Zeit der Veränderung von Lluvia ================================================================================ Zeit der Veränderung -------------------- Einall. Seufzend warf N einen letzten Blick auf die Region, die ihm all die Jahre als Heimat gedient hatte. Nach dem verhängnisvollen Kampf mit Touya in seinem Schloss hatte er sich entschieden. Er würde verschwinden, Einall dem wahren Helden überlassen, welcher für seine Überzeugungen zu kämpfen wusste und ihn immer und immer wieder besiegt hatte. Aber trotz allem konnte er seinen Traum nicht aufgeben. Würde seinen Traum nicht aufgeben. Wenn er eines von Touya gelernt hatte, dann, dass man nicht aufgeben durfte, seine Ziele weiterverfolgen musste. Und so saß er nun auf Reshiram, dem einzigen Pokémon, dem er nicht wieder die Freiheit geschenkt hatte, als er in einiger Entfernung von seinem Schloss - seinem ehemaligen Schloss, korrigierte er in Gedanken - das erste Mal gelandet war. Er hatte den Gedanken nicht ertragen können, gleich sechs von ihnen aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen, aber bei Reshiram war das anders. Er konnte es nicht freilassen, es hatte keinen natürlichen Lebensraum. Es war, wie die Legende es beschrieben hatte, zu ihnen hinab gestiegen und hatte ihn als Helden auserwählt. Wie sollte er es nun, wo er es enttäuscht, gegen den anderen Helden verloren hatte, einfach… zurück schicken? Natürlich hatte er sich sein Einverständnis geholt. Aber er fühlte sich dennoch schlecht deswegen. Insbesondere wenn man den Plan betrachtete, den er nach einigem hin und her gefasst hatte. Seine Existenz hier war zerstört. Sein eigener Vater hatte offen zugegeben, ihn nur ausgenutzt und manipuliert zu haben. Nein, er konnte nicht in Einall bleiben. Er würde sich aufmachen in Richtung Westen, die Musen hatten ihm vor vielen Jahren Geschichten erzählt von den dortigen Regionen, in denen ganz andere Pokémon leben sollten als hier… "N?", hörte er da plötzlich die tiefe Stimme seines Pokémon unter sich. "Reshiram?" "Ein Sturm zieht auf, wir sollten landen. Andernfalls könnte es passieren, dass wir über offenem Meer sind, wenn er uns trifft." N nickte, auch wenn das Pokémon es wahrscheinlich nicht sehen konnte. "Du hast Recht. Siehst du hier einen geeigneten Unterschlupf?" Sie sahen sich beide um, während Reshiram Kreise in der Luft zog und als sie schließlich an einem Waldrand eine Höhle erblickten, die für sie beide groß genug sein sollte, setzte der Drache zum Landen an. Keine Sekunde zu früh, begannen bereits die ersten Regentropfen auf sie herabzuregnen, als sie auf dem Boden landeten. Sie beeilten sich, unter den Felsen Schutz zu suchen, war Regen doch für ein Feuerpokémon nie gut, da konnte es noch so legendär sein. Glücklicherweise schien die Höhle ansonsten unbewohnt und so saß N bald neben Reshiram und sah hinaus auf die Bäume, während das Wasser auf die Erde fiel und die Pflanzen mit Nährstoffen versorgte, welche wiederum Pokémon als Nahrung dienten. Ihn hatte der Kreislauf der Natur schon immer fasziniert und so hing er Langezeit schweigend seinen Gedanken nach, während die Welt draußen immer dunkler wurde. Sie würden wohl erst am nächsten Tag weiterziehen können, aber das machte nichts. Er hatte Zeit, war an nichts mehr gebunden. "Sag mal…", begann Reshiram dann erneut, und er sah den majestätischen Drachen fragend an. "Ich weiß, dass du verschwinden willst, dass du neu anfangen willst… natürlich weiß ich das, bin ich doch derjenige, der dich fort bringt. Doch was erhoffst du dir eigentlich davon? Du weißt sicher selbst, dass du dieses Mal nicht auf die Unterstützung Team Plasmas zählen kannst, nicht wahr?" N lächelte leicht und strich dem Pokémon sanft über die zusammengefalteten Flügel. "Ja, ich weiß. Aber nichtsdestotrotz, ich will es noch einmal versuchen. Touyas Ziele waren edel und ich bin mir sicher, dass er sie erreichen wird, aber ich kann und will meine eigenen deswegen nicht aufgeben. Ich mag ihm unterlegen sein, eventuell bin ich die ganze Sache auch falsch angegangen… aber dass Menschen existieren, die ihre Pokémon misshandeln ist eine Tatsache. Und das darf nicht sein." Er seufzte, als er an die verletzten Pokémon dachte, denen er bereits begegnet war. Verletzt von ihren eigenen Trainern. Wie konnte so etwas der breiten Masse nur egal sein? Oder waren sie wirklich so blind, es nicht zu bemerken? Leicht überrascht sah er auf, als der Flügel, über den er gerade noch gestrichen hatte sich plötzlich auffaltete und sanft um ihn legte. "Vergiss nur nicht, dass es auch Menschen gibt, die ihre Pokémon gut behandeln. Ihr Menschen seid vielfältig, genau wie wir. Man kann niemals alle gleich verurteilen. Deine Zielstrebigkeit ist bewundernswert, aber du solltest nicht blind für die Meinungen anderer sein." Inzwischen hatte Reshiram seinen Kopf gesenkt, sodass es N direkt in die Augen sehen konnte, welcher nickte. "Das ist mir bewusst. Und ich will meine Fehler nicht wiederholen. Ich kann den Menschen nicht ihre Pokémon wegnehmen. Das würde nicht gut gehen und auch den Pokémon wehtun." Er schüttelte den Kopf, bevor er seine Tasche öffnete - mit allem darin, was er noch besaß - und den einzigen Pokéball darin heraus nahm. Reshirams Pokéball. Er betrachtete ihn nachdenklich, während er weitersprach. "Aber ich kann versuchen, mit gutem Beispiel voran zu gehen." Er sah auf, Reshiram erneut in die Augen. "Wenn ich dich jetzt freilassen würde, würdest du verschwinden? Würdest du an den Ort zurückkehren, an dem du warst, bevor wir uns getroffen haben?" Die Fragen waren mit einer beinahe kindlichen Neugierde gesprochen, aber ihn interessierte die Antwort tatsächlich. Er hatte bereits lange darüber nachgedacht, nun sprach er es allerdings zum ersten Mal aus. Wenn Menschen sich mit wilden Pokémon anfreunden konnten, wieso sollten sie mit ihren gefangenen Pokémon keine Freundschaften schließen können, die über einen Pokéball hinaus ging? War es denn wirklich unmöglich, wilde Pokémon zu trainieren, wenn man schon unbedingt ein Trainer sein wollte? Das Drachenpokémon erwiderte seinen Blick nachdenklich. "Ich denke, ich weiß, was du vorhast. Mit dieser Einstellung wäre es vielleicht tatsächlich möglich, ein paar Anhänger zu finden…" N nickte. "Natürlich dürfte man die Menschen nicht mit Gewalt dazu zwingen, ihre Pokémon freizulassen-" Was das gebracht hatte, hatte er ja gesehen "-aber es wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Was meinst du?" "Ja… ich glaube du hast Recht. Und um auf deine andere Frage zurück zu kommen: Nein, ich würde nicht verschwinden. Deine Ziele sind beachtlich und es würde mich sehr interessieren ob du sie erfüllen kannst. Zekrom und ich, wir haben uns unsere Helden ausgesucht und wir werden ihnen nun beistehen, auf dass sie ihre Träume verwirklichen können." Das Fell des Pokémon leuchtete während seiner Rede rot auf und N nickte, mit einem leichten Lächeln. "Vielen Dank." Damit blickte er ein letztes Mal auf den Pokéball, bevor er auch sein letztes Pokémon freiließ. Er war nun offiziell kein Trainer mehr. Dennoch musterte Reshiram ihn nur weiterhin und er hatte das Gefühl, als würde es lächeln, wenn es könnte. "Weißt du, ich bezweifle, dass viele Pokémon ihren Trainern den Rücken kehren würden, wenn diese sie freiließen. Im Gegenteil. Es ist ein sehr befreiendes Gefühl, nicht mehr an eine Kapsel und den Willen eines Menschen gebunden zu sein." Und in diesem Augenblick, in einer kleinen Höhle am Rande von Einall, während es draußen in Strömen regnete und das Einzige, was ihn vor der Kälte der Nacht schützte Reshirams warmes Fell war, fasste N seinen Entschluss. Er würde nun einen Neustart wagen, andere Leute von seinen Ideen zu überzeugen suchen und eventuell einer anderen Region die Harmonie bringen, von der er glaubte, dass sie die Richtige war. Und irgendwann würde er nach Einall zurückkehren und den Leuten beweisen, dass Pokémon auch in Freiheit und in Harmonie mit den Menschen leben konnten. Noch war es nur ein Traum, aber mit Reshirams Hilfe würde er dafür sorgen, ihn Wirklichkeit werden zu lassen. Die Zeit der Veränderungen hatte gerade erst begonnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)