Flammenlied von Naenia (Marco x Ace) ================================================================================ Prolog: -------- ••• Die Scherben einer verlorenen Ära pflastern den Weg in die neue Welt und während das Blut unvergessener Namen das Meer noch immer tiefrot färbt, bleibt die Zeit nicht stehen: • Sie singt von warmen Melodien auf glühender Haut, von sengender Hitze, von Asche und Staub. von bleierner Liebe und sterbendem Licht. Nur von der Zukunft - davon singt sie nicht. ••• Kapitel 1: Goldenes Band ------------------------ Sein Feuer loderte vom ersten Augenblick an heller als alles andere. Sein furchtloser Blick voller Stolz brannte sich in Marcos Gedächtnis. • Blutüberströmt und voller blauer Flecken, so sah er den sturen jungen Mann zum ersten Mal. Da war ein Glitzern in seinen Augen, das Mut und unendliche Loyalität gegenüber seinen Kameraden verriet. Er lachte dem sicheren Tod ohne Angst ins Gesicht, als er den Fluchtweg hinter sich abschnitt. Nicht weil er sterben wollte, sondern um seine Crew zu beschützen. Ausgelaugt vom tagelangen Kampf gegen Jinbei, hatte er Whitebeard nicht mehr viel entgegenzusetzen und trotzdem opferte er lieber sich selbst, als zuzulassen, dass einem seiner Freunde etwas geschah. • Erst viel später erfuhr Marco, dass Ace nicht zum ersten Mal so gehandelt hatte. Es war in einer Nacht von vielen, die sie noch mit endlosen Gesprächen verbringen sollten und er erzählte von seinen Brüdern, Sabo und Ruffy, erklärte, was das durchgestrichene S auf seinem Arm wirklich bedeutete, sprach von dem Feuer, dem Kampf und von Dadan. Marco würde sich immer an das traurige Lächeln erinnern, das in diesen Momenten Aces Gesicht zierte. Er erzählte gern von seiner Familie, sogar von Monkey D. Garp, seinem Großvater, der ein Held der Marine war. Irgendwann hatte Marco ihn gefragt, warum er bei dieser Verwandtschaft überhaupt Pirat geworden war. „Ich möchte so leben, dass es nichts gibt, was ich zu bereuen habe. Freier als jeder Andere auf dem Meer…“, hatte Ace daraufhin gemurmelt und Marco konnte es noch nicht verstehen. • Es war seltsam einem achtzehnjährigen Piraten die Bedeutung von Familie zu erklären. Noch widersinniger war es, ihm all das zu erklären, während Marco ihn Tag für Tag nach den Anschlägen auf den Mann, den jeder auf diesem Schiff – außer Ace – Vater nannte, vom Boden auflesen musste. Die Situation war bizarr und doch hatte er so viel Geduld, so viel Verständnis und so viel Vertrauen, dass er sich sicher sein konnte, all dies aus einem guten Grund zu tun. Da war einfach dieses Gefühl, namenlos und doch so stark. • „Warum nennt ihr den alten Mann eigentlich Vater?“ „Weil er uns seine Söhne nennt. In dieser Welt sind wir Ausgestoßene, darum freuen wir uns darüber. Es ist nur ein Wort, doch es macht uns glücklich.“ Ace saß vor ihm, die Arme um die Knie geschlungen und die Augen hinter langem schwarzen Haar und dem Schatten des orangefarbenen Hutes versteckt. Er sah mehr denn je aus wie ein Junge und kaum wie der gefährliche Pirat, für den ihn alle Welt hielt. In diesem Moment erlebte Marco, wie sich etwas in seinem Blick änderte, wie die sture Determiniertheit alles allein zu schaffen einem tiefen Verständnis wich: Die Moby Dick konnte ein Zuhause sein und Whitebeard ein Vater, dessen Namen er gerne tragen wollte. • „Vom wem sie auch abstammen, alle Menschen sind Kinder des Meeres“, wiederholte Ace die Worte, die nur aus dem Mund Whitebeards stammen konnten und Marco legte, ganz ohne weiter darüber nachzudenken, seine Arme um ihn. Das war richtig, das war mehr als nur Freundschaft und Verständnis. Sie standen in Marcos Kabine, es war spät und hätte dieser Raum ein Fenster gehabt, würde man das silbrige Licht eines perfekten Vollmondes sehen können. Er spürte Ace warmen Atem dicht an seinem Ohr und wie feine Haarspitzen seinen Hals kitzelten. „Ich bin Gol D. Rogers Sohn, das Kind, das nicht existieren dürfte. Das Kind, dessen Tod man bereits vor seiner Geburt beschlossen hatte…“ Ace schien darauf zu warten, dass Marco ihn von sich stieß, Marco konnte die Anspannung in seinem Körper fühlen. Er ließ ihn nicht los, hielt ihn nur noch fester, bis das Zittern seiner Schultern nachließ. Die Kerze auf dem kleinen Tisch warf feine, weiche Schatten in den Raum und verlieh der Atmosphäre einen Hauch von Sicherheit, den man nur durch das rotleuchtende Licht von Feuer erfahren konnte. • Marco erinnerte sich noch sehr gut an Gol D. Roger und jetzt, nachdem er wusste, worauf er achten musste, fielen ihm die vielen kleinen Ähnlichkeiten auf, die Ace mit seinem richtigen Vater verbanden. Da war diese Leichtigkeit, mit der es Ace gelang, die Menschen um sich zu scharen und mit Freundschaft an sich zu binden. Er bastelte einen Strohhut für Little Oz Jr., denn ihm fiel als Einzigem auf, dass der Riese den Wetterbedingungen auf eine ganz andere Weise ausgesetzt war, als der Rest von ihnen. Er trank mit Thatch und Jozu, scherzte mit Vista und begegnete jedem mit Respekt. Niemals ließ einen Kameraden im Stich. Er hätte ihm gerne gesagt, dass hinter dem gefürchtetsten Mann der Meere mehr steckte, als der Hass der Menschen vermuten ließ. Roger war ein großer Mann gewesen und Whitebeard hatte ihn nicht nur als Rivalen respektiert. Sie haben mehr als einmal miteinander getrunken. Ob es Ace helfen würde, seinen richtigen Vater zu akzeptieren, wenn er wüsste, dass auch er und Whitebeard einst die Sakeschalen miteinander getauscht hatten? Kapitel 2: Blaues Feuer ----------------------- Der Tag verlor sich in endlos warmem Licht und leichter Brise. Die Moby Dick schwankte gemütlich unter seinen Füßen und ließ Marco ihre harmonischen Bewegungen kaum spüren. In der Luft lag der Geruch von Sake und Rum, Meersalz und Wasser und in ihm breitete sich ein Gefühl der Ruhe aus, das man nur in der Heimat empfand. Weit über dem Gelächter und den Gesprächen seiner Kameraden thronte Whitebeards väterlicher Blick und Marco spürte die vertraute Sicherheit der Familie, die ihn umgab. Es waren diese Momente, für die er lebte und in welchen er eine ganze Ewigkeit verbringen konnte, ohne an Schätze und Abenteuer zu denken. Der Kampf war ihm nicht fremd und er war ganz sicher kein Feigling, doch zählte er genug Jahre, um zu wissen, wo seine Prioritäten lagen. Er war nicht mehr jung, auch wenn sein Äußeres das wahre Alter niemals verraten würde. Ace schien das manchmal zu vergessen und Marco wollte sich manchmal selbst von dessen leichtsinnigem Idealismus und der Liebe zum Risiko anstecken lassen. • Ace erzählte von seinem kleinen Bruder und lachte und Marco betrachtete die Sonnenstrahlen, die sich in seinem schwarzen Haar verfingen. • Gestohlene Küsse in unbeobachteten Momenten und hektische Zusammentreffen zwischen staubigen Kisten im Lagerraum waren das, was ihre Beziehung während der Zeit auf der Moby Dick ausmachte. Alles war neu und aufregend und es war ganz leicht zu denken, dass es immer so sein würde. Leider waren die wenigstens Dinge für die Ewigkeit gemacht, Ace hatte das schon in jungen Jahren erfahren, aber es kam Marco jedes Mal vor, als würde das nichts an seiner Einstellung dieser Sache gegenüber ändern. • Unruhig lag die See unter ihnen. Die schwüle Hitze der letzten Tage hatte die Luft um sie herum mit einer Spannung aufgeladen, die sich bald in einem heftigen Sturm entladen würde. Auf dem Schiff und in ihren Gemütern tobte es bereits. Es fiel Marco schwer, die gleichmütige Maske aufrecht zu erhalten, die sein Gesicht war. Blaue Flammen züngelten immer wieder um die ansonsten blasse Haut seines Körpers und verrieten die innere Unruhe, den Zorn und die Wut. Er war kein aufbrausender Mann, aber die Ereignisse der letzten Tage hatten eine Grenze überschritten, von der er nicht gedacht hätte, dass sie so nah an der Oberfläche lag. Bevor er wusste, was er tat, stürmte er hinaus, weg von der Gruppe und der hitzigen Diskussion, weg von der dröhnenden Stimme seines Vaters und Aces sturem Gerede von Stolz, Verantwortung, Vergeltung und Rache und all diesen lächerlichen Idealen, die immer nur die besten Männer auf See das Leben kosteten. • „Ich werde gehen.“ Die Worte klangen seltsam leer in Marcos Ohren. Er war zu müde und zu alt, um sich wie ein kleiner, dickköpfiger Junge zu streiten. Er hatte alles gesagt, was zu sagen war, und Ace wollte nichts davon hören, sprach nur immer wieder von Ehre, Verantwortung und Pflicht, von Gerechtigkeit und Vergeltung. Marco schwieg und wandte seinen Blick nicht von der untergehenden Sonne ab, die glühend wie rotes Gold im Meer versank. Er konnte Aces Bewegungen nicht sehen, doch spürte er sie deutlich neben sich: Mit einem Seufzen stützte der Schwarzhaarige die muskulösen Unterarme auf die Rehling, lehnte sich nach vorn und war Marco plötzlich so nah, dass er seine Hitze auf der blassen Haut spüren konnte. „Könntest du mir wirklich sagen, dass du an meiner Stelle nicht die gleiche Entscheidung treffen würdest?“ Das Zwielicht der nahenden Dämmerung breitete sich stetig um sie aus und hüllte sie in einen brennenden Schleier von Rot und Gold, den Marco zuvor noch weit entfernt am Horizont bewundert hatte. Schwarze Wolken durchzogen den Himmel und bald würden sie alles Licht verschlucken. Natürlich konnte er das nicht. Hätte Teach mit seinen dreckigen Verräter-Fingern Hand an Aces Leben gelegt, würde Marco nicht ruhen, bis der Mistkerl dafür bezahlt hatte. Er würde ihn bis ans Ende der Welt und, wenn nötig, auch darüber hinaus verfolgen. Aber das war etwas anderes. Er war schon lange kein Kind mehr und wusste, was er tat und dass er von dieser Jagd vielleicht nicht in sein altes Leben würde zurückkehren können. Ace wusste das nicht. Zumindest wirkte es für Marco nicht so, als wäre er sich der Gefahr bewusst. Es war immer das gleiche mit der Jugend und mit Idealen und mit der Liebe, denn letztere war es wohl, die Marco zu einem egoistischen Idioten gemacht hatte. Er verfluchte sich selbst dafür und doch wähnte er sich gleichzeitig mehr denn je im Recht, als er es ein letztes Mal versuchen wollte. Er atmete tief ein, richtete sich auf und war bereit Ace wieder in die Augen zu sehen. „Du musst-…“ Die Worte verloren ihren Zweck, noch bevor er den ersten Satz zu Ende sprechen konnte, denn Ace war nicht mehr neben ihm und als Marco ein leises, resigniertes „Geh nicht“ in die klare, kühle Nachtluft hauchte, hatte er plötzlich das Gefühl, Ace niemals wiederzusehen. Ihm war nicht einmal aufgefallen, wie schnell die Dunkelheit das Dämmerlicht abgelöst hatte. • Die Nacht war kalt und klar. Thatch war tot, Ace fort und der Rum bitterer als sonst. Kapitel 3: Rote Glut -------------------- Es verging zu viel Zeit, bis er Ace zum nächsten Mal sah. Es war in der Nähe eines Wüstenlandes, die Luft war staubig und trocken, der Sand unter seinen Füßen eher steinig als weich, mit groben Körnern, die sich tief in seinen Rücken gruben, als Ace die Hände auf seine Brust stützte und sich langsam auf ihm niederließ. Ace warf den Kopf in den Nacken, leckte über seine trockenen Lippen und lächelte zufrieden, als er den blonden Mann tief in sich aufnahm. Marco stöhnte heiser, presste danach seine Lippen fest aufeinander, seine Finger gruben sich tief in die weiche Haut über Ace‘ Hüften und würden dort ganz sicher blaue Flecken hinterlassen. Er beobachtete das Zucken der Muskeln unter Aces Haut, verfolgte die Spuren feiner Schweißperlen, die sich ihren Weg über die breite Brust und den perfekten Bauch bahnten. • „Du bist sicher, dass du nicht mit mir zurückkommen willst?“ Sein Schiff lag nicht weit entfernt, er war allein zur Insel geflogen. Keiner der Anderen wusste etwas davon, Ace hätte das nicht gefallen. Ace ließ ihn nicht aus den Augen, ihm hatte das blaue Licht, das sich zärtlich um Marcos Körper schlängelte und immer greller wurde, je mehr er sich in einen Phönix verwandelte, schon immer gefallen, das wusste Marco. Dann strahlten seine Phönixflammen in vollem Glanz und zum zweiten Mal in dieser Nacht erhoben sie sich dem sternenklaren Himmel entgegen und er fühlte, wie Ace‘ verträumter Blick ihm auch jetzt noch folgte. • Das nächste Treffen fand in einem Gasthaus statt. Es roch nach Alkohol, Schweiß und schlechtem Essen. Eine Frau drängte sich gerade mit ihren Brüsten gegen Ace und lächelte verführerisch mit rotbemalten Lippen, als sie ihm etwas ins Ohr flüsterte. Marco fragte sich, wie oft so etwas eigentlich geschah und wie viele Male davon Ace darauf einging. Er hatte weder das Recht zur Eifersucht, noch war er je eifersüchtig gewesen, aber die Art wie ihre Finger über Ace muskulöse Arme strichen, gefiel ihm ganz und gar nicht. Mit langen Schritten durchmaß er den Raum und wich dabei den ausladenden Bewegungen  betrunkener Männer und den einladend-schwingenden Hüften schöner Frauen aus. Ace wusste längst, dass er dort war und trotzdem trieb er sein Spielchen weiter, strich der brünetten Frau eine Strähne ihres weichen Haares aus dem Gesicht, sie lächelte verlegen, lehnte sich weiter in die Berührung seiner Hand an ihrer Wange. Marco erinnerte sich nicht daran, wie genau es passiert war, aber Ace hatte etwas in ihm gereizt, dass ihn die Kontrolle verlieren ließ. Grob riss er den angetrunkenen Piraten auf die Beine, sah die geröteten Wangen, die glasigen Augen und schmeckte schließlich den Rum auf seinen Lippen. Aces Gespielin schlug die Hände vor ihren süßen Mund und sah sie aus verwirrten Augen an. Marcos freier Arm packte Aces Hüfte und zog ihn noch näher zu sich. Ace seufzte zufrieden und legte seine Arme um Marcos Hals. Es war ihr erster Kuss unter neugierigen Blicken und stillen Beobachtern. • Die Hände fest um Aces Handgelenke geschlossen, drückte Marco ihn tiefer in die staubigen Laken, während das Bett unter ihrem Gewicht ächzte. Hart küsste er den geöffneten Mund unter sich, heiß wie das Feuer, das in ihnen und um sie herum brannte. Die Luft war stickig und schwer, ihr Atem ging schnell und hastig. Die dumpfen Geräusche des Schankraumes waren kaum noch zu hören, verschwommen hinter dem Stöhnen und Keuchen ihrer eigenen Stimmen. „Ace“, rau und heiser rollte der Name seines Partners von seinen Lippen, als sie sich miteinander bewegten und er sich langsam in den dunkelbraunen Augen verlor, deren Blicke ihn Nacht für Nacht verfolgten. • Die dunkelroten Linien, die Ace Fingernägel auf seinem Rücken und seinen Schultern hinterlassen hatten, loderten wie warme Glut auf seiner Haut, auch noch, als er längst wieder auf seinem Schiff Stellung bezogen hatte. Er spürte ihr Nachglühen auch noch am darauffolgenden Tag, als der rote Shanks mit sicheren Schritten das Deck der Moby Dick überquerte. Marcos anfängliches Misstrauen der Intention des Kaisers gegenüber schlug nach wenigen Minuten bereits in unbehagliches Verständnis um: Shanks war hier, um mit Whitebeard über Ace zu sprechen. Er wollte, dass man ihn zurückrief, denn auch ihm war klar, dass mit Teach etwas im Argen lag. Es fiel ihm schwer, bei dieser Sache nicht auf der Seite des Roten stehen zu wollen. Mit jedem Wort, mit jedem Satz bestätigt sich das, was er vom ersten Augenblick an wusste, Ace war keineswegs bereit auf Blackbeard zu treffen. Und Shanks wusste das, genau wie Marco es damals schon gewusst hatte. Whitebeard musste es ebenfalls wissen, aber er weigerte sich, Shanks Bedenken Gehör zu schenken. • Das war der Mann, der Aces kleinem Bruder das Leben gerettet hatte und von dem Ace immer als Freund gesprochen hatte. Marco wusste nicht, was er von all dem halten sollte. • Der Kampf war so schnell wieder vorbei, wie er begonnen hatte. Shanks verließ das Schiff und Whitebeard blieb mit grimmigem Gesichtsausdruck zurück. Jozu sprach davon, dass selbst der Himmel sich unter der Wucht ihrer aufeinandertreffenden Schwerter gespalten hatte und Marco ließ der Gedanke nicht los: Dieser Riss ging tiefer als alles andere, es war ein Zeichen und kein gutes. • Alles kam, wie es kommen musste. • Diesmal war Ace nirgendwo zu sehen, als Marco am vereinbarten Ort eintraf. Die Gasse war spärlich beleuchtet und befand sich in einer kleinen Stadt, die von vorbeifahrenden Seeleuten lebte. Marco wartete seit mehr als einer Stunde und ein ungutes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Angst stieg in ihm hoch, ein Gefühl, das er seit vielen Jahren nicht mehr empfunden hatte und gepaart mit der Hilflosigkeit, in die ihn diese Situation zwang, war es fast unerträglich. Hart traf seine Faust die steinerne Wand hinter ihm. Die Haut sprang unter der Heftigkeit des Aufpralls auf und rotes Blut sickerte in feinen Linien seine Finger hinab, tropfte auf den schlammigen Boden und verlor sich im Regenwasser der Pfützen. Da war plötzlich kein Licht mehr im Dunkeln. Kapitel 4: Schwarze Asche ------------------------- „Warum habt ihr mich nicht aufgegeben? Es ist nur durch meinen Eigensinn so weit gekommen!“ • Jemanden gehen zu lassen und auf Befehl zu gehen, waren zwei verschiedene Dinge. Der Unterschied wurde in dem Moment klar, als Whitebeard erklärte, dass er es bereute, Ace auf die Jagd nach Teach geschickt zu haben. Der Himmel verfinsterte sich unter den zahlreichen Segeln, die um sie herum gehisst waren. Die Anspannung in seinen Muskeln passte zur elektrisierten Luft, die alles um sich herum auflud und bereit für die Explosion war. Er stand auf der Moby Dick neben Whitebeard und seine Augen sahen nichts anderes als Ace auf dem Schafott, bereit zur Hinrichtung. Sie würden das nicht zulassen. Ihr Vater hatte einen Krieg heraufbeschworen, jeden ihrer Verbündeten zu sich gerufen und alle hatten geantwortet. „Wir sind jetzt da. Überlass den Rest uns“, wollte er sagen und Ace endlich von dort wegholen und alles dafür tun, dass er die Zeit in Impel Down vergessen könnte. An seiner Statt sprach Whitebeard nun und danach versank Marineford in Kampfgeschrei und klirrenden Klingen, donnernden Kanonen und Pistolen. • Es gab nur den Weg nach vorn, in den Kampf oder in den Tod. Den Gedanken an ein Zurück hatten sie hinter sich gelassen, als sie innerhalb der Mauern von Marineford aufgetaucht waren. Marco kämpfte, rannte und flog. Er wich Kizarus Lichtschwertern aus und fühlte den gleißenden Schmerz kaum, wenn er doch getroffen wurde. In seinen Gedanken gab es nur ein Ziel: Ace lebend hier wegzubringen, alles andere verlor an Bedeutung. Er kam ihm näher und dann, als er fast dort war, riss ihn das Gewicht der Kairoseki-Handschellen in die Tiefe und Aces Gesicht verschwand für einen Moment vor seinen Augen. • Marco war noch nie so glücklich, wie in dem Moment, als er wieder neben Ace stehen konnte. Sie beide waren befreit von ihren Handschellen und für den Bruchteil einer Sekunde sah er dieses eine Lächeln auf den Lippen des Schwarzhaarigen, das nur für ihn bestimmt war. Hätte er gekonnt, wäre er ihm in die Arme gefallen, um ihn dann nie wieder loszulassen. Doch es herrschte Krieg und die Schlacht verlangte etwas anderes von ihm. • Ace floh mit seinem Bruder und Akainu war dich hinter ihnen, viel zu dicht. Jinbei kämpfte, verteidigte und versuchte mit allen Mitteln Zeit zu schinden. Marco war zu weit weg, wollte ihrem Vater helfen und konnte nicht an allen Orten gleichzeitig sein. Er bereute die Entscheidung nicht neben Ace gestanden zu haben, in dem Moment, in dem seine Zeit für immer stillzustehen schien. Er war zu weit weg, kam zu spät und konnte nichts mehr tun, um Ace zu retten - er starb in den Armen seines Bruders und heiße Tränen brannten in Marcos Augen. • Der metallische Gestank von Blut mischte sich mit dem Geruch von Schießpulver und Schweiß. Der Tod lag in der Luft und die Leichen guter Männer im Staub des Schlachtfeldes. Das Blut seiner Kameraden, seiner Freunde, seiner Familie färbte das Meer dunkelrot. Die Welt verbrannte vor seinen Augen und es blieb nichts weiter zurück als kalte, schwarze Asche. • Er dankte Shanks und hatte das Gefühl, das keines seiner Worte genug war. Die gesamte Crew des Roten half dabei, Gräber für die Gefallenen zu errichten. Ohne diese Hilfe wäre es zu schwer und einfach unmöglich gewesen. Marco sah den Rothaarigen lange an. Auch er hatte eindeutig etwas am Tag der Schlacht verloren. Er erinnerte sich, dass Ace sein Freund gewesen war und der Bruder seines Protegés. Er sah die Sorge, die in seinem Blick war, wenn er gedankenverloren auf Aces Grab starrte und den Respekt, den er für Whitebeard und jeden, der tapfer gekämpft hatte, empfand und war so unendlich dankbar, dass nicht noch mehr Menschen an diesem Tag hatten sterben müssen. Gleichzeitig ließen ihn allerdings auch Gedanken nicht los, die ganz und gar nicht dankbar und angebracht waren. Was wäre geschehen, wenn Shanks nur ein bisschen früher in Marineford angekommen wäre? • Was wäre, wenn er an Aces Seite gestanden hätte, als Akainu zum tödlichen Angriff ansetzte? Kapitel 5: Weiße Federn ----------------------- Marcos Welt hatte sich verändert, die Gräber auf dieser Insel bezeugten eine Ära, die einst seine gewesen und nun nicht mehr als ein Scherbenhaufen war. Wie gern hätte er Ace wenigstens noch einmal geküsst, ihn noch einmal in den Armen gehalten und seinen Namen geflüstert, wenn sie sich liebten. • Mittlerweile müsste die Zeit alle seine Wunden geheilt haben, doch der Verlust tat auch zwei Jahre danach noch so weh, wie am ersten Tag. • Es verging keine Nacht, in der Marco nicht wieder auf dem Schlachtfeld von Marineford stand und dann versagte er nicht. Jedes Mal rettete er Aces Leben. Jedes Mal gab es ein weniger trauriges Ende als das, was die Realität ihnen geschenkt hatte. Die gefallenen Kameraden sind eine schwere Last und die Schuld will ihm nicht von den Schultern weichen. • Sie ankerten vor der Insel auf der die Gefallenen des großen Krieges beerdigt waren, und gedachten ihrer auf eine Art, die Whitebeard und den anderen sicher gefallen hätte: Mit Fässern voller Rum und heißem Sake. Sie erinnerten sich an Geschichten der Vergangenheit, an riskante Abenteuer und gefährliche Schlachten, an Whitebeards Kampf mit Gol D. Roger, an Ace erste Tage auf der Moby Dick, an Little Oz’ Tapferkeit und an den Mut und die tiefe der Freundschaft, die ihn selbst mehr tot als lebendig noch weiterkämpfen ließ und an tausende von gemeinsamen Stunden, die sie als Familie verbracht hatten. Es war traurig, doch auch seltsam befreiend über diese Zeit zu reden und ihrer zu gedenken. Marco stand abseits, allein mit seinen düsteren Gedanken und einer Flasche Rum in der Hand. Auf jedem der Gräber ihrer ehemaligen Kameraden stand ebenfalls etwas zu trinken, denn sie tranken an diesem Abend gemeinsam auf alte Zeiten und er versuchte dabei mehr denn je, die Last der ungewissen Zukunft wenigstens für ein paar Stunden zu verdrängen. „Es ist auch meine Schuld“, hörte Marco eine Stimme neben sich sagen, die er seit ziemlich genau zwei Jahren nicht mehr gehört hatte. „Wenn ich Whitebeard damals überzeugt hätte, Ace zurückzurufen. Wenn ich nur etwas früher in Marineford gewesen wäre. Wenn ich den Kampf mit Kaido schneller hätte beenden können. Wenn Kaido gar nicht erst auf die Idee gekommen wäre, die Lage ausnutzen zu wollen. Wenn statt Akainu Kizaru oder Aokiji Ace und Ruffy verfolgt hätte. Wenn Ruffy nur ein bisschen früher in Impel Down eingefallen wäre. Wenn Ace nicht stehen geblieben wäre… Wenn du bei ihm gewesen wärst…“ Marco wusste, dass diese Liste kein Ende hatte. Es war nun zwei Jahre her und es gab immer noch Momente, in denen ihm neue Ideen, die einen anderen Ausgang des Kampfes gefordert hätten, in den Sinn kamen. „Vielleicht hätte irgendetwas davon die Geschichte verändert.“ „Vielleicht aber auch nicht.“ Marco wusste, dass Shanks Recht hatte und dass sein Selbstmitleid niemandem half, am wenigsten ihm selbst. Doch das ständige was-wäre-wenn war zu einem festen Bestandteil seines Denkens geworden und in einigen Nächten war das alles, was er hatte. „Wenn er nur mit seinem Bruder weitergelaufen wäre...“, antwortete Marco und klang dabei noch viel älter, als er eigentlich war. „Kannst du wirklich sagen, dass du an seiner Stelle, nicht genau die gleiche Entscheidung getroffen hättest? Wärst du in diesem Moment nicht stehen geblieben, um Whitebeard zu verteidigen?“ Marco schnaubte, lächelte dann und setzte die Flasche an die Lippen. Er nahm einen langen Zug und der Rum brannte sich langsam seinen Hals hinunter und wärmte sein Inneres. Es war nicht der Alkohol, der ihm die Tränen in die Augen treiben wollte, es war der Moment, in dem es sich anfühlte, als stünde er wieder auf der Moby Dick, die Arme auf der Rehling und Ace stand neben ihm, kurz bevor er verschwand. „Ich hätte nichts anders gemacht.“ Das hätte er schon damals sagen sollen. • „Die Narben, die dieser Mann uns allen zugefügt hat, werden niemals verblassen. Sie werden immer schmerzen und auch Vergeltung wird das nicht ändern können.“ „Aber es würde sich besser anfühlen.“ „Ach, Marco. Ist es nicht der Phönix, der auch aus der Asche immer wieder aufersteht? Du bist nun nicht mehr nur Kommandant der ersten Division, sondern Kapitän der ehemaligen Whitebeard-Piratenbande. Jetzt willst du vermutlich erst Recht nicht mehr bei mir anfangen, oder?“ Das Lächeln war seltsam ansteckend und Marco erinnerte sich daran, wie er diese scherzhafte Frage damals zu schroff und viel zu ernsthaft abgelehnt hatte. Natürlich würde er seine Crew nicht verlassen und Shanks wusste das damals wie heute. Aber gegen einen Verbündeten und einen Freund war nichts einzuwenden. Unter dem eisernen Blick Ben Beckmanns der etwas abseits stand, teilte der die Flasche Rum mit Shanks und sah dabei Aces Lächeln, wenn er nur die Augen schloss. Die Narben würden nicht verblassen, aber wichtiger waren die Erinnerungen, die er niemals vergessen würde: Das Feuer auf seiner Haut, eine warme Hand, die seine fest umschlossen hielt und Finger, die ihm sanft durchs Haar strichen, endlose Nächte und unvergessliche Momente, in denen Ace wundervolle Lippen auf seinen lagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)