MSTory 6: Silent Müll von abgemeldet (MSTing zu 'Monster with a Heart.?') ================================================================================ Kapitel 17: Acht Prozent ------------------------ Hinter ihnen tobt der Kampf, als die MSTing-Sues sich auf Torquemada, Meon und die Chaosfee stürzen. Die Straße erbebt unter Explosionen. Schreie, Gepolter und Getöse hallen durch die Nacht. Immer wieder wird die Dunkelheit von Torquemadas wüsten Beschimpfungen durchdrungen, deren Echos selbst in dieser Entfernung noch allzu deutlich zwischen den Häuserzeilen verhallen. Dando, Viggo, Arin und Malik, letzterer sich fest an Viggo klammernd, drehen sich nicht ein einziges Mal um, während sie davon eilen, die Hauptstraße entlang, immer weiter weg vom Stadtzentrum. Ihre Mäntel bauschen sich mit jedem Schritt. „Wohin?“, keucht Dando, während er über einen umgeknickten Laternenmast hinwegsetzt. Abermals ertönen dumpfe Explosionen hinter ihnen, verhallen einen Moment später zwischen den Häuserzeilen. „Ich bin immer noch der Meinung, dass wir zur Kirche sollten“, antwortet Arin und späht gerade aus, wo sich in einiger Entfernung die Straße teilt. „Ist auch nicht weit... glaube ich.“ Arin stutzt, da er den Kirchturm nicht ausmachen kann. Dann überkommt ihn ein Gefühl, unwirklich und schwer zu fassen, als habe er genau diese Situation bereits erlebt, genau so seinen Kopf gehoben, um über die Häuserzeile zu spähen, und genau so bereits einmal festgestellt, dass der Turm der Kirche nicht mehr zu sehen ist. Arin blinzelt, schüttelt mehrmals den Kopf und fegt das Gefühl so davon, sagt nichts darüber. Kurz darauf erreichen sie die nächste Kreuzung und verharren. Während Viggo und Arin sich umsehen, Arin noch dazu vor lauter Nervosität kaum still stehen kann, stützt sich Dando auf seinen Knien ab und ringt nach Luft. Seine Stirn glänzt vor Schweiß. Viggo lächelt schief. „Altah, dein' Kondition is mies“, kichert er, seinerseits lediglich warm gelaufen durch den kurzen Spurt. Dando richtet sich auf und ebenso einen Mittelfinger, woraufhin der blonde Riese nur noch breiter grinst. „Die Kirche müsste dort hinten sein“, japst Dan schließlich augenrollend und eilt, kaum zu Atem gekommen, weiter. Zu beiden Seiten der Straße ragen von Ruß geschwärzte Gebäuderuinen empor. Überall liegen ausgebrannte Autowracks, manche von ihnen so eingedellt, dass sie kaum mehr als solche zu erkennen sind. Wo früher eine Drogerie stand, ragen nur noch einige verkohlte, schiefe Balken empor. Auch wenn die Katastrophe bereits Wochen zurück liegt: Noch immer riecht die Luft nach Asche und Feuer. „Wir sind jetzt viel näher am Zentrum der Explosion“, meint Malik sogleich, während er sich umsieht, auf Viggos breiten Schultern abstützt und ein wenig aufrichtet. „Da sie sich unter Tage ereignete, wurde die meiste Energie auch vom Boden absorbiert. Wäre der Deus Ex Machina oberhalb der Erde explodiert, hätte er den größten Teil der Stadt vermutlich von der Landkarte gefegt.“ Immer tiefere Risse zeichnen sich im Asphalt ab, während sie voran eilen. Teils ist der Boden eingesunken, Rohre ragen zwischen Schutt und Geröll empor. „Wir alle ahnen ja, was das für ein Verlust für die Menschheit gewesen wäre“, bringt Arin hervor und kann sich trotz der Eile ein spöttisches Kichern nicht verkneifen. Kurz bevor sie auf die nächste Kreuzung abbiegen, werden sie bereits langsamer, ehe sie schließlich ganz verharren und verblüfft auf die Szene blicken, die sich ihnen darbietet. „So viel dazu. Nächstes Ziel?“, keucht Dan, während er die Anderen unschlüssig ansieht. Vor ihnen geht es nicht weiter: Wo früher eine luteranische Kirche emporragte, noch dazu auf einem kleinen Hügel, findet sich nun kaum mehr als eine chaotische Wüstenei aus Trümmern, ausgeglühten und geschwärzten Eisenzäunen und verstreut herumliegenden Brocken unterschiedlichster Größe. Auch der Friedhof ist in den Boden eingesunken und als solcher kaum mehr zu erkennen. „Da ganze Block is weg“, grummelt Viggo, dem der Anblick sichtlich Unbehagen bereitet. Dando und Viggo nähern sich dem Krater, um einen Moment später ein gut zwanzig Fuß tiefes Gefälle hinabzublicken. Beinahe wie mit dem Lineal gezogen, senkt sich der Grund unmittelbar hinter dem von zackigen Scharten gesäumten Bürgersteig steil ab. Arin bleibt zurück, sieht auf die Rücken der anderen und auf Malik, der wie ein zu groß geratener Rucksack an Viggo hängt. Da ist wieder dieses Gefühl, all das bereits erlebt zu haben. „Leute, wir müssen weiter“, murmelt er nachdenklich, sieht sich nervös nach allen Richtungen um. „Hier ist einfach nichts.“ Obwohl das Alchemilla Hospital mittlerweile den Blick auf das hell erleuchteten Stadtzentrum versperrt, scheint das Inferno weiter südlich nicht abzuebben, wütet weiter, wie sie es erwarten würden, wenn einige der mächtigsten Kämpfer des Multiversums aufeinander prallen; orangeroter, im Nebel vielfach gebrochener Schein umgibt den steinernen Gebäudemoloch wie eine pulsierende Aura. Abermals verhallen Explosionen in der Ferne, gefolgt von dumpfen, donnernden Schlägen und einem zornigen Männerschrei, der sie alsbald übertönt. „Altah, Torquemada gibt alles“, staunt Viggo, überdeutlich von Ehrfurcht vor seinem Ausbilder gepackt. Sie eilen weiter. Mit einem Blick über die Schulter bemerkt Dando noch, dass die Luft im Stadtzentrum mittlerweile zu brennen scheint; meterhohe, flammende Säulen erheben sich meterweit in den Himmel. Malik nickt zustimmend. „Torquemada rast vor Wut. Ich kann ihre Aufregung spüren“, flüstert er, deutlich um Konzentration bemüht, während er seine mentalen Fühler in die Ferne ausstreckt … aber bald gibt Malik es auf, spürt bereits nichts mehr, als sie sich immer weiter entfernen. Kurz darauf explodiert irgendwo irgendetwas, so nah und so gewaltig, dass sie kurz den Boden unter ihren Füßen erbeben fühlen. Arin sieht über die Schulter zurück und bemerkt eine Rauchsäule, die sich in der Nähe des Krankenhauses in die Luft erhebt. „Seltsam“, keucht Dando, der ebenfalls kurz zurück sieht. „Ob uns jemand folgt?“ „Sie wären ziemlich dumm, wenn sie uns nicht folgen würden“, meint Malik sogleich. „Aber ich spüre niemanden. Ich kann nur annehmen, dass es der Roboter ist.“ „Altah, warum bekämpfin wa se nisch?!“, fragt Viggo, der kurz zur Seite und in Maliks Gesicht sieht, welches schwer auf seiner Schulter ruht. Eine Antwort erhält er allerdings nur von Dando: „Wir verschwenden hier nicht unsere Zeit. Du weißt, warum wir hier sind!“, entgegnet er verbissen. „Ey, isch mach se Schrott, dat geht fix!“, johlt Viggo voll unverhohlener Kampfeslust, doch keiner antwortet ihm. Sie rennen weiter. Malik löst einen Arm, um sein Haar zurückzuhalten und klammert sich mit dem anderen noch fester um Viggos massigen Nacken. „Es ist zu dunkel“, zischt Arin, „ich kann kaum sehen, wo ich hintrete.“ Er stößt gegen einen emporragenden Asphaltbrocken, flucht verhalten und kann gerade noch so sein Gleichgewicht halten. „Ich weiß, ich bin schon dran“, entgegnet Malik gefasst. Je weiter sie sich vom Stadtzentrum entfernen, umso stärker ebbt der rote Schein ab, den Torquemadas Feuersbrünste in die Nacht entsenden. Dafür wird das Rauschen des nahen Gewässers immer lauter. Bald stehen sie vor einer Böschung, an deren Grund tosend ein Fluss das Land teilt. „Die Brücke, die auf die andere Uferseite führt, ist offenbar eingestürzt“, sagt Malik. Viggo stutzt. „Altah, da siehst noch wat?“, fragt er, woraufhin Malik seinen Haarschopf wieder fallen lässt. „Natürlich! Meine Augen sind den euren weit überlegen, wie du ja eigentlich wissen solltest“, zischt er verächtlich, klammert sich wieder fester an Viggos Nacken. Ohne ein Wort zu sagen, streckt Dando einen Arm vor sich, an dem die drei ihn berühren. Sie verschwinden in einer schwarzen Rauchwolke, die sie noch in der gleichen Sekunde am anderen Flussufer wieder freigibt. Es ist noch dunkler geworden. „Ob der Fluss sie aufhält?“, will Arin wissen, während er zurück späht und nach verräterischen Anzeichen Ausschau hält. Noch kann er nichts erkennen. „Keine Ahnung. Weiß nicht mal, ob uns überhaupt jemand folgt. Wir werden aber nicht warten, um es herauszufinden. Kommt schon!“, knurrt Dando unmissverständlich, ehe er sich in Bewegung setzen will. „Nein, Moment!“, zischt Malik, woraufhin der Andere abrupt herumfährt. Dando sieht ihn ratlos an. „Was ist denn?!“, ruft er aufgebracht und sieht ihn eindringlich an. „Wir müssen wirklich weiter!“ Malik bleibt gelassen, während er antwortet: „Auf dieser Seite sind die Gebäude zunehmend weniger beschädigt, da sie weiter vom Zentrum der Explosion entfernt liegen. Ich will etwas versuchen. Wir müssen zur Eisdiele weiter nördlich!“ „Eh... für Eis ist es ein wenig spät, meinst du nicht, Malky?“, stutzt Arin und Dando will nachsetzen, doch Malik ahnt dies bereits und kommt ihnen zuvor. „Ich werde euch auf dem Weg erklären, warum ich dorthin muss. Es geht schnell, das sind doch keine hundert Meter!“ Und da ist es wieder. Arins Herzschlag beschleunigt sich von einer Sekunde auf die andere; eine bizarre Form von Erinnerung blitzt in seinem Geist auf, kaum greifbar und doch so unbeschreiblich wirklich, als wäre all dies hier bereits geschehen, als hätten sie genau diese Situation bereits einmal erlebt. „Du willst dort irgendwas suchen, oder, Malky?“, fragt er, ringt nach Luft und sieht zu Malik, den er nur anhand seines zarten, grünen Leuchtens noch erspähen kann. „Nun … ja, ich glaube, es gibt dort zuckerhaltige Getränke und solches Zeug“, kommentiert der Mutant sogleich. „Meine Zuckerpillen sind vorhin zusammen mit meinem Mantel verbrannt. Ich hab nichts, womit ich mich regenerieren kann, wenn wir kämpfen müssen.“ „Alter...“, murmelt Arin und überlegt für einen Moment. Sein Déjà-Vû ebbt von einer Sekunde auf die andere ab. „Alter, ich hab paar Dosen Cola in meinem Gepäck. Meinst du nicht, dass das reicht?“, fragt er - am Klang seiner Worte hören die anderen überdeutlich, wie besorgt Arin ist. „Danny hat Recht. Wir müssen weiter!“ Arin sieht zwischen Dan und Viggo hin und her, die ihn mit beinahe dem gleichen, unschlüssigen Blick bedenken. „Arin sorgt sich, da er gerade wieder ein Déjà-vu hatte“, sagt dann Malik, den Blick seines großen, nicht hinter fettigem Haar verborgenen Mutantenauges allzu deutlich genau auf den jungen Mann mit dem bunten Haar gerichtet. „Er hatte auch vorhin schon eins, hat aber nichts gesagt.“ Viggo springt von einem Fuß auf den anderen, so abrupt, dass Malik beinahe von ihm rutscht. „Altah, isch auch!“, platzt es aus ihm heraus und er sieht eifrig zwischen den anderen hin und her. „Jedes mal wenn, wo isch sag, isch hau jemand auf's Maul, glaub isch, isch kenn dat von iwo her scho!“ „Ah ja...“, macht Dando dann. „Ich auch. Fühlt sich an, als sei ich schon über die Straße hier gerannt. Da hinten dachte ich, ich würde uns gleich teleportieren. Wir sind aber weiter gerannt.“ Arin räuspert sich mehrmals, befreit sich beinahe gewaltsam von dem spürbaren Kloß, der sich in seiner Kehle angesammelt hat. „Dann haben wir alle Déjà-vus?“ „Ich nicht. Ich spüre gar nichts“, merkt Malik an. „Aber ihr seid alle irgendwie aufgewühlt. Das ist wahr. Seltsam...“ „Du hattest doch auch noch NIE ein Déjà-Vu, du weißt gar nicht, was das ist“, kichert Dando, erlaubt sich einen Moment der Entspannung in dieser Situation, die irgendwo zwischen Flucht und Rettungsmission eingeordnet werden muss ... auch wenn Torquemada ihm dafür die Hölle heiß machen würde. „Ernsthaft, was glaubst du, was bei MSTsaws Villa passieren soll? Können wir nicht einfach zu dem verdammten Landhaus gehen und nach den anderen suchen, statt hier Zeit zu verschwenden? Arin hat doch was mit Zucker.“ „Ey, genau“, setzt Viggo nach, „un wenn Orianna kommt, hau isch se zu Klump. Da kenn isch nix! Hab dat mit Torque au schtrategisch beschprochin. Isch bin da präzipitiert oda so.“ Malik stöhnt resignierend. „Prädestiniert … ach, auch egal.“ Der Wald nahe Silent Hills... Aus dem Nichts stiebt eine Rauchwolke empor, kaum zu erkennen im Zwielicht der Nacht und den Schatten der Bäume. Als die Gruppe erschienen ist, ringt Dando vor Erschöpfung nach Luft, torkelt für einen Moment und wird schließlich von Viggo gestützt. Malik legt eilig einen Handschuh ab und berührt ihn im Genick. Fast augenblicklich wird die Stelle von unheimlichem, bläulichem Schein umgeben, welcher auch die Gesichter der anderen beinahe gespenstisch aufleuchten lässt. Eine Art lumineszierendes Gel tritt aus Maliks Hand aus, nur um sogleich in Dandos Haut regelrecht einzudringen. Sekunden später kann er bereits wieder frei atmen und aus eigener Kraft stehen. „Und auf einmal sind wir hier“, murmelt Arin, der sich nachdenklich umsieht. Eiskalte Luft dringt binnen weniger Sekunden unter seine Kleidung und lässt ihn frösteln. „Kurz vor MSTsaws Landhaus. Wieso? Wir haben uns nicht mal darauf geeinigt.“ „Njoah, wo willst da sonst hin?“, knurrt Viggo, die Stimme weniger gefasst als sie sein könnte. „Wia müss'n halt iwo such'n.“ „Und was ist mit dieser Gewissheit, dass uns Orianna folgt? Wir haben sie nicht mal gesehen!“ Viggo zuckt mit den Schultern. „Hat Malik gesagt.“ Schließlich erlischt das blaue Leuchten wieder. „Na toll. Jetzt kann man hier so gut wie nichts mehr sehen“, nuschelt Arin, der gerade eben noch erkannt hat, dass sie auf einem zu beiden Seiten von hohen Bäumen flankierten Pfad stehen. Ansonsten ist hier nichts außer Schwärze. Nur weit über ihnen sind noch die Wolken zu erkennen, die sich wie eine Decke über die Baumwipfel spannen, unmerklich heller dank der Feuersbrünste, welche noch immer in der Stadt lodern müssen. Durch sie wirken die zackigen Baumkronen beinahe wie ein aufgerissenes Maul. Da ist es wieder. Arin muss mehrmals unwillkürlich blinzeln, als ihn das Gefühl überkommt, das Echo einer Erinnerung in seinem Geist verhallt, an genau diese Situation - aber auch an eine andere, ähnliche, in der er und Malik vor irgendeinem endlos erscheinenden Abgrund stehen, gefüllt mit nichts als Nebel. „... schon wieder?“, fragt einen Moment später Dando, dem auffällt, wie hastig Arin atmet. Malik nickt, die Bewegung seines leuchtenden Gesichtes in diesem Moment das Einzige, das sie wirklich sehen können. „Ja. Er hat schon wieder ein Déjà-Vû. Ich muss sagen, dass sich dieses hier eigenartiger anfühlt als das letzte. Warum … weiß ich aber auch nicht. Ich verstehe dieses Gefühl nicht.“ „Bro, is dat nisch eh rille?“, murmelt Viggo einen Moment später, macht sich daran, seinen halb geöffneten Mantel zuzuknöpfen. Im Wald herrscht beinahe Eiseskälte. „Nun ja, das ... Herrenhaus liegt höher als die Einundzwanzigste“, sagt Dando. „Wir müssen also den Hügel hinauf. Wenn wir vorsichtig genau geradeaus gehen, sollte nichts passieren.“ „Völlig richtig“, antwortet Malik, während sie sich langsam in Bewegung setzen. Er hat keine Schwierigkeiten, sich dank seiner besonderen Augen zurechtzufinden. Das halb hinter fettigen Zotteln verborgene Gesicht des Jungen wirkt beinahe wie ein befremdliches, riesiges Glühwürmchen, welches auf Viggos Schulter hockt. „Das hatte ich gerade selbst sagen wollen.“ Seine grün leuchtende Hand deutet in die Richtung, in die sie ihren Weg fortsetzen. So schnell sie können, eilen sie voran. Immer wieder zerknicken morsche Zweige unter ihren Füßen. Auch Dando fröstelt mittlerweile hörbar, schlägt seinen Kragen hoch. „Ich verstehe nicht, dass keiner von euch Taschenlampen mitgenommen hat. Ich hatte eine in meinem Mantel!“, tadelt Malik sie schließlich, viel lauter als nötig. Seine Worte verhallen zwischen den Bäumen. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir von Torquy und seinem praktischen Lichtzauber getrennt werden“, murmelt Arin verlegen, kratzt sich hörbar am Hinterkopf. „Aber wie man sieht...“ Er kichert gezwungen. „Bla, bla, bla“, macht Malik nur noch mürrisch, während er von Viggo springt. „Es ist genau so, wie Torquemada sagt: Ihr seid unfähig, denkt nicht voraus und euer einziges wirkliches Talent besteht darin, euch irgendwie herauszureden!“ Malik huscht davon. „Es ist nicht jeder ein Mutant, der im Dunkeln leuchten und sehen kann!“, ruft Dando mit vor Gift triefender Stimme, hält nach Malik Ausschau. „Darauf will ich hinaus!“, spottet der Kleine, irgendwo weiter hinten und lässt sein gehässiges Kichern ertönen, welches verzerrt zwischen den Bäumen verhallt. Dando presst die Lippen aufeinander. „Dauert deine Szene jetzt lang oder kommst du klar?!“ „Es genügt mir, wenn du deine blöden Antworten denkst!“, ruft Malik, der irgendwo im Unterholz verschwunden sein muss. „Hey!“, ruft Dando aus, sieht sich hilflos um. Seine Stimme verhallt zwischen den Bäumen. Lediglich der schwache, grüne Schein, der von Malik ausgeht, verrät noch, wo er sich befindet. Das vermeintliche Irrlicht verschwindet immer wieder hinter Bäumen und ist schließlich ganz verschwunden. „A hat uns abserviert“, brummt Viggo. „Wo müssin wa hin?“ Als hinter ihm Holz klappert, schreit er vor Schreck auf, macht einen Satz nach vorn und prallt hart gegen Dando, der unter dem unerwarteten Stoß schmerzhaft ächzt. „Arsch!“ Der Schein eines kleinen Feuers breitet sich aus, zunächst nur mitten in der Luft, ausgehend von einer rötlich leuchtenden Hand; von Maliks Fingern tropft brennendes, öliges Sekret. „Ich habe nichts Trockeneres gefunden“, meint der Junge, der sich von einer Sekunde auf die andere wieder völlig beruhigt zu haben scheint. Zu seinen Füßen liegen drei armlange, knorrige Äste, deren Spitzen rasch zu brennen beginnen. Flackernd erhellen sich die verblüfften Gesichter der Anderen. „Ach, Malky, du bist besser als jedes Plotdevice“, sagt Arin dankbar, während er eine der improvisierten Fackeln aufhebt. „Wie auch immer! Die werden nicht lange brennen. Wir müssen uns jetzt beeilen.“ Malik geht los, weiter den Pfad hinauf. Die Anderen folgen ihm alsbald. „Wahrscheinlich wird Orianna uns so auch leichter finden. Ihr solltet wachsam bleiben! Bereits unsere Unterhaltungen könnten sie anlocken. Torquemada hat uns nicht umsonst dazu aufgefordert, still zu sein.“ Dando seufzt, rollt mit den Augen. „Gut zu wissen. Dann können wir ja jetzt so tun, als wären wir still und schleichen uns taktisch an.“ „Ey, isch wette, se hat ein' Thermoblick!“, kichert Viggo vergnügt. „Aba wenn se wirklisch auftaucht, müssin wa uns wat überleg'n. Wenn se MSTsaw sein Haus sprengt, ham wa kein' Ausgangspunkt.“ „Wir haben auch so keinen Ausgangspunkt, und … wieso denn sprengen? Wegen vorhin in der Stadt?“, fragt Dando irritiert. „Ja, keine Ahnung“, macht Viggo nur, braucht einen Moment, um überhaupt zu antworten. „Kann sein. Se sprengt ja Zeug un so.“ Dando knurrt genervt, schüttelt unmerklich den Kopf. „Diese Déjà-vus machen mich wahnsinnig. Kann das was damit zu tun haben, dass viele Sues an einem Ort sind? Sind das … irgendjemandes Kräfte?“ „Kann das sein?“, fragt Arin, während Dan eine Zigarette hervorholt und kurzerhand versucht, sie an der improvisierten Fackel zu entzünden. Arin beobachtet die Bemühungen vergnügt aus dem Augenwinkel. „Du weißt schon, dass du süchtig bist, oder, Danny?“ „Leck' mich! Und klar kann das sein...“ Der Pfad zu ihren Füßen wird mittlerweile ebener. Nur noch selten zerbrechen Äste unter ihren Schritten. „... wenn Malik Gedanken lesen und Torquemada Erinnerungen auslöschen kann, kann auch jemand Erinnerungen in dich einpflanzen. Wüsste nicht, wieso das nicht gehen sollte.“ „Aber wer denn? Warum?“, japst Arin ratlos, lacht unwillkürlich. „Weiß ich doch nicht. Du hast hier die meisten Déjà-vus, oder? Pfuscht jemand an dir rum?“ „Was?!“, macht Arin und lacht immer ungehaltener. „Die einzige, der an mir rumpfuscht, ist deine Mutter, wenn sie mal wieder Langeweile hat. Außerdem...“ Lautes, spitzes Pfeifen ertönt in unmittelbarer Nähe, verhallt zwischen den Bäumen und wirkt so noch um ein Vielfaches lauter; ein unwirkliches Geräusch, fast wie der Schrei eines Vogels. Dando, Viggo und Arin halten inne, als sich ihnen der Eindruck, dieses Geräusch irgendwo her zu kennen, beinahe mit Gewalt aufzwängt, als hätten sie es bereits einmal gehört. Aber das haben sie nicht. Nur Malik bleibt davon verschont, sieht irritiert zu seinen Freunden. Er spürt die Assoziationen … die Störungen, die in ihren Erinnerungen aufflackern, überdeutlich. Ihre Gesichter wirken beinahe geistesabwesend, als würden sie tagträumen. Hinter ihnen blitzen gleißend helle, pinke Lichter auf, stechen zwei leuchtend blaue Raubtieraugen wie Dolche durch die Nacht. Malik beginnt zu schreien. Der Lärm einer Explosion verhallt in der Nacht. Am Fuße eines Hügels, auf dem einsam im Wald ein uraltes Herrenhaus thront, wird das Erdreich entzwei gerissen, erheben sich flammende, wabernde Schemen aus gleißender Energie und Feuer. Vor dem Anwesen stiebt eine schwarze Rauchwolke aus dem Nichts heraus empor. „Fuck!“, ruft Dando alarmiert, sieht instinktiv zum Fuße des Hügels und dem dahinter liegenden Waldrand. Keine zehn Schritte hinter ihnen ragt MSTsaws barockes Anwesen in den Himmel; ein fahler, klobiger Umriss, erhellt vom Licht des Mondes, welcher in einem beinahe ironisch akkuraten Kreis, aus dem die Wolken sich genau über dem Anwesen verzogen haben, überdeutlich zu erkennen ist. „Altah, mach'n wa se nu Schrott oda wat?!“, bellt Viggo. Hinter ihnen, keine drei Meter entfernt von der kleinen Treppe, die zum Eingangsportal des Anwesens hinaufführt, beginnt sich der Raum zu krümmen, scheint aus dem Nichts heraus zu leuchten. Eigenartige, beinahe elektrische Klänge werden laut. Dann entsteht ein Riss in der Luft, im Raum selbst, spuckt einen Sturm aus wirbelnden Lichtern und metallisch glänzenden Ringen in die Realität, welcher sich binnen Millisekunden formiert; Orianna und die Kugel materialisieren sich, tauchen die Umgebung in kaltes, blaues Licht, das sich auf ihrem mit Ornamenten und Insignien verzierten, blank polierten Metallkörper und den langen, dünnen Streben ihres Drahtrocks spiegelt. Die starren Augen des Maschinenmädchens scheinen alle vier Gary Sues gleichzeitig zu fixieren. „Sie ist uns nicht mal wirklich gefolgt“, stellt Malik mit eiskalter Stimme fest, schaut zwischen Orianna und der Kugel hin und her. „Sie hat das Plothole der Organisation benutzt und ist einfach in unserer Nähe erschienen! Kein Wunder, dass sie über den Fluss gelangen und so schnell so große Entfernungen zurücklegen konnte!“ Instinktiv spannen sich die Jungs an. „Ihr haben meine Vorgehensweise schneller durchschaut, als ich es für wahrscheinlich hielt“, spricht Orianna mit ihrer völlig ausdruckslosen, viel zu lauten Stimme, ihre Worte kaum mehr als die Karikaturen der Worte eines Mädchens. Malik zieht seinen anderen Handschuh aus und versucht, ihn hastig einzustecken, wirft ihn schließlich genervt auf den Boden. Dando schnippst, woraufhin eine rostige Sense in seinen Händen erscheint. Arin schluckt, und Viggo spannt sich. Eine kühle Brise zieht auf, bauscht dramatisch ihre Mäntel. „Auch ich habe eure Vorgehensweisen durchschaut; ihr seid mir geschickt ausgewichen. Da ich eure Kräfte aus meinen Beobachtungen und Datensätzen kenne, konnte ich in der konfrontationsfreien Zeit allerdings zweiundsiebzig mögliche Angriffsvarianten ermitteln und in einhundertachtundzwanzig simulierten Kämpfen Gegenstrategien entwickeln. Ich interpoliere, dass eure Chance auf einen Sieg aufgerundet acht Prozent beträgt. Schlussfolgerung: Eure Niederlage ist sehr wahrscheinlich. Fazit: Aufgeben sinnvoll.“ „Quatsch net rum“, knurrt Viggo und lässt bedrohlich seine Fäuste knacken. „Da kennst meine Kräfte gar net!“ Plötzlich spüren sie Maliks mentale Fühler in ihren Geist tasten. „Das stimmt!“, ruft er in ihren Köpfen, während für einen Moment alles um sie herum langsamer vonstatten zu gehen scheint. „Orianna hat einige meiner Kräfte gesehen, als sie uns vorhin angegriffen hat. Sie hat Dans Waffe gesehen und wie er teleportieren kann, wie Arin Energiegeschosse abwehrt, eventuell auch, wie ich Verletzungen heile. Sie hat aber überhaupt nichts von Viggo gesehen. Was soll das?“ „Vielleicht Bildaufnahmen...“, denkt Arin. „Würde mich nicht wundern, wenn die Organisation uns auf Band hat, seit dieser Kreuzfahrtschiff-Sache.“ „Und wie soll ihr das bitte nützen?“, kommt es dann von Dando, der nebenbei nervös seine Füße nach außen dreht, um seinen Stand zu festigen. „Selbst wenn sie unsere Kräfte kennt, hat sie noch immer keine Erfahrung!“ „Hat sie nicht?“, fragt Arin; mit seinen Worten bricht sich auch seine Anspannung im Bewusstsein der anderen Bahn. „Alter, seit wann haben wir zweiundsiebzig Angriffsvarianten? Wir haben vielleicht … fünf eingeübt?!“ Das Okular der Kugel beginnt lautstark zu surren, zieht schlagartig die Aufmerksamkeit der Gary Sues auf sich. Grellblaue Laser flackernd daraus hervor, zeichnen sich allzu deutlich in der Dunkelheit ab. Einer nach dem anderen scheinen sie gescannt zu werden. „Beobachtungen: Überdurchschnittlicher Gammawellen-Output; beharrliches Schweigen. Schlussfolgerung: Kommunikation mit Hilfe mentaler Kräfte von Malik. Vorschlag: Kommuniziert mit mir. Ich kann euch zerstören“, schnattert Orianna. „Identitätsabgleich: Dando, Viggo, Arin, Malik. Datensätze unvollständig. Dando, Viggo, Arin: Nennt mir bitte eure Nachnamen.“ Sie werfen sich irritierte Blicke zu. „Was wollt ihr hier?!“, ruft dann Dando, setzt seine Sense ab und deutet fordernd auf Orianna. „Warum mischt ihr euch überhaupt ein?“ Orianna bewegt sich keinen Millimeter, während sie spricht, steht beinahe so starr wie eine Statue vor der Treppe. „Beobachtung: Frage ausgewichen. Situationsabriss: MSTsaw hat unter Anwendung von Sue-Kräften einen zerstörten Deus Ex Machina wiederhergestellt und eine Anführerin der interdimensionalen MSTing-Organisation besiegt. MSTsaw hat...“ „Wir wissen, was MSTsaw getan hat!“, ruft Dando dazwischen, schreit Orianna beinahe verzweifelt an. „Wir sind hier, um ihn aufzuhalten!“ Doch Orianna reagiert nicht auf seine Worte; das Maschinenmädchen spricht unbeirrt weiter, als würde sie eine Bandansage abspielen, die sie selbst nicht stoppen kann. „... eine weitere Mary Sue besiegt, sowie an drei aufeinander folgenden Begebenheiten dreihundertvierundsechzig Menschen entführt. Vermutung: MSTsaw hat die Anführerin der MSTing-Organisation und die Mary Sue im Deus Ex Machina eingeschlossen und gebietet über einen Teil ihrer Kräfte. MSTsaw hat die entführten Menschen nach Silent Hill gebracht. Schlussfolgerung: MSTsaw ist mächtig. Allen Sues wird dringlich davon abgeraten, sich in MSTsaws Nähe zu begeben. Direktive der Organisation: Verhindern, dass Sues sich zu MSTsaw begeben. Vorschlag...“ Viggo schreit mit vor Wut bebender Stimme, reißt entnervt die Arme empor, als wolle er ihr mit beiden Händen das Wort abschneiden. „Boah, halt's Maul!“, brüllt er Orianna entgegen und stößt sich ab. Was dann geschieht, passiert so schnell, dass die anderen kaum folgen können: Viggo schnellt auf Orianna zu und die Kugel huscht surrend zwischen sie, wechselt ihre Farbe von blau zu rot binnen eines Wimpernschlags; doch ehe Viggo sie auch nur erreicht, fährt vom Himmel eine weitere Person wie ein dunkler Schemen herab, packt noch im Fall seine voran gestreckte Faust und vollführt eine blitzschnelle Drehung, kaum dass sie einen Fuß auf den Boden setzt. Viggo wird von einem grellen, blauen Blitz erfasst und zurück geschleudert, kommt vor seinen Gefährten unsanft auf dem Boden auf und ringt nach Luft; Dampf steigt von seiner Brust auf, wo ein handtellergroßes Loch im Stoff seiner Kleidung klafft. Malik verengt bereits die Augen zu Schlitzen. Der unheilvolle Schemen hebt eine Hand, berührt die Seite seines Kopfes - dann glimmt ein Licht auf, wo das Ohr der Person sein müsste, entsendet einen Speer aus blendender Helligkeit, welcher die Nacht regelrecht durchbohrt und wie ein Suchscheinwerfer einen Lichtkegel auf die Jungs wirft. Als er sie schließlich sieht, verengen sich Maliks Mutantenpupillen zu winzig kleinen Punkten. „Nina!“, ruft er überrascht. Orianna bewegt sich, zum ersten Mal in dieser Situation, und wendet sich der eben erschienenen Rothaarigen im schwarzen Business-Kostüm zu. „Nina Sharp, meine biometrischen Scans der Umgebung und von der Kugel registrierte Plothole-Transite haben Ihre Anwesenheit bereits vermuten lassen. Danke, dass Sie mich unterstützen.“ „Natürlich, meine Liebe“, antwortet Nina in freundlichem, beinahe surreal warmem Tonfall, während sie dem Maschinenmädchen kurz zu nickt. Dann wendet sie sich den Gary Sues zu, sieht Malik mit zu Schlitzen verengten Augen an. Ninas Miene wird eisern. „Nun, ich gehe davon aus, dass Orianna alles nötige gesagt hat. Was wollt ihr tun?“, fragt sie und nähert sich mit langsamen Schritten. „Zieht ihr euch zurück, oder wollt ihr wirklich kämpfen?“ „Ich wusste, dass sie mir irgendwie folgt!“, hören die Jungs Malik in ihren Köpfen grollen. „Sie muss ein satellitengesteuertes Überwachungssystem haben oder so. Wann immer ich in dieser Welt auftauche, schlägt irgendwo ein Alarm und Nina kommt, um mich zu finden.“ „Altah, wia beschütz'n disch scho“, kommentiert Viggo die Gedanken des kleinsten aus ihrer Gruppe. Sie sind mental verbunden - und spüren, dass Viggo als einziger von ihnen nach wie vor keine Angst hat, allenfalls freudig erregt ist, selbst nach Ninas Überraschungsangriff. „So meine ich das nicht. Ich bin eine überragende Lebensform und kann Nina vernichten. Ihr solltet euch um Orianna kümmern.“ „Seid ihr verrückt?!“, begehrt Arin auf. „Das sind zwei MSTing-Sues! Auf so was sind wir nicht mal vorbereitet!“ „Aldah, langsam“, entgegnet Viggo, der von Sekunde zu Sekunde zuversichtlicher zu werden scheint. „Nina is defensiv un Orianna mach isch Schrott. Wia schaff'n dat!“ Abermals beginnt Oriannas Kugel, die Jungs zu scannen. „Beobachtungen: Überdurchschnittlicher Gammawellen-Output; beharrliches Schweigen. Schlussfolgerung: Kommunikation mit Hilfe mentaler Kräfte von Malik“, spricht Orianna, an Nina gewandt. Sie lässt einen verzerrten Laut vernehmen, der wohl ein enttäuschtes, schmollendes Seufzen mimen soll. „Nina Sharp, die Gary Sues weigern sich, mit mir zu kommunizieren. Ich weiß nicht, wie ich sie dazu bewegen kann. Vorschlag: Kommunizieren Sie mit den Gary Sues.“ Orianna zuckt mit den Schultern - eine Bewegung, die so übertrieben und abgehackt wie die einer Marionette wirkt. „Natürlich, mein liebes Mädchen“, meint Nina beschwichtigend, lächelt beinahe mütterlich. Orianna nickt drei, vier mal schnell hintereinander und tritt zurück, gefolgt von ihrer Kugel. „Hört zu“, fordert Nina. Erneut ist ihre Stimme die einer unerbittlichen Geschäftsfrau, die dazu ansetzt, in einer Verhandlung allein aufgrund ihres Status' das Kommando zu übernehmen. „Ihr wisst, was MSTsaw hier tut und ihr könnt nicht wirklich glauben, dass ihr ihm ebenbürtig seid. Nein, ihr würdet blindlings in euer Verderben rennen.“ Nina sieht zwischen den Jungen hin und her, lenkt ihren Lichtkegel durch kaum merkliche Bewegungen ihres Kopfes immer so, dass sie einen von ihnen blendet. Nur in den wenigen Sekunden, in denen sie Malik mustert, verkrampfen sich ihre Mundwinkel nicht vor unverhohlener Geringschätzung und sie neigt sich etwas tiefer; die anderen drei scheint sie zu hassen. „Jede Sue, die in die Gewalt dieses Verrückten gelang, stärkt seine Macht zusätzlich“, fährt Nina fort. „Die Organisation kann und wird daher nicht zulassen, dass Sues sich willentlich in MSTsaws Reich begeben. Es ist ohnehin nicht möglich, seine Welt zu betreten, wenn er es nicht will.“ Nina verschränkt die Arme. „Was geht euch das überhaupt an?!“, ruft Dando, deutlich tritt eine Ader an seiner rechten Schläfe hervor. Sein Gesicht ist vor Wut gerötet. „Wir wollen unsere entführten Freunde retten! Er hat...“ „Nina lügt“, zischt Malik, fährt einfach dazwischen. Alle außer Orianna, selbst die rothaarige MSTing-Sue, blicken überrascht zu dem kleinen Mutanten. „Es ist schwer, deine Gedanken zu entziffern, Nina, aber du weißt, wie man hinüber kommt. Du kennst einen Weg. Ich glaube, dass du nur deswegen hier bist. Eigentlich … musst du wollen, dass wir hinübergehen!“ Die Miene auf Maliks schmalem Gesicht wird eisern, als er auf Nina zu geht. „Wieso jetzt nicht mehr?!“ „Ach, kleiner Malik...“, murmelt Nina nach einem kurzen Moment, klingt beinahe schwermütig. „Vieles ist anders gekommen als geplant, weißt du?“ „Das interessiert mich nicht!“, gellt Malik und winkt energisch ab. „Ich werde dich besiegen und mir die die Plotdevices, die du mitgebracht hast, nehmen. Dann öffnen wir uns selbst einen Weg. Gib mir bitte Cola, Arin.“ „Malky, ich...“, hebt der Angesprochene noch an, doch Malik fährt beinahe aggressiv herum und streckt fordernd eine Hand aus. „Tu es!“, ruft Malik energisch … und beginnt Sekunden später, gierig eine Dose Cola auszusaugen. „Bist du dir sicher, mein lieber?“, fragt Nina, legt den Kopf schief. „Mir war klar, dass wir uns … wiedersehen. Ich hätte mir aber erfreulichere Orte ausmalen können als eine verlassene Ruine irgendwo in der Pampa.“ Malik ballt eine Faust, quetscht mit erstaunlichen Kräften die leere Dose zusammen. Seine Hand blitzt auf, erstrahlt in violettem Licht und wird von knisternder Energie umhüllt. Von einem dumpfen Knall begleitet, wird die Dose abgeschossen wie eine Pistolenkugel. Nina seufzt resignierend, reißt ihre Rechte empor und schlägt das Geschoss scheppernd zur Seite, als würde sie ein Insekt verscheuchen wollen. Ihr Handschuh reißt unter der Wucht des Aufpralls ein: blaues, synthetisches Material und Licht dringen darunter hervor. Ninas Augen blitzen auf wie Sternschnuppen. „Nun: Wollen wir uns im Park auf der anderen Seite des Anwesens treffen und ein wenig plaudern, mein Lieber? Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen.“ Der Boden unter Malik beginnt zu schwingen wie die Oberfläche eines Gewässers; keine Sekunde später sinkt der Junge einfach ein. „Worauf du dich verlassen kannst“, zischt er mit vor Hass zitternder Stimme. „Malik, nicht!“, ruft Dando und versucht noch, ihn zurück zu halten; doch Viggos Hand schnellt so blitzschnell vor wie das Haupt einer Schlange, packt Dans Handgelenk. „Altah, lass ne. A weiß ziemlisch genau wat a hiea tut.“ Dando sieht empört in das Gesicht des Blonden, weiß einen Moment nicht, was er sagen soll. Als er wieder zu der Stelle blickt, an der Malik bis eben gestanden hat, ist er bereits verschwunden. Nina lächelt; blaue, gleißende Elmsfeuer zeichnen ihre Konturen nach, und einen Lidschlag später ist auch sie fort. Als Orianna sich ihnen nähert, verhallen ihre tonnenschweren Schritte lärmend in der Nacht. „Altah...“, knurrt Viggo, schlägt lautstark die Fäuste aneinander und lässt sein Genick bedrohlich knacken. Dando verstärkt den Griff um seine Sense, festigt seinen Stand. Arin hat Mühe und Not, nicht herumzufahren und die Flucht zu ergreifen. „Da Malik sich von eurer Gruppe distanziert hat, korrigiere ich meine Schätzung eurer Chance auf einen Sieg: Drei Prozent. Schlussfolgerung: Eure Niederlage ist sehr wahrscheinlich. Fazit: Aufgeben sinnvoll.“ Dando saugt nervös Luft ein. „Du kannst dich mal selber ficken“, knurrt er und sieht aus den Augenwinkeln zu seinen Gefährten, die schließlich nicken. Viggo grinst, und kurz darauf ertönt Oriannas schepperndes, mechanisches Gelächter. „Beobachtungen: Risikobereitschaft, Uneinsichtigkeit. Ich weiß, wie ihr tickt. Ich weiß, wie ich dieses Ticken stoppen kann.“ Sie streckt ruckartig einen Arm von sich, greift die Kugel und richtet sie auf ihre Widersacher, nur um sie mit einer kinetischen Entladung abzufeuern wie ein Kanonengeschoss. Arin und Viggo springen zur Seite und Dando verpufft zu schwarzem Rauch, keine Sekunde bevor die Kugel einschlägt, wo sie eben noch standen und einen tosenden Sturm aus Energie entfesselt. Qualm und Asche wirbeln empor, als binnen eines Lidschlags den Rasen versengt wird. Dando erscheint hinter Orianna und schwingt die Sense, doch die MSTing-Sue ist schneller, spreizt in einem absurden Spagat ihre Beine und fällt einfach zu Boden! Schreiend holt Dando abermals aus und schlägt nach Orianna, doch sie hebt nur ruckartig einen Arm, streckt ihn in einem beinahe absurden Winkel hinter sich und fängt die Schneide mit der bloßen Hand ab; Dando fühlt sich, als würde seine Waffe auf blankes Gestein treffen; der unverhoffte Ruck reißt sie beinahe aus seinen Händen. Kichernd zieht Orianna ihren Arm zurück und entreißt ihm die Sense einfach, wirbelt mühelos damit herum wie mit einem langen Stock. Dando zerpufft zu Rauch, entgeht dem Stiel seiner Sense im letzten Moment. „Dies ist ein lustiges Spiel“, freut sich Orianna, dreht und wendet ihren mechanischen Kopf, um die Umgebung zu sondieren wie ein kleines Kind, das sich begeistert auf einem Spielplatz umschaut. Sie registriert beiläufig, wie die Sense in ihrer Hand sich plötzlich in Rauch auflöst. Viggo rast grölend heran, hält auf die MSTing-Sue zu; doch Orianna lacht nur schallend, als sie ihn bemerkt, ruft mit einem Wink ihre Kugel zurück und streckt den rechten Arm empor. Das rot leuchtende Konstrukt sirrt wie ein Blitz heran und presst sich bereits auf ihre Hand, als Viggo noch gut zehn Schritte entfernt ist, schnellt in den Himmel empor und ist über eine meterlange Kette mit Oriannas Arm verbunden, umzüngelt von knisternder Energie und Blitzen! Die MSTing-Sue wird von den unglaublichen Kräften der Kugel empor gehoben wie von einem Luftballon. Viggo hält im Schritt inne, sieht ihr irritiert nach, als sie einen Moment lang acht, neun Meter über dem Boden zu schweben scheint. Abermals stiebt hinter Orianna eine Rauchwolke aus dem Nichts auf und Dando erscheint, schwingt mit aller Kraft die Sense; Orianna rührt sich keinen Millimeter, als die aufblitzende Waffe auf ihren stählernen Schädel zu hält und kichert vergnügt, als Dandos Angriff einfach abprallt, der Junge ächzend zurück geworfen wird und wieder verschwindet. „Zerstören!“, ruft Orianna gellend; die bis zum zerreißen gespannte Kette zwischen ihr und der Kugel erschlafft von einer Sekunde auf die andere und das Maschinenmädchen fällt. Keine drei Sekunden später kommt sie donnernd auf die Füße, erzeugt durch ihren Aufprall eine Druckwelle, die den Boden erzittern lässt und bohrt sich fast bis zu den Knien in das Erdreich, als träfe sie auf keinerlei Widerstand. „Sie steckt fest!“, brüllt Dando, der sie mit vor Anspannung gebleckten Zähnen langsam umrundet und nach den anderen sucht, die er aus den Augenwinkel heran eilen sieht. Doch Orianna lacht nur gellend: „Zerstören!“, ruft das Maschinenmädchen abermals und schleudert die Kugel wie ein Jo-Jo nach Viggo, der mit hastigen Sprüngen ausweicht und mehr Distanz zwischen sie bringt, zieht sie zurück und wirft sie Arin entgegen, der schreiend zur Seite springt. Dando schnippst zwei mal, beschwört seine Sicheln und wirft sie Orianna verzweifelt entgegen; doch die Waffen prallen an ihrem stählernen Körper ab, fügen ihr nicht einmal Kratzer zu. Orianna lacht immer lauter und mechanischer, beginnt, in weiten, ausholenden Kreisen ihren Arm zu rotieren und schleudert die Kugel umher wie einen flammenden Morgenstern! Immer wieder spritzen Kies und Erdreich auf. Dando entgeht der todbringenden Drohne nur im letzten Moment, indem er sich in Rauch auflöst, und Viggo setzt hastig zurück, reißt die Arme vor sein Gesicht. Als die Kugel in seinen Körper einschlägt, wird er beinahe von den Füßen gerissen, schreit vor Schmerz und gerät ins Taumeln; sein Mantel fängt Feuer. Dando eilt heran und verschwindet mit ihm zusammen in schwarzem Rauch, kurz bevor Viggo abermals getroffen wird; sie erscheinen bei Arin, der das Spektakel in gemessenem Abstand verfolgt, die Augen weit geöffnet vor Anspannung und Angst. Viggo reißt sich den Mantel kurzerhand vom Leib, wirft ihn davon und sieht prüfend an sich herab. „Meine Angriffe zeigen keinerlei Wirkung“, zischt Dando und sieht nervös zu der MSTing-Sue, die noch immer wie eine Statue auf der gleichen Stelle verharrt. „Das ist ein verdammter Roboter, keine Ahnung, wie ich die verletzen soll!“ „Alter, ich kann überhaupt nichts tun“, murmelt Arin gepresst. „Sie schießt auch nicht, weil sie weiß, dass ich es abblocken würde.“ Oriannas Augen glühen in der Entfernung wie blaue Wetterlampen, während sie sie neugierig zu beobachten scheint. „Sie verlieren so schnell das Interesse. Sie wollen nicht mit uns spielen, da sie nicht so gut sind wie wir, dabei haben sie unsere Kunststücke noch nicht gesehen. Aber die Kugel ist aufgewühlt, sie möchte noch nicht nach Hause!“, schnattert Orianna in beinahe manischer Euphorie, streichelt ihren schimmernden, von feuriger Energie umgebenen Todesboten wie ein Haustierchen. „Fazit: Zerstören!“ Binnen Sekunden fährt sich die Kette in Oriannas Arm zurück, zieht die Kugel fest an ihre Hand. Die Kugel und Oriannas Arm fahren auseinander, werden zu einem unmöglichen Gewirr aus Ringen, Okularen, Zahnrädern und Drähten, die von nichts als bizarren Energien in Form gehalten werden, sich wie eine Kanone auf die Gary Sues ausrichten und sich immer schneller drehen. Gleißende Partikel bilden sich in dem Konstrukt, werden zu Blitzen, die unstet hin und her zucken. „Verdammt!“, ruft Arin, klammert sich mit einer Hand an Dandos Schulter. „Bring uns aus der Schusslinie!“ Dando schluckt, sieht kurz zu Viggo, der seinem Blick mit unverhohlener Aufregung begegnet. „Nein, Mann“, flüstert Dando, bewegt kaum die Lippen; die anderen können ihn kaum verstehen in dem Lärm, den Oriannas entfesselte Kugel erzeugt. Blitze zucken immer wilder auf und ab, die Ringe glühen in innerem Feuer. „Wenn sie schießt, sieht sie uns garantiert nicht. Das wird heftig. Du wehrst es ab, wir schlagen zu. Erst ich, dann Viggo von oben.“ Arin sieht zwischen ihnen hin und her, würgt den Kloß hinunter, der sich in seinem Hals gebildet hat. „Was ist, wenn es nicht funktioniert?“, flüstert er und ballt die Hände zu Fäusten, um zu verbergen, wie sehr er zittert. „Altah“, murmelt Viggo zuversichtlich, beinahe sanft, klopft ihm dabei auf die Schulter. „Wir vertrau'n dia vollkommen.“ Arin braucht einen Moment, grinst schließlich schräg und streicht sich sein schweißnasses Haar aus der Stirn. „Ach, leck mich doch.“ Orianna lacht gellend und schießt, entfesselt den Lärm eines Gewitters, der ihre blecherne Maschinenstimme übertönt - und auch die panischen Schreie der Gary Sues, als alles um sie herum in blendende Helligkeit getaucht wird. Der Park erstreckt sich um das komplette Anwesen - und ist auf der anderen Seite, wo der Lärm des Kampfes gegen Orianna nur gedämpft zu vernehmen ist, deutlich weniger verwildert. Es mag daran liegen, dass sie hier auf der Nordseite sind und das riesige Anwesen tagsüber viel Sonnenlicht abfängt, denkt Malik beiläufig, doch im Grunde ist es ihm völlig gleichgültig. Nina steht in einigem Abstand zu ihm, hat die Arme verschränkt und sieht ihn nur an, lenkt den Lichtkegel ihrer Lampe auf ihn. Ihr Gesichts zeugt von Frustration. Malik sagt nichts, blinzelt nur immer wieder. „Oh … natürlich“, murmelt Nina einen Moment später. „Ich werde sie ausschalten, um dich nicht zu peinigen.“ Kurz darauf wird es dunkler im Park, nur noch das Mondlicht bescheint ihn. Malik schweigt. „Ach, mein Junge...“, murmelt Nina schließlich mit schwerer Stimme, „es schmerzt mich noch immer, dass du uns verlassen hast.“ Ihr Mantel wiegt sich in der sanften Brise, die über das Land zieht. „Natürlich, Nina“, entgegnet der Junge und winkt ab, setzt sich in das knöchelhohe Gras. „Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass ihr gar nicht mehr wusstet, wen ihr in eure Tomographen schieben solltet.“ Malik macht sich daran, seine Schuhe auszuziehen, wirft sie achtlos zur Seite, kaum dass er die Schlaufen gelöst hat. Seine Füße leuchten grün in der Dunkelheit, genau wie der Rest seines Körpers. „Darum geht es doch gar nicht“, seufzt Nina, sieht ihn traurig an - und weiß genau, dass Malik auch in diesen spärlichen Lichtverhältnissen jedes Detail auf ihrem Gesicht genau erkennen kann. „Malik, was du für uns warst … noch immer bist... Ich weiß nicht, wie ich dir begreiflich machen kann, wie wertvoll du für Massive Dynamic bist.“ „Es ist mir egal, Nina“, zischt Malik zurück, beginnt nun, sich mit unbeholfenen Bewegungen wieder aufzurichten. Er torkelt, als sein schwerer Kopf ihn in einer unbedachten Bewegung nach vorne zieht, verliert beinahe das Gleichgewicht. „Ich weiß, dass ich eine überragende Lebensform bin. Ich weiß aber auch, warum ihr mich erschaffen habt.“ Nina blinzelt mehrmals, verkrampft unwillkürlich ihr Gesicht. Die MSTing-Sue ringt nach Worten. „Das denkst du doch nur. Ich weiß, du glaubst, wir wollten dich nur benutzen, aber in Wahrheit...“ Malik schreit: „Es interessiert mich nicht!“ Seine Stimme klingt viel höher, überschlägt sich fast. „Ihr habt meine Geschwister entsorgt wie Müll und mich ganz allein zurück gelassen. Es gibt niemanden im Multiversum, der wie ich ist.“ „Aber Malik!“, ruft Nina bebend, schluchzt beinahe. „Deine Geschwister waren gar nicht dazu in der Lage, zu überleben. Es wäre Folter gewesen, sie, mit ihren Mutationen ... wenn du ehrlich bist, verstehst du das auch. Aber du hast überlebt! Du bist...“ „Sei ruhig, Nina!“, ruft Malik voller Hass und greift in die Taschen seiner Hose. „Es ist mir egal. Die Mitochondrien sind allerdings der Meinung, dass ihr bestraft werden müsst - ich glaube, dass sie Recht haben.“ „Die Mitochondrien?!“, wiederholt Nina ihn, lächelt verwirrt und schüttelt unmerklich den Kopf. „Du sprichst über die Neo-Mitochondrien, als wären sie Personen. So warst du auch damals schon. Verstehst du denn nicht, dass sie nur Plotdevices sind?! Wer so klug ist wie du, muss doch verstehen, dass...“ „Es ist mir egal, Nina“, sagt Malik, flüstert es beinahe. Er fördert zwei Hände voll Eisenkügelchen hervor. Viele rieseln zu Boden, als er sie mit seinen dünnen Fingern kaum umfassen kann. Nina spannt sich alarmiert, als sie bemerkt, dass der Junge nun irgendetwas hält. Malik streckt die Arme vor sich, öffnet seine kleinen Fäuste und balanciert die zwei Häufchen auf den Handtellern; bereits nach kurzer Zeit beginnen seine Arme, unter der Belastung zu zittern. „Wie ich gesehen habe, hast du dich für meine neue Fähigkeit interessiert“, murmelt Malik, während er sich zu konzentrieren beginnt. Seine Hände leuchten, werden fliederfarben oder violett, und Sekunden später geht die Energie auf die Eisenkügelchen über, lässt sie schweben. „Da du die Dose achtlos zurück geschlagen hast, hast du bereits spezielle Partikel an dir, die magnetischer sind als der Rest und die ich mit meinen Mitochondrien ansteuern kann.“ Nina schnappt alarmiert nach Luft, sieht auf ihre Rechte und bemerkt die schimmernde, violette Schleimschicht an ihrer Handkante erst jetzt. „Ich nutze diese Gelegenheit, um dir meine neue Fähigkeit ausführlich zu demonstrieren.“ Malik kneift die Augen zu … und öffnet sie mit einem Ruck wieder, feuert die unzähligen Eisenkügelchen ab wie eine Ladung glühenden Schrotes; jede einzelne davon wirbelt durch die Luft, und sie nähern sich ihr wie ein summender, todbringender Schwarm Hornissen. Die MSTing-Sue ballt erschrocken ihre Hand zur Faust, streckt sie von sich; knallend materialisiert sich ein blauer, gleißend heller Energieschild um sie, Millisekunden bevor die Geschosse sie erreichen und sie prallen ab wie Gewehrkugeln. Malik schreit vor Anstrengung, breitet die Arme aus, nur um sie an sich zu ziehen und die Kugeln zurück zu lenken; sie sammeln sich binnen einer Sekunde um ihn, umkreisen ihn wie Elektronen ihren Kern. Maliks ganzer Körper erstrahlt in dem violetten Schimmer, der bald so intensiv ist, dass er das dichte Gewebe seines Anzuges durchdringt. Die Kugeln leuchten immer heller; bald glühen sie wie kleine Sternchen. Malik saugt tief Luft ein, schreit mit aller Kraft und stößt die Arme vor sich. Noch in der selben Sekunde spannt sich Nina instinktiv an, dreht ihre Füße nach außen und sucht nach Halt auf dem feuchten Gras. Binnen weniger Momente brechen die Geschosse nach und nach aus Maliks wirbelnder, unsteter Aura hervor, begleitet von knisterndem, surrendem Getöse; jedes einzelne trifft Ninas Schild mit der Wucht einer großkalibrigen Waffe, explodiert beim Aufprall in einer gleißenden Energiefontäne aus violetten und blauen Blitzen. Bald ebbt der zerstörerische Hagel ab, konnte Ninas Schild nicht durchdringen; Malik keucht und ringt nach Atem, starrt die MSTing-Sue aus hasserfüllten Augen an. Als Nina ihn begeistert anlächelt, über seine Fähigkeit nahezu zu staunen scheint, erbricht er sich fast vor Wut, muss würgen, gewaltsam blinzeln und den Kopf schütteln. „Jeden, der nicht über effektive Abwehrmechanismen verfügt, hättest du damit in Stücke gerissen... Ich bin begeistert, wie mächtig deine Mitochondrien geworden sind, Malik!“, ruft Nina entzückt, entspannt sich langsam wieder. Malik schreit in Rage, ballt beide Hände zu Fäusten. „Die Mitochondrien und ich wären auch begeistert, wenn dich das jetzt in Stücke gerissen hätte!“, ruft er. Nina verzerrt beinahe schmerzlich das Gesicht, presst ihre Lippen aufeinander. „Malik, wenn du mir nur zuhören würdest, dann...“ Nina verstummt alarmiert. Der Junge wird rot; noch ehe der normale Grünton seiner mutierten Haut ganz zurück gekehrt ist, verfärbt er sich bereits wieder und sammelt Energie für den nächsten Angriff. Sekunden später steigt Dampf um ihn herum, erst nur in einem kleinen Bereich, der bald immer größer wird, auch Nina in einiger Entfernung kurz darauf erreicht. Malik starrt sie einige Momente lang nur gierig an, atmet tief ein und aus. „Schade“, murmelt er schließlich gepresst. „Ich dachte mir von Anfang an, dass das hier nicht die echte Nina ist. Du hast dich schon auf dem Kreuzfahrtschiff angefühlt, als wärst du in Wahrheit ganz weit weg, und heute ist es genau so.“ Nina blinzelt, ihre Pupillen zittern erregt. „Ich bin eine hochrangige Geschäftsfrau … und natürlich nicht so dumm, mich persönlich an Orte zu begeben, an denen ich von Feinden meiner Organisation umzingelt bin“, sagt sie entschuldigend. „Mit mehr als meinen Surrogaten kann ich nicht dienen; aber sie sind täuschend echt, nicht wahr?“ „Sie haben keine Mitochondrien. Sie sind nichts als billige Fälschungen“, zischt Malik. Der Rasen um ihn herum ist mittlerweile so ausgedörrt, dass er zu brennen beginnt. Abermals weitet Nina verblüfft die Augen, sieht begeistert zu, wie sich der flammende Ring immer weiter ausbreitet, wie ein flackerndes Elmsfeuer die Nacht kurz aufleuchten lässt und bald den ganzen Rasen um sie herum in nichts als Asche und schwarze, dampfende Flöckchen verwandelt hat. Die Flammen wandern mühelos unter Ninas Schild hindurch; sie tritt eilig mal hier hin, mal dort hin, um das Feuer zu ersticken, sieht immer wieder angespannt zwischen Malik und ihren Füßen hin und her. „Schade. Die Mitochondrien und ich, wir hätten dich jetzt gerne einfach angezündet.“ Oriannas entfesselte Energiekaskade entlädt sich für mehrere Sekunden, frisst sich mit der Urgewalt eines kleinen Meteoriten in das Land. Als das Meer aus Licht und Donner schließlich abebbt, zieht sich ein verbrannter Kegel durch den Park wie eine Narbe, geht am Waldrand in eine tiefe Schneise über, die sich meterweit hinein gräbt; nichts außer verkohlter, schwellender Zacken und Bruchstücke erinnert an die Bäume, die zuvor noch dort standen. Am Rand der Schneise brennen noch einzelne Wipfel. Arin öffnet die Augen, erlaubt sich erstmals seit der Explosion, wieder Luft zu holen. Langsam senkt er die Arme, sieht sich um; oben ist Orianna, ihr transformierter Arm im Moment nichts außer einem sich langsam drehenden Gewirr aus Teilen. Ihre Lampenaugen scheinen ihn beinahe überrascht zu mustern. „Oh“, macht das Maschinenmädchen nur. Um Arin herum ist ein wenige Schritte messender Konus völlig unversehrt geblieben, wirkt wie ein dunkelgrüner Farbtumpfen in einer Spur aus nichts als Schwärze; der Junge traut dem Anblick erst selbst nicht, sieht auf seine zitternden Finger und versucht zu verstehen, wie er tatsächlich einen kleinen Teil dieses Sturms einfach abwehren konnte. Dann geht alles ganz schnell: Vor Orianna stiebt schwarzer Qualm empor und Dando erscheint, holt mit zwei gezückten Sicheln aus und rammt sie nacheinander in ihren transformierten Arm, trifft mit unter Schweiß und Tränen eingeübter Präzision genau in nur wenige Millimeter messende Abstände zwischen sich drehenden Ringen und Zahnrädern. Von einer Sekunde auf die andere kommt die Bewegung zum Erliegen, stoppt wie ein Uhrwerk, welches an einer einzigen Stelle mit einem Steinchen blockiert wird. Orianna schreit: So entsetzlich verzerrt und laut, dass Dando zurücksetzen muss, da der Lärm in seinen Ohren schmerzt wie Messerstiche. Die MSTing-Sue wirft sich in abgehackten Bewegungen hin und her, wirkt wie eine Marionette, deren Fäden sich ineinander verheddern. Immer wieder zieht sich ihr transformierter Arm zusammen und stiebt wieder auseinander, springen einzelne Ringe in die eine, dann die andere Richtung. „Fiese Tricks werden abgestraft; Mitspieler sollen fair spielen. Betrug bringt die Kugel zum Weinen!“, gellt das Maschinenmädchen, verstummt schließlich und packt mit der freien Hand eine der Sicheln, versucht mit abgehackt wirkenden Bewegungen, sie aus seinem Arm zu ziehen. „Hey“, murmelt Dando ächzend, hört auf, sich die Ohren zuzuhalten. „Du kannst dich wirklich einfach nur selber ficken!“ Er verschwindet in einer Rauchwolke. Orianna blickt sich irritiert um, versucht noch immer, sich der Sichel zu entledigen, die sich fest verkeilt hat. Über ihr ist plötzlich Viggo, kommt vom Himmel gefallen von einer Stelle in mehreren dutzend Metern Höhe, zu der Dando ihn kurz zuvor gebracht hatte; seine Augen fixieren die MSTing-Sue wie die eines Falken, der sich auf eine ahnungslose Maus stürzt. Als er sie erreicht, scheint alles wie in Zeitlupe abzulaufen: Viggo wirft sich mit einer Wucht auf Orianna, dass der Boden unter dem Treffer zu vibrieren beginnt und kleine Steinchen von einer infernalischen Druckwelle erfasst und davon geschleudert werden. Die Generin ist dem Angriff schutzlos ausgeliefert, wird binnen Millisekunden vornüber gerissen, auf den Boden geschleudert und in beinahe absurdem Winkel durchgebogen. Oriannas mechanischer Leib ächzt unter der Last, doch Viggo gönnt ihr keine Sekunde, als er auf die Füße aufkommt, packt sie mit aller Kraft und reißt sie mit einem unbarmherzigen Schrei aus ihrer Verankerung, als wöge sie nichts! Dando erscheint wieder, packt seine Sicheln und zieht mit aller Kraft an ihnen. Orianna verstummt. Sekundenlang durchzucken reißende Drähte und berstende Metallteile die gespenstische Stille, die über dem Anwesen liegt, wie Stromschläge. Die Gary Sues beginnen vor Anstrengung zu schreien … und reißen Oriannas transformierten Arm schließlich ab! Viggo packt die MSTing-Sue mit aller Kraft, reißt sie empor und schleudert sie davon; Orianna fliegt mehrere Meter durch die Luft, wird gegen die Außenwand des Anwesens geschmettert und fällt donnernd zu Boden. Der Hüne schreit aus voller Kehle, setzt nach und packt ihren mechanischen Schädel, um ihn mit aller Wucht, die er aufzubringen vermag, erneut gegen das Mauerwerk zu schmettern. Weiter hinten reißt Dando gewaltsam seine Sicheln aus dem mechanischen Gewirr, schleudert es davon und wirft die Sicheln hinterher; die unzähligen Ringe fahren auseinander, geben Oriannas bewegungslosen Arm frei, der wie ein Stück Metall zu Boden fällt und formieren sich noch in der gleichen Sekunde, materialisieren die Kugel, deren Okular sich sofort surrend auf Dando ausrichtet - und nur einen Lidschlag später von einer der Sicheln getroffen wird. Die Kugel taumelt für einen Moment durch die Luft, dreht sich um die eigene Achse wie ein aus dem Gleichgewicht geratener Kreisel; Dando erscheint hinter ihr, holt mit der großen Sense aus und schwingt mit aller Kraft die Angel der Waffe gegen das Okular. Die Wucht des Aufpralls schleudert die Kugel davon wie einen Ball. Weiter hinten prügelt Viggo immer wieder auf Orianna ein. Eines ihrer Lampenaugen zerbirst und erlischt schlagartig; Scherben fallen zu Boden und ein Strom gleißender Funken stiebt daraus hervor. Die MSTing-Sue erhebt sich in einer einzigen, unmöglich erscheinenden Bewegung, reißt ihren unversehrten Arm empor und schmettert ihn gegen Viggos Schädel wie einen Knüppel. Er weicht ächzend zurück, blinzelt mehrmals. „Zerstören!“, gellt Orianna und holt abermals aus. „Zerstören!“ Ihr Unterarm klappt auf und offenbart eine filigrane, von Zahnrädern und energetisch leuchtenden Fasern angetriebene Säge, deren Lärm sogleich allzu deutlich durch die Nacht schneidet. Viggo reißt instinktiv einen Arm hoch, fängt ihr Handgelenk ab und schafft es gerade so, den Schlag der deutlich kleineren Oriannas zurückzuhalten; jetzt, wo ihr mechanischer Körper nicht mehr aus dem Gleichgewicht geraten ist, ist ihre Kraft gewaltig. Viggo stöhnt vor Anstrengung, muss den Arm mit der anderen Hand packen, um sich die Säge vom Leib halten zu können. „Beobachtungen: Die Gary Sues...“, beginnt Orianna und Teile ihrer Aussage sind nichts als ein unverständliches Rauschen und Schnattern, als sei irgendetwas in ihr kaputt gegangen. Das letzte Wort lautet: „Sterben.“ „Boah, halt's Maul!“, brüllt Viggo und wirft sich mit aller Kraft auf den unbarmherzig gegen ihn haltenden Maschinenkörper, beginnt, Oriannas Arm durchzubiegen und auf ihren Kopf zu richten. Fürchterliche Stromstöße schlagen in seinen Körper ein, als Orianna sich mit einer gleißenden Aura knisternder Energie umgibt. Alles in Viggo schreit danach, den Arm loszulassen, doch er kämpft den Reflex nieder, zwingt sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen und hält weiter gegen die unerbittliche Maschinenkriegerin an. Das Tosen und Rauschen der Säge erklingt unerbittlich in seinen Ohren und so unerbittlich ist auch der Blick, der auf Oriannas starrem, mehr einer Maske ähnelndem Gesicht ruht. Ihr verbliebenes Auge glüht immer heller. Viggo schreit verzweifelt, zieht ein Bein hoch, nur um sich noch in der gleichen Bewegung aus der Hüfte heraus zu drehen und Orianna von den Füßen zu reißen; er schleudert sie wie eine Puppe herum, auf den Boden, reißt sie abermals empor und dreht sich drei, vier Mal um die eigene Achse, um ihren Arm schließlich ruckartig freizugeben und sie gegen die Mauer zu schleudern. Orianna trifft mit solcher Wucht auf das poröse Gestein, dass sie es schlicht durchschlägt und irgendwo im Inneren des Gebäudes polternd und scheppernd aufkommt. Viggo fällt auf die Knie, saugt seine Lungen voll Luft und stößt sich ab, springt ihr mit einem einzigen, gewaltigen Satz nach. Er reißt schützend die Arme vor sich, als er durch den Spalt huscht, blickt sich im dunklen Korridor dahinter nach allen Seiten um. Irgendetwas surrt; Viggo sinkt zu Boden, keine Sekunde bevor Oriannas Kettensäge wieder lärmt und über ihm in die Wand schlägt, dass die Funken nur so fliegen. Ihr grellblaues Auge flammt auf, wirft gespenstischen Glanz auf ihr Gesicht. „Zerstören!“, schreit das Maschinenmädchen, seine Stimme vielfach in den Korridoren des Anwesens verhallend. Viggo kann kaum sehen, setzt zurück und entgeht der Säge erneut nur knapp, spürt noch den Luftzug, als sie Millimeter vor seinem Gesicht durch die Luft schneidet. In der Bewegung stößt er gegen irgendeinen Gegenstand, packt ihn instinktiv und schleudert ihn Orianna entgegen. Der Tisch zerbirst und der Lärm zu Boden fallender Holzscheite hallt durch die Dunkelheit. Orianna taumelt für den Bruchteil einer Sekunde; Viggo bemerkt die Öffnung im selben Moment, in dem sie sich auftut, setzt vor und reißt ein Bein hoch, um Orianna zu treten; dumpfer, metallener Lärm durchdringt die Schwätze und Orianna setzt zurück, hiebt zwei, drei mal wild mit ihrer glühenden Säge nach Viggo, der sich verzweifelt in die Hocke fallen lässt, um ihr zu entgehen, noch in der gleichen Bewegung die Beine herum reißt und Orianna mit aller Kraft gegen die Füße tritt. Seine Sue-Kräfte tun ihr Übriges, um Orianna zu Fall zu bringen, doch die stählerne Gegnerin verlagert noch im Fall ihr Gewicht, fällt mit der Säge voran genau auf Viggo zu! Er packt sie mit vor Verzweiflung bis zum zerreißen gespannten Nerven, hält sie an ihrer kaputten Schulter und ihrem Handgelenk gleichermaßen zurück. Sie ringen für mehrere Sekunden, in den Orianna immer wieder „Zerstören!“ schreit und Viggo zu brüllen beginnt, einfach nur, um die fürchterliche Stimme des Roboters irgendwie zu übertönen. Schließlich konzentriert er alle Kraft in seinen Beinen, schnappt mit einer Beinschere nach ihrem Maschinenleib und wirft sich zur Seite, bringt sich in einer unmöglichen Drehung über sie und greift mit beiden Händen ihren Arm, an dem noch immer die Säge rotiert, Viggo mit ihrem schrillen, mechanischen Surren langsam in den Wahnsinn treibt. Gierig saugt er die Lungen voll Luft, verlagert all sein Gewicht auf ihren Arm und drückt ihn immer tiefer. Oriannas hydraulische Gelenke knirschen, klingen wie Getriebe, die kurz davor stehen, zu zerspringen. „Zerstören!“, schreit Orianna ein letztes Mal, Sekundenbruchteile bevor sich die Säge in ihr eigenes Gesicht frisst, Funken stieben lässt und Kabel und Zahnräder heraus reißt. Ein erstickender Schrei hallt aus ihrer mechanischen Kehle, doch nur für einen Moment. Oriannas Auge hört von einer Sekunde auf die andere auf zu leuchten. Die Säge rotiert nicht mehr, verkeilt sich in einer unmöglichen Position in den Panzerplatten ihres Stahlschädels. Schließlich rührt sich das Maschinenmädchen nicht mehr. Viggo verharrt noch länger als eine Minute auf ihr, spürt nichts anderes als seinen rasenden Puls, eiskalten Schweiß, wie sein Hemd an ihm klebt und sich sein Brustkorb ruckartig hebt und senkt. Mit fahrigen Bewegungen richtet er sich auf, streicht sein Haar zurück und tritt ein letztes Mal gegen Oriannas metallenen Arsch. Schließlich torkelt er zum Riss in der Mauer zurück, deutlich zu erkennen an einer hellen Spur des Mondlichtes, welches den Staub im Inneren nur allzu deutlich bestrahlt. Draußen schafft Viggo keine fünf Schritte mehr, ehe ihn seine Kraft endgültig verlässt und er wankend und keuchend zusammen bricht. Einige Meter entfernt kämpft Dando noch immer verbissen gegen die Kugel; das kaum fußballgroße Konstrukt hat irgendeinen Mechanismus aktiviert und sich geöffnet wie eine Spieluhr, doch anstelle tanzender Figürchen offenbaren sich sechs armlange, vielgliedrige Werkzeuge, besetzt mit von knisternder Energie umhüllten, Dolchen ähnelnden Aufsätzen. Die Kugel surrt hin und her und stößt immer wieder mit einem oder mehreren ihrer Tentakel nach Dando, der die Treffer mit seinen Sicheln abwehrt. Wenn er nach der Kugel zu schlagen versucht, pariert sie seine Klingen mit ungeheuerlichen Reflexen, wirbelt zur Seite und peitscht mit ihren Werkzeugen nach ihm. Dando blutet bereits aus zahlreichen Wunden; sein Mantel ist eingerissen und verkohlt. Aus einem tiefen Schnitt auf seiner Wange sickert beständig Blut, fließt ihm in den Mundwinkel und erfüllt seine Kehle mit einem widerwärtig metallischen, süßlichen Geschmack. Das zerkratzte, gesprungene Okular der Kugel beginnt zu leuchten; sie schlingt ihre sechs Gliedmaßen um sich, als wolle sie sich umarmen, leuchtet immer heller. Dando reagiert instinktiv und löst sich in schwarzen Rauch auf, bringt mehrere Meter Abstand zwischen sie und entgeht der tosenden Energiewelle, die noch in der selben Sekunde aus der Kugel hervor bricht, Gras und Büsche versenkt und Gestein davon schleudert, als wöge es nichts. Noch ehe die Kugel reagiert, erscheint er wieder vor ihr und schlägt zu, trifft einen der Fortsätze und trennt ihn mit einem wuchtigen Hieb einfach ab; doch die Kugel reagiert bereits, als Dandos Sichel ihren Stahl erst zu berühren beginnt, stößt ihre verbleibenden Glieder vor und treibt fünf energiegetränkte Dornen gleichzeitig in Dandos bereits geschwächten Leib, ungeheuerliche Stromstöße durch seine Muskeln sendend. Der Junge schreit verzweifelt, löst sich auf und setzt zurück, nur um dann auf die Knie zu fallen und kraftlos keuchend liegen zu bleiben. Sofort setzt sich die Kugel in Bewegung, was Dando aus dem Augenwinkel bemerkt; doch sie hält nicht auf ihn zu, um ihm den Rest zu geben, wie er bereits befürchtet hatte. Stattdessen schwebt die Kugel weiter, beleuchtet den Boden mit ihrem hell glühenden Okular und scheint etwas zu suchen. 'Ihr Arm', denkt Dando entsetzt, als ihm klar wird, dass die Kugel Orianna offensichtlich reparieren kann. Keine zwei Atemzüge später findet die Kugel das regungslos unter Grashalmen verborgene Metallgliedmaß, greift es auf beinahe andächtige Weise mit ihren bizarren Fingern und schwebt in Richtung der Villa. Dando beißt die Zähne aufeinander, versucht, sich aufzurichten. Doch er ist am Ende seiner Kräfte angelangt. Arin steht noch immer an der gleichen Stelle, an der er Oriannas Donnersturm abgeblockt hat und sieht hilflos zu, wie die anderen gegen das Maschinenmädchen und die Kugel kämpfen. Er zittert am ganzen Körper, ringt nach Luft; was ihm erst nur wie ein Anflug von Euphorie vorkam, entpuppte sich bald als brennender Schmerz, der mittlerweile jede Faser seines Leibes zu erfüllen scheint. Jeder Muskel in ihm scheint sich unter Krämpfen zu winden; Arin könnte sich nicht einmal bewegen, wenn er wollte, ist wie erstarrt und vermag gerade noch zu atmen. Einen dermaßen mächtigen Angriff hatte er bisher nicht abgewehrt. In Oriannas tosender Energiehölle stak so viel Macht, dass es zu viel für ihn zu sein scheint. Arin hatte nie verstanden, was eigentlich mit der Energie der Angriffe geschah, die er beim Einsatz seiner Sue-Kraft abwehrte; es war ihm auch nie wichtig. Torquemada hielt sowohl für möglich, dass er sie irgendwie neutralisierte, als auch, dass er sie in sich aufnahm, sie eventuell auf sog wie ein Schwamm. Arin wird schwindelig, der Schmerz zudem immer intensiver; mittlerweile sieht er bunte Lichter auf seiner Netzhaut auf und ab tanzen, schwitzt am ganzen Körper und fühlt sich, als würde er ersticken. Wie Viggo Orianna durch die Gegend wirft und Dando die Kugel zurück drängt, bekommt er noch beiläufig mit. Dann sinkt er auf die Knie. Seine Beine fühlen sich, als würden sie in der Bewegung zerreißen. Arin stöhnt gequält, nimmt das kühle, feuchte Gras unter sich kaum war. Düstere Schemen tanzen vor ihm auf und ab, wirken im Mondschein wie feine Seidentücher, die sich im Wind wiegen. Das Schauspiel droht, Arin zu verschlingen, zieht sich immer enger um ihn zusammen. Erst als die Nebel beginnen, sich an seine Haut zu schmiegen, seine Arme und sein Gesicht zu umspielen wie liebevolle Finger, dämmert ihm, dass dies nicht nur irgendein Eindruck ist, den seine überreizten Sinne ihm vorgaukeln. Arin stöhnt vor Schmerz, versucht sich zu bewegen - und jeder Millimeter scheint tausende Nadeln tiefer in sein Fleisch zu treiben, entlockt ihm weitere, gepeinigte Schreie. Die schwarzen Schleier scheinen aus ihm heraus zu kommen. Arins Pupillen beginnen zu zittern, als er es bemerkt, Sekunden lang verbissen auf seine Handrücken starrt. Immer mehr der dunklen Fäden und Gespinste treten wie Dampf aus den Poren seiner Haus aus. Sie erinnern Arin an irgendetwas. Er braucht einige Sekunden, um die Erinnerung in seiner Agonie überhaupt freizulegen, verfolgt mit Ekel und Faszination gleichermaßen, wie sich die Dunkelheit selbst um ihn herum zusammen zu ballen scheint. Mittlerweile umgibt ihn eine dichte Wolke. Dann hört er sie in seinem Geist kichern, sieht ihr volles, jadegrünes Gesicht, eingerahmt von flammend rotem Haar, und ihre glühenden, in innerem Feuer regelrecht brennenden Augen: Nevan. Solche schwarzen Nebel, die sich verstofflichen und unwirkliche Dinge bildeten, waren Nevans Waffe; ihr dämonischer Körper, den sie zu formen vermochte wie es ihr beliebte. Arin erinnert sich, wie der Sukkubus ihn damals beinahe getötet hatte, ihn immer wieder biss und ihm die Energie raubte, nur um kurz in schallendes, melodisches Gelächter auszubrechen und ihn erneut anzufallen. 'Kann das sein...?', denkt Arin entsetzt. Torquemada hatte während seiner Lektionen über die Verderbnis der Dämonen gesprochen und ihnen geschildert, welche Auswirkungen der Kontakt zu ihnen durchaus haben könnte; Verderbtheit und Mutationen waren noch das mindeste; doch der Inquisitor hatte seinen Geist überprüft und keine Anzeichen einer wie auch immer gearteten Korruption durch die Magie des Sukkubus festgestellt. Viggo schreit gellend. Arin blinzelt, wird beinahe gewaltsam aus seinen Gedanken gerissen und zwingt sich, zum Landhaus empor zu sehen, gewahrt gerade noch, wie Viggo Orianna so fest gegen das Mauerwerk schleudert, dass sie es durchschlägt - und dann mit einem meterweiten Sprung hinterher setzt. Näher am Waldrand kämpft Dando noch immer gegen die Kugel, die sich erneut transformiert zu haben scheint; doch sie besiegt ihn nur einen Moment später. Arins Augen weiten sich entsetzt, als er sieht, wie die Kugel Oriannas Arm aufhebt und sich auf den Weg zum Anwesen macht. Lange würde es nicht dauern, bis sie ihre Herrin erreicht; Arin wird klar, dass die Kugel dazu in der Lage sein muss, Orianna zu reparieren. Irgendwie muss er ihnen helfen! Erfüllt von sengenden, lodernden Schmerzen, die ihm fast das Bewusstsein rauben, rappelt er sich auf, saugt die Lungen voll Luft und setzt einen Fuß vor den anderen. Die dunklen Schleier folgen ihm, umspielen seine Finger beinahe zärtlich, fließen zwischen ihnen wie eine ölige, feine Flüssigkeit. Es fühlt sich an, als würden sie die Kontrolle über Arin übernehmen: Wie von Geisterhand heben sich seine Hände, strecken sich seine Arme vor ihn. Die Dunkelheit ballt sich zusammen, wird immer dichter. Bald schmiegen sich Arins Finger um einen schlanken, filigranen Bogen, der im Mondlicht schimmert wie dunkler Kristall, es einzufangen und in unzähligen Facetten zu brechen scheint. 'Eine Waffe?', denkt Arin überrascht. Der Bogen hat keinerlei Gewicht, fühlt sich in seinen Händen jedoch massiv an. Er verfügt über keine Sehne. Vorsichtig streicht Arin mit der Rechten über den Schaft, spürt eine eigenartige Energie unter seinen Fingerspitzen knistern. Als würde er einem Instinkt folgen, greift er zu, winkelt den Arm an; düstere Schemen sickern aus dem massiven Kristall hervor, folgen Arins Hand, als würde er einen Pfeil daraus hervorziehen. Bald macht sich ein gewisser Widerstand bemerkbar und wird immer stärker, als Arin den Pfeil völlig herausgezogen hat. Auch nur den Versuch zu unternehmen, weiter gegen den Widerstand anzukämpfen, erscheint ihm vor den sengenden Schmerzen in seinem Körper absurd. Mit letzter Kraft legt er den Bogen an, versucht auf die Kugel zu zielen, die bereits die halbe Strecke zum Anwesen zurückgelegt hat, durchaus beschädigt sein könnte, so langsam, wie sie voran kommt; doch Arins Arme zittern so stark, dass er die neu gewonnene Waffe kaum zu halten vermag. Die Kugel kommt voran. In einem verzweifelten Versuch legt Arin abermals an, verengt die Augen zu Schlitzen und atmet tief ein. Der Pfeil löst sich wie von selbst, als er seine Finger entspannt. Dann geht alles ganz schnell: Ein waberndes Gespenst aus Schwärze und Verzweiflung sirrt durch die Nacht, wirkt gar nicht wie ein Pfeil, sondern wie ein schwarzer Strom, der sich blitzschnell durch die Luft schlängelt und auf die Kugel zu hält, als würde er sie suchen. Die Kugel hält in ihren Bewegungen inne, verharrt abrupt in der Luft und dreht sich so, dass sie das Ding sehen können muss. Sie schafft es nicht mehr, sich zu verteidigen; als der Schemen sie erreicht, explodiert er in einer Woge aus Rauch und buntem Feuer, mit einer Druckwelle, so intensiv, dass sie die Kugel Meter weit davon schleudert. Funken stieben aus dem merkwürdigen Konstrukt, als es noch einige Schritte rollt, endlich liegen bleibt und sich nicht mehr rührt. Arin atmet erleichtert aus, sinkt zu Boden. Sein Bogen löst sich in nichts als Nebel und Schemen auf. Ihm wird schwarz vor Augen. Der Lärm von Oriannas tosender Explosion verhallt in der Nacht. Malik hält abrupt inne, sieht davon ab, Nina weiter anzugreifen; auch die rothaarige MSTing-Sue horcht auf, legt den Kopf zurück und späht in Richtung des Anwesens. Ein wahrer Sturm aus Blitzlichtern erhellt Sekunden lang die Nacht, zeichnet die Silhouette des steinernen Molochs allzu deutlich nach. Dann ist alles ganz still. Malik saugt alarmiert Luft ein, konzentriert sich auf die Umgebung und streckt seine mentalen Fühler in die Ferne. Sie müssen noch leben: Es ist unmöglich, dass sie jetzt gestorben sind! Er braucht nur wenige Sekunden, um sie schließlich zu erspüren, atmet erleichtert aus, als ihm bewusst wird, dass sie alle noch leben. „Wie mir scheint, haben deine Freunde Orianna herausgefordert“, kommentiert Nina dann. „Ob sie es wohl schaffen, das Maschinenmädchen zu bezwingen?“ Malik hadert einen Moment mit sich, folgt den in seinem Geist auf und ab wallenden Gedankengängen; eine Laune jagt die nächste. Einerseits ist es ihm egal, ob sie Orianna bezwingen; andererseits wünscht er sich nichts sehnlicher, als von hier zu verschwinden und ihnen zu helfen. Doch da sind auch die Mitochondrien; ein Kanon aus Milliarden von Stimmen, der nach Vergeltung schreit. Malik ist sich sicher, dass sie Recht haben. Die Mitochondrien entscheiden über Leben und Tod; sie haben immer Recht. Er antwortet nicht, starrt Nina Sekunden lang nur an. „Du bist sehr stark geworden, mein lieber Junge“, murmelt sie nach einer Weile, senkt ihren Arm und lässt den kinetischen Schild erlöschen, der sie bis eben umhüllt hat. „Ich frage mich, woran das wohl liegt? Als du noch in unserer Anlage warst, wolltest und wolltest du dich nicht weiter entwickeln; doch nun bist du kein Jahr fort - und schon so mächtig geworden.“ Nina lächelt warm, während sie gemessenen Schrittes auf Malik zu kommt, ihn nicht aus den Augen lässt. „Bleib weg von mir!“, ruft der Junge verächtlich. „Ich kämpfe nicht gegen dich, wenn du nicht die echte Nina bist. Deine ferngesteuerten Kopien interessieren mich nicht!“ Tatsächlich hält Nina im Schritt inne, sieht einmal mehr beinahe wehleidig zu dem merkwürdigen Jungen mit der grün leuchtenden Haut und dem großen Kopf. „Ach, Malik, du kannst mir doch nichts vormachen... Ich sehe dir an, dass du dich verausgabt hast. Deine ganze Energie, aufgebraucht, nachdem du nur zwei mal deine Sue-Kräfte entfesselt hast; das war natürlich eine Sicherheitsvorkehrung. Jemand, der über solche Macht gebieten könnte wie du, dürfte niemals über zu viel Energie verfügen! Er wäre nicht zu kontrollieren, nicht im Zaum zu halten...“ Ninas Augen erstrahlen in einem unbeschreiblichen, inneren Feuer, das Malik nicht zu deuten vermag. „Es hat schon seinen Grund, dass du so dünn bist, mein lieber Junge.“ „Du redest und redest“, zischt Malik verächtlich. „Ich höre dir gar nicht mehr zu. Dein Geschwätz hat keine Bedeutung für mich. Ich weiß selbst, was ich bin und wenn ich erst in Erfahrung gebracht habe, wo du dich versteckst, wirst auch du es herausfinden. Du wirst gar keine andere Wahl haben, als dich hinter deinem Schild zu verstecken!“, droht er ihr und ballt die Fäuste. Malik beginnt zu zittern, als er sich erneut in Rage redet - und Nina lächelt nur voller Mitleid. „Ich könnte dir niemals weh tun. Ich fühle für dich, als wärst du mein eigener, kleiner Sohn.“ „Das ist lächerlich“, zischt Malik nur, winkt ihre Aussage mit einer geringschätzigen Geste ab. „Ihr habt uns vollständig künstlich erschaffen. Ich bin niemandes Sohn.“ „Natürlich würdest du mir nicht glauben“, murmelt Nina resignierend. „Aber sag mir doch: Was glaubst du, woher deine Macht rührt? Sind es nur die Mitochondrien? Diese unzähligen, winzig kleinen Plotdevices in dir?“ Malik schüttelt irritiert seinen großen Kopf, verliert unbeabsichtigt das Gleichgewicht. „Natürlich sind es die Mitochondrien: Sie sind die alleinige Quelle meiner Macht! Was ist das für eine dumme Frage?“ „Natürlich. Ich verstehe dich, Malik“, spricht Nina sanft, lächelt ihn an; da ist irgendetwas in ihrem Blick, als wüsste sie mehr über Malik als er selbst. Doch der Junge weiß nicht, wie er überhaupt auf die Idee kommt und verwirft den Gedanken wieder. Fürchterlicher Lärm hallt aus dem Inneren des Anwesens hervor; Oriannas Schreie. Malik weiß bereits, dass Arin die Kugel besiegt hat - und spürt durch Viggo und Dando, was auf der anderen Seite geschieht. Mit flinken, hastigen Bewegungen hebt er die Hände, deutet hier hin, dort hin, mit violett leuchtenden Fingerspitzen. Überall erheben sich kleine Lichter aus dem verbrannten Gras, die wie Feen kurz in der Luft verharren. Nina hebt bereits alarmiert eine Hand, lässt Malik nicht aus den Augen; doch die Eisenkugeln kehren in Maliks Hände zurück, sammeln sich, als wären sie Glühwürmchen, die von seinen leuchtenden Fingern angelockt würden. „Ich muss jetzt gehen“, sagt Malik mit monotoner Stimmer, während der Boden unter ihm zu wabern und zu schwingen beginnt. „Jetzt schon?“, fragt Nina traurig. „Ich hätte mich gerne länger mit dir unterhalten. Wir haben uns so lange nicht gesehen.“ „Wir sehen uns wieder, Nina“, zischt Malik, wirft ihr einen hasserfüllten, letzten Blick zu, während er im Boden zu versinken beginnt. „Aber Viggo ist mein Freund. Er ist mir wichtiger als du.“ Dann ist er verschwunden. Nina bleibt allein zurück. Viggo sieht mit einer Mischung aus Begeisterung und einem aufkeimenden, kaum zu bändigen Gefühl der Bedrohung zu, wie ein pechschwarzer Schemen auf die herannahende Kugel zu eilt, sie schließlich erfasst … und in einer Explosion aus nichts als Dunkelheit und irisierenden Farben verschlingt. Oriannas abgetrennter Arm fällt zu Boden; mehrere Meter entfernt poltert die Kugel nieder, rollt noch einige Schritte und ihre mechanischen Gliedmaßen zucken ein letztes Mal, ehe sie regungslos liegen bleibt. „Geil“, murmelt der blonde Hüne vergnügt, grinst gehässig - doch die Freude währt nur kurz, als hinter ihm röhrender, unbeschreiblich beschädigt und kaputt anmutender Getriebelärm laut wird, als würden hunderte, tausende von Zahnrädern und Gewinden gerade so noch ineinander greifen in einem Konstrukt, das kurz davor steht, auseinander zu fallen. Orianna schreit gellend; irgendetwas muss in ihr kaputt gegangen sein. Ihre Stimme ist kaum mehr als ein surrealer Lärm, der innerhalb Millisekunden die Tonhöhe wechselt, mal in zwei Tonlagen gleichzeitig erklingt, dann wieder von tief zu hoch springt im Takt von Momenten. Etwas in Viggos Innerem verkrampft sich unwillkürlich, als ihm klar wird, welches Entsetzen im Grunde in Oriannas Schrei liegt. Donnernden Schrittes eilt sie an ihm vorbei, ihr zerstörtes Gesicht wie eine Grimasse verzerrt und kämpft sich torkelnd und unsicher bis zu ihrer Kugel vor, die in mehreren Metern Entfernung regungslos liegen geblieben ist. Orianna wird immer langsamer, verharrt, als sie sie schließlich erreicht, sinkt auf ihre Knie. Beinahe andächtig streckt sie ihre verbliebene Hand aus, um über das Okular der Kugel zu streicheln; das Konstrukt rührt sich nicht mehr. Jedes der unzähligen Lichter an ihm ist erloschen. Abermals verhallt der erbärmliche Schrei des Maschinenmädchens in der Nacht. Sie greift die zerstörte Kugel, richtet sich ruckartig auf und fährt in einer grotesk anmutenden Marionettenbewegung wieder herum, scheint Viggo aus ihrem beständig flackernden Auge heraus hasserfüllt anzustarren. Er setzt zurück, verliert sein Gleichgewicht und robbt mit letzter Kraft ein, zwei Meter weiter, ehe er abermals erschlafft. Orianna rennt los, wilde Flüche ausstoßend, die entweder einer fremden Sprache entspringen, oder nur noch das Produkt ihres beschädigten Maschinenhirns sind; vieles, doch nicht verständlich. Surrend bricht sich der Lärm ihrer Säge bahn, die noch immer funktioniert. Orianna scheint nicht zu bemerken, dass ihre Waffe sich in die Überreste der Kugel frisst, in ihr stecken bleibt und schließlich Funken aus dem Konstrukt hervor schlagen. Viggo hält den Atem an. Plötzlich wabert zwischen ihnen der Boden: Malik erscheint, wirkt fast, als würde er aus dem verwüsteten Erdreich herauswachsen. Schreiend stößt er die Arme vor sich und entfesselt einen summenden Hagel glühend heller, violetter Projektile, die wie wild gewordene Hornissen durch die Luft wirbeln, auf Orianna zu rasen und in sie einschlagen, sie zurück taumeln lassen, ihren verwüsteten Maschinenkörper immer wieder durchlöchern und zurückkehren, nur um abermals auf die MSTing-Sue niederzugehen; Orianna verliert ihre gummiartige Perücke, darunter nichts als Zahnräder, Drähte und flackernde Kristalle, die kurz davor zu stehen scheinen, endgültig zu erlöschen. Ihr zweiter Arm fällt ab, poltert zusammen mit der Kugel zu Boden. Die Sue wankt hin und her, als könne sie sich noch gerade so auf den Füßen halten, nunmehr nur noch eine deformierter Silhouette, aus der Funken und Rauch gleichermaßen herausströmen. Nach wenigen Sekunden endet der Angriff. Malik sinkt keuchend zu Boden. Orianna findet ihr Gleichgewicht wieder; ihr eingedellter vielfach durchlöcherter Brustpanzer klappt auf, offenbart eine letzte Waffe, in der sich gleißende Energie zu sammeln beginnt; doch die Schüssel ist zerstört, sammelt die Energie nicht mehr; wild und ungelenkt brechen sich Blitze in alle Richtungen Bahn, umhüllen Orianna mit einer tödlichen Aura, welche das Gras verbrennen lässt, wo sie den Boden berührt. Viggo ächzt verzweifelt, kommt auf die Knie und kraxelt mit aller Kraft voran, um zu Malik zu eilen und ihn zu beschützen, als die MSTing-Sue mit stapfenden Schritten langsam näher kommt. Plözlich taucht Dando zwischen ihnen auf; seine Sicheln fest umklammernd beginnt er, auf Orianna einzuharken, immer wieder, schlägt Zahnräder aus ihr und reißt Kabel heraus, die mit ihren mechanischen Organen verbunden scheinen. Das Maschinenmädchen zappel immer wilder, als würde ein Kurzschluss nach dem anderen durch ihr filigranes Netz an kupfernen Adern fahren. Sengende Energieströme rollen über Dan hinweg, lassen Dampf von seinem mit Blut besudelten Gesicht aufsteigen. Er keucht gequält und setzt nach, beschwört mit einer energischen Bewegung seine größte Sichel, die er beidhändig packt, um verzweifelt zu einem letzten Hieb auf Oriannas entrüsteten, halb ausgeschlachteten Torso anzulegen; doch Dando fehlt die Kraft, um den Schlag überhaupt auszuführen; das Klingenblatt bleibt zwischen zwei ihrer klobigen Komponenten stecken. Dando klammert sich kraftlos an seiner eigenen Waffe fest, um nicht den Halt zu verlieren. Wieder ist Viggo heran, rennt mit letzter Kraft auf die Gegnerin zu und stößt eine Handfläche vor, hämmert die Klinge mit einem finalen Hieb regelrecht in sie hinein, packt die Sense und reißt sie zurück, verpasst Orianna einen Roundhouse-Kick, der sie einen halben Meter zurück schleudert und dumpf auf dem Boden aufkommen lässt. Surrende, knisternde Entladungen dringen hörbar an ihre Ohren - und sie kommen nicht von der Gegnerin, die regungslos liegen bleibt. Sie hören Arin rufen, bemerken ihn links von sich, wie er langsam den Hügel hinauf kommt, wild gestikulierend und nach oben deutend. Viggo packt Dando instinktiv an der Schulter und zieht ihn mit sich, weg von der gefallenen Maschinenkämpferin, wenige Sekunden bevor ein Hagel aus düsteren, irisierend bunten Geschossen vom Himmel aus auf die MSTing-Sue niedergeht und sie endgültig zerfetzt. Kraftlos gehen Dando und Viggo zu Boden, ringen nach Luft. Arin ist kurz darauf bei ihnen. „Alter...“, stöhnt er, sieht in die Gesichter der anderen beiden und sucht kurz nach Malik, welcher mittlerweile am Fuße der Mauer lehnt. „Ist es endlich vorbei?“, fragt Arin geschwächt und sieht zu dem Haufen Schrott, der von Orianna übrig geblieben ist. Nur ihr Kopf ist in all dem Chaos aus Stahl und Draht noch zu erkennen. „Sieht so aus“, nuschelt Dando müde, wischt sich über sein Gesicht. Viggo beginnt zu kichern. „Altah, wenn Torquemada dat sieht, wird da...“ „Beobachtung: Bevorstehende Niederlage“, hallt Oriannas unmöglich verzerrte Stimme heran, klingt jung und alt zu gleich. Ihr verbliebenes Auge flackert abermals hell auf. „Schlussfolgerung: Hextechkern-Sprengung indiziert. Hextechkern-Sprengung initiiert. Zerstören!“ Entsetzt fahren die Jungs herum, blicken aus geweiteten Augen zu der vermeintlich besiegten MSTing-Sue. Orianna scheint es irgendwie zu bewerkstelligen, selbst jetzt noch einen Befehl an die Kugel zu senden, die weiter weg von ihr liegt und sogleich aufklappt, ein leuchtendes, sechseckiges Objekt wie aus Glas zum Vorschein bringt, über und über besetzt mit filigranen Symbolen und Runen. Die Überreste der Kugel beginnen von einer Sekunde auf die andere zu glühen wie ein Flutlicht, tauchen die Umgebung in blendend grelle, pulsierende Helligkeit. „Was?!“, schreit Dando atemlos, sieht alarmiert zu den anderen. „Zurück!“, ruft Arin und packt ihn unter dem Arm. „Kommt!“ Malik eilt ihnen entgegen so schnell er kann. Das Objekt leuchtet immer intensiver, bildet eine auf und abschwellende Sphäre aus reinster Energie. Bald ist es so grell, dass sie es nicht mehr direkt ansehen können. Arin tut irgendetwas; die anderen erkennen nicht genau, was es ist. Wabernde, dunkle Schemen breiten sich aus und umhüllen die Gruppe, bilden einen undurchdringlich wirkenden Schild aus massiv gewordenen Schatten, der sie wie eine Kuppel zu umgeben beginnt. Ein letztes Mal erklingt Oriannas bizarres Gekicher, wird unterbrochen von ihren wirren, unverständlichen Beschimpfungen, der Blick ihres flackernden Auges bereits in die Leere gerichtet. Die Kugel explodiert, noch Millisekunden bevor Arins Barriere sich vollständig um die Gary Sues geschlossen hat; der Lärm ist so gewaltig, dass er in ihren Ohren schmerzt, das wenige Licht, dass durch die millimeterbreiten Lücken in der Barriere dringt, sengt und brennt in ihren Augen. Schließlich versinken sie in einem Meer aus Schwärze. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)