I was born to serve you, Arthur! von DoctorMcCoy (OS-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 3: Warum? ----------------- Jedes Mal, wenn er sie sah, schoss ihm das gleiche Wort durch den Kopf. Warum? Warum tat sie das alles? Warum hatte sie sich gegen sie gewandt? Und warum schien nichts mehr von Bedeutung zu sein, was sie alles zusammen erlebt hatten? Arthur fragte sich manchmal, ob er etwas hätte anders machen können. Ob er es vielleicht früher hätte bemerken können, dass mit Morgana etwas nicht stimmte, und vielleicht vernünftig mit ihr hätte reden können? Möglicherweise wäre gar nicht mehr nötig gewesen. Aber diesen Hass, den er nun jedes Mal in ihren Augen sah, wenn sie sich gegenüber standen, brach ihm immer wieder erneut das Herz. Was hatte er getan, dass sie ihn so sehr verabscheute? Was hatte er falsch gemacht? „Morgana“, kam es leise über seine Lippen. Sein Ton war nicht böse oder vorwurfsvoll, nur müde, nach all dieser Zeit. Für all das, was Morgana ihnen bereits angetan hatte, müsste er sie eigentlich hassen und sie tot sehen wollen, aber das tat er nicht. Das konnte er nicht, denn sie war immer noch seine Schwester. Sie war das Mädchen, mit der er aufgewachsen war, mit der er so viele gemeinsame Stunden verbracht hatte, gute und schlechte Zeiten. Etwas, was man nicht so schnell vergaß, selbst nicht nach so einem Verrat, wie Morgana ihn begangen hatte. „Wieso tust du das?“, wollte Arthur wissen und glaubte, diese Frage schon so oft gestellt zu haben. Kurz ließ er seinen Blick schweifen. Seine Männer waren alles bewusstlos, selbst Merlin lag regungslos auf dem Waldboden. Hinter Morgana hingegen standen noch ein halbes Dutzend kampfbereite Soldaten, die sie wohl nicht nötig gehabt hätte. Merlin und seine Ritter waren mit einem Schlag ihrer Macht kampfunfähig gewesen. Eine Sache, die Arthur immer noch entsetzte. Diese Kraft, die Morgana besaß. Magie. Wenn er dies seinem fünf Jahre jüngeren Selbst erzählen würde, hätte dieser nur amüsiert aufgelacht. Morgana und Magie, das war einfach undenkbar. Doch nun stand sie hier, vor ihm. So machtvoll, eine der mächtigsten Zauberer, die Camelot wohl je erlebt hatte. Morgana trat einen Schritt näher an ihren Bruder heran, ein kaltes Lächeln auf ihren Lippen. „Du weißt wieso“, war Morganas einzige Antwort auf seine Frage. Arthur nickte. Sie hatte es ihm bereits einmal gesagt. Sie kannte ihre Motive. Sein, oder besser gesagt, ihr Vater war wohl der Hauptgrund. Die Gesetze von Camelot waren die Probleme und dennoch glaubte Arthur nicht, dass dies der einzige Anlass für ihr Handeln sein konnte. Morgana hatte ihm nicht einmal die Zeit gelassen, sich als König zu bewehren, bevor sie erneut versucht hatte, Camelot zu erobern. Vielleicht hätte er Dinge geändert, vielleicht nicht. Im Nachhinein hatte er es nicht getan, aber was hätten die Leute gedacht? Er konnte nicht einfach mal dieses Gesetz außer Kraft setzen, dass sein Vater aus gutem Grund erhoben hatte, besonders nicht in diesen Zeiten, wo eine mächtige Zauberin schon mehrmals versucht hatte, Camelot zu erobern. Sein Volk hätte ihm nicht mehr vertraut, hätte seine Handlung hinterfragt. Im Grunde genommen hatten Morganas Taten dazu geführt, dass ihm die Hände gebunden waren. „Wieso tust du das?“, wiederholte er seine Frage von vorhin. Eine richtige Antwort hatte er darauf noch nicht bekommen, zumindest keine, die er sich wünschte. Er wollte eine Erklärung, die ihm alles verständlich machen würde. „Hasst du uns wirklich so sehr?“ „Du hast keine Ahnung, Bruder!“ Morganas Stimme war eiskalt und trotzdem glaubte Arthur auch ein wenig Schmerz darin zu hören, aber er könnte sich auch irren. Er hoffte jedoch nicht, dass er es tat, denn dies wäre ein Zeichen, dass sie nicht vollkommen verloren war, dass sie nicht durch und durch von Hass erfüllt war. „Dann klär mich auf“, verlangte er in einem Ton, den er sonst nur in seiner Tätigkeit als König benutzte. „Ich will wissen, was ich falsch gemacht habe.“ Morgana lachte kurz auf und sah ihren Bruder fasziniert an. Selbst in dieser Situation gab er noch Befehle, dabei musste er doch wissen, was gleich geschah. Seine Männer waren am Boden, er war mehr als eindeutig in der Unterzahl. Er würde sterben und verlangte dennoch Antworten. Etwas, was er eigentlich nicht verdient hatte, aber andererseits sollte man einem sterbenden Mann seinen letzten Wunsch auch nicht verwehren. Einen weiteren Schritt ging sie auf Arthur zu. Immer noch mit hoch erhobenen Haupt. Sie strahlte dabei so viel Macht und Stolz aus, dass Arthur sich unwillkürlich an seinen Vater erinnert fühlte. Im Nachhinein fiel es ihm nicht schwer, in Morgana die Tochter von Uther Pendragon zu sehen. „Dann will ich dir diesen Gefallen tun, Bruder. Setz dich“, forderte sie ihn auf. Arthur kam gar nicht dazu, ihrer netten Bitte nachzukommen. Bevor er sich überhaupt bewegen konnte, sah er schon, wie sich ihre Augen gold färbten, und er spürte eine Macht, die ihn zu Boden drückte. „Das wäre nicht nötig gewesen“, raunte er beißend. Zu der Überraschung des Königs setzte sich Morgana ihm gegenüber auf den Waldboden, machte eine Handbewegung zu ihren Männern und befahl: „Lasst uns alleine!“ Ihre Soldaten hörten aufs Wort und waren bald aus Arthurs Sichtfeld entschwunden. Er zog eine Augenbraue hoch. Auch wenn er sich eine Aussprache immer gewünscht hatte, kam es ihm jetzt doch etwas merkwürdig vor, dass sich Morgana ganz entspannt zu ihm setzte und reden wollte. Ob es vielleicht nur ein Trick war? „Ich werde dir meine Geschichte erzählen, bevor ich dich umbringe.“ Okay, das klang schon eher nach der Morgana, die sie mittlerweile war. Aber Arthur hatte so oder so damit gerechnet, diese Begegnung nicht zu überleben. Seine Männer lagen alle bewusstlos hinter ihm, also hatte er keine Unterstützung und alleine würde er es nicht mit seiner Schwester aufnehmen können. Langsam wurde die Sorge ein wenig größer, da sie sich noch nicht geregt hatten. So lange dürften sie nicht bewusstlos sein. Arthur blickte noch einmal kurz über seine Schulter, bevor er sich wieder Morgana zuwandte. „Was ist mit meinen Männern und Merlin? Was hast du mit ihnen gemacht?“ „Keine Sorge, sie schlafen nur. Heute liegt mein Interesse nur bei dir, Arthur. Ich habe kein Bedürfnis, auch noch sie zu töten.“ Das war genug für Arthur. Er nickte. „Gut.“ Dann konnten sie ja jetzt zum spannenden Teil kommen. Eigentlich war es Arthur gleich, wieso Morgana plötzlich so offen war. Er war nur froh, dass sie sich dazu entschieden hatte. „Also? Wieso?“ Morgana überlegte kurz, wie sie es verständlich machen konnte. Bei den Worten, die ihr in den Sinn kamen, lächelte sie kaltherzig. „Weil eine Stadt wie Camlot es nicht verdient hat von einem König wie dir oder Uther regiert zu werden.“ Arthur schluckte. Die ersten Worte waren schon hart. Wollte er wirklich noch mehr hören? Vielleicht wäre es doch besser auf der Stelle zu sterben. „Uther hatte es verdient von Magie in die Schranken verwiesen zu werden. Er hatte allen magischen Wesen den Kampf angesagt und hatte keine Ahnung, mit welcher Macht er sich da angelegt hatte. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel Kraft ich habe, Arthur. Ich könnte nicht nur Camelot regieren, sondern alle Königreiche.“ Fassungslos schüttelte Arthur den Kopf. „Hörst du dir selber einmal zu, Morgana? Du bist besessen von Macht. Du lässt dich von ihr leiten, hinterlässt dabei aber nur einen Weg von Zerstörung.“ „Da liegst du falsch, Arthur. Ich bin nicht besessen von Macht. Ich bin Macht. Andslyht“, wisperte sie leise, woraufhin plötzlich die stille Luft um sie herum von Wind erfüllt wurde. Die Blätter auf dem Waldboden fingen an, in die Luft zu wehen und zu tanzen. Erstaunt blickte sich Arthur um. Wahrlich mächtig, das musste er zugeben, aber auf eine gewisse Weise war es sogar schön. Doch dann erinnerte er sich wieder, was Morgana bisher mit ihrer Magie angestellt hatte und belehrte sich eines Besseren. So etwas konnte nicht schön sein. Arthur holte einmal tief Luft. „Ich weiß, wozu du im Stande bist, Morgana.“ Seine Stimme klang nach schmerzenden Erinnerungen. Die vielen unschuldigen Menschen, die Morgana auf den Gewissen hatte, konnte Arthur immer noch nicht vergessen. „Aber was hat dich dazu verleitet? All diese unschuldigen Menschen, Morgana?“ „Sie sind nicht unschuldig“, spuckte sie dem König entgegen. „Sie hätten mich getötet, so wie ich sie getötet habe. Magie ist verboten. Jeder Bürger von Camelot hätte mich verraten und somit mein Schicksal besiegelt.“ Arthur sah sie geschockt an. Glaubte sie das etwa wirklich? Ja, Magie war verboten und jedem, der sie benutzte, stand die Todesstrafe zu, aber war sie wirklich davon überzeugt, dass jeder in Camelot sie verraten hätte? Wie konnte sie nur so werden? Was hatte sie so verändert? Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie das Volk geliebt und anders herum war es genauso gewesen. Das konnte nicht einfach verschwinden, selbst nicht über den Hass hinweg, den sie für Uther empfand. „Was hat Morgause nur mit dir angestellt?“, kam es ganz automatisch über seine Lippen, bevor Arthur überhaupt bemerkt hatte, was er dort gesagt hatte. Bisher hatte er die Schuld für Morganas Verhalten immer bei sich gesucht, hatte immer geglaubt, dass er etwas falsch gemacht hatte, aber vielleicht war dies gar nicht der Fall. Seit Morgana von Morgause entführt worden war, war sie nicht mehr die Alte gewesen. „Wie kannst du es wagen?“ Morganas Stimme erhob sich, Arthur fühlte nur noch einen Luftzug, bevor er halb schleifend, halb fliegend über den Waldboden befördert wurde. Kurz neben Merlin kam sein Körper zum Stillstand. Arthur stöhnte auf und sein Blick fiel auf seinen Diener. Merlin schlief seelenruhig, als ob es ein ganz normaler Tag wäre, an dem man sich keine Sorgen machen musste. Kurz flammte Zorn in Arthur auf. Merlin war immer da, immer an seiner Seite und in diesen Situationen wusste er meistens sogar das Richtige zu sagen und war nicht der Idiot, der er sonst immer zu sein schien. Er war immer da, um ihm zu helfen und nun schlief er hier tief und fest. Aber Arthur konnte ihm keinen Vorwurf machen, wie ihm nun wieder einfiel, schließlich konnte Merlin nichts für seinen Zustand. Das war Morganas Werk – mal wieder. „Wie ich es wagen kann, Morgana?“ Arthur erhob sich wieder und sah nun zum ersten Mal an diesem Tag mit Hass zu seiner Schwester hinüber. „Ich versuche nur zu verstehen, wieso du dich so verändert hast. Wieso du das alles getan hast“, platze es aus ihm heraus. „Du warst einmal so eine liebenswerte Person, die das Wohlbefinden von Anderen immer vor das Eigene gestellt hat. Du hast Mordred tagelang vor unserem Vater versteckt, du bist Merlin nach Ealdor gefolgt, als dieses in Gefahr schwebte. Du hast so viel für uns getan und nun sieh dich an. Sieh, was aus dir geworden ist.“ Arthur schluckte und musste eine Träne verhindern, die sich aus seinen Auge stehlen wollte. „Ich kann mir keine andere Erklärung als Morgause vorstellen, wirklich nicht.“ Seine Stimme war wieder leiser geworden. Arthur war nicht gerade stolz auf seinen Ausbruch, aber er war nur noch verzweifelt, konnte es nicht mehr ertragen, Morgana so zu sehen, besonders da sie es selber einfach nicht wahrhaben wollte. Sie war auf den falschen Weg geraten und das bemerkte sie einfach nicht. „Morgause ist die einzige Person, die mich je verstanden hat. Die einzige richtige Familie, die ich je gehabt hatte.“ Die Erinnerung an Morgause schmerzte bitterlich. Viel zu wenig Zeit hatte Morgana mit ihrer Schwester verbringen dürfen, bevor sie ihr brutal genommen worden war. Von einem einfachen Diener. „Und was ist mit mir?“, fragte Arthur nüchtern. Etwas verwirrt blickte Morgana in seine blauen Augen. Sie öffnete den Mund, aber kein Laut kam über ihre Lippen. „Denkst du nicht, dass ich dich verstanden hätte?“, machte Arthur weiter, seine Chance sehend. Langsam schritt er wieder zu Morgana hinüber und bückte sich vorsichtig zu ihr herunter, da sie immer noch auf dem Boden saß. „Wir waren wie Geschwister, selbst bevor ich es wusste. Denkst du wirklich, ich hätte dich verstoßen, an Vater ausgeliefert, wenn ich dein Geheimnis erfahren hätte?“ Morgana schüttelte den Kopf, ungläubig und zerstreut. „Aber-“, begann sie und brach sofort wieder ab. „Wieso bist du nicht einfach zu mir gekommen?“, fragte er schließlich ganz offen und blickte ihr genau in die Augen. „Ich hätte dir geholfen.“ Morgana blickte ihn immer noch nur an, fast schon wie versteinert saß sie da, unfähig, sich zu bewegen oder etwas zu sagen. „Uther hätte mich umgebracht“, fand sie schließlich ihre Stimme zurück. „Und ich hätte es nicht zugelassen“, beharrte Arthur und packte sie an den Schultern. „Morgana, das wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ich mich gegen meinen Vater gestellt hätte und für dich hätte ich es immer getan. Ich hätte nicht einfach tatenlos daneben gestanden und zugesehen, wie er dir den Kopf abschlägt.“ „Ach wirklich?“ In Morganas Augen blitzte wieder Zorn auf. Die vorübergehende Verwirrung schien verschwunden. „Du hast so oft daneben gestanden und hast nichts gesagt, wenn er einen Zauberer mal wieder zum Tode verurteilt hatte.“ „Das ist das Gesetz, Morgana. So ist es nun einmal. Magie ist verboten.“ „Und ich besitze Magie, Arthur. Ich kann nicht vergessen, was Uther immer wieder getan hat, noch kann ich ihm verzeihen, wie viele unschuldige Menschen er getötet hat und ich weiß ganz genau, dass du genauso sein wirst. Wenn das Gesetz nicht abgeschafft wird, hast du keine andere Wahl.“ Sie erhob ihren Kopf, strahlte wieder den Hochmut und die Macht aus, die sie von ihrem Vater geerbt hatte. „Und du bist nicht stark genug, um so viel zu ändern. Diese Stärke hast du nicht von unserem Vater geerbt. Du wirst ihm weiter folgen, aber ich schlage einen neuen Weg ein. Unter mir wird Camelot ein neues Zeitalter erleben. Ein Zeitalter, in der Magie gefahrlos praktiziert werden darf. Wo jeder das sein darf, was er will.“ „Aber du tötest hundert, tausende Menschen auf den Weg dahin“, ging Arthur dazwischen. Das Gespräch hatte sich nicht so entwickelt, wie er gehofft hatte. Eben war es so gut gelaufen und dann hatte er anscheinend etwas falsches gesagt. „Man kann kein Königreich auf Blut aufbauen. Das ist einfach falsch.“ „Und was hat Uther gemacht?“, zischte Morgana drohend. Arthur schluckte. Sie hatte Recht. Auch ihr Vater hatte Blut vergossen, hatte all diese Zauberer umgebracht, ohne auch nur zu Zucken. Nicht nur Männer, auch Frauen und Kinder waren in diesen Zeiten gestorben. Menschen, die vermutlich genauso unschuldig waren, wie die Menschen, die Morgana bereits auf dem Gewissen hatte. Trotzdem war es falsch. Arthur hieß die Taten seines Vaters nicht gut, das tat er schon lange nicht mehr. „Dann bist du nicht besser als unser Vater, Morgana.“ Seine Miene war ausdruckslos, aber es tat ihm im Herzen weh, diese Worte auszusprechen, besonders da er nun realisierte, dass es keine Hoffnung mehr für Morgana gab. Sie hatte ihren Weg gewählt und es gäbe wohl niemanden mehr, der sie wieder zur Besinnung bringen konnte. „Das Gleiche könnte ich von dir sagen, Bruder“, sagte sie kaltherzig, stand auf und blickte nun erhobenen Hauptes auf König Arthur hinab, der immer noch auf dem Boden hockte, weil er versucht hatte, in ihr Gefühle zu wecken, die schon lange nicht mehr existierten. Morgana fühlte nichts mehr für ihren Bruder, für Gwen oder für Merlin. Sie waren ihr nur noch ein Dorn im Auge auf dem Weg, den sie gewählt hatte. Waren nur noch ein Hindernis zu ihrem Ziel. Wenn erst Arthur tot war, wäre es ein Leichtes Camelot zu erobern und endlich auch das Vertrauen des Volkes zu gewinnen. Mit ihrem König tot, hätten sie sonst niemanden mehr, der sie beschützte. Sie hätten keine andere Wahl als ihr Treue zu schwören. Es würde alles gut werden. Auf Morganas Lippen legte sich wieder ein Lächeln, kalt und emotionslos. Sie hob ihre Hand und streckte sie Arthur entgegen. „Warte“, bat er und blickte zu seiner Schwester auf. Wieso sie seiner Bitter nachkam, wusste er nicht, aber es war ihm auch gleichgültig. Er wollte sie nicht von ihrer Tat abhalten, aber er wollte noch ein paar Worte loswerden, denn er konnte es nicht ertragen, das sein vorheriger Satz das Letzte sein sollte, was ihm über die Lippen kam, so viel Überwindung, wie es im von Vornherein gekostet hatte. „Es tut mir leid“, sagte er schließlich und beugte etwas den Kopf. „Es tut mir leid, dass du das Gefühl hattest, mit deinem Problem nicht zu mir kommen zu können und stattdessen bei Morgause gelandet bist. Es tut mir leid, dass sie dich mit ihrem Hass angesteckt hat und dass ich es nicht geschafft habe, dir zu vermitteln, dass ich nicht wie mein Vater bin und auch nie so sein will.“ Nun hob er seinen Kopf und blickte zu Morgana auf. Seine Augen waren feucht von den Tränen, die sich anstrengten aus seinen Augen zu entkommen. „Es tut mir leid, dass ich nie ein richtiger Bruder für dich war.“ Damit war er still, brachte kein Wort mehr über seine nun bebenden Lippen. Er hatte gesagt, was er sagen wollte. Nun könnte sie mit ihm machen, was sie wollte. Er war bereit! „Arthur?“ Der Klang seines Namen drang leise an sein Ohr, aber der Laut kam nicht von der Zauberin vor ihm. Sie kam von hinten und er kannte diese Stimme gut genug, um sie sofort zu erkennen. Mit leichtem Entsetzen drehte er sich halb um und sah, wie Merlin sich regte. Natürlich war er erleichtert, dass es ihm gut ging, aber gerade jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, dass er aufwachte. Er schalte sich selber dafür, dass er eben sogar noch zornig gewesen war, dass sein Diener seelenruhig schlief. Jetzt wünschte er sich nichts lieber, als dass Merlin wieder seine Augen schließen würde. Arthur wollte nicht, dass ihm etwas geschah und gerade sah die Situation mehr als schlecht aus. Der König glaubte Morgana, dass sie ihren Männern nichts getan hätte, es war einfach nicht nötig, aber Merlin neigte dazu, dumme Sachen zu machen, besonders wenn es darum ging, ihn selber zu beschützen. Und in diesem Fall würde Morgana wohl nicht zögern, auch Merlin zu töten. Arthur musste schnell handeln. „Bring es hinter dich“, forderte er auf und streckte seine Arme von sich, präsentierte somit seinen Körper, sodass Morgana nur noch zuschlagen musste. „Nein!“, schrie Merlin, als er soweit zu sich gekommen war, dass er erfassen konnte, was gerade um ihn herum vor sich ging. Er sah, wie sein Herr vor Morgana kniete. Ihm war bewusst, dass ihm nur noch Sekunden blieben, bis es zu spät war. Mühevoll, immer noch angeschlagen, rappelte Merlin sich auf. Ihm blieb jetzt keine andere Wahl, aber das zählte in diesem Moment nicht. Merlin hatte immer befürchtet, dass es mal so weit kommen würde, auch wenn er es Arthur lieber von Angesicht zu Angesicht gestanden hätte. Er hob seinen Arm, stoppte aber, als er sah, was passierte. Merlin traute seinen Augen nicht. Morgana zögerte, selbst nach der Aufforderung ihres Bruders, selbst nachdem er sich so freiwillig präsentierte und den Tod fast schon willkommen hieß. Ihre Augen ruhten auf Merlin. Unglauben lag in ihnen. Wie war das möglich? Ihr Schlafzauber konnte nicht gebrochen werden, nicht von einem einfachen sterblichen Menschen. Es war nur möglich, wenn man Magie besaß, mächtige noch dazu. Ihr Blick ruhte auf den Jungen und sie bekam Panik. Ihr Atem ging schneller, als sie realisierte, wen sie da vor sich hatte. Merlin, der treue Diener Arthurs. Immer hatte er alles auf wunderhafte Weise überstanden, jeden Kampf, jede Falle, die sie ihm gestellt hatte. Wieso hatte sie es nicht früher gesehen? Merlin besaß Magie. Merlin war Emrys! Angst stieg in der jungen Frau auf, pure, blanke Angst. Diese Furcht, die sie immer verspürte, wenn sie den Namen hörte oder wenn sie ihm begegnet war, wenn sie wusste, dass er sich wieder eingemischt hatte. So viele Male war er ihr schon in die Quere gekommen und irgendwann würde er ihr Verderben sein. Emrys würde sie töten und davor hatte Morgana mehr Angst als vor allem Anderen. Aber sie würde dieses Schicksal nicht einfach so akzeptieren, nicht jetzt, nicht in Zukunft. Mit den Namen Emrys auf den Lippen verschwand sie in schwarzen Rauch. Arthur konnte nur vor sich starren, wo eben noch seine Schwester gestanden hatte. Jetzt war sie einfach weg, verschwunden, so plötzlich, das Arthur nur wieder ein Wort durch den Kopf schoss. Warum? Warum hatte sie ihn verschont? Sie hatte ihm mehr als einmal klar gemacht, wie sehr sie sich seinen Tod wünschte. Nun war sie so kurz davor gewesen, Arthur hätte sich nicht einmal gewehrt und sie lief davon? Das war irgendwie nicht die Morgana, die er kannte. Wenn er sich nicht irrte, glaubte er sogar Angst in ihren Augen gesehen zu haben. Tiefe Furcht, die in ihr hochgekrochen war. Ihr Blick war dabei die ganze Zeit auf Merlin gerichtet gewesen. Langsam drehte sich der König um und betrachtete seinen Diener. Er war wieder auf den Beinen, aber furchteinflößend sah er nicht aus, ganz im Gegenteil. Er schien sogar noch etwas wacklig auf den Beinen, wirkte fast schon so, als ob er beim nächsten Schritt wieder auf den Boden fallen würde. Harmlos. Das war das erste Wort, was Arthur in den Sinn kam, wenn er Merlin betrachtete. Er war keine Gefahr und bestimmt nicht für Morgana. Wieso also ihre Panik, die sie dazu verleitete, wie ein kleines Kind wegzulaufen? Arthur schüttelte den Kopf, stand auf und ging hinüber zu seinem Diener. „Alles in Ordnung?“, fragte er und stellte mit Erleichterung fest, dass Merlin schon besser aussah, als noch ein paar Sekunden davor. Außerdem gaben auch die Ritter nun alle Laute von sich, als sie langsam wieder aufwachten. Das war wohl noch einmal gut gegangen und Arthur war mehr als froh darüber. Trotzdem blieb ein komischer Nachgeschmack. Es war einfach seltsam, wie es geendet hatte. Merlin nickte nur. Auch er wusste nicht, was er von Morganas Verschwinden halten sollte. Für ihn war es viel zu schnell gegangen, als dass er eine Veränderung bei der Hexe bemerkt haben könnte. So überraschten und erschreckten ihn die nächsten Worte seines Königs umso mehr: „Sie hatte wohl Angst vor dir.“ Sechs kleine Worte, die wohl nicht mehr als ein Scherz sein sollten. Aber sie führten dazu, dass Merlin kurz die Gesichtszüge entglitten. Hatte Morgana es etwa endlich herausgefunden? Merlin hatte gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte und trotzdem hatte er nicht so früh damit gerechnet. Jedoch konnte er im Moment nichts daran ändern und eigentlich konnte er froh sein, dass Morgana daraufhin die Flucht ergriffen und nicht den Kampf gesucht hatte. Als ihm gewahr wurde, dass Arthur immer noch vor ihm stand, sammelte er sich wieder und schob die dunklen Gedanken beiseite. „Vor mir?“, fragte er unschuldig und grinste schief. „Ja, schwer vorzustellen, nicht?“ Arthur lachte auf, laut und befreiend. Vor ein paar Minuten hatte er immerhin noch geglaubt, sterben zu müssen. Jedoch hielt es nicht lange an. Schnell war es wieder still. Arthur legte seine Hand auf die Schulter seines Dieners und übte kurz ein wenig Druck aus. „Lass uns nach Hause reiten“, sagte er und klang dabei so müde wie lange nicht mehr. Merlin nickte schwach. „Wie Ihr wünscht, Sire.“ Er verbeugte sich sogar ein wenig und betrachtete Arthur besorgt. Was war zwischen Morgana und ihm nur vorgefallen? Ein unbändiger Drang, Arthur einfach zu fragen, kam auf, aber Merlin blieb trotzdem stumm. Zum Einen glaubte er nicht, dass sein König wahrheitsgemäß und offen reden würde und zum Anderen befürchtete er, dass Arthur vielleicht doch noch eine Verbindung zu Merlin erkennen könnte, was das plötzliche Verschwinden von Morgana zu bedeuten hatte. Manchmal war es einfach besser, still zu sein. So bereitete Merlin die Pferde vor und sie machten sich alle auf den Weg zurück nach Camelot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)