MSTory 6: Silent Müll von abgemeldet (MSTing zu 'Monster with a Heart.?') ================================================================================ Kapitel 18: Wider der Prophezeiung ---------------------------------- „Du!“, schreit Torquemada, dass es nur so zwischen den Häuserzeilen verhallt, fegt die Stille der Nacht von einer Sekunde auf die andere davon. Er reißt eine Hand empor und deutet auf den kleinen, uralten Mann in einigen Metern Entfernung. Der Bookman fährt mit wehender Robe herum, blickt zu der Seitengasse, aus der Torquemada heraus stampft, seine schwere, blutrote Rüstung bei jedem Schritt lautstark scheppernd. Noch in der selben Sekunde blitzen goldene, filigrane Siegel und Runen um seinen linken Unterarm herum auf, vereinen sich zu dünnen Ketten aus reinstem Licht und umschlingen ihn. „Du wirst mich nicht noch mal mit deinem Plotdevice manipulieren!“, grollt Torquemada, der mit bebenden Schritten näher kommt, den Hammer geschultert und das Gesicht in unerbittlicher Wut verzerrt. Doch der Bookman bleibt sichtlich gelassen, verharrt mit hängenden Armen mitten auf der Straße und legt den Kopf zurück, um ohne eine Miene zu verziehen zum viel größeren Torquemada emporzublicken, der ihn bald darauf erreicht hat. „Bei dem Lärm, den Sie verursachen, hätte ich Sie eigentlich bemerken müssen“, kommentiert er trocken, ringt dem Inquisitor kaum mehr als eine wegwerfende Geste ab. „Dann wirst du wohl zu alt für all das hier“, knurrt Torquemada und sieht sich aus den Augenwinkeln um. „Wo sind die anderen? Es ist still geworden. Kämpfen sie nicht mehr?“ „Die … Kämpfe scheinen in der Tat beendet zu sein“, murmelt der Bookman, der beiläufig zu entschlüsseln versucht, welches Siegel Torquemada auf seinem Sharingan platziert hat, mit vor Konzentration verengten Augen nach und nach jede der leuchtenden Zeilen abgeht, die wie Fesseln um seinen Arm herum liegen. „Versuche gar nicht erst, den Bann zu heben“, knurrt Torquemada. „Sonst sprenge ich die Siegel und nehme dir deine verdorbene Mutation ganz!“ Der Bookman rollt mit den Augen, wird von einem Moment auf den anderen von wabernden Schemen und Schleiern umgeben und verschwindet, nur um kurz darauf auf die gleiche Weise wieder zu erscheinen - die leuchtenden Siegel auf seinem Unterarm sind verschwunden. „Wie?!“, ruft Torquemada empört, woraufhin der Ältere sofort gleichgültig mit den Schultern zuckt. „Ich habe mich kurz vergewissert, dass in meiner Bibliothek alles mit rechten Dingen zugeht. Wie ich beiläufig feststellen muss, kann Ihr Geist diese Siegel nicht über mehrere Dimensionen hinweg aufrecht erhalten.“ „Du willst mich wohl zum Narren halten!“, gellt Torquemada schallend, das Gesicht von tiefen Zornesfalten zerfurcht, hebt abermals eine Hand und vollführt hastige Bewegungen mit den Fingern, um ein weiteres Siegel zu beschwören. Erneut verschwindet der Bookman im Plothole - und erscheint wieder, diesmal hinter dem Inquisitor, der mit bebenden Schritten herum fährt, das Gesicht vor lauter Wut bereits gerötet. „Dass du dich das traust, Greis!“, schreit er und versiegelt den Unterarm des Bookman abermals. Mittlerweile ziert ein kaum wahrnehmbares, schelmisches Grinsen die gealterten Züge des MSTing-Sues … der im Plothole verschwindet, nur um sogleich wieder zu erscheinen. „Allzu oft kann ich in meinem Alter nicht durch das Plothole reisen. Wenn Sie mich weiter versiegeln, muss ich mir etwas anderes ausdenken.“ Torquemada schreit aus vollster Kehle. „Du hinterlistiger Betrüger!“, ruft er, dass es zwischen den Häuserzeilen nur so verhallt. „Ich werde...“ „Torquemada!“, echot es plötzlich von einem der Dächer. Die Männer sehen aus dem Augenwinkel zur Seite, nicht, ohne dass sich noch in der gleichen Sekunde abermals leuchtende Siegel um den Arm des Bookman materialisieren, und bemerken die Chaosfee, die mit eleganten Sätzen von einem Dach auf den darunterliegenden Vorbau, ein Autowrack und schließlich die Straße springt, um mit wehendem Haar auf sie zuzueilen. Der Bookman atmet erleichtert aus, kaum dass er die Mary Sue erblickt - und Meon, die auf ihrer Schulter sitzt. „Ah“, brummt Torquemada kehlig, der den Älteren nicht aus den Augen lässt. „Da seid ihr ja endlich.“ Meon kichert verlegen. „Haha, ja“, ruft sie, hält sich am Haar der Chaosfee fest, die mit weiten Schritten zu den Männern spurtet. „Ich hatte schon Angst, dass wir dich nicht wiederfinden, aber zum Glück bist du nicht so der Undercover-Typ.“ „Wem sagen Sie das?“, murmelt der Bookman und lächelt flüchtig, woraufhin Torquemada abermals abwinkt. „Schweig, Greis!“, herrscht er ihn an und sieht zu den Mary Sues. „Hütet euch vor seinen Tricks! Ich habe das Auge versiegelt, aber wir wissen nicht, ob er nicht noch auf andere Weise unseren Geist manipulieren kann!“ „Was war das für ein Tumult gerade eben?“, fragt die Chaosfee überrumpelt, als sie schließlich heran ist. „Wir kämpfen nicht länger, Torquemada. Bitte, zügle dich.“ Der Inquisitor wirft ihr einen eisernen Blick zu, senkt langsam seinen Hammer. „Ja, ja“, macht er, mustert beiläufig die zerschlissenen, teils eingerissenen und verbrannten Gewänder der Frauen. „Wie ich sehe, geht es euch beiden gut?“ „Nun … durchaus“, murmelt die Chaosfee, der erst jetzt ganz bewusst wird, wie wüst ihr Overall aussehen muss, und gewiss hatte auch Meons graues Mäntelchen bessere Tage gesehen. „Ich muss zugeben, dass...“, hebt sie mit verlegener Stimme an - und verstummt sogleich, als der Bookman sich lautstark räuspert. „Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten darf?“, spricht er gefasst, hat ihnen den Rücken zugewandt und blickt scheinbar willkürlich auf die Häuserzeile neben ihnen, scheint durch sie hindurchzusehen. Torquemada runzelt die Stirn, als er bemerkt, dass der Bookman sich zwischenzeitlich erneut von seinem Siegel befreit hat, den Arm mit zurückgezogenem Ärmel schräg vor sich hält. „Hast du doch schon wieder...“, beginnt er bebend, doch der Bookman saugt sogleich tief Luft ein und ruft: „Genug mit diesem Unsinn!“, klingt viel bestimmender als zuvor und so anders, dass die Chaosfee stutzt und Meon unwillkürlich zu frösteln beginnt. „Etwas geschieht im Zentrum der Stadt. Chaosfee, wenn Sie so freundlich wären, mich auf das Dach zu bringen?“ Die Angesprochene zögert einen Moment, wirft Torquemada und Meon einen unschlüssigen Blick zu. Der Inquisitor zuckt nur übertrieben ratlos mit den Schultern, und schließlich öffnet die Chaosfee mit einem Wink ein waberndes Portal, welches der Bookman mit einem flinken Satz durchquert. Oben auf dem Dach eilt er zur Brüstung, den Arm noch immer erhoben. Das blutrote Auge in seinem Fleisch kreiselt hin und her, scheint in einem inneren Feuer zu erglühen. Beiläufig bemerkt der Bookman, wie die anderen Sues neben ihn treten. „Dort hinten ist etwas. Was können Sie spüren, Torquemada?“ „Spüren?“, wiederholt der Inquisitor das Wort überrumpelt und blickt nun in die Richtung, in die der Bookman mit ausgestrecktem Finger deutet. Torquemada verengt die Augen zu Schlitzen - und sieht nichts als endlose, verfallene Häuserzeilen und verkrüppelte Nadelbäume, Nebelschwaden und Dunst. In der Ferne, nahe am Horizont, wird es langsam heller. „In der Tat. Sue-Kraft ballt sich im Zentrum der Stadt“, murmelt der Bookman alarmiert. „So, so“, kommt es Torquemada, der immer wieder zwischen dem leuchtenden Sharingan des alten Mannes und dem Zentrum der Stadt hin und her sieht. „Sind es womöglich meine Schüler? Kämpfen sie noch gegen einen deiner Schergen?“ „Nein“, wehrt der Bookman sofort ab. „Ausgehend von den Farben, die ich mit dem Sharingan sehe … muss ich vermuten, dass es sich um Taldeer handelt.“ „Taldeer?!“, ruft Torquemada aus, spannt sich von einer Sekunde auf die andere sichtlich an. Die gepanzerten Stiefel des Inquisitors knirschen hörbar auf dem Dach „Das sollte mich nicht überraschen. Wenn sich jetzt herausstellt, dass all das hier eine List der Hexe war...“ Ein flackernder Blitz erhellt die Nacht, verlischt wieder, nur um abermals zu erstrahlen und nicht mehr zu erlöschen. Die Sues stocken, wenden sich um - und gewahren in mehreren Kilometern Entfernung eine leuchtende Sphäre von gewaltigem Durchmesser, die sich über dem Wald erhebt, Baumwipfel in gleißende Helligkeit taucht und den See, der zwischen all dem liegt, in grellstem Weiß erstrahlen lässt. Plötzlich rollt der Lärm einer Explosion über sie hinweg, urgewaltig und dröhnend, wie eine Kaskade aus Donnerschlägen, die in den Ohren schmerzt. Weite Teile des Waldes wiegen sich sichtbar unter der Wucht der Sprengung und die Oberfläche des Toluca Lake scheint regelrecht zu erzittern. Bizarre Schatten werden in sämtliche Richtungen geworfen. Es dauert Sekunden, bis das Inferno abebbt, sich von einem Moment auf den anderen wieder Dunkelheit und Stille über das Land legen wie eine bleierne Decke, nur durchbrochen von dem zarten Hauch Morgenrot in weiter Entfernung. „Du liebes bisschen“, piepst Meon kleinlaut, ist sichtlich entsetzt. „Das war, glaube ich, der Ort, an dem MSTsaws Villa steht!“ „Die Villa des Alten?!“, wiederholt Torquemada die Worte, geht ein, zwei Schritte und blickt wie gebannt in die Richtung, in der sich soeben noch der infernalische Feuerball in die Nacht erhob. „Meine Schüler!“, ruft er aus, das Gesicht erstarrt in blankem Entsetzen. „War das ein Angriff?! Haben sie dort gekämpft?!“ Torquemada wird immer lauter, während er spricht. Auch die Chaosfee wirkt mittlerweile sichtlich alarmiert. „Wir müssen dort hin und nachsehen. Ich wage nicht, zu erahnen, was diese Explosion verursacht hat.“ „Aber auch vor uns ballt sich etwas zusammen“, bemerkt der Bookman gefasst, der sich bereits wieder dem Stadtzentrum zugewandt hat. Bläuliches Licht taucht die Gebäudefassaden und Teerstraßen in gespenstische Helligkeit, ausgehend von einer Quelle, die zwischen den Häuserfluchten verborgen liegt, pulsierend und an- und abschwellend, als schlüge ein Herz. Torquemada knurrt vor Anspannung. Mit mahlenden Kiefern blickt er zwischen dem Stadtzentrum und dem Wald hin und her. „Wir können das nicht ignorieren. Aber wenn der Bookman Recht behält und Taldeer erschienen ist, muss ich dort hin. Ich bin der einzige, der es mit der Hexe aufnehmen kann“, murmelt er düster. „Wir müssen uns aufteilen.“ Der Bookman nickt, wendet sich um. „Das erscheint mir am vernünftigsten“, sagt er, nähert sich den anderen Sues. „Ich gehe ebenfalls ins Stadtzentrum - und ich schlage vor, dass auch Meon uns begleitet. Sollte Taldeer uns wider Erwarten tatsächlich angreifen, wäre eine weitere MSTing-Sue-Per, die sich gegen sie stellt, gewiss nützlich.“ Meon schluckt sichtlich, zuckt überrumpelt mit den Öhrchen. „Ach, also … du liebe Zeit“, nuschelt sie und kichert verlegen. „Nun gut“, spricht die Chaosfee gefasst. „Die anderen MSTing-Sues haben sich aufgemacht, um die Stadt zu durchsuchen. Ich werde zum Anwesen gehen und hoffe, dass ich dort nicht das Schlimmste vorfinde.“ Meon rappelt sich zögernd auf, stößt sich schließlich ab und landet auf einer von Torquemadas wuchtigen Schulterplatten. Der Hamster schluckt vor Nervosität. „Oh weh... Viel Glück.“ MSTsaw schreit. Funken fliegen und der Lärm ihrer aufeinandertreffenden Klingen verhallt in der Ferne, als der alte Mann und der Avatar des älteren Autors immer wieder aufeinander einschlagen, mit weiten Sprüngen zurücksetzen, nur um abermals blitzartig vorzustoßen und auszuholen. MSTsaw fälscht den Hieb ab, duckt sich zur Seite und entgeht der auf seinen Hals gerichteten Waffe im letzten Moment. „Deus ex Machina!“, ruft er noch in der Bewegung und streckt die freie Hand von sich; haarfeine Fünkchen knistern zwischen seinen Fingern, und einen Lidschlag später bricht ein dröhnender Blitz aus MSTsaws Hand mit einer solchen Wucht hervor, dass der Rückstoß ihm beinahe das Gleichgewicht raubt. Der Angriff schlägt in den Avatar ein, fegt ihn davon wie einen Zweig, der von Sturmböen erfasst wird; doch der Gegner reagiert noch im selben Moment, reißt sich herum und erlangt binnen Millisekunden sein Gleichgewicht zurück, nur um seinen langen, zum Schwert mutierten Arm in den Boden zu rammen und selbst dann noch zehn, zwölf Meter davonzuschlittern, ehe er die Wucht des Blitzschlags völlig kompensiert hat. Das Schwert des Avatars schneidet durch den massiven Fels unter ihnen als träfe es auf keinerlei Widerstand, reißt eine violett glühende Scharte hinein, die auf einem Wink seiner dürren Hand hin ruckartig noch weiter aufbricht; unzählige, winzig kleine Lichter wirbeln daraus empor und durch die Luft, gehen auf MSTsaw nieder wie ein Platzregen aus todbringender Energie. MSTsaws Augen weiten sich erschrocken. Einen tiefen Atemzug nehmend setzt er zickzackartig zurück und zur Seite so schnell er kann, entgeht den auf ihn niederprasselnden Projektilen nur um Haaresbreite; doch einige treffen ihr Ziel und durchdringen binnen Augenblicken MSTsaws Robe, entsenden infernalische Schmerzen in den Körper des alten Mannes, als sie seine Haut berühren und sich zischend hineinbrennen. MSTsaw jault vor Schmerz auf, verliert beinahe sein Schwert und fällt in die Hocke, nur um zu gewahren, wie der Avatar sich bereits wieder abstößt, seine Waffe emporreißt und die fast zwanzig Meter zwischen ihnen in Windeseile nimmt. „Deus ex Machina!“, ächzt MSTsaw und lässt das Schwert fallen, streckt beide Hände vor sich, zwischen denen grellblaue Energie hin und her zu zucken beginnen; Sekunden später entlädt sich ein donnernder Blitzschlag, dem der Avatar mit einem mühelos erscheinenden Sprung zur Seite ausweicht, dann noch einer, der sein Ziel ebenso verfehlt, dann noch einer. MSTsaw schreit aus voller Kehle, als der Avatar ihn erreicht hat, abermals zum Sprung ansetzt und mit voran gestrecktem Klingenarm und auf ihn niederfährt. Taumelnd reißt er sich empor, setzt zurück und entgeht dem Schlag in letzter Sekunde. Erneut bohrt sich die aus geisterhaft leuchtendem Glas bestehende Waffe des Gegners mühelos in den Boden. Myriaden haarfeiner Linien entstehen, ziehen sich binnen einer Sekunde wie ein kreisrundes Spinnennetz mit mehreren Metern Durchmesser über den Boden, beginnen zu summen und zu pulsieren. MSTsaw flucht, wirft sich mit aller Kraft zurück und ruft verzweifelt nach dem Deus Ex Machina. Fünf, sechs rostige Ketten wirbeln wie von gespenstischem Eigenleben erfüllt heran, schlingen sich um seinen Körper und reißen ihn davon, keinen Augenblick bevor gleißende Energiefontänen emporlodern, sengend den Saum von MSTsaws Robe verschlingt und ihn so stark blendet, dass er die Augen zukneifen muss. MSTsaw torkelt hin und her, als seine Ketten ihn zu Boden setzen, zwingt sich mit der Kraft der Verzweiflung, die Augen aufzureißen und sucht nach dem Gegner, der plötzlich genau vor ihm ist. Sein Herz stockt, als er in das maskenartige, wie poliertes Glas schimmernde Gesicht des Avatars blickt und für eine Sekunde alles ganz langsam zu geschehen scheint. Violette, purpurne und lilane Nebel wallen wie Galaxien hinter der Maske auf und ab. „Mein Avatar hat dich bezwungen, MSTsaw“, hört er Stimmen durch seinen Geist hallen, hoch und tief zugleich, als würde ein ganzer Chor zu ihm sprechen. Der Avatar reißt seinen Schwertarm empor, stößt zu - und treibt die Klinge mit Leichtigkeit durch MSTsaws Brust. Zitternd reißt der Alte beide Hände nach oben, packt den Arm und stemmt sich gegen ihn. Sengende Schmerzen lodern in seinem Körper auf, als das unwirkliche Material der Waffe ihn durchdringt. Sekundenlang verharren sie wie Statuen in dieser Position, während MSTsaw mit verbissenem Blick in das bizarre Gesicht des Gegners starrt, ihn zurückzudrängen versucht; doch die Kraft des Avatars ist ohnegleichen, er wankt für keinen Millimeter. „Elypsion...“, zischt der alte Mann kraftlos, hustet und spuckt Blut auf die Maske. „Elypsion, du verfluchter Teufel!“ Der Avatar hebt in einer beinahe absurd langsamen Bewegung seine freie Hand, die aus nichts als drei langen, dünnen Fingern besteht, als wolle er nach MSTsaws Kopf greifen; doch der Alte ist schneller, wirft sich nach vorn und tritt gurgelnd und schreiend durch das Schwert des Gegners, bis eine seiner Hände die viel zu dürre Brust des Avatars berührt. „Deus ex Machina!“, faucht MSTsaw. Infernalische Helligkeit dringt unter seiner Handfläche hervor, sirrt und lärmt in den unwirklichsten Tönen und verdampft die pechschwarze Robe des Gegners. Eine Welle aus reinstem, blendend weißen Licht bricht über den Avatar herein, erfasst ihn und katapultiert ihn davon, kaum mehr als eine dürre, aus violettem Glas bestehende Gliederpuppe, die hilflos durch den Raum wirbelt. MSTsaw sinkt zu Boden, als die Waffe des Gegners aus ihm gerissen wird und reagiert sofort; die Pupille seines linken Auges vergrößert sich, verschlingt wie ein unwirklicher Schatten bald das ganze Auge, bis es nichts anderes ist als eine pechschwarze Murmel, in der ein diabolischer, roter Funke aufglimmt. MSTsaws Wunden verschwinden, als er die Macht des Paninischneiders entfesselt, sie einfach wegzensiert. Der Alte erhebt sich stramm, als sei nichts gewesen und fühlt die Macht der Sues wieder ungehindert in sich brodeln. Hinten fällt der Avatar zu Boden, prallt wieder ab und überschlägt sich mehrmals, nur um mit einem Ruck seine dürren Glieder von sich zu strecken und plötzlich in der Luft zu schweben, umgeben von einem tosenden Sturm aus violetter Energie, die sich um ihn ballt. MSTsaw spannt sich und breitet die Arme aus. „Deus ex Machina!“, schreit er und konzentriert sich auf den Avatar, der eine gleißende Sphäre vor sich generiert. Ketten wirbeln heran und schlingen sich um die Beine des Avatars, reißen ihn herum, und noch weitere schlagen auf den Gegner ein, ziehen ihn in seine eigene Energiekugel, die tosend explodiert und ihn verschlingt. MSTsaw stutzt, weitet erschrocken die Augen. Abermals rasen Ketten aus der endlosen Schwärze über ihnen herab, winden sich umeinander und formen sich zu einer massiven, baumstammdicken Säule, die den gelähmten Avatar erfasst und zu Boden reißt, ihn scheppernd und rasselnd unter sich begräbt. Der Alte blickt sich irritiert um; diese Angriffe wurden nicht von ihm gesteuert. „MSTsaw!“, schreit hinter ihm jemand; ein Mädchen, hoch und spitz, und doch schwingt etwas ganz anderes in dieser Stimme mit, will nicht mit dem Klang eines kleinen Mädchens harmonieren. MSTsaw fährt auf dem Absatz herum, dass sich seine Robe nur so bauscht, erblickt mit beinahe entgleisenden Gesichtszügen Golden und Alessa, die auf ihn zu rennen. Sein Atem stockt vor Überraschung. „Ihr!“, ruft er, sieht zwischen den Mary Sues hin und her und bemerkt, wie Golden alarmiert die Augen aufreißt. „Vorsicht!“, schreit die blonde Mary Sue mit sich überschlagender Stimme, deutet auf MSTsaw. Sie setzt vor, überholt Alessa mit übermenschlicher Geschwindigkeit und beschwört mit einem Wink ein Schwert in ihrer Rechten, das scheinbar aus grünem Malachit besteht. MSTsaw spannt sich, hebt beide Hände - und sieht Golden irritiert nach, als sie an ihm vorbeirennt und sich dem Avatar entgegenwirft, der bereits wieder auf sie zu eilt. Schreiend reißt die Mary Sue ihr Schwert empor und pariert den Hieb des Gegners, setzt um ihn herum und holt aus, hiebt mit drei, vier scheppernd abprallenden Schlägen auf ihn ein und steppt zurück, um dem Bein des Gegners zu entgehen, welches wie ein Knüppel nach ihrem Kinn stößt. „Es stirbt nicht!“, ruft MSTsaw atemlos. „Ich kämpf' gegen das Ding seit einer Stunde oder so. Es stirbt einfach nicht!“ Golden fällt in die Hocke, reißt blitzschnell ein Bein herum und reißt den hilflosen Gegner von den Füßen, springt zurück. „Welche Elemente benutzt du?“, ruft sie hektisch, sieht zwischen MSTsaw und dem sich aufrappelndem Avatar hin und her. Der Greis zögert sichtlich, kaut stirnrunzelnd auf seiner Unterlippe. Hinten erhebt sich der Avatar. „Er hält Nevan und Alessa gefangen! Bedenke, welcher Kräfte Sues er nutzt!“, ruft dann Alessa, und sogleich geht ein Ruck durch den Alten, als würde er aufschrecken. „Und Setha!“, ruft er überrumpelt. Golden zögert sichtlich. „Die auch noch … oh weh, oh weh.“ Die Sue lässt ihr grünes Schwert verschwinden und beschwört mit eiligen Gesten zwei neue Waffen, deren Griffe sie fest umklammert: Einen aus blauem Kristall bestehenden Degen und ein bronzefarbenes Falchion mit wuchtiger Klinge. Noch währenddessen reißt der Avatar seine freie Hand empor und generiert gleißende Energiekugeln, die er Golden wie Kanonengeschosse entgegenschickt; doch die Mary Sue ist schneller, hüpft beinahe spielerisch zur Seite, duckt sich unter dem nächsten Geschoss hinweg, nur um wie ein Blitz vorzuschnellen und in ausholenden Bewegungen ihre Waffen zu schwingen. Klirrende Explosionen aus Staub und Schnee folgen jedem Treffer, schlagen leuchtende Splitter aus dem skelettartigen Körper des Avatars, der zurückschwebt, ohne auch nur die Beine zu bewegen und sich mit einer flackernden Sphäre aus wirren, filigranen Symbolen umhüllt. Golden verengt die Augen zu Schlitzen, fixiert den Gegner wie eine Schlange, die sich auf ihre Beute stürzen will. MSTsaw folgt dem Schauspiel beinahe fasziniert; dank des Deus ex Machina gebot er über die Kräfte dreier Sues und hatte noch einen vierten in sich versiegelt - doch Golden allein befindet sich offensichtlich auf einem anderen Niveau. Erst die schneidende Stimme des Mädchens, welches abermals nach ihm ruft, reißt ihn aus seiner Starre. MSTsaw wendet den Kopf und blickt in Alessas pechschwarze Augen; die Haut des Mädchens ist leichenblass und ihre Adern zeichnen sich wie dunkelblaue Schläuche allzu deutlich auf ihrem Gesicht ab. „Befreie die Sues, MSTsaw!“, befiehlt Alessa, hat die Hände zu Fäusten geballt. MSTsaw stockt für eine Sekunde. „… niemals!“, wehrt er ab, macht eine wegwerfende Geste. „Ich brauche die Kräfte, um gegen den Avatar des Elypsion zu kämpfen!“ Alessa knurrt. „Also ist es wirklich wahr. Der ältere Autor hat einen neuen Diener gesandt.“ „Du … woher weißt du das?!“, zischt MSTsaw, sieht abermals über die Schulter und beobachtet kurz, wie Golden Angriffe des Gegners mit einem leuchtenden Energieschild abwehrt. Die Sue duckt sich unter einem Hieb des Gegners hinweg und schmettert beide Klingen in seinen Leib, deren magische Explosionen wirkungslos von ihm abperlen, über seinen Körper fließen wie Wasser über Glas. Ächzend schlägt die Mary Sue noch in der gleichen Bewegung ein Rad, tritt gegen das Kinn des Gegners und reißt ihn empor - nur um nachzusetzen, über ihn zu springen und noch im Flug ein von Funken und Flammen umhülltes Langschwert zu beschwören, mit dem sie in einer ausholenden Bewegung auf ihn einschlägt, ihn so fest zurückschmettert, dass sein Aufprall ihn wie einen Gummiball abermals emporreißt. Schreiend setzt Golden nach, fährt mit dem Fuß voran auf den hilflosen Avatar nieder und schmettert ihn mit einem Dropkick zu Boden, dass der Lärm nur so in der Ferne verhallt. „Befreie die Sues!“, befiehlt Alessa erneut und deutet beschwörend auf MSTsaw. „Jede einzelne von ihnen ist mächtiger als du! Wir sind alle verloren, wenn du es nicht tust!“ „Niemals!“, gellt MSTsaw zurück, fixiert das Mädchen mit hasserfülltem Blick. „Ich halte den Autor auf! Wenn ich dich auch noch in den Deus ex Machina stecke, gewinne ich die volle Kontrolle über Silent Hill und kann seinen Avatar hier...“ „Richtward, tu es!“, kreischt weiter hinten Golden. Er wendet sich um, sieht zu, wie Golden unter einem ausholenden, elliptischen Schwerthieb des Gegners hinweghechtet, ihrerseits die Klinge schwingt und sie zwei, drei Mal gegen seinen Schädel krachen lässt; blendende, feurige Explosionen folgen jedem der Hiebe, reißen Splitter aus dem Avatar und bringen ihn ins Taumeln. Der Gegner setzt zurück, breitet die Arme aus. Wabernde Symbole flackern um den Avatar herum auf, wirken wie Worte in einer fremden Sprache, die sich in Zeilen um ihn legen und um die herum sich der Raum zu krümmen und zu biegen scheint. „Verdammt!“, schreit Golden mit sich überschlagender Stimme, setzt einen Schritt zurück, als sie irgendetwas in den Symbolen zu erkennen scheint. „Befrei' endlich die Sues, du Idiot!“ Sie packt ihr Flammenschwert mit beiden Händen, schüttelt eilig mehrmals den Kopf, um das wüst in ihr Gesicht hängende Haar zurückzuwerfen. Der Avatar verändert sich; sein zuvor noch massiver Körper beginnt, unstet hin und her zu zucken, zu beben, als bestünde er plötzlich aus pulsierendem Gewebe. „Alessa muss uns und den Avatar aus dieser Welt rausbringen, wo die anderen MSTing-Sue-Per sind!“, ruft Golden und wirft MSTsaw einen kurzen, beschwörenden Blick zu, die Augen in Aggression weit aufgerissen. „Golden?!“, ruft Alessa, sieht die Mary Sue fragend an. „Ja!“, entgegnet sie hektisch, lässt den Avatar nicht aus den Augen, der zu wachsen beginnt. „Ich versteh' seine Prophezeiung jetzt! Die anderen MSTing-Sue-Per sind in Silent Hill! Wenn wir unsere Kräfte kombinieren, können wir den Avatar versiegeln, aber wenn er den Paninischneider und den Deus ex Machina gewinnt, ist er nicht mehr aufzuhalten!“ „Woher wisst ihr all das?!“, brüllt MSTsaw mit trockenem Hals, noch lauter als die Mary Sues. Alessa packt ihn am Handgelenk, reißt ihn mit übermenschlichen Kräften herum. „Befreie die Sues!“, fleht sie und sieht beschwörend in sein faltiges Gesicht. Mit einem lauten Knall stieben die Schriftzeichen auseinander, die den Avatar umgeben haben; der Gegner ist über fünf Meter groß geworden und kein dürres Skelett mehr, sondern ein massiver Koloss mit Beinen, dicker als Baumstämme. Sein linker Arm wird zu einem meterhohen Turmschild, während der rechte sich noch um das Doppelte verlängert und in einen gewaltigen, mit Spitzen besetzten Streitkolben ausläuft. Der Avatar stürmt los, rast mit donnernden Schritten auf Golden zu und schwingt seine Waffe, viel schneller, als ihre Größe es vermuten lassen würde. Die Sue setzt fluchend zurück und entgeht dem Angriff im letzten Moment, fühlt noch den Luftzug, als die Waffe an ihrem Gesicht vorbeischwingt. Sofort setzt der Avatar nach, hiebt mit horizontalen Schwüngen auf Golden ein, denen sie durch Rollen und Sprünge entgeht und lässt die Waffe vertikal zu Boden krachen, mit einer Wucht, die den massiven Fels erzittern lässt. Golden taumelt, springt hastig zurück und schleudert vier, fünf Energiebälle auf den Avatar; doch der Gegner reckt mit einer ruckartigen Bewegung seinen Schild vor sich und scheint die Geschosse damit regelrecht zu absorbieren; noch in der gleichen Bewegung lässt sich der Avatar vom Gewicht seines Schildes in eine Drehung um die eigene Achse ziehen, schwingt den gläsernen Wall mit voller Wucht und entfesselt eine Energiewelle, die sich knisternd über den Boden wälzt, sich immer weiter auftürmt und auf Golden zu wallt wie eine Sturmflut. Fluchend stößt sich die Mary Sue ab, springt mit unglaublicher Kraft über die Welle hinweg, keine Sekunde bevor sie niedergeht, wo sie zuvor noch stand und breitet noch in der Luft ruckartig die Arme aus. Dreizehn von Elementarzaubern beseelte Schwerter materialisieren sich aus Wolken gleißender Fünkchen und wirbeln um Golden herum, gehalten von unsichtbaren Händen; die Sue umgibt sich mit einer Aura aus Flammen, Blitzen, Schneekristallen und noch weiteren Final Fantasy Elementen, welche aufzuzählen den Rahmen sprengen und die Actionstimmung noch mehr vermiesen würde als dieser Satz hier. Schreiend stößt Golden die Arme vor sich, deutet in einer kraftvollen Bewegung auf den Avatar und schleudert ihm die funkelnden Waffen entgegen. „Ich versteh nicht, wieso du gegen ihn kämpfst! Du bist doch die Dienerin von Elypsion!“, ruft MSTsaw verzweifelt, sieht aus blutunterlaufenen Augen zu, die Golden gegen den Avatar anhält. „Mein Gott, bist du behindert oder so?!“, kreischt Golden, die von Sekunde zu Sekunde wütender zu werden scheint. Ihre Schwerter schlagen klirrend aus allen Richtungen auf den Avatar ein, umgehen seinen Schild mit blitzschnellen Bewegungen und zucken immer wieder um ihn herum, doch keiner der Hiebe scheint ihm auch nur das Geringste auszumachen, und der Sturm aus Elementen weht über den Avatar, ohne ihm zu schaden. Der Gigant stößt sich ab, springt und reckt den Keulenarm nach unten, um wie ein Meteor auf Golden niederzugehen. Mit einem verzweifelten, meterweiten Satz entgeht die Sue dem Angriff, fährt herum und vollführt hastige Gesten, um abermals ihre Schwerter auf den Avatar eindringen zu lassen, noch ehe der Gegner wieder den Boden berührt. Die Klingen umschließen wie ein Fangeisen, drängen ihn zurück und schleudern ihn zu Boden, wo der Avatar auf die Knie fällt, sich mit seinem Turmschild abstützt. „Deus Ex Machina!“, ruft MSTsaw gellend, reckt beide Handflächen auf den Gegner: Knisternde Energie umspült seine Finger und entlädt sich in einem gleißenden Blitzstrom, der tosend und donnernd in den Avatar einschlägt. Der alte Mann schreit vor Anstrengung, als er auf den Avatar einhält, doch der Gegner scheint den Angriff nicht einmal zu spüren, wendet sich beinahe absurd langsam um und hält seinen Schild dazwischen, welcher MSTsaws Blitzangriff absorbiert! Sekunden später geht der Alte keuchend zu Boden. Der Schild des Avatars leuchtet in einem inneren Feuer, als der Gegner ihn bedrohlich anhebt. „Nein!“, schreit Golden entsetzt, reißt sich herum und stürmt zu den anderen Sues. Mit donnerndem Getöse schlägt der Schild des Avatars auf den Boden und entlädt Stürme violetter, sengender Energieströme, die sich wie meterhohe Wellen durch den Raum ausbreiten und auf die Sues zu rasen. Golden erreicht die anderen in letzter Sekunde, hebt beide Hände und generiert einen Schild aus leuchtenden Waben um sie. Wie unter Schmerzen aufschreiend hält sie gegen den Sturm an und lenkt all ihre Energie in den Schild, welcher immer heller erstrahlt. Erst Sekunden später ebbt der Angriff ab. MSTsaws Gesicht ist vor Entsetzen erstarrt. „Ich hasse Elypsion“, keucht Golden, sinkt zu Boden und ringt nach Atem. „Du Dummkopf, ich sabotiere den älteren Autor, seit er mich ins Multiversum geschickt hat. Verrat mir doch mal, wie jemand diesem Arschloch freiwillig dienen kann!“, zischt sie und rappelt sich langsam wieder auf. „Aber...“, stottert MSTsaw. „Wenn wir ihn zusammen angreifen, können wir ihn besiegen! Dann sperren wir den Avatar in den Deus ex Machina und machen ihn...“ „Nein!“, ruft Golden, während ihr Schild zu verblassen beginnt. „Der Avatar darf den Deus ex Machina nicht einmal berühren! Ich kann das jetzt nicht ausführlich erklären, aber wenn er den D-e-M erreicht, absorbiert er ihn und gewinnt die Autorenkräfte!“ „Autorenkräfte?!“, gellt MSTsaw, sieht verwirrt zwischen den Sues hin und her. „Der Deus ex Machina ist ein Fragment einer älteren Autorin, Narr“, zischt Alessa mit vor Verachtung bebender Stimme. „Befreie die Sues! Wir versuchen, dir Zeit zu verschaffen, so lange wir können!“ Der Schild erlischt schließlich, und sofort setzt sich der Avatar in Bewegung. Golden und Alessa stürmen ihm entgegen. MSTsaw sieht den Sues hilflos nach, bleibt beinahe wie angewurzelt stehen und bewegt sich selbst dann noch nicht, als Alessa aus allen Richtungen Ketten beschwört, die auf den Avatar zu rasen, seinen Schild umschlingen und ihn herumreißen, und Golden verzweifelt ihre Schwerter zurückruft, um die Lücke in seiner Deckung auszunutzen. Schließlich wendet sich MSTsaw um, läuft los - und beginnt zu rennen, als hinter ihm die Schreie der Mary Sues lauter werden, polterndes Getöse und das Geräusch von berstendem Stein herandringen. MSTsaw rennt so schnell er kann, immer tiefer in den endlos erscheinenden Raum hinein, hin zu dem wirren Konstrukt aus metallenen Ringen und Streben, das in einigen Metern Höhe von Ketten emporgehalten und von einem rosaroten Schild aus Licht umgeben wird; zu dem Deus ex Machina, in dem drei Mary Sues gefangen sind, deren Kräfte MSTsaw raubt. „Deus ex Machina!“, ruft der alte Mann atemlos. Sogleich kommt Bewegung in die Ketten, die sich langsam absenken, den Deus ex Machina herunterlassen. Sethas Armreif versagt seinen Dienst und schließlich erlischt der Energieschild. MSTsaw hat den Deus ex Machina fast erreicht, als hinter ihm die Sues schmerzverzerrt aufschreien. Ein Stakkato aus urtümlich lauten Schritten bricht sich Bahn. Der Boden erbebt. MSTsaw wendet sich um, wirft einen ängstlichen Blick zurück über die Schulter; und bemerkt noch, wie der Avatar sich abstößt, mit einem schwerelosen Sprung, welcher seiner Masse und Größe blanken Hohn spricht, auf ihn zu hält und sich mit vorgestrecktem Schild auf ihn wirft. Der alte Mann schreit verzweifelt, ehe der Avatar ihn schlichtweg unter sich begräbt. In Silent Hill schreiten Torquemada, mit Meon auf der Schulter, und der Bookman zügig über eine verfallene Hauptstraße; der zwischen mehreren, radial konzentrischen Häuserreihen gelegene Platz, den sie ansteuern, ist nur noch wenige hundert Meter entfernt. Bläuliches, aus Magie geborenes Licht erhellt zu beiden Seiten die Fassaden der Gebäude, lässt die Pfützen auf der Straße schimmern, die hier und da den rissigen Asphalt bedecken. Winzig kleine, aus nichts als komprimierter, stofflich gewordener Helligkeit bestehende Symbole schweben durch die Luft; unzählige Runen, und es werden immer mehr, je näher sie dem Platz kommen. „Das ist definitiv Taldeers Hexerei“, knurrt Torquemada, sieht sich sichtlich konzentriert um, als wolle er die Runen lesen. „Schildrunen, Sturmrunen, Runen der Festigkeit... Der Zauber, den sie vorbereitet, wird gewaltig sein. Ich könnte all diese Runen nicht bannen, selbst wenn ich es versuchen würde.“ „Defensive Runen?“, fragt Meon verblüfft, die immer wieder zwischen einzelnen der filigranen Symbole hin und her sieht. „Wozu würde sie denn einen so großen Schild benötigen?“ „Das weiß nur die Hexe“, brummt Torquemada, späht nun in die Ferne und sieht davon ab, die unzähligen Symbole weiter zu betrachten. „Vielleicht will sie sich vor meinem Zorn schützen, den ich ihr entgegenschicke, sobald sie ihr verschlagenes Antlitz zeigt.“ „Ich bin überrascht, dass sie sich hier zeigen würde“, fährt der Bookman mit monotoner Stimme fort. „Taldeer hat sich in letzter Zeit sehr bedeckt gehalten. Keiner weiß, was sie getan hat, seit es zu dem … Zerwürfnis mit uns anderen MSTing-Sues kam.“ „Ah ja, das Zerwürfnis“, brummt Torquemada. „Davon hast du mir in dieser Halluzination erzählt. Ihr Narren könnt nicht sagen, dass ich euch nicht gewarnt hätte. Ich habe seit Jahren prophezeit, dass Taldeer eigene Pläne schmiedet und die Organisation benutzt.“ Er wirft ihm einen beinahe hämischen Blick über die Schulter zu, den der Bookman nicht erwidert. „In der Tat hat sich Taldeer zuletzt in Widersprüche verwickelt“, antwortet er trocken. „Solange ich ihre Sicht der Dinge nicht kenne, werde ich allerdings nicht über sie urteilen, Torquemada.“ „Also … ich weiß nicht, was sie noch so alles getan hat...“, beginnt Meon stockend. „Aber ich hab noch eine Rechnung mit ihr offen, da sie meine Kinder bedroht und mein Schiff gesprengt hat. Mit ihnen eigentlich auch, Bookman. Wenn die Chaosfee sich vorhin nicht für sie ausgesprochen hätte … ach, na ja. Egal.“ Sie kichert und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Ich bin durchaus ebenfalls dafür, die Klärung jedweder Dispute auf später zu verschieben, Meon“, entgegnet der Bookman mit einem beinahe merkwürdig vergnügten Unterton in der Stimme. „Auch wenn ich anmerken möchte, dass Sie als ehemalige MSTing-Sue-Per nicht so unschuldig an den Geschicken der Organisation sind, wie sie nach dem Verlust Ihrer Erinnerungen eventuell glauben.“ „Ach … na ja“, kichert Meon überrumpelt, und Torquemada räuspert sich lautstark, noch ehe Meon fortfährt. „Sie will es nicht wissen, Greis. Ich erzähle ihr nicht davon, da es ihr nicht gut tun würde. Tu du es auch nicht“, knurrt er und wirft dem Bookman einen finsteren Blick zu. „Ehm … ja“, macht Meon. „Ich erinnere ich mich nur noch daran, dass wir eine Abmachung getroffen hatten und uns gegenseitig in Ruhe lassen wollten. Und trotzdem laufen wir uns immer wieder über den Weg, Bookman!“ Sie lacht entschuldigend; ihre hohe, vor Nervosität ganz quietschige Hamsterstimme verhallt zwischen den Häuserzeilen. Mittlerweile bricht die Dämmerung allzu deutlich an; weiträumig erscheinen die Wolken bereits in warmem Orange. „Nun, Meon“, hebt der Alte schließlich an. „Wenn es Ihnen hilft, kann ich sagen, dass...“ „Genug!“, zischt Torquemada und hebt eine Hand, deutet geradeaus. Weiter hinten ist der Platz, im Zentrum ein uralter, mehrstöckiger Brunnen, über dem eine geisterhaft leuchtende Silhouette in der Luft schwebt, umgeben von Runen und pulsierendem Licht. „Taldeer“, zischt der Bookman alarmiert. „Sie ist es. Ich gehe rein!“, ruft Torquemada und stürmt los. Die Hamsterdame wird durch den Ruck beinahe unsanft von seiner Schulter gerissen, überschlägt sich quietschend in der Luft und erweckt ihre dämonischen Flügelchen, um kurzerhand zu schweben. Torquemada eilt mit bebenden Schritten auf den Platz zu, den Kriegshammer beidhändig gepackt. Die anderen folgen in gemessenem Abstand. „Hexe!“, brüllt er und fixiert die unheimliche Silhouette über dem Brunnen. Taldeer antwortet nicht, als sie sich nähern, schwebt mit ausgebreiteten Armen still in der Luft. Immer mehr Runen materialisieren sich um sie herum, driften davon und machen Platz für neue, deren Strahlen Taldeers aus einem Material wie Obsidian bestehende Rüstung schimmern lässt. Ihr Waffenrock und die Bänder, die sie schmücken, wehen in einer unnatürlichen Brise. „Ich wusste von Anfang an, dass du hier auftauchen würdest!“, fährt Torquemada fort, als sie nur noch wenige Meter entfernt sind. Er hält im Schritt inne und rammt lautstark den Griff seines Hammers auf den Boden. „In dem Moment, in dem die MSTing-Sues erscheinen, war mir klar, dass du etwas vorausgesehen hast!“ Sekunden des Schweigens verstreichen, nur übertönt von einem beinahe melodischen, summenden Klang, der von den unzähligen Runen ausgeht. „Äußern Sie sich, Taldeer“, fordert dann der Bookman, wesentlich gefasster, während er neben Torquemada tritt. „Dass die MSTing-Sues hier aktiv werden müssen, um die Folgen Ihrer Machenschaften einzudämmen, ist eine Sache - dass Sie all dies vorausgesehen haben, eine andere. Sie hätten das ankündigen können.“ Der Inquisitor wirft ihm einen alarmierten Blick zu, den der Bookman nur mit einem Kopfschütteln abtut. Taldeer seufzt schließlich; ein Geräusch, welches vor Hohn beinahe überzulaufen scheint. „Ach, ihr beiden; zutiefst von euch und euren Ideen eingenommen, einer genauso ignorant wie der andere. Als ob ich mich vor euch Säugetieren rechtfertigen oder euch den geringsten Einblick geben müsste in was auch immer meine Augen gesehen haben.“ Taldeer wendet sich um, mustert die anderen mit unverholener Geringschätzung. „Der Hamster verhält sich noch am klügsten von euch und sieht davon ab, mich mit den verbalen Ausdrücken seines bedauernswerten Hasses zu traktieren.“ „Erspar mir dein Geschwätz, Hexe!“, ruft Torquemada, winkt mit der freien Hand herrisch ab. „Ich will wissen, was du hier vorbereitest! So viele Runen?! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, du willst MSTsaw mitsamt der Stadt in die Luft sprengen, aber dann sind es Schilde?!“ Taldeer lacht verhalten. „Ach, Torquemada...“, sagt sie, richtet eine Handfläche auf die Sues, als wolle sie auf alle drei gleichzeitig deuten. Der Bookman spannt sich alarmiert und Torquemada festigt seinen Stand, während Meon sich vor lauter Schreck einmal in der Luft überschlägt. Doch Taldeer greift sie nicht an. Einige der Runen wirbeln herbei wie schnell fliegende Glühwürmchen, umgeben die Sues - und senden Bilder in ihre Geister. „Und doch, ich bin ein letztes Mal bereit, euch schmähenden, verächtlichen, kurzsichtigen Tölpeln Einblicke in meine Visionen zu gewähren“, sagt sie mit fester Stimme. „Die Zukunft, in der wir uns nun befinden, Torquemada … ich habe sie nicht vorausgesehen und wahrlich, was ist es mir für eine Freude, nach so langer Zeit nicht mehr mit unumstößlicher Gewissheit sagen zu können, dass das Multiversum zerstört werden wird.“ Die Gesichter der anderen beginnen wie unter Krämpfen zu zucken, als die Vision über ihre Geister hereinbricht wie eine Flut aus Bildern; als sich binnen Sekunden abertausende falsche Erinnerungen an Dinge, die geschehen könnten, in ihrem Bewusstsein materialisieren. Sie sehen Golden, Alessa und MSTsaw, die gegen den Avatar des Elypsion kämpfen, der immer monströser wird. Dann kommen die Bilder so schnell, dass sie sie kaum erfassen können. Meon schreit vor Angst laut auf, als sich plötzlich ein gigantischer Avatar erhebt, seine riesenhafte Hand vom Himmel aus hinunter streckt, mit einer Faust, die wie ein Meteor ist. Die Vision endet von einer Sekunde auf die andere. Taldeer scheint zu flackern, doch die Erscheinung verfliegt, so schnell sie gekommen ist. „Deine Schüler habe ich bereits für dich gerettet, Inquisitor - ich habe verhindert, dass sie versuchen, die Folgen meiner Machenschaften einzudämmen, wie ihr es genannt habt; ein Ding, wozu allein die MSTing-Sues noch in der Lage wären, und habe sie auf ihrer kleinen Reise durch Silent Hill mit Erinnerungen an eine andere Zukunft angetrieben, sich zu beeilen, um das alte Haus im Wald früher zu erreichen als es notwendig gewesen wäre, um die tief unter dieser verfluchten Stadt liegende Dimension zu betreten. Der Preis dafür war eine MSTing-Sue, wofür der Bookman nun mich, dich, oder deine Zöglinge schelten mag - es ist mir gleich, es macht keinen Unterschied“, murmelt Taldeer hastig. Die Miene des Ältesten wird eisern, verzerrt sich schmerzlich, als ihm klar wird, was die Explosion vorhin ausgelöst hat. Taldeer fährt unbeirrt fort: „Und nun sehen wir uns genötigt, die Auswirkungen der Pläne einer anderen Entität einzudämmen. Der ältere Autor, den ich prophezeit habe, ist gekommen, Torquemada. Welchen Preis werden wir aber zahlen?“ Torquemada lässt abermals seinen Hammer zu Boden sinken, beißt so fest die Zähne aufeinander, dass seine Kiefergelenke knirschen. Er muss seine Stirn berühren und kurz die Augen schließen, und Meon ist mittlerweile so irritiert, dass sie zu Boden sinkt. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so bald passiert“, murmelt Torquemada, während Schweiß seine Schläfe hinabrinnt. „Aber so ist es“, spricht die Runenprophetin, hebt eine Augenbraue. „Der ältere Autor ist nah. Ein Ereignis, im Übrigen, dessen Torquemada und ich uns sicher waren, noch ehe Sie, Meon, Sie, Bookman, und die anderen, Teil der Organisation wurden, und welches wir wie unsere Augäpfel gehütet haben, um Sie zu schützen - um das Multiversum zu schützen.“ Taldeer spitzt süffisant die Lippen, während Meon und der Bookman zu Torquemada sehen, sichtlich überrascht. Der Inquisitor begegnet ihren Blicken gefasst. „Wir haben die Organisation gegründet. Dass wir das nicht ohne Grund getan haben, ist klar“, brummt er, während der Bookman die Stirn in Falten legt, sich am Kinn kratzt. „Etwas Ähnliches habe ich bereits vermutet“, murmelt er, mehr zu sich selbst, als zu den anderen. „Wenn die Überreste einer älteren Autorin im Herzen unserer Festung ruhen … muss es andere geben. Wieso sollte das Multiversum dann nicht das Interesse anderer Autoren wecken?“ Taldeer sinkt darnieder, kommt mit den Stiefelspitzen voran auf dem Brunnen auf und breitet die Arme aus, um neue Runen zu erschaffen. „Doch nun ist die Zeit der Geheimnisse vorüber: Elypsion hat seinen Zug gemacht und wird uns die Realität seiner Existenz allzu bald beweisen. Um zu sehen, was die Zukunft bringt, bin ich nun hier.“ „Gegen den älteren Autor kämpfen?! Dazu all diese Runen?“, schreit Torquemada, geht beinahe unbeholfen einen Schritt auf sie zu. „Bist du endgültig wahnsinnig geworden?“ Taldeer lacht schallend. „Wenn du es wünschst, verkrieche dich im Plothole, wo er keine Macht hat - vielleicht wird es bald das einzige sein, das vom Multiversum noch übrig bleibt.“ Meon schreit, springt empor und fliegt zwischen die beiden. „Könnt ihr eventuell aufhören, euch die ganze Zeit anzugiften?“, ruft sie und gestikuliert hektisch. „Taldeer, wie können wir diesen Autor denn besiegen?“ Abermals lacht Taldeer schallend auf - so künstlich, dass jedem klar wird, dass ihr Gelächter kaum mehr ist als eine eingeübte Geste, die vieles soll, nur nicht den Humor der Runenprophetin unterstreichen. „Ach, wer weiß das schon“, seufzt sie schließlich. „Ich habe es nicht gesehen - das bedeutet, dass ich nicht gesehen habe, wie wir Elypsion bezwingen, aber auch, dass ich nicht gesehen habe, wie Elypsion uns bezwingt. Womöglich finden wir einen Weg, und vielleicht auch nicht. Wie sollte ich als eine, die das Schicksal sieht, über denjenigen befinden, der es seiner Willkür beugt?“ MSTsaws Herz scheint einen Schlag zu überspringen, als er den kolossalen Leib des Avatars auf sich niederfahren sieht, sich gleichzeitig ein gewaltiger Schatten und unwirkliches, violettes Licht über ihn ausbreiten - und als in letzter Sekunde unzählige Ketten herbeiwirbeln, sich von dämonischem Eigenleben erfüllt um den Gegner schlingen und ihn zurückzerren, ihn gerade genug abbremsen, um ihn etwas weiter hinter MSTsaw aufschlagen zu lassen. Der alte Mann verliert sein Gleichgewicht, als abermals der Boden unter der Wucht des Aufpralls erzittert. „Schnell!“, schreit weiter hinten Alessa mit ihrer dröhnenden Dämonenstimme, während die Ketten beginnen, den Avatar zurückzuzerren. Golden rast heran und drischt mit ihrem Schwert auf seinen Schädel ein. MSTsaw schluckt, rauft all seine Kraft zusammen und setzt vor, nimmt die letzten Meter mit der Unermüdlichkeit eines dem Untergang Geweihten, dem der leibhaftige Tod im Nacken sitzt. Schreiend reißt er die Arme empor, noch ehe er den Deus ex Machina ganz erreicht hat und greift nach der ersten Metallstrebe, packt sie und reißt an ihr. Sie löst sich schabend, als er immer wieder an ihr zieht, sie schließlich achtlos davonwirft und die nächste greift. Hinten wird der Avatar von immer mehr Ketten umschlungen, die sich wie unermüdliche Fesseln um ihn legen und verknoten. Sein Körper beginnt zu leuchten, als abermals Schriftzeichen um ihn herum erscheinen, die so unwirklich sind, dass es in den Augen schmerzt, sie auch nur anzusehen. „Er verwandelt sich wieder!“, ruft Golden alarmiert und setzt zurück, bedeutet Alessa mit einer flinken Geste, es ihr gleich zu tun. Das dämonische Mädchen reagiert geflissentlich und eilt an ihre Seite. „Was hat das zu bedeuten, Golden? Ich sehe, dass diese Symbole etwas in dir auslösen“, fragt sie mit vor Anspannung verzerrtem Gesicht, lässt den Gegner keine Sekunde aus den Augen. „Das ist kompliziert zu erklären“, murmelt Golden gepresst. „Die älteren Autoren haben eine Sprache, mit der sie die Realität formen. Wenn er der Avatar von Elypsion ist, kann er sie wahrscheinlich selbst sprechen und sich immer wieder verändern. Ich habe festgestellt, dass er sich gegen Elemente immunisiert, aber ich verstehe das System dahinter nicht.“ „Eine Sprache, um die Realität zu ändern?“, zischt Alessa. „Es gibt viele Möglichkeiten, die Realität zu ändern. Was ausgerechnet an einer Sprache, die das bewerkstelligt, so besonders sein soll...“ „Ach verdammt, Alessa, es ist die Sprache der älteren Autoren! Er kann wahrscheinlich ALLES damit verändern!“, braust Golden auf, doch Alessa bleibt gelassen. „Wenn er damit alles verändern könnte, würde er uns auslöschen - warum tut er es dann wohl nicht?“, fragt sie mit einem Anflug von Spott in der Stimme, und Golden blinzelt mehrmals, als ihr klar wird, dass das dämonische Mädchen Recht haben muss. Ein Ruck geht durch den Avatar. Die Sue packt ihr Schwert fester, als der Avatar wieder schrumpft, sich wie ein Wurm aus den metallischen Fesseln herauswindet und seine vier Gliedmaßen in bizarre, lange Gewehre verwandelt, die er auf die Mary Sues und MSTsaw richtet, nun zu schweben beginnt und einen Hagel aus Projektilen entfesselt. Golden flucht, springt vor und generiert einen Wall aus leuchtenden Waben vor sich, groß genug, um den Hagel abzufangen. Die Geschosse schlagen donnernd gegen ihren Schild, reißen mit jedem Treffer Splitter heraus. „Richtward, beeil dich!“, kreischt Golden unter größten Anstrengungen, und zeitgleich zieht MSTsaw eine weitere Metallstrebe aus dem Deus ex Machina. Die Augenlider der gefangenen Mary Sues beginnen, unstet zu zucken, als der Einfluss ihres Gefängnisses schwächer wird. Setha gleitet bereits heraus, fällt Sekunden später kraftlos zu Boden, bedeckt von ihrem silberweißen Haar mit rotem Schimmer wie von einem Leichentuch. Kurz darauf fällt Nevan aus dem Deus ex Machina, geht genauso leblos zu Boden wie die andere. „Du musst Alessa befreien!“, schreit weiter hinten das Dämonenmädchen; sie reißt ruckartig ihre Hände hoch, entfesselt Fontänen aus pechschwarzem Höllenfeuer, die sich wie Würmer blitzschnell auf den Avatar zu bewegen und ihn zur Seite drängen. MSTsaw ächzt vor Anstrengung auf und sieht zur menschlichen Alessa empor, kaum mehr als einer fast gänzlich von schmutzigen Mullbinden umwickelten Mumie, deren Augen und Mund gerade so unbedeckt sind. Drei Streben halten die Mary Sue fest, und vom Boden aus erreicht er sie nicht. Verzweifelt saugt MSTsaw die Lungen voll Luft, greift einen der wie Kupfer wirkenden Ringe des Deus ex Machina und zieht sich daran hoch, sucht mit den Füßen Halt und erklimmt ihn unbeholfen. Als sein zweiter Fuß auf den Deus ex Machina tritt und er keinen Kontakt zum Boden mehr hat, ist ihm, als würden Stromstöße durch seinen Körper fahren, als würde er gleichzeitig erfrieren und verbrennen; als würde einfach alles, das in ihm ist, aus ihm heraus und in den Deus ex Machina gesogen, nur um danach wieder in ihn umgeleitet zu werden. MSTsaw schreit vor Schmerz und Qual, sieht glänzende Funken auf seiner Netzhaut auf und ab tanzen. Sein Herz überschlägt sich fast. Wenn es sich so anfühlte, im Deus ex Machina gefangen zu sein, bereute er nun, jemals jemanden darin eingeschlossen zu haben. Hinten verwandelt sich wieder der Avatar, wird von seinen bizarren Schriftzeichen umgeben und beginnt zu wachsen. MSTsaw verlangt sich alles ab, klettert weiter und erreicht eine Metallstrebe, reißt sie mit einem lauten Schrei heraus und greift nach der nächsten. Der Avatar wird zu einem Giganten, noch dreimal größer als in der Form, in der er einen gewaltigen Turmschild trug; auf beinahe bizarr dünnen Beinen tut er einen Schritt und steigt kurzerhand über die gegen ihn anhaltenden Mary Sues hinweg, streckt einen Arm nach dem Deus ex Machina aus, von dem ihn noch maximal drei seiner Riesenschritte trennen. Die Sues schreien entsetzt und unzählige Ketten wirbeln herbei, schlingen sich um seinen viel zu dünnen Körper, der in der Mitte durchbrechen müsste; doch der Avatar stampft unbeirrt voran. MSTsaw saugt seine Lungen voll Luft, greift die letzte Strebe und hält sich mit aller Kraft an ihr fest, lässt sich zurückfallen, um sie mit seinem bloßen Gewicht herauszuziehen. Alessa rutscht bereits herunter. Im Körper des alten Mannes ist kein Gefühl mehr; jedes Empfindungsvermögen in ihm wurde hinweggeätzt von der unfassbaren Grausamkeit, den Deus ex Machina zu berühren. MSTsaw nimmt beinahe beiläufig wahr, wie auf einmal alles ganz langsam zu geschehen scheint, wie Alessa aus dem Deus ex Machina rutscht und die bizarre Klaue des Avatars keinen Meter mehr entfernt ist. Während MSTsaw fällt, fragt er sich, was Alessa mit ihm tun würde, sobald sie wieder die volle Kontrolle über diese Dimension erlangt; was eventuell die anderen mit ihm tun würden. Im wird klar, dass er über keine Suekräfte mehr gebietet, außer denen des Paninischneiders. Im Kampf gegen Elypsion und seinen Vasallen würde er dem Multiversum von nun an keinen Dienst mehr leisten können, würde seinen Neffen und das, was Elypsion Dando und ihm angetan hat, nicht rächen können. MSTsaw wird klar, wie langsam alles geschieht. Die Hand des Avatars nähert sich, doch der Gigant kommt kaum voran. Auf der anderen Seite fällt die mumifizierte Alessa zu Boden, berührt den Deus ex Machina nicht länger. Die kämpfenden Mary Sues beobachten ihn mit entsetzten Blicken und weit aufgerissenen Mündern, als würden sie schreien; doch MSTsaw hört sie nicht. Alles geschieht so langsam; als würde jeden Moment Elypsions überweltliche Stimme von jenseits der Dimensionen in seinen Geist eindringen, um ihn zu verspotten. Und eine Stimme kommt; doch MSTsaw spürt, noch ehe sie das erste Wort gesprochen hat, dass es nicht Elypsion ist. „Wünschst du, dich dem älteren Autor entgegenzustellen, Richtward?“, fragt sie und sie verklingt in seiner Seele, wie es die verhasste Stimme Elypsions getan hat. MSTsaws Antwort folgt noch im gleichen Moment, und sie kommt beinahe automatisch, ohne sein Zutun. „Ja!“, ruft er in seinem Geist, spürt, wie das Echo seines eigenen Gedankens in seinem Inneren verhallt. „Dann soll es so sein“, spricht die Stimme, die nicht Elypsion ist. Der Deus ex Machina beginnt zu leuchten, erglüht in einem inneren Feuer wie geschmolzenes Metall. Noch immer passiert alles wie in Zeitlupe, nähert sich die monströse Pranke des Gesandten Elypsions, lösen sich die Ringe des Deus ex Machina voneinander und beginnen zu schweben. Der Avatar schreit; Elypsion schreit, als der Deus ex Machina seiner Klaue im letzten Moment entwischt, zu Licht wird, das wie eine Flüssigkeit davonrinnt, Richtward umspült und ihn umgibt, in ihn eindringt. Elypsions zorniger Schrei verstummt von einer Millisekunde auf die andere; Richtward kann ihn nicht mehr hören, spürt instinktiv, dass er ihn nie wieder hören wird - und freut sich darüber, auch wenn er nicht versteht, warum. Ein Ruck geht durch den Raum. Der alte Mann fällt wuchtig zu Boden, liegt inmitten der befreiten Sues. Elypsions Avatar greift ins Leere, wo kurz zuvor noch der Deus ex Machina gestanden hat, neigt den Kopf, als würde er verwundert auf seine leere Hand blicken. Die Kreatur neigt ihr Haupt abermals um ein My und scheint nun den Alten anzusehen, der regungslos auf dem Boden liegt, aus getrübten Augen zu der Gestalt aufschaut. Dumpfe, dröhnende Laute aus nichts als Zorn dringen aus der Kehle des Avatars, der seine Arme emporreißt, die Hände ineinander legt und sie wie einen Hammer auf Richtward niederfallen lässt, um ihn zu zerquetschen. Wie von selbst hebt der alte Mann eine Hand, streckt sie mit der Fläche voran ohne jede Kraft vor sich - und fängt den Titanenschlag des Avatars einfach ab! Die Druckwelle reißt Golden und das dämonische Mädchen von den Füßen, fegt die bewusstlosen Sues davon, und noch in der gleichen Sekunde wirbeln unzählige Ketten herbei, fangen die menschliche Alessa beinahe andächtig auf. Ihr dämonisches Ebenbild erscheint neben ihr, legt ihr eine Hand auf die Stirn. Fast im selben Moment kommt Bewegung in die Gesichter der ungleichen Alessas, die sich voller Wärme anlächeln. Weiter hinten verfolgt Golden entsetzt, wie MSTsaw die Fäuste des Avatars abblockt. „Deus ex Machina“, murmelt der alte Mann müde, und flirrende, wabernde Störungen ziehen sich wie Risse durch den Raum. Vier glühende, metallene Sensenblätter von der Länge kleiner Bäume erscheinen aus dem Nichts heraus, mit bizarren Schriftzeichen auf ihren Schneiden, die sich wie pechschwarze Gravuren auf der Glut abzeichnen. Die Klingen wirbeln synchron um den Avatar herum, justieren sich binnen eines Lidschlags und fahren herum - und durchdringen den gläsernen Leib der Gestalt fast mühelos, als träfen sie auf keinerlei Widerstand. Golden japst vor Überraschung auf, als sich der vorgestreckte Arm des Avatars von seinem Körper löst, violette, purpurne und lilane Nebel daraus hervorwallen wie Blut. Sein Körper klafft in der Mitte auseinander, seine Beine kippen zur Seite und sein viel zu kleiner Kopf löst sich mitsamt des oberen Viertels vom Rest seines Torsos. Die Fragmente des Avatars verharren in der Luft, scheinen schwerelos davonzutreiben - bis sie sich einfach auflösen. Sekunden des Schweigens verstreichen, nur noch durchdrungen vom Rasseln der dämonischen Ketten, welche beginnen, die menschliche Alessa wie eine Barke davon und in die Dunkelheit zu tragen. „Das ist unglaublich“, haucht Golden verblüfft, lässt ihren Blick nicht von dem alten Mann weichen, der nun regungslos auf dem Boden liegt. „Ja. Unglaublich“, zischt das dämonische Mädchen, welches aus dem Nichts heraus neben ihr erscheint. Ihr Gesicht wirkt noch toter als zuvor, und ihre Augen sind zu lodernden Sonnen geworden. „Und vor allem ist es vorbei.“ Dröhnender Sirenenlärm bricht sich Bahn, dringt aus allen Richtungen zugleich heran und verhallt in ihnen. „Danke für deine Hilfe, Golden. Da Silent Hill nun befreit ist, schicke ich euch alle aus dem Heiligtum zurück in die reale Welt. Nur Alessa und ich dürfen hier sein.“ „Samael...“, stottert Golden, ehe abermals die Sirene aufheult; sogleich wendet die Angesprochene den Kopf, um zu Golden aufzusehen. Die Mary Sue bemerkt noch in der gleichen Sekunde, dass Samael nicht mehr länger nur ein einfacher Dämon ist. „Danke, Golden. Wirklich“, spricht die Unheimliche sanft, scheint sie aus ihren brennenden Augen heraus anzufunkeln. Dann wird alles um sie herum schwarz. Als auch im realen Silent Hill die Sirene aufheult, wie ein göttliches Omen aus dem von der Morgenröte erhellten Himmel herab auf die Erde hallt, heben Torquemada, Meon und die MSTing-Sues die Köpfe. „Ist es das?“, ruft der Bookman alarmiert. „Erscheint der Avatar nun?“ „In der Tat; es beginnt“, spricht Taldeer ruhig, hebt ihre Hände. Bewegung kommt in das leuchtende Runenmeer, das sich immer dichter um die Runenprophetin zusammenzieht. Torquemada spannt sich, packt beidhändig seinen Hammer, und Meon springt kampfbereit auf seine Schulter. Um den Platz herum öffnen sich Plotholes. Aus einem heraus fällt Golden, welche die bewusstlose Nevan trägt, aus einem anderen Setha, die ächzend hinter einer Hecke zu Boden geht. Fast vor Taldeers Füßen liegt Richtward. Dann ebbt der geisterhafte Sirenenlärm ab, die Plotholes schließen sich. Die MSTing-Sues sehen sich alarmiert um, und während der Bookman den neu Erschienenen flüchtige Blicke zuwirft, wendet sich Torquemada bereits Taldeer zu. „Wo ist dieser Avatar?“, fragt er, runzelt die Stirn. „Er wird bald erscheinen. Uns bleibt aber noch ein kurzer Moment der Ruhe“, sagt Taldeer, strafft sich. „Bis dahin...“ Die Runenprophetin reißt ihre Hände empor, vollführt ruckartige Gesten mit ihren Fingern. Ein gleißender Schein aus blauem Licht materialisiert sich um ihren elfenhaften Kopf herum, als die abertausenden Runen, die sie umgeben, wie ein Sturm zu tanzen beginnen, zu Taldeer wirbeln und sie umgeben wie eine Aura . Einige wehen um sie herum, entfesseln eine Woge aus Energie, die Torquemada, Meon und den Bookman meterweit zurückstößt, noch ehe sie es sich versehen. Ein weiterer Runenschwarm formiert sich in der Luft, generiert eine mehrere Meter messende Barriere aus feinst vernetzten Symbolen und Zeichen, erfüllt von lodernder Energie, welche Taldeer und Richtward umschließt. Noch immer schweben tausende Symbole frei in der Luft. „Du verschlagene Hexe!“, schreit Torquemada, so laut, dass sich seine tiefe Stimme beinahe überschlägt. „Ich wusste, dass du etwas planst!“ „Diese Runen … Sie sagten, sie wollten gegen den Avatar des Autors kämpfen!“, setzt der Bookman nach, sieht beinahe fassungslos zur Runenprophetin, die von ihrem Brunnen herunterschwebt und neben dem kraftlos am Boden liegenden MSTsaw wieder auf die Füße kommt. „Oh, und ich werde gegen Elypsion kämpfen“, sagt Taldeer sachlich. „Doch, nicht jetzt, und ich bitte euch, wie töricht wäre es, den Avatar eines älteren Autors anzugreifen, von dem wir nicht das Geringste wissen? Der uns zermalmen könnte, wenn wir nicht fliehen?“ „Du hast die Runen doch für diesen Kampf gesammelt! Du hast gesagt, wir kämpfen jetzt!“, schreit Meon, trommelt vor Wut auf Torquemadas Schulterplatte. „Miese Lügnerin!“ „Ich habe euch prophezeit, dass der Avatar erscheinen wird, und dass wir gegen ihn kämpfen, das ist wahr - aber, Meon, ich habe nicht prophezeit, dass wir es hier und heute tun werden. Eure Annahme, ich würde Kraft für den Kampf gegen diesen Gegner sammeln, war gewiss optimistisch, und genauso töricht - leider fehlt mir die Macht für solche Spielereien.“ Ein kaum wahrnehmbares Lächeln huscht über Taldeers feines Gesicht, während sie die Augen zu dünnen Schlitzen verengt, die anderen MSTing-Sues mit ihrem Blick beinahe zu erdolchen scheint. „Genau das meine ich!“, brüllt Torquemada. „Jedes Wort eine Lüge und Manipulation! Sie drückt sich doppeldeutig und unklar aus, sodass jeder sie falsch versteht, und sobald sie hat, was sie will, fällt sie einem mit dem Dolch in den Rücken!“ Er packt seinen Hammer und stürmt los, holt aus und schlägt mit voller Wucht auf Taldeers Barriere ein; doch die Runen erglühen unter seinen Schlägen lediglich, fangen sie ab, ohne dass die Barriere sichtbar Schaden nimmt. Taldeer wendet ihnen den Rücken zu, winkt mit einer Hand. Unsichtbare Hände packen Richtward und heben ihn empor. Der alte Mann ächzt vor Schmerz auf. „MSTsaw!“, ruft Taldeer. „Ich gab dir dieses Leben, und ich gab dir die Kräfte, die du dein Eigen nennst. Nun verlange ich eine Gegenleistung - du musst etwas für mich zensieren. Nur ein einziges Mal!“, beschwört sie ihn, sieht ihn fordernd an. MSTsaw senkt den Kopf, sieht aus schmerzverzerrten, getrübten Augen zu ihr. „Du“, knurrt er, als er sie erkennt. Von einer Sekunde auf die andere verändert sich seine Miene, wird zu einer hasserfüllten Grimasse. Weiter hinten hockt Golden, sieht skeptisch zwischen dem auf die Runenbarriere einschlagenden Torquemada, der bewusstlosen Setha und den anderen Sues hin und her. Die Dinge haben sich deutlich anders entwickelt als geplant, und war Golden vorher noch alarmiert, dass Elypsion einen Avatar ins Multiversum gesandt hatte, so beunruhigt sie nun, dass ein verrückter, alter Mann offenbar mit einem Deus ex Machina verschmolz - und infolgedessen über die Macht verfügte, besagten Avatar beinahe mühelos zu besiegen; Golden überlegt, ob der Avatar eventuell aufgegeben hat, oder ob es daran lag, dass die Waffe ein Deus ex Machina war; was auch immer nun auf sie zu kommen mag: sie würde all ihre Mary-Sue-Heit aufbringen müssen, um den Kopf oben zu behalten. Nevans geschwächtes Stöhnen reißt sie aus ihren Überlegungen. Sie schüttelt den Kopf, blinzelt mehrmals und wendet sich der Rothaarigen zu, die nun hustet, langsam den Kopf hebt. „Golden?“, fragt Nevan mit kraftloser Stimme, öffnet ihre violetten Augen und sieht zu der Mary Sue empor. „Ja! Ach, Nevan. Ich bin so froh!“, ruft Golden glücklich, hilft ihrer Freundin hoch. Nevans Haltung ist unsicher und zittrig, und sie klammert sich Hilfe suchend an die Schultern der Mary Sue, lächelt. Hinter ihnen werden hektische Schritte laut. „Herrin!“, ruft eine junge Frauenstimme mit türkischem Akzent. Golden fährt herum, nur um Nevans MSTing-Sues zu bemerken, die aus einer Seitengasse heraus auf sie zu eilen. „Meine Mädels“, haucht Nevan mit bebender Stimme. „Ihr seid auch gekommen, um mir zu helfen.“ Sie schluchzt beinahe. „Natürlich, Herrin“, antwortet Helga geflissentlich, klingt beinahe, als würde sie Nevan tadeln. Dar Pha ist die erste, die heran ist, und obwohl ihr Gesicht zur Hälfte hinter einem Schleier verborgen ist, spürt Golden regelrecht, wie die Sue sie anlächelt. „Danke, Golden, dass du die Herrin befreit hast. Wenn es dir nichts ausmacht, übernehmen wir jetzt“, fährt die Halborkin an die Mary Sue gewandt fort, während Rayne und Helga die geschwächte Nevan beinahe rabiat von ihr weg ziehen. „Ach, ihr alle...“, murmelt Nevan, beginnt zu weinen. Schillernde Tränen fließen ihre Wangen hinunter. „Ich bin so froh, dass ihr mich nicht vergessen habt.“ Dann ist es, als ginge ein Ruck durch sie hindurch: Nevan strafft sich, löst sich von einer Sekunde auf die andere mit erstaunlicher Kraft aus den Berührungen ihrer Gehilfinnen. Sie schüttelt ihr Haar zurück, winkt mit den Händen und materialisiert pechschwarze Tücher aus dem Nichts heraus, die sich wie ein bodenlanger Rock um ihre Hüften legen und alles andere in gewohnter Manier völlig frei lassen. „Nun, was ist hier eigentlich los?“, fragt Nevan, deren Stimme und Körper zusehends an Kraft gewinnen, noch während sie diesen einen Satz spricht. „Die verräterische Taldeer, der fanatische Torquemada, die erbärmliche Meon und der wahnsinnige Richtward auf einem Haufen? Da kommt zusammen, was zusammen gehört“, zischt sie und schüttelt den Kopf, während sie zum Brunnenplatz starrt. „Verschwindet von hier, meine Mädels.“ Mit einem Wink ihrer Hand öffnet Nevan ein waberndes Plothole, hinter dem nichts als Dunkelheit liegt. „Ich komme nach, sobald wir hier fertig sind.“ „Du wirkst aber geschwächt, Herrin“, murmelt Dar Pha besorgt, legt den Kopf schief. „Bist du dir sicher, dass du dich nicht ebenfalls zurückziehen möchtest?“ „Ja, ja, bin ich“, macht Nevan, klingt beinahe genervt und beginnt, die Frauen mit spielerischen Bewegungen in das Plothole zu scheuchen. „Nun geht schon, das hier ist so ein Anführer-Ding.“ Die MSTing-Sues verschwinden schließlich, ohne Nevans Anweisungen weiter in Frage zu stellen, und das Plothole schließt sich summend. Nevan seufzt, neigt den Kopf zur Seite und lässt hörbar ihr Genick knacken. „Nun, Golden: Weißt du mehr als ich? Ich hab in diesem Deus ex Machina nicht wirklich viel mitbekommen, in den letzten Wochen.“ „Ich … für dich, etwas zensieren?!“, keift MSTsaw, zappelt in der Klammer aus telekinetischer Macht, die ihn emporhält, hin und her wie eine Marionette. „Niemals. Du bist für all das doch verantwortlich!“ „MSTsaw“, spricht Taldeer gefasst, kneift die Augen zu und reißt sie mit einem Ruck wieder auf, sieht ihn beinahe bettelnd an. „Bitte! Ich gebe dir FFs, Plotdevices, was auch immer du willst! Du musst etwas für mich zensieren! Gedeih und Verderb des Multiversums mögen davon abhängen, dass du es tust!“, fleht sie mit bebender Stimme, geht auf ihn zu. „Der Avatar des älteren Autors, Elypsion … du hast gegen ihn gekämpft, nicht wahr? Ich kann ihn sehen! Ich kann sehen, wo er wieder zuschlagen wird; wir können Pläne schmieden, um ihn aufzuhalten, aber ich bin krank, und ich kann nicht mehr sehen! Du musst diese Krankheit zensieren! Tust du das, MSTsaw?“ MSTsaw stockt, sieht sie unschlüssig an. Hinten schlägt noch immer Torquemada auf ihre Barriere ein. „Glaub ihr kein Wort!“, gellt er zwischen zwei wuchtvollen Schlägen. Die Barriere beginnt, unstet zu flackern. „Sie will, dass du diese Krankheit auslöschst, da sie ihren Tod fürchtet!“ „Ist das der Grund?“, fragt der Bookman mit leiser Stimme, hat die Arme verschränkt und sieht Taldeer bohrend an. „Wir haben MSTsaw wiederbelebt und den Dämon in ihm versiegelt, um Ihre Krankheit zu heilen? Diente dieses Unterfangen am Ende Ihrem eigenen Nutzen?“ „Nein!“, schreit Taldeer, fährt so schnell herum, dass ihr Mantel weht. „Torquemada, Bookman, elende Narren! Ich bin die einzige Seherin! Wenn der Avatar des älteren Autors das Multiversum plagt, muss ich im Vollbesitz meiner Kräfte sein, denn nur ich werde dazu in der Lage sein, ihn aufzuspüren! Das ist der Sinn und Zweck unserer Organisation!“ „Stimmt das? Ich weiß nicht... Ich glaube, es stimmt“, nuschelt Meon, so leise, dass kaum jemand sie hören kann. Jedes von Taldeers Worten weckt ein Gefühl in ihr, wie ein Déjà-vu, als hätte sie etwas sehr ähnliches bereits einmal gehört. „Richtward, vielleicht solltest du sie wirklich heilen. Auch wenn Taldeers Methoden sehr zweifelhaft sind: Irgendeinen Grund für all die Lügen muss sie doch haben, oder?“, fragt sie Torquemada. Der winkt nur ab. „Kein Wort ist wahr. Glaubt ihr nichts, was sie sagt!“ „Ich … weiß nicht“, stöhnt Richtward leise, blinzelt mehrmals. „Wenn du ihn sehen kannst, ist es vielleicht notwendig.“ „Glaub ihr nicht!“, brüllt Torquemada erneut, der beidhändig seinen Hammer schwingt und einen gleißenden Riss in die Barriere schlägt. „Sie belügt jeden, selbst ihre Verbündeten!“ „Taldeer...“, murmelt der Bookman nur noch. „Wir haben vieles zu besprechen.“ Die Runenprophetin schüttelt den Kopf, macht eine wegwerfende Geste und wendet sich wieder MSTsaw zu. „Nur dieses eine Mal! Bitte, MSTsaw!“ „Ich weiß nicht“, stöhnt der alte Mann. „Nenn mich nicht MSTsaw. Ich bin nicht mehr...“ „Es ist mir gleich, wer du bist“, zischt Taldeer. „Ich nenne dich, wie es dir beliebt, nur bitte, zensiere diese Krankheit, bei allen Göttern!“ „Ah...“, macht der Alte, sieht sie mit aufkeimendem Hass an. „Weißt du, wem noch egal ist, wer wir sind? Elypsion.“ Taldeer blinzelt. „Deus ex Machina!“, schreit Richtward und reckt die Arme von sich. Taldeer wiederholt die Worte sichtlich überrascht, als um sie herum der Raum zu wabern beginnt, sich Risse in der Realität bilden, aus denen ein Hagel glühender Dornen herausbricht. Taldeer setzt zurück, ruft ihre Runen herbei und generiert einen zweiten Schild vor sich. Richtwards Geschosse schlagen mit einer solchen Präzision in die größere der Barrieren ein, dass sie fast jedes der Symbole in der Mitte durchdringen, den Schild augenblicklich auflösen. Die Augen der Runenprophetin weiten sich erschrocken, während sie die Barriere senkt. MSTsaw fällt zu Boden, rappelt sich auf die Knie. „Ich zensiere gar nichts! Mit euch will ich nichts mehr zu tun haben“, hustet er und funkelt sie an, bedenkt die ganze Gruppe mit einem einzigen, verächtlichen Blick. „Ihr seid doch alle … kein bisschen besser als Elypsion!“ „MSTsaw, du musst!“, ruft Taldeer flehend. „Niemals!“, schreit dann Torquemada. „Der Hexer kommt mit mir und wird verhört. Ich habe viele Fragen.“ „Deine Fragen, Torquemada, sind nichtig im...“ „Genug!“, schreit jemand: Ein Mädchen. Die Sues fahren herum, als plötzlich jemand vor Richtward erscheint, heraus aus einer aufwallenden Woge schlohweißer Federn; sie hat silberweißes Haar, das bis über ihren in der engen Jeans unverhohlen zur Schau gestellten Apfelpo hängt, und ihre rosarote Bluse entblößt ihre perfekten, kleinen Doppel-D-Brüste eher, als dass sie sie verhüllt. Ein Paar strahlend heller Schwanenschwingen ziert die schmalen Schultern des Mädchens. Setha packt ihr Milleniumsschwert mit beiden Händen und festigt breitbeinig ihren Stand. „Lasst ihn einfach in Ruhe!“, ruft sie zornig. „Er kann nicht klar denken!“ „Setha... Warum?“ „Ach, Richtward“, haucht die Angesprochene nur: In ihrer Stimme schwingt eine Güte mit, die einmalig in diesem Multiversum ist. „Ich verzeihe dir. Ich bin es schon gewohnt.“ Setha fällt in die Hocke und berührt ihn an der Schulter. Richtward versucht noch, mit Tränen der Scham und Verzweiflung in den Augen zurückzuweichen, doch kann er der Hand der Sue nicht entgehen. Sie lässt blitzschnell ihr Schwert verschwinden und macht eine schleifenförmige Bewegung mit dem Armreif an ihrer Rechten. Der alte Mann und die Sue verschwinden in einem Wirbel aus Federn. Noch in der gleichen Sekunde öffnet sich ein Plothole, aus dem die Chaosfee hervortritt; sie stutzt, sieht irritiert den Federn nach, blickt dann zu Torquemada, Meon und dem Bookman. Ihre Miene festigt sich, als sie Taldeer bemerkt, dann Golden und Nevan, die langsam auf sie zu kommen. Instinktiv spürt die Chaosfee, dass sie einen Moment eher hätte auftauchen sollen... Beinahe betretenes Schweigen macht sich breit, bis sich die Sue schließlich verlegen räuspert. „Es geht allen gut. Ich habe sie zurückgebracht“, meint sie im Vorbeigehen und gesellt sich neben Torquemada, wirft dem Bookman einen bitteren, bedeutungsschwangeren Blick zu, den er ohne jede Regung zur Kenntnis nimmt, sich abwendet und in Richtung der Frauen geht. Torquemada nickt, während Meon vor Erleichterung seufzend auf seiner Schulterplatte niedersinkt. „So so, noch eine“, raunt Nevan, die zusammen mit Golden zu der Gruppe tritt. „Chaosfee, was? Lange nicht gesehen.“ Torquemada wirft ihr einen finsteren Blick zu, macht etwas zu beiläufig einen Schritt und stellt sich halb vor die Chaosfee. „Zurück, Dämon!“, gellt er, woraufhin Nevan schallend zu lachen beginnt. „Schön, dass es Ihnen gut geht“, kommentiert der Bookman trocken, und die Rothaarige braucht einen Moment, um sich zu beruhigen. „Ach“, macht sie gedehnt, breitet die Arme aus. „Es ist eine Freude, frei zu sein, nicht wahr?“ „Du solltest achtgeben, dass ich dich nicht wieder versiegle“, knurrt Torquemada, winkt herrisch ab. „Genug: Was, um alles in der Welt, hat MSTsaw für Kräfte eingesetzt?!“, fragt er, sieht die anderen kurz nach und nach an. „Wenn alle Sues befreit sind, sollte er nicht mehr über den Deus ex Machina gebieten können!“ „Nun ja“, hebt Golden an: „MSTsaw und der Deus ex Machina sind verschmolzen! Ich habe keine Ahnung, warum, aber es ist wirklich so.“ „Faszinierend“, kommt es vom Bookman, der Golden beinahe begeistert ansieht. „Möglicherweise hat sich sein Einfluss auf den Deus ex Machina ausgeweitet. Womöglich hat er ihn nun so lange benutzt, dass er und das Objekt mehr … aufeinander eingestimmt sind. Das kommt vor.“ „Mir egal“, faucht Nevan, bleckt ihre spitzen Eckzähne. „Ich will ein paar ganz andere Antworten. Vor allem von dir, Schätzchen.“ Alle Blicke wenden sich Taldeer zu, die auf die Knie gefallen ist; doch der Blick der Runenprophetin ist leer, als würde sie die anderen nicht mehr wahrnehmen. „Ich habe gesehen, dass er es nicht tun würde“, murmelt Taldeer, mehr zu sich selbst als zu den anderen. „Aber ich habe gehofft; warum nicht versuchen, das Schicksal zu beeinflussen, in einem Multiversum, das ohne Schicksal sein sollte...“ „Hör auf zu brabbeln!“, ruft Nevan, macht einen Schritt auf sie zu. „Du hast mich mit MSTsaw hier her geschickt! Du musst gewusst haben, dass er mich gefangen nehmen würde! Ich will...“ Golden hält sie an der Schulter zurück. „Nicht! Sie hat noch so viele Runen beschworen … sie könnte angreifen!“ „Ach, ihr Narren“, seufzt Taldeer, schüttelt den Kopf. Sie erhebt sich kraftvoll, klopft den Staub von ihrem Gewand. „Alles ist eingetreten, wie ich es gesehen habe. Als nächstes...“ Taldeer breitet die Arme aus, woraufhin die anderen MSTing-Sues instinktiv zurückweichen, der Runenprophetin nur abermals ein fast mitleidiges Lächeln entlockend. Tausende leuchtender Symbole wirbeln in den Himmel, formieren sich erst mehrere Meter oberhalb der Stadt erneut und bilden eine Barriere, die sich wie eine Kuppel über das gesamte Viertel stülpt. Ein Donnerschlag rollt über das Land, und die Sues blicken überrascht in den fast wolkenlosen Himmel. „Nun zeigt er sich, der Avatar des Elypsion. Flieht durch die Plotholes, solange der Schild hält, ihr bemitleidenswerten Narren.“ Taldeer löst sich auf, wird zu einem Schwall aus knisternden, glimmenden Lichtern, die im Wind davongetragen werden. „Ein … Avatar eines älteren Autoren?!“, schreit die Chaosfee, die sich bisher still zurückgehalten hat, macht einen weiten Schritt um Torquemada herum, der ihr verwundert nachsieht. „Wie? Golden?!“ Über ihnen reißt der Himmel entzwei. „Dando.“ Dando umgibt nichts als Schwärze. Sein Kopf, seine Arme und Beine; alles an ihm ist ein einziger Schmerz. Selbst zu atmen schmerzt. Er muss dringend rauchen. „Dando, mach mal was.“ Dando bewegt sich, winkelt ein Bein an; das Stechen und Brennen, welches sofort bis in seine Leistengegend hinein schießt, hält ihn davon ab, die Bewegung zu vollenden. Ihm ist schwindelig. Allgegenwärtige Kraftlosigkeit hat seinen Körper übermannt, macht es schier unmöglich, auch nur die Augen aufzuschlagen. „Dando!!!“ Irgendetwas Warmes, Weiches drückt ganz sanft gegen seine Wange, immer wieder, dann gegen seine Nase, seine Stirn, wieder die Wange, dann die andere Seite. Dando blinzelt. „Dandooo!“, hört er jemanden rufen; die Stimme wird zunehmend klarer. Als er die Augen schließlich zu öffnen vermag, sieht er vor sich einen verschwommenen Schemen, der nur langsam klarer wird, muss immer wieder blinzeln, um die Trübe aus seiner Sicht zu verbannen. „DANDO!“ Etwas klatscht gegen seine Wange. Dando schreckt auf, japst vor Überraschung und Schmerz, als würde er aus einem Fiebertraum gerissen. Neben ihm kniet Eli inmitten von Trümmern und Ruinen. „Huhu, Dando“, sagt Eli und winkt ihm lächelnd zu. „... Eli“, murmelt Dando nur noch kraftlos, sieht ihn für einen Moment, der sich wie eine Ewigkeit anfühlt, an. Sekunden später reißt er die Arme empor, ignoriert die bis in seinen Rücken schießenden Schmerzen und zieht den Jungen an sich. „Oh, Eli...“, wimmert er mit bebender Stimme. „Ach Dando, wir sind uns nah“, nuschelt Eli glücklich, der ihn ebenfalls umarmt, sich noch etwas fester gegen ihn drückt. „Eli, ich hatte solche Angst“, jammert Dando, schluchzt immer wieder und versucht, die Tränen zurückzukämpfen, deren Brennen sich mittlerweile überdeutlich in seinen Augen bemerkbar macht. „OIch hatte auch ganz arg Angst, Dando. Aber jetzt wird vermutlich alles gut.“ „Ach, meinst du?“, fragt Dando mit tiefer Stimme, streichelt über Elis Wange, fährt schließlich in sein Haar und lehnt sich langsam zurück, um in sein Gesicht sehen zu können. Eli wirkt müde und ein bisschen schwermütiger als sonst, doch Dando kann nicht anders, als unwillkürlich zu lächeln, als er in seine großen, runden Augen sieht. Eli blinzelt. Dando zieht ihn an sich, um ihn zu küssen, was für einige Sekunden klappt - bis Eli zu prusten anfängt und schließlich nur noch dämlich kichert. „IAch hab dich auch vermisst“, brabbelt er verlegen und umarmt ihn abermals flüchtig. Dann hilft Eli ihm hoch, stützt ihn, als seine Beine noch zu schwach sind, um ihn zu tragen. Dando sieht sich um. Das alte Landhaus ist nicht mehr. Nur noch eine Wüstenei voller Schutt und Trümmer, eigentümlich friedlich wirkend im warmen Licht der Morgensonne, zeugt davon, dass es jemals existiert hat. Der ganze Hof und weite Teile des umgebenden Waldes wirken, als seien sie schlicht hinweggefegt worden, sind nichts anderes als eine fast kreisrunde Fläche aus verbrannter Erde. Lediglich ein kleiner Bereich, an der ehemals eine Treppe zum Eingangsportal des Anwesens hinausführte, ist noch unversehrt geblieben. In einigen Metern Abstand sitzt Viggo, mittlerweile nur noch in seine verschlissene Jeans gekleidet, auf einem großen Steinblock und lässt Malik eine große Wunde auf seinem rechten Oberarm heilen, während ihm die Sonne auf den Bauch scheint. Dando braucht einen Moment, um ihn anzusehen, erfreut sich ein paar Sekunden zu lang an seiner herausragend athletischen Figur und daran, dass seine dunkle Haut im Sonnenlicht wie matte Bronze wirkt. Der blonde Muskelprotz lächelt sanft, als er bemerkt, dass Dando ihn anstarrt und hebt eine Hand zum Gruß. Dando wendet sich hochrot ab und entdeckt etwas abseits die Chaosfee, Arin und Wojtek, die sich offenbar unterhalten. Während Wojtek und Arin abwechselnd irgendetwas erzählen, wirkt die Chaosfee hochkonzentriert, nickt hin und wieder und sieht abwechselnd zwischen ihnen hin und her. Dann deutet Arin plötzlich auf ihn, und die Blicke der drei wenden sich um, woraufhin insbesondere die Chaosfee in überdeutlicher Erleichterung einmal laut ausatmet. Dando räuspert sich und entdeckt, halb verborgen hinter Wällen aus Schutt, Goe, mit Basy auf der Schulter. Basy wirkt in Anbetracht der Zerstörung auf eigentümliche Weise vergnügt, wohingegen Goe in Anbetracht all der unlöblichen Sachbeschädigung in Höhe mehrerer Millionen Dollar kurz davor zu stehen scheint, seinen eigenen Hut zu essen. Dando schließt die Augen, seufzt zufrieden, als er weiß, dass es ihnen allen gut geht. Kurze Zeit später öffnet die Chaosfee ein Plothole, durch welches sie diese Welt verlassen. Noch etwas später blitzt in vielen Kilometern Entfernung, auf der anderen Seite des Sees, eine blaue Kuppel aus Licht über der Stadt auf, wirkt fast wie eine Seifenblase, die im Licht der aufgegangenen Sonne in allen Farben schillert. Donnerschläge rollen aus dem Nichts heraus über das Land, schrecken Vogelschwärme aus den weiten Wäldern auf und treiben eine Wühlmaus, die an einem eigenartigen, mit losen Kabeln und Zahnrädern verbundenen Okular genagt hat, dazu an, eilig das Weite zu suchen. Über Silent Hill wird der Himmel entzweigerissen, als Kräfte, die nicht von dieser Welt sind, einen tausende Meter messenden Spalt in die Realität schlagen, ihn mit einem Ruck aufbrechen und einen Strudel aus violetten, purpurnen und lilanen Stürmen freigeben, der sich tosend im Nichts zu verlieren scheint. Splitter der Realität rieseln wie Schnee über das Land, funkeln im Sonnenlicht. Die Hand eines Giganten, bestehend aus nichts als leuchtendem Glas, hinter dem Galaxien toben, reckt sich aus dem Spalt, krallt sich Halt suchend in dessen Rand, gefolgt von einer zweiten Hand, dann einem viel zu winzigen Kopf auf einem viel zu klobigen Körper. Die göttliche Erscheinung blickt auf Silent Hill darnieder, als wäre es ein Sandkorn an einem Strand, legt ihren bizarren Kopf in einer fast nachdenklich wirkenden Bewegung schief auf die Seite. Schließlich löst der Gigant eine seiner Hände vom Rand des Plotholes, reicht immer weiter gen Erde, bis er mit einem einzelnen seiner drei langen, klobigen Finger auf die leuchtende Blase inmitten der Ruinenstadt tippt wie ein Kind, welches prüfen möchte, ob eine Herdplatte heiß ist, nur weil sie rot leuchtet. Der Schild flackert grell auf, drängt die Hand um eine verschwindend gering wirkende Entfernung zurück. Dröhnende, dumpfe Laute, hohes und tiefes Knistern und Knacken dringen aus dem Körper des Ungetüms hervor, als es seinen Arm abermals anhebt, eine Faust ballt und sie wie einen Meteor auf die Stadt niederfahren lässt. Als die Götterfaust des Avatars des Elypsion schließlich den Boden berührt, zermalmt sie den nördlichen Teil Silent Hills unter sich, schlägt mit einer solchen Wucht eine Wunde in die Erde, dass die Druckwelle kilometerweit Geröll und Schutt davonwirbelt dass noch in Kilometern Entfernung ganze Felsbrocken aus dem Boden gedrückt werden, unterirdische Gasblasen einsinken und tiefe Löcher sich auftun, Quellen versiegen und Geysire ausbrechen. Der Toluca Lake bricht ein, als sich die Faust schließlich in einer bizarr langsamen Bewegung wieder hebt, Erdbrocken in der Größe kleiner Autos und ganze Gebäudeteile davon herabrieseln und zu Boden poltern. Der Spiegel des Sees sinkt binnen weniger Minuten, als die tiefe Grube, die nun im Land klafft, wo einst Nord Silent Hill war, sich in Sturzbächen zu füllen beginnt. Das Wesen hat kein Interesse an dem Schauspiel, stößt einen dröhnenden Laut aus, der selbst in weitester Entfernung noch von den Bergen widerhallt und zieht sich zurück. Es dauert noch einige Minuten, bis nichts außer eines eigenartig elliptisch geformten Sees, hier und da gesäumt von Gebäuderuinen und Erdwällen, davon zeugt, dass es Nord Silent Hill jemals gegeben hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)