatte zwar schon einmal vorgeschlagen, einen Aufzug einbauen zu lassen, aber bisher hatte sich seine Mutter immer gegen diesen Vorschlag durchgesetzt gehabt. Und das tat sie vermutlich immer noch, sonst hätten ihn die Mägde wohl kaum die Stufen hochgeführt. Über die oberste Etage wusste er so gut wie gar nichts. Er war nur einmal als Kind oben gewesen, in dem großen Musiksaal, und hatte dort für eine Veranstaltung, die seine Familie gesponsert hatte, mit einigen anderen Kindern guten Hauses ein kleines Pianokonzert gegeben. Das war nur ein einziges Mal gewesen, abgesehen davon war er noch nie oben gewesen und hatte sich ein wenig genauer umgesehen. „Wir sind da, Kojiro-sama“, sprach schließlich eine der beiden Mägde und sie stoppten vor einer großen Holztür, deren Rahmen mit aufwendigen Schnitzereimustern verziert war. Normal stand diese Tür immer offen, erinnerte sich Kojiro. Vermutlich hatte man sie aber während seiner langen Abwesenheit verschlossen gehalten, damit kein Unbefugter seine Räume betreten konnte. Das wäre zumindest die logischste Erklärung. „Ich informiere eben Mimiko-san über unser Eintreffen“, erklärte die andere Magd und einen Moment lang musste der Rocket überlegen. „Ah“, fiel es ihm plötzlich wieder ein und er hinderte die Magd noch gerade rechtzeitig am Gehen. „Das ist nicht nötig. Ich erinnere mich noch an die Kombination. Wenn ihr mir nur die Fesseln entfernen könntet…“ Die Mägde tauschten kurz einen Blick untereinander aus und in diesem Moment zweifelte Kojiro daran, dass er wirklich „der junge Herr“ im Hause war. Dann nickte aber eine der Frauen und deutete ihm, ihr den Rücken zuzudrehen, ehe sie irgendetwas an seinen Handgelenken unternahm und sich schließlich, endlich, das Seil mit einem kurzen Klickgeräusch lockerte. Die Magd half ihm dabei, sich aus den Fesseln zu befreien, und ließ das Seil anschließend wieder in die beiden Kugeln einfahren, wie man es auch von einem modernen Staubsauger mit dem Stromkabel kannte. Nur kurz musterte Kojiro das unscheinbare Spielzeug in den Händen der Magd und er hatte keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um eine Erfindung seines Vaters handeln musste. Ohne einen weiteren Gedanken an dieses seltsame Ding zu verschwenden, trat er neben die Tür heran und klappte die Schutzkappe rechts neben dem Türrahmen auf Höhe des Türknaufes auf, die man erst bei genauerem Hinschauen anhand der schmalen Abhebung erkennen konnte. Darunter erschien ein kleines Eingabefeld mit Ziffertasten und auf dem schmalen Monitor direkt darüber war die knappe Aufforderung „PIN“ zu lesen. Er wollte gerade seine Kombination eingeben, als er kurz zögerte und sich nochmal vergewissernd an die Mägde wandte: „Sie wurde doch nicht geändert, oder?“ Die beiden Bediensteten schüttelten gleichermaßen mit dem Kopf. „Seit Eurer Abwesenheit wurde nichts verändert, Kojiro-sama.“ „Das ist gut“, sprach er leise und war erleichtert, dass er auf keinen Babysitter angewiesen sein würde, um sich frei im Haus bewegen zu können. Zielsicher betätigte er die Ziffern, 0505, und musste dabei selbst schmunzeln, als er sich wieder daran erinnerte, dass er diese Kombination nur wegen des Kindertages genommen hatte. Ihm hatte immer der Gedanke gefallen, dass er an diesem ehemaligen Jungentag im Mittelpunkt stand und alles machen durfte, was er wollte. Das kleine Sicherheitsgerät gab ein leises Surren von sich, dann klackte es einmal im Türschloss, als die Abriegelung deaktiviert wurde, und eine der Mägde öffnete die Tür. Sie durchschritten den großen Saal, der als geräumiger und multifunktioneller Aufenthaltsraum diente, und gelangten auf direktem Wege zu der nächsten verschlossenen Tür. Das Spiel mit dem Sicherheitssystem wiederholte sich, nur mit dem Zusatz, dass Kojiro dieses Mal auch noch einen Sensor bedienen musste, um sich als berechtigte Person zu authentifizieren. Wieder entriegelte sich die Tür mit einem Klacken und die beiden Mägde stellten sich links und rechts von der Tür auf. „Willkommen Zuhause, Kojiro-sama“, sprach die Erste und beide verneigten sich kurz. „Es ist bereits alles für Euch vorbereitet. Für Eure weiteren Wünsche stehen wir Euch jederzeit zur Verfügung“, erklärte die andere, woraufhin er sie irritiert ansah. „Wann?“, wollte er wissen und ignorierte dabei den letzteren Teil ihrer Rede. „Das Haus wurde rechtzeitig über Euer Eintreffen informiert“, erklärte wieder die zweite Magd, die auch zuletzt gesprochen hatte. „Euer Kammerdiener und Eure Zofe haben sich um sämtliche Vorkehrungen gekümmert.“ Kojiro seufzte. Dieser ganze Tumult war ihm schon jetzt wieder viel zu viel und es war ihm auf eine gewisse Weise unangenehm, so bemuttert zu werden. Für andere mochte das ein Traum sein, doch er kannte die Nachteile, die eine solche Rundumfürsorge nach sich ziehen konnte. Er zwang sich dennoch ein leises „Danke“ durch die Lippen und trat in seine Privatgemächer ein. Alles sah noch genauso aus wie damals, bevor er von Zuhause weggelaufen war. Jemand hatte sich um die Ordnung und Sauberkeit gekümmert, wie er ebenfalls bemerkte, doch er störte sich nicht daran. Ohne weiter über irgendetwas nachzudenken, ging er auf direktem Wege zu dem Badezimmer hinüber, welches rechterseits seines Zimmers lag und direkt von seinem Gemach aus betretbar war. Es verband seinen Raum mit dem sogenannten Kulturzimmer nebenan, in dem er früher immer unterrichtet worden war und er seine Übungen fabriziert hatte. Er sah sich nicht weiter in dem großen, mit weißen Marmor ausgearbeiteten Raum um. Ihn interessierte nur noch die Dusche, die ihm hoffentlich all das Unglück des heutigen Tages abwaschen und ihm wieder einen klaren Kopf beschaffen würde. Den würde er brauchen, denn er plante nicht lange in dem ihm vertrauten und ebenso fremden Heim zu bleiben. Hosted by Animexx e.V. 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