Entscheidung von Daedun ================================================================================ Kapitel 16: Intention --------------------- Walter wollte gerade die Kartons, die er im Kofferraum geladen hatte, auspacken als Seras ihm entschlossen auf die Schulter tippte. Zu Tode erschrocken schnellte der Butler hoch und fasste sich an die Brust. „Fräulein Victoria ich bitte sie inständig solche Sache zu unterlassen.“ Schnaufte er nach dem er sich erholt hatte. Die ehemalige Polizistin zog verschämt den Wuschelkopf ein. „Entschuldigung. Ich vergesse immer wie leise ich sein kann.“ „und das ich ein nicht mehr ganz so taufrischer Mensch bin.“ „Ach kommen sie, so wie ich sie beim kämpfen immer erlebe, sind sie vom alten Eisen doch so weit entfernt wie die Sonne vom Mond.“ Walter versuchte nicht allzu geschmeichelt über das Kompliment zu klingen, was ihm nur teilweise gelang. „Vielen Dank, vielen Dank. Wenn sie jetzt noch die Freundlichkeit besäßen mir zu helfen.“ Seras griff schon nach der ersten Kiste. „Genau das hatte ich vor. Was haben sie uns den schönes mitgebracht?“ „Reichlich Munition für die zurück kehrenden Männer und die ersten Teile einer neuen Waffe.“ „O super, aber wieso schon wieder eine neue? Unsere sind doch noch Tip Top oder kriege ich jetzt endlich mal was handliches?“ Walter lächelte verschmitzt „Bedauere kleines Fräulein, aber ich dachte, da Lady Integra,“ er zögerte kurz, „nun da sie jetzt über ähnliche Fähigkeiten verfügt wie sie und Meister Alucard sollte sie vielleicht auch etwas angemessenes bekommen.“ Damit marschierten sie hintereinander ins Haus. Johannes McPhörsen tippelte nervös in seinem Büro auf und ab. Noch immer wartete er auf den Rückruf der Lady, doch das Telefon blieb nach wie vor still. Diese unerwartete Einberufung des Roundtables kam für alle Beteiligen mehr als ungelegen und wenn jetzt die Benachrichtigungen dazu auch noch ins Stocken gerieten, war das mehr als ärgerlich. Er überlegte ob er nicht noch einmal selbst anrufen sollte, als plötzlich der altmodische Apparat zu bimmeln anfing. Erleichtert griff er nach dem Hörer, aber es war nicht das Hellsinganwesen auf der anderen Seite der Leitung. „Hier spricht das Sekretariat von Lord Gambling . Ich sollte sie bzw. Sir Penwood davon in Kenntnis setzten, dass der Termin zur Versammlung verschoben wurde. Das Treffen findet bereits morgen Vormittag statt.“ Der Sekretär schnappte entgeistert nach Luft. „Morgen Vormittag? Hören sie, ich hoffe ihnen ist bewusst, dass so ein Ereignis eine gewisse Vorbereitung bedarf?!“ Der Mann am anderen Ende überhörte den Einwand ohne weiteren Kommentar. „Ich teile ihnen nur mit, was mir aufgetragen wurde und bitte sie diese kleinen Änderungen zu berücksichtigen. Alle anderen Mitglieder wurden bereits darüber informiert“ Dann hängte er ohne große Verabschiedung auf. Seras und Walter waren immer noch mit dem Verräumen der Munition in den Mannschaftunterkünften beschäftigt, als Integra zu ihnen stieß. Der Anblick der Lady war schon ein völlig anderer als zu ihren Lebzeiten. Nicht nur die Farbe ihrer Augen, ihre ganze Arte sich zu bewegen unterschied sich deutlich zu dem als sie noch ein Mensch gewesen war. Vielleicht fiel es Seras nur so scharf auf, weil sie selbst zu den übernatürlichen Geschöpfen gehörte, doch so wie Integra jetzt durch den Raum glitt, ähnelte sie einem geschmeidigen Raubtier, dass dabei war sich eine Beute zu suchen. Seras warf einen kurzen Seitenblick auf Walter, der mit dem Rücken zu ihnen stand und dabei war, irgendetwas zusammen zu schrauben. Unvermittelt machte sie einen Schritt zwischen die beiden. Integra hielt mitten in der Bewegung inne. Ihre dunkelroten Pupillen verengten sich, als sie missbilligend den Kopf schüttelte. „Keine Sorge. Ich bleibe auf Abstand.“ Zischte sie leise zwischen den Zähnen, dass selbst Seras ihr feines Gehör anstrengen musste, um sie zu verstehen. Unsicher darüber, ob ihr Verhalten nicht ein wenig zu vermessen gegenüber der Herrin des Hauses gewesen war, wich sie darauf hin zurück. Walter, der von all dem nichts mitbekommen hatte, drehte sich um. „Ah Lady Integra, da sind sie ja wieder. Ich hoffe sie haben die ersten Stunden ihres neuen Daseins, nun ja gut überstanden?“ Integra war sich ziemlich sicher, dass wenn noch Blut durch ihre Adern geflossen wäre, sie auf der Stelle dunkelrot angelaufen wäre, aber der Umstand ihrer totenblassen Haut rette sie vor peinlichen Reaktion auf die Erinnerungen der letzten Stunden. „Nun ja sagen wir es mal so, diese Lebensform beinhaltet doch einige Überraschungen.“ Sie nickte Seras jetzt mit entspannter Miene zu „Ich kann deine Starschwierigkeiten durchaus verstehen. Es gibt einige Dinge die ich noch in den Griff kriegen muss, bevor ich mich unter Menschen wagen kann.“ Erleichtert über den unverfänglichen Ton der Lady traute sich Seras breit zu grinsen. „Na ja sie haben mir damals geholfen, jetzt werde ich ihnen helfen, wenn sie wollen“ fügte sie schnell noch hinzu. Integra lächelte zurück und entblößte damit ihre kleinen, aber doch deutlich spitzen Eckzähne. Walter unterbrach ihren Dialog, in dem er aus der letzten Kiste die versprochene neue Waffe zu Tage förderte. „So Lady Hellsing ich habe hier etwas für sie das ihnen bestimmt gefallen wird.“ Fast schon zärtlich legte er ein schwarzes Ungetüm auf den Tisch. Staunend beugten sich die beiden Frauen nach vorne. Seras fand als erstes ihre Sprache wieder was „Was ist das denn?“ „Das ist eine Umarexx Co2 Waffe. Eine Smith and Wesson die vom Typ her einem Revolver ähnelt, aber mit diesem Anschlagschafft hier,“ er deute auf den überdimensional langen Lauf der Waffe „ zu einer Art Revolvergewehr wird.“ Er zwinkerte spitzbübisch „Ich gebe zu, sie entspricht nicht ganz dem Original, aber es ist ja auch kein Mensch, der sie führen soll.“ Damit überreichte er der erstaunten Integra ihre neue Verteidigungsmöglichkeit. „Ich werde mich natürlich gleich daran machen auch noch die Trommel entsprechend an die Spezialmunition anzupassen.“ Enrico Maxwell ließ sich nur zu gern von Anderson Bericht darüber erstatten, wie gut die Rekrutierung der Templer von statten ging. Mit Wohlwollen nahm der die Anzahl der Männer zur Kenntnis, die gemeinsam mit dem Pater dafür Sorgen würden, dass diese vermaledeite Brut und ihre Gönner endlich ausgelöscht wurden. „Sie haben uns lange genug auf der Nase herum getanzt Alexander. Es wird Zeit, dass wir ein Exempel statuieren.“ Die Augen des Priesters begannen zu glänzen. „Das war schon immer meine Rede Exzellenz. Schon als diese Freaks ihr Unwesen auf dieser Insel getrieben haben.“ Der Kardinal hob beschwichtigend die Hand. „Ich weiß und glaube mir, auch ich hätte der lieben Lady Wingates Hellsing ab liebsten schon bei unserer ersten Begegnung eine Kugel den Kopf gejagt, anstatt mit ihr Tee zu trinken.“ Er schnaubte. „Dieses verdammte Weibsstück und ihr Nosferatu. Wenn die Herren dieses Roundtables nicht in der Lage dazu sind ihr Einhalt zu gebieten, dann müssen wir das eben selber tun.“ Maxwell zog nach diesen Worten ein Blackberry aus seiner Westentasche um dann auf dessen Tastatur er eiligst seine Finger hin und her gleiten zu lassen. Anderson runzelte die Stirn „Die Angelegenheit wird trotz allem ein wenig Staub aufwirbeln fürchte ich.“ „Mach dir darüber keine Gedanken. Wenn alles so abläuft wie ich mir das vorstelle, wird das Ganze als ein bedauerlicher Unfall ein paar Tage in den Nachrichten zu sehen sein. Wenn überhaupt. Darum kümmere ich mich. Du hingegen bist für den sauberen Ablauf zuständig.“ Das Display leuchtete kurz auf und Anderson nickte zufrieden. „Keine Sorge Exzellenz. Die Sache ist schon so gut wie erledigt.“ „Das hoffe ich mein Lieber. Die letzten Versuche, diesen Blutsaugern den Gar aus zu machen, waren nicht gerade von Erfolg gekrönt.“ „Andere Umstände Exzellenz, dieses mal habe ich ganz andere Möglichkeiten.“ Alucard hatte Integra in das Anwesen zurück gebracht, dann war er noch einmal zu Helenas Domizil zurück gekehrt. Zum einen, um die letzten Spuren ihres Besuchs zu beseitigen, zum anderen wollte er sich bei dem kleinen Vampir Mädchen noch einmal persönlich für die Überlassung ihrer vier Wände bedanken. Als er sich erneut wieder zwischen den Büchern materialisierte erwartete sie ihn bereits in ihrem Lehnstuhl. „Ich habe mir erlaubt die Karaffe als Gastgeschenk zu interpretieren.“ Er grinste, nahm den Hut ab und vermied es dabei ihr in die Augen zu sehen. „Ich schulde dir mehr als einen Liter Blut für deine Gastfreundschaft.“ Ihre puppenhafte Gestalt schüttelte sich leicht, als sie anfing zu kichern. „An dem was hier auf meinem Perserteppich passiert ist, sind weder ich noch meine Räumlichkeiten beteiligt gewesen. Das ward ganz allein ihr.“ Der Vampir schüttelte mit belustigter Miene den Kopf „Glaub mir, das kam auch für mich ziemlich überraschend.“ Sie beugte sich nach vorn „Wer hätte jemals gedacht, dass es etwas gibt, das dich noch überraschen kann.“ Jetzt lachte er. Kurz und dunkel, bis sein Blick sich in der Dunkelheit des Zimmers verlor „Wohl war. In all den Jahren meiner Existenz gab es keinen Augenblick, der mit diesem Vergleichbar gewesen wäre.“ Sie schwiegen beide, bis Helenas helle Stimme noch einmal erklang. „Hat es sich dafür gelohnt einst zu sterben?“ Seine Antwort folgte ohne lange Pause „Nur dafür allein lohnt es sich zu leben.“ Die Dämmerung setzte ein, als Integra sich von ihrem Schreibtisch erhob. Sie hatte sich von Seras über Fargasons Rückkehr in Kenntnis setzten lassen und für die Männer alles nötige in die Wege geleitet. Seras würde sie morgen Abend in Empfang nehmen und Walter wollte das erste Gespräch mit dem Kommandanten übernehmen. Seufzend schloss sie die Tür hinter sich. Es würde weiß Gott nicht einfach werden, sich vor ihm und der Mannschaft hin zu stellen und ihnen klar zu machen, dass ihre Verwandlung in das was sie als ultimativen Feind betrachtete, nichts daran änderte weiterhin gegen diese Form der Existenz zu kämpfen. Mit lautlosen Schritten glitt sie durch den Flur. Würde sie das verstehen? Und wenn nicht? Was sollte dann passieren? Eigentlich hätte sie sich weiterhin darüber den Kopf zerbrechen sollen, doch die Eindrücke die ihre neue Lebensform mit sich brachten, lenkte sie bereits wieder ab. Ihre Augen durchblickten die Dunkelheit wie Scheinwerfer. Alles was in ihren menschlichen Pupillen zu konturlosen Schatten verschmolzen war, zeigte sich nun so scharf, als hätte jemand alles noch einmal nachgezeichnet. Jedes noch zu kleines Detail blieb nicht verborgen. Fasziniert blieb sie am obersten Treppenabsatz stehen. Die Eingangshalle unter ihr tat sich auf. Es konnte nicht mehr als ein winziger Streifen Licht am Horizont erschienen sein, doch es reichte um vor ihr ein Bild zu produzieren, dass sie glauben ließ, all das zum aller ersten mal zu sehen. Und im Grunde war genauso. Sie war Neugeboren, ab sofort kein Mensch mehr und würde es auch nie wieder sein. Mit Schaudern stellte sie in der nächsten Sekunde fest, dass dieser Gedanke sie weder erschreckte, noch abstieß. Im Gegenteil etwas in ihr und sie wusste nicht ob es neu war oder schon lange in ihr geschlummert hatte, schien mit unbändiger Freude diese Erkenntnis hin zu nehmen. Fortan keine menschliche Schwäche mehr, die sie lähmte. Die sie zwang sich zurück zu ziehen, während die anderen dafür Sorgten, dass ihr nichts passierte. Es blieb nun mal eine unumstößliche Tatsache, dass ein Mensch einem Vampir niemals gegenüber allein gewachsen war und auch keiner verdammten Kugel aus dem Lauf einer gewöhnlichen Pistole. Das hatte man ihr mehr als einmal eindrucksvoll bewiesen. Ok sie war nie feige gewesen. Hatte sich jedem Kampf gestellt, so aussichtslos er auch gewesen sein mochte. Das hatte ihr allein der Stolz verboten, ihre Pflicht gegenüber ihrem Namen und der Organisation die ihr Schicksal hatte sein sollen. Dafür war sie geboren worden. Ihr Blick glitt über die Bilder ihrer Ahnen hinweg, die an den Wänden um sie herum hingen. Dafür hätte sie eines Tages sterben sollen und doch war es anders gekommen. Ihre Erinnerungen brachten die Schmerzen zurück den ihr Radu und zuvor Boobhanshee bereitet hatte. Daran dass sie trotz allem die Wahl gehabt hatte als Mensch zu sterben und dass es das genau das war was sie nicht gewollte hatte. Der Morgen kam durch die Fenster herein gekrochen. Je kräftiger das blasse Licht wurde, um so müder wurde sie. Ihr Blick verfinsterte sich. So ganz was das mit der Schwäche wohl doch nicht vorbei. Sie löste sich vom Geländer, woran sie sich abgestützt hatte und machte sich weiter auf den Weg in ihr Zimmer. Sie hatte die Tür kaum hinter sich geschlossen, als sie seine Anwesenheit auch schon wahr nahm, noch bevor ihre Augen seinen Umriss an den zugezogenen Fenstern erkannten. Seinen roten Mantel, hatte er sorgfältig über einen Stuhl gelegt, genauso wie den Hut und die Sonnenbrille. Integra, räusperte sich kurz, mehr aus Verlegenheit, als aus Bedarf, die unangenehme Stille zwischen ihnen irgendwie zu beenden. „Da bist du ja wieder“ Die Wort waren ihr kaum über die Lippen gekommen, als sie auch schon merkte wie dämlich sie klangen. Alucard quittierte sie mit Schweigen. Verärgert über ihr Verhalten und auch darüber das sie keine Ahnung hatte wie sie sich verhalten sollte, geschweige denn was sie sagen so sollte, ging sie erst mal zu ihrem Kleiderschrank hinüber. Jedenfalls hatte sie das vor, doch seine Worte ließen sie inne halten. „Ich wollte nur sicher gehen, dass du den Weg in dein Zimmer eingeschlagen hast.“ Seine Finger glitten kurz über den schwarzen Stoff des Vorhangs. „Neugeborene wie du unterschätzen die Macht der Sonne gelegentlich.“ Integra blickte ihn verunsichert an „Was würde passieren, wenn ich mich dem Tageslicht aussetzte?“ Seine Stimme war ernst „Dein Körper würde unter den brennenden Strahlen unerträgliche Schmerzen erleiden.“ Sie keuchte entsetzt „ Aber du kannst dich doch auch bei Tage bewegen!“ Er lachte „ Ja aber ich bin auch schon ein wenig länger tot als du, außerdem vermeide auch ich es mich dem gelben Planeten direkt auszusetzten.“ Er hob beschwichtigend die Hände „Sei beruhigt, je stärker du wirst, um so mehr Widerstandskraft bekommst du. Trotzdem sind und bleiben wir Geschöpfe der Nacht, daran können wir nichts ändern. Unsere Fähigkeiten sind bei Tage viel schwächer und genau deshalb sollten wir für diese Zeit ein geeigneten Rückzugort haben an dem uns niemand bei der Regeneration stört“ „ Am besten in einem Sarg aus dem Holz eines Baumes aus der Heimaterde.“ Referierte Integra und stöhnte bei dem Gedanken ihr weiches Bett gegen so ein Ungetüm ein tauschen zu müssen. Er lächelte sie an „So ist es. Bist du nicht schon sehr müde?“ Integra nickte, jetzt wo er es sagte, fühlte sie wie ihr Körper immer träger wurde. Blinzelnd sah sie zu ihrem Bett hinüber, das sie grade zu ein zu laden schien. Plötzlich spürte sie ihn direkt neben sich. Sanft drückte er sie auf die Matratze hinunter. Ihr Kopf lag schon auf dem Kissen, als er ihr mit wenigen geschmeidigen Bewegungen die Schuhe von den Füßen streifte. Schon halb eingeschlafen murmelte sie „So ein Sarg ist doch bestimmt total unbequem und eng.“ Seine Stimme erklang dicht an ihrem Ohr „Das kommt ganz darauf an.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)