Breve Fabula Fumiko Magicae von Alaiya (Die kurze Geschichte der Fumiko Magica) ================================================================================ Capitulum II: Puella Magi ------------------------- Immer wieder sah der ältere Arzt - Dr. Kanbara - auf die Ergebnisse des mittlerweile dritten Tests und dann zu Fumiko, die auf einem Stuhl im Besprechungszimmer der Station saß. Ihre Mutter, die neben ihr saß, schenkte dem Arzt einen fragenden Blick. „Was ist nun?“, erkundigte sie sich angespannt. Der Arzt schüttelte den Kopf und legte die hohe Stirn in Falten. „Ich kann es mir nicht erklären, Nagasaki-san“, meinte er schließlich, wobei er ein weiteres Mal den Kopf schüttelte, „aber die Blutwerte ihrer Tochter sind vollkommen in Ordnung.“ Sein Blick wanderte erneut zu Fumiko und sah sie mit unverhohlener Verwunderung an. „Ich kann es mir wirklich nicht erklären.“ Still erwiderte Fumiko seinen Blick und versuchte auch verwundert zu wirken. Ihre Hand war um einen Stein von oranger Farbe geklammert, den sie von dem seltsamen Wesen Kyubey erhalten hatte. Er hatte sie ermahnt den Stein stets bei sich zu tragen. Wäre er nicht gewesen, so hätte sie jenes Gespräch für einen Traum gehalten. Und doch... Es schien, als hätte das Wesen sein Versprechen erfüllt. Sie hatten es am nächsten Morgen erwähnt. Eine Schwester hatte ihr ihr morgendliches Insulin gespritzt, auch wenn sie verwundert war, dass ihr Blutzucker bereits wieder recht stabil war. Doch anstatt ihre Werte weiter zu stabilisieren, hatte sie diese erneut in den Keller getrieben. Als sie daraufhin untersucht worden war, hatten die Ärzte natürliches Insulin gefunden, und zwar in ausreichenden Mengen. Es folgten weitere Untersuchungen, die jedoch alle dasselbe Ergebnis hatten: Ihre Bauchspeicheldrüse war wieder gesund. Es war ein Wunder. Wie hatte dieses Wesen - wie hatte Kyubey dies vollbracht? „Also ist Fumiko gesund?“, fragte ihre Mutter nun ungläubig und sah den Arzt an, der seine dickrändrige Brille zurechtrückte. „Ja“, sagte er mit einem tiefen Seufzen. „Es sieht ganz danach aus.“ Mit einem Blick zur Seite bemerkte Fumiko, dass Tränen die Augen ihrer Mutter füllten. „Aber wie ist das möglich?“ Wieder schüttelte der Arzt den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Für einige Sekunden herrschte ein seltsames, ratlos wirkendes Schweigen in dem Zimmer, ehe es erneut Fumikos Mutter war, die die Stimme erhob. „Dann kann sie entlassen werden?“ Dr. Kanbara reagierte nicht sofort, nickte dann aber sehr langsam. „Ja, ich denke schon“, meinte er. „Ich sehe nichts, was dagegen spricht.“ Nur wenige Minuten später stand Fumiko auf dem Flur des Krankenhauses. Man hatte sie angewiesen zu warten, während ihre Mutter die Formalitäten regelte, und sie war froh, dass niemand Einwände dagegen gehabt hatte, dass sie das Zimmer verließ. Nun schlürfte sie durch den Flur, dessen linke Wand von zur kleinen Grünanlage des Krankenhausgelände ausgerichteten Fenstern durchsetzt war. Noch immer trug sie einen weißen Pyjama, wie immer wenn sie im Krankenhaus lag. Doch dies sollte das vorerst letzte Mal sein. Sie schlürfte weiter den Flur entlang und blieb schließlich vor einer der Ruhezonen, in der auch ein Getränkeautomat stand, stehen. Hier war die gesamte Wand verglast, so dass sie auf den sehr kleinen Park hinabsehen konnte. Es war ein Montagmorgen und es waren kaum Besucher hier. Langsam ging sie zum Fenster hinüber und sah hinaus. Nun, da sie gesund war, würde sich alles ändern... Oder? Sie öffnete die Hand und sah auf den halb durchsichtigen, eiförmigen Stein in ihrer Hand, der von einem goldenen Metall eingefasst war. „Seelenstein“ hatte Kyubey diesen Stein genannt. „Fumiko-chan?“, hörte sie eine schwache Stimme hinter sich. Erschrocken drehte sie sich herum und sah ein blasses Mädchen - etwa im selben Alter wie sie selbst - in einem Rollstuhl vor der offenen Tür des Ruhebereiches zu ihr herübersehen. Die Haare des Mädchens waren lang und schwarz und eine rot gefasste Brille saß auf ihrer Nase. „Homuhomu...“, murmelte Fumiko und sah dann zu der Schwester, die den Rollstuhl des Mädchens schob. Sie kannte dieses Mädchen schon länger, da sie, wie sie selbst und ihr Bruder, schon seit langer Zeit immer wieder in dieses Krankenhaus kam. Ihr Name war eigentlich Akemi Homura und sie war mit einem angeborenen Herzfehler auf die Welt gekommen, weshalb sie schon mehrfach operiert worden war. „Ich habe gehört, dir geht es besser?“, fragte das bleiche Mädchen. Mit einem etwas schlechten Gewissen sah Fumiko sie an. „Ja.“ Homura lächelte. „Das freut mich“, meinte sie freundlich. Unsicher erwiderte Fumiko ihr Lächeln, wusste aber, dass sie eher besorgt wirkte. „Und was ist mit dir?“ Auf diese Frage antwortete Homura nicht sofort. Sie reckte den Hals etwas, um sich zu der Schwester umzusehen, die etwas ungeduldig wirkte. „Nun, sie sagen, dass ich wahrscheinlich noch einmal operiert werden muss“, antwortete sie dann leise. „Tut mir leid“, flüsterte Fumiko. „Das muss es nicht“, antwortete Homura. „Vielleicht wird es danach ja besser gehen.“ Nach einem kurzen Zögern nickte Fumiko. „Ich drücke dir die Daumen.“ „Danke.“ Die Stimme des anderen Mädchens klang aufrichtig und sie sah lächelnd zu Fumiko, ehe die Schwester sie weiter in Richtung ihrer Station schob. Fumiko bemerkte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Dann jedoch folgte sie einem Impuls und lief auf den Gang hinaus. „Ich komme dich besuchen, Homuhomu“, rief sie dem anderen Mädchen halblaut hinterher. Dieses reagierte nicht, so dass sie sich nicht sicher war, ob sie es überhaupt gehört hatte. Mit einem weiteren Seufzen sah Fumiko auf den Seelenstein in ihrer Hand. Ob Kyubey auch Homura heilen konnte? Für einige Momente sah sie zu, wie der Stein im Licht der Sonne glitzerte. Sie hatte das Gefühl, das Licht würde durch ihn pulsieren, fast als wäre der Stein lebendig. War es vielleicht ein weiteres Wunder, das dieser Kyubey erzeugt hatte? Den Stein gegen die Brust gepresst, versprach sie, dass sie Homura besuchen kommen würde, damit diese nicht vollkommen allein war. Vielleicht konnte sie ja Mami und die anderen mitbringen? Sie lächelte leicht. Die drei Mädchen hatten sie am Samstagnachmittag besucht. Vielleicht hatte sie wirkliche Freunde gefunden... Der Lärm vieler Schüler schlug Fumiko am folgenden Tag entgegen, als sie das Schulgebäude betrat. Sie fühlte sich viel leichter als sonst, sicherer. Beschwingten Schrittes ging sie zwischen den anderen Schülern den Gang entlang und die Treppe zum zweiten Stock, in dem sich ihr Klassenzimmer befand hinauf. Sie konnte es kaum erwarten Mami und die anderen wiederzusehen. Zum Glück hatte sie nur einen Tag gefehlt. Als sie ankam saß Mami bereits auf ihrem Platz und schien in ein Buch vertieft zu sein. „Guten morgen, Tomoe-san“, begrüßte sie das Mädchen, als sie hinter ihm stand. Überrascht sah dieses sich um und sah sie an. „Du bist wieder da, Nagasaki-san?“, fragte es, ehe ihm auffiel, dass sie unfreundlich war. „Ich meine... Guten Morgen.“ Sie lächelte. Glücklich erwiderte Fumiko das Lächeln. „Ja, ich bin schon wieder da“, antwortete sie. „Ich bin gesund.“ Nun fiel ihr auf, dass Mami ihrem Blick unwillkürlich auswich. „Gesund?“ Mami wirkte verunsichert. „Du meinst, dir geht es besser, oder?“ Normal wäre Fumiko durch ihre Reaktion selbst verunsichert worden, doch heute, da sie so voller Hoffnung war, ließ sie sich nicht beirren. Natürlich hatte es sich nicht vermeiden lassen, dass Mami und die anderen beiden erfuhren, an welcher Krankheit sie litt, als sie von ihnen im Krankenhaus besucht worden war. „Nein“, sagte sie und lächelte. „Ich bin gesund.“ Für einen Augenblick schwieg sie. „Die Ärzte sagen, es sei ein Wunder“, ergänzte sie dann. Noch immer wirkte das andere Mädchen verunsichert. „Machst du einen Witz?“, fragte sie vorsichtig und eindeutig ungläubig. Fumiko schüttelte ihren Kopf. „Nein. Es stimmt wirklich. Die Ärzte können es sich auch nicht erklären, aber ich bin wieder gesund.“ Für eine Weile schwieg Mami und sah sie schließlich wieder an, wobei sie ihre Stirn runzelte. Als sie jedoch keine Spur von Schuld oder Zurückhaltung in Fumikos Gesicht entdecken konnte, lächelte sie schließlich. „Wirklich?“ Nun nickte Fumiko. „Ja. Wirklich.“ „Das ist ja unglaublich...“, murmelte Mami voller Verwunderung. „Ich weiß“, antwortete Fumiko. Mittlerweile hing der Seelenstein an einer Kette und wurde von ihrer Schuluniform verborgen. Der Stein fühlte sich überraschend warm auf ihrer Haut an, was sie in dem Eindruck, dass er lebte, noch mehr verstärkte. Wenn Kyubey die Macht hatte, ihre Krankheit zu heilen, vielleicht konnte er dann auch lebende Steine schaffen. Für einen Moment überlegte sie, Mami von dem seltsamen Wesen zu erzählen, ihr den Grund für die Wunderheilung zu verraten, doch dann verwarf sie den Gedanken. Vielleicht konnte sie ihr später davon erzählen, doch nicht jetzt; nicht hier. „Das ist wirklich unglaublich“, murmelte Itou Sayaki und sah auf den Käsekuchen, der auf dem Teller vor Fumiko lag. Eigentlich hatte ihre Mutter ihr noch immer kein Geld geben wollen, um sich etwas in der Schule zu kaufen, da sie selbst die Heilung noch nicht ganz glauben wollte. Doch letzten Endes war es ihr Vater gewesen, der heute morgen ausnahmsweise noch da gewesen war, als sie gefrühstückt hatten, und ihr etwas Geld gegeben hatte. Das rothaarige Mädchen antwortete nicht, da sie kaum Zeit zwischen den verschiedenen Bissen fand. Es war so lange her, dass sie etwas Süßes hatte essen können, ohne sich Gedanken um die Folgen machen zu müssen und ohne dass ihre Mutter sie böse dabei ansah. Und zumindest im Moment glaubte sie nie etwas so köstliches wie diesen Käsekuchen gegessen zu haben. „Ihr scheint es zu schmecken“, stellte Segawa fest und kicherte. „Jetzt mach dich nicht über sie lustig“, erwiderte Itou und sah ihre Freundin gespielt strafend an. „Mache ich gar nicht“, meinte das andere Mädchen grinsend. Fumiko griff nach dem Glas mit Cola, das vor ihr stand und nahm einen Schluck. Ihre Mutter hatte sie nie Limonaden trinken lassen. „Willst du wirklich heute nur Süßigkeiten essen?“, fragte Mami und klang dabei eher besorgt als belustigt. Anstatt zu antworten zuckte Fumiko, die schon wieder einen Bissen Käsekuchen im Mund hatte, mit den Schultern. „Ach, lass es ihr“, erwiderte Itou lächelnd. „Natürlich...“ Mami lächelte nun ebenfalls. „Ich meine nur... Man sollte es nicht übertreiben.“ Nun schluckte Fumiko. „Aber es schmeckt so gut“, meinte sie, ehe sie den nächsten Bissen nahm. „Pass nur auf, dass du nicht zu dick wirst“, lachte Itou und grinste sie an. „Ach was“, antwortete Fumiko. „Und selbst wenn...“ Sie nahm das letzte Stückchen, das von dem Kuchen übrig war und steckte es sich in den Mund. „Mir egal“, nuschelte sie dann mit vollem Mund. Segawa und Itou tauschten Blicke, ehe sie mit den Schultern zuckten. „Na ja, zumindest schmeckt es dir“, stellte Itou schließlich fest. „Auf jeden Fall.“ Fumiko grinste. So gut wie heute hatte sie sich seit Jahren nicht gefühlt. Noch immer leichten Schrittes ging sie die vom Licht der untergehenden Sonne beschienene Straße entlang, die nach Hause führte. An der Straßenbahnstation hatte sie sich von Itou und Mami verabschiedet, die noch etwas weitergefahren sind. Nun kramte sie einen Schokoriegel aus ihrer Tasche hervor. Sie wusste, dass ihre Mutter es nicht gerne sehen würde, selbst wenn sie nun gesund war. Also aß sie ihn jetzt, bevor sie nach Hause kam. Als Kind, bevor man die Krankheit festgestellt hatte, hatte sie ab und an immer etwas Schokolade von ihrem Vater bekommen, obwohl dieser selbst keine aß. Ihr Bruder und sie hatten wirklich Pech gehabt. So häufig wurde die Krankheit nicht vererbt und dass sie beide erkrankt waren, wäre eigentlich recht unwahrscheinlich gewesen. Und doch hatten sich bei ihnen beiden die Symptome schon früh gezeigt. Genussvoll biss sie in den Schokoriegel. Es war himmlisch, wie die Schokolade in ihrem Mund schmolz. So süß. Für einen Moment blieb sie stehen und atmete tief durch. Sie konnte endlich freier Leben. Mit anderen etwas essen - und ganz ohne Spritzen. „Fumiko-chan!“, hörte sie in dem Moment eine Stimme. Überrascht sah sie sich um, wer nach ihr gerufen hatte, als sie die Stimme erneut hörte. „Fumiko-chan!“ Ihr wurde klar, dass die Stimme in ihrem Kopf war, und dass sie jenem seltsamen Wesen gehörte, das sie geheilt hatte. „Kyubey?“, fragte sie laut, da sie nicht wusste, wie sie sonst mit ihm kommunizieren konnte. „Komm schnell“, wies die Stimme sie an. „Ich habe eine Hexe aufgespürt.“ Fumiko schreckte zusammen. Sie hatte schon fast den anderen Teil ihres Paktes vergessen. Sie würde als Puella Magi - wie das Wesen es genannt hatte - Hexen bekämpfen, die die Menschen bedrohten. Sie spürte etwas Angst in sich aufsteigen, doch dann versuchte sie sich zu beruhigen und klare Gedanken zu fassen. Kyubey hatte ihr magische Kräfte versprochen. Sie konnte kämpfen. Sie war nicht schwach. „Wo?“, fragte sie nun mit gesenkter Stimme. „Nicht weit von der Station, wo du ausgestiegen bist entfernt“, erwiderte das Wesen. „Komm schnell. Die Barriere wird sich bald öffnen, und dann könnte sich jemand verirren.“ Für einige Sekunden zögerte Fumiko. Doch dann griff sie nach dem Seelenstein unter ihrer Uniform und fasste sich ein Herz. Sie machte kehrt und rannte in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war. Sie lief durch die schmale Straße des abgelegenen Wohnviertels, an verschiedenen kleineren Einfamilien- und Apartmenthäusern vorbei, deren Mauern im Licht der Sonne schimmerten. Kyubey hatte sie gerettet. Immerhin hatte er sie geheilt. Ein Glück von dem andere nicht sprechen konnten. Sie dachte an Homura, die wohl ein weiteres Mal operiert werden müsste, und an ihren Bruder. Ja, sie hatte Glück gehabt, dass Kyubey ihr diese Möglichkeit gegeben hatte. Was würde es schon machen ein wenig zu kämpfen? Was konnte ihr passieren? Sie erinnerte sich an die Heldinnen, die sie früher in verschiedenen Anime bewundert hatte, als sie noch in die Grundschule ging. Diese hatten es immer geschafft ihre Gegner zu besiegen, weil sie magische Kräfte hatten. Und wenn Kyubey ihr magische Kräfte gab.... Wieso sollte es bei ihr anders sein? Wenn es Magie gab... „Nach links“, wies Kyubeys Stimme sie an. Sie folgte und bog in die nächste linke Seitenstraße ein. Hier, nahe der Station, standen die Häuser etwas enger, als in der Gegend, wo sie lebte. „In die nächste Gasse links“, hörte sie die Stimme erneut. Mittlerweile schon etwas atemlos bog sie ab und lief an der Seite eines Restaurants vorbei. „Jetzt nach rechts!“ Sie folgte der Anweisung und bog in eine weitere, sehr dunkle Gasse ein. Und dann spürte sie es. Sie konnte das Gefühl nicht genau beschreiben, aber es war, als wäre sie durch eine Mauer aus Eis gelaufen. Nun war sie auf einem kleinen Hinterhof angelangt, auf dem einige Müllcontainer, die offenbar zu einem Geschäft gehörten, standen. Hier, mitten auf dem Hof, stand Kyubey und starrte auf einen Fleck in der Luft. Sie folgte seinem Blick und erkannte, dass dort etwas pulsierte - etwas dunkles. Langsam kam sie näher. „Du bist da“, sagte Kyubey zu ihr und sah sie an. „Gut.“ Schwer schluckte Fumiko, als sie näher an den dunklen Fleck kam, der in der Luft zu schweben schien und dann sah sie auf einmal, nur für einen kurzen Augenblick, ein Bild. Seltsam verschwommene Krähen, die von einem skizzenhaft wirkenden Baum flogen. „Die Barriere hat sich bereits geöffnet“, meinte Kyubey nun und sah sie an. „Wir müssen uns beeilen.“ „Was... Was soll ich tun?“, fragte Fumiko leise. „Strecke deine Hand aus“, sagte das seltsame Wesen und warf ihr einen Blick zu. Sie tat, wie ihr geheißen und streckte die rechte Hand der pulsierenden Stelle entgegen. Da bemerkte sie auf einmal einen Ring an ihrem rechten Ringfinger. War er vorher schon dort gewesen? Auf dem Ring saß ein Stein in demselben Orange, wie der Seelenstein, den Kyubey ihr gegeben hattte. Plötzlich öffnete sich eine Art Tür vor ihr, die in einen schwarzen Gang zu führen schien. Sofort sprang Kyubey hinein. „Schnell.“ Sie folgte ihm. Nun glaubte sie, zu wissen, was sie zu tun hatte. Während sie Kyubey folgte, hielt sie die rechte Hand vor ihre Brust und der Stein im Ring leuchtete auf, worauf der Seelenstein an ihrer Brust reagierte. Das Licht umgab sie, während sie lief, für einen Moment, und als sie das nächste Mal an sich hinunter sah, hatte sich ihre Kleidung komplett verändert. Statt ihrer Schuluniform trug sie nun ein rüschenbesetztes Kleid, das einen puffartigen Rock hatte. Es schien aus rotem und rosanem Stoff zu bestehen. Beide Farben flossen in Streifen an ihr herab. Und während der Seelenstein nun als oberster Knopf in Gestalt einer Schleife auf ihrer Brust saß, war ihr Hals von einem dunklen Kragen umfasst. Sie trug ebenso dunkle Stulpen an Armen und Beinen. Ihre Füße steckten in roten Lackstiefeln und in ihrer Hand war etwas erschienen, was an eine Mischung aus einem Zepter und einem Zauberstab erinnerte. Da hörte sie ein lautes Krächzen und aus der Dunkelheit, die sich vor und hinter ihr erstreckte, kamen rote Punkte auf sie zu. „Was...“, begann sie vollkommen überrascht. „Das sind die Untertanen der Hexe“, antwortete ihr Kyubey auf die unausgesprochene Frage. „Wir sind in ihrem Labyrinth. Und wir müssen sie möglichst bald finden.“ „Was soll ich tun?“, fragte Fumiko verzweifelt, als die seltsam schattenhaft wirkenden Krähen mit ausgestreckten Krallen auf sie zukamen. Sie zuckte zusammen, als die ersten Krallen ihre Haut durchschnitten. „Nutze deine Kräfte!“, rief Kyubey. Eine weitere Krähe zerkratzte die schützend über den Kopf gehobenen Arme, während eine andere an ihren Zöpfen zog. Für einen Moment wollte sie weglaufen, doch dann dachte sie wieder an Homura und daran, dass vielleicht andere in Gefahr waren, wenn sie nicht kämpfte. Da leuchtete der Zauberstab in ihrer Hand auf, an dessen Spitze eine samtene Kugel saß. Diese sandte nun ein seltsam gleißendes Licht aus, das die seltsamen Krähen zumindest zurückschrecken ließ. Fumiko sah auf den Stab in ihrer Hand. Was war nun ihre Fähigkeit? Konnte sie wirklich zaubern? Sie schloss die Augen und ließ den Stab durch die Luft sausen und stellte sich vor, wie sie selbst Monster rief, die sie beschützten. Als sie die Augen wieder öffnete schossen Schlangen aus Licht aus dem oberen Teil des Stabs hervor und verschlangen die schattenhaften Krähen gänzlich, ehe sie selbst verblassten und schließlich gänzlich verschwanden. Während sie selbst noch ungläubig in der seltsamen Dunkelheit stand, lief Kyubey voraus, drehte sich dann aber zu ihr um. „Komm, Fumiko-chan. Wir müssen weiter“, sagte er mit sachlicher Stimme. „Je länger wir warten, desto stärker wird die Hexe werden.“ Nach einem kurzen Zögern nickte das Mädchen und lief dem Wesen hinterher, dessen weißes Fell wie ein blendend helles Licht in ihrer beinahe komplett schwarzen Umgebung wirkte. „Hier kommen sie wieder“, warnte Kyubey sie vor. Tatsächlich konnte sie im nächsten Moment wieder das Krächzen der Krähen hören, zögerte dieses Mal jedoch nicht. Wieder schwang sie den zepterartigen Stab durch die Luft und dieselben Schlangen erschienen, um den unheilsvollen Vögeln entgegen zu schweben und sie zu verspeisen. Im Licht ihrer Schlangen fiel Fumiko etwas auf. „Die Kratzer sind schon verheilt...“ Ungläubig starrte sie auf ihre Arme. Kyubey sah sie nur kurz an. „Natürlich. Du heilst schneller, sogar schneller als andere Puella Magi, da dein Wunsch ein Wunsch der Heilung war.“ Dies sagte das Wesen in einem so sachlichen Ton, als wäre es komplett natürlich. Nun, vielleicht war es das auch für Kyubey. „Nun komm schon. Beeil dich.“ So liefen sie weiter und langsam begann der seltsame Gang weiter zu werden und seltsame rote Schlieren zierten nun die weiterhin schwarzen Wände. Rote Schlieren, die erschreckende Ähnlichkeit mit Blut hatten. Es lief Fumiko kalt den Rücken herunter und sie schüttelte sich. „Sei vorsichtig“, warnte Kyubey. „Wir kommen näher...“ Da kamen sie auf einmal in einen Raum - eine Art Saal, der komplett rund zu sein schien. Auch seine Wände waren von Schlieren durchzogen und dort waren Türen, drei an der Zahl, die gräulich schimmerten und von demselben Rot gerahmt waren. Auch die vier Fackeln - jeweils zu den Seiten der Türen - brannten in diesem Rot, wobei das rötliche Licht jedoch kein wirkliches Feuer zu sein schien. „Wo muss ich lang?“, fragte Fumiko leise. Kyubey lief an allen drei Türen vorbei, sah sie jeweils an und legte dann den Kopf zur Seite. „Ich kann es nicht sagen.“ Diese Feststellung ließ das Mädchen zusammenzucken. Ihr Herz hämmerte angstvoll. „Was soll ich dann tun?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Entscheide dich selbst“, erwiderte das seltsame Wesen. Ungläubig sah Fumiko Kyubey an, fast als würde sie erwarten, dass er einen Scherz machte. Doch als er kein Anzeichen zeigte, dass er dergleichen tat, wandte sie sich den Türen zu. Was lauerte hinter ihnen? Und was würde passieren, wenn sie die falsche Tür wählte? „Folge einfach deinem Instinkt“, schlug Kyubey ihr nun vor. Kurz warf sie ihm einen Blick zu, sah dann wieder zu den Türen. Schließlich ging sie auf die mittlere der drei Türen zu und streckte die Hand aus. Wonach wusste sie nicht, dann eine Klinke oder einen Türknauf konnte sie nirgends entdecken. Doch genau einen Moment, bevor sie die Tür berühren konnte verschwand diese auf einmal und einen Augenblick später schossen dornenbehaftete Ranken aus dem sich ergebenden Hohlraum hervor und schlangen sich um Fumiko herum. Noch ehe sie auch nur schreien konnte, wurde sie in die tiefe Dunkelheit hinter der Türöffnung gezogen, wo sich immer mehr Dornenranken immer enger um sie schlangen. Sie spürte die Spitzen der Dornen in ihre Haut schneiden, in ihr Fleisch. Tränen schossen in ihre Augen. Was sollte sie machen? Sie konnte sich ja nicht mal mehr bewegen. Nur das Zepter hielt sie noch immer umklammert. „Kyubey, hilf mir“, keuchte sie, bevor sich eine weitere Ranke auch um ihren Hals schlang. Sie bekam keine Luft mehr. Aus der Dunkelheit vor sich sah sie ein großes Wesen erscheinen. Es erinnert entfernt an eine Frau und war in ein dunkelrotes, aber halb zerfetztes Kleid gehüllt. Ein Schleier verdeckte das an einen Schädel erinnernde Gesicht nur knapp zur Hälfte und unter dem Kleid schienen weitere Ranken hervor zu wachsen. Fumiko hatte bereits im ersten Moment keinen Zweifel: Dies war die Hexe. Doch als sie dies erkannte schlangen sich die Ranken noch enger um sie, schnitten noch tiefer in ihr Fleisch. Würde sie so sterben? Wo war Kyubey? Von Angst und Schmerzen erfüllt kniff Fumiko ihre Augen zusammen. Konnte sie noch überhaupt irgendetwas tun? Oder sollte sie sich einfach ihrem Schicksal ergeben? Da schoss ihr ein Bild durch den Kopf. Es war die Erinnerung an Homura, die wohl noch immer im Krankenhaus lag und nicht von Kyubey geheilt worden war. Und die Erinnerung an ihren noch immer kranken Bruder. Konnte sie so einfach aufgeben? Und da durchzuckte sie ein Gedanke: Feuer. Es war vollkommen intuitiv, doch konnte es sein, wenn diese Hexe Pflanzen und Dunkelheit verkörperte, dass sie von Feuer geschwächt wurde? Tatsächlich drang auf einmal der flackernde Schein eines Feuers durch die Lider ihrer Augen und als sie diese öffnete, sah sie verschwommen Flammen, die die Ranken empor züngelten. Hatte sie diese etwa selbst beschworen? Als die Ranken sich um sie herum lockerten, machte ihr Herz einen Hüpfer. Schließlich ließen die Ranken sie ganz los und sie fiel zu Boden, wo sie für einen Moment keuchend liegen blieb. Noch immer standen einige der Ranken in Flammen. Doch gerade, als Fumiko wieder aufsah, schossen auf einmal weitere Dornenranken auf sie zu, so, als wollten sie sie dieses Mal nicht einfach umwickeln, sondern direkt durchstoßen. Natürlich. Die Hexe wollte sie umbringen. Auf einmal wurde sie von einer heißen, verzehrenden Wut durchflutet. „Brenne“, flüsterte sie und sah mit hasserfülltem Blick zu dem sicher sieben Meter großem Ungetüm. „Brenne!“ Die Schlangenwesen, die nun aus ihrem Zepter hervorkamen, schienen aus Feuer zu bestehen. Sie verschlangen die Ranken, die Fumiko angriffen und schossen dann weiter zu der Hexe, deren Kleid sie ebenfalls in Brand steckten, während sie sich um sie schlängelten. Ein seltsamer, kalter und von weit her kommender Schrei erfüllte die Dunkelheit und dann, sehr langsam, sank die Gestalt der Hexe in sich zusammen. Die Dunkelheit begann zu flackern und dann, vollkommen unvorbereitet, stand Fumiko auf einmal wieder auf jenem Hinterhof, wo sie das dunkle Portal gesehen hatte. Die magische Kleidung war verschwunden und stattdessen trug sie nun wieder ihre Schuluniform. Kyubey hockte neben ihr auf dem Boden. Bevor sie ihn jedoch anfahren, ihn fragen konnte, wo er gewesen war, fiel ein rundlicher kleiner Gegenstand zu Boden. Sie bückte sich und hob ihn auf. Es war ein seltsamer, beinahe komplett runder Anhänger aus dem zwei Stacheln hervorschauten. „Das ist ein Kummersamen“, erklärte Kyubey. „Das Herz der Hexe...“ Er sah zu ihr auf. „Du kannst ihn verwenden, um deinen Seelenstein zu reinigen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)