Sorry, gay, I'm not perfect... von RosePerSomnium (oder Wie Mann Sasuke Uchiha für sich gewinnt) ================================================================================ Kapitel 1: Versöhnungen ----------------------- Info: Zum besseren Verständnis sollten die Vorgänger „Sorry, girls, I’m gay“ und „Sorry, guy, but I won’t lie for you!“ gelesen worden sein. 1. Versöhnungen Sasuke lag im Bett, sein Kopf war wie leer gefegt und er verspürte das dringende Bedürfnis,  ihn irgendwo gegen zu schlagen… – aber so weit kommt’s noch, dass sich ein Uchiha derart aufführt. Stöhnend zog er sich das Kissen über den Kopf. Ja, verdammt, so weit würde es noch kommen, wenn er dieses Hin und Her mit Naruto nicht endlich klären könnte… Dabei hatte er gedacht, jetzt, nach dieser Nacht – an die er sich zwar gern, aber heftig errötend zurückerinnerte – würde alles gut werden, aber Pustekuchen: Als er aufgewacht war, war und blieb die andere Bettseite leer. Und er hatte keine Ahnung, was da eigentlich gestern Abend schief gelaufen war…   ~*~ Flashback ~*~   Grinsend trat Naruto aus dem Gebäude und streckte sich ausgiebig. Endlich mal wieder ein Auftrag nach seinem Geschmack. Jo-nin zu sein hatte eben seine Vorzüge, echt jetzt!   Doch das Grinsen verschwand schlagartig, als er ein fernes, vielstimmiges Kreischen hörte, das rasch näher kam.   „Sasuke!“ „Liebling, ich will ein Kind von dir!“ „Du bist ja so~…“   Als er auch noch eine ihm wohlbekannte Person am Ende der Straße auftauchen sah, bog er schleunigst in die nächstbeste Nebenstraße ab, obwohl sie ihn nicht zu Ichirakus führen würde, was eigentlich sein nächstes Ziel sein sollte.   „Du bist ja so~ cool und so~ heiß“, äffte er die Fangirls nach, die soeben die Hauptstraße hinter ihm entlang donnerten. „Oh, Sasuke, du bist ja… So Ein Arschloch!“ Mit Gewitterlaune lief er weiter, die Hände in den Hosentaschen vergraben und über den Boden schlurfend, dass der Staub nur so aufwirbelte.   „Wenn die nur wüssten. Ja, klar ist er cool und heiß und sexy, keine Frage, aber bei dem miesen Charakter ist das Aussehen auch scheißeg-Hatschie!“   Aus seiner Schimpftirade aufgeschreckt, sah er sich um und bemerkte verwundert, dass er inmitten einer Staubwolke stand.   „Naruto?“   „Ja, ähm… Wo genau bist du, Hinata?“   Eine Hand streckte sich schüchtern durch die Wolke in seine Richtung und er ergriff sie und ließ sich aus ihr heraus ziehen.   Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. „Sorry, war grad ’n bisschen in Gedanken…“   Hinata kicherte. „Ja, das hab ich gehört. Hast du Lust - “   Ein lautes Magenknurren unterbrach sie und aus ihrem Kichern wurde ein leises Lachen, in der Blonde nach einem Moment umso lauter einstieg.   „Ich musste schon total~ früh zu Oma Tsunade, deshalb hatte ich noch kein Frühstück...“   Die Schwarzhaarige lächelte ihn verhalten an. „Ich wollte grade fragen, ob du Lust hast, mit mir eine Nudelsuppe essen zu gehen…?“ – „Klar, gerne! Ich -. … Oh… Ähm, ist das denn okay für dich?“   Fragend sah er das Mädchen an. Gefühlsdinge waren ja nicht so sein Ding, – Wie war das noch mal von wegen: Schwule sind eigentlich nur Mädchen mit unten mehr als oben? Was für ein Schwachsinn… – doch seit Hinata Sasukes Behauptung, sie sei in Naruto verliebt, bestätigt hatte, war er im Umgang mit ihr vorsichtig geworden.   Nun jedoch lächelte sie ihn offen und beruhigend an. „Das ist schon in Ordnung. Ich hab dir doch gesagt, ich bin schon glücklich, wenn ich weiter eine Freundin sein darf. Und… du scheinst gerade eine Freundin zu brauchen, die nicht im Sasuke-Fieber ist, oder?“   „Ich will diesen Namen Nie Wieder hören!“, knurrte der Nudelsuppensüchtige und setzte sich wieder in Bewegung – seine Beine würden ihn schon automatisch ans Ziel bringen.   „Du… du liebst ihn, stimmt`s?“ „Ich hab ihn geliebt, – oder so was – aber jetzt will ich mit diesem Idioten nichts mehr zu tun haben!“ Ernst und irgendwie weise, wie Naruto fand, – allerdings fand er das bei vielen Sachen, die seine klugen Freundinnen so von sich gaben… – antwortete sie: „So schnell geht das nicht mit dem Entlieben…“   Er sah sie einen Moment stumm von der Seite an, denn ihm war schon irgendwie klar, dass sie aus Erfahrung in Bezug auf ihn gesprochen hatte, dann entschied er, dass sie sich schließlich grad als sein Kummerkasten angeboten und immerhin eine ganze Menge abkonnte.   „Aber so oberflächlich kann ich doch nicht sein!“, jammerte er, „Ich meine, er ist echt ein totaler Vollidiot! Da ist es doch egal, dass er beim Kämpfen total sexy aussieht und selbst seine nervigen Sprüche auf meine Kosten einfach cool sind und“, er untermalte seine Pause mit einem theatralischen Seufzen, „und dass mir sogar sein abweisender, eiskalter Blick einfach unter die Haut geht und…“   Ach ja, es tat doch gut, sich bei seinen Freunden einfach über alles auslassen zu können, da konnte man so schnell vergessen, dass man eigentlich verletzt und wütend und traurig war…   ~~~   Sasuke stieß ein spöttisches Lachen aus. „Ich soll mich entschuldigen? Ich hab doch nichts falsch gemacht! Er war genauso mit dieser idiotischen ‚Sorry, girls, I’m gay‘-Aktion einverstanden wie ich! Ich versteh überhaupt nicht, warum er jetzt so einen Aufstand macht!“   Kakashi sah ihn über den neuesten „Flirt“-Band mit einem „Junge, was soll nur aus dir werden“-Blick an.   „Was?!“   „Bist du noch nicht auf die Idee gekommen, dass Naruto… Na ja, dass es für ihn vielleicht kein Spiel war?“   „Häh? … Du meinst…“ Sasuke lachte amüsiert. „Naruto ist doch nicht schwul!“   „Nein, bestimmt nicht. Er ist nicht schwul und in dich verknallt und mit den ganzen verstohlenen Blicken will er dir nur deine neusten Techniken abgucken…“ Kopfschüttelnd widmete sich der Grauhaarige wieder seiner Lektüre. Jungen in diesem Alter waren doch echt ein bisschen blöd…   …   Zehn Minuten später entschied er, dass es wohl langsam Zeit war, mal im Verwaltungsgebäude vorbeizuschauen, ob es einen neuen Auftrag für ihn gab und ließ widerwillig das Buch sinken.   Der Erbe des Uchiha-Clans stand immer noch an der gleichen Stelle, die Stirn ungläubig und verwirrt in Falten gelegt und stierte ins Leere.   Kakashi lachte still in sich hinein. Wenn er jetzt nur eine Kamera hätte… Aber er sollte sich nicht über die Sorgen seines ehemaligen Schülers lustig machen. Wobei… Immer noch grinsend räusperte er sich vernehmlich und der Schwarzhaarige schrak aus seinen tiefschürfenden Gedanken.   „Ich geh mal schauen, was sie für neue Aufträge haben, kommst du mit?“   „Nein… Nein, ich war heut früh schon da…“   In Erinnerung an seine eigene Jugend erhob sich der Ältere von der Wiese auf ihrem ehemaligen Übungsplatz und legte dem jungen Mann eine Hand auf die Schulter.   „Du solltest dich wirklich entschuldigen und versuchen, noch einmal mit ihm zu reden, wenn dir eure Freundschaft was bedeutet, Sasuke.“   „Hmm.“   „Man sieht sich.“ Damit hob Kakashi die Hand zum Gruß und verschwand.   Unzufrieden mit sich selbst und der Welt begann der Schwarzhaarige mit seinem Morgentraining, für das er eigentlich hergekommen war, denn sein eigener Auftrag begann erst am frühen Nachmittag.   Sollte das tatsächlich stimmen? Naruto – schwul? Und in ihn verknallt?   Na ja, war ja kein Ding mit dem „auf Jungs stehen“, der blonde Wirbelwind war eben in jeder Hinsicht irgendwie speziell und sich in Sasuke Uchiha zu verlieben, war jetzt auch kein Hit, aber wenn man jetzt auch noch seine super „Wie werd ich am schnellsten die nervenden Mädels los“-Aktion bedachte und dazu ihre Freundschaft, die wohl grad ziemlich im Eimer war und – na ja, er selbst war halt nicht schwul.   Wie auch, er hatte immerhin einen Clan wiederaufzubauen. Und überhaupt, mit einem anderen Typen leben, ihn küssen und -. Ihn küssen und…  im gleichen Bett schlafen und so… Nee, das ging ja wohl mal gar nicht… Mit hochgezogenen Augenbrauen schüttelte Sasuke den Kopf und verfehlte prompt sein Ziel.   Jetzt reiß dich mal zusammen!, schalt er sich selbst, Ihr seid doch keine kleinen Kinder mehr! Naruto weiß schon, wo sein Platz ist! An meiner Seite als mein bester Freund und weiter nichts!   Sich jeden weiteren Gedanken verbietend, trainierte er endlich ernsthaft.   Und doch war da immer wieder diese Erinnerung, wie er Naruto in der Nacht nach seinem Pseudo-Outing in seinem Bett umarmt, sich an ihn geschmiegt und den vertrauten Geruch genossen hatte…   Verdammt, Sasuke, du bist ein Idiot!   ~~~   „Hey, notgeiler Eremit!“   Jiraiya rollte mit den Augen, stand auf und fing den blonden Wirbelwind, der da in Affenzahn auf ihn zugerast kam, so ab, dass er ihm gleich den vorlauten Mund zuhielt.   „Wie oft denn noch: Schrei nicht so rum, wenn ich grad recherchiere!“, zischte er ihn an und zog ihn daraufhin ächzend einige Meter weit von der Holzwand des Frauenbades weg.   Oh Mann, als sein einstiger Schüler noch ein schwacher, kleiner Bengel gewesen war, war das irgendwie einfacher gewesen… Aber an dem frechen Lausbubengrinsen hatte sich nichts geändert.   Naruto zappelte in seinem Griff und der Ältere ließ ihn endlich los.   „Was gibt’s denn schon wieder?“, fragte er seufzend. In den letzten Tagen hatte er mehr von seinem letzten Schüler gesehen als jemals von seinen Vorgängern, nachdem diese selbst Jo-nin geworden waren.   „Ich wollt nur Bescheid sagen, dass die drei Tage um sind und ich ihn jetzt vergesse.“   Jiraiya zog die Augenbrauen hoch. Als wäre ihm nicht klar, dass der Uchiha heute zurückgekommen war. Naruto hatte ihn ja die letzten 72 Stunden im regelmäßigen Drei-Stunden-Takt mit seinem Geplapper á la „Gib mir noch einen Tipp!“ oder „Wieso musste ich mich grade in ihn verlieben…?“ oder – auch sehr beliebt – „Vielleicht braucht er einfach ein bisschen mehr Zeit…“ halb in den Wahnsinn getrieben.   Und das alles, weil er sich die Frist gesetzt hatte, seine Gefühle für den anderen aufzugeben, wenn dieser nicht innerhalb von drei Tagen selbst auf ihn zukommen würde…   „Klasse!“, versuchte er den jungen Mann – zum schier tausendsten Mal – zu ermutigen, „Na dann viel Erfolg bei deinem Auftrag, der fängt doch heute an, nicht?“ Als der andere eifrig und mit einem breiten Grinsen nickte, fügte er hinzu: „Und vergewisser dich das nächste Mal lieber, dass ein Typ selbst schwul ist, bevor du dich verknallst, ja?“   Der Blonde verzog das Gesicht und murrte: „Als könnte man sich das aussuchen, dann hätte ich mich doch niemals für diesen Vollidoten entschieden, echt jetzt! Ich weiß auch gar nicht, was die alle an ihm finden, wo er doch so…“   Erst als ihm endlich der leidende Gesichtsausdruck des San-nin auffiel, bremste er sich selbst. „Na ja, ich muss dann auch los, danke auf alle Fälle für deine Hilfe! Man sieht sich!“   Und weg war er…   Der große, weißhaarige Mann seufzte. Naruto hatte es wirklich nicht leicht… Aber irgendwie hatte er bisher immerhin jede Hürde gemeistert und der erste Liebeskummer wartete schließlich auf jeden…   Kurz blitzte das Bild einer jungen Tsunade vor seinem inneren Auge auf, doch er schob es glucksend beiseite. Es war ja nicht so, als wäre er damals in sie verliebt gewesen… Schmunzelnd widmete er sich wieder seiner „Recherche“.   ~~~   Glücklich wie schon lange nicht mehr – sprich: seit sechs Tagen – lief Naruto nach Hause, um sich seine Sachen zu holen. Sein nächster Auftrag bestand darin, einen wichtigen Händler von Konoha nach Suna zu bringen, eine Aufgabe, die sicherlich mindestens vier Tage in Anspruch nehmen würde, so langsam, wie sich Nicht-Ninja immer fortbewegten… Genug Zeit also, um Sasuke endgültig zu vergessen!   Irgendwo in seinem Innern hatte er ja gehofft, dass sein bester Freund noch mal auf ihn zukommen würde, aber da dem nicht so gewesen war, sollte es ihm recht sein.   Was wollte er schon mit einem Kumpel, der sich nach so einer Aktion weder entschuldigte, noch sich verabschiedete, wenn er für drei Tage auf eine Mission verschwand und selbst heute, als er zurückgekehrt war, kein nettes Wort für ihn übrig gehabt hatte.   Nachdem sie sich unbeabsichtigt auf der Straße begegnet waren, hatte er ihn erst wortlos angestarrt, als wäre es an ihm irgendwas zu sagen, obwohl er ja wohl nun überhaupt nichts falsch gemacht hatte und dann hatte er ihn auch noch dämlich angeblafft, irgendwas von wegen:   „Na super, dann spiel doch weiter beleidigte Leberwurst! Ich hab’s versucht, wenn dir das nicht reicht, ist es mir auch egal!“   Und war – anscheinend stocksauer – abgedampft.   Kopfschüttelnd schloss der Blonde seine Wohnung ab, warf einen schnellen Blick auf seinen Briefkasten, der wohl auch noch die nächsten vier Tage aushalten würde, ohne überzuquellen – waren ja sowieso immer nur Rechnungen und Werbung drin – und verließ das Haus Richtung Stadttor, wo sein Auftraggeber auf ihn wartete.   Von wegen, er hatte es versucht, nichts hatte er gemacht!   Kein Wort, kein Anruf, kein Brief!   Dass er ihm aus dem Weg gegangen war, seit er sein „Pseudo-Outing“ hatte auffliegen lassen, war immerhin irrelevant, dass sein Telefonanbieter seit einem kurzen Anruf Sasukes Nummer sperrte, ebenso, und sein Briefkasten? - Also bitte, seit wann schrieb Sasuke Uchiha denn Briefe!   Unwillkürlich musste er grinsen. Dieser Gedanke war genauso abwegig wie die Vorstellung, Sasuke würde seinen Wunsch, den Uchiha-Clan wieder aufzubauen, für ihn, den Nudelsuppenfreak mit dem Monster in sich aufgeben, um mit ihm zusammen zu sein.   Sein Gesichtsausdruck wurde einen Moment lang traurig, dann war er beim Tor und jeder Gedanke an seinen ehemaligen Teamkollegen war vergessen.   Und überhaupt: Auch andere Mütter hatten hübsche Söhne!   ~~~   Sasuke schäumte vor Wut. Wofür hatte er sich eigentlich so bemüht?!   Nachdem er sich nach dem Gespräch mit Kakashi vor drei Tagen nicht auf sein Training hatte konzentrieren können, hatte er sich dessen Rat zu Herzen genommen, hatte hin und her überlegt, wie er sich entschuldigen sollte, hatte die richtigen Worte gesucht und war schließlich sogar fast zu spät zu seiner Mission aufgebrochen, weil er alles richtig machen wollte und nun, wo er wieder zu Hause war: nichts.   Dieser nudelsuppensüchtige Trottel hatte k-e-i-n Wort gesagt, sondern ihn nur erwartungsvoll angeglotzt, als erwartete er noch irgendeine Erklärung und selbst als er ihn daraufhin wütend angefaucht hatte und abgedampft war: n-i-c-h-t-s!   Er hatte ihn nicht aufgehalten oder zurückgerufen oder sich noch mal bei ihm gemeldet. Ja, er hatte sich nicht mal verabschiedet, als er von wenigen Minuten selbst zwecks eines Auftrags losgezogen war, er hatte es nur zufällig mitbekommen, als er seinen Bericht bei der Hokage abgegeben hatte.   Der Schwarzhaarige knirschte mit den Zähnen.   Also gut, dann war’s das eben. Ihm sollte es recht sein, war er diesen aufdringlichen, überfreundlichen, hyperaktiven, absolut ätzenden Typen, den er zu seiner selbst gewählten Familie zählte, der ihm den Bruder ersetzte, der ihn nie aufgegeben hatte, mit dem er über alles hatte sprechen können, endlich los...   ~~~   Vier Tage später war Naruto endlich wieder zu Hause, hatte seine wohlverdiente Portion Ramen gegessen, den Bericht bei Tsunade abgegeben, ein Pläuschchen mit einigen alten Bekannten gehalten, war in der Wanne gewesen, hatte sich Schlafzeug angezogen und wollte eigentlich nur noch todmüde ins Bett fallen, als er sich daran erinnerte, dass heute ja schon Montag war und er für gewöhnlich jeden Sonntag seinen Briefkasten leerte.   Seufzend holte er die Post rein und blätterte sie oberflächlich durch.   „Rechnung… Werbung… Einladung zum Geburtstag… Au ja, da gibt’s immer so leckres Essen! … Werbung, Werbung… … … Upps…“   Sprachlos und unfähig einen Gedanken zu fassen starrte er das weiße Blatt an, das wie eine Klappkarte einmal in der Mitte zusammengefaltet gewesen war und auf dem in sauberer Handschrift nur ein Satz stand:   Sorry, gay, I’m not perfect…   ~~~   Naruto Uzumaki saß auf einem Hocker bei Ichirakus, vor sich eine Schüssel Ramen. Kein seltener Anblick, möchte man meinen, umso seltsamer war es allerdings, dass er gedankenverloren mit den Essstäbchen in der – wohlgemerkt: gefüllten – Schüssel rührte, statt die Nudelsuppe hastig hinterzuschlürfen und eine zweite Portion zu bestellen.   Aber für den Blonden war es kein Morgen wie jeder andere und er saß nicht am Ramenstand, weil er Hunger hatte, – was wohl schon an ein Weltwunder grenzte – sondern weil er hier gut nachdenken konnte, auf alle Fälle besser als bei sich zu Hause, wo sein Blick doch unweigerlich wieder auf diesen einen Satz fiel:   Sorry, gay, I’m not perfect…   Da… tja... da hatte er wohl doch eine Winzigkeit selbst Schuld an Sasukes Reserviertheit und Wut bei ihrem letzten Treffen am Tag von dessen Wiederkehr, denn seine aufgebrachten Worte  – „Na super, dann spiel doch weiter beleidigte Leberwurst! Ich hab’s versucht, wenn dir das nicht reicht, ist es mir auch egal!“ – ließen wohl keinen Zweifel daran, dass der Brief schon eine Weile in seinem Briefkasten vor sich hingewartet hatte…   Aber mal ganz ehrlich, wie lange kannten sie sich jetzt schon? Na ja, im Prinzip schon ihr ganzes Leben, aber befreundet waren sie immerhin auch schon seit sie zwölf gewesen waren, und das war inzwischen knapp fünf Jahre her!   Da durfte man doch wohl annehmen, dass der Uchiha wusste, dass Naruto seinen Briefkasten genau einmal wöchentlich leerte und da war es echt dämlich ihm einen Brief zu schreiben und sofort eine Reaktion zu verlangen. Wenn er ihn wenigstens unter der Tür durchgeschoben hätte oder irgend so etwas…   Aber nein, Mr. Oberschlau musste sich ja eine Möglichkeit suchen, um selbst aus dem Schneider zu sein und ihm zur Abwechslung mal den schwarzen Peter zuschieben zu können, dieser…!   Jetzt gib ihm nicht wieder die Schuld!, ermahnte sich der Blonde selbst. Immerhin hat er sich entschuldigt, dass ist doch schon mal was. Ja… Und jetzt?   Seufzend stand er auf und schlenderte ziellos die Straße runter. Der Besitzer des Ramenstandes sah ihm verwundert nach.   „Naruto? Seltsam, er hat nicht mal sein Ramen gegessen…“ Fragend sah er dem jungen Mann hinterher, dann schaute er sich um und entdeckte die junge Frau, die schon einige Male mit seinem Stammgast hier gewesen war. Wie hieß sie noch gleich…? Ach, genau: „Hinata!“   ~~~   Als Sasuke vor fast einer Woche einfach zu seiner Mission aufgebrochen war, war alles so klar gewesen, irgendwie: Er war verletzt, wütend, traurig, verwirrt und da er ja nicht die ganze Zeit Hinata mit seinem Liebeskummer nerven konnte, während sie selbst mit den Gefühlen für ihn kämpfte, und ihm sonst kein Mädchen einfiel, das nicht dem berühmt berüchtigten „Sasuke-Fieber“ verfallen war, kam Naruto schließlich mal wieder zu seinem ehemaligen Meister Jiraiya.   Der war schließlich alt, hatte Erfahrung und – na ja, bis jetzt hatte er ihm immer helfen können.   Und Tatsache: Auch wenn es für den Älteren leicht verstörend war, mit seinem einstigen – eindeutig männlichen – Schüler über einen anderen Mann zu sprechen, so einigten sie sich eben darauf, dass Jiraiya ihn einfach wie eine junge Frau behandeln sollte, die mit ihren Problemen zu ihm kam – als wenn es eine solche jemals geben würde…   Und „sie einigten sich darauf, ihn wie eine Frau zu behandeln“ traf es eigentlich auch nicht wirklich auf den Punkt: Bevor der San-nin sich ernsthaft seiner annahm, verlangte er mit seinem typisch lüsternen geiler-Bock-Grinsen, dass Naruto ihr Gespräch als Mädchen führen sollte.   Also wandte der Jugendliche mit den Augen rollend seine Sexy-no-Jutsu an, um zu erfahren, wie er – als unglücklich in einen anderen Typen verliebter Junge – mit der aktuellen Situation umgehen sollte. Ach ja, was tat man(n) nicht alles für die Liebe…   Wenigstens hatte der notgeile Eremit ihm weiterhelfen können.   „Also, diese Situation ist wirklich schwierig. Nicht nur für dich – auch für Sasuke, vermutlich. Ich denke, er war noch nie verliebt und hat bis jetzt wahrscheinlich auch noch nie jemanden gehabt, der ernsthaft in ihn verliebt war – was auf seine ganzen Fangirls ja wohl nicht zutrifft. Zudem bist sein bester Freund und – na ja, ein Junge halt, das ist nun mal… ähm… relativ ungewöhnlich… Und… er weiß auch gar nicht, dass du in ihn verliebt bist, oder?“   „Öhm… Ich… Ich hab’s ihm nicht gesagt… Aber so was merkt man doch!“   „Nicht unbedingt. Und erst recht nicht bei dieser seltenen Konstellation. … Und Männer schnallen so was sowieso meist nicht gleich.“   „Ah-ja, das heißt, ich soll’s ihm sagen, oder was?“   Der große Mann sah ihn spöttisch grinsend von der Seite an. „Willst du ihm nach der Aktion echt ’ne Liebeserklärung machen, sobald er wieder hier ist?“   „N-Nicht so direkt…“ Der Blonde errötete.   „Nein, das wäre kontraproduktiv, denk ich. Aber du solltest ihm erklären, warum du dich so verhalten hast, wie du’s eben getan hast. … Eben sagen, was du gefühlt hast und so…“   Die zwei Männer sahen ganz bewusst irgendwohin, nur nicht in Richtung des jeweils anderen. Irgendwie war das doch eine sehr skurrile Situation gerade…   Immer noch rot im Gesicht hatte Naruto sich erhoben, seinem einstigen Meister gedankt und war gegangen – wobei ihm erst nach einem schockierten Aufschrei einer Dame und dem heftigen Nasenbluten ihres Gatten aufgefallen war, dass er vergessen hatte, seine Kunst wieder zu lösen… Darauf hätte ihn der notgeile Eremit ja ruhig mal hinweisen können!   Tja… Und da war er nun wieder: Selber Ort, eine knappe Woche später – und als Mädchen… Warum genau tat er sich das noch mal an? – Ach ja, wegen Sasuke…   „Und, hast du mit ihm geredet?“   Verlegen kratzte sich Naruto am Hinterkopf. „Nng… Nicht so ganz… Ähm… Ich denke, er weiß inzwischen, dass ich in ihn -. Also, er weiß, was ich… fühle… Und… Na ja, ich…“   „Kannst du auch in ganzen Sätzen reden? Am besten so, dass ich verstehe, was diesmal los ist?“ Wie bei ihrem letzten Gespräch grinste ihn der Ältere an. – Und wie beim letzten Mal wurde der Jüngere rot, nahm sich aber endlich zusammen und legte sein Dilemma dar:   „Er hat mir anscheinend vor seiner Abreise einen Brief geschrieben. Na ja, Brief ist wohl übertrieben, er hat nur geschrieben ‚Sorry, gay, I’m not perfect‘, aber das ist immerhin etwas. Und das heißt doch wohl, dass er es weiß, nicht? Und…, dass es ihm leidtut, wie er mich behandelt hat? Ich hab den Brief eben erst gestern gefunden und jetzt ist es wohl an mir, mich zu entschuldigen und ich weiß nicht genau, was ich machen soll. Ich meine, hat er mir das jetzt nur so als Kumpel geschrieben? Aber dann hätte er nicht extra auf das schwul-Sein hinweisen müssen… Also fühlt er vielleicht doch was für mich? So was, was über Freundschaft hinausgeht…?“   Unsicher und zugleich hoffnungsvoll sah der Überraschungsninja ihn an.   Wäre Jiraiya besonnen und sich der impulsiven Art seines ehemaligen Schützlings richtig bewusst gewesen, statt daran zu denken, was wohl gerade im Frauenbad vor sich ging, wäre seine Antwort sicher anders ausgefallen, doch da er nun mal auch nur ein Mann war, sagte er leichthin:   „Es könnte auf alle Fälle ein Zeichen sein, dass er auch etwas für dich empfindet, aber -.“   Und schon war der Nudelsuppensüchtige mit einem Freudenschrei aufgesprungen, – „Wusst ich’s doch!“ – löste noch im Losrennen seine Kunst und war schon über alle Berge, bevor der San-nin blinzelnd hinzufügen konnte:   „Aber es könnte auch einfach nur eine Entschuldigung sein…“   Verblüfft sah er dem jungen Jo-nin hinterher. Er war immer noch so impulsiv…   „Na ja, er wird schon wissen, was er tut…“ Und achselzuckend widmete er sich weiter seinen „Recherchen“.   ~~~   Klirr! „Verdammte Scheiße!“ Fluchend lief Sasuke ins Bad, um seinen Wohnzimmerboden nicht schon wieder vollzubluten. Das war nun schon das zweite Geschirrstück, das er heute zerbrochen hatte. Wenn es ihm wenigstens einfach runtergefallen wäre, aber nein: Er hatte auf den Tisch geschlagen, um irgendwie diese Wut abzubauen, die in ihm gärte, und irgendwie war ihm dabei der Teller im Weg gewesen… Vorhin hatte er schon ein Glas einfach so mit einem festen Griff zerspringen lassen… Verdammt, er sollte wirklich umsichtiger mit den Erbstücken seiner Eltern umgehen!   Er wusste auch gar nicht, woher diese Rage in ihm kam… Das letzte Mal hatte er sich damals so gefühlt, zu Orichimarus Zeiten, aber dann hatte Naruto ihn aus dieser Finsternis gerettet…   Naruto… Er presste die Kiefer aufeinander. Dieser Vollidiot von bestem Freund! Was bildete der sich eigentlich ein?! Sich in ihn zu verlieben, aber kein Sterbenswörtchen zu sagen, sondern lieber diese blöde Aktion über sich ergehen zu lassen, um dann beleidigte Leberwurst zu spielen… Er hatte ihn, Sasuke Uchiha, sogar dazu gebracht, sich zu entschuldigen! Aber der Herr war sich ja zu fein, ihm einfach so zu verzeihen…   Er hatte gut Lust, ihn einfach mal wieder herauszufordern und die Vergebung aus ihm herauszuprügeln und –   Drrrrring!   Die Klingel riss ihn aus seinen Zornesphantasien. „Ja?“ Missmutig riss er die Tür auf.   „Hi, na, wie geht’s?“, strahlte ihm ein viel zu vertrauter Blondschopf entgegen.   „Was willst du denn -“ – „Du bist ja verletzt!“ Und schon fegte der blonde Wirbelwind ins Haus, stapfte mit seinen dreckigen Schuhen ins Bad, wo er das System seines Verbandszeug vollkommen durcheinander brachte, und verband ihm die Hand eindeutig schlechter, als er es selbst hinbekommen hätte, während er ihn mit einem Schwall von Erklärungen überschüttete:   „Tut mir echt leid, dass ich deine Entschuldigung erst jetzt gefunden hab, aber ich mein, du musst doch wissen, dass ich nur sonntags in meinen Briefkasten schaue! Hättest du mir den Zettel einfach unter der Tür durchgeschoben oder so… Und überhaupt, wer würde schon auf den Gedanken kommen, dass Sasuke Uchiha Entschuldigungsbriefe schreibt?“   Er kicherte.   „Was hast du eigentlich mit deiner Hand gemacht? Also auf alle Fälle wollt ich dir sagen, dass ich deine Entschuldigung natürlich annehme und wollte dich fragen, ob du Lust hast, morgen mit mir im ‚Akegata‘ zu frühstücken?“   Etwas überfordert sah der Schwarzhaarige ihn an. „Ähm… Klar, warum nicht…“   „Super! Na dann bis morgen um sieben! Ich wünsch dir noch einen schönen Abend und schlaf nachher gut!“ Und nachdem er den Uchiha kurz in eine feste Umarmung gezogen hatte, verschwand der Uzumaki genauso schnell wieder, wie er überraschenderweise aufgetaucht war.   Perplex starrte Sasuke auf die offenstehende Tür. Irgendwie hab ich das Gefühl, ihm gerade mehr versprochen zu haben als ich wollte… … Ach was… Das war einfach mal wieder seine Art, immer zu übertreiben…   Spontan entschied er sich, die offene Tür gleich als Aufforderung zu sehen, endlich mal einkaufen zu gehen, dann musste er das morgen nicht noch erledigen.   Wie ihm seine Eltern schon von klein auf beigebracht hatten: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.   ~~~   Hinata machte sich Sorgen. Um Naruto. Klar, um wen auch sonst? Schon seit Jahren hatte sich immer alles in ihrem Leben um ihn gedreht.   Jetzt war sie zwar endlich soweit, dass sie ihn wenigstens als unerwiderte Liebe abhaken konnte, aber als Freund war er ihr natürlich immer noch wichtig.   Und momentan war das bei ihm ein einziges Auf und Ab… Sasuke hier, Sasuke da, Sasuke ist toll, Sasuke ist doof… Sie hoffte bloß, dass Naruto schneller als sie selbst die richtige Entscheidung für sich treffen würde und das war wohl ganz eindeutig: diese Gefühle aufgeben.   Schon in ihrem Fall war alles schon beim ersten Schritt gescheitert, nämlich daran, dass sie einfach das falsche Geschlecht hatte, und bei Naruto war es das Gleiche, das musste er doch einsehen…! Auch sie hatte sofort kapituliert, als sie es verstanden hatte und sie wollte nicht, dass ihr bester Freund sich da in etwas hineinsteigerte, was doch niemals werden konnte.   Die letzten Tage waren zwar nicht einfach für ihn gewesen, aber er war doch auf dem besten Weg gewesen, den Mädchenschwarm zu vergessen, aber das gerade…   Sie seufzte.   Eben gerade war er ihr über den Weg gelaufen, strahlend wie schon lange nicht mehr und er hatte nur ganz kurz haltgemacht, um ihr die neuesten Neuigkeiten zu berichten, bevor er schon weitergerannt war:   „Ich hab ein Date mit Sasuke! Guck nicht so, echt jetzt! Wir haben uns gerade für morgen zum Frühstücken verabredet. So, ich muss weiter, zum Friseur und mal wieder ordentliche Sachen kaufen… Meine alten sind alle vom Training schon abgetragen und kaputt… Man sieht sich!“ Und weg war er…   Hinata wusste immer noch nicht so recht, was sie davon halten sollte.   Sasuke Uchiha sollte tatsächlich einem Date mit einem Jungen zugestimmt haben? Irgendwie schwer zu glauben.   Kopfschüttelnd machte sie sich auf den Heimweg. Da musste Naruto irgendwas falsch verstanden haben, aber wie hätte sie ihm das klarmachen sollen?   Sie schrak aus ihren Gedanken, als sie aus dem Augenwinkel das Symbol des Uchiha-Clans sah.   „Sasuke, warte mal!“ – „Was gibt’s?“   Anscheinend leicht genervt wandte sich der Uchiha zu ihr um.   „Du… bist morgen mit Naruto verabredet?“ „Ja, wir frühstücken zusammen, wieso?“ „Einfach nur ein Frühstück…?“   Skeptisch hob er eine Augenbraue. „Einfach nur ein Frühstück. Wie Freunde das eben machen. Wieso?“ – „Ach so, ok, nur so… Na dann schönen Abend noch…“   Verwundert sah Sasuke dem Mädchen hinterher. Was war das denn jetzt gewesen? Irgendwie waren die heute alle so komisch drauf… Er hatte das Gefühl, dass er heute immer das Falsche sagte und dass die anderen irgendwelche Schlüsse daraus zogen…   Ach was, wenn sie irgendein Problem hatten, sollten sie ihn eben darauf ansprechen, er hatte keine Lust, sich hier um heiße Luft Gedanken zu machen.   Er würde jetzt endlich seinen Einkauf tätigen und dann zurück nach Hause gehen, um seine Hand ordentlich zu verbinden, mit dem, was Naruto da fabriziert hatte, hätte der eigentlich gar nicht die Jo-nin-Prüfung bestehen dürfen, bei der man einige Grundkenntnisse des Heilens nachweisen musste…   Na ja, wie auch immer. Seine Gedanken verweilten in letzter Zeit einfach viel zu oft bei dem blonden Wirbelwind…   ~~~   Naruto war bester Laune.   Seine Haare hatten endlich wieder die richtige Länge – nicht zu lang und nicht zu kurz – und saßen durch seine gekonnte Verwendung des Haargels auch richtig, die neue verwaschene Jeans saß schön eng – und eignete sich zwar nicht zum Trainieren, aber für Dates war sie perfekt und die würden sich ja jetzt hoffentlich häufen… – und das neue orangefarbene T-Shirt machte sein Outfit komplett.   Er hatte geduscht, Zähne geputzt, auch das Deo nicht vergessen, sich die Fingernägel geputzt und geschnitten und sich Gesicht und Hände eingecremt… Fehlte noch irgendwas? – Nein? – Perfekt!   Euphorisch sprang er die Treppen hinunter und wollte gerade Richtung „Akegata“ losrennen, als er vor seiner Haustür fast in jemanden hineinlief.   „Hinata! Guten Morgen! Was machst du denn schon so früh hier?“ - „Guten Morgen. Ich… ich wollte mit dir reden, bevor du losgehst…“   Wie früher stand die Schwarzhaarige mit gesenktem Kopf da, die Finger ineinander verschränkt und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.   „Ja? Was gibt’s denn? Ich muss los, weißt du? Ich will Sasuke nicht warten lassen…“ – „Genau darum geht es ja…“   Die Hyuuga atmete noch einmal tief durch. Es brachte ja nichts, wenn sie sich nicht traute, es auszusprechen, und Naruto einfach losstürmen würde.   „Ich hab Sasuke gestern Abend noch getroffen… …“ – „Und?“ Der Uzumaki trat schon ungeduldig von einem Bein aufs andere.   „Und er meinte, dass er heute einfach nur mit dir frühstücken wird. Einfach so als Freunde. Verstehst du, was ich meine…?“   Man konnte in Narutos Gesicht mal wieder lesen wie in einem offenen Buch: Erst sah er verwirrt drein und dann wurde er immer ärgerlicher, während er halblaut vor sich hin brabbelte.   „Aber gestern hat er doch noch freudig zugesagt! Und wir haben uns zum Abschied umarmt…! Das war zwar irgendwie ziemlich spontan und ging von mir aus, aber trotzdem…! Er hat nichts dagegen gesagt! Und dann sein Brief… Der war doch eindeutig…! Und wenn er nichts von mir wollte, dann hätte er das doch einfach sagen können. Ich meine, das macht er doch sonst auch immer! Und überhaupt, dauernd macht er mir irgendwelche falschen Hoffnungen!“   Und schon wollte er losstürmen, um den anderen zur Rede zu stellen, doch glücklicherweise gelang es Hinata gerade noch, seinen Arm zu packen und ihn somit vorerst aufzuhalten.   „Naruto, jetzt warte doch mal! Was hast du denn vor? Ihm im Café ‘ne Standpauke halten?“ Der Blonde sah ertappt aus, doch dann wurde der Ausdruck zu einer Mischung aus Schmollen und Wut. „Du hast Recht, das ist er nicht wert.“ Und mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt, betrat wieder sein Haus und schmiss die Eingangstür hinter sich zu.   Hinata konnte sehen, wie er, immer mehrere Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hocheilte. „… Ich meinte eigentlich, dass das kindisch wäre…“, sagte sie zu niemand Bestimmtem und machte sich langsam auf den Heimweg.   Vielleicht war es nicht der richtige Weg gewesen, Naruto die Augen zu öffnen, aber besser jetzt, als dass er Sasuke im „Akegata“ eine Szene gemacht hätte.   ~~~   Sasuke wartete.   Okay, das war nichts Ungewöhnliches. Als Uchiha hatte er eben die beste Erziehung genossen, die manch anderem einfach fehlte. Wenn er da an Meister Kakashi zu Zeiten des Team 7 dachte…   Dass Naruto mal zu spät kam, war zwar selten, aber er war schließlich auch nur ein Mensch. Vielleicht hatte er verschlafen.   So aufgeregt wie er gestern über ihr gemeinsames Frühstück gewesen war, wäre das zwar seltsam, doch vielleicht hatte er auch gerade deswegen nicht schlafen können…   Sasuke wartete.   Eine Viertelstunde…   Na ja, es gab doch dieses akademische Viertel. Also kein Grund, sich zu ärgern. Auch wenn Naruto langsam mal auftauchen könnte.   Zwanzig Minuten…   Wenigstens einen Tee könnte er sich schon mal bestellen.   Halb acht war seine Tasse leer, sein Magen knurrte und es war kein blonder Wirbelwind in Sicht.   Was auch immer los war, er würde sich jetzt keinen Kopf darum machen, sondern endlich frühstücken! Immerhin musste er um acht im Verwaltungsgebäude sein, um seinen nächsten Auftrag entgegenzunehmen.   Was war nur mit Naruto los? War ihm irgendetwas zugestoßen? Denn selbst wenn er verschlafen hätte, würde er doch sicher hier her rennen und sich verlegen entschuldigen…   Zehn Minuten vor acht hatte Sasuke bezahlt, war auf der Herrentoilette gewesen, um sich die Hände zu waschen und schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch, als er draußen einen ihm wohlbekannten Blondschopf vorbeischlendern sah, der mit blauen Augen das Café überblickte, bis er ihn entdeckt hatte, sich dann abwandte und weiterging.   …?! Was war das denn jetzt gewesen?   Der Schwarzhaarige eilte auf die Straße und rief den Namen seines besten Freundes. Eigentlich war das ja nicht seine Art, aber wenn man mit dem „Kyuubi-Bengel“ befreundet war, musste man sich sowieso keine Sorgen um Manieren machen.   Doch der zeigte keine Reaktion. „Naruto! Hey!“   Sasuke rannte ihm hinterher und hielt ihm am Arm fest, als er immer noch nicht auf seine Rufe reagierte. „Hey! Wir waren vor einer Stunde verabredet!“   Endlich sah der Jüngere ihn an, doch er zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Na und? Du hast mich wieder mal nur verarscht, also bin ich gar nicht erst gekommen.“   Ärger wallte in dem Uchiha auf. „Was soll das denn heißen?“   „Tu nicht so, Hinata hat mir erzählt von eurem Gespräch erzählt!“, fauchte Naruto ihn an und riss sich aus dem Griff um seinen Arm los.   „Ich versteh kein Wort, jetzt red endlich mal Klartext!“ „Ich rede von unserem Date, das dir mal wieder nichts bedeutet hat?!“ Narutos Stimme kiekste vor schlecht unterdrückter Wut.   „Welches verdammte Date? Naruto, du hast mich gefragt, ob wir zusammen frühstücken verabredet, nichts weiter!“, herrschte Sasuke ihn an. Er merkte selbst, dass er viel zu laut redete, dafür, dass sie hier auf offener Straße diskutierten, aber bei dieser verqueren Sichtweise konnte er einfach nicht ruhig bleiben.   Das war ja wohl die absolute Höhe! Jetzt stellte dieses dämliche, arrogante Arschloch es auch noch so hin, als hätte er sich da irgendwas zusammenphantasiert! Wütend schrie er ihn an: „Es war ja aber wohl klar, dass das für mich mehr bedeutet hat!“   „War es nicht! Ich wollte einfach nur, dass wir wieder Freunde sind, wenn das für dich nicht geht, dann sag’s mir gefälligst, statt mir dauernd den schwarzen Peter für irgendeine deiner dämlichen Interpretationen zuzuschieben!“, schrie Sasuke zurück, dann holte er tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen.   Verdammt, wo war seine Selbstbeherrschung hin, wenn er sie brauchte? Er versuchte, betont ruhig und langsam weiterzureden, doch er hörte selbst, dass seine Stimme vor Wut zitterte.   „Ein letztes Mal für dich zum Mitschreiben: Ich. Bin. Nicht. Schwul! Ich steh nicht auf Kerle und ganz bestimmt nicht auf dich!“   Narutos Augen füllten sich mit Tränen.   Sasuke musste schlucken. Verdammt, das hatte er nicht gewollt…!   Der Blonde öffnete den Mund, doch er konnte nichts sagen. Wortlos drehte er sich um und ging.   Stumm sah der Uchiha ihm hinterher. Na super, das hatte er ja toll hinbekommen… Er hatte ihm das endlich klar machen müssen, damit der Uzumaki über ihn hinweg kommen würde, aber es auf diese Art und dann auch noch öffentlich zu machen, war nicht fair gewesen…   Verdammt…   Mit Gewissensbissen wollte er sich ebenfalls auf den Weg zur Hokage machen, als er erst realisierte, dass alle Menschen im Umkreis ihn anstarrten und tuschelten.   „Was glotzt ihr so?!“, fauchte er die Menge an und stapfte missmutig davon.   Was für ein super Start in den Tag!   ~~~   „Ich hab’s schon gehört…“ „…“ „Na ja, es gibt wohl kaum jemanden im Dorf, der es noch nicht gehört hat. Geschichten über dich oder Sasuke sind sehr beliebt.“ „…“ „Das war ziemlich kindisch von dir.“ „Ich weiß…“ „Und jetzt hast du dich doch wie ein rachsüchtiges Mädchen benommen.“ „Ich weiß!“ „Hättest du mal besser auf mich gehört…“ „ICH WEI- Du hast ja nicht mal versucht, mich aufzuhalten!“ „Ich konnte ja nicht wissen, dass du so impulsiv handeln würdest…“ Der Weißhaarige sah beinahe verlegen aus. Anklagend zeigte der junge Mann mit dem Finger auf ihn. „Du kennst mich seit fast vier Jahren!“ „Jaa… Wie auch immer, jetzt ist es auch zu spät.“   „Ich weiß~…“, jammerte Naruto und ließ den Kopf auf seine angezogenen Knie sinken. „Mann~, in letzter Zeit geht immer alles schief. Dauernd missverstehen wir uns! Dabei hatte er sich doch gerade erst bei mir entschuldigt…“   Mitleidig sah Jiraiya ihn von der Seite an. Wenn der Kleine so deprimiert war, machte es gar keinen Spaß ihn aufzuziehen und er hatte nicht mal Lust, ihn an ihre Abmachung zu erinnern, dass er nur mit ihm über Sasuke reden würde, wenn er dabei die Sexy-no-Jutsu anwandte.   „Du hast ihn einfach überfordert, Kleiner. Immerhin hat er sich entschuldigt, weil er dich aus Unwissenheit verletzt hat. Natürlich musste er sich dafür entschuldigen, denn bist du sein bester Freund. Das heißt aber nicht, dass er sich mit deinem Outing wohlfühlt. Ganz im Gegenteil, wahrscheinlich weiß er nicht wirklich, was er jetzt machen soll, außer, dass er deine Freundschaft nicht verlieren will.“   „Das will ich auch nicht!“, warf der Blonde zustimmend ein.   „Und ist dir diese Freundschaft wichtig genug, um deine anderen Gefühle für ihn zu vergessen?“   Naruto haderte mit sich selbst. „Ich…“   „Das ist der einzige Weg. Wenn du ihn weiterhin damit konfrontierst, bleibt ihm keine andere Wahl als dich jedes Mal wieder zurechtzuweisen. Dann könnt ihr keine Freunde mehr sein. Das hat er dir auch gesagt, nicht?“   Langsam nickte der Jüngere. „Ja, hat er…“ Mit nachdenklichem Gesichtsausdruck erhob er sich und entfernte sich einige Schritte von ihrem Sitzplatz, bevor er stehenblieb und gen Himmel schaute.   „Ich dachte immer, wenn eines Tages endlich die Liebe in mein Leben tritt, dann wird alles besser, weißt du? Ich dachte, wenn mich jemand liebt, würde er die Finsternis in mir erhellen, und wenn ich jemanden liebe, dann würde ich nicht mehr traurig, sondern glücklich sein.“ Er seufzte. „Aber das ist wohl auch so ‘ne Sache, die man als Kind am Erwachsensein verherrlicht…“   Langsamen Schrittes und mit den Händen in den Hosentaschen vergraben, schlurfte er davon.   Jiraiya sah ihm lange nach. Es gab wohl kaum jemanden, der die Liebe mehr verdient hätte, als Naruto Uzumaki. Aber er machte es sich auch immer schwer…   ~~~   Kakashi sah ihn aufmunternd an. „Es ist egal, wie du dich entschuldigst und eure Freundschaft rettest, für Naruto zählen die Gefühle, die dahinterstehen. So hat es doch auch angefangen: Du hast dich aus allem rausgenommen, was über die Aufträge hinausging und warst nicht gerade nett zu ihm, aber er hat gemerkt, dass du gelernt hast, ihn zu akzeptieren und zu respektieren. Und das hat ihm schon immer mehr bedeutet als jedes falsche Lächeln.“   Sasuke schluckte trocken. Na super, jetzt fühl ich mich noch mehr wie das Oberarschloch…   „Okay“, bedankte er sich emotionslos, schließlich musste der Ältere nicht wissen, dass ihn das Ganze doch mehr mitnahm, als es eines Ninja und obendrein noch eines Uchiha angemessen war.   „Er wollte doch mit dir frühstücken?“, fragte da plötzlich eine Mädchenstimme hinter ihm.   Mühsam unterdrückte er den Impuls, mit einem genervten Kommentar zu flüchten. „Jaah, angeblich, aber eigentlich nur, um mich zu versetzen.“ Spätestens an Sakuras amüsiertem Lächeln merkte er, welche Interpretation das Zusammenspiel seiner Formulierung und seines verletzten Tonfalls bot.   „Dann versuch’s doch mal mit Eigeninitiative.“ - „Damit er mich nochmal sitzen lässt, na klar.“   Spöttisch hob der Schwarzhaarige die Brauen, doch das Mädchen rollte nur mit den Augen. „Schnapp dir einfach was zum Essen und überrasch ihn zu Hause. Wird sowieso Zeit, dass er lernt, was Ordentliches zu frühstücken, nicht nur Ramen oder Cornflakes mit saurer Milch.“   ~~~ Gar keine schlechte Idee…, hatte er gestern noch gedacht, jetzt kam er sich einfach nur noch dämlich vor, wie er hier mit einem Korb voller Essen und einem Blumenstrauß vor der Tür seines besten Freundes stand. Ich will doch einfach nur, dass er sich wieder einkriegt, aber irgendwie vermitteln die Pläne der anderen immer einen falschen Eindruck…   Dennoch klingelte er seufzend. Immer noch besser als unverrichteter Dinge wieder abzuziehen.   Auf einmal wurde die Tür aufgerissen und ein verschlafener Naruto, nur in Boxershorts, dafür aber mit dieser dämlichen Schlafmütze auf dem Kopf blinzelte ihn fragend-verwirrt an.   „Morgen“, grüßte Sasuke nach einem Moment Schweigen, der für den Blonden anscheinend nicht gereicht hatte, um die Situation zu verstehen. „Hunger?“ Fragend hielt er ihm den Korb hin. „Immer doch!“, grinste ihn der andere an und ließ ihn endlich herein. Der Uchiha folgte ihm augenrollend. Mit Essen kriegt man ihn immer…   Wenig später saßen sie am opulent gedeckten Tisch, an dem Naruto wohl nicht wusste, was er zuerst essen sollte, denn er schob sich vorsorglich eine Ecke seines Nutellabrötchens, einen Löffel Cornflakes und ein Stück gekochtes Ei gleichzeitig in den Mund, kaute und schluckte kurz und schmatzte dann zufrieden: „Hmmm… Escht ‘ne gute Idee. Und schorry wegen geschtern, dasch war nischt nett.“   Sasuke verzog das Gesicht - Schling nicht so und sprich nicht mit vollem Mund! - behielt seine Meinung aber für sich, immerhin sollte das ein Versöhnungsessen werden. „Schon okay… Wir haben beide Fehler gemacht.“   Der Uzumaki sah mit ernster Miene und gerunzelter Stirn auf seinen Teller. „Denkst du, wir kriegen das wieder hin?“   Sasuke spürte eine ungewohnte Wärme in sich aufsteigen. Seit er damals seine Familie verloren hatte, war dieses liebevolle Gefühl der Geborgenheit so selten geworden… „Klar, wir haben doch schon ganz anderes gemeistert“, antwortete er mit einem angedeuteten Lächeln, das Naruto sogleich strahlend erwiderte. „Super! Dann sind wir also wieder Freunde, ja?“   Ein wenig irritiert meinte der Schwarzhaarige: „Du sagst das so enthusiastisch, als hättest du jetzt irgendwelche großen Pläne mit mir…“ – „Klar! Wir sind irgendwie einfach Freunde geworden, weil wir in einem Team waren, aber wir haben nie Sachen zusammen gemacht, die Freunde nun mal zusammen machen, das müssen wir endlich mal nachholen!“   Fast panisch hakte Sasuke nach: „Sachen, die Freunde zusammen machen?!“ – „Na sich einfach so mal treffen und quatschen und gemeinsam Veranstaltungen besuchen… was man eben mit Freunden macht.“ „Ich hatte nie Freunde, mit denen ich so was hätte machen können…“   Für einen Moment sah Naruto ihn beinahe mitleidig an, dann antwortet er mit seinem einnehmendsten Lächeln: „Dafür hast du ja jetzt mich!“   Damit schien dieses Problem für ihn geklärt zu sein, denn er widmete sich wieder hingebungsvoll seinem Essen und schien ganz zufrieden damit zu sein, die nächsten Minuten mit Schweigen und Kauen zu verbringen. Sasuke fühlte sich… ja, wie eigentlich, zufrieden? Naruto hatte schlechte (Tisch-)Manieren und seine Art, alles irgendwie auf die leichte Schulter zu nehmen, trieb ihn manchmal schier in den Wahnsinn, aber irgendwie war es doch einfach schön, dass alles beim Alten geblieben war. Und es war schön, wieder jemanden zu haben, mit dem man in aller Ruhe frühstücken konnte und dem man Blumen mitbringen konnte… Apropos Blumen… Er schielte verstohlen zu seinem Strauß rüber, der immer noch auf einem Regal lag und sich die Köpfe plattdrückte…   Und Ruhe war vielleicht auch nicht der richtige Begriff für Narutos schmatzenden Essensgenuss… Aber so war er eben und entweder er akzeptierte ihn so – oder er würde den Sonnenschein wieder verlieren, der ihm den Weg aus seinem Leben in Dunkelheit gewiesen hatte. Also würde er ihn wohl oder übel so nehmen, wie er war. Zwanzig Minuten später waren sie fertig mit Essen und auf dem Weg zum Verwaltungsgebäude, um sich ihre nächsten Aufträge zu holen.   ~~~ Naruto war endlich wieder einfach glücklich. Er hatte sich mit Sasuke ausgesprochen, sie waren wieder Freunde und alles war wieder wie vorher, wenn nicht sogar besser! Sie sagten sich inzwischen sogar Bescheid, wenn sie für größere Aufträge das Dorf verließen, wünschten sich gegenseitig eine gute Reise und meldeten sich wieder zurück, sobald sie wieder da waren…   Er hatte eigentlich endlich alles, was er sich immer gewünscht hatte, da war es ein leichtes, die Gefühle zu ignorieren, die ihn in Sasukes Nähe immer wieder überkamen: Das Gefühl, ihn zur Begrüßung und zum Abschied umarmen zu wollen, ach was, ihm überhaupt die ganze Zeit körperlich nahe sein zu wollen, ihm manchmal einfach nur „Ich hab dich lieb“ oder noch besser „Ich liebe dich“ sagen zu wollen…   Aber das waren nur Nachwirkungen seiner Verliebtheit, das würde schon irgendwann vorbei gehen… Es musste…   Und jetzt Schluss mit Grübeln!, rief er sich selbst zur Ordnung. Überleg lieber mal, was du machst, wenn du gleich wieder in Konoha bist: erst was essen gehen oder erst mal zu Sasuke und ihn fragen, ob er auch Hunger hat? …   Als er beim Haupttor ankam, war er noch immer zu keiner Entscheidung gekommen, denn einerseits wollte er seinen besten Freund so schnell wie möglich wiedersehen, aber andererseits wollte er auch Ramen essen und das sah Sasuke aus irgendeinem Grund nicht gern… Er sagte dann immer irgendwas von einseitiger Ernährung und Gemüse und so…   Doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen: Ein junger schwarzhaariger Mann stand lässig an eine Laterne gelehnt am Tor, die Hände wie früher in den Hosentaschen vergraben und offenbar auf ihn wartend, denn als er den Blonden sah, stieß er sich von dem Pfeiler ab und kam ihm entgegen.   „Na, wie lief der Auftrag?“   Doch entgegen seiner Erwartung quasselte Naruto ihn nicht augenblicklich mit Nichtigkeiten voll, sondern strahlte ihn schweigend an, bevor er zum Erzählen ansetzte. Allerdings wurde er noch in den ersten Worten von seinem aufgebrachten Magen unterbrochen.   Der Uchiha grinste den verlegenen Wirbelwind amüsiert an.   „Ich hab gekocht“, war alles was er noch sagte, dann wandte er sich um und sein persönlicher Sonnenschein folgte ihm mit einem Jauchzen und sprudelte endlich mit allerlei Kleinigkeiten heraus, von den zu weichen Betten der Pension bis zu dem süßen Typen an der Rezeption und den langweiligen Verhandlungen, denen er als Leibwächter seines Auftraggebers hatte beiwohnen müssen…   Es war doch immer wieder schön, nach Hause zu kommen. Kapitel 2: Gründe, sich (nicht) in dich zu verlieben ---------------------------------------------------- 2. Gründe, sich (nicht) in dich zu verlieben Hinata machte sich Sorgen. Wieder einmal. Und natürlich um Naruto. Es war jetzt fast zwei Wochen her, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte…   Sie hatte eines Morgens sogar Tsunade darauf angesprochen, als sie ihren neuesten Auftrag entgegengenommen hatte. Laut der Hokage nahm der junge Mann in letzter Zeit einfach sehr viele Aufträge an; sogar mehrere einfache täglich. Sie solle sich nicht sorgen, es wäre alles in Ordnung.   Natürlich! Es war alles in Ordnung, wenn der Junge, der, kaum Ge-nin geworden, schon B-Rang-Aufträge verlangte, sich als Jo-nin plötzlich mit D- und C-Rang-Aufträgen zufrieden gab.   Aber in seiner Wohnung war er nicht anzutreffen, auch nicht bei Ichirakus, wo er innerhalb der letzten zwei Wochen nur zweimal Halt gemacht hatte, um langsam und gesittet sein Ramen zu schlürfen! Das konnte doch nicht wirklich Naruto Uzumaki sein, von dem da die Rede war!   Oh ja, Hinata machte sich große Sorgen um ihren Freund… … der ihr an diesem schönen, warmen Sommerabend auf einmal lächelnd entgegenkam.   Perplex starrte sie ihn an, wie er immer näher kam – „Guten Abend, Hinata!“ – und an ihr vorbeilief.   Kopfschüttelnd löste sie sich aus ihrer Starre und eilte ihm hinterher. „Naruto!“   „Ja?“ Sein straffes Lauftempo vermindernd, wartete er, bis sie ihn eingeholt hatte und neben ihm herlief.   „Geht’s dir gut? Ich meine, ich hab dich seit zwei Wochen nicht mehr gesehen und Tsunade meinte, du würdest im Moment sehr viel arbeiten…“   Verlegen grinsend kratzte er sich am Hinterkopf. „Jaa, gesundes Essen ist teuer, weißt du? Es hatte schon seine Gründe, warum ich immer Ramen gegessen hab…“   „Du machst das wegen des Geldes, um dir gesundes Essen zu kaufen?!“   „Jaha, sag ich doch!“, maulte der Blonde. Mann, es war doch wohl nicht so~ abwegig, dass er mal auf seine Ernährung achtete, … oder? „Vor zwei Wochen haben ich und Sasuke uns – mal wieder – ausgesprochen und er hat mir ordentlich den Kopf gewaschen, dass ich endlich gesund essen soll… Also kauf ich jetzt immer Lebensmittel zum selber Zubereiten ein und natürlich Obst und Gemüse und so und mittwochs und am Wochenende kochen wir gemeinsam bei Sasuke, damit ich es auch lerne. Deswegen muss ich jetzt auch los, bin schon spät dran. Man sieht sich!“ Und mit einem letzten Lächeln und einem Handgruß ließ er eine verwunderte Hinata in einer Staubwolke stehen.   Sasuke hatte Naruto überreden können, seine Essgewohnheiten zu ändern, und ihn eingeladen, zweimal wöchentlich mit ihm zu kochen?! … Männer! Die würde sie wohl nie verstehen…   ~~~   Endlich beim Uchiha-Anwesen angekommen, hielt Naruto einen Moment inne, atmete einmal tief durch, öffnete die Eingangstür und trat ein.   Die ersten Male hatte er natürlich brav geklingelt und gewartet, bis ihm aufgemacht worden war, doch beim letzten Mal hatte Sasuke ihm dann gesagt, dass er einfach reinkommen sollte, wenn sie verabredet waren.   Verdammt noch eins, es freute ihn zwar sehr, dass sie endlich wieder normal miteinander umgehen konnten und Sasuke ihn sogar von selbst zu diesem privaten Kochkurs eingeladen hatte, aber… es war einfach nicht das, was er wollte! Nein, falsch, es war genau das, was er wollte, aber er wollte noch mehr… Viel mehr…   Mit einem leisen Seufzen machte er sich auf den Weg Richtung Küche. Wie lange es wohl dauern würde, seinen Schwarm endgültig aufzugeben? …   „Hey, sorry, ich musste ans andere Ende des Dorfes, um ordentliches Gemüse zu bekommen, in den anderen Läden war alles schon abgegrast. Hmm… Das riecht lecker!“   Über die Schulter warf Sasuke seinem besten Kumpel ein schmales Lächeln zu. Dass der jedoch schon hinter ihm stand, um in die Töpfe zu linsen, hatte er nicht mitbekommen, sodass sie sich nun erschrocken in die Augen sahen; ihre Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt.   Wie hypnotisiert wanderte der Blick des Schwarzhaarigen von den azurblauen Augen zu den Lippen des anderen, die den seinen so nah waren… Er hätte es niemals zugegeben, aber die wenigen Küsse damals hatten ihm irgendwie gefallen… Er schluckte trocken, bevor er sich schnell abwandte.   „Ähm… ja, ich… Ich dachte, ich fang schon mal an mit kochen.“   Als keine Antwort kam, wagte er es, einen weiteren Blick über die Schulter zu riskieren, diesmal aber nur aus dem Augenwinkel.   Naruto stand immer noch an Ort und Stelle und sah ihn irgendwie… na ja, verträumt an…   Verdammt, hatte er sich nicht vorgenommen, alles zu vermeiden, was es ihm nur noch schwerer machen würde, ihn für sich abzuschreiben?   Oh Mann, was fand Naruto denn überhaupt an ihm? Also abgesehen vom Aussehen… Immerhin kannte er ihn, wie er wirklich war, mit all seinen schwierigen, unumgänglichen Seiten…   Leise räusperte er sich.   „Naruto? Bereitest du heute den Salat zu?“   „Was? … Äh… Jaaaa, klar.“   Der Uchiha konnte beinahe sehen, wie dem Blonden das Blut ins Gesicht stieg, bevor er sich verlegen abwandte und sich die Utensilien zum Zutaten Schneiden zurechtsuchte.   Ein sanftes Lächeln fand den Weg auf Sasukes Lippen.   Es war bestimmt kein leichter Weg, wieder normale beste Freunde zu werden, aber zusammen würden sie das schon schaffen.   Mussten sie ja. Ein Leben ohne den jeweils anderen war immerhin unvorstellbar!   ~~~   Eine dreiviertel Stunde später war das Essen fertig, der Tisch gedeckt und die zwei jungen Männer konnten sich ihre Kochkünste endlich schmecken lassen.   „Hmm… Dasch isch escht lecker. … Dauert nur verdammt lange!“, schmatzte Naruto zufrieden und verdrehte genüsslich die Augen.   Sasuke verzog das Gesicht. Schön, dass es ihm schmeckte, aber konnte er das nicht… na ja, stilvoller kundtun?   „Freut mich“, presste er hervor. Wenn er eines hasste, dann waren es wirklich fehlende Manieren… „Und es dauert ja nicht immer so lange. Es gibt auch Gerichte, die in zehn bis fünfzehn Minuten fertig sind, aber ich dachte, am Wochenende haben wir die Zeit“, erklärte er sachlich.   „Ja, klar. Ich hab ja auch nichts mehr vor heute“, beeilte sich der Blonde zu sagen, der den Tonfall des anderen wohl auf seine vermeintliche Kritik missinterpretierte statt auf seinen Ess-Stil.   Der Uchiha sparte sich seinen Kommentar. Bei seinem Glück würde sich Naruto noch an seinen Maßstäben orientieren, wenn er was sagen würde. Und es war schließlich nicht sein Job, Naruto zu erziehen, das sollte mal schön sein zukünftiger Freund übernehmen!   Hm… Wer das wohl sein würde…? Aus ihrer Ninjageneration in Konoha sicher niemand, zumindest war ihm nicht bekannt, dass jemand von ihnen schwul war. Allerdings hatte er das auch bei Naruto nicht gemerkt… Hm… Kiba verhielt sich manchmal schon ganz schön schwuchtelig… Aber nein, Kiba und Naruto, das war… einfach lächerlich…!   Er grinste leicht. Er sollte solche Gedanken wohl lieber lassen, bevor sein Kopfkino ihm Bilder zeigen würde, die er gar nicht sehen wollte…   „Apropos vorhaben…“, unterbrach der Uzumaki in diesem Moment seine Gedanken. „Ich hatte da so ‘ne Idee… Und die anderen fanden die auch gut… Also wir sind morgen mit ihnen bei Tenten verabredet, du weißt ja, dass ihre Familie heiße Quellen besitzt… Also, das heißt, wenn du Lust hast, mitzukommen…“ Der Blonde spürte, wie er wieder mal errötete.   Und da ging sie hin, seine schöne Selbstsicherheit…   Sasuke runzelte die Stirn. „Wer sind `die anderen´ und was genau ist jetzt deine Idee?“   „Öhm… Na ja, Tentens Eltern sind morgen nicht da, also dachte ich, wir – also Tenten, Kiba, Shikamaru, Ino, Sakura, Hinata und wir beide – könnten uns mal wieder treffen und gemeinsam entspannen. Es ist abgesprochen, dass wir alle ein großes buntes Handtuch mitbringen, damit niemand mehr sieht, als sich ziemt, und wir bleiben natürlich alle brav sitzen… Ich hab einfach mal wieder Lust, mit den anderen zu quatschen, ist schon so lange her…“   Der Uchiha spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. „Du meinst… wir alle in einem Becken, nackt und nur mit ‘nem Handtuch bedeckt?!“   Überrascht sah Naruto ihn an. „Ja, warum nicht? Solange wir einfach nur dasitzen, ist doch nichts dabei.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wir sind doch alt genug.“   Der Schwarzhaarige schluckte trocken. „Ähm… Vielleicht denkst du anders darüber, weil du nicht auf Mädchen stehst… aber wir sind nicht alt genug, sondern gerade alt genug, das eigentlich wirklich nicht machen zu sollen…“   Der Uzumaki grinste verschmitzt und ignorierte den Stich in seiner Brust. „Stehst du etwa auf eins der Mädels?“ Er wackelte eindeutig mit den Augenbrauen, während Sasuke einen Hustenanfall bekam und noch röter im Gesicht wurde.   „Nein! Natürlich nicht! Echt, was traust du mir denn für einen Geschmack zu?! Aber ich hab auch keinen Bock, dem Liebesumwerben der anderen beizuwohnen…“   „Mensch, jetzt sei doch nicht immer so pessimistisch! Das wird bestimmt lustig!“   „`Lustig´, na klar…“   „War das jetzt ein `Ja´?“ „Was anderes lässt du ja sowieso nicht gelten, stimmt’s?“ Grummelnd ergab sich Sasuke in sein Schicksal, während Naruto sich schon vorfreudig über die Lippen leckte.   Ja, klar, er musste sich die Idee aus dem Kopf schlagen, dass sein bester Freund je mehr als genau das für ihn sein würde, aber diesen absolut anbetungswürdigen Körper bei jeder sich bietenden Gelegenheit anzuschmachten, war ja wohl noch erlaubt!   ~~~   Stille. Nur das Tapsen nackter Füße auf dem warmen Holzboden war zu hören, dann das leise Plätschern, als sich die jungen Männer nacheinander ins Wasser gleiten ließen. Wieder Stille, dann ein leises Kichern. „Was meine Eltern wohl sagen würden, wenn sie jetzt nach Hause kommen würden?“, fragte Tenten leise und kicherte abermals.   Kiba stand auf, schwang sich aus dem Becken und machte ein Handzeichen. Kurz verschwand er in einer Nebelwolke, dann stand ein brünetter Mann mittleren Alters vor ihnen, der empört nach Luft schnappte.   „Tenten!“, donnerte er mit versucht tiefer Stimme, „So haben wir dich nicht erzogen, junges Fräulein!“   Grinsend gesellte sich Ino an seine Seite und schon stand eine schlanke, blonde Frau an seiner Seite, die sich entsetzt die Hände vor den Mund schlug. „Aber Liebling! Jungs-!“ Mit einem dramatischen Seufzen, glitt sie zu Boden.   Kiba versuchte noch, sie aufzufangen, hielt aber mitten in der Bewegung inne.   Die Jugendlichen im Becken lachten. „Ja, wie können wir nur!“, rief Sakura lachend aus. „Wie obszön!“   In einer erneuten Nebelwolke lag Ino auf den Holzdielen, raffte ihr Handtuch zusammen und funkelte den Hundeninja an, während sie aufstand. „Hey, du Idiot, du hättest mich auffangen müssen!“   Der Inuzuka hob abwehrend die Hände. „Wollte ich ja, aber dann…“   Schon mit einem Bein wieder im warmen Wasser wandte sich die Blonde fragend zu ihm um. „Dann?“   Mit einem frechen Grinsen kam er auf sie zu. „Dann hab ich mich erinnert, dass du’s bist.“   Der geplant elegante Hechtsprung wurde zu einem schmerzhaften Bauchklatscher, da Ino ihm einen wütenden Schlag verpasste. Die Restlichen lachten noch lauter.   „Hey, kommt schon, verabredet war, dass wir brav sitzen bleiben, ja?“, erinnerte Tenten ihre Freunde und sah doch aus den Augenwinkeln neugierig zu Kiba, der nach seinem Handtuch fischte.   „Genau, Ino, sei brav!“, grinste er und setzte sich wieder zu den anderen Jungs.   „Ich geb dir gleich brav!“, fauchte sie zurück und hob drohend die Faust, wodurch ihr Handtuch ins Rutschen geriet. Hastig hielt sie es fest. Da musste man ja aufpassen, nicht zu viel zu zeigen…!   Grummelnd sah sie hoch und bemerkte Shikamarus Blick, der mit einem leichten Lächeln über ihren Körper glitt. Bitte?! Errötend wandte sie sich ab. Doch nicht wirklich Shikamaru?!   „Also ich find’s toll, dass wir mal alle zusammen hier sind!“, grinste Naruto in die Runde. „War doch ‘ne super Idee, nicht?“   Warum eigentlich nicht Shikamaru?   „Ja, was wirklich ein guter Einfall“, stimmte Ino mit einem koketten Lächeln in Richtung ihres ehemaligen Teamkameraden zu.   Eine leichte Röte breitete sich auf dessen Wagen aus. Es war schon etwas ganz anderes, von einem Mädchen, das man seit Jahren kannte, angelächelt zu werden, oder von demselben angelächelt zu werden, wenn sie nur mit einem Handtuch bekleidet war…   Sakura lehnte sich entspannt an den Beckenrand. „Stimmt, das find ich auch.“ Ein vorfreudiges Grinsen umspielte ihre Lippen. „Jetzt können wir die Jungs endlich mal vergleichen, ohne uns zu zoffen, nicht? Heute kann keine übertreiben, weil wir die lebendigen Beispiele vor uns haben. Also?“   Die Mädchen lächelten sich verschwörerisch zu. „Stimmt!“   „Hm… Also ich muss meine Meinung revidieren und zugeben, dass Naruto wirklich heiß ist“, begann Tenten nachdenklich.   Der Blonde machte große Augen und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Echt jetzt?“   „Jaa, das ist mir auch schon aufgefallen. Er hat sich wirklich gemausert“, stimmte Ino zu.   Schon knallrot im Gesicht meldete sich Hinata das erste Mal zu Wort. „Hab ich doch gesagt… Von wegen ich hätte einen schlechten Geschmack…“ Kiba warf ihr einen überraschten Blick zu. Selbst Hinata, die schüchterne Hinata, machte bei diesem Spiel mit? Obwohl, so schüchtern wie sie immer tat, konnte sie gar nicht mehr sein, wenn sie gesagt hatte, dass Naruto heiß sei…   „Jaja, du hattest Recht. Aber Aussehen ist ja auch nicht alles“, wandte Sakura ein. Ihr Blick huschte zwischen ihren beiden ehemaligen Teamkameraden hin und her. „Auch das Auftreten muss stimmen. Naruto ist eben… Naruto.“   „Was soll das denn heißen?“, maulte besagter Blondschopf beleidigt. Das hörte sich ja an, als wäre „Naruto sein“ was Schlechtes…   „Na ja, die Kerle, auf die Mädels stehen, müssen natürlich gut aussehend sein, aber wenn sie sich dazu auch noch cool verhalten…“ Der verträumte Blick der Rosahaarigen klebte geradezu an Sasukes nacktem Oberkörper.   Der Blonde sagte nichts dazu, sondern verschränkte nur schmollend die Arme. Na klar, neben Sasuke Uchiha würde jeder wie der letzte Loser aussehen, das wusste er selber. Erst von jahrelanger Rivalität mit selbigem, dann von seinen Gefühlen für ihn…   „Du musst ja nicht wie Sasuke sein, das würde gar nicht zu dir passen, aber da sind einfach so’n paar Kleinigkeiten... Mädels stehen nicht auf Selbstüberschätzung und kindische Rivalitäten. Und an Manieren fehlt’s dir auch.“   Sasuke beobachtete seinen ehemaligen Teamkameraden schweigend aus den Augenwinkeln. Wo sie Recht hatten… Für einen Jungen war Naruto wohl wirklich gutaussehend. Zumindest war sein Körper nicht mehr der eines Kindes, sondern der eines durchtrainierten jungen Mannes. Selbst sein Gesicht hatte sich mit der Zeit verändert, war markanter geworden, der Babyspeck war verschwunden.   Aber es war doch gerade das stetige Leuchten in den himmelblauen Augen, das alltägliche Grinsen und die aufgeweckte Überraschungs-Ninja-Art, die ihn so sympathisch machten und dafür sorgten, dass er selbst ehemalige Feinde wie Gaara für sich und seine Lebenseinstellung gewinnen konnte! Von Naruto zu verlangen, mehr wie er selbst zu werden, war absoluter Blödsinn! Wo er ihn doch selbst manches Mal um seinen Optimismus beneidete…   Und worauf Mädels stehen, war dem Nuddelsuppenninja wohl herzlich egal…   „Ähm… Ihr vergesst wohl, dass Naruto für die andere Seite kämpft… Was wir Mädchen mögen, braucht ihn gar nicht zu interessieren…“, warf Hinata leise ein.   Die anderen drei Mädels sahen sich ertappt an. „Da war ja was…“   Naruto seufzte niedergeschlagen. „So sehr werden sich Jungen und Mädchen ja wohl nicht unterscheiden, was? Wer will schon einen uncoolen Freund mit schlechten Manieren…“   Schuldbewusst versuchte Ino zu retten, was schon zu spät war. „Ja, schon, aber wie gesagt: Wenn du ein bisschen an dir arbeitest… Du hast doch schon immer deine Ziele erreicht, egal wie hoch sie gesteckt waren!“   Der Angesprochene hatte nur einen bösen Blick für sie übrig. „Na danke. Das soll wohl heißen, es ist sowieso aussichtslos, oder was?“   Die Blonde wurde rot. „So meinte ich das doch nicht….“   „Schluss jetzt!“, sagte Sasuke leise, aber bestimmt und hatte sofort die volle Aufmerksamkeit seiner Kameraden. „Was redet ihr Naruto da eigentlich für einen Mist ein? Er sei nicht cool? Er hat es geschafft, sich vom verhassten ‚Kyuubi-Bengel‘ zum Helden der Stadt hochzukämpfen, hat Akatsuki besiegt und mich aus der Finsternis zurückgeholt. Wenn euch das nicht reicht, dann seid ihr’s nicht wert, seine Freunde zu sein!“   Sprachlos und mit großen Augen starrten die anderen – einschließlich Naruto – ihn an.   So dachte Sasuke von ihm?!   „Mir reicht’s, ich gehe“, fügte er abschließend hinzu und stieg mit roten Wangen aus dem Wasser.   Verdammt, hatte er mit seinem „Naruto in Schutz nehmen“ wirklich so weit gehen müssen? Wieso überhaupt „in Schutz nehmen“?! Das konnte er ja wohl selbst! … Na ja, Hauptsache alle nahmen ihm ab, dass er gegangen war, weil ihm die sinnlose Diskussion auf die Nerven gegangen war und nicht, weil es ihm so peinlich war, was er da über Naruto gesagt hatte…   ~~~   Nach einigen Momenten betroffenen Schweigens war Sakura die Erste, die sich bei ihrem ehemaligen Teamkameraden entschuldigte. Immerhin war sie von Anfang an und bei fast jeder seiner gefährlichen Missionen mit dabei gewesen; sie wusste, wie sehr der Blonde sich verändert hatte und hatte sich trotzdem hinreißen lassen, ihn wieder mal unberechtigterweise mit dem Frauenschwarm schlechthin zu vergleichen.   „Es tut mir leid, Naruto, das war nicht fair. Und wir meinten es wirklich nicht böse…“   „Nein, ganz sicher nicht. Wir sind doch Freunde! Und wir mögen dich, wie du bist. Mir tut’s auch leid“, schloss Ino sich an und stieß Tenten den Ellenbogen in die Seite, als die nichts sagte.   Aber was sollte sie denn auch noch hinzufügen?   „Schon ok“, nahm der Blonde die Entschuldigung gutmütig an. „Ich versteh schon, was ihr meint. Aber ich hab mich nie überschätzt, es hat mir bloß nie jemand zugetraut, dass ich meine Ziele wirklich erreiche. Und die Rivalität zwischen Sasuke und mir… Na ja, die war zwar bis vor kurzem noch da, aber die kindischen Teile hab ich doch schon längst weggelassen. Tja… Und für die fehlenden Manieren kann ich nichts. Ich bin eben ein Waisenkind, ich hatte keine Eltern, die mir beigebracht haben, wie man sich richtig benimmt und so.“   Ringsherum sah er nur in betroffene Gesichter. Ja, Naruto hatte es wirklich nicht leicht gehabt in seinem Leben und daran waren sie besonders früher nicht gerade unschuldig gewesen…   „Aber… Wenn ihr Lust habt, lade ich euch mal zum Essen ein – ich lerne nämlich gerade, richtige Gerichte zu kochen – und dafür gebt ihr mir mehr Tipps?“ Fragend lächelte er seine Kameradinnen an, die sich erstaunt ansahen.   Von wegen kindisch, wann war Naruto denn so erwachsen geworden?   „Ich denke, ich spreche für alle, wenn ich gerne zusage“, meinte Hinata leise. Die anderen Mädchen nickten. „Ja, klar! Das machen wir!“   „Öhm… Habt ihr was dagegen, wenn ich auch komme?“ Verblüfft sah Tenten zu Kiba. Was wollte er denn damit bezwecken?   „Nein, natürlich nicht, je mehr, desto besser!“, schloss Naruto auch ihn in die Einladung mit ein.   Die Mädels würden ihm mit Sicherheit weitere Kleinigkeiten nennen, die sie nicht leiden konnten bzw. an einem Freund schätzen würden…   Nachdem er kurz die Vorteile dieser Treffen analysiert hatte, meldete auch Shikamaru sich an. „Dann würde ich auch gerne kommen.“   Ino sah zu ihm und bemerkte, dass er sie schon wieder musterte. Diese Treffen könnten wohl wirklich interessant werden…   ~~~   Nach einem dreitägigen Auftrag kehrte Sasuke mit einem Lächeln in sein Heimatdorf zurück. Natürlich nicht so auffällig, dass es jeder sehen würde, aber es war da. Unscheinbar, aber ehrlich.   Er war nun schon fast ein Jahr wieder in Konoha, zurück von Orochimaru, zurück aus der Finsternis, die er so lange für den einzig richtigen Weg gehalten hatte.   Er schaffte es immer besser, zu seinem alten Ich zurückzufinden und sich wieder in die Gemeinschaft zu integrieren, aber Gefühle offen zu zeigen, war ihm ja niemals leicht gefallen, selbst so ein kleines Lächeln…   Hatte er sich eigentlich jemals richtig bei Naruto für die Rettung bedankt? Nein, nicht wirklich, immerhin hatte er noch lange Zeit daran gezweifelt, ob dieser Weg tatsächlich der bessere sein sollte… Aber er glaubte, dass der Blonde ihn auch so verstand. Nein, er glaubte nicht, er wusste es.   Wenn man für einen Kumpel so weit ging, wie Naruto es für ihn getan hatte, ging die Freundschaft schon längst über das Verbale hinaus.   Naruto… Er war wirklich in jeder Hinsicht ein Überraschungsninja, der sich stets und ständig weiterentwickelte: Vom verhassten Kyuubi-Bengel zu seinem besten Freund, zum Helden Konohas, zu seinem Retter, zu einem beliebten, gutaussehenden jungen Mann, der in ihn verliebt war…   Als Kakashi ihn darauf gebracht hatte, warum Naruto so verletzt auf seine „Sorry, girls, I’m gay“-Aktion reagiert hatte, war es nicht nur das „schwul sein“ gewesen, das ihn überrascht hatte, sondern vor allem, dass gerade er es sein sollte…   Naruto kannte ihn doch schon seit Ewigkeiten! Er wusste um all seine Schattenseiten, seine hasserfüllten Gedanken und Ziele. Er kannte ihn wohl als Einziger so, wie er wirklich war – wie konnte er sich da in ihn verlieben?   Und doch war er irgendwo froh, dass es wenigstens eine Person gab, die ihn auch so mochte, wie er nun mal war… Als er zurückgekommen war, hatten nicht wenige gegen seine Wiederaufnahme in Konoha protestiert, was kein Wunder war, immerhin hatte er fast vier Jahre lang gegen das Dorf agiert.   Doch Naruto hatte sich damals für ihn eingesetzt und die Dorfältesten mithilfe seiner Freunde überzeugen können, Sasuke unter strengen Auflagen wieder aufzunehmen.   Es hatte ihn überrascht, dass seine ehemaligen Klassenkameraden sich nach all der Zeit noch für ihn ausgesprochen hatten: Shikamaru, Kiba, Chouji, Ino, Hinata, Neji, Lee, Tenten und Shino… Sogar Kakashi und Iruka und selbst Sai, sein erbärmlicher Ersatz im Team 7…   Nicht zu vergessen natürlich so gut wie die ganze weibliche Bevölkerung Konohas, die sich freute, ihren selbsternannten „Sexiest Man Alive“ zum Anhimmeln wiederzuhaben. Aber das zählte wohl nicht wirklich.   Und wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, hatte er irgendwo tief in seinem Inneren schon überlegt, ob er nicht auch… Gefallen… an Männern finden könnte… Und wenn es nicht seine Pflicht wäre, seinen Clan wiederaufzubauen, würde er sicher nicht zögern, ernsthaft darüber nachzudenken.   Er grinste selbstironisch. Na klar, als würde ich das wirklich in Betracht ziehen…   Kopfschüttelnd vertrieb er diese seltsamen Gedanken und machte sich auf den Nachhauseweg.   ~~~   Sasuke wurde wie üblich mit einem euphorischen Grinsen begrüßt.   „Hey, schön, dass du da bist. Wie lief der Auftrag? War’s sehr anstrengend? Na jetzt kannst du dich ja erst mal entspannen. Das Essen ist auch so gut wie fertig. … Apropos Essen…!“   Und schon flitzte der blonde Wirbelwind in die Küche, um bloß nichts anbrennen zu lassen, immerhin wollte er seinem besten Freund zeigen, was er gelernt hatte. Er hatte ihn ja nicht umsonst selbst zum Essen eingeladen, als Sasuke ihm wegen seines langen Auftrags seinen „Kochkurs“ für diesen Mittwoch abgesagt hatte.   Der Uchiha lächelte sanft. Egal wie sehr Naruto sich im Laufe der Jahre verändert hatte, wie erwachsen und verantwortungsbewusst er auch geworden war – er würde immer er selbst bleiben.   Nachdem er sich die Schuhe ausgezogen hatte, folgte er Naruto in die Küche, wo der Blonde vollauf damit beschäftigt war, in die verschiedenen Töpfe zu schauen, mit einem Messer in das Essen zu stippen, um herauszufinden, ob es schon durch war und es dann gegebenenfalls abzugießen oder vom Herd zu nehmen.   Stillschweigend fing Sasuke an, den Tisch zu decken. Naruto versuchte zwar noch, ihn davon abzuhalten, aber der Schwarzhaarige winkte nur ab.   „Schon ok, Tisch decken ist ja nun wirklich keine anstrengende Aufgabe. Und umso schneller können wir essen.“   Das leuchtete auch Naruto ein, also ließ er ihn machen und keine zehn Minuten später konnten sie es sich endlich schmecken lassen.   Allerdings erst nachdem der Uchiha den Tisch und zwei Stühle von all dem Kleinkram befreit hatte, der dort grundlos rumlag.   Also echt, wie kann man nur so unordentlich sein?   Mangels eines besseren Ortes machte er kurzerhand Narutos Bett und legte die Sachen darauf und auf dem Boden davor ab. Mit ein bisschen Glück würde das den Uzumaki dazu animieren, sein Chaos wirklich aufzuräumen, bevor er später ins Bett gehen konnte…   Noch dazu entdeckte er auf einem Regal an derselben Stelle, wo sie vor über drei Wochen abgelegt worden waren – seine Blumen. Die anderen hatten absolut Recht gehabt mit ihrer Meinung zu Naruto…   „Hmm… Das ist mir echt gut gelungen, findest du nicht?“, fragte ihn der Blonde nach wenigen Bissen und schloss genüsslich die Augen.   „Na ja. Die Kartoffeln sind etwas zu weich, das Gemüse etwas zu hart und das Fleisch etwas zu trocken, aber für den Anfang ist es ganz gut.“   Es war zwar schwachsinnig, wegen Narutos fehlender Manieren schlecht drauf zu sein, aber Sasuke konnte nicht verleugnen, dass seine gute Laune um einige Etagen gesunken war… Und anscheinend hatte er mit seinem Kommentar auch Narutos Euphorie gedämpft, denn der verzog nun schmollend das Gesicht.   „Hmpf. Also mir schmeckt’s!“   Schweigend aßen sie weiter, nur die typischen Essgeräusche untermalten die angespannte Stille – und Narutos Schmatzen, wie üblich.   Verstohlen musterte der Uchiha sein Gegenüber. Er wusste ja selbst, dass es kindisch war, nur wegen ein paar vergessener Blumen eingeschnappt zu sein. Das war auch gar nicht seine Art, aber in Zusammenhang mit Naruto verhielt er sich oftmals  ganz anders als in der Öffentlichkeit… Schon als sie beide noch Kinder gewesen waren, hatte das angefangen und ein Ende war nicht in Sicht, auch wenn sich seine Ansichten zu dem damaligen „Kyuubi-Bengel“ geändert hatte.   Warum war ihm Narutos Meinung auch so wichtig geworden? … Ach ja, bester Freund und einziger, der ihn wirklich versteht und so, da war ja was… Auch wenn er sich immer noch nicht erklären konnte, wie der Überraschungsninja es erst geschafft hatte, sich tatsächlich mit ihm anzufreunden und sich dann dennoch in ihn verliebte… Das wollte einfach nicht in seinen Kopf rein…   „Naruto?“   Der Blonde blickte fragend von seinem Teller auf.   „Ich… würde dich gerne etwas fragen, aber ich weiß nicht…“ „Hat es was mit meinen Gefühlen für dich zu tun?“ „Ja.“   „Frag ruhig. Es ist okay“, versicherte ihm der Uzumaki mit einem Lächeln, doch Sasuke erkannte ganz genau, dass die Fröhlichkeit gespielt war.   Er musterte ihn nachdenklich, dann sagte er leise: „Du kennst mich doch. Besser als jeder andere. …“ Fragend sah er ihm in die azurblauen Augen. „Warum hast du dich dann in mich verliebt?“   Naruto gluckste überrascht. „Ach, darum geht’s. Das ist leicht zu beantworten: Als du endlich zurückgekehrt bist, haben all die Mädchen, die dich vorher noch verflucht und für deine Beseitigung gestimmt haben, plötzlich wieder angefangen, dich anzuschmachten. Ich fand das ziemlich komisch, immerhin kennen die dich gar nicht und gut ausgesehen hast du auch als Nuke-nin…“   Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.   „Ähm… ja. Und dann diese dämliche Jagd nach dem perfekten ‚Sasuke Uchiha – Steckbrief‘… Ich mein, wenn man jemanden kennenlernen will, sollte man sich doch mit demjenigen anfreunden, statt ihn zu stalken, oder? Na wie auch immer, das hat mich auf alle Fälle dazu gebracht, viel über dich nachzudenken und warum man sich überhaupt in dich verlieben könnte…“   Errötend wich er dem Blick der schwarzen Augen aus. „Tja, so war das…“   Schweigen folgte seiner Erklärung, bis Sasuke schließlich nachhakte: „Das heißt, du wusstet vorher gar nicht, dass du… auf Männer stehst?“   „Nein.“ Der Blonde zuckte mit den Schultern. „Natürlich hab ich schon andere gutaussehende Männer getroffen, aber auch hübsche Frauen. Alle haben gleich aus meinen Gefühlen für dich geschlossen, dass ich schwul sein muss, doch ich denke nicht, dass es so einfach ist. Ich hab mich nicht in dich verliebt, weil du ein Kerl bist, sondern weil du du bist. Das Gleiche könnte mir wohl auch mit ‘ner Frau passieren.“   Wieder schwiegen sie sich an. Naruto lächelte. „Sorry, ich hab wieder zu viel gequatscht.“   Der Schwarzhaarige schüttelte leicht den Kopf. „Nein, schon okay. Ich hab ja gefragt.“   In nachdenklicher Stille aßen sie weiter.   Nun war Sasuke noch verwirrter. Er hatte nicht verstanden, wie Naruto sich in ihn verlieben konnte, obwohl er ihn so gut kannte und jetzt sagte der Blondschopf ihm, dass er sich genau aus diesem Grund erst verliebt hatte? Das war doch irgendwo unverständlich… Tja, Naruto war eben hundertprozentig ein Überraschungsninja…   „Kann ich dich jetzt auch was fragen?“   Aufgeschreckt sah er auf. „Klar.“   „Bin ich wirklich so schlimm, wie die anderen mich dargestellt haben?“   Der Uchiha war überrascht von dem ernsten Tonfall und Gesichtsausdruck seines Freundes. War ihm das wirklich so nahe gegangen?   Nach einigen Sekunden antwortete er aufmunternd: „Nein bist du nicht. Kannst du gar nicht, immerhin hat dich Sasuke Uchiha verteidigt, nicht?“   Naruto grinste. „Jaah, das war ziemlich cool.“   Ein unverständliches Grummeln war seine Antwort. „… Peinlich, meinst du wohl…“ - „Pah, du hättest mich ja nicht in Schutz nehmen brauchen!“   „Alte Gewohnheit“, stellte der Schwarzhaarige überheblich fest.   Die ungleichen Jungen grinsten sich an, bevor der Ältere wieder ernst wurde.   „Nein, im Ernst, du hast dich schon deutlich zum Besseren verändert.“ Spontan entschloss er sich, ganz ehrlich zu seinem Gegenüber zu sein, das war er ihm schuldig. „Nur mit den Manieren haben sie Recht.“   Leise fragte Naruto: „Zum Beispiel?“ - „Du schmatzt und sprichst mit vollem Mund. Wenn du Besuch erwartest, besonders bei weiblichem, solltest du vorher aufräumen und deinen Gästen ihr Geschirr hinstellen, statt sie sich selbst bedienen zu lassen. Und-“, zögernd sah er zu seinem vertrockneten Blumenstrauß, „wenn dir jemand Blumen schenkt, dann stell sie nächstes Mal in ‘ne Vase, ja?“   „Im Prinzip hab ich also alles falsch gemacht…“   Augenblicklich erkannte er, dass er wohl doch lieber den Mund gehalten hätte, denn der Uzumaki sah so niedergeschlagen aus, wie schon lange nicht mehr. Dass es aber weniger die Tatsache war, dass er so viele Dinge aufgezählt hatte, als viel mehr, diese aus dem Mund seiner (nicht mehr heimlichen) Liebe zu hören, darauf kam er nicht.   „Nein, so stimmt das nicht. Du bist eben, wie du bist. Aber Mädels stehen nun mal auf Ordnung und gutes Benehmen. Und einige Jungs wohl auch. Aber andere sind in der Hinsicht genauso wie du oder sogar schlimmer. Wenn du nicht gerade jemandem imponieren willst, dann wirst du schon bei den ersten Dates merken, ob derjenige damit klar kommt. Und wenn nicht, war er’s eben nicht wert.“ Er zuckte mit den Schultern. „Du solltest dich nicht ändern, um jemand anderem zu gefallen.“   Der Blonde sah ihn wortlos an, doch seine Augen stellten wie immer seine Emotionen zur Schau, aber es waren so viele, dass er es nicht schaffte, den Blick zu deuten. Wut, Dank, Zärtlichkeit, Schmerz, Verwirrung – anscheinend wusste Naruto selbst nicht, was er fühlen oder sagen sollte.   „Willst du noch was?“ „Wie?“ „Essen. Willst du einen Nachschlag?“ Zur Verdeutlichung wies der Uzumaki auf den Teller vor ihm. „Äh… nein, danke. War sehr lecker“, antwortet er automatisch. „Ok, dann nicht.“   Augenscheinlich unberührt fing Naruto an, den Tisch abzuräumen, aber Sasuke hatte den Schatten über sein Gesicht huschen sehen. Den Schatten des Ärgers, des Schmerzes und der Enttäuschung, wenn man das Gefühl hatte, von einer geliebten Person verspottet zu werden.   Sasuke seufzte tief. Wann war es soweit gekommen, dass Naruto alles, was er sagte, mit seinen Gefühlen interpretieren musste?   „Tut mir leid…“ Naruto stützte sich mit gesenktem Kopf an der Spüle ab. „Ich will wirklich wieder einfach nur dein bester Freund sein… Ich hätte nicht gedacht, dass das so schwer ist.“   Sasuke verspürte das seltene Bedürfnis, sein Gegenüber zu trösten, zu ihm zu gehen und ihm eine Hand auf die Schulter zu legen… Keine gute Idee…   „Naruto… Vielleicht sollten wir uns wirklich nicht so oft sehen. Kochen kannst du ja jetzt einigermaßen…“ „Geh bitte.“ „Soll ich nicht noch beim Abwasch helfen?“ Der Uchiha hätte sich selbst für diese Frage verfluchen können, aber es war eben seine gute Erziehung gewesen, die aus ihm gesprochen hatte. „Geh einfach.“ „… Man sieht sich.“   ~~~   Erst als er hörte, wie seine Wohnungstür sich schloss, drehte Naruto sich langsam um. „Verdammte Scheiße… Warum sagt einem eigentlich niemand vorher, dass Liebe verflucht wehtut? Echt jetzt…“   Seufzend wollte er sich auf sein Bett fallen lassen, doch seltsamerweise war dieses von zahlreichen Kleinigkeiten belegt. Kurzerhand packte er die Bettdecke, hob sie am hinteren Rand an und kümmerte sich nicht großartig um die Dinge, die lieblos zu Boden plumpsten. Dann ließ er sich einfach wie ein Brett aufs Bett fallen. Mit einem leisen Quietschen wippte die Matratze unter ihm nach.   „Maaan! So geht das doch nicht weiter!“, jammerte er und zog sich sein Kissen über den Kopf.   Wie war er damals auch auf die bescheuerte Idee gekommen, nach Gründen zu suchen, sich in Sasuke – du bist zwar mein bester Freund, aber trotzdem ein Arsch – Uchiha zu verlieben? Na ja - er hätte nicht mal im Traum daran gedacht, dass er sich dann auch tatsächlich in ihn verlieben würde…   Er lachte leicht hysterisch auf.   Wie hätte er das auch vorher wissen sollen? Dass man sich durchs Nachdenken verlieben konnte… Da versuchte man einmal, den Rat der ach so klugen Erwachsenen, immer erst nachzudenken, bevor man handelte, zu befolgen und schon ritt man sich selbst in die Scheiße! Er hatte doch schon vorher gewusst, dass sein Weg, nach Gefühl zu handeln, eben doch der bessere war!   Missmutig vor sich hin grummelnd malte er die Muster auf seiner Bettwäsche nach. Diese Erkenntnis brachte ihm im Nachhinein leider überhaupt nichts mehr. Viel wichtiger war jetzt – wie ent-liebte man sich denn wieder? Es gab doch so viele Ratgeber, da musste doch auch einer für Liebeskummer dabei sein! Vielleicht sollte er morgen einfach mal die Mädels danach fragen? Sakura, Ino, Tenten – möglicherweise sogar Hinata, immerhin hatte sie es auch geschafft, ihn zu vergessen – hatte sie doch, oder?   „So mach ich das!“ Mit neuer Energie erhob er sich schwungvoll aus dem Bett, rutschte auf irgendetwas aus und stolperte mit den Armen rudernd nach vorne. Sein Gleichgewicht wiedergefunden, blickte er mit zusammengekniffenen Augen zurück. „Blöder Sasuke, der hat man schönes Chaos auf dem Tisch durcheinander gebracht…“   Und vor sich hin zeternd machte er sich daran, das Durcheinander von einem Monat endlich aufzuräumen. Und wehe dem Uchiha, wenn Ordnung seinem zukünftigen Partner nicht wirklich wichtig wäre! Immerhin wollte er nie wieder irgendetwas nur machen, um Sasuke Blödarsch Uchiha zu gefallen! Echt jetzt!   ~~~   In Gedanken versunken machte sich Sasuke langsam auf den Heimweg.                    Wie sollte das zwischen ihnen bloß weitergehen?   So gut wie jedes Treffen fing mittlerweile mit einer Aussöhnung an – und endete meist mit einem neuen Konflikt.   Wieso konnte er sich nicht einfach einige Wochen insoweit zurückhalten, dass Naruto es schaffte, seine Gefühle in den Griff zu bekommen? Und warum legte Naruto jedes seiner Worte auf eine verdammte Goldwaage? Menschen sagten eben unbedachte Sachen, einfach so, ohne die Absicht, jemanden zu verletzen!   Doch Naruto hatten Worte schon immer mehr verletzt als körperliche Schmerzen. Immerhin hatte sich damals in seiner Kindheit niemand körperlich an ihm vergangen, da er unter dem Schutz des Hokage stand, aber das hatte die Leute nicht davon abgehalten, dem kleinen Kind ihren ganzen Hass aufzubürden, der eigentlich dem Monster in ihm galt, für das er nichts konnte.   Kein Wunder, dass er auch jetzt noch empfindlich auf solche Kritik reagierte, zumal sie von einem geliebten Menschen kam… Und wenn er es Naruto leichter machen wollte, ihn zu vergessen, sollte er sich wohl eher auf Jahre des Zurückhaltens als auf Wochen einstellen. Von sich selbst war er zwar gewöhnt, Gefühle innerhalb kürzester Zeit abtöten oder zumindest tief in seinem Innern verschließen zu können, aber Naruto hatte sein Herz schon immer auf der Zunge getragen und daran würde sich wohl auch nie etwas ändern.   Naruto…   Er hatte von ihm wissen wollen, wie man so dämlich sein konnte, sich gerade in ihn zu verlieben, wie gerade er so dämlich sein konnte, obwohl er ihn in- und auswendig kannte. Nein, wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er in erster Linie wissen wollen, was genau an ihm denn bitteschön liebenswert sein sollte.   Die Mädchen nannten ihn cool und sexy, er wurde einerseits für seine Gefühlskälte getadelt, andererseits während seiner Arbeit als Ninja dafür gelobt und nicht wenige bewunderten ihn für seine Selbstsicherheit, die ihn jederzeit von der Masse abhob, aber niemand wusste, dass sie nur eine Maske war. Eine steinharte Maske, die wie eine zweite Haut saß, die im Laufe der Jahre teilweise mit seinem Gesicht verschmolzen war, da er sie schon viel zu lange trug und sich nicht zugestand, sie wenigstens abzulegen, wenn er allein war, aber dennoch nur eine Maske. Um niemals wieder so verletzt zu werden, wie von dem Menschen, den er von Geburt an geliebt und vergöttert hatte – Itachi Uchiha.   Irgendwo tief in ihm drin war da immer noch das Kind, das bis zur totalen Erschöpfung weinte, das am liebsten vor Pein sterben würde, nicht nur, weil ihm die Familie genommen worden war, sondern vor allem, weil es von der Person, der es bedingungslos vertraut, die es vorhaltlos geliebt hatte, verraten worden war, und niemand durfte jemals davon erfahren.   Er glaubte auch nicht, dass es jemals jemand herausfinden würde. Der Einzige, der ihm nah genug wäre, es irgendwo hinter der Maske zu erahnen, war Naruto, aber er war wohl bei Weitem nicht feinfühlig genug, es zu merken.   Naruto…   Er hatte ihm seine Frage nicht ordentlich beantwortet. Sasuke hatte ja gemerkt, dass die fröhliche Einwilligung, über seine Gefühle zu sprechen, nur gespielt war, aber er hätte seinem blonden Freund nicht zugetraut, seine Antwort dann auch noch so undurchsichtig zu halten, dass er immer noch nicht schlauer war als vorher.   Wobei… es war immer noch Naruto, nicht? Höchstwahrscheinlich hatte er einfach genau das gesagt, was ihm in den Sinn kam, ohne groß darüber nachzudenken, dass die Frage eigentlich tiefer zielte.   Apropos „nachdenken“: Konnte man sich wirklich durch Nachdenken verlieben? Anscheinend ja schon.   Müsste es dann auch nicht andersrum funktionieren? Man hielt sich einfach die schlechten Seiten einer Person vor Augen – und schon ent-liebte man sich wieder? Abgesehen davon, dass er erst mal eine Person finden müsste, die ihn nicht leiden konnte, sollte Naruto wohl einfach mal mit jemandem ordentlich über ihn lästern, das würde sein Problem schon lösen.   Ein verhaltenes Grinsen umspielte Sasukes Lippen. Eigentlich eine amüsante Vorstellung. Und es mangelte ihm sicherlich nicht an schlechten Eigenschaften oder Taten.   Noch einfacher würde es die Sache allerdings machen, wenn es in Narutos Leben jemand Neues gäbe, der es wert wäre, ihn zu vergessen… Also musste er nur jemanden davon überzeugen, dass Naruto sein oder ihr Traummann war. Dank dessen Ehrlichkeit wusste er ja nun wenigstens, dass das Geschlecht nicht mal unbedingt eine große Rolle spielte. Das würde vielleicht nicht die einfachste Mission werden – immerhin war immer noch von Naruto die Rede – aber immer noch besser, als weiterhin dieses Hin und Her zu ertragen.   Er wollte seinen besten Freund zurück und Ende.   So… und wie sollte er es jetzt anstellen, dass sich jemand in Naruto verliebte? Ah ja, er brauchte erst einmal Gründe, sich in ihn zu verlieben! Ja… Äh… Gründe… Sich in Naruto Uzumaki zu verlieben!   Das dürfte wohl so ziemlich der schwerste Part an der ganzen Sache sein, wobei…   Sein Grinsen wurde breiter, so dass es vielleicht sogar für Fremde erkenntlich war.   Wenige Minuten später stand er vor dem zweitgrößten Anwesen Konohas.   „Guten Abend. Ist Hinata zu Hause?“   ~~~   Hinata konnte Sasuke nicht besonders gut leiden.   Sie würde niemals so weit gehen, ihn zu hassen, immerhin war er Narutos bester Freund und bedeutete ihm inzwischen mehr als jeder andere, aber mögen konnte sie ihn auch nicht. Was möglicherweise auch ein klitzekleines bisschen mit den Gefühlen zu tun hatte, die der Blonde für ihn hegte. Aber auch nur ein klitzekleines bisschen.   Und dass er sie nun an diesem lauen Sommerabend um ein privates Gespräch gebeten hatte, verwunderte sie mehr als alles, was er je getan hatte. Nicht dass sie noch jemand sah und das neueste Gerücht morgen eine angebliche geheime Liebschaft zwischen ihnen wäre.   „Wie kann ich dir helfen?“ Manchmal wusste sie zwar selbst nicht, wie sie es schaffte, so freundlich zu ihm zu sein, aber Erziehung war wohl einfach das A und O. Und es war ja sowieso nicht ihre Art, ihre Gefühle offen zur Schau zu tragen – außer, wenn es um Naruto ging.   „Wieso hast du dich in Naruto verliebt?“   Da kam aber jemand schnell auf den Punkt. Und dann auch noch gleich auf den wunden.   „Ich wüsste nicht, warum ich dir das sagen sollte“, verweigerte sie ihm höflich seine Antwort.   Einen Moment sah er fast verdutzt aus. Natürlich. Bei seinem Status bei den Mädchen war er es sicher nicht gewohnt, dass eine mal nicht gleich tat, was er wollte.   „Du bist nicht wie die anderen Mädchen.“   Es klang, als wollte er sich selbst daran erinnern. Seine Haltung entspannte sich ein wenig, als er ihr erklärte:   „Ich möchte Naruto helfen. Ich kann seine Gefühle nicht erwidern und ich will, dass es wieder wie früher wird. Also braucht er jemand anderen, den er lieben kann, und ich dachte, es wäre am einfachsten, zuerst jemanden sich in ihn verlieben zu lassen, nicht, dass er nochmal verletzt wird.“   „Und dafür brauchst du Gründe, sich in ihn zu verlieben.“   Schlaues Mädchen, das musste man ihr lassen. Und anscheinend hatte er genau das Richtige gesagt, denn ihr anfänglich verschlossener Gesichtsausdruck wich einem sanften Lächeln.   „Dennoch kann ich dir nicht helfen.“   Er runzelte die Stirn. Warum mussten Mädchen auch immer so kompliziert sein? Bei ‘nem Kerl hätte diese Körpersprache bedeutet, dass er ihm natürlich gerne unter die Arme greifen würde – bei einem Mädchen änderte es anscheinend nichts an ihrer Meinung.   „Was heißt, ‚ich kann nicht‘? Du brauchst gar keine Hilfe. Du hast uns doch selbst seine guten Seiten vor Augen gehalten, weißt du nicht mehr?“   „Seine guten Seiten?“   „Warum sonst sollte man sich in jemanden verlieben, wenn nicht, weil seine guten Seiten die schlechten mehr als wettmachen?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Natürlich müssen es Eigenschaften sein, die man schätzt, und man muss den Menschen an sich überhaupt mögen, aber dann…“   Der Schwarzhaarige schien mit seinen Gedanken schon ganz weit weg zu sein.   Jemanden zu finden, der Naruto mochte, dürfte kein Problem sein; wie er selbst schon festgestellt hatte, war es ja ziemlich schwer, sich Narutos Optimismus zu entziehen.   Und seine guten Seiten zu schätzen? … Hm… Mut, endlose Treue, Zuversicht selbst in den dunkelsten Zeiten und und und… Wär eigentlich schwer, so etwas nicht zu mögen, oder?   Aber könnte das seine schlechten Seiten aufwiegen? Selbstüberschätzung, kindisches Verhalten, keine Manieren…   Obwohl, wie er selbst gesagt hatte: Vielleicht hätte Narutos späterer Partner gar nicht so hohe Ansprüche wie er… Und wenn man Naruto erst mal wichtig war und ihn auf seine Schwächen aufmerksam machte, war er ja durchaus lernfähig…   Wenn er mal ernsthaft drüber nachdachte, sollte es doch eigentlich gar nicht so schwer sein, Naruto zu verkuppeln. Irgendwo war er doch ein toller Typ…   Ungläubig sah Hinata zu, wie Sasuke anscheinend das Für und Wider ihrer Worte abwog, zweifelnd die Stirn runzelte, dann auf einmal recht zufrieden aussah und schließlich spöttisch lächelnd den Kopf schüttelte. Wäre es tatsächlich möglich, dass Sasuke Uchiha wie jeder andere auch eine Art Selbstgespräch in seinem Kopf führte? Das machte ihn irgendwie – menschlicher.   „Dann sollte es leichter sein, ihm zu helfen, als angenommen“, meinte er schlussendlich und das Mädchen hatte das Gefühl, noch näher würde eine Erwiderung von ihm einem „Danke“ nicht kommen.   Kurz schien es, als wollte er noch etwas hinzufügen, dann sagte er nur: „Man sieht sich. Gute Nacht“ und ging.   Hinata sah ihm nachdenklich hinterher.   Sie konnte sich immer noch nicht überwinden, Sasuke Uchiha wirklich zu mögen, aber vielleicht machte es ihn ein klitzekleines bisschen sympathischer, dass er wenigstens versuchte, seine Fehler wiedergutzumachen.   Aber auch nur ein klitzekleines bisschen.   ~~~   Sasuke wusste nicht genau, was er fühlen sollte.   Die Situation war zwar noch genau dieselbe wie vor dem Gespräch mit Hinata, aber dennoch fühlte er eine unbestimmte Sicherheit in sich, dass für Naruto alles gut gehen würde, dass er eines baldigen Tages glücklich sein würde – mit irgendjemandem, den er verdient hatte und der es würdig war.   Irgendwo stimmte ihn dieser Gedanke traurig und er hoffte, dass es ein Mädchen sein würde, damit ihm wenigstens der Status als bester Freund erhalten bliebe. Dass er hoffte, der einzige Mann zu bleiben, in den Naruto sich jemals verlieben würde, um auch diesen Sonderstatus zu erhalten, um irgendwo immer jemand Besonderes für den Blonden zu bleiben, das gestand er sich nicht ein.   Schade eigentlich, dachte er, als er sich langsam auf den Heimweg machte, dass es in meinem Leben niemanden gibt, in den ich mich einfach nur verlieben müsste, um glücklich zu sein. Wirklich schade. Kapitel 3: Regeneration ----------------------- 3. Regeneration „Hey, Naruto, ist noch was von dem Kartoffelsalat da?“ „Klar, bedient eu-. Ich mein, klar, ich hol ihn.“   Beschwingt stand Naruto auf, brachte die riesige Schüssel Kartoffelsalat rüber zum Tisch und sogleich ließen sich auch noch andere Nachschlag geben, nicht nur Kiba, der ursprünglich gefragt hatte.   Anfangs war er ja unsicher gewesen, ob er nicht zu viel Essen gemacht hatte, weil er es nicht gewohnt war, für so viele zu kochen, aber anscheinend schmeckte es seinen Freunden, denn sie alle griffen beherzt zu und selbst die Mädchen schienen heute mal ihre Diäten ausgesetzt zu haben.   „Hmm… Der ischt escht lecker!“, schmatzte der Hundejunge, als Naruto sich wieder zu ihnen an den Tisch setzte und er musste grinsen. „Man spricht nicht mit vollem Mund, Kiba!“, wies er den anderen zurecht und nun grinsten alle.   Noch vor zwei Woche war es der Blonde selbst gewesen, der geschmatzt und mit vollem Mund geredet hatte, dessen Wohnung ein einziges Chaos war, wenn man ihn besuchte, und der ganz sicher noch nicht den Tisch gedeckt hatte (mal ganz absehen davon, dass er früher nie für andere gekocht hatte, geschweige denn für sich selbst) – und jetzt?   Die Wohnung war so aufgeräumt und sauber wie wohl nie zuvor, das selbstgekochte Essen wurde von ihm persönlich am gedeckten Tisch mit ausreichenden Sitzmöglichkeiten serviert und Naruto erwies sich erstmals als charmanter Gastgeber mit allem Drum und Dran: vom an der Tür Empfangen, über Smalltalk bis zum Sicherstellen, dass es seinen Gästen an nichts fehlte, statt sich zuerst um seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern.   Sogar der Blumenstrauß, den die vier Mädchen gemeinsam im Geschäft von Inos Eltern zusammengestellt hatten, endete in der Gesellschaft eines zweiten Straußes, den Naruto selbst gekauft hatte, um die Atmosphäre angenehmer zu gestalten.   Es war nicht perfekt, natürlich nicht. Die Tischdecke hatte ein paar Flecken, der Salat war vielleicht etwas zu überwürzt und das Fleisch vielleicht immer noch etwas zu trocken, aber man merkte, dass der Gastgeber sein Bestes gegeben hatte, und gerade die beiden anderen Jungs, die noch nie in ihrem Leben auch nur in der Küche geholfen hatten, waren von den Ergebnissen des Kochkurses beeindruckt, während die Mädchen aus eigener Erfahrung ein selbstgekochtes Essen zu schätzen wussten.   Ja, Naruto hatte sich wirklich gemausert und sie alle merkten es. Und er selbst schien wiederum ihre positive Reaktion darauf zu genießen, denn er strahlte wie ein Honigkuchenpferdchen und war so fröhlich wie schon seit langem nicht mehr.   „Du siehst heute wirklich gut aus“, sagte Hinata leise und alle schwiegen, schon allein, weil man still sein musste, um sie zu verstehen, so leise wie sie immer sprach. Das war sie schon gewöhnt.   Dass sie aber auch von allen angestarrt wurde und das in einer Mischung aus Gesichtsausdrücken von „Die Arme, sie ist wohl immer noch nicht über ihn weg…“ (Ino) über „Gut so, sag einfach ehrlich, was du denkst!“ (Tenten) zu „Na da geht aber jemand ran…“ (Kiba) war ihr – gelinde gesagt – unangenehm.   „Wir sind doch hier, um ihm Tipps zu geben, nicht? Also fange ich eben damit an, dass er sich heute mal wirklich stilvoll gekleidet hat, ganz abgesehen davon, dass er gut aussieht, weil er glücklich ist.“   Sie hielt den Kopf gesenkt, sprach aber selbstsicher und in normaler Lautstärke, immerhin war Naruto nicht der Einzige, der hart an sich arbeitete! Und wie könnte sie es ihm nicht nachmachen, wo er doch schon seit Ewigkeiten ihr Vorbild war, ganz unabhängig davon, dass sie ihm hatte gefallen wollen, weil sie ihn liebte?   Diese Erinnerung gab ihr auch den Mut, ihre nächsten Gedanken ebenfalls auszusprechen: „Wo wir schon dabei sind, ehrlich zu sein - …. Es nervt, dass für euch alles, was ich über oder zu Naruto sage, automatisch mit meinen Gefühlen für ihn zu tun hat. Ihr wisst, dass ich spätestens seit seinem Outing daran arbeite, ihn zu vergessen, und da helfen eure Anspielungen überhaupt nicht. … Ich denke, Naruto sieht das genauso.“   Sie wagte es, einen schnellen Seitenblick auf den Blonden zu werfen, der sie nachdenklich beobachtete, und ihr nun ein freundliches Lächeln schenkte.   „Hinata hat Recht“, stimmte er ihr zu. „Es nervt wirklich. Wenn ich mit euch zusammen bin, will ich einfach Spaß haben und ausnahmsweise mal nicht so viel nachdenken – obwohl ich das ja der öffentlichen Meinung nach sowieso zu selten tue…“, warf er mit gerunzelter Stirn ein und alle lachten während er sich verlegen grinsend am Hinterkopf kratzte.   „Na wie auch immer. Auf alle Fälle will ich nicht an Sasuke denken, wenn ich mit euch zusammen bin. Und heute haben wir uns ja auch für was ganz anderes getroffen, wie Hinata schon angesprochen hat, nicht?“   „Das stimmt. Aber… Wolltest du die Tipps nicht gerade, um… na ja, um ihm zu imponieren?“ Sakura lächelte ihn entschuldigend an. Es tat ihr leid, das Gespräch schon wieder auf den Uchiha zu bringen, aber wenigstens diese Frage sollten sie wohl noch klären, bevor sie das Thema abhakten.   Naruto schüttelte den Kopf. „Nein. In erster Linie will ich sie für mich selber. Ich merk ja jetzt schon, wie viel besser die Stimmung ist, wenn ich ein paar mehr Manieren zeige. Und zweitens…“ Er grinste spitzbübisch. „Ich hab das Dorf gerettet und Sasuke zurückgeholt. Jetzt hab ich mir mal ‘ne Auszeit verdient, um auch ein bisschen Spaß zu haben, denk ich.“   Spätestens, als er eindeutig mit den Augenbrauen wackelte, wusste jeder, welche Art von Spaß er meinte.   Für einen Moment sahen ihn alle sprachlos an und bis auf Kiba erröteten alle in verschiedenen Farbabstufungen. Es war ungewöhnlich, dass einer von ihnen auch nur Anspielungen auf das Thema Sex machte. Es passte einfach nicht in ihren Lebensstil. Nicht so, wie für „normale“ Jugendliche.   Sie waren Ninja, Krieger. Sie kämpften für die Sicherheit ihres Dorfes und für ihren eigenen Ruf und wenn sie sich eines Tages ausreichend bewiesen haben würden und es an der Zeit wäre, würden sie sich einen geeigneten Partner suchen, um ihrerseits die Flamme Konohas an die nächste Generation weiterzugeben, so einfach war das.   Dass man sich auch als Ninja einfach mit Gleichaltrigen treffen sollte, um Spaß mit- und aneinander zu haben, war ein ganz neuer Gedanke – aber eigentlich gar kein schlechter…   Dank ihrer ausgebildeten Sinne bemerkten alle sieben sowohl Inos kokettes Lächeln in Shikamarus Richtung und wie der seltsamerweise verlegen, aber lächelnd den Blick abwandte als auch wie Kiba alle vier Mädels ganz offen abcheckte.   „Vergiss es ganz schnell wieder“, motzte ihn die Blonde sofort an und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder gänzlich ihrem ehemaligen Teamkameraden.   Hinata hätte sogar schwören können, dass Shikamarus rechter Arm gezuckt hatte, als wolle er ihn Kiba in die Seite stoßen, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte…   Naruto grinste einfach nur noch von einem Ohr zum anderen. Seine Ideen schienen in letzter Zeit nicht nur ihm selbst zu helfen und Vergnügen zu bereiten… Und was wäre schöner, als zum Dank für die Tipps seine Freunden gleichzeitig auch noch (miteinander) zu verkuppeln?   Nachdem sie einige Minuten lang mit Sakura um Kibas Aufmerksamkeit gebuhlt hatte, war es Tenten, die den Blick abwandte, sich räusperte und zuerst wieder das Wort ergriff.   „Um zum Thema zurückzukommen… Hinata hat Recht, Naruto, du siehst heute wirklich gut aus. So ‘ne Kleidung trägst du sonst nicht…?“   „Uhm… nein, die hatte ich mal auf die Schnelle gekauft, als ich glaubte, ein Date mit Sasuke zu haben…“ Er tauschte ein amüsiertes Grinsen mit Hinata, bevor er mit den Schultern zuckte. „Es ist Wochenende und ich dachte, es würde zur Stimmung passen, das anzuziehen.“   „Das tut es. Du solltest mehr dieser Art haben, Naruto. Und sie nicht nur am Wochenende tragen.“ Ino nickte Sakuras Worte bestätigend ab.   „Bei Aufträgen und Kämpfen geht die Kleidung zwar schnell kaputt, aber was soll’s? Besser als die ganze Zeit schlampig rumzulaufen und man hat ja doch nicht den Nerv oder die Zeit, sich vor und nach den Aufträgen gleich wieder ordentliche Sachen anzuziehen. Ich kaufe zum Beispiel neue Kleidung oftmals gleich mehrmals, dann stört es nicht, wenn eine Ausführung in den Müll kommt. Man muss eben nur darauf achten, nicht beide Exemplare hintereinander zu tragen, sonst denken die anderen, du würdest das Gleiche mehrere Tage lang tragen…“   Naruto sah sie mit großen Augen an.   „So viele Gedanken machst du dir allein um deine Kleidung? Was ist denn schlimm daran, das Gleiche mehrere Tage lang zu tragen…?“   Die vier Mädchen kommunizierten anscheinend nur mimisch miteinander, denn nachdem sie einige sehr seltsame Blicke und Gesichtsausdrücke ausgetauscht hatten (Also manchmal waren Frauen echt ein Buch mit mindesten sieben Siegeln…), machten sie sich daran, Naruto gemeinschaftlich in das Geheimnis guten Aussehens und Auftretens einzuweisen.   In stummer Absprache mit seinem Kameraden begab sich Kiba auf die Suche nach dem versprochenen Schokoladenpudding. Das schien ein langer Nachmittag zu werden, an dem sie nicht viel mehr machen konnten, als zuzuhören und mitzulernen.   ~~~   Es war seltsam, wie schnell Sasuke sich inzwischen an Gesellschaft gewöhnen konnte.   Damals hatte es ihn jahrelang geschmerzt, allein zu sein, und da er sich nicht besser zu helfen wusste, hatte er eben gelernt, damit umzugehen und es war Normalität für ihn geworden.   Die Akademie war das Äußerste an Kontakt mit anderen Menschen gewesen, das er zugelassen hatte, und selbst da hatte er eigentlich nichts mit seinen Klassenkameraden                             zu tun gehabt, weil er ihnen schnell klargemacht hatte, dass er in Ruhe gelassen werden wollte. Die Mädels hatten zwar schon damals genervt, aber wenigstens hatten sie ihn nur aus der Ferne angehimmelt.   Der Einzige, der es nicht lassen konnte und immer wieder auf Konfrontationskurs ging, war Naruto. Er lächelte bei der Erinnerung.   Naruto war echt eine Nervensäge gewesen. Quatsch – das war er immer noch!   Aber im Gegensatz zu damals in der Akademie und zu den Anfangszeiten von Team 7 fand er seine Gesellschaft nicht mehr lästig. Er vermisste sie.   Er hatte sich so schnell daran gewöhnt, Naruto fast täglich zu sehen… Jeden Mittwoch und am Wochenende für den Kochkurs, wenn sie sich beim jeweils anderen für einen längeren Auftrag ab- bzw. wieder zurückmeldeten, meistens morgens bei Tsunade, manchmal sogar beim Einkaufen, da Naruto ja jetzt auch auf gesunde Ernährung achtete…   Er vermisste ihn. Früher war die Einsamkeit seine Welt gewesen und es hatte ihn nicht gestört, allein zu sein, aber einmal daran gewöhnt, jemanden zum Reden und Lachen zu haben, einfach jemanden, der da war…   Außer Naruto hatte er niemanden sonst. Er wusste, dass es seine eigene Schuld war. Er hatte auch andere Freunde, die genauso darum gekämpft hatten, dass er zurückkehren würde, und die sich genauso dafür eingesetzt hatten, dass er bleiben durfte, aber…   Jaja, dieses kleine Wörtchen „aber“… Er war eben nicht der Typ, der sich einfach zum Quatschen und Spaß haben mit Freunden traf. Wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, wusste er, dass er es schlicht verlernt hatte. Mit Naruto war das leicht, der war eine Quasselstrippe, der sich selbst und ihn gleich mit unterhalten konnte, Naruto wusste, wie er tickte, aber die anderen…   Nun, es war ja nicht so schlimm, als dass er etwas daran ändern müsste. Ganz im Gegenteil: In hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft würde Naruto glücklich in festen Händen sein und sogar noch weniger Zeit für ihn haben. Und er wäre wieder ganz allein.   Also konnte er sich auch schon mal wieder dran gewöhnen.   Irgendwo ganz tief in seinem Innern war Sasuke klar, dass das überhaupt nichts mit „Wenn man erwachsen wird, gehen Freunde nun mal verschiedene Wege“ zu tun hatte. Es war kein Schritt Richtung erwachsen werden, sondern ein Schritt zurück zu seinem alten Ich, aber er konnte sich nicht dazu bringen, etwas Schlechtes daran zu finden.   Noch nicht.   ~~~   Als die Mädchen der Meinung waren, Naruto – fürs Erste – genug Input gegeben zu haben und die Köpfe der Jungs vor lauter Informationen, die ja so wichtig waren, schon rauchten,  war es früher Abend und dank Narutos Freude am Teilen wurde entschieden, ihre knurrenden Bäuche mit den Resten des Mittagessens zu füllen.   „Pfff… Ich hab das Gefühl, ich platz gleich…“ Kiba hielt sich die Körpermitte und die anderen lachten.   „Aber das war es wert. Das Essen ist dir wirklich gelungen, Naruto. Auch wenn das heißt, dass ich in den nächsten Tagen meine Diät noch strikter einhalten muss, als sonst…“   Wie erwartet nickten Tenten und Sakura automatisch zu Inos Worten, doch unerwartet war, dass Shikamaru leise widersprach: „Das hast du doch gar nicht nötig…“ und ihr einen Blick schenkte, der eindeutig unter die Haut ging.   Obwohl, nach all den offenen Worten und dem schönen Nachmittag war es wohl normal, dass sich selbst der sonst so ernste Stratege etwas gelöster gab. Die blonde Kunoichi schien sich jedenfalls über das Kompliment zu freuen.   „Schön, dass es euch geschmeckt hat“, grinste Naruto in die Runde. „Für all die Hilfe war das wohl das Mindeste, was ich tun konnte“ und das schien das inoffizielle  Signal zum Aufbruch zu sein, denn alle erhoben sich, versuchten wenigstens, noch beim Aufräumen zu helfen, wovon der Blonde sie jedoch schnell abhielt, und zogen sich die Schuhe an.   Im Flur verabschiedeten sie sich mit erneutem Lob von ihrem Gastgeber und wollten gehen, doch die drei jungen Männer hatten nicht umsonst den ganzen Nachmittag über dem Insiderwissen der Mädchen gelauscht.   „Ihr seid zwar Kunoichi, aber vor allem seid ihr Mädchen. Wie könnten wir euch da so spät abends allein nach Hause gehen lassen?“ Kiba zwinkerte Tenten und Sakura zu und hielt ihnen die Arme zum Einhaken hin, während Shikamaru zögerlich und stillschweigend Inos Hand nahm.   Was er dachte, war ausnahmsweise nicht für die Ohren seiner Freunde bestimmt.   Hinata und Naruto sahen zu, wie sich die Mädchen kichernd die Treppe hinuntergeleiten ließen, dann grinsten sie sich an.   „Na, das lief doch besser als gedacht, nicht?“   Auch der Blonde zögerte, hielt ihr aber schließlich doch die Hand hin, die sie mit einem warmen Lächeln ergriff.   „Es ist okay.“   Sie machten sich ebenfalls langsam auf den Weg, wenn auch mit anderen Hintergedanken als ihre Freunde.   „Uhm… Du musst nicht antworten, wenn es für dich unangenehm ist, aber… wie hast du das geschafft…? Also das mit dem Entlieben, mein ich…“   Vor dem Nachmittag hätte Naruto ihr Schweigen wahrscheinlich als Abweisung aufgefasst, aber nun verstand er, dass sie nach Worten suchte.   „Es gibt mehrere Wege. Den des Hasses hast du ja selbst schon ausprobiert“, erinnerte sie ihn an seine Racheaktion, nachdem er kapiert hatte, dass Sasuke ihn nur aufs Übelste ausgenutzt hatte, um die nervigen Fangirls loszuwerden, und er nickte.   „Nicht der schönste Weg.“   „Nein, nicht wirklich. Und besonders nicht, wenn man Freunde bleiben will.“   Bevor die Schwarzhaarige weitersprechen könnte, verfestigte sich der Griff um ihre Hand und Naruto versuchte, seine Gefühle für sie in seinen Worten und seiner Stimme wiederspiegeln zu können, selbst wenn sie nicht ausreichend gewesen waren.   „Ich bin froh, dass wir immer noch Freunde sind, Hinata. Dass du immer noch meine Freundin sein willst.“   „Du hast mir nie wehgetan oder mit mir gespielt, so wie Sasuke mit dir. Und ehrlich gesagt wüsste ich nicht, wie ich dich nicht mehr lieben sollte, wenigstens als Freund. Es gibt nicht viel, für das man dich hassen könnte, Naruto“, sagte sie schlicht, dann fügte sie kopfschüttelnd hinzu: „Außer für deine Selbstlosigkeit und diesen dämlichen Drang, dich beweisen zu müssen, vielleicht. Es ist nicht schön, sich immer Sorgen darum, machen zu müssen, ob du lebend zurückkommst.“   „Das ist kein Drang, ‚mich beweisen zu müssen‘, sondern der Wunsch, meine Freunde und mein Dorf zu schützen! Das ist es doch, was einen Hokage ausmacht, nicht?“, protestierte er, hatte aber den Anstand, rot zu werden.   Sie kicherte. „Ich bin mir sicher, dass du irgendwann Hokage wirst, Naruto.“   Der Blonde war zwar ein wenig irritiert von der Widersprüchlichkeit zwischen ihren Worten und ihrem Tonfall, aber das war wohl wieder mal so ‘n Mädchending. Wenn Hinata das sagte, meinte sie es auch so.   „Also, wenn man den Weg des Hasses mal ausschließt, ist es in erster Linie wichtig, sich die Zeit zu nehmen, darüber nachzudenken, warum es nicht gekl-“   „Durch Nachdenken hab ich mich doch erst in die ganze Scheiße reingeritten“, unterbrach er sie grummelnd, hatte aber nicht den Nerv, sich zu erklären, sondern gab ihr ein Zeichen, weiterzureden.   „Darüber nachzudenken, warum es nicht geklappt hat. Man soll sich die Zeit dafür nehmen, aber es dann auch wieder gut sein lassen. Es bringt nichts, den ganzen Tag lang nichts anderes tun, stattdessen sollte man Spaß haben und sich ablenken. Eigentlich wird auch Sport empfohlen, aber das ist für uns als Ninja wohl irrelevant.“   Sie lächelte. Wenigstens ein Vorteil, den sie gegenüber den „normalen“ Jugendlichen hatten, wenn es um Liebeskummer ging.   „Am besten soll es sein, darüber zu reden, aber ich denke, nachdenken ist auch okay. Ich bin damals nicht drum rum gekommen, mit ein paar Freundinnen drüber zu reden und eine hat mir eine Gruppe unglücklich Verliebter empfohlen, die sich jede Woche trifft, um zu reden, Pläne zu machen und Fortschritte zu besprechen und so. Sie unternehmen wohl auch viel zusammen, um wieder Spaß am Leben zu haben.“   ‚Wieder Spaß am Leben zu haben‘? Klang zwar ein bisschen sehr dramatisch für seine Ohren, aber ansonsten hörte es sich eigentlich ganz gut an. Neue Freundschaften zu schließen, war nie verkehrt, nicht? Und wer weiß, vielleicht gab es da ja einen netten Typen oder ein nettes Mädchen…   „Weißt du noch, wann und wo sie sich treffen?“, hakte er neugierig nach.   Inzwischen waren sie am Hyuuga-Anwesen angekommen, aber ließ ihre Hand noch nicht los. Irgendwie war das ein schönes Gefühl und er würde jede Art von körperlicher Nähe so lange wie möglich genießen.   „Jaa, aber… Das ist keine Ninja-Gruppe und… ich weiß nicht, ob es da auch… Jungs wie dich gibt….“   Fragend legte er den Kopf schief, bevor er verstand, was sie andeuten wollte. Er winkte lässig ab.   „Als ich meinte, dass eure Tipps mir schon helfen werden, weil sich Jungs und Mädels wohl nicht so groß unterscheiden können, meinte ich auch, dass es mir eigentlich egal ist.“   Er machte eine gleichgültige Geste.   „Ich hab mich in Sasuke verliebt, weil er er ist, nicht, weil er ein Typ ist und ich denke, dass ich mich auch in Frauen verlieben könn…te.“   Nun ließ er ihre Hand doch los und machte einen Schritt zurück.   „Tut mir leid.“   Diesmal konnte sie sich nicht überwinden, ihn beruhigend anzulächeln. Sie hatte nicht damit gelogen, dass es inzwischen okay für sie war und dass sie ihn nicht hassen wollte, aber dieser Weg war so viel schwerer…   „Warte kurz, ich schreib dir eben die Daten auf, ja?“   Sie schlüpfte durch das Eingangstor, das einen Spalt offen stand, und ließ einen betrübten Naruto zurück, der sich mit gesenktem Kopf an eine der Außenmauern lehnte.   Sie hatte zwar gesagt, dass er sie nie verletzt hätte, aber das stimmte nicht. Jedes Mal, wenn er mal wieder nicht auf seine Worte oder Taten achtete, verletzte er sie… Jedes verdammte Mal… Er musste gefälligst auch an dieser Art von sich arbeiten…!   Kurz darauf kam sie mit einem Zettel in der Hand zurück, den sie ihm lächelnd hinhielt.   Die Unterbrechung hatte geholfen, sich wieder in den Griff zu bekommen.   „Hier, darauf steht alles, an was ich mich erinnere, ich hoffe, das stimmt noch alles so. Wenn nicht, sag Bescheid, dann frag ich meine Freundin noch mal.“   Auch der Uzumaki lächelte. Sie sah zwar, dass er sie lieber mit hängendem Kopf um Verzeihung gebeten hätte, aber er hatte sich anscheinend entschieden, das Thema nicht noch mal anzusprechen. War auch besser so, für sie beide.   „Danke, Hinata. Nicht nur dafür. Auch für die Tipps und dafür dass du mich vor den anderen verteidigt hast und immer für mich da bist, obwohl ich ja-. Danke, dass du meine Freundin bist. Die beste. Auch wenn es nicht genug war: Ich hab dich trotzdem lieb.“   In seinem Übereifer zog er sie in eine warme Umarmung und küsste sie spontan auf die Wange.   Dann zuckte er wie vom Blitz getroffen zurück und verzog das Gesicht.   „Das hätte ich nicht tun sollen…“   „Ich hab dich auch lieb, Naruto. Gute Nacht.“   Er verabschiedete sich mit einem Nicken und machte sich auf den Heimweg.   Da lag noch eine ganze Menge Arbeit vor ihm!   Hinata atmete tief ein und stieß die Luft dann langsam wieder aus.   Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis sie wieder einfach nur einen Freund in Naruto sehen könnte, aber es würde sich lohnen, also machte sie weiter.   Sie wandte sich um, um endlich ins Haus zu gehen und erschrak furchtbar, als sie merkte, dass sie vom Tor aus beobachtet wurde.   „Bruder Neji…“   Er machte ihr den Weg frei, sodass sie an ihm vorbei auf das Hyuuga-Grundstück treten konnte, doch als sie auf seiner Höhe war, trat er ganz plötzlich wieder vor, sodass sie erschrocken zurückzuckte.   „Bruder?“, fragte sie nervös, als er sie schon, wie Naruto kurz zuvor, in die Arme nahm und sie auf die gleiche Stelle wie sein Kamerad küsste.   Doch anders als der Blonde löste er die Umarmung danach noch nicht, sondern zog das Mädchen noch enger an sich.   „Wann wirst du endlich aufhören, mich so zu nennen?“   ~~~   Sasuke hielt kurz inne, um einen letztes Mal im Kopf durchzugehen, ob er auch alles eingepackt hatte, dann zog er die Tür hinter sich ins Schloss und machte sich auf den Weg zum Dorfausgang.   Ein kleines Dorf an der Grenze zu Suna brauchte wohl den Schutz einiger Ninja, um eine Bande lästiger Banditen loszuwerden. Er verzog missmutig das Gesicht.   So schön es auch war, wieder Zuhause zu sein, wieder hier sein zu dürfen – Tsunades Angewohnheit, ihm keine allzu wichtigen Aufträge anzuvertrauen, nervte, zumal er immerhin schon fast ein Jahr wieder hier war…   Unwillig grummelte er vor sich hin.   Man konnte gegen Orochimaru sagen, was er wollte, wenigstens hatte er ihm zu neuer Stärke verholfen, statt ihn zurückzuhalten…   „Sasuke-kun!!!“   Innerlich stöhnte er genervt auf. Nicht das noch…   „Solltet ihr nicht längst Zuhause sein?“, fragte er kühl und musterte die beiden Mädchen, die sich ihrerseits nicht an ihm sattsehen konnten.   „Seitdem du zurück bist, habe ich keine Angst mehr, nachts rauszugehen, Sasuke-kun. Du bist doch so stark und-“   Die Braunhaarige hielt ihrer schmachtenden Freundin schnell den Mund zu.   „Wir sind gerade auf dem Heimweg vom Theater, aber wir beeilen uns. Hast du wieder einen längeren Auftrag vor dir?“, fragte sie neugierig mit Blick auf seinen Rucksack.   Er hielt seine Antwort kurz und hoffte, dass sie ihn dann endlich in Ruhe lassen würden. „Ja. Deswegen muss ich jetzt auch weiter.“   Warum noch mal hatte er sich überhaupt mit ihnen unterhalten?   „Natürlich. Wir wollten dich nicht aufhalten.“ „Viel Glück, Sasuke-kun!“   ‚Glück‘… Er schnaubte verächtlich und ging.   Er verstand bis heute nicht, warum Naruto immer darauf bestand, dass er die Menschen besser behandeln sollte.   Reichte es nicht, dass er tagtäglich für eben diese Menschen und ihre Heimat kämpfte? Warum musste er da auch noch nett zu ihnen sein?   Die Individuen interessierten ihn nicht, er wollte sich nicht mit ihnen unterhalten und er wollte auch ihren Dank und ihre Glückwünsche nicht, er wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden.   Das hatte er seinem besten Freund damals auch gesagt und der Blonde hatte kein überzeugendes Gegenargument finden können, nachdem Sasuke ihm an den Kopf geknallt hatte, dass sein Bruder das Dorf und seine Einwohner geliebt hatte, so sehr geliebt hatte, dass er für ihre Sicherheit seine eigene Familie ausgelöscht hatte – und er war trotzdem nicht nett zu ihnen gewesen.   Er wusste nicht, ob es an dieser Offenbarung gelegen hatte oder daran, dass er danach weinend zusammengebrochen war, aber Naruto hatte ihn einfach nur gehalten, erzählen lassen, was er wollte, aber keine Fragen gestellt und das Thema danach nie mehr erwähnt.   Itachi…   Er hatte schon lange nicht mehr an ihn gedacht… Und er wollte es auch nicht, nicht jetzt.   Spätestens wenn er ernsthaft zur Familienplanung übergehen würde, bliebe ihm wohl keine andere Wahl, als sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, aber das war nichts für „mal eben zwischendurch“.   Außerdem hatte ihm sein Zusammenbruch damals ein wenig zu denken gegeben, wie schlimm es wohl werden würde, wirklich alles wieder aufzurollen. Er hätte es niemals zugegeben, aber hatte Angst davor, was das an seinen Gefühlen für seinen Clan und insbesondere für seinen einst so verhassten Bruder ändern würde – und er hatte Angst, dabei allein zu sein.   Er schauderte allein bei dem Gedanken daran und Gefühle konnte er ja wohl gar nicht bei der Arbeit gebrauchen, also wechselte er schnell wieder das Thema.   Na wenigstens hat die Aktion damals insoweit was gebracht, dass die Mädels mich weitgehend in Ruhe lassen. Sie stalken mich nicht mehr und halten sich einigermaßen gegenseitig in Schach, wie man ja gerade gesehen hat. Und mit Sakura und Ino kann ich sogar wieder ganz normal befreundet sein…   Er schnaubte zu seiner eigenen Wortwahl, überging es aber ansonsten beflissen. Er wollte jetzt auch nicht über „Freunde“ nachdenken, noch darüber, was in seinem Leben „normal“ war. Er wollte überhaupt nicht darüber nachdenken.   Es würde ihm sowieso nichts bringen, außer seine früheren Überlegungen ins Schwanken zu bringen, so wie damals…   Naruto!, schrie er sich selbst gedanklich an. Denk an Naruto. Was sind seine Stärken, seine guten Seiten? Und wie kann ich irgendjemanden möglichst schnell so von ihm überzeugen, dass er sich in ihn verliebt? …   Wieder einmal bewies sich, wie stark die gedankliche Anziehungskraft wirken konnte, denn in dem Moment sah er Naruto schnellen Schrittes die nächste Querstraße entlangeilen.   Sein Name lag ihm schon auf den Lippen, doch dann presste er sie fest zusammen.   Er hatte selbst gesagt, dass ihnen etwas Abstand wohl ganz gut tun würde. Er sollte sich darüber freuen, dass er Naruto die ganze Woche kaum zu Gesicht bekommen hatte; hieß das doch wahrscheinlich, dass er genug anderes zu tun hatte, um sich abzulenken.   Er sollte sich für ihn freuen, aber er konnte es nicht. Er war lange genug einsam gewesen, um zu lernen, seine eigenen Bedürfnisse an die erste Stelle zu setzen und jetzt gerade wollte er einfach nur seinen besten Freund wiederhaben!   Und wenn sie nur kurz über seinen neuen Auftrag reden und Naruto ihm eine gute Reise wünschen würde…   Dennoch sagte er nichts, sondern beobachtete stillschweigend, wie der Blonde aus seinem Gesichtsfeld verschwand. Er sah aufgewühlt aus… Was wohl passiert war? Hätte er ihn aufgehalten, wäre er womöglich gar nicht dazu gekommen, von seinem Auftrag zu erzählen, da Naruto ihm erst mal unbedingt hätte erzählen müssen, was soeben vorgefallen war…   Er lächelte sanft. Ja, Naruto verstand es fabelhaft, ihn von seinen eigenen, schwarzen Gedanken abzuhalten. In den letzten Monaten war er kaum noch dazu gekommen, wieder in diese düstere Stimmung zu verfallen und jetzt schaffte er es schon nach einer Woche ohne ihn kaum mehr aus eigener Kraft heraus…   Er war so verdammt schwach geworden…   Was würde er tun, sobald Naruto ihn gänzlich verlassen würde…?   An der Querstraße angekommen, blickte er automatisch nach rechts, um vielleicht noch den Grund für Narutos Gemütszustand zu erfahren und sah tatsächlich etwas, das auch ihn selbst aufwühlte:   Im Eingangstor zum Hyuuga-Anwesen hielt Neji seine Cousine fest im Arm und sie küssten sich.   Entschlossen wandte er den Blick ab und beschleunigte seine Schritte.   Höchste Zeit, hier raus zu kommen, dieses gefühlsduselige Dorf war ihm mehr als zuwider.   ~~~   Naruto war ziemlich zufrieden mit seinem Leben, so, wie es momentan war: größtenteils ruhig.   Es drohte kein Ninjaweltkrieg mehr, es gab keine Organisation mehr, die ihn wegen des Kyuubi jagte, er hatte seinen besten Freund zurück… Natürlich gab es da noch einige Probleme, die sie klären mussten, aber er zweifelte nicht daran, dass in nicht allzu ferner Zeit alles wieder wie früher sein würde – nein, besser!   Nein, er zweifelte nicht, immerhin war es nur seine eigene Schuld, dass sie nicht normal miteinander umgehen konnten.   Es hatte schon vieles in seinem Leben gegeben, woran er die Schuld trug und er hatte alles gemeistert, indem er hart an sich arbeitete, also sollte er das auch hinbekommen.   Er war zu kindisch gewesen, um die Leute davon überzeugen zu können, stark genug zu sein, das Kyuubi zu bändigen, er war zu schwach gewesen, Sasuke davon abzuhalten, zu Orochimaru zu gehen…   Und das waren alles große Probleme gewesen, die über Leben und Tod entscheiden konnten.   Seine Gefühle für den Uchiha in den Griff zu bekommen sollte nun wirklich nicht der Hit sein, wenn man bedachte, was er schon alles geschafft hatte.   Ja, Naruto wusste, wie er sich selbst motivieren konnte, und wie er es schaffte, die Gesamtsituation immer in so gutem Licht darzustellen, dass er nicht die Hoffnung verlor. Vielleicht war auch manchmal ein bisschen zu optimistisch, aber auch nur vielleicht… und kann man überhaupt zu optimistisch sein?   Auf alle Fälle nicht, wenn man Naruto Uzumaki heißt.   Heute hatte er sich endlich spontan entschlossen, zu diesem Club „Unglücklich Verliebter“ zu gehen. Eigentlich hatte er sich nicht wirklich aufraffen können, weil er lieber selbst damit klarkommen wollte, als mit Fremden über seinen Kummer zu sprechen, aber heute war Mittwoch…   Kochtag… und Sasuke war nicht im Dorf, ganz abgesehen davon, dass sie sich auch dann nicht gesehen hätten…   Naruto wusste ja, dass der Abstand wichtig war… aber er vermisste ihn. Er vermisste seinen besten Freund und er vermisste es, dessen oftmals dunkelschwarze Stimmung mit seinem Geplapper über seinen Alltag, seine Gedanken und Träume aufhellen zu können.   Aber gut, wenn er sich nur die nächsten Wochen ordentlich anstrengte, würden sie bald einfach wieder Freunde sein können… Durchhalten, Naruto!   Also hatte er einen Kichererbsen-Eintopf gekocht – Mittwoch war eben Kochtag und es wär sicher nett, ein selbstgekochtes Abendessen zu dem Treffen beizusteuern… – und machte sich vorfreudig auf den Weg…   … der letztendlich länger war als geplant, weil er sich im Viertel der Nicht-Ninja nicht auskannte, aber gut: zwölf Minuten nach Acht stand er dann wohl endlich vor dem richtigen Haus, atmete noch einmal tief durch und klingelte.   Schon hörte er, wie jemand anscheinend zur Tür rannte und dabei wohl die Kontrolle verlor, da es erst laut polterte und die Tür dann mit einem  unterdrückten Fluch aufgerissen wurde.   Sekundenlag wurde er mit offenem Mund und großen Augen angestarrt, was ihm genug Zeit gab, den anderen Jungen seinerseits zu mustern: Schwarze Haare, nachlässig zu einem Zopf gefasst, dunkelbraune, warme Augen, und ein Körper, der ungewohnt normal war, nicht so durchtrainiert, wie er es von all seinen Kameraden gewohnt war… aber nicht auf eine schlechte Art.   Dann hatte sich sein Gegenüber wieder gefasst, zeigte beinahe anklagend mit dem Finger auf ihn und platzte heraus: „Du bist Naruto!“   Besagter hätte sich gerne wie üblich verlegen am Hinterkopf gekratzt, wurde aber durch den schweren Topf in seinen Händen daran gehindert, sodass er nur perplex blinzeln konnte. „Jaaa… und?“   Der fremde Junge schien nur auf diese Frage gewartet zu haben, denn schon plapperte er los wie ein Wasserfall: „Du bist sooo cool! Alle haben dich gehasst und du hast trotzdem nicht aufgegeben und du hast das Dorf vor diesem Pain gerettet und nicht zugelassen, dass das Kyuubi Konoha zerstört und du hast deinen besten Freund gerettet und die Hokage überzeugt, dass er zurückkehren darf und du bist so ein cooler, starker Ninja und ich wäre sooo gern auch einer, aber ich darf nicht und jetzt bin ich wohl zu alt, um es noch zu lernen und- “, er schnappte gierig nach Luft, verlor dadurch den Faden und ließ endlich die Hand sinken. „Was machst du eigentlich hier?“   Der Blonde musste sich erst mal von einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung erholen – War er etwa auch so, wenn die anderen mal wieder die Augen darüber rollten, dass er sich zu sehr in etwas hineinsteigere? … Also er fand diese Art irgendwie… cool… - dann grinste er seinen ersten eigenen Fan fröhlich an.   „Hier finden doch die Treffen des Clubs der Unglücklich Verliebten statt, oder?“   Ein eifriges Nicken war die Antwort. „Japp. Ich hab den Club gegründet, weil meine Schwester und einige meiner Freunde unglücklich verliebt waren und ich ihnen helfen wollte. Meine Schwester fand die Idee doof, aber ich glaub, inzwischen gefallen ihr die Treffen.“ Er runzelte leicht die Stirn, bevor sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.   Naruto beobachtete fasziniert die lebhafte Mimik des Jungen, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass er selbst genauso leicht zu lesen war und hätte darüber fast vergessen, nebenbei auch noch zuzuhören .   „Sie ist nicht einfach zu handhaben, aber ich liebe sie trotzdem. Man muss eben erst mal hinter ihre Maske sehen können. Übrigens muss jedes Mädchen, das dich nicht will, unheimlich doof sein, und ist es gar nicht wert, dass du sie magst“, stellte er schließlich in einem Mischmasch aus Überzeugungskraft, Ärger und Schmollen fest und löschte damit Narutos letzte Zweifel aus, ob es richtig gewesen war, herzukommen.   Er hatte einen Fan, der noch dazu sehr unterhaltsam und auch noch supersüß war – genau das Gegenteil von Sasuke und trotzdem oder vielleicht gerade deswegen womöglich seine Rettung…   „KATSUYA! Bist du da draußen festgewachsen, oder was?!“   Beide Jungen schraken zusammen, als eine aufgebrachte Frauenstimme durch das halbe Haus brüllte.   „Meine Schwester…“, nuschelte der Schwarzhaarige mit einem verlegenen Lächeln und machte endlich Platz, um sein Idol einzulassen. Dann führte er ihn einen langen Flur entlang in ein großes gemütliches Wohnzimmer, in dem es sich ein Dutzend Jugendlicher und junger Erwachsener in verschiedensten Sitzgelegenheiten gemütlich gemacht hatte und den Neuankömmling nun neugierig beäugte.   „Hi, ich bin Naruto“, stellte er sich mit seinem strahlendsten Lächeln vor und konnte nicht die Hand zum Gruß heben, weil ihm immer noch dieser dämliche Topf im Weg war.   Zwischen den Erwiderungen der Begrüßung war deutlich ein genervtes Aufstöhnen zu hören. „Nein… Bitte nicht….!“   „Deine Schwester?“   Katsuya nickte glucksend und deutet auf einen freien Sessel.   „Setz dich.“   Er wollte ihm den Topf abnehmen, unterschätze aber ganz eindeutig dessen Gewicht – Naruto hatte ihn ja auch die ganze Zeit in den Händen gehalten, als wöge er nichts! – und der Blonde stützte ihn blitzschnell von unten, bevor sein wertvoller Inhalt sich auf den Teppich ergießen konnte.   „Was ist denn da drin, Naruto?“, fragte ein Mädchen freundlich, als Katsuya keine Anstalten machte, es den anderen zu sagen oder selbst zu fragen. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, seinen Lieblingsninja für dessen schnelle Reflexe zu bewundern.   „Kichererbsen-Eintopf. Ich hab mich in meinen besten Freund verliebt, aber er sich nicht in mich und dann hat er angeboten, mir Kochen beizubringen und wir haben jeden Mittwoch und am Wochenende zusammen gekocht, aber jetzt können wir das nicht mehr, weil ich Abstand brauche, um mich zu entlieben, aber ich bin schon so dran gewöhnt, dass ich heute auch kochen wollte und ich dachte, es wäre nett, ein selbstgekochtes Abendessen mitzubringen.“   …   Unwohl verlagerte er das Gewicht von einem Fuß auf den andren und sah zu Boden, als die Gruppe einvernehmlich schwieg.   Hatte er irgendwas Falsches gesagt?   Doch als er ein unterdrücktes Kichern vernahm, hob er den Blick, um zu sehen, wie alle Katsuyas Schwester anstarrten, die einen Gesichtsausdruck eindeutigen Missfallens trug.   „Nicht noch so ‘ne Quasselstrippe“, grummelte sie schließlich und das Eis war gebrochen.   Während die Jugendlichen lachten und sich köstlich über den ersten Eindruck des Neuankömmlings amüsierten, bot Katsuya ihm erneut den Sessel an und wollte selber in die Küche gehen, um die Suppe aufzuwärmen, doch Naruto nahm ihm nur grinsend den Topf wieder ab und machte ihm ein Zeichen mit dem Kopf, voranzugehen.   Der Schwarzhaarige verzog zwar das Gesicht bei dieser Bevormundung, grinste aber ebenfalls dabei und zeigte ihm den Weg.   Nette Truppe, dachte Naruto, als er ihm folgte. Und netter Hintern.   ~~~   Sasuke war fast zwei Wochen in diesem dämlichen Kaff an der Grenze zu Suna gewesen – von wegen „eine Bande von Banditen ausschalten“ – das hatte er erledigt, sobald er angekommen war und dazu hätte er auch nicht die Unterstützung der zwei Suna-Ninja gebraucht… aber dann fing es an: Das Dorf brauchte Hilfe beim Wiederaufbau und auf ihren Feldern, sie wollten die Grundlagen der Selbstverteidigung lernen, da gab es noch ein Nachbardorf, das ebenfalls angegriffen worden war…   Er war ein Ninja und dazu einer der Besten, verdammt noch mal!   Seit wann bestanden die Aufträge für Jo-nin aus so etwas?! Aber ihm war schon klar, warum er solange von Konoha ferngehalten worden war: Sakura, als Narutos Freundin, hatte sicherlich ein schlechtes Wort für ihn bei der Hokage eingelegt und da Tsunade ihm ja sowieso nichts Wichtiges anvertrauen wollte…   Wer war eigentlich auf die bescheuerte Idee gekommen, einer Frau die Führung über das Dorf zu überlassen?   Den ganzen Heimweg über verfluchte er die Hokage im Stillen und Sakura gleich mit und eigentlich alle dämlichen Frauen, die er kannte, und da er keine kannte, die nicht dämlich war…   Selbst Hinata war doch irgendwo auch nur ‘ne doofe Frau. Statt Naruto beizustehen, mischte sie sich ein, wo sie sich hätte raushalten sollen, war ihm selbst keine Unterstützung, wenn er Naruto helfen wollte, sich zu entlieben und verstörte den Blonden, indem sie mit Neji rumknutschte…. Er war ihr Cousin, verdammt noch mal! Und er hatte damals ernsthaft versucht, sie zu töten!   Das war ja fast so, als würde er selbst Itachi sein Blutbad verzeihen, mal ganz von dem Rumknutschen abgesehen… Es war einfach falsch! Und krank. Ganz im Ernst, sie alle wussten doch, welche Folgen es nach sich gezogen hatte, früher immer Cousins miteinander zu verheiraten, um die Blutlinie rein zu halten! Selbst wenn daraus manchmal Genies entstanden, waren die meisten Nachkommen einfach… geschädigt und nicht überlebensfähig, nicht in dieser Welt!   …   Es interessierte ihn nicht, was der Hyuuga-Clan trieb. Und er wusste, dass Hinata und Neji sich nicht auf Wunsch ihrer Familie trafen. Wahrscheinlich mochten sie sich. Vielleicht liebte Neji sie sogar.   Allein bei dem Gedanken wurde ihm schlecht. Er war fast ein wenig überrascht, wie gut er seinen Körper trainiert hatte, um sich vor diesem Fluch zu schützen.   Liebe…   Er verstand sie nicht und wollte es auch nicht. Er wollte nicht über sie nachdenken und er brauchte sie nicht in seinem Leben. Liebe war das Einzige, was ihn wirklich verletzen könnte, das Einzige, was so verdammt wehtat. Und das immer.   Warum sollte sich irgendjemand dieses Gefühl wünschen?   Er wusste, dass er irrational war, natürlich wusste er es. Itachis Blutbad, die nervigen Fangirls, die finsteren Jahre bei Orochimaru, seine Rache, Narutos Gefühle für ihn, der Verlust von… von allem, was ihm jemals wichtig gewesen war, das alles vermischte sich zu einem einzigen Chaos in seinem Kopf…   Er hatte bei diesem sinnlosen „Auftrag“ einfach zu viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Viel zu viel… Normalerweise hatte er kaum Gelegenheit dazu: bei Aufträgen galt seine ganze Aufmerksamkeit der Sicherheit aller Verbündeten, beim Training war er darauf konzentriert, seinen Kampfstil zu perfektionieren und der Rest des Tages bestand aus Planungen – er ließ sich gar nicht in Versuchung kommen, großartig nachzudenken.   Doch die letzten zwölf Tage…   Er hatte viel zu viel Zeit gehabt und das einzige, was ihn davon abgehalten hatte, verrückt zu werden, war Naruto.   Immer nur Naruto…   Es war falsch, natürlich war es das. Falsch und krank. Er sollte nicht so viel an Naruto denken und er sollte nicht alles von ihm abhängig machen. Egal, ob der Blonde überhaupt da war oder nicht, der Gedanke an ihn beruhigte ihn, heiterte ihn auf, gab ihm die Kraft, weiterzumachen, wenn er am Ende war...   Er wusste, dass es ihn letztendlich zerstören würde. Bis jetzt war Naruto seine Rettung, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis er einsehen musste, dass er ihn genauso verloren hatte wie jeden anderen und dann? - Hatte er überhaupt keinen Halt mehr und würde tiefer fallen als je zuvor...   Es war ein seltsam vertrautes Gefühl, wieder vor diesem Abgrund zu stehen, die bittersüße Versuchung stetig vor Augen, nur ein Schritt ins Nichts und alles wäre vorbei. Er könnte diesen ewigen Kampf ruhen lassen, müsste kein Uchiha mehr sein, könnte sich dem wartenden Wahn hingeben, müsste nicht mehr Sasuke Uchiha sein…   Aber es wäre schwach, einfach aufzugeben und er war nicht schwach. Zumindest wollte er es nicht sein. Doch das Schlimmste war, dass ihm selbst sein Stolz inzwischen fast egal war. Aber Naruto…   Naruto würde nicht zulassen, dass er sich so gehen ließ, würde nicht zulassen, dass er sich einfach so aufgab…!   Naruto… Er hatte ihn nicht wie üblich am Dorfeingang empfangen… Würde es ihn überhaupt kümmern?   Er hatte ihn so oft verletzt, unbeabsichtigt und in vollem Bewusstsein, hatte sein Vertrauen enttäuscht, ihn zigmal von sich gestoßen… Naruto war treuer als jeder andere, aber selbst seine Geduld musste irgendwie ihr Ende haben und immerhin hatte er ihn bei ihrem letzten Treffen quasi dazu gezwungen, ihn aufzugeben… Und er wusste selbst nur allzu gut, dass Hass die beste Medizin gegen Liebe war…   Würde es ihn kümmern?   ~~~   Als Naruto Sasukes düsteren Gesichtsausdruck sah, verlor er den Mut. Seit zwei Stunden wartete er schon vor dem Uchiha-Anwesen auf seine Wiederkehr, mit dem Plan, es ganz zufällig aussehen zu lassen, aber jetzt…   Er hatte einfach seinen besten Freund vermisst und sich darauf gefreut, ihn nach fast drei Wochen endlich wiederzusehen, aber bei der finsteren Miene sollte er seine egoistischen Wünsche wohl lieber zurückstecken.   Der Schwarzhaarige sah nicht aus, als wäre er in der Laune, eine Extraportion glücklich-übereifrigen Naruto-Optimismus zu ertragen.   „Naruto!“   Doch er war zu langsam. Dem Nächsten, der ihm riet, vor dem Handeln nachzudenken, würde er mal ordentlich seine Meinung geigen, echt jetzt!   „Sasuke! Du bist zurück!“   Er versuchte, seine Begeisterung zu verbergen, konnte aber nicht anders, als sein Gegenüber wie üblich glücklich anzustrahlen. Doch allzu falsch konnte das nicht sein, denn er bekam als Antwort ein seltenes Lächeln geschenkt, auch wenn es nicht die schwarzen Augen erreichte.   Sasuke konnte nicht anders als zu lächeln. Er konnte einfach nicht anders. Naruto war da, er hatte ihn nicht vergessen…!   „Hey, wie geht’s?“   Er war erleichtert zu sehen, dass der Blonde ihn wie immer strahlend angrinste.   „Super! Die Leute im Club sind total nett und cool, es macht richtig viel Spaß mit ihnen, obwohl sie keine Ninja sind, und besonders Katsuya ist-“ Kopfschüttelnd unterbrach er sich selbst. „Egal. Wie lief dein Auftrag?“   Der Uchiha verzog das Gesicht, „Frag nicht. Das waren zwei sinnlose Wochen. Was machst du hier überhaupt?“   Naruto sah sich um, als hätte er vorher gar nicht gemerkt, dass sie sich in unmittelbarer Nähe des Uchiha-Anwesens befanden.   „Ähm… Ich hab eingekauft und bin grad auf dem Heimweg…“   Sasuke runzelte leicht die Stirn, denn er sah nicht den Grund, warum der andere bei dieser Erklärung rot wurde.   Zur Verdeutlichung hob der Blonde seine Einkaufstüte. „Hast du nicht Lust, mit zu mir zu kommen? Ich würd mich freuen und du hast doch sicher Hunger…?“   Wie auf Kommando knurrte Sasukes Magen.   Naruto gluckste verhalten, aber bei Sasukes Gesichtsausdruck konnte er sich nicht beherrschen und lachte lauthals los. Natürlich wurde ein Uchiha nicht rot, aber diese Miene allein war schon Gold wert.   „Ich deute das mal als ‚Ja‘?“, fragte er kichernd. Der Schwarzhaarige blitzte ihn nur warnend an, grummelte „Mein Auftrag war in einem Dorf, das von Banditen überfallen wurde. Da gab’s nicht so viel Essen“ und deutete dem Blonden mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen.   „Wenn wir schon vor meinem Grundstück stehen, können wir auch hier kochen“, fügte er erklärend hinzu und ließ Naruto durch das Eingangstor treten, bevor er selbst hindurchtrat und es hinter sich wieder schloss.   Natürlich hatte es genug Essen für die Retter gegeben, aber er hatte einfach keinen Hunger gehabt. Aber egal, er hatte nicht vor, Naruto auf die Nase zu binden, wie schlecht es ihm momentan ging…   ~~~   „Also? Was gibt’s Neues? Von welchem Club hast du geredet und wer ist Katsuya?“, hakte er nach, sobald sie in der Küche standen und die Aufgaben aufgeteilt waren.   Die Kartoffeln schälend fing der Blonde munter an, drauf los zu plappern:   „Katsuya ist der Gründer des Clubs der Unglücklich Verliebten. Ich war vor zwei Wochen zum ersten Mal da und eigentlich ist bloß jeden Mittwoch Clubtreffen, aber sie treffen sich auch oft an anderen Tagen, um was zusammen zu unternehmen: Wir waren in ‘nem Theater und im Stadtpark, in der Disko und ich hab ihm die Ninja-Akademie gezeigt und er wollte beim Training zusehen… Auf alle Fälle hatten wir super viel Spaß!   Jaaa, normalerweise hab ich ja nicht so viel Zeit, mich zu verabreden und die Woche war auch total anstrengend, aber das war’s wert. Katsuya ist ‘n total toller Typ, du warst ja nicht da und die anderen sind alle mit sich selbst beschäftigt…   Da trifft man sich, um mir zu helfen und schon finden sich zwei Pärchen… Unfair ist das, echt jetzt!   Aber die Leute vom Club sind alle total nett, sogar Katsuyas Schwester. Die ist zwar ein bisschen so wie du, immer gleich genervt und angeblich total uninteressiert, aber eigentlich hat sie auch Spaß an den Treffen. Man muss eben hinter ihre Maske gucken können und darin hab ich ja durch dich Erfahrung…“   Sasuke musste nur immer mal wieder kleine Schubser in eine neue Richtung geben – wie er denn auf den Club gekommen sei, wer eigentlich die zwei neuen Pärchen waren, … – und Naruto übernahm den gesamten Smalltalk während des Kochens.   Noch vor drei Wochen hätte er sich über die Neuigkeiten mehr als gefreut, sowohl für Naruto, als auch für sich selbst, hieß das doch, dass der Jüngere neue Freunde gefunden hatte, mit denen er voraussichtlich viel Zeit verbringen würde, unter denen er vielleicht seine nächste – hoffentlich erwiderte – Liebe fand und dass er ihn dafür in Ruhe lassen und seine Gefühle für ihn aufgeben würde… jetzt machte es ihn nur noch traurig.   Er verstand sich selbst nicht mehr.   Naruto hatte doch schon immer eine besondere Rolle in seinem Leben gespielt, wie kam es dann, dass sich gerade jetzt seine Sicht auf ihn so änderte, dass er ihn jetzt brauchte, jetzt, wo Naruto dabei war, ihn allein zu lassen?   Es machte keinen verdammten Sinn!   Und es tat weh. Verdammt weh.   Aber mit Schmerz kannte er sich aus und lieber würde er ihn ertragen, als auch nur ein Sterbenswörtchen zu seinem besten Freund zu sagen. Und überhaupt, was sollte er ihm denn bitteschön sagen?   “Ich hab dich vermisst“? “Lass mich nicht allein“? “Ich brauche dich“?!   Ganz sicher nicht. Das vermittelte wohl eine ganz falsche Botschaft und immerhin hatte er sich selbst geschworen, Naruto keine falschen Hoffnungen mehr zu machen.   Nein, ganz bestimmt würde er ihn nie wieder verletzten, dafür war ihm diese Freundschaft zu wichtig und sie hing ja jetzt schon am seidenen Faden…   Und jetzt kam da auch noch dieser dämliche Katsuya in Narutos Leben… So wie er von ihm geschwärmt hatte, würde es ihn nicht wundern, wenn aus den beiden noch etwas werden würde. Naruto und ein anderer Kerl! Und der war nicht mal ein Ninja, konnte ihn nicht beschützen… Und er hatte ihm nicht mal helfen können… Wofür hatte er sich eigentlich so viele Gedanken darüber gemacht, Naruto gut zu verkaufen? Der kriegte das ja anscheinend ganz gut selbst hin.   Nein, Naruto brauchte ihn nicht… Und anscheinend hatte er sich mit dem Entlieben für den Weg entschieden, ihn zu ersetzen. Durch einen Nicht-Ninja! Man glaubt’s ja wohl kaum!   Aber er würde ja schon noch sehen, wie schnell es langweilig werden würde mit so ‘nem verdammt optimistischen Jasager, der ihn anhimmelte, statt ihm auch mal Paroli zu bieten…   Hatte er denn gar nichts von ihm gelernt? Wirklich, da hatte er selbst sein erstes Fan“girl“ und schon fiel er drauf rein…   „Sasuke! Hörst du mir überhaupt zu?!“   Angesprochener schüttelte kurz den Kopf, um seine pessimistischen Gedanken zu vertreiben, dann fokussierte er seinen Blick auf Naruto, der ihn in einer Mischung aus Aufgebrachtheit und Sorge fragend ansah.   Womöglich war das das letzte Mal, dass Naruto ihn so ansah, bevor er ihn endgültig vergessen würde…   „Sasuke?“   Seufzend schloss der für einen Moment die Augen.   „Entschuldige. Der Auftrag war durch seine Nervigkeit schon wieder anstrengend und ich bin ziemlich müde. Lass uns ein anderes Mal weiterreden, ja?“   Der Blonde öffnete den Mund, zögerte und beließ es schließlich bei einem „Okay.“   Schweigend räumten sie den Tisch ab, doch als Naruto mit dem Abwasch beginnen wollte, hielt der Schwarzhaarige ihn davon ab und drückte ihm stattdessen eine Tüte mit dem restlichen Essen in die Hand.   „Lass mich doch helfen, umso schneller kannst du schlafen gehen! Und das Essen kannst du ruhig behalten, ich koch mir eben morgen was Neues…“, protestierte er, aber Sasuke schob ihn wortlos Richtung Ausgangstür und zog sie schließlich hinter ihnen beiden zu.   Fragend hob Naruto die Augenbrauen.   Sasuke sagte nur erklärend: „Komm, ich bring dich nach Hause“ und lief los.   Die Stirn runzelnd holte der Blonde zu ihm auf.   „Du verhältst dich echt seltsam heute… Ist irgendwas passiert?“   Der Uchiha schüttelte den Kopf. „Alles in Ordnung.“   Naruto hörte das unausgesprochene "Ich will nicht mit dir darüber reden" und es traf ihn. Natürlich traf es ihn.   Sie waren beste Freunde, sie sollten über alles reden können. Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie über alles hatten reden können. Aber anscheinend hatte er es sich damit verscherzt.   Dabei ging es hier nicht mal um ihn, es ging um Sasuke!   Der Gedanke, ihn zu verlieren, tat zwar verdammt weh, aber wenigstens hatte er noch andere Freunde, die ihm Halt gaben, mit denen er reden konnte, die ihn aufmunterten... Sasuke hatte nur ihn...   „Naruto.“   Der Blonde sah auf und bemerkte verwundert, dass der Schwarzhaarige einige Schritte hinter ihm stehen geblieben war und ihn nun mit einem unergründlichen Blick ansah.   „Gute Nacht“, sagte er und wandte sich ab.   Der Uzumaki sprach einfach das Erste aus, was ihm in den Sinn kam, um ihn aufzuhalten. Das war doch nicht Sasukes Art! Was war los mit ihm?   „Wolltest du mich nicht nach Hause bringen?!“, rief er dem anderen hinterher.   Vielleicht war das nicht das Eloquenteste gewesen, was er hätte sagen können, aber immerhin erfüllte es seinen Zweck: Der Uchiha drehte sich mit seinem typisch genervten Sasuke-Blick zu ihm um und meinte spöttisch: „Den Rest wirst du ja wohl allein schaffen?“ Dabei nickte er in Richtung von Narutos Wohnung, die hinter der nächsten Ecke lag.   Sasuke war ziemlich überrascht, dass der Kleinere gar nicht wie üblich auf seine Provokation ansprang, sondern ihn irgendwie... erleichtert angrinste, zu ihm rüber kam und ihn ganz offensichtlich umarmen wollte.   Abwehrend hob er die Arme und trat ein paar Schritte zurück.   „Nein, danke. Das letzte Mal, als du mich umarmt hast, endete das in einem Streit darüber, dass ich angeblich einem Date mit dir zugestimmt hätte!“   „Maaan, musst du mich daran erinnern?“   Einerseits kicherte Naruto, andererseits kratzte er sich verlegen am Hinterkopf, dann wurde er nur allzu schnell wieder ernst.   „Diesmal sollte es einfach nur heißen - ... Vergiss nicht, dass ich dein bester Freund bin. Egal, was falsch gelaufen ist. Ja?“   Er lächelte den Schwarzhaarigen warm an. Er konnte nicht anders. Aber er wusste ja, dass Sasuke das bestimmt wieder falsch deuten würde und er wollte ihm nicht noch mehr Gründe geben, sich zurückziehen.   Also wünschte er ihm nur noch eine gute Nacht und verschwand.   ~~~   Vergiss nicht, dass ich dein bester Freund bin.   Sasuke blinzelte und merkte verwundert, dass er immer noch da stand, wo Naruto ihn allein gela-, nein, wo Naruto sich von ihm verabschiedet hatte und machte sich Kopf schüttelnd auf den Heimweg.   Er würde es nicht vergessen. Wie könnte er?   Aber vielleicht waren die Worte gar nicht wirklich an ihn gerichtet gewesen, vielleicht hatte Naruto sich nur selbst daran erinnern müssen…   In der Dunkelheit durch die vertrauten Straßen seines Heimatdorfes zu laufen, weckte schmerzvolle Erinnerungen in ihm, gute wie schlechte, aber alle schmerzvoll. Er hatte so viele falsche Entscheidungen getroffen, war so viele falsche Wege gegangen und jetzt war er wieder hier und alles sollte gut sein oder zumindest besser, aber das war es nicht.   Er wusste nicht einmal, was es war, dass ihn so traurig stimmte, aber es war da.   Und es vermischte sich mit der Trauer um seinen geliebten Nii-chan, den er mit dem verhassten Itachi zusammen hatte töten müssen.   Jede traurige Erinnerung schien weitere zu wecken, die ihn stetig verfolgten, seine Träume vergifteten und eine Hitze in ihm entfachten, die ihn zu verbrennen drohte.   Eigentlich war es lächerlich. Er war ein Uchiha, Feuer war sein Element.   Aber Itachi hatte alle Uchihas getötet und ihre ruhelosen Seelen dürsteten immer noch nach Rache; er spürte sie immer noch auf dem Uchiha-Anwesen.   Itachi hatte alle getötet – außer ihn und er hatte immer noch – oder schon wieder? – positive Gefühle für seinen Bruder, die mit all den Morden hätten sterben sollen, aber jetzt, wo er Itachis wahre Geschichte kannte…   Wahrscheinlich hatte er es verdient, von Schuldgefühlen zerfressen zu werden und von innen heraus zu verbrennen.   Sasuke lief durch die dunklen Straßen und ließ seine Gedanken wandern.   Als er an Ichirakus vorbei kam, blitzte Narutos Gesicht vor seinem inneren Auge auf und die alten Erinnerungen strömten auf ihn ein. Er ließ es zu. Er hatte nicht mehr die Kraft, seine Gedanken so zu kontrollieren, wenn er allein war, wie er es mit seinen Gefühlen in der Öffentlichkeit tat.   Verdammt, Sasuke, du bist echt schwach geworden…   Und wer weiß, vielleicht würde es ihm ja irgendwelche neuen Erkenntnisse bringen, die er bis jetzt übersehen hatte?   - Tat es tatsächlich. Obwohl es weniger eine neue Erkenntnis war als eine Bestätigung seiner Vermutungen: Naruto hatte jahrelang nur ein Ziel gehabt, nicht? Seinen besten Freund zurückzuholen. Dafür hatte er gekämpft, Befehle missachtet und sein eigenes Leben außer Acht gelassen.   Aber nun war es geschafft, er hatte Sasuke wieder bei sich, sie waren immer noch oder wieder einmal beste Freunde und Naruto konnte endlich sein Leben leben. Er hatte es mit Sasuke leben wollen, aber der hatte ihn abgewiesen.   Du hast ihn abgewiesen, dachte er und wusste, dass er dabei irgendetwas fühlen sollte, aber das Feuer in seinem Innern vernichtete jede Emotion. Du hast ihn abgewiesen und jetzt lebt er sein eigenes Leben. Sei froh, dass er wenigstens noch dein bester Freund ist. … Der aus Kindertagen. Was bedeutet schon eine Freundschaft aus Kindertagen? Sasuke lief durch die dunklen Straßen seines Heimatdorfes nach Hause und dachte sich, wie passend es doch sei, dass es gerade jetzt anfing zu regnen.   In seiner Pein aus Gedanken und Erinnerungen gefangen, merkte er nicht, dass der Asphalt trocken blieb und die Regentropfen salzig schmeckten.   ~~~   Narutos Gefühle fuhren mal wieder Karussell, aber diesmal war es ein gutes Chaos. Größtenteils.   Er war aufgeregt und vorfreudig und nervös und ein wenig verwundert, aber auch geschmeichelt und er war ein bisschen besorgt. Aber die Sorge hatte in der Reihe eigentlich nichts zu suchen, weil sie Sasuke galt und die restlichen Gefühle, nun, die galten jemand anderem.   Sasuke benahm sich komisch, seit er wieder hier war, aber ganz offensichtlich wollte er nicht darüber reden, sonst hätte er ja wohl hoffentlich das Angebot dazu angenommen.   Heute Morgen hatte er wieder ganz unerwartet vor seiner Tür gestanden, wie beim letzten Mal mit allen Zutaten für ein leckeres Frühstück und einem Blumenstrauß dabei, aber er hatte schon gefrühstückt gehabt, weil er heute früher fertig sein wollte mit seinem Auftrag, immerhin war er abends verabredet.   Das hatte er dem Uchiha gesagt (also nur, dass er schon gefrühstückt hatte), sich für die Blumen bedankt, sie in eine Vase gestellt und ihm noch zugerufen, dass er ruhig hier frühstücken könnte, bevor er im Bad verschwand, um sich fertig zu machen.   Als er wieder herauskam, sah Sasuke fast ein wenig hilflos vom Kühlschrank auf.   „Du hast dich verändert“, sagte er und meinte damit, dass alles, was er mitgebracht hatte, schon im Kühlschrank stand, in den seine Sachen deswegen nicht mehr reinpassten. Anders als beim ersten Mal.   Naruto zuckte mit den Schultern – „Darin bist du nicht ganz unbeteiligt, oder?“ – und wühlte in seinem Schrank auf der Suche nach einem T-Shirt. Er spürte Sasukes Blick auf sich ruhen und drehte sich mit fragendem Blick um, während er sich das rote T-Shirt über den Kopf zog.   Sasukes Blick folgte dem Stoff, als er erst Hals, dann Brust und Bauch bedeckte, dann nickte er in Richtung seines Kalenders.   „Das wird wohl was Ernstes mit dem?“   Naruto rollte die Augen zu dem Fakt, dass Sasuke sich beharrlich weigerte, Katsuya beim Namen zu nennen. Aber ok, es war wohl echt seltsam, wenn der beste Freund plötzlich schwul war. Die anderen Männer nicht beim Namen zu nennen war nicht das Schlimmste, was Sasuke tun konnte, um sein Missfallen auszudrücken.   „Weiß ich noch nicht. Wahrscheinlich. Das ist unser erstes offizielles Date heute.“   Der Schwarzhaarige nickte nur und ging zur Tür., „Kommst du mit zur Hokage?“   „Nein, ich hab meinen Auftrag schon. Aber du kannst wirklich noch hier frühstücken, bevor du zu ihr gehst. Zieh dann einfach die Tür- … hinter dir zu.“   Mit gerunzelter Stirn hatte Naruto seinem besten Freund nachgesehen, der genau das getan hatte, allerdings ohne zu frühstücken und ohne ein Abschiedswort.   Und dann, als er am späten Nachmittag seinen Bericht bei Tsunade ablieferte, sagte sie ihm auf seine Nachfrage hin, dass Sasuke sich am Morgen krank gemeldet habe.   Kein Wunder also, dass er besorgt um ihn war. Aber dafür war jetzt keine Zeit.   Er war schon auf dem Weg zu seinem Date und er hatte nicht vor, es gerade mit Gedanken an Sasuke zu versauen.   Also: aufgeregt, vorfreudig, nervös und ein wenig verwundert, aber auch geschmeichelt!   +          +          +          +          +          +   „Naruto! Hier drüben!“ Katsuya winkte ihm mit einem strahlenden Lächeln, das er freudig erwiderte.   „Hey, wie war dein Tag?“ „Die Schule war langweilig. Echt, ich find das total blöd, dass ihr Ninja fertig seid, wenn ihr die Abschlussprüfung besteht und wir müssen jahrelang die Schulbank drücken, egal, wie weit wir sind… Ich wette, ich würde die blöden Examen jetzt schon bestehen!“   Lachend setzte sich Naruto und fand ein paar bemitleidenswerte Worte.   Gut, dass Katsuya auf so ‘ne einfache Frage immer noch so viel antworten konnte, da kam er nicht in die Verlegenheit, ihn angemessen begrüßen zu müssen. Denn was wäre denn angemessen? Eine Umarmung, wie bei den Clubtreffen? Könnte hier, im „Akegata“, das im Ninja-Viertel lag, schon Aufsehen erregen. Und an mehr wollte er gar nicht denken. Nicht nur wegen der Leute.   Wo heute schon ihr erstes offizielles Date stattfand, sollte er sich wohl langsam mal an den Gedanken gewöhnen, Katsuya in nächster Zeit zu küssen, aber er hatte oft den Kopf mit so viel anderem voll… Und irgendwie machte es Spaß, sich auf etwas zu freuen, das er wie etwas Verbotenes behandelte.   „Und deiner?“ „Eigentlich ganz gut. Sasuke war heute Morgen bei mir und hat sich schon wieder total komisch benommen, ich weiß echt nicht, was mit dem los ist…“   Er lachte bei Katsuyas gequältem Lächeln.   „Sorry. Ich weiß, keine Sasuke-Gespräche.“   Der Schwarzhaarige legte seine Hand auf Narutos.   „Nicht bei ‘nem Date, ok?“   Mit einem sanften Lächeln drehte Naruto seine Hand um und strich mit dem Daumen über Katsuyas Handrücken.   „Ok. … Also, gibt’s schon Pläne fürs Wochenende?“ „Wir wollten doch zum Lichterfest, hast du das etwa vergessen?“ „Das ist schon dieses Wochenende?“   Naruto kratzte sich mit seinem verlegenen Lächeln am Hinterkopf und Katsuya schmolz geradezu dahin. Und dieser süße, absolut anbetungswürdige Typ interessierte sich wirklich für ihn! Manchmal konnte er es selbst noch nicht glauben. Besonders wenn seine Schwester ihn mal wieder freundlicherweise darauf hinwies, dass Naruto wohl immer noch Gefühle für diesen Sasuke hatte, so oft, wie er von ihm sprach…   Aber heute ging es mal nur um sie beide.   „Ja, wirklich. Heute ist schon der neunte Juni. Wie die Zeit verfliegt…“ … wenn wir zusammen sind.   Er hoffte, dass Naruto das Satzende auch hörte, wenn er es nicht aussprach, aber ein Blick in das Gesicht des Blonden verriet ihm, dass der mit den Gedanken schon wieder ganz wo anders war.   „Der neunte Juni…“, murmelte er zu sich selbst, mit einem Gesichtsausdruck, den Katsuya nicht deuten konnte, dann stand er abrupt auf.   „Ich muss gehen.“ „Was?! Naruto-!“   Der Uzumaki hatte sich schon abgewandt und einige Schritte Richtung Tür gemacht, doch jetzt drehte er sich noch mal entschuldigend um.   „Tut mir wirklich leid, Katsuya. Wir holen das nach, ja?“   Und mit diesen Worten verschwand er schneller aus dem Café, als ein Mensch können sollte.   Seufzend sah der Schwarzhaarige ihm nach. Na super, wirklich ein tolles erstes Date. Und irgendwie konnte er den Gedanken nicht vermeiden, dass es bestimmt irgendwas mir Sasuke zu tun hatte. Es war immer alles seine Schuld!   Aber schlimmer war der Gedanke, dass seine Schwester vielleicht doch Recht hatte…   +          -           +          -           +          -           +   Naruto fand ihm schließlich am See der Uchihas, mit baumelnden Beinen auf dem Steg sitzend und auf die ruhige Wasseroberfläche starrend.   „Solltest du nicht bei deinem Date sein?“   Sasuke hatte ihn natürlich bemerkt. Nicht umsonst war er Ninja. Einer der Besten. An Katsuya konnte er sich so schön heranschleichen und ihn fast zu Tode erschrecken, aber-.   Hier geht es um Sasuke.   „Oma Tsunade meinte, du hast dich krank gemeldet. Ich wollte schauen, ob alles ok ist.“ „Alles ok.“   Naruto hatte solange dafür gekämpft, dass die Leere aus Sasukes Stimme verschwand, die Leere eines Lebens, dessen Sinn er nicht mehr kannte, aber jetzt war sie zurück und er fragte sich, warum er das nicht schon früher gemerkt hatte.   Langsam ging er zu ihm und setzte sich neben ihn.   Sasuke zeigte keine Regung, starrte nur weiterhin auf den See. Naruto wusste, dass er es sagen musste, egal, wie weh es tat.   „Heute wäre sein Geburtstag…“   „… Er hat gesagt, dass er mich immer lieben wird. Als würde das alles erklären. Als könnte er mich weiterlieben. Er ist tot. Ich hab ihn umgebracht.“   „Er wollte, dass es so endet, Sasuke. Er wollte, dass du es tust.“   Sasuke sah ihn kurz von der Seite an und der Schmerz in seinem Blick nahm Naruto beinahe den Atem.   „Was ist das für eine Liebe? Mein halbes Leben lang habe ich ihn für die falschen Dinge gehasst und wollte mich rächen und als ich es endlich geschafft hab, sagt er mir so was?“   Er war aufgesprungen und stand nun mit hängenden Schultern auf dem Steg, hilflos in seiner Wut.   „Es war seine Art zu lieben. Er musste diesen Weg gehen, um Konoha zu schützen, aber er hat dich geliebt, Sasuke. Du warst ihm wichtiger als das Dorf.“   Sasuke sah mit einem Blick an, der geradezu um Bestätigung flehte. „Hat er das?“, fragte er leise, mit zitternder Stimme, die Hände zu Fäusten geballt.   Langsam stand Naruto auf und zog den Schwarzhaarigen in eine feste Umarmung, die er diesmal nicht abwehrte.   „Natürlich hat er das. … Und du darfst ihn auch lieben. Die Leute hassen ihn, weil sie nicht verstehen, aber du kennst seine Geschichte und du darfst ihn lieben. Hass ihn nicht mehr für den Weg, den er gewählt hat.“   Naruto erinnerte sich an das letzte Mal, als Sasuke so in seinen Armen geweint hatte, aber dieses Mal waren es gute Tränen. Heilende Tränen, die hoffentlich endlich zulassen würden, dass er einfach lebte.   +          +          +          +          +          +          +   Irgendwann hatte er sich vorsichtig aus der Umarmung gelöst, Narutos Hand genommen und ihn schweigend ins Haus geführt.   Jetzt saß der Blonde abwartend auf Sasukes Bett und wusste nicht so recht, was er machen sollte.   Sasuke war einfach wortlos im Bad verschwunden, aber er hatte ihn immerhin in seinem Zimmer zurückgelassen, also hieß das wohl nicht, dass er gehen sollte, oder?   Die Tür öffnete sich mit einem leisen Knarren.   Sasuke sah schon besser aus, nicht mehr so verzweifelt, eher erschöpft und Naruto konnte nicht anders als seinen Blick auf den muskulösen Oberkörper des Schwarzhaarigen zu senken. Er hatte abgenommen…   Kein Wunder, so wie er die letzte Woche drauf gewesen war, wahrscheinlich hatte er kaum etwas gegessen.   „Bad ist frei.“   Naruto zögerte, aber wenn Sasuke ihn nicht rausschmiss hieß das wohl, das er wirklich bleiben sollte, also ging er auch ins Bad und machte sich bettfertig.   Zehn Minuten später stand er nur in Boxer wieder im Schlafzimmer und legte seinen zusammengefalteten Sachen ordentlich auf einen Stuhl, nur um Zeit zu schinden.   „Willst du da Wurzeln schlagen?“   Er war erleichtert, dass der spöttische Unterton in Sasuke Stimme zurückgekehrt war. Und auch das spöttische Lächeln, dachte er, als er sich zu ihm umdrehte.   Er verzog misstrauisch das Gesicht, als Sasuke einladend die Decke hob.   Sasuke rollte mit den Augen. „Was hast du denn bitte davor zu befürchten, mit mir in einem Bett zu schlafen? Du bist doch der Schwule von uns beiden.“   In einer fast schmollenden Geste verschränkte Naruto die Arme vor der Brust.   „Das letzte Mal, als ich mit dir in einem Bett geschlafen hab, endete das in einer Alibi-Beziehung zwischen uns und einem riesigen Streit!“   Mit einem weiteren Augenrollen ließ Sasuke sich in Bett zurückfallen und legte sich einen Arm über die Augen.   Naruto blieb weiterhin stehen. Es war ja nicht so, als gäbe es nicht noch mehr Betten im Haus. Schon die Couch im Wohnzimmer würde ihm reichen.   Aber Sasuke könnte langsam mal was sagen, es wurde nämlich kühl hier, nur in Unterhose.   Doch er sagte nichts.   „Bist du etwa eingeschlafen?“, fragte Naruto in die Dunkelheit.   Sasuke gluckste leise.   „Diesmal sollte es nur heißen… Ich will nicht allein sein.“   „Blöd, dass du nur mich als Gesellschaft hast, nicht?“ grinste Naruto, als er endlich zu ihm ins Bett krabbelte und seine Füße in voller Absicht an Sasukes wärmte, der versuchte ihm auszuweichen, aber dafür war das Bett zu klein – und eigentlich auch die Decke, die sie hin und her zerrten, um beide ausreichend bedeckt zu sein.   Schließlich lagen sie dicht nebeneinander in dem schmalen Bett, die Decke einigermaßen gerecht über sie ausgebreitet.   „Das war doch nicht alles, oder? Du warst schon komisch drauf, seit du zurück bist“, wagte Naruto schließlich zu fragen. Besser alles auf einmal rauslasen, als regelmäßig so den Abend zu verbringen.   Er spürte mehr, dass Sasuke sich auf die Bettkante setzte, als er es in der Finsternis sehen konnte.   „Sasuke?“   „… … Ich schaff das nicht allein, Naruto… Ich schaff es nicht…! Ich… brauche dich…“   Langsam setzte Naruto sich auf. „Ich bin hier. Ich lass dich nicht allein.“   Sasuke schnaubte verächtlich. „Jetzt noch. Aber es fängt doch schon an: Wir sehen uns kaum noch und jetzt triffst du auch noch diesen Typen. In ein paar Wochen bin ich nur noch eine Erinnerung aus Kindheitstagen. Denkst du, ich merk das nicht?!“   Naruto war für einige Momente lang sprachlos. Das war es, was Sasuke quälte? Der Gedanke, ihn zu verlieren?! Er  überlegte, was er ihm sagen sollte, um ihn davon zu überzeugen, dass er ihn nicht verlieren würde, dann erinnerte er sich, dass er ja nicht mehr vorher nachdenken wollte und redete einfach drauf los:   „Ich kann nachempfinden, was Itachi für dich gefühlt haben muss. Es war bestimmt ein bisschen anders, weil du sein kleiner Bruder warst und wir zwei sind gleich alt, aber ich werde dich auch immer lieben, Sasuke. Hoffentlich nicht weiter auf diese romantische Art, aber lieber wäre ich mein Leben lang unerwidert in dich verliebt als dich zu hassen und kein Teil deines Lebens mehr zu sein. Ich brauche dich auch, Sasuke, und ich werde dich nicht allein lassen, selbst wenn ich irgendwann einen Partner hab.“   Der Uchiha sagte nichts und rührte sich nicht und Naruto ließ ihm seine Zeit.   Irgendwann legte er sich endlich wieder hin und zog auch den Blonden runter in eine liegende Position, um seinerseits seine kalten Füße an Narutos zu wärmen.   „Was ist das nun mit dir und dem Typen?“, fragte er halb neugierig, halb angeekelt.   Naruto lachte und piekte ihn in die Seite. „Er heißt Katsuya! Und ich weiß es immer noch nicht. Ich hab ihn ja vorhin einfach sitzen lassen, als ich gemerkt hab, welcher Tag ist….“   „Idiot.“   „Wär’s dir lieber gewesen, ich wär nicht gekommen?!“   „…“   „Echt, ihr zwei müsst euch endlich mal kennenlernen. Das geht nicht, dass ihr beide eifersüchtig aufeinander seid, obwohl ihr gar keinen Grund dafür habt.“   Naruto hörte nur ein Gegrummel von der anderen Bettseite, das sicher irgendwas von wegen „Ich bin nicht eifersüchtig!“ heißen sollte, dann war Stille und er schloss die Augen, um endlich zu schlafen.   Es war doch ein langer Tag gewesen.   Schon halb im Land der Träume und mit Gliedmaßen so schwer wie Stein merkte er, wie Sasuke sich zaghaft an ihn kuschelte.   „Danke, Naruto.“ Kapitel 4: Balzverhalten ------------------------ 4.  Balzverhalten Sasuke erwachte von dem Gefühl, beobachtet zu werden. Er hatte noch nie schlafen können, wenn ihn jemand dabei betrachtete.   Itachi hatte das schnell herausgefunden und als er damals, als sie beide nur Kinder waren, seinen kleinen Bruder manchmal hatte wecken sollen, hatte er nie etwas anderes getan, als ihn einfach minutenlang anzustarren… Nii-chan…   Er schlug die Augen auf und sah direkt in Narutos Gesicht. Aber der Blonde sah anders aus, erwachsener.   Sasuke brauchte einen Moment, bis er verstand, dass Naruto sich nicht wirklich über Nacht verändert hatte, sondern es allein an seinem Gesichtsausdruck lag, der sich nicht wie üblich zu einem breiten Grinsen wandelte, als sie sich ansahen.   Naruto musterte jeden Zentimeter seines Gesichts mit einem Blick, den Sasuke nicht von ihm kannte.  Er war nicht fröhlich, wie früher zu Kindheitszeiten und er war nicht sehnsüchtig-verliebt, wie er ihn öfters auf sich gespürt hatte, seit Naruto diese Gefühle für ihn hatte.   Naruto sah ihn fast ernst an, nur ein kaum sichtbares Lächeln ließ seine Gesichtszüge etwas weicher erscheinen, als sie es wären, wenn er wirklich ernst schauen würde. Sasuke hatte ihn lange genug studiert, um den feinen Unterschied zu sehen.   Und dieser Blick… Offen, warm, voller Akzeptanz… Liebevoll, war das erste Wort, was Sasuke dazu in den Sinn kam und er wusste nicht, was er fühlen sollte. Er wusste nicht, ob die Übelkeit überwiegen würde, die ihm den Hals zuschnürte, der pochende Schmerz in seiner Brust oder das angenehm aufregende Kribbeln in seinem Bauch.   Verwirrt entschied er sich, dass sein bester Freund ihm definitiv zu nah war und schob ihn ein Stück von sich. Mit einem dumpfen Geräusch fiel Naruto aus dem schmalen Bett, gefolgt von einem gemaulten „Autsch… Wofür war das denn?!“   „Du weißt, dass ich es hasse, angestarrt zu werden“, antwortete der Uchiha schlicht, suchte sich frische Anziehsachen zusammen und verschwand in Richtung Bad. Aber das erste Mal seit einer sehr langen Zeit hatte er aufstehen und lächeln können. Vielleicht… ist es Zeit für einen Neuanfang, dachte er und genoss die Gänsehaut, die sich bei dem Gedanken wie eine Welle über seinen Körper ausbreitete. Vielleicht ist es Zeit, glücklich zu werden…   ***   „Idiot…!“   Naruto rappelte sich vom Boden hoch, rieb sich den schmerzenden Hintern und legte sich zurück ins Bett. Wenigstens hatte er jetzt die ganze Fläche und die Bettdecke für sich allein. Auch wenn es irgendwie schön gewesen war, mit Sasuke zusammen hier zu schlafen, ungewohnt, aber schön und das auf eine Weise, die überhaupt nichts mit seinen alten Gefühlen für den Schwarzhaarigen zu tun hatte.   Es war einfach schön gewesen, neben jemandem einzuschlafen, der einen genau so akzeptierte und mochte, wie er nun mal war. Auch wenn der andere das anscheinend nicht so empfunden hatte, sonst hätte er nicht so lieblos aus dem Bett geschmissen. Oder es war ihm peinlich gewesen.   Naruto grinste. Anscheinend ist er wieder ganz der Alte…   Zufrieden mit dem Ergebnis seiner Aufmunterungsmission vom vergangenen Abend kuschelte er sich an das Kissen, das angenehm vertraut nach Sasuke roch.   „Hm?“   Verwundert richtete er sich auf, knöpfte den Kopfkissenbezug auf und fischte nach dem zusammengefalteten Zettel, den er gespürt hatte. Stattdessen fand er drei, die er neugierig entfaltete und vor sich auf die Bettdecke legte.   „Das ist doch…!“   ***   Zehn Minuten später fand Sasuke ihn immer noch in der gleichen Position vor: Im Bett sitzend, vor sich drei Blätter, die er immer noch ungläubig betrachtete.   Der Schwarzhaarige zögerte einen Moment, was er sagen sollte, dann beließ er es bei einem Schulterzucken. Er schuldete dem Uzumaki überhaupt keine Erklärung.   Naruto brach zuerst das Schweigen.   „Ich wusste nicht, dass du das aufgehoben hast.“   In einer hilflosen Geste deutete er auf die Zettel.   Auf dem ersten stand in großer Schrift über das ganze Blatt ausgedehnt “Sorry, girls, I’m gay“, auf dem zweiten in kleineren, wütend-unsauberen Buchstaben “Sorry, guy, but I won’t lie for you!“, das dritte zeigte eine zerfledderte Zeichnung in Kleinkindniveau.   Sasuke antwortete nichts. Was sollte er auch darauf sagen? ‚Jetzt weißt du’s‘?   „Wir haben in den wenigen Wochen ein ziemliches Gefühlschaos durchgemacht, was?“, scherzte der Blonde, aber seine Worte hingen wirkungslos in der Luft.   Ganz offensichtlich war Sasuke nicht zum Scherzen aufgelegt. Oder zum Sprechen. Doch Naruto würde nicht zulassen, dass er sich jetzt wieder zurückzog. Nicht nach gestern Abend.   „Dein letzter Spruch fehlt…“   Ach wirklich? Der Uchiha rollte mit den Augen, sagte aber immer noch nichts, sondern schloss das Fenster und zog die Jalousie hoch.   Naruto blies die Backen auf und stieß die Luft dann wieder mit einem leisen Pfff aus. Der war heute Morgen aber auch ein harter Brocken! Aber er war nicht umsonst Naruto Uzumaki!   Er lehnte sich gemütlich ins Kissen zurück und plauderte: „‚Sorry, gay, I’m not perfect‘… ‚Entschuldige, Schwuler, ich bin nicht perfekt‘… Ganz ehrlich, was sollte das eigentlich bedeuten?“   „Das fragst du jetzt?“   Endlich wandte Sasuke sich zu ihm um und blitzte ihn genervt-ungläubig an.   Der Blonde zuckte nur mit den Schultern.   „Ganz offensichtlich hab ich’s ja falsch verstanden…“   Sasuke verschränkte die Arme.   „Was gibt’s da falsch zu verstehen? Es sollte einfach nur ‘ne Entschuldigung sein. ‚Entschuldige, aber ich wusste einfach nichts von deinen Gefühlen.‘ Ich wusste es ja nicht mal nach deiner Racheaktion, mir war nur klar, dass ich dich irgendwie sehr verletzt haben musste, aber ich hatten keine Idee, womit. Es sollte einfach nur heißen: ‚Es tut mir leid, dass ich dich verletzt hab, aber ich wusste nichts von deinen Gefühlen und ich bin eben auch nicht perfekt…‘“   „Das verlangt doch auch niemand von dir. Du bist auch nur ein Mensch.“   Naruto suchte den Blick der schwarzen Augen, doch Sasuke hatte sich längst schon wieder abgewandt und war halb aus der Tür.   „Ich geh frühstücken.“   Naruto sah ihm nach.   … und ich bin eben auch nicht perfekt… Das verlangt doch auch niemand von dir.   Das stimmte nicht und sie beide wussten es.   Es gab einen Menschen, der alles von Sasuke forderte, Selbstaufgabe für das Große Ganze, absolute Stärke, Perfektion.   Aber Naruto liebte ihn, als Freund, als Bruder, als den Menschen, neben dem er jede Nacht einschlafen und jeden Morgen aufwachen wollte, und er würde niemals zulassen, dass Sasuke sich selber zerstörte.   Er würde für ihn kämpfen, wie er es schon immer getan hatte. Jeden Tag.   ***   Sasuke beachtete ihn nicht, als er nach dem Duschen mit einem breiten Grinsen in die Küche kam und sich ihm gegenüber auf einen Stuhl fallen ließ.   „Ich darf doch?“   Er deutete auf das Essen und Sasuke schob ihm wortlos den Brotkorb zu.   Er nahm sich eine Stulle des Vollkornbrots (Weißbrot war ja angeblich sooo ungesund) und bestrich sie erst mit Butter, dann mit Honig, während er nach den richtigen Worten suchte.   Als die Brotscheibe essbereit war, hatte er sie zwar immer noch nicht gefunden, aber was soll’s?   Also ließ er das Essen Essen sein, beugte sich vor und starrte Sasuke eindringlich an, bis der den Blick mit fragend gehobenen Augenbrauen erwiderte.   Dann setzte er zu seiner Predigt an: „So geht das nicht weiter, Sasuke. Du musst wieder unter Menschen kommen! Was ist, wenn ich mal nicht da bin, wenn’s dir schlecht geht, oder wir mal wieder zerstritten sind?“   Der Uchiha schnaubte amüsiert.   „Ich bin kein Kleinkind, Naruto. Ich komm schon allein klar.“   Naruto verzog das Gesicht.   „Die Frage ist nur, wie. Ich hab dich nicht zurückgeholt, damit du hier vor meinen Augen zugrunde gehst, weißt du? Also: Ich treff mich inzwischen am Wochenende immer mit den Leuten vom Club und ab jetzt kommst du mit! Ich frag auch unsere anderen Freunde. Umso mehr, desto lustiger.“   Sasuke lehnte sich entspannt zurück und grinste ihn an.   „Du willst also wirklich Menschen, die verzweifelt genug sind, einem solchen Club beizutreten, mit frisch gebackenen Pärchen zusammen bringen…?“   „… Öhm…“   Ein bisschen überfordert erkannte Naruto, dass er diesen Plan vielleicht noch mal überdenken sollte. Aber hier ging es darum, Sasuke zu helfen, verdammt noch mal! Der sollte sich nicht köstlich über ihn amüsieren, sondern einsichtig seine Predigt empfangen und seine Tipps und die Unterstützung annehmen!   „Jetzt häng dich nicht an solchen Kleinigkeiten auf, der Plan ist eben noch nicht ausgereift… Aber du kommst mit, ja?“   Naruto sah in dem Blick des Schwarzhaarigen ganz eindeutig, wie er seine Chancen abwog, die Frage erfolgreich verneinen zu können.   Schließlich antwortete er: „Aber nur einen Tag.“   „Zwei! Ein Tag in der Woche, das ist nichts!“   „Einen Tag am Wochenende mit deinen Freunden und einen Tag in der Woche nur mit dir.“   Die beiden starrten sich an, suchten nach einer Schwäche des anderen, um doch noch die eigenen Wünsche durchzusetzen, da fing Naruto breit zu grinsen an.   „Du willst mich also einen Tag ganz für dich haben?“   Er zwinkerte seinem Freund kokett zu und der musste lachen, weil diese Geste einfach zu lächerlich für einen Jungen war.   „Nur, weil ich keine zwei Tage mit ‘nem ganzen Haufen voller Idioten aushalte. Wenn es in deinem neuen Freundeskreis irgendjemanden gibt, der weniger nervig ist als du, ersetz ich dich gerne.“   Naruto machte einen Schmollmund.   „So leicht ersetzt du mich nicht!“   „Wart’s nur ab…“   Naruto schob die Unterlippe vor und legte die Stirn in Falten, als er scharf nachdachte, ob es wirklich jemanden gab, der ihm seinen Platz streitig machen könnte.   Bei ihren Ninja-Freunden ganz sicher nicht, sonst wär da schon früher was gelaufen. Und beim Club? Hm… Eigentlich auch niemand. Die Jungs stellten keine Gefahr da und die Mädels waren ja nicht umsonst im „Club der Unglücklich Verliebten“, die würden sich nicht gleich an den nächstbesten Kerl ranschmeißen.   Aber Sasuke hatte ja nur gesagt “irgendjemanden, der weniger nervig ist als du“… und da war immer noch Kaori… Laufen würde zwischen den beiden sicher nichts, dafür waren sie sich zu ähnlich, aber er könnte sich gut vorstellen, wie Sasuke sich lieber mit ihr traf und sie sich dann den Abend über anschweigen oder über ernste, erwachsene Themen reden würden, weil sie beide keinen Sinn für den kindischen Quatsch ihrer Freunde hatten… Und… nein!   Alle meinten, er und Katsuya wären sich so ähnlich und sie verstanden sich trotzdem gut und würden vielleicht ein Paar werden… Verdammt, er musste Kaori von Sasuke fernhalten!   Klonk!   Naruto zuckte zusammen.   Sasuke grinste ihn von der anderen Tischseite spöttisch an, eine Hand immer noch an dem Glas, das er ganz offensichtlich lauter als nötig abgestellt hatte.   „Wieder da?“   Der Blonde streckte ihm bloß die Zunge raus.   „Nun, wen von deinen Freunden willst du einladen?“   Naruto blinzelte ihn ungläubig an.   „… Das interessiert dich doch gar nicht.“   Sasuke zuckte mit den Schultern.   „Ich muss mich mental darauf vorbreiten, mit welchen Idioten ich einen Tag in der Woche verbringen soll.“   Naruto sah ihn lange schweigend an und suchte die Wahrheit in Sasukes Gesicht, aber der sah nur gleichgültig an ihm vorbei. Oder tat zumindest so. Naruto sah ganz genau den Schalk, der in den schwarzen Augen lauerte.   Und dann erinnerte er sich endlich, worum es eigentlich im Großen Ganzen ging und er kicherte.   „Du versuchst, Small Talk zu halten, stimmt’s?“   Nur ein kurzes Zucken auf Sasukes Gesichtszügen zeigte, dass er ins Schwarze getroffen hatte und den anderen in Verlegenheit gebracht hatte. Trotzdem ärgerte sich Naruto. Warum wird der nie rot? Wie macht der das?!   Sasuke, der ihn gut genug kannte, um seine Gedanken zu erahnen, sah schon wieder entspannt und viel zu amüsiert aus.   „Also, wen?“   Mit einer gegrummelten Beleidigung beantwortete Naruto diesmal die Frage.   „Hmm… Auf alle Fälle Hinata, jetzt, wo sie mit Neji zusammen ist, können wir ja endlich wieder Freunde werden… Shikamaru und Ino sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt… Chouji könnt ich auch fragen. Die Leute aus dem Club sind sich aus gegebenem Anlass alle einig, dass jeder Mensch liebenswert ist, vielleicht findet er da ja jemanden… Wen noch? Sakura und Tenten… Kiba? Na ich weiß ja nicht, der würde sich doch gleich wieder an alle ranschmeißen… Wär aber sicher lustig… Lee vielleicht, es gibt da ein Mädchen, das irgendwie total auf Freaks abfährt… Dann sollt ich wohl auch Sai fragen…“   „Du willst also wirklich jeden letzten Idioten von deinen Freunden einladen. Ich freu mich schon… Und lass den letzten weg. Mit seiner Perversität vertreibt er doch bloß mindestens alle Mädchen.“ Auch wenn ihm das sonst wo vorbeiging. Aber er konnte diesen Typen einfach nicht ausstehen. Und Naruto würde es sicherlich nicht gerne sehen, wenn er aus Versehen einen seiner Freunde umbrachte… Nein, bestimmt nicht.   Naruto kniff misstrauisch die Augen zusammen. „Willst du dir etwa echt ‘ne Freundin bei den Mädchen vom Club suchen?“   Sasuke blitzte ihn bloß kalt an. Wollte der ihn verarschen? Ein Mädchen, das verzweifelt genug war, so ‘nem Club beizutreten? Na klar…   Der Blonde lehnte sich erleichtert zurück. „Na dann ist ja gut. Übrigens sind das auch deine Freunde. Sie haben sich alle dafür eingesetzt, dass du wieder aufgenommen wurdest, wie du weißt.“   Sasuke wich seinem eindringlichen Blick aus und zuckte mit den Schultern. „Weil es dir so wichtig war.“   Naruto stieß geräuschvoll seinen Atem aus und schüttelte den Kopf. „Du kannst gar nicht anders als immer alles pechschwarz zu sehen, was? Ich hab ihnen vielleicht ‘nen Schubs in die richtige Richtung gegeben, aber sie haben dir alle freiwillig geholfen, weil sie dich mögen, du Nase!“   Er stand halb auf, beugte sich über den Tisch und schnipste dem Schwarzhaarigen gegen die Stirn. „Wenn man jemanden mag, dann genauso, wie er ist, mit all seinen Schwächen und Fehlern. Akzeptier das endlich!“ Er lächelte seinen erstarrten besten Freund warm an, bevor er gänzlich aufstand, seinen Stuhl an den Tisch schob und sein Geschirr abräumte.   „Sorry, ist es schlimm,  wenn ich dich mit dem Abwasch allein lasse? Ich hab Katsuya gestern nach fünf Minuten beim ersten Date einfach sitzen lassen… Ich sollte mich wohl entschuldigen gehen…“ Er kratzte sich verlegenen am Hinterkopf.   Der Uchiha schüttelte den Kopf, räusperte sich. „Geh ruhig.“   „Okay, danke. Dann sehen wir uns am Wochenende, ich sag dir noch Bescheid, wo und wann, ja? Bis dann!“   Im Nachhinein wusste Sasuke nicht mehr, was er sich gedacht hatte. Wahrscheinlich gar nichts. Da hallten einfach nur die Worte in seinem Kopf nach – Katsuya… erstes Date… entschuldigen… – und er spürte immer noch die Stelle, gegen die Naruto geschnipst hatte, die gleiche wie früher… Itachi… Er rieb sich über die Stirn und sprang auf.   „Naruto!“   Die Tür war gerade erst ins Schloss gezogen worden, also riss er sie wieder auf.   Der Uzumaki drehte sich fragend zu ihm um, nur ein paar Schritte von ihm entfernt. „Hab ich was vergessen?“   Sasuke ging zu ihm, packte ihn an der Schulter – um ihn festzuhalten? Um sich selbst festzuhalten? – und küsste ihn.   Eigentlich wusste er nicht wirklich, was er tat und bewegte seine Lippen einfach irgendwie gegen die des anderen, aber es fühlte sich gut an. Erstaunlich gut. War ihm früher bei den wenigen Küssen gar nicht so aufgefallen. Aber da war er auch mehr damit beschäftigt gewesen, seine Fangirls abzuschrecken.   Es fühlte sich wirklich gut an, Naruto so nahe zu sein und ihn zu küssen, aber Unwohlsein machte sich in ihm breit, als er realisierte, was er da gerade tat und dass sein bester Freund den Kuss nicht erwiderte. Statt dessen starrte er ihn geschockt an und Sasuke starrte zurück, sein Gesicht dem anderen immer noch so nah, dass er dessen Atem spüren konnte, sobald Naruto sich wieder daran erinnerte, dass er atmen musste.   Sasuke zwang sich dazu, seine verkrampfte Hand von Narutos Schulter zu lösen, trat die paar Schritte ins Haus zurück, ohne sich umzudrehen, und schloss langsam die Tür vor sich.   So stand er lange da, mit leerem Kopf, eine Hand immer noch an der Türklinke, auf das dunkle Holz stierend und doch nur Narutos schreckerstarrten Ausdruck sehend.   Dann ging er zurück in die Küche, räumte den Tisch ab und machte sich an den Abwasch.   Er hat sich wirklich verändert. Er hat nicht mit vollem Mund gesprochen, nicht geschmatzt, sondern langsam und gesittet eins nach dem anderen gegessen. Seine Freunde haben gute Arbeit geleistet.   Nein, er würde jetzt nicht darüber nachdenken. Er wollte überhaupt nicht daran denken!   ***   Naruto war schon auf halbem Weg nach Hause (mit Umweg über Ichirakus), als er endlich wieder einen klaren Gedanken fassen und seine Füße stoppen konnte, einfach den automatisierten Weg zu gehen.   Er wollte doch zu Katsuya, um sich zu entschuldigen! … Aber Sasuke hatte ihn geküsst… … … Warum hast du das gemacht?!   Es war zum Haare raufen.   Sasuke wusste doch von seinen Gefühlen! Und er hatte keine Gelegenheit ausgelassen, ihn abzuweisen! Sasuke wollte. Nichts. Von. Ihm! … Nein, natürlich nicht. Gestern war einfach ein sehr aufwühlender Abend gewesen und Sasuke war noch nicht ganz wieder er selbst. Er hatte ja gesehen, wie erschrocken er von seiner eigenen Aktion gewesen war. Und er hatte gesagt, dass er zu Katsuya wollte, auf den Sasuke unerklärlicherweise eifersüchtig war. Wahrscheinlich hatte er ihn (mindestens unterbewusst) davon abhalten wollen, zu ihm zu gehen.   Na das hast du geschafft! Danke aber auch! … Geh ich eben heut Abend zu ihm. Katsuya weiß ja, dass ich arbeiten muss. Und ein Auftrag ist jetzt genau das Richtige. Nicht nachdenken können. Keine Zeit zum Erinnern haben. … Er hat mich geküsst…   ***   Egal, was Kiba gesagt hatte, Sasuke war sich sicher, dass Naruto ihn einfach nicht allein hatte treffen wollen. Statt ihn nämlich wie versprochen  über den Treffpunkt fürs Wochenende in Kenntnis zu setzen, hatte er den Hundejungen damit beauftragt. Der sagte natürlich, dass das nichts Persönliches sei, sondern solche Absprachen oft per Mundpropaganda weitergetragen würden, aber Kiba sagte viel, wenn der Tag lag war.   Also hatte er sich am späten Nachmittag auf den Weg ins Nicht-Ninja-Viertel zu besagtem Park gemacht, wo sie sich treffen sollten. Ein wenig angekratzt, dass Naruto so feige jemand anderen vorgeschoben hatte, wo er doch sonst so mutig war, ein wenig amüsiert bei dem Gedanken, wie Naruto ihn heute in seinen Freundeskreis integrieren wollte, wenn er doch gleichzeitig versuchte, ihn zu meiden, und ein wenig genervt, die folgenden Stunden in der Gesellschaft der Ninja-Idioten, die angeblich seine Freunde sein sollten, und der Club-Idioten zu verbringen.   Ganz ehrlich, mit jemandem, dem auch nur in Betracht zog, so einem Club beizutreten, wollte er gar nichts zu tun haben! … Andererseits war Naruto ihm auch beigetreten… … Na ja, Naruto war ja auch immer irgendwie speziell. Eigentlich hätte er sich gleich in einem Atemzug mit Lee und seinem eigenen erbärmlichen Ersatz als Freak nennen können. Naruto war eben… jemand Besonderes.   Er war der Erste am Treffpunkt – zumindest von den Ninja. Die anderen kannte er ja nicht.   Aber keine zwei Minuten später war er sich ziemlich sicher, dass die Gruppe, die sich am Parkeingang auf der anderen Straßenseite tummelte, aus den Leuten vom Club bestand. Da gab es nämlich einen schwarzhaarigen Jugendlichen, der ihm am laufenden Band böse Blicke zuwarf und dann mit seinen Freunden tuschelte.   Sasuke reagierte nicht darauf, sondern lehnte sich nur lässig an eine Laterne und betrachtete die Umgebung, wobei sein Blick natürlich auch ab und zu die Gruppe Jugendlicher streifte.   Das ist also… der Typ. Hmpf… Stinknormal. Schmächtig. Keine Muskeln. Langweilig. Ganz ehrlich, was will Naruto mit dem?   Mit einem innerlichen Seufzen fragte er sich, wann wohl endlich die anderen kommen würden, damit sie anfangen könnten, den Tag hinter sich zu bringen.   Er schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch.   Ich hab so was von keine Lust auf den Scheiß…   „Hey, du! Du bist Sasuke!“   Er öffnete die Augen schlagartig wieder und blitzte den Typen kalt an, der anscheinend die Naruto-freie Zeit nutzen wollte, um sich die vermeintliche Konkurrenz mal genauer anzusehen.   Unhöflich ist er also auch noch.   „Ich bin Katsuya. Narutos fast fester Freund. Ich bin mir sicher, dass er dir von mir erzählt hat.“ Der etwas Kleinere grinste ihn überheblich an, das Kinn hoch in der Luft, ganz offensichtlich in dem Versuch, größer zu erscheinen.   Lächerlich. Fehlt nur noch, dass er sich auf die Zehenspitzen stellt.   Sasuke schnaubte verächtlich. „‚Fast fester Freund‘? Übertreib mal nicht. Soweit ich weiß, gab es gerade mal den Versuch eines ersten Dates, bei dem er dich sitzen gelassen hat, nicht? Für mich. Seinen besten Freund. Dagegen kommt so ‘ne Witzfigur wie du nicht an.“   Katsuyas Grinsen wurde breiter, sein Ausdruck aber ärgerlich. Eine hässliche Mischung. Ist Naruto erblindet, oder was? ...   „Tja, da bist du wohl nicht auf dem neuesten Stand. Naruto hat sich ganz süß bei mir entschuldigt und mich gleich nochmal eingeladen und wir hatten einen wunderschönen Abend zu zweit! ‚Bester Freund‘ sein ist eben auch nicht mehr das, was es mal war…“   „Ich kotz gleich. Was bist du, ein Mädchen? Und spiel dich hier mal nicht so auf. Du bist ein kleines Abenteuer für zwischendurch, mehr nicht. In ein paar Wochen bist du nur noch eine fast. Vergessene. Erinnerung.“   Die letzten Worte ließ er sich genüsslich auf der Zunge zergehen, weil er ganz genau wusste, dass es die Wahrheit war. So einen ungehobelten, arroganten Schwächling würde er niemals an Narutos Seite dulden – und das würde er dem Blonden auch zeigen. Der Typ hatte keine Chance.   Und ganz offensichtlich spürte er die Selbstsicherheit hinter Sasukes Worten, denn mit einem wütenden Aufschrei stürzte er sich auf den Uchiha.   Der konnte sich gerade noch beherrschen, nicht lauthals loszulachen, als er mit Leichtigkeit auswich, schneller hinter dem Jugendlichen stand, als der gucken konnte, und ihn gekonnt über seine Schulter zu Boden warf.   Der Kleinere kam mit einem Schmerzenslaut auf, gefolgt von Schreien seiner Freunde und einem teils überraschten, teils besorgten „Sasuke! Was tust du denn da?!“   Der Gerufene sah auf, verlegen, dass er sich hatte provozieren lassen, einen Nicht-Ninja anzugreifen. Aber er hatte sich ja eigentlich nur „verteidigt“…   Naruto kam schlitternd neben ihm zum Stehen. „Was ist hier los?!“   Bevor Sasuke in die peinliche Situation kommen konnte, sich eine öffentliche Standpauke einzuhandeln, ließ Katsuya sich mit einem dankenden Lächeln von dem Uzumaki aufhelfen und erklärte: „Kein Sorge, ich habe Sasuke nur gebeten, mir ein paar Ninja-Tricks zu zeigen. Hab ich bei dir doch auch gemacht.“   Zweifelnd musterte Naruto seinen besten Freund. Als würde Sasuke so ‘ner Show zustimmen… Andererseits… wenn er Katsuya damit klarmachen kann, dass er der Stärkere ist…   „Dann ist ja gut. Sah aus als würdet ihr euch streiten oder so. Ist alles okay?“   „Klar. Das war doch gar nichts.“ Katsuya machte lächelnd eine abwertende Handbewegung, dann nahm er Narutos Hand. „Komm, gehen wir zu den anderen. Wir haben schon auf euch gewartet.“   Der Uzumaki ließ sich mit zu der Gruppe von Freunden ziehen und wurde sogleich freudig von allen Seiten begrüßt und umarmt, während sein schwarzhaariger „fast fester Freund“ Sasuke noch einen letzten bösen Blick schickte, der ganz eindeutig besagte, dass sie noch nicht fertig miteinander waren.   Der Uchiha folgte ihnen widerwillig in den Park und ließ die Begrüßungen seiner “Freunde“ und der Club-Leute missmutig und wortkarg über sich ergehen.   Nein, er würde diesen Typen nicht an Narutos Seite dulden, niemals! Aber er brauchte einen Plan. Naruto hatte sich schon viel zu sehr an die Gesellschaft dieses Schwächlings gewöhnt, als dass er ihn einfach abweisen würde…   Er brauchte einen Plan…   ***   Damit begann der langweiligste Samstagnachmittag, den Sasuke seit Jahren verbracht hatte.   Die so unterschiedlichen Jugendlichen quatschten stundenlang in kleinen Grüppchen, um sich kennenzulernen (Sasuke wollte weder irgendjemanden von diesen Leuten kennen…) und mehr über das seltsame Leben des jeweils anderen kennenzulernen (… noch wollte er irgendetwas über sie wissen) und als der Nachmittag voranschritt, begannen sie irgend so ein dämliches Spiel zu spielen (Ganz ehrlich, wo ist der Sinn dahinter, einem Ball hinterher zu rennen und “Tore“ zu schießen, obwohl es nicht mal richtige Tore gibt?! Das ist nicht mal anstrengend genug, um als Training durchzugehen!).   Die einzige Aufmunterung war, dass es noch jemanden gab, der sich aus allem rausnahm und sich die Versuche der Jugendlichen, ihn zum Mitspielen zu überreden, somit auf ihn und die junge Frau aufteilten.   Kaori hatte Naruto sie genannt, anscheinend die Schwester des Typen. Man sah ihnen die Verwandtschaft auch an: die gleichen Gesichtszüge, die gleichen schwarzen Haare und braunen Augen, aber während die des jungen Mannes jeden (außer Sasuke) warm und lebhaft anfunkelten, hatte sie kaum einen zweiten Blick für die Fremden übrig und schon der erste war kalt und abweisend.   Als Naruto ihm zum ersten Mal vom Club erzählt hatte, hatte er gemeint, dass Kaori dem Uchiha sehr ähnlich wäre und so war auch der erste Eindruck der anderen Ninja. Allerdings konnte der Blonde sich seine offensichtliche Sorge, sie zwei würden sich zu gut verstehen, sparen. Sie saßen zwar den halben Nachmittag relativ nah beieinander, während die anderen ihren „Spaß“ hatten, aber sie wechselten kein Wort.   Es war eher eine… sehr angenehme Zweisamkeit in vollkommenem Schweigen. Da sollten Naruto und der Typ sich mal ‘ne Scheibe abschneiden.   Sasuke saß immer noch auf der Wiese im Park, an einen Baum gelehnt und döste vor sich hin, während die Gruppe spielender Jugendlicher selbst das Geschrei und Geheule der vielen Kinder übertönte.   Ein Plan, den Typen loszuwerden………   „Sasuke?“   Er schlug die Augen auf und sah fragend zu Naruto auf, der ihn breit angrinste. „Du bist eingeschlafen.“   Er verzog das Gesicht. „Bin ich nicht. Ich hab nachgedacht.“   „So konzentriert, dass du mich nicht hast rufen hören? Was war denn so wichtig?“   Der Uchiha erhob sich, die Glieder noch schwer von dem entspannten Nickerchen. „Meine Sache. Sind wir hier endlich fertig?“   Naruto lachte, da er den hoffnungsvollen Unterton deutlich heraushörte. „Jetzt fängt es erst richtig an! Heute ist doch das Lichterfest. Los, komm, alle anderen sind schon Aufbruch bereit.“   Mit einem genervten Seufzen ließ Sasuke sich mit zum Parkausgang schleifen, wo der Rest der Gruppe schon ungeduldig auf sie wartete.   „Ich muss mir also nur noch ein paar Lichter ansehen und dann bin ich entlassen, ja?“   „Maaan, Sasuke! Das soll hier doch keine Strafe sein, sondern Spaß machen!“   Er grummelte nur.   ***   Spaß. Natürlich. Spaß.   Es war ja auch so spaßig, durch die dunklen Straßen des Nicht-Ninja-Viertels zu laufen, wo viele Familien ihre Fenster und Vorgärten mit mehr oder weniger geschmackvollen Lichtern geschmückt hatten.   Noch dazu mit einer Gruppe, in der der Mädchenanteil den der Jungen bei weitem überwog.   „Oh, guck mal da, ist das nicht hübsch?“ „Das ist sooo süß!“ „Hach, das erinnert mich daran, als ich letztes Jahr mit ihm hier war…“ „Denk nicht daran. Du weißt doch, er hat dich gar nicht verdient…!“   Oh ja, er hatte ja solchen Spaß!   Und dazu kam, dass die zwei neuen Ninja-Pärchen zumindest für diesen abendlichen Spaziergang zu ihnen gestoßen waren, sodass Hinata und Neji jetzt Händchenhaltend vor ihm und Naruto herliefen – Ganz ehrlich, haben die denn überhaupt kein Taktgefühl?! Die haben ihn doch damals schon so mit ihrem Rumgeknutsche aufgewühlt…! – aber wenigstens nicht noch mehr machten, während er Ino und Shikamaru zwar nicht knutschen sah, aber dafür umso deutlicher hinter sich hörte.   Nach dem langweiligen Nachmittag war das wirklich ein gelungen anekelnder Abend.   Wenigstens hatte Naruto ihm gesagt, dass sie auf dem Weg zu einem Bach am Dorfrand waren, wo es noch eine kleine Show geben sollte und jeder eingeladen wurde, seinen größten Wunsch mit einem Teelicht-Schiffchen auf die Reise zu schicken und dann wäre er endlich frei zu gehen.   Das Stimmengewirr, das er schon seit einigen Minuten hörte und das immer näher kam, musste von den Leuten stammen, die schon am Bachufer warteten. Hoffentlich.   Eine halbe Stunde später war die schrecklich uninteressante Rede über die Tradition des Lichterfestes endlich vorbei, ebenso die Feuershow – Ich bin ein Uchiha, verdammt noch mal! Ich war schon mit sieben Jahren besser als dieser Möchtegern „Feuerschlucker“! – und nachdem die kleine Menschenansammlung es mit einigem Gedränge und Gemecker geschafft, hatte, dass jeder einzelne sein Teelicht-Schiffchen zu Wasser lassen konnte, standen sie nun einigermaßen ruhig und friedvoll am Bachufer und sahen den kleiner werdenden Lichtern hinterher.   Natürlich hatte sich Sasuke aus dieser letzten Aktion auch rausnehmen wollen, aber Naruto hatte wohlweißlich gleich zwei Teelicht-Schiffchen geholt, Sasuke warm angelächelt und sie nebeneinander ins Wasser gelassen.   Er musste sich nur etwas wünschen.   Ziemlich gehässig hatte er mit einem inneren triumphalen Lächeln beobachtet, wie Katsuya den beiden Schiffchen wütend hinterher sah und sein eigenes ganz allein auf die Reise schicken musste, und er hatte für einen kurzen Moment daran gedacht, sich zu wünschen, dass der Typ endlich aus Narutos Leben verschwand. Aber der Uzumaki mochte ihn aus irgendeinem unverständlichen Grund und so hatte er sich stattdessen gewünscht, dass Narutos immer an seiner Seite bleiben würde. Klang netter, kam aber schlussendlich sowieso aufs Gleiche hinaus.   Nun standen sie hier, Katsuya hatte Narutos Hand genommen und der hatte ihn lächelnd rüber zu Sasuke gezogen und seinerseits dessen Hand in seine rechte genommen. Sakura ließ sich diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen und klammerte sich an Sasuke freien Arm, der nach diesem Tag einfach keine Kraft mehr hatte, jetzt auch noch eines seiner hartnäckigsten Fangirls abzuwimmeln.   Und irgendwie war es doch auch fast schön, hier mit Naruto Hand in Hand zu stehen, er musste einfach das Anhängsel an seiner Seite ignorieren und ausblenden, sowie die Quasselstrippe neben Naruto, die dessen ganze Aufmerksamkeit für sich beanspruchte, als hätte er überhaupt irgendeinen Anspruch…!   Wenig später fiel Naruto auf, dass sich all ihre Freunde zu Pärchen oder wie sie zu kleinen Grüppchen zusammengefunden hatten, und nur Kaori allein etwas abseits stand. Also holte er sie selbstverständlich auch dazu.   Und als sie dann zu fünft und Hand in Hand nebeneinander in der Dunkelheit standen – Katsuya, Kaori, Naruto, Sasuke und Sakura – im Geiste mit all den Menschen hier am Bachufer verbunden und doch für sich, da konnte Sasuke ehrlich lächeln.   Und war für einen Moment einfach nur glücklich, dort zu sein.   ***   Am Dienstagnachmittag überraschte Naruto Sasuke damit, dass er im Verwaltungsgebäude auf ihn wartete. Nun ja, zumindest hatte er das vorgehabt, aber dann hatte der Uchiha auf sich warten lassen und das Warten war so langweilig und er selbst so müde…   Er wurde von einem energischen Rütteln an seiner Schulter geweckt.   „Naruto! Du kannst doch hier nicht einfach schlafen!“   „Mmh? Kann ich nich…?“, schmatzte er schläfrig und öffnete langsam die Augen.   Sasuke sah eindeutig genervt auf ihn runter.   „Nein, definitiv nicht! Immerhin kommen die Auftraggeber auch hierher, was macht das denn für einen Eindruck, wenn du hier schnarchend und sabbernd schläfst?!“   Reflexartig wischte der Uzumaki sich die halb getrocknete Spucke vom Kinn und stand gähnend auf.   „Kann- Uaahh! Kann ich doch nichts dafür, wenn du so lange brauchst…“   „Na schönen Dank auch.“ Der Gesichtsausdruck des Schwarzhaarigen verfinsterte sich noch mehr, als er Naruto am Handgelenk packte und mit sich nach draußen zog. „Den Vorwurf durfte ich mir gerade schon von der Hokage anhören. Ganz ehrlich, was stimmt nicht mit der Frau?! Mir dafür die Schuld zu geben, dass du zu wenig Schlaf bekommst…!“   „Stimmt ja gar nicht“, protestierte Naruto schwach, dabei hatte er schon selbst bemerkt, dass er die letzten Tage immer zu spät ins Bett kam…   Sasuke sah ihn immer noch so miesepetrig an… „Also? Tsunade meinte, du hättest auf mich gewartet?“   „Ja, klar. Ich hab dir doch einen Tag nur zu zweit versprochen und da wir am Wochenende gar nichts mehr verabredet haben… Zu mir oder zu dir?“   „… Idiot.“   Sasuke wandte sich kopfschüttelnd ab, doch Naruto hatte sein Grinsen noch gesehen, bevor er seine Schritte in Richtung von Narutos Wohnung lenkte.   Na geht doch. Langsam taut er wieder auf. War eben doch eine gute Idee von mir!   Mit einem offenen Lächeln auf den Lippen rannte er seinem besten Freund hinterher.   „Hey, warte auf mich!“   ***   Seit letztem Wochenende hatte Sasuke viel darüber nachgedacht, wie er diesen Typen ausstechen könnte – und wenn er nur wenigstens erst mal einen Anfang bekam, damit er nicht noch einmal so einen langweiligen Tag hinter sich bringen musste...   Musste er am folgenden Sonntag trotzdem, denn nun wollten die Jungs und Mädels vom Club ihrerseits das Viertel und das Leben der Ninja kennenlernen und das einzig einigermaßen Spannende daran war, als er mit Naruto einen Show-Kampf vorführen „durfte“ – selbst wenn sie sich auf Ge-nin-Niveau beschränken und sich selbst in ihrer Geschwindigkeit zurückhalten mussten, damit ihre begeisterten Zuschauer wenigstens auch sahen, was sie taten.   Dafür wurde ihm sein Plan auf einem Silbertablett serviert, als er die Club-Leute am frühen Abend ins Nicht-Ninja-Viertel mit zurückgeleiten musste.   Von selbst wäre er vielleicht nicht darauf gekommen, einfach weil dieser Typ ihm sonst wo vorbeiging und er nicht mal über ihn nachdenken wollte, aber als er dem Gespräch der Mädchengruppe vor sich lauschte, war auf einmal alles… glasklar.   „Armer Naruto. Irgendwie tut er mir total leid…“   „Ja, mir auch. Da versucht er, von diesem Sasuke loszukommen und gerät unbedingt an Katsuya…“   „Eigentlich ist es erstaunlich, wie ähnlich die zwei sich sehen, nicht? Sie könnten Brüder sein.“   „Ja, das hab ich auch schon gedacht. Umso lustiger, dass sie sich nicht ausstehen können.“   „Dafür sitzt Naruto zwischen den Stühlen. Einerseits dieser unfreundliche Eisklotz und sein bester Freund, in den er sich auch noch verliebt hat, und auf der anderen Seite unser süßer, netter Katsuya, der seine Gefühle auch noch erwidert, aber doch irgendwie nur als Ersatz herhalten muss…“   „Armer Naruto…“   „Und armer Katsuya.“   „Ich hoffe, aus den beiden wird bald ein richtiges Pärchen, dann wären doch alle glücklich, nicht?“   „Bin ganz deiner Meinung. Wenn bloß dieser Sasuke nicht immer dabei wäre, dann hätte Katsuya auch mal ‘ne Chance…“   „Die hat er doch auch so: bei den Clubtreffen und -“   „Quatsch! Bei den Treffen redet Naruto doch auch die ganze Zeit nur von Sasuke!“   „Na ja, muss er doch auch, um über ihn hinwegzukommen, nicht?“   „Aber die zwei hatten doch jetzt auch schon Dates. Katsuya muss einfach mal ein bisschen deutlicher werden!“   „Genau! Er ist so viel sympathischer und einfühlsamer, als dieser Sasuke, das muss er Naruto nur mal klar machen!“   „Vielleicht sollten wir ihm mal unter die Arme greifen und...“   Er hatte genug gehört. Dieser Typ sollte also nur ein billiger Ersatz für ihn sein und es dennoch schaffen können, Naruto für sich zu gewinnen? Die würden sich noch wundern…!   Er musste ihn einfach nur ein bisschen… kopieren. Sollte ihm als Sharin-gan-Träger ja nicht allzu schwer sein. Einfach nett sein, solange Naruto dabei war – oder zumindest nicht ganz so feindlich, wie er es bisher gewesen war. Einfach den Typen in seiner eigenen Show schlagen, Naruto vorzumachen, dass er ja überhaupt keine Probleme mit dem anderen hatte.   Er musste nicht dafür sorgen, dass Naruto genug von dem Typen hatte – das sollte der mal schön alleine machen…   ***   „Naruto?“   Der Blonde schreckte gerade rechtzeitig hoch, um nicht mit dem Gesicht in sein Essen zu fallen. Gähnend rieb er sich die Augen, dann begegnete er schläfrig blinzelnd Sasukes beinahe besorgtem Blick.   „Alles okay? Du bist in letzter Zeit wirklich oft müde.“   Er zuckte mit den Schultern. „Ihr seid eben anstrengend. Jetzt versteh ich, wie Sakura und Kakashi-sensei sich in unseren schlimmsten Zeiten gefühlt haben müssen. Dabei kann es für sie nicht mal so schlimm gewesen sein, immerhin mochte Kakashi uns alle nicht und Sakura hat sich sowieso nur für dich interessiert. Aber zwischen zwei Streithähnen zu stehen, die man beide mag, ist echt auslaugend.“ Er seufzte übertrieben dramatisch.   Sasuke hob eine Augenbraue. „Du könntest mich einfach aus dieser dämlichen Verpflichtung entlassen und-“   „Mach dir gar nicht erst Hoffnungen. Ich hab noch nie aufgegeben und ich fang jetzt nicht damit an. Außerdem ist ja auch irgendwo lustig zu sehen, wie du mit einem Nicht-Ninja um meine Gunst buhlst…“   Er lachte, als Sasuke ihn sofort mit einem eiskalten Uchiha-Blick bedachte.   „Keine Chance, der wirkt nicht mehr bei mir. Ich bringe euch zwei solange zusammen, bis ihr euch versteht. Hat ja bei uns auch geklappt, nicht?“   Und mit einem breiten Lächeln fing er endlich an zu essen.   Er hörte Sasuke noch etwas grummeln, von wegen „Oder bis jemand heult und ich weiß auch schon, wer das sein wird…“, sagte aber nichts mehr dazu.   Natürlich würde er nicht aufgeben, zu versuchen, die zwei unter einen Hut zu bekommen, doch es war wirklich ermüdend, die zwei davon abhalten zu müssen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen…   Katsuya war ihm selbst von der Art her einfach zu ähnlich und ließ sich schon allein von Sasukes Anwesenheit provozieren. Und Sasuke, der sonst so cool und gleichgültig jede Provokation über sich ergehen ließ, zeigte sich Katsuya gegenüber auffällig anfällig. So blieb es also immer an Naruto hängen, zwischen ihnen zu vermitteln. – Und das ging dann natürlich gleich in eine Diskussion darüber über, auf wessen Seite er eigentlich stehe…   Es war wirklich zum Haare raufen.   Und das machte er auch, ohne dass es ihm bewusst war.   Sasuke bedachte ihn mit einem weiteren skeptischen Blick. „Sicher, dass es dir gut geht?“   „Außer, dass ihr mir noch den letzten Nerv raubt, ja. Aber nett, dass du dir Sorgen um mich machst…“   Abermals musste er bei Sasukes düsterem Gesichtsausdruck lachen. Die Leute vom Club hatten Recht gehabt – es machte wirklich Spaß, manchmal einfach zu sagen, was einem in den Sinn kam. Man hielt sich ja gerne zurück, weil es natürlich offen legte, dass man immer noch Gefühle hatte und so, aber wenn er Sasuke damit gleichzeitig noch ein wenig ärgern konnte, machte das das Ganze doch wieder wett.   Allerdings sollte er es wohl nicht übertreiben, so wie der Schwarzhaarige schon wieder rumgrummelte – und bevor er doch noch ersetzt werden würde…   Also wandte er sich versöhnlich eine neuen Gesprächsthema zu – aber ob das Sasukes Laune so sehr aufheitern würde…   „Wir haben gestern Pläne fürs Wochenende gemacht. Es hat ein neues Theater aufgemacht, ein ganz modernes und innovatives. Die haben es nämlich irgendwie geschafft, Stücke… na ja… festzuhalten! Damit man sie sich immer wieder angucken kann, verstehst du?“   **   Schon als Naruto ihm von dem „tollen, neuen Theater“ erzählt hatte, war er nicht gerade begeistert von der Idee gewesen und nun, als er in der Vorstellung saß, konnte er seiner Intuition wieder mal nur Recht geben.   Aber wenigstens hatte er jetzt ein Ziel vor Augen und siehe da: mit einem idiotensicheren Plan in der Hand war es doch plötzlich erstaunlich amüsant, sich mit dem Typen auseinander setzen zu müssen.   Der hatte ihn nämlich, kaum dass die Gruppe damit beschäftigt war, das Theater näher in Augenschein zu nehmen und für jeden eine Eintrittskarte zu kaufen, beiseite genommen und geknurrt: „Lass die Finger von ihm! Ich warne dich! Wenn du ihn noch einmal küsst-“   „Dann was? Greifst du mich wieder an? Nur zu, ich leg dich mit größtem Vergnügen ganz aus Versehen um.“   Katsuya lachte spöttisch. „Das würde dir so passen, was? Ich kenn deine Geschichte und weiß, dass du das wirklich tun würdest. Aber mein Naruto würde das niemals zulassen und wenn du’s nur versuchst, warst du mal sein bes-“   Mit einem schnellen Blick zu den anderen, die ihnen keine Beachtung schenkten, hatte Sasuke ihn noch weiter in die Ecke gedrängt, in der sie standen und drohte leise und kalt: „Wag es dir nicht noch einmal, ihn dein Eigentum zu nennen! Ich schwör dir, ich bring dich um, und das ohne, dass es jemand mit mir in Verbindung bringt…!“   In den braunen Augen seines Gegenübers flackerte Angst auf, doch der Typ wusste anscheinend wirklich nicht, wann er seine übergroße Klappe zu halten hatte, denn er schnappte zurück: „Du hattest deine Chance! Lass es nicht an mir aus, dass du zu blöd warst, Narutos Liebe zu schätzen zu wissen! Und jetzt lass mich durch, ich möchte nämlich einen schönen Nachmittag mit meinem Freund verbringen!“   Und damit hatte er sich an ihm vorbeigedrängt und war wieder zu der Gruppe gestoßen.   Sasuke hatte sich umgedreht und für einige Momente nur beobachtet, wie der schleimige Kerl gleich wieder Narutos Nähe suchte.   Von wegen, er hätte eine Chance gehabt. Naruto hatte ihm ja nicht mal was von seinen Gefühlen gesagt und als er es dann endlich mit Kakashis Hilfe verstanden hatte, stand schon zu vieles zwischen ihnen und überhaupt, es war doch nie eine Option -. Sein Clan-!   Er biss wütend die Zähne zusammen.   Der Typ mochte seine Geschichte kennen, aber er kannte ihn nicht und deswegen könnte er auch seine wenigen Schwächen nicht ausnutzen, sowie er selbst es mit dessen Eifersucht und falschen Besitzansprüchen vorhatte.   Auch wenn er zugeben musste, dass es ihn etwas ärgerte, dass Naruto bei den Club-Treffen anscheinend frei aus dem Nähkästchen plauderte – woher sonst sollte der Typ von dem Kuss wissen?   Und ganz ehrlich, seine Wut darüber bot nur noch mehr Angriffsfläche und war einfach lächerlich.   Es war nur ein Kuss gewesen, weiter nichts!   Er selbst hatte kaum einen Gedanken mehr daran verschwendet und wenn, dann eher in die Richtung, ob er es Naruto damit mal wieder unabsichtlich schwerer gemacht hatte.   Er dachte nicht darüber nach, welche verdrängten Gefühle für den Blonden ihn wohl dazu bewogen haben mochten, so wie der Typ es angedeutet hatte – so ein Schwachsinn!   Es war einfach nur eine Kurzschlussreaktion nach einem emotionalen Zusammenbruch gewesen und er selbst hatte genug damit zu tun, Naruto davon abzuhalten, sich doch noch auf was Ernsteres mit dem Typen einzulassen, als weiter darüber zu grübeln.   Aber gut zu wissen, dass dessen Möchtegern-Freund seine Kraft mit ganz offensichtlicher Eifersucht verschwendete.   Das hatte ihm zumindest schon mal Genugtuung verpasst, aber der wirklich amüsante Part kam erst, als sie eine Viertelstunde später endlich im Vorführungssaal saßen – Naruto natürlich von ihnen beiden flankiert, aber leider, leider hatte wohl irgendjemand der Kassiererin nicht ordentlich zugehört, denn statt Katsuya war es Sasuke, der sich mit Naruto einen Pärchensitz teilen durfte.   Er war nicht der Einzige, der amüsiert beobachtete, wie Katsuya vor Wut rot anlief und die Sache noch irgendwie zu seinen Gunsten zu regeln versuchte.   „Naruto, jetzt sag ihm doch mal, dass das unser Platz ist!“   Der Angesprochene sah etwas hilflos zu ihm rüber.   „Sasuke?“   Der Uchiha hob mit einem schmalen Lächeln seine Eintrittskarte. „Da steht dieser Sitzplatz drauf. Und soweit ich das verstanden habe, darf man sich doch nicht eigenmächtig einen anderen suchen, oder?“   Katsuya schief kurz davor wütend mit dem Fuß aufzustampfen oder im Dreieck zu springen – oder noch besser: Sasuke an die Gurgel. Lächerlich.   „Du-! Das sollte mein Platz neben meinem Freund sein! Warum willst du überhaupt neben meinem -“   „Wenn du jetzt endlich ruhig sein würdest, ich möchte das Stück sehen!“   Wollte er natürlich nicht, er kannte es schon aus einem normalen Theater und wusste nicht, was das Besondere daran sein wollte, es jetzt in schlechter Aufnahmequalität auf einer Leinwand zu sehen, aber irgendwie musste er den Typen ja zum Schweigen bringen. Und das, bevor Naruto ihn noch gezwungenermaßen bitten würde, den Platz mit ihm zu tauschen. Und bevor er doch noch seine Geduld überstrapazieren würde mit diesen vollkommen unberechtigten Besitzansprüchen!   Inzwischen fühlten sich aber auch andere Besucher von dem stehenden, keifenden Jugendlichen gestört und so zog Naruto ihn endlich auf seinen Platz neben sich runter, murmelte irgendetwas Versöhnliches und ließ zu, dass der andere seine Hand nahm und deutlich sichtbar auf die Armlehne zwischen ihnen legte.   Der einzige Körperkontakt, den du hier kriegen kannst..., dachte Sasuke feixend und rutschte sich möglichst unauffällig so zurecht, dass er Schulter an Schulter mit seinem besten Freund auf dem Zweiersitz saß und sich ihre Knie berührten.   Naruto sah ihn kurz an und lächelte, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder der Leinwand widmete.   Für einen winzigen Augenblick zog er auch in Erwägung, einen Arm um den Uzumaki zu legen, bevor der Typ womöglich noch auf die Idee kommen würde, aber das wäre ihm dann doch zu lächerlich gewesen.   Und außerdem ließ er sich nur zu gerne von dem Kribbeln in seinem Bauch von dem dämlichen Typen und dem dämlichen Stück und dem ganzen dämlichen Tag mit der dämlichen Gruppe ablenken.   Wer hätte gedacht, dass es so angenehm und… aufregend sein könnte, so nah neben jemandem zu sitzen? Er ganz bestimmt nicht, aber für gewöhnlich vermied er Körperkontakt ja auch.   Ach ja, was tat man(n) nicht alles, um seinen besten Freund… zu behalten. Und wenn es sich so verdammt gut anfühlte, machte man es nur noch lieber…   ***   Naruto war… gestresst.   Sasuke schien sich seine Bitte, sich nicht mehr provozieren zu lassen, zu Herzen genommen zu haben, zumindest war er seitdem erstaunlich höflich und, na ja, nicht unbedingt nett, aber immerhin gleichgültig gegenüber Katsuya.   Leider änderte das überhaupt nichts an den Spannungen zwischen den beiden jungen Männern.   Im Gegenteil, es sorgte höchstens dafür, dass es nun immer schien, als wäre Katsuya geradezu auf eine Konfrontation aus. War er wahrscheinlich auch und irgendwo konnte Naruto es ihm nicht verdenken.   Immerhin war er selbst vor scheinbarer Ewigkeit in der Situation gewesen, auf Sasuke-Eisklotz eifersüchtig zu sein und ihn dazu bringen zu wollen, ihn endlich ernst zu nehmen.   Aber das war zu Kinderzeiten gewesen und jetzt waren sie sechzehn, fast siebzehn Jahre alt!   Er fand es ja süß, dass Katsuya sich so um ihn bemühte, aber seit er Sasuke mit zu ihren Treffen am Wochenende nahm, übertrieb er es ganz eindeutig und machte es Naruto damit nur noch schwerer…   Und dabei gab es nicht mal etwas zum eifersüchtig sein! Sasuke und er waren inzwischen doch einfach nur noch beste Freunde!   Okay, vielleicht hätte er das mit dem Kuss nicht erwähnen dürfen, aber dafür ging er ja schließlich zu den Treffen des Clubs, nicht? Und wäre er gar nicht erst hingegangen, hätte er Katsuya niemals kennengelernt und überhaupt und das wurde ihm einfach zu viel in letzter Zeit.   Und Sasuke war ihm auch überhaupt keine Unterstützung.   Er weigerte sich immer noch, Katsuya beim Namen zu nennen, wollte genauso wenig über ihn reden, wie Katsuya es außerhalb des Clubs über den Uchiha zuließ und als sie am vergangenen Wochenende einen festen Tag in der Woche zum Treffen hatten ausmachen wollen, hatte er beinahe geschmollt, als Naruto es ausschloss, den Mittwoch wieder als Kochtag einzuführen, weil das ja inzwischen der Club-Tag war.   Sasuke Uchiha! Fast am Schmollen, wegen so was, das musste man sich mal vorstellen!   Dazu kam, dass Katsuya sauer auf ihn war, weil er nach sechs Dates immer noch meinte, er wolle es mit dem „ein richtiges, öffentliches Paar sein“ nicht überstürzen und beim Club musste er inzwischen aufpassen, was er sagte, was ja auch nicht Sinn der Sache war und – er war einfach tierisch gestresst!   Ein bisschen glücklich, dass er zwei Menschen hatte, denen er so wichtig war, ein bisschen voller Schuldgefühle, wenn er an Sasuke-Tagen mal wieder den alten Drang verspürte, Körperkontakt herstellen oder irgendwas unpassend liebevolles sagen zu wollen, ein bisschen genervt und wütend auf die beiden, dass sie sich nicht einfach mal ihm zuliebe zusammenreißen konnten.   Und sonst einfach nur müde und gestresst…   ***   „Wuaaah!“   Sasuke verdrehte zwar die Augen über Narutos panischen Blick und die rudernden Arme, ging aber trotzdem die paar Schritte zu ihm rüber, um ihn vorm Hinfallen zu bewahren.   Sofort klammerte der Blonde sich an ihn und versuchte, sein Gleichgewicht zu finden.   „Was bist du? Ein Affe?“   Der Uchiha sah genervt auf ihn runter, aber insgeheim war er froh, dass er wenigstens schneller zur Stelle gewesen war als der Typ. Würde Naruto sich so an den klammern...   Naruto grinste verlegen zu ihm hoch.   „Das ist gar nicht so einfach wie´s aussieht...“   Er lockerte seinen Griff leicht, doch als er sein Gewicht minimal verlagerte, drohte er wieder, umzukippen und krallte sich abermals in die Arme seines Freundes.   „Maaan...“   „Gar nicht so leicht, was?“ Lachend kam Katsuya zu ihnen rüber gefahren und bremste knapp vor ihnen gekonnt ab.   „Komm, ich helf dir.“   Er hielt Naruto die Hand hin, aber der schüttelte nur den Kopf.   „Ganz bestimmt nicht. Wenn ich Sasuke jetzt loslasse, flieg ich hin. Garantiert.“   Katsuya verzog kurz das Gesicht und Sasuke konnte sich gerade noch ein zufriedenes Grinsen verkneifen.   Ha, das schmeckt dir gar nicht, dass Naruto mich immer noch braucht, was?   Irgendwo in seinem Hinterkopf wusste er, dass der Gedanke kindisch war, doch er beachtete diese Stimme der Vernunft nicht.   Warum sollte er nicht auch mal kindisch sein dürfen, wenigstens in seinen Gedanken? Und ganz ehrlich: Solange es diesen Typen ärgerte und hoffentlich irgendwann endlich von seinem Naruto fernhielt, war es das wert.   Naruto war sein bester Freund und er würde nicht zulassen, dass irgend so ´ne schwache Quasselstrippe-. Genug, rief er sich selbst zur Ordnung. Er wusste schließlich, dass er seine Wut nur schlecht vor Naruto verbergen konnte und immerhin sollte der sehen, dass er sich zivilisiert benehmen konnte, im Gegensatz zu manch anderem.   „Ich helf dir“, bot er gönnerhaft an und fing, Naruto an den Händen nehmend, langsam an,  rückwärts zu laufen, damit der Blonde ein Gefühl für diese... Skater bekommen konnte.   Der Typ beobachtete sie mit eifersüchtigen Adleraugen.   „Hah, als großmütiger Helfer fühlst du dich supertoll, aber selbst zu fahren traust du dich natürlich nicht…“, stichelte er.   Naruto drehte sich mit einer beschwichtigenden Geste halb zu ihm um.   „Lass ihn doch, Katsuya, wenn er nicht will…“   „Klappt ja doch ganz gut, was?“   Erstaunt von dem freundlichen Tonfall sah Naruto zurück zu Sasuke und bemerkte jetzt erst, dass er ohne dessen Hilfe auf den Skatern stand und sein Gleichgewicht gefunden hatte.   Er grinste zufrieden. „Natürlich. Was ich schaffen will, schaff ich auch!“   Sasuke grinste spöttisch zurück. „Dauert bei dir nur immer länger…“   „Pah, du hast ja keine Ahnung, wie schwer das ist, mit den Dingern zu fahren!“, schmollte er und Katsuya murmelte hinterher: „Feigling…“   Sasuke schickte ihm einen kalten Blick. „Habt ihr noch ein Paar in meiner Größe?“   „Äh, was?“   „Habt ihr? Sonst kann ich dir ja kaum beweisen, dass ich euren angeblichen Sport auch meistern kann.“ Er schnaubte verächtlich. „Da war ja mein Training in Kindertagen anstrengender…“   Katsuya verengte herausfordernd seine Augen.   „Komm mit. Dann werden wir ja sehen, ob du nicht nur große Töne spuckst.“   Ein wenig unsicher beobachtete Naruto, wie die zwei Jugendlichen, die sich so ähnlich sahen und doch so ungleich waren, gemeinsam davon gingen, dann zuckte er mit den Schultern.   Die würden sich ja wohl mal zehn Minuten – „Uuaah! … Autsch…“   Er rieb sich den schmerzenden Hintern und versuchte, mithilfe eines Baumes wieder aufzustehen.   Oh ja, die würden definitiv mal zehn Minuten miteinander auskommen müssen, ohne sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Er wollte jetzt dieses skaten hinbekommen und an seine beiden Streithähne zu denken, würde ihn ja doch wieder nur auf den Boden schicken.   Wieder auf wackligen Beinen stehend, fing er an, x-beinig und im Schneckentempo weiterzufahren, als plötzlich ein zweites Paar Skater neben ihm auftauchte.   „Brauchst du Hilfe?“   „Kaori!“ Er lächelte die junge Frau breit an. „Du bist meine Rettung!“   Sie erwiderte das Lächeln leicht. „Ich glaube, es gibt heute noch Tote, wenn du dir auch nur einen Kratzer holst“, antwortete sie trocken.   „Ach Quatsch“, winkte er ab, „Ich hab doch schon vieeel Schlimmeres durchgemacht!“ Auch wenn er zugeben musste, dass diese Gleichgewichtsübung echt schwer war.   Sie kicherte leise. „Also erst mal solltest du deine überschwängliche Gestik im Zaum halten, solange du nicht sicher bist. Und dann kannst du mir gerne erzählen, was denn so viel schlimmer war.“   So fuhren sie eine Weile ruhig nebeneinander her, sie gab ihm Tipps und Anweisungen, während er ihr aus seinem spannenden Leben als Ninja erzählte. Er war gerade bei der dritten Aufgabe der Chu-nin-Prüfung angelangt, als ein wütender Aufschrei sie aufblicken ließ.   „Du schummelst! Du arrogantes, feiges -“   „Was ist denn hier los?“ Kaori musterte ihren Bruder irritiert, der wieder mal rot vor Wut angelaufen war und mit Sasuke Uchiha stritt. Wobei es ein sehr einseitiger Streit zu sein schien, denn Sasuke stand ihm mit emotionsloser Miene gegenüber, unbeeindruckt von dem Vorwurf.   „Er schummelt!“, wiederholte Katsuya erregt. „Er benutzt seine Ninja-Fähigkeiten, um besser fahren zu können! Hast du ihn nicht gesehen?! Er fährt, als würde er seit Kinderbeinen an nichts anderes machen!“   Inzwischen war auch Naruto bei ihnen angekommen und sah Sasuke ebenso vorwurfsvoll an. „Das geht? Maaan, warum hast du mir das denn nicht gesagt, bevor ich mir hier solche Mühe gebe?“   „Weil du doch das Denken nicht verlernen sollst, Idiot“; antwortete Sasuke mit einem Grinsen und fuhr an Naruto vorbei, wobei er ihm mit einer Hand die Haare noch mehr verwuschelte.   Der Uzumaki sah ihm bewundernd hinterher. „Wie macht er das? Das ist cool! Ich will das auch können!“   Mit einem Seufzen sah Kaori den mörderisch-eifersüchtigen Blick ihres kleinen Bruders. Sie hatte ihm ja von Anfang an gesagt, dass er die Finger von einem Ninja lassen sollte, besonders, wenn der in einen anderen Ninja verliebt war, dagegen könne er niemals ankommen, aber… tja, wer nicht hören will, muss eben fühlen…   „Wie wär’s mit ‘ner Mittagspause?“, fragte sie versöhnlich.   ***   Sasuke konnte das zufriedene Grinsen nicht mehr zurückhalten, als er sich am Abend endlich mit einem erstaunlich niedergeschlagenen Naruto auf dem Nachhauseweg befand.   „Was ist los?“, fragte er nach.   Der Blonde seufzte. „Was wohl. Das Übliche. Ihr zwei.“   Sasuke hob eine Augenbraue. „Mir kannst du diesmal aber keine Schuld geben. Ich hab mich zurückgehalten…“   Naruto seufzte noch tiefer. „Es geht doch nicht darum, jemandem die Schuld an irgendwas zu geben. Ich wünschte nur, ihr würdet euch besser verstehen. Und… es ist schwerer, als ich dachte, Nicht-Ninja und Ninja unter einen Hut zu bringen.“   „Da muss ich dir Recht geben. Seine Eifersucht war ja kaum auszuhalten. Ganz ehrlich, mich anzuschreien, dass ich ‚schummeln‘ würde, weil ich meine angeborenen Fähigkeiten genutzt habe. Und dann hat er mich auch noch angeklagt, das gegnerische Team mit Absicht abgelenkt zu haben…“   Naruto grinste, aber es wirkte müde. „Sharin-gan beim Fußball spielen sind ja auch irgendwo unfair, selbst wenn wir es dir nicht verbieten konnten. Und es hat nun mal abgelenkt, dass Sasuke Uchiha mit freiem Oberkörper gespielt hat.“   „Hat doch jeder andere Kerl auch gemacht. Was macht das denn bitte für einen Unterschied – die oder ich?“   Die zwei Freunde sahen sich kurz stumm an und grinsten dann.   Natürlich machte es einen Unterschied und sie beide wussten es. Die Jungs vom Club halbnackt zu sehen, war normal, Naruto war schon ein Augenschmaus für die Mädchen und eine zuckersüße Ablenkung für Katsuya, aber Sasuke Uchiha – das war noch mal eine ganz andere Liga.   Der Uchiha schüttelte den Kopf.   „Trotzdem. Wir waren sogar im selben Team, der hätte sich doch darüber freuen sollen, dass die anderen sich nicht konzentrieren konnten! Ganz ehrlich, was stimmt nicht mit dem Typen?!“   „… Nicht heute Abend, okay?“   Naruto legte ihm zum Abschied eine Hand auf die Schulter und schenkte ihm ein letztes erschöpftes Lächeln – „Ich hab mich gefreut, dass du heute mal mitgemacht hast.“ – dann machte er sich langsam auf den Heimweg.   Sasuke sah ihm mit einer Mischung aus Genugtuung und Schuldgefühlen hinterher.   Seine Bemühungen waren nicht unbemerkt geblieben und der Typ stand mal wieder als der Buhmann da – andererseits merkte er sehr wohl wie sehr Naruto ihr Gekabbel schlauchte…   Schulterzuckend wandte er sich ab. Würde es hoffentlich nur beschleunigen, dass Naruto den Idioten endlich auf den Mond schoss.   Er konnte immerhin nicht mehr als sein eigenes Verhalten ändern, dass inzwischen nahezu tadellos war, nicht?   Und er konnte auch nichts dafür, dass Naruto auch von seinem nackten Oberkörper abgelenkt worden war, während Katsuya eben einfach nur der Erste gewesen war, der sein Shirt ausgezogen hatte.   ***   Vor sich hin grummelnd und Steinchen vor sich her kickend lief Naruto durch die Straßen Konohas.   Vielleicht überlegte er sich das nochmal mit dem „einen festen Freund suchen“, wenn schon ein nur fast fester Freund so anstrengend war.   Er konnte doch nichts dafür, dass eben alles so gelaufen war, wie es nun mal war, verdammt!   Er konnte nichts dafür, dass er eben wegen Sasuke erst die Hilfe des Clubs gesucht hatte und deswegen natürlich auch über ihn reden musste! Und trotzdem machte Katsuya ihm immer wieder nur allzu klar, was er davon hielt: gar nichts.   Er konnte nichts dafür, dass sein bester Freund und sein vielleicht irgendwann mal fester Freund sich nicht ausstehen konnten! Und trotzdem war es in einen Streit ausgeartet, dass er am Mittwoch das Clubtreffen geschwänzt hatte, um Sasuke zu verabschieden, der auf einen einwöchigen Auftrag geschickt wurde. Was genau wollte Katsuya eigentlich?! Wusste er wahrscheinlich selbst nicht so genau. Wenn er zu den Club-Treffen kam, gab es schlechte Laune, weil er über Sasuke redete, kam er nicht, gab es auch Stress, weil er doch bestimmt wieder bei Sasuke gewesen sei…   Katsuya sollte sich doch verdammt noch mal für ihn freuen! Der Club war doch immerhin dafür da, dass er über Sasuke hinwegkam, nicht? Aber Katsuyas verständliche Bitte, auf Dates nicht über den Uchiha zu sprechen, hatte inzwischen auf jedes ihrer Treffen übergegriffen und sorgte nur dafür, dass Naruto viel lieber Zeit mit seinem besten Freund als mit Katsuya verbrachte.   Nicht dass Sasuke nur um einen Deut besser war – er verhielt sich am Wochenende immer noch nur allzu sehr wie der bewundernswerte, bescheuerte Sasuke Uchiha, der er zu frühen Zeiten des Team Sieben gewesen war, aber… Naruto konnte ihm einfach nicht lange böse sein. Und außerdem war das doch wenigstens eine Besserung dazu, sich aus allem Sozialen rauszunehmen, nicht? Und eigentlich ging es am Wochenende doch auch größtenteils um Sasuke, deswegen hatten sie ja erst damit angefangen, sich regelmäßig zu treffen und deswegen hatte er jetzt den ganzen Stress…   Heute war Katsuya bei ihm Zuhause vorbeigekommen, um ihn für ein Clubwochenende endlich mal wieder ohne Sasuke abzuholen, aber Naruto hatte keine Lust und wollte einfach mal wieder zwei Tage für sich haben, was der Schwarzhaarige natürlich gleich wieder in den falschen Hals bekam und sie hatten sich schon wieder gestritten und – es war doch alles doof in letzter Zeit…   Hoffentlich hatte Hinata Zeit zum Reden... Er war nämlich auf dem Weg zum Hyuuga-Anwesen, in der Hoffnung, ein bisschen Aufmunterung von seiner Freundin zu bekommen.   Allerdings hatte er nicht mit ihrer Leibwache gerechnet.   ***   „Also läuft’s gut mit euch beiden.“   „Mm-Hm.“ Sie nickte und lächelte nur verhalten, aber Naruto konnte das glückliche Leuchten in ihren Augen sehen. Wenn denn weiß glücklich leuchten konnte… Na auf alle Fälle spürte er, dass sie glücklich war.   „Wer hätte das jemals gedacht, was? Gerade ihr zwei, bei eurer Vergangenheit…“   „Aber es fühlt sich richtig an. Gut. Auch wenn er manchmal wohl ein wenig überbesorgt um mich ist…“   Er folgte ihrem Blick zu Neji, der auf der anderen Seite des Gartens an die Mauer gelehnt dastand und sie mit Adleraugen beobachtete. Breit grinsend winkte er ihm zu, doch Hinata hielt schnell seinen Arm  fest und drückte ihn nach unten. Der Blonde konnte sehen, dass ihre Mundwinkel zuckten, als versuche sie selbst, ein Grinsen zurückzuhalten, da fügte sie hinzu: „… aber selbst das fühlt sich irgendwie gut an.“   „Natürlich tut es das. Du hast es auch echt verdient, dass sich jemand mal so um dich kümmert und auf jeden eifersüchtig ist, der dich auch nur schief anguckt.“   Er konnte nicht anders, als ihr verständnisvoll eine Hand auf die Schulter zu legen.   „Naruto!“ Mit einem weiteren schnellen Blick zu ihrem Cousin, schob sie die Hand fort und rückte ein Stück von ihm ab. Mit gesenktem Kopf, damit Neji hoffentlich ihr Grinsen nicht allzu deutlich sah, sagte sie leise: „So verhält er sich nur, wenn es um dich geht…“   Die beiden grinsten sich verstohlen an.   „Aber genug von mir. Wie läuft es mit dir und Katsuya?“   Der Uzumaki ließ sich mit einem gequälten Aufstöhnen zurück ins Gras fallen und starrte in den blauen Nachmittagshimmel.   „Frag bloß nicht… Ich versuche, alle meine Freunde und Vorhaben unter einen Hut zu bringen, aber irgendwie bring ich dabei alles durcheinander und jetzt ist es ein einziges Kuddelmuddel und ich bin verwirrt und – ich weiß auch nicht.“   „Erzähl. Vielleicht kann ich dir irgendwie helfen. Oder hast du jemand anderen zum Reden?“   Er verzog das Gesicht. „Am Anfang bin ich immer zum notgeilen Eremiten gegangen, aber wirkliche Tipps hat der mir auch nicht gegeben. Und wenn, dann haben sie mich nur noch mehr in Schwierigkeiten gebracht. Und außerdem hat er nur mit mir über andere Jungs gesprochen, wenn ich mich selbst in ein Mädchen verwandelt hab und so durcheinander wie meine Träume gerade sind, fehlt mir das gerade noch, dass ich auch noch von mir als Mädchen träume!“   Hinata lachte leise neben ihm. „Wovon träumst du denn?“   „Na ja, das übliche: Ramen, Training… Aber neuerdings natürlich auch von Katsuya, aber da kommen dann solche schwachsinnigen Situationen raus wie Katsuya mit Sasukes Augen oder sogar mit seinem Körper! Ich hab davon geträumt, dass Katsuya und Kaori auch Uchiha wären und sie irgendwie zu dritt auf dem Uchiha-Anwesen leben würden und ich müsste Kaori heiraten, um den Clan wiederaufzubauen… Und heute Nacht wollten sie… Oh Mann, das ist echt zu peinlich…“   „Ja?“   Er sah kurz zweifelnd in ihr neugieriges Gesicht, dann nuschelte er. „Sasuke und Katsuya wollten… ähm… dass ich… dass ich mit beiden gleichzeitig zusammen bin, verstehst du?“   „Wär doch eigentlich mal ‘ne Überlegung wert, findest du nicht?“   „Hinata!“   Sie lachte wieder und weil sie sich viel zu sehr über sein Leiden amüsierte und das sowieso schon alles so peinlich war, nutzte er die Sprechfreiheit, um zu fragen: „Träumen Mädchen eigentlich auch von so was? Also… Sex und so?“   Sie sah ihn einen Moment lang überrascht an, dann wanderte ihr Blick wieder einmal rüber zu ihrem Liebsten und Naruto konnte förmlich zusehen, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss.   „Ähm… J-Ja. Natürlich.“   Er fragte sich, ob sie auch solche Träume von ihm gehabt hatte, aber das zu fragen, würde eindeutig zu weit gehen, also blieb er stumm liegen und biss sich auf die Unterlippe. Mädchen träumten so was also auch. Das hieß wohl, dass jeder davon träumte. … Also auch Sasuke? … Irgendwie ein seltsamer Gedanke, dass der kühle Uchiha von irgendjemandem in dieser Weise träumen sollte. Und… von wem…?   „Du solltest gehen, Naruto.“   Nejis Schatten viel auf ihn und er blinzelte zu dem Hyuuga hoch, der seiner Cousine schweigend hoch half und ihre Hand auch danach nicht losließ. Ganz offensichtlich war er nicht davon begeistert, dass Naruto sie in Verlegenheit gebracht hatte, auch wenn er ja nicht wissen konnte, womit, und musste gleich wieder klarstellen, zu wem sie gehörte.   Der Blonde grinste und stand ebenfalls auf. Irgendwie war es doch süß, wie eifersüchtig Neji auf ihn war, obwohl Hinata ganz eindeutig glücklich mit ihm und zwischen ihnen doch nie was gelaufen war… Wär ja auch noch schöner, zu dem Chaos in seinem Kopf auch noch Hinata hinzuzufügen…   Die verabschiedete sich nun mit einem warmen Lächeln von ihm.   „Du findest schon den richtigen Weg für dich, Naruto. Hast du doch immer. Hör einfach auf dein Herz.“   „Mmm. Bleibt mir ja nichts anderes übrig, was? Man sieht sich!“   Damit machte er sich allein auf den Weg zum Ausgang des Hyuuga-Anwesens, doch noch bei den ersten paar Schritten hörte er, wie Neji seine Freundin ins Haus schickte und ihr sagte, er selbst werde Naruto verabschieden.   Aber er hörte keine Schritte hinter sich, die ihm folgten, also drehte er sich verwundert um und beobachtete, wie Neji Hinata hinterher sah. Mit einem Gesichtsausdruck… Nun, es war jedenfalls klar, dass die junge Frau ihm wichtig war. Sehr wichtig.   Da drehte sich der Schwarzhaarige um und bemerkte, dass Naruto ihn beobachtete hatte. Er sah ihn kalt an. „Du solltest-“   „Ich hab dir noch gar nicht gratuliert, stimmt’s?“, unterbrach der Blonde ihn fröhlich grinsend. „Ich freue mich wirklich für euch. Ihr seid ein schönes Paar und du tust Hinata gut. Ich konnte schon lange nicht mehr so mit ihr reden und ich brauchte jetzt einfach mal ‘ne Freundin, weißt du?“   Erleichtert sah Naruto, wie die Miene seines langjährigen Freundes sich endlich entspannte und etwas freundlicher wurde. Wurde ja auch mal Zeit!   Gönnerhaft bot er sogar an: „Wenn es die Zeit zulässt, kannst du gerne wiederkommen.“   Narutos Grinsen wurde noch breiter und das Anwesen verlassend hakte er frech nach: „Solange du als Anstandswauwau dabei bist, meinst du?“   Neji schlug ihm grußlos das Tor vor der Nase zu und Naruto machte sich fröhlich pfeifend auf den Weg zu Ichirakus.   Dank der Unterbrechung hatte Hinata ihm zwar nicht wirklich helfen können, aber der Besuch war wenigstens sehr unterhaltsam gewesen und jetzt war er so guter Laune, dass er sich wohl endlich mal wieder eine ordentliche Schüssel Ramen gönnen konnte!   Oder zwei. Kapitel 5: Höhepunkte --------------------- 5. Höhepunkte Katsuya hatte Sasuke Uchiha noch nie leiden können. Nicht als bester Freund des Ninja, den er für seinen Mut und sein Durchhaltevermögen bewunderte, während Uchiha so schwach war, das Dorf für mehr Macht zu verlassen und erst mit Narutos Hilfe den Weg zurück ins Licht fand. Und nun, nachdem er ihn als den Typen kennengelernt hatte, der dauernd versuchte, ihm den Ninja, in den er sich verliebt hatte, streitig zu machen, mochte er ihn erst recht nicht.   Er wusste, dass er sich mehr Mühe geben sollte. Es grenzte schon an ein Wunder, dass der unglaubliche Naruto Uzumaki sich für ihn interessierte, da sollte er sich nicht noch selbst seine Chancen verschlechtern, nur weil er mit dessen bestem Freund nicht klarkam. – Auch wenn er bis heute nicht wusste, wie gerade dieser arrogante Eisklotz -.   Er verstand ihn nicht. Er kannte ja seine Vorgeschichte und seine eigene Schwester legte nur zu gerne dieselbe kalte, gleichgültige Art an den Tag, aber er verstand nicht, wie man so sein konnte, wenn ein Mann wie Naruto Uzumaki einen liebte.   Er konnte es einfach nicht nachvollziehen und das war wohl der Hauptgrund, warum er Sasuke verabscheute, ja, geradezu hasste und warum er sich nicht überwinden konnte, wenigstens zu versuchen, netter zu ihm zu sein.   Er hatte Narutos Erzählung seiner unglücklichen Liebe gehört, hatte gehört, wie sehr der Blonde in den letzten Wochen gelitten hatte – und wie wenig es den Uchiha gekümmert hatte.   Nein, ein Kerl, der von so einer Liebe unberührt blieb, musste einfach ein schlechter Mensch sein, und er hoffte bloß, dass Naruto das bald einsehen und in ihm, Katsuya, seinen neuen Lebensmittelpunkt finden würde…   ***   „Lass mich raten: Du überlegst mal wieder, wie du Sasuke am besten aus dem Weg räumen kannst.“   Der junge Mann fiel fast von seinem Fensterbrett, wo er die letzte Stunde gesessen und tatsächlich darüber nachgedacht hatte.   „Kaori! Mann, erschreck mich doch nicht immer so! Im Schleichen machst du den Ninja echt nichts vor…“   Mit diesem Blick stellte sie ihm einen Teller mit liebevoll angerichtetem Abendessen auf den Schreibtisch. Er wusste ganz genau, was der Blick sagte, hatte er ihn doch schon so oft und in den letzten Wochen sogar mehrmals täglich gesehen: „Denkst du eigentlich auch noch an was anderes als ‚Ninja‘?“   „Hier, Mama sagt du sollst wenigstens essen, wenn du schon nicht runter kommen willst.“   „Ich hab keinen Hunger…“   Mit einem seltenen warmen Lächeln setzte sie sich auf seinen Schreibtischstuhl.   „Du bist nicht der Einzige, der dieses Gefühl kennt, weißt du? Vielleicht solltest du mal selbst drüber reden, wie du’s uns Club-Leuten immer rätst.“   Er grinste verlegen.   „Wär nicht schlecht, meine eigenen Tipps zu befolgen, was? … Maaan, ich hab so oft von euch gehört, wie sich das anfühlt, unglücklich verliebt zu sein, aber jetzt… Und dabei müsste ich nicht mal unglücklich sein, immerhin interessiert er sich wenigstens auch für mich. Wenn da bloß nicht dieser Blödarsch von Sasuke wäre…“   Kaori seufzte. „Du bist ein Idiot, Katsuya. Echt, ich weiß nicht, wie du den Club gründen und deinen Freunden sogar helfen konntest, wo du dich jetzt selber so dämlich benimmst.“   „Vergiss nicht, dass ich auch dir geholfen habe!“, entrüstete er sich schmollend. Pah, so was brauchte er sich von der gar nicht anhören!   „Danke für den Hinweis, aber ich erinnere mich noch sehr gut daran“, antwortete sie scharf und für einige Sekunden starrten sich die Geschwister streitlustig in die Augen, bevor er den Blick senkte.   „Tut mir Leid…“   Die Wärme kehrte in ihre Stimme zurück. „Katsuya. Ich will nicht mit dir streiten und ich will dir keine Vorwürfe machen. Ich versuche nur, dir zu helfen. Und dazu gehört eben auch, dass du mal deine rosarote Brille abnehmen und dir deine eigenen Fehler eingestehen musst. Sonst verlierst du ihn.“   „Tu ich das nicht sowieso? …“   Als sie ihren kleinen Bruder wie ein Häufchen Elend da sitzen sah, bekam Kaori Mitleid mit ihm. Er war zwar ein Idiot – wie ihrer Meinung nach eigentlich jeder Kerl – aber er war ihr Bruder und sie würde alles in ihrer Macht stehende tun, um ihm zu helfen. Auch wenn das hieß, dass sie ihm die Augen öffnen und selber für seine Wut, die eigentlich Sasuke galt, herhalten musste.   „Was sind das denn für neue Töne? Hey, du bist der größte Optimist, den ich kenne, da wirst du doch wegen ein paar Startschwierigkeiten nicht gleich in Selbstmitleid versinken?“   Er grinste sie halbherzig an. „Ziemlich erbärmlich nicht? Was die erste Liebe so alles mit einem macht…“ Dann seufzte er, hüpfte vom Fensterbrett und ließ sich stattdessen auf sein Bett fallen. „Dann erzähl mal, große Meisterin, was mach ich denn alles falsch?“   Grinsend machte sie es sich auf dem Stuhl bequem, die Beine elegant überschlagen und genoss, es, dass ihr Idiot von Bruder tatsächlich mal aufmerksam zuhörte.   „Also zuallererst solltest du unbedingt aufhören, dich wie ein liebeskrankes, eifersüchtiges Mädchen aufzuführen. Das kommt nicht gut.“   „…!“ Er starrte sie einige Sekunden fassungslos an, bevor er seine Empörung in Worte fassen konnte. „Spinnst du?! Ich benehm mich doch nicht wie ein Mädchen!!!“   Kaori hörte die Spitze gegen alles Weibliche natürlich nur allzu deutlich – ihre Ohren waren durch jahrelange Streitigkeiten zwischen ihnen bestens darauf geschult – aber dieses eine Mal ließ sie es unkommentiert.   „Ach nein? Du verhältst dich, als würde Naruto dir gehören, wo er gerade mal Interesse an dir zeigt, du keifst in einer Tour seinen besten Freund an und versuchst, ihn schlecht dastehen zu lassen, ja, du verlangst sogar von Naruto, sich auf deine Seite und gegen Sasuke zu stellen. Und jetzt hast du auch noch angefangen, an Naruto selbst rumzunörgeln und ihm zu verbieten, in deiner Gegenwart über Sasuke zu sprechen. Du solltest dich lieber mal erinnern, dass du nur davon träumen konntest, ihn überhaupt vielleicht irgendwann mal persönlich kennenzulernen, bevor er nur wegen Sasuke zum Club gekommen ist.“   Sie machte ihm keine Vorwürfe, sondern zählte seine Fehler einfach nur in spöttisch-sachlichem Tonfall auf, wie es nun mal ihre Art war. Vorwürfe waren was für Mädchen. Also Mädchen Mädchen.   Jammernd zog sich Katsuya sein Kissen über den Kopf.   „Warum hast du mir das denn nicht früher gesagt?!“, drang seine Stimme gedämpft darunter hervor, in einer Mischung aus Anklage und Wehklagen. „Mann, ich bin ja richtig ätzend! Das wird er mir doch niiieeemals verzeihen!“   Als er auch noch anfing, herzzerreißend zu seufzen und Selbstvorwürfe vor sich hinzujammern, erhob sie sich mit einem Augenrollen.   „Ich sag’s ja: Du bist ein Idiot. Aber Naruto ist ja auch nur ein Kerl. Vielleicht vergibt er dir ja, wenn du einfach mal ehrlich mit ihm redest.“   Damit wandte sie sich zur Tür.   „Du gehst?!“, fragte er entsetzt, nun halb aufgerichtet und mit dem Kissen an die Brust gepresst. „Du kannst doch jetzt nicht gehen!“   Sie rieb sich mit den Fingerspitzen über ihre linke Schläfe. „Du nervst. Aber einen letzten Tipp geb ich dir noch: Du solltest deine Stimmungsschwankungen wirklich in den Griff bekommen, bevor du mit ihm sprichst. Davon kriegt man ja Kopfschmerzen.“   Kopfschüttelnd öffnete sie die Tür und trat hinaus auf den Flur.   Der 17-Jährige konnte sie noch weiter murmeln hören – „Wenn ich nicht selbst wüsste, dass du weder deine Tage haben, noch schwanger sein kannst…“ – bevor seine Zimmertür ins Schloss klickte und er mit seinen wirren Gedanken wieder allein war.   ***   Man sah Sasuke Uchiha deutlich an, dass er absolut zufrieden war. Nicht glücklich, dafür war sein Gesichtsausdruck zu überheblich, aber höchst selbstzufrieden, wie er da mit Naruto Uzumaki durch die Straßen Konohas stolzierte. Nicht wenige Passanten drehten sich verwundert blinzelnd nach dem Schwarzhaarigen um, weil das schon ein sehr ungewöhnlicher Anblick war. Normalerweise kannte man ja nur sein kaltes, gleichgültiges Auftreten.   Sasuke merkte davon nichts. Oder besser gesagt: er registrierte es natürlich, ignorierte es jedoch gekonnt. Seine Mitmenschen waren ihm egal. Es zählte nur einer: Naruto.   Und genau dieser war auch für seine überaus gute Laune verantwortlich, denn er hatte ihn am Dorfeingang erwartet, als er von seinem einwöchigen Auftrag zurückgekehrt war. Wieder einmal, doch heute hatte es eine besondere Bedeutung: heute war Mittwoch, Club-Tag, und dennoch hatte der Blonde ihn abgeholt. Wenn das kein eindeutiges Zeichen war, dass sein dämlicher Ersatz endlich abgeschrieben war!   Da konnte er gar nicht anders, als mit geschwellter Brust und dieser offensichtlichen Selbstzufriedenheit neben Naruto zu sich nach Hause zu gehen. Nur die Blicke der Leute nervten. Allerdings waren sie nicht die einzigen, die ihn immer wieder überrascht musterten: auch Narutos azurblaue Augen streiften ihn regelmäßig mit einem verwirrten Ausdruck.   „Mit dem Typen ist wohl endlich Schluss?“, brach Sasuke irgendwann beinahe fröhlich das Schweigen. Er brauchte einfach nur noch die Bestätigung und schon wäre sein Tag perfekt!   Naruto runzelte die Stirn. „Wie kommst du denn darauf? Wir haben uns zwar gestritten, aber ich hab vor, das heute beim Club-Treffen zu klären.“   Augenblicklich fiel Sasukes zufriedene Miene in sich zusammen wie ein Kartenhaus und ließ einen äußerst missgestimmten Uchiha zurück. „Ich dachte, dass du mich abgeholt hast, bedeutet, dass wir den Abend zusammen verbringen.“   „Du weiß doch, dass heute Club-Tag ist“, antwortete der Blonde in dem Tonfall, in dem man einem Kleinkind zum hundertsten Mal erklärt, dass es nach dem Zähneputzen keine Süßigkeiten mehr gibt. „Aber wir können uns morgen treffen, wenn du willst.“   „Hmpf.“   Naruto presste die Lippen zusammen. Er hatte sich darauf gefreut, Sasuke nach der Woche zu empfangen, bevor er zum Club-Treffen ging. Warum musste der sich jetzt auch wieder mal so aufführen?   „Was ist eigentlich los mit dir?!“, platzte er heraus.   Sasuke hob fragend eine Augenbraue. „Was meinst du?“   „Dein ganzes dämliches Verhalten mein ich! Denkst du, ich merk nicht, wie du dauernd versuchst, Katsuya schlecht zu machen? Du willst, dass ich dich vergesse, und gleichzeitig soll ich immer noch dein bester Freund sein und dir anscheinend meine ganze Aufmerksamkeit schenken. So funktioniert das aber nicht! Und wenn mal was nicht nach deinem Plan läuft, machst du gleich wieder dicht! Dein ganzes Hin und Her nervt, echt jetzt! Du könntest mir auch mal ein bisschen entgegenkommen, weißt du?!“   „Wenn du vergisst, wo dein Platz ist, bleibt mir ja wohl nichts anders übrig.“   Er sah ganz genau, wie Sasuke seine alte, kalte, gleichgültige Maske aufsetzte. Das war doch kein Weg, verdammt noch mal!   „Ach ja? Und wo bitteschön soll das sein?“   „An meiner Seite, natürlich. Als mein bester Freund.“ Sasukes Stimme klang gekränkt, dass Naruto überhaupt hatte nachfragen müssen.   Der Uzumaki warf in einer hilflosen Geste die Hände in die Luft. „Ich bin doch hier!“   Er suchte den Blick der schwarzen Augen.   „Ich bin hier, Sasuke! Bei dir. Und nur, weil ich versuche, einen Partner zu finden, heißt das nicht, dass ich weniger für dich da bin. Okay?“   Der Schwarzhaarige wandte sich ab und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Aber nicht der!“   „Was hast du eigentlich gegen Katsuya?!“   Damit schien er endlich die richtige Frage gestellt zu haben, denn er hörte an Sasukes Tonfall, dass er diesmal mit seinem Herzen sprach und nicht mit seiner dämlichen Maske.   „Er ist ein Ersatz für mich und du scheinst es nicht mal zu bemerken. So sehr er dir auch von der Art her ähneln mag, er sieht mir ähnlich und jeder merkt, dass du damit nicht klarkommst. Ich muss gar nichts tun, um ihn ‚schlecht zu machen‘, das machst du ganz von allein, weil er im Vergleich mit mir einfach verlieren muss.“   Aus den Augenwinkeln sah er, wie Naruto betroffen und nachdenklich zu Boden sah, und entschloss sich, noch eins draufzusetzen. Anscheinend war es ja gerade sehr hilfreich, einfach seine wahren Gefühle preiszugeben. Und wenn er Naruto sein Herz offenbaren musste, um ihn zu halten, dann würde er es eben machen. Er würde jeden Preis zahlen.   „Ich werde den Typen niemals an deiner Seite dulden“, sagte er mit einer grimmigen Bestimmtheit, die Naruto abrupt den Kopf heben und ihn anstarren ließ.   „Du… du wirst ihn ‚nicht an meiner Seite dulden‘?! Bist du mein Vormund, oder was? Ich kann sehr gut selbst auswählen, mit wem ich ausgehen will, weißt du?“   Sasuke lächelte ihn an, aber es war kein nettes Lächeln, sondern eines von der Sorte „Jetzt zeig ich dir, dass ich in deinem eigenen Spiel besser bin als du“. „Wir sind doch Familie füreinander, nicht? Ich sorge mich eben um dich und dieser Typ ist deiner definitiv nicht würdig. Beende es eben selbst oder ich helf dir dabei.“   Naruto suchte ein wenig geschockt nach einem Anzeichen, dass sein Freund scherzte, fand aber keines.   „…“   Schweigend liefen sie weiter, sich nun unangenehm der neugierigen Blicke der Passanten bewusst.   Der Uchiha nutzte die Pause für Gedanken darüber, ob das wohl schon ausgereicht hatte, oder er noch deutlicher werden musste. Bei seinem Zusammenbruch an Itachis Geburtstag hatte er ganz automatisch seine wahren Gefühle offenbart und es hatte sich richtig so angefühlt, aber hier auf offener Straße und am helllichten Tag Sätze wie „Ich brauche dich“ zu sagen, wäre ihm echt zu peinlich. Und eigentlich reichte es ihm langsam auch mal wieder mit dem ‚aus dem Herzen reden‘. Das wurde mit der Zeit nämlich wirklich unangenehm, selbst wenn es nur Naruto war.   Bei Narutos Überraschungsninja-Art nutzte es sowieso selten etwas, vorher Pläne zu schieden. Er musste einfach spontan darauf reagieren, wie auch immer Naruto als nächstes agieren würde.   Ob er wieder wütend wäre und ihm Vorwürfe machen oder ob er ihm wie damals im Juni gut zureden und ihm seine Freundschaft und Liebe versprechen würde. Oder vielleicht würde er die Diskussion auch erst mal auf sich beruhen lassen, weil es eigentlich auch nichts mehr zu sagen gab.   Aber als sie schließlich am Uchiha-Anwesen ankamen, musste Sasuke erkennen, dass er immer noch nicht gelernt hatte, Narutos unberechenbare Art vorherzusehen. Oder es nach den Jahren der Trennung wieder verlernt hatte. Wie auch immer.   Naruto blieb vor dem Grundstück stehen statt der einladenden Geste zu folgen und sah seinen besten Freund ernst an.   „Ich kann nicht viel mehr machen, als dir immer wieder zu sagen, dass du keinen Grund hast, eifersüchtig zu sein. Kein Außenstehender wird jemals irgendwas zwischen uns ändern. Und es tut mir Leid, wenn du das Gefühl hattest, ersetzt zu werden, aber wie du ja schon selbst gesagt hast: Katsuya kann nur gegen dich verlieren, also musst du dir auch keine Sorgen machen.“   Er schloss kurz die Augen und atmete einmal tief durch.   „Ich kann dir auch schlecht verbieten, eifersüchtig zu sein, aber ich bitte dich darum, es mir nicht mehr zu sagen oder zu zeigen.“   Dann lächelte er ihn ein wenig hölzern an und machte sich mit einem Gruß auf den Weg zu seiner Verabredung.   Sasuke blinzelte ihm überrascht hinterher.   Er sollte eifersüchtig sein? Auf wenn denn bitteschön? Auf diesen Typen, weil es ihm alles so leicht fiel? Sich mit Freunden treffen und Spaß haben, einen tollen, jungen Mann kennenlernen und ihm seine Zuneigung gestehen.   Und wenn schon, dann war er eben eifersüchtig.   Schulterzuckend ging er zu dem Haus rüber, in dem er seit seiner Geburt wohnte, und suchte seinen Schlüssel.   War ja wohl sein gutes Recht. Immerhin war ihm nur allzu klar, dass der Typ sehr wohl Narutos Herz erobern könnte, wenn Sasuke nicht stets in Sichtweite bleiben und als Konkurrent auftreten würde.   Er konnte schließlich nicht zulassen, dass Naruto sich mit einem Ersatz zufrieden gab. Er konnte nicht zulassen, dass ein anderer Kerl seinen Naruto bekam und er konnte es nicht zulassen, dass -.   Eine Gänsehaut überkam ihm bei dem Gedanken, während ihm furchtbar kalt wurde. Irgendwas in seinem Innern tat verdammt weh und er musste sich zwingen, ruhig ein- und auszuatmen. Erst einige endlose Sekunden später schaffte er es, die Haustür mit zitternder Hand aufzuschließen.   Achtlos ließ er Rucksack und Schlüssel zu Boden fallen, schlüpfte aus seinen Schuhen und lief ins Wohnzimmer.   Naruto hatte es so dargestellt, als würde er es ihm absichtlich so schwer machen, als würde er aus Boshaftigkeit und unbegründeter Eifersucht versuchen, ihn ganz für sich allein zu behalten. Das tat er, keine Frage, und er wusste, dass es egoistisch von ihm war, den Blonden davon abzuhalten, mit jemand anderem glücklich zu werden, wo er selbst ihn doch abgewiesen hatte. Aber was Naruto nicht verstand, war, dass er nicht anders konnte!   Allein der Gedanke, Naruto zu verlieren, brachte ihn langsam aber sicher um.   Er hatte nur noch ihn, er hatte nur ihn und er brauchte ihn, war abhängig von ihm, konnte die Vorstellung nicht ertragen, einfach nur noch „der beste Freund“ zu sein.   Er konnte es nicht, aber gleichzeitig spürte er, dass er selbst für all die Spannungen zwischen ihnen verantwortlich war. Er selbst hielt Naruto mit seinen Worten und Taten auf Abstand und trieb ihn in die Arme eines anderen, während er in seinen geheimsten Gedanken einfach nur wollte, dass alles wie vorher wäre.   Er war nicht wie normale Jugendliche, er war nicht wie der Typ. Er konnte sich nicht einfach mit Freunden verabreden, quatschen, sich amüsieren, flirten, mit jemandem ausgehen. Er konnte es einfach nicht mehr und vermisste es eigentlich auch nicht – nur, wenn er wieder einmal sah, dass es das war, was Naruto suchte.   Der Blonde brauchte keinen kaputten, launischen Freund, er brauchte jemanden, der mit sich im Reinen war, der ganz war. Vielleicht jemanden wie Katsuya.   Der Schmerz in seine Innern kehrte zurück und er krümmte sich auf seinem Lieblingssessel.   Naruto brauchte ihn nicht. Er war an seine Gesellschaft gewöhnt, er war daran gewöhnt, um ihn zu kämpfen und er liebte ihn als Freund, aber er brauchte ihn nicht so, wie Sasuke ihn brauchte. Deswegen erreichte ihn Sasukes verzweifelte Sehnsucht nicht, sondern schreckte ihn nur immer weiter ab.   Bis er irgendwann doch ganz allein wäre.   Sasuke wünschte sich, Naruto wäre nicht gegangen.   Aber das war nur eine der vielen Dinge, für die es jetzt zu spät war.   ***   „Naruto!“ „Hey, wir haben dich vermisst, letzte Woche!“ „Alles okay bei dir?“ „Na, wie geht’s?“ „Los, komm rein, wir wollten gerade anfangen.“   Naruto ließ die überschwänglichen Begrüßungen der Club-Leute grinsend über sich ergehen, umarmte die Mädchen und schlug mit den Jungs ein, dann sah er sich suchend um.   Katsuya sah von seinem üblichen Sitzplatz unsicher zu ihm auf und schien erleichtert, als der Blonde ihn leicht anlächelte und fragte: „Können wir reden?“   Er stand auf und wollte den anderen in sein Zimmer führen, aber als er an ihm vorbeiging, hielt Naruto seine Hand fest.   Fragend sah er in die azurblauen Augen.   „Krieg ich heute keine Begrüßung?“, neckte der Uzumaki, umarmte ihn und stupste Katsuyas Nase mit seiner eigenen an.   Katsuya lächelte. Wenn Naruto ihn immer noch auf diese Weise begrüßte, konnte es wohl gar nicht so schlimm sein. Er nahm Narutos Hand und führte ihn endlich hoch in sein Zimmer – was natürlich nicht unbemerkt blieb.   Und auch wenn seine Freunde ganz genau wussten, dass sie beide eine Aussprache vor sich hatten, konnten sie es sich nicht verkneifen, ihnen anzüglich hinterher zu pfeifen und jemand wünschte ihnen sogar „Viel Spaß beim Versöhnungssex!“   Katsuya wurde schlagartig rot, immerhin hatten sie sich noch nicht mal richtig geküsst, aber Naruto gluckste nur an seiner Seite und drückte seine Hand, als sie die Treppe hochstiegen.   Im Zimmer des Jugendlichen setzten sie sich nebeneinander aufs Bett, ohne sich zu berühren, aber doch so nah, dass der Schwarzhaarige die Wärme des anderen spüren konnte.   Er wusste, dass er anfangen sollte, sich zu entschuldigen, aber er zögerte.   Reiß dich zusammen, Mann! Keine Anfeindungen gegen Sasuke, keine Vorwürfe und unterdrück die dämlichen Stimmungsschwankungen! Benimm dich einfach mal wie ein 17-Jähriger und nicht wie ein verliebtes Mädchen!   Wie so oft in den letzten Tagen betete er, dass sie sich nicht hier in seinem Zimmer noch einmal streiten würden, dann würde er sich nur immer daran erinnern, wo sie doch so viel schönere Erfahrungen teilen könnten…   Nervös leckte er sich über die Lippen und fand, zu Boden sehend, endlich einen Anfang.   „Ich… Es tut mir leid, wie ich mich aufgeführt hab. Mir war das selbst nicht bewusst. Du bist der Erste… f-für den ich… Gefühle hab und ich weiß nicht wirklich, wie ich damit umgehen soll, wo da ja noch Sasuke ist… Du sagst immer, dass ihr nur Freunde seid und alles, aber wir sehen uns nun mal sehr ähnlich und ich hab das Gefühl, dass ich nur… ein Ersatz bin und da hilft es auch nicht, dass er anscheinend genauso eifersüchtig auf mich ist, wie ich auf ihn… … Auf alle Fälle tut’s mir leid. Ich werd mich bessern, versprochen. … Also… wenn du mir noch eine Chance gibst.“   Energisch legte Naruto ihm eine Hand auf sein linkes Bein.   „Das macht mich total kirre, echt jetzt.“   Erst jetzt fiel Katsuya auf, dass er die ganze nervös mit seinem Bein gewackelt hatte und er zwang sich, den Tick jetzt zu unterdrücken – und nicht einfach mit dem rechten Bein weiterzumachen.   „Sorry.“ Da er immer noch zu Boden blickte, konnte er Narutos Gesichtsausdruck nicht sehen, aber er hörte das Lächeln aus seiner Stimme heraus.   „Du hast keinen Grund, nervös zu sein, Katsuya. Ich bin dir nicht böse. Ich war es, aber eigentlich kann ich dir keinen Vorwurf machen. Ich hab mich mindestens genauso dämlich verhalten, als ich damals dachte, Sasuke und ich wären zusammen. Das ist wohl normal beim ersten Mal.“   Eigentlich hatte er den Schwarzhaarigen mit diesen Worten beruhigen wollen, aber seltsamerweise sah der nur noch angespannter aus. Naruto runzelte die Stirn. „Katsuya?“   Angesprochener nahm mit zitterndem, leicht verschwitztem Griff Narutos Hand von seinem Oberschenkel und wurde rot. „Das lenkt ab“, nuschelte er verlegen.   Der Blonde lachte. „Du bist echt zu süß.“   Er legte dem Älteren eine Hand auf die Wange und brachte ihn mit leichtem Druck dazu, ihn endlich anzusehen, dann küsste er ihn sanft.   Mit einem süßen Seufzen schloss Katsuya die Augen. Naruto genoss das aufgeregte Kribbeln in seinem Bauch.   Genau so war es richtig. Katsuya hatte doch außer dem Aussehen nichts mit Sasuke gemein. Im Gegenteil, sie waren grundverschieden und so war es auch gut. Sasuke war einfach nur sein bester Freund und „schwarzhaarig und gutaussehend“ war eben genau Narutos Typ. Ende der Geschichte.   Bei dem Gedanken an Sasuke, löste er den Kuss, auch wenn ihm Katsuyas Gesichtsausdruck und das unleidliche Grummeln ganz eindeutig dazu animieren sollten, weiterzumachen.   Aber erst mal sollten sie wohl wirklich alles klären, um den nächsten Streit so lange wie möglich aufzuhalten.   „Ähm… Wo waren wir stehen geblieben…?“   Fieberhaft versuchte er sich zurückzuerinnern und musste diesmal seinerseits den Blick abwenden, um bei der Sache zu bleiben.   „Ah, ja, Sasuke… Ich hab vorhin mit ihm gesprochen und er hat das auch angesprochen mit dem ‚Ersatz sein‘…“   Katsuya verzog das Gesicht. Da kann ich mir nur allzu gut vorstellen, was er dazu zu sagen hatte…   „Dafür muss ich mich entschuldigen“, fuhr der Uzumaki mit fester Stimme fort. „Ich hab das selber nicht gemerkt und ich wollte dir nie das Gefühl geben, dass du nur als Ersatz herhalten sollst.“   Er sah seinem Freund fest in die Augen, um seine Worte zu unterstreichen – und um sich nicht doch von den verführerischen Lippen ablenken zu lassen.   „Du bist du und er ist er, da ist keine Verwechslung oder Vermischung möglich. Jetzt im Nachhinein ist mir auch klar, dass es so ausgesehn haben muss, als würde ich ihn dir immer wieder vorziehen, aber so war das nicht.“   Er zuckte hilflos mit den Schultern.   „Sasuke ist nun mal einzigartig. Früher hab ich ihn dauernd herausgefordert, weil ich neidisch war, aber jetzt bewundere ich ihn eben dafür. Das hat nichts mit irgendwelchen Gefühlen zu tun, sondern ist wohl so'n Kämpferding: Entweder man ärgert sich darüber, dass ein anderer besser ist, als man selbst, oder man akzeptiert eben die Tatsachen und respektiert den anderen für seine Fähigkeiten.“   Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ich kann das nicht gut erklären.“   Aber Katsuya nickte widerwillig. „Ich versteh schon, was du meinst. Selbst ich merke, dass er besonders ist.“ Dabei zog er so eine leidende Miene, dass Naruto wieder lachen musste.   Kumpelhaft stupste er ihn mit der Schulter an. „Mach dir nichts draus. Das ist eben Sasukes Stärke. Du hast andere Qualitäten.“   Katsuya grinste. „Ach ja, welche denn?“   Fast gab sich Naruto der Versuchung hin, wieder ins Flirten abzugleiten und ins Knutschen und -, aber dann erinnerte er sich, dass er erst alles klären wollte.   „Eine Sache noch.“   Der Schwarzhaarige seufzte bei seinem ernsten Tonfall. Aber gut, dann eben noch eine letzte Sache, bevor er Naruto seinen besten Freund hoffentlich für den Rest des Abends vergessen ließ.   „Ja?“   „Du musst verstehen, dass Sasuke meine Familie ist. Egal, was ich bei den Club-Treffen über ihn gesagt hab – und ich hab wohl manchmal ziemlich übertrieben, wenn ich mal wieder wütend war – ich liebe ihn und ich werde ihn immer lieben. Als meinen besten Freund und als den Bruder, den ich nie hatte. Ich würde ihn für niemanden aufgeben und durch niemanden ersetzen. Wenn du das so nicht akzeptieren kannst, sollten wir das zwischen uns gleich beenden.“   Eindringlich sah er Katsuya an und der unruhige Blick der braunen Augen verriet ihm, dass der andere seine Antwort ganz genau abwog.   Dann nickte der Schwarzhaarige.   „Damit kann ich leben. Solange ihr nur beste Freunde seid und er dich nicht nochmal küsst!“   Naruto rollte mit den Augen. „Du weißt doch-“   „-dass er damals eine schwierige Zeit hatte. Ja, ich weiß.“   Entschlossen packte er Naruto am Shirt, um ihn endlich in eine leidenschaftliche Knutscherei zu verwickeln.   Seiner Meinung nach hatten sie heute schon viel zu viel von Sasuke Uchiha gesprochen – und sie waren doch beide gesunde, junge Männer, die sich gegenseitig sehr sympathisch waren…   ***   Nach all dem Streit, den unterschwelligen Flirtereien und Konkurrenzkämpfen hatten weder die Club-Leute noch die Ninja-Freunde Narutos und Sasukes erwartet, dass sie noch irgendetwas überraschen könnte, aber siehe da: Es war wieder einmal Wochenende, Naruto hatte wieder einmal Sasuke und Katsuya zusammengebracht – und es gab zur Abwechslung mal keine Anfeindungen.   Natürlich war die Spannung zwischen den beiden Schwarzhaarigen nicht ganz verschwunden, doch zum ersten Mal war sie nur so latent spürbar, dass es ein ruhiger, spaßiger Nachmittag zu werden versprach.   Spaßig…   Nun ja, zumindest für die Mädels und Shoppingfreunde unter ihnen. Als Naruto am Mittwoch nämlich erzählt hatte, dass die junge Ninjageneration in zwei Wochen ein Sommerfest veranstalten würde, zu dem auch Nicht-Ninja eingeladen waren, machten sie es sich gleich zur Aufgabe, für jeden Einzelnen des buntgemischten Freundeskreises das perfekte Outfit zu finden.   Und als der Uzumaki sie auch noch bat, ihm zu helfen, Sasukes Kleiderschrank mal etwas aufzuheitern, waren sie erst Recht Feuer und Flamme.   Man kann sich die Freude des Uchihas vorstellen.   Sasuke versuchte, seine Laune vom Kellerboden zu kratzen, aber es mochte ihm nicht so recht gelingen. Könnte vielleicht  daran liegen, dass Naruto eine Horde experimentierfreudiger Mädchen auf ihn losgelassen hatte. Ganz ehrlich, der Blonde wollte, dass er sozialer und freundlicher wurde und dann brachte er so was?!   „Nein, danke.“ Mit zusammengebissenen Zähnen lehnte er zum gefühlten tausendsten Mal die unmögliche Auswahl eines der Club-Mädels ab.   Was, verdammt noch mal, verstanden die an „Ich mag keine hellen, knalligen Farben“ nicht?!   Grinsend trat Naruto neben ihn und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter.   „Wie wär’s, wenn wir uns aufteilen?“, schlug er der Gruppe vor.   Schien keine schlechte Idee zu sein, angesichts der Tatsache, dass sie bis jetzt zu siebzehnt durch die Geschäfte gezogen waren.   Sasuke atmete hörbar auf, als er eine zehnminütige Diskussion später nur noch mit der Gesellschaft fünf anderer gestraft war.   „Also, kümmern wir uns zuerst um Sasuke?“, fragte ein Club-Mädchen, dessen Name er nicht kannte. Vergessen hatte. Der ihn nicht interessierte. Wie auch immer.   Sakura nickte zustimmend. „Wird das Beste sein. Katsuya und Kaori haben ja ganz offensichtlich keine Hilfe nötig. Naruto, willst du auch was Neues? Du hast dich ja eigentlich erst neu eingekleidet und…“   Genervt lehnte Sasuke sich gegen ein Regal und schloss für einen Moment die Augen.   Er hatte keine Lust auf den Mist. Er wollte keine neue Kleidung und er hatte nicht die Absicht, „seinen Stil zu ändern“. Ihm gefielen eben die dunklen Farben. Und zur Aufhellung hatte er immerhin auch ein paar weiße Shirts und Hosen. Das sollte ja wohl reichen.   Tat es für die anderen aber leider nicht.   Missmutig beobachtete er, wie die beiden Mädchen eifrig von Ständer zu Ständer liefen und sich immer mehr Klamotten über die Arme warfen. Na super. Das würde wohl ein langer Nachmittag werden.   Gelangweilt ließ er seinen Blick durch den Laden wandern und blieb an Naruto und Katsuya hängen, die gemeinsam durch die Reihen schlenderten. Händchenhaltend.   Verdammt.   Da hatte er mit seiner Aktion am Mittwoch wohl genau das Gegenteil von dem erreicht, was er geplant hatte. Sah ganz so aus, als wär Naruto jetzt wirklich mit dem Typen zusammen. So richtig.   Wahrscheinlich war er deswegen doch nicht am Donnerstag vorbeigekommen, wie er es vorgeschlagen hatte.   Verdammt, verdammt, verdammt!   Bei der Meinung, die der Typ von ihm hatte, wäre er wohl schneller abgeschrieben, als er noch irgendwelche Gegenmaßnahmen starten könnte.   Also doch wieder die Eifersuchtsschiene fahren? Aber Naruto hatte ihn gebeten, es sein zu lassen…   Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. Seine Eifersucht konnte er sich jetzt sowieso abschminken, wo er doch dabei war, Naruto zu verlieren. Aber gegen ein bisschen egoistisches Arschloch war ja wohl nichts einzuwenden. Naruto wollte doch, dass er wieder wie früher wurde, nicht?   „Hey, Sakura!“   „Ja?“   „Ihr sagt doch immer alle, dass der Typ und ich uns so ähnlich sehen…“   ***   Kaori hatte Sasuke Uchiha beobachtet. Sie hatte nicht vor, zu dem Ninja-Sommerfest zu gehen und brauchte auch sonst keine neue Kleidung, also ließ sie ihren Bruder mit seinem Liebsten allein und widmete sich stattdessen dem einzigen Hindernis zwischen Katsuya und seinem Glück.   Er war äußerst gutaussehend, keine Frage. Mit Sicherheit hätten sich auch einige Mädels vom Club nur allzu gerne auf mindestens einen Flirt mit ihm eingelassen – wäre da nicht die ungeschriebene Regel, dass die unerwiderten Lieben der Club-Mitglieder tabu waren.   Aber er hatte etwas an sich… Sie konnte es nicht benennen. Irgendwas an seiner Ausstrahlung war… verzweifelt, als hätte er nichts mehr zu verlieren.   Als Mann war er ihr egal, aber diese Art faszinierte sie.   Bei Club-Gesprächen kam er nie gut weg, galt immer als das „egoistische, gefühllose Arschloch“, als der „Vollidiot, mit dem Naruto aus unerfindlichem Grund befreundet war“, als derjenige, der ihrem „süßen Katsuya das Leben schwermachte“, doch sie hatte das Gefühl, dass da mehr war.   Sasuke Uchiha schien einsam und verzweifelt. Und je länger das zwischen Katsuya und Naruto lief, desto schlimmer wurde es mit ihm.   Sie glaubte nicht, dass es jemand anders sah. Vielleicht sah sie es nur, weil sie selber einmal an diesem Abgrund gestanden hatte. Aber sie hatte ihre Familie gehabt, ihre Freunde und vor allem ihren Bruder.   Nun den tollen Sasuke Uchiha in der gleichen Situation zu sehen, wirkte unleugbar anziehend auf sie. Er war ein Arsch und er hielt Naruto davon ab, voll und ganz zu Katsuya zu stehen. Sie hatte kein Mitleid mit ihm. Eher ein fast sadistisches Vergnügen daran, seinem Verfall aus nächster Nächste beizuwohnen.   Sie fragte sich, ob er wohl noch in letzter Sekunde einen Ausweg finden… oder fallen würde. Aber so wie das sah, könnte nur Naruto ihn retten und der war glücklicherweise endlich mal voll und ganz mit Katsuya beschäftigt.   Apropos: Ihr gefiel der Blick nicht, mit dem Sasuke die beiden beobachtet hatte, bevor er zu Sakura gegangen war. Nein, ganz und gar nicht. Der plante doch ganz offensichtlich irgendwas…   Jetzt schlenderte er – eindeutig zu lässig – zu den Umkleidekabinen rüber, wo Katsuya gerade Outfits für das Sommerfest anprobierte.   Sie folgte ihm unauffällig.   Der Uchiha zog sich sein T-Shirt über den Kopf, warf es achtlos in eine freie Kabine neben den zwei anderen und lehnte sich an die Trennwand.   „Ihr zwei seid jetzt wohl… ein Paar?“ In das letzte Wort legte er so viel Abscheu, dass Naruto sich automatisch halb vor Katsuya stellte.   Sasuke hob spöttisch eine Augenbraue. Da muss wohl jeder vor dem bösen Ninja beschützt werden…   „Ja, sind wir. Was dagegen?!“, schoss der Blonde zurück und rollte mit den Augen über den Aufzug des Schwarzhaarigen. „Gott, Sasuke, zieh dir was an!“   „Ich warte nur darauf, dass mir Sakura die Sachen bringt, die ich mir ausgesucht habe. … Und wenn ich mich recht erinnere, fandst du den Anblick vor nicht allzu langer Zeit noch… gut.“   Naruto schnaubte bei der himmelweiten Untertreibung. Gut war gar kein Ausdruck…   Er versuchte, seinen Blick unter Kontrolle zu halten, aber der ging immer wieder auf Wanderschaft über diesen absolut anbetungswürdigen Oberkörper, den flachen Bauch und folgte der Spur dunkler Härchen vom Bauchnabel abwärts…   Gott, er liebte ihn… Alles an ihm. Seine Stimme, seinen Körper, selbst seine Arschloch-Art wirkte verdammt anziehend auf ihn. Wenn sie nur nicht gerade gegen seinen festen Freund zielen würde.   Apropos… Aus dem Augenwinkel sah er vorsichtig zu Katsuya hinter sich, in der Hoffnung, dass er es nicht gesehen hatte… Hatte er aber.   Verdammt, Naruto, jetzt reiß dich zusammen!   Ein selbstzufriedenes Grinsen umspielte Sasukes Lippen. „Offensichtlich hast du dich gar nicht so sehr verändert, wie es den Anschein hat…“   Der Blonde hörte, wie Katsuya ein leises Grollen von sich gab, fast wie ein knurrender Hund, der sein Revier beschützen wollte.   Lächelnd drehte er sich um. „Beachte ihn einfach nicht. … Hey, ich find das Outfit echt gut. Steht dir.“   Zweifelnd betrachtete sich der 17-Jährige im Spiegel. „Echt? Ist das nicht ein bisschen übertrieben? Das Shirt ist ja okay, aber die Hose ist zu eng, denkst du nicht?“   Unsicher zupfte er an der anliegenden schwarzen Jeans herum. An sich fand er die gut, aber er wusste nicht, ob er mit so etwas bei dem Sommerfest auftauchen durfte – und ob es Naruto wirklich gefiel. Er wollte ja nicht zu anzüglich aussehen, zu sehr nach „von mir aus können wir gerne mehr als Küssen machen“…   Aber der Blonde sah sich nur kurz um, lehnte sich zu ihm und raunte: „Glaub mir, du siehst absolut -“   „Das ist heißßß...!“   Beide Jungen zuckten auseinander und wandten sich zu ihren Freunden um.   Naruto bemerkte nur nebenbei, wie Katsuya schlagartig weiß im Gesicht wurde, während er selbst das Gefühl hatte, sein Unterkiefer würde auf dem Boden landen. Er schluckte trocken.   „S-Sasuke…!“   Er hörte selbst, wie rau seine Stimme klang und räusperte sich vernehmlich. „Spinnst du? Ich meine… du kannst doch nicht…“ Die Vorwürfe klangen leer, als er sie reflexartig hervorbrachte, ohne die Wut dahinter zu fühlen.   Sasuke stand mit gelangweiltem Gesichtsausdruck vor seiner Kabine, während er von jedem in Sichtweite angestarrt wurde. Sakuras Ausruf hatte nur dazu beigetragen, dass sich alle Blicke ihm zuwandten. Und er sah unleugbar wirklich einfach heiß aus in dem dunkelgrünen Muskelshirt und der hautengen, schwarzen Hüftjeans – den gleichen Klamotten, die auch Katsuya anhatte.   Aber der war eben ein ganz normaler junger Mann, während Sasuke vom jahrelangen Training kein Gramm Fett zu viel am Körper hatte.   Überrascht, fast unschuldig sah er seinen besten Freund jetzt an. „Ihr sagt doch immer, dass er und ich uns so ähnlich sähen, da dachte ich, ich vertrau seinen Geschmack mal…“   „Das ist ja wohl das Letzte!“ Kaoris angewiderter Ausruf brachte Naruto endlich wieder zur Gesinnung und er fasste nach Katsuyas kalter Hand, der immer noch mit weißem Gesicht neben ihm stand und den Blick nicht von dem Uchiha nehmen konnte.   Sasuke zuckte nur mit den Schultern. „Euren Reaktionen nach zu urteilen, sieht’s doch gut aus, nicht? Außerdem muss ihn doch jemand davon abhalten, das Outfit zu kaufen. Ganz ehrlich, ein Muskelshirt ohne Muskeln zu tragen…“   „Sasuke!“ Naruto funkelte ihn ungläubig an. Er hatte wirklich gedacht, dass er sich nach ihrem Gespräch am Mittwoch heute mehr Mühe geben würde. Stattdessen benahm er sich nur noch schlimmer.   Der Uchiha maß Katsuya mit einem arroganten, abschätzenden Blick. „Hmpf. Du musst es ja echt nötig haben, wenn du schon versuchst, Naruto mit so ‘nem Outfit rumzukriegen…“   Entschlossen trat Kaori an die Seite ihres erstarrten Bruders. „Du bist ein Arsch! Nur weil du nichts von Gefühlen verstehst, musst du nicht gle-“   „Halt du doch die Klappe“, unterbrach Sasuke sie verächtlich. „Dein Bruderkomplex nervt.“ Herausfordernd nickte er Katsuya zu. „Was ist? Versteckst du dich weiter feige hinter deinem Freund und einem Mädchen? Und du willst ‘n Kerl sein?“ Er lachte spöttisch.   „Es reicht!“   Mit einer energischen Handbewegung trat Naruto zwischen die beiden Schwarzhaarigen und unterbrach somit den Blickkontakt. Sofort richtete sich Sasukes eisiger Blick auf ihn. Er erwiderte ihn mit seiner eigenen kalten Wut.   „Du gehst jetzt besser.“   Sasuke schnaubte nur, das spöttische Lächeln immer noch auf den Lippen, und begann an Ort und Stelle, sich auszuziehen.   Naruto wandte den Blick ab.   Warum hast du das gemacht?!, schrie er ihn gedanklich an. Warum machst du das, Vollidiot?! Warum machst du alles kaputt? Und siehst dabei so verletzt aus, als hätte ich dich verraten. Dabei bist du es, der mal wieder Scheiße baut, hörst du?! Du, nicht ich! Ich hab kein Mitleid mit dir! Nein…   Wenige Minuten später warf Sasuke die anprobierten Sachen mit einem abfälligen „Nicht mein Stil“ auf den Kleiderständer für das Zeug, das man nicht wollte und verließ das verstummte Geschäft.   Sobald er aus ihrem Gesichtsfeld verschwunden war, löste Katsuya sich mit einem Blinzeln aus seiner Starre, ging in seine Kabine und ließ sich schwer auf den Hocker darin sinken.   Ich kann nicht gegen ihn gewinnen, schoss es ihm durch den Kopf. Und er wird mich niemals akzeptieren. Solange sich Naruto nicht zwischen uns entscheidet, wird das ewig so weitergehen… Bis er genug hat. Von mir…   „Was hab ich ihm eigentlich getan?“, fragte er leise, resigniert.   „Nichts.“ Kopfschüttelnd hockte sich Naruto vor ihn und suchte seinen Blick. „Ich hab keine Ahnung, was mit ihm los ist, aber du hast nichts falsch gemacht. Eigentlich dachte ich, er wär eifersüchtig auf dich, weil er sich vernachlässigt vorkommt, aber dafür war die Aktion grad wohl ein bisschen krass…“   Er runzelte nachdenklich und verwirrt die Stirn. Was ist eigentlich mit dir los?   Der 17-Jährige lächelte schwach. „Aber Recht hat er, nicht? Ich hab mich nicht verteidigt…“   Naruto sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an. „Warum eigentlich nicht? Sonst warst du nie um einen Spruch verlegen…?“   Zögerlich hob Katsuya eine Hand und strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über Narutos Wange. „Ich hab dir doch versprochen, mich mit ihm zu arrangieren…“   Bei dem ernsten, unsicheren, verletzlichen Gesichtsausdruck seines Freundes lächelte Naruto warm. Er stützte sich auf Katsuyas Oberschenkeln ab, lehnte sich vor und küsste ihn sanft.   „Ich red mit ihm, versprochen. Und jetzt lassen wir uns von ihm nicht den Tag versauen, ja? Wollen wir mal schauen, wie weit die anderen sind?“   Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Hab keine Lust mehr, ich geh nach Hause. Das Fest ist ja schließlich erst in zwei Wochen. Kaori?“   Mit dem Ansprechen schien er seine Schwester aus tiefen Gedanken gerissen haben, denn sie zuckte leicht zusammen. „Hm?“   „Kommst du mit nach Hause?“   Sie sah kurz zwischen den beiden jungen Männern hin und her, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, ich bleib noch. Geht ihr mal allein.“   Naruto hielt ihm eine Hand hin und zog ihn hoch, dann verzog er das Gesicht. „Mensch, so niedergeschlagen kenn ich dich ja gar nicht. Jetzt lach doch mal für mich.“   Katsuya zwang seine Mundwinkel nach oben, brachte aber nicht viel mehr als eine leidende Grimasse zustande.   Mit den Augen rollend drückte Naruto ihm einen Kuss auf. Und noch einen und noch einen. Schmatz, schmatz, schmatz, immer wieder, bis der andere ihn endlich grinsend im Nacken packte und zu einem richtigen Kuss näher zog.   Halb amüsiert, halb amüsiert beobachtete Kaori, wie die beiden Turteltauben sich schließlich händchenhaltend auf den Nachhauseweg machten.   Auch sie selbst verließ das Geschäft und begab sich auf die Suche nach einer der anderen Gruppen. Aber in Gedanken war sie ganz woanders. In Gedanken rekapitulierte sie immer wieder Sasukes provozierendes Verhalten und kam jedes Mal zu dem gleichen Schluss.   Das war nicht gut. Das war überhaupt nicht gut. Zumindest nicht für Katsuya. Aber bis jetzt hatte er noch nichts verstanden, genauso wenig wie Naruto. Und auch Sasuke schien es noch nicht zu wissen, obwohl es doch um seine eigenen Gefühle ging.   Doch irgendwann würde die Erkenntnis kommen und sie war sich nicht sicher, ob sie lieber auf ein „früher“ oder „später“ hoffen sollte. Oder ob sie etwas sagen sollte.   ***   Der Samstag ging zu Ende, das Wochenende verstrich, Montag, Dienstag… Kein Anzeichen von Naruto, keine Nachricht, kein Anruf. Nichts. Das bedeutete auch: keine Vorwürfe, kein neuer Streit… So hätte Sasuke vielleicht gedacht, wenn er optimistischer gestimmt wäre, aber das war er nicht.   Ganz und gar nicht. Er stand kurz vorm Abgrund zum freien Fall, am Rande des Wahnsinns. Schon wieder.   Und diesmal wusste er nicht mal, warum. Er war eine tickende Zeitbombe, ständig gereizt, ständig auf der Hut – vor was eigentlich?   Naruto war nicht hier, hatte sich nicht gemeldet…   Er hatte ihm versprochen, ihn niemals allein zu lassen, aber das war vorher gewesen. Bevor er ihn daran erinnert hatte, was für ein Arsch er sein konnte. Bevor er ihm gezeigt hatte, dass er alles tun würde, um ihn zu behalten – ohne selbst etwas zurückzugeben.   Schnaufend atmete er aus und ließ den Kopf zurück auf die Lehne seines Sessels fallen.   Warum hatte er sich am Samstag so aufgeführt? Weil er Angst hatte. Und bevor es jemand merkte, spielte er lieber das arrogante, gefühllose Arschloch von früher. Angst – wovor? Naruto zu verlieren?   Das war doch vollkommen verquer. Naruto versprach ihm am laufenden Band, ihn nicht zu verlassen! Und er glaubte ihm ja auch. Er glaubte ihm, dass er es nicht absichtlich tun würde. Aber das reichte nicht.   Er wollte, dass Naruto bei ihm war. Er wollte, dass er ihn liebte. Immer. Er sollte keinen anderen Kerl ansehen, kein Mädchen, es sollte nur ihn geben.   Das war natürlich Schwachsinn. Diese ganze Situation war purer Schwachsinn!   Er spürte seine Hände zittern und stieß ein leicht hysterisches Lachen aus. Verdammt, er fühlte sich, als wäre er auf Entzug. Dabei hatte er nie Drogen genommen. Schade eigentlich. Dann wüsste er wenigstens, was er tun müsste, um sich besser zu fühlen.   Wie auf Entzug…   „Naruto-süchtig… Huh… Verdammt…“   Er sah immer noch sein Gesicht vor sich, die verschiedenen Ausdrücke vom Samstag.   Verlangen. Schock. Wut. Enttäuschung.   So unterschiedlich, größtenteils negativ – aber leidenschaftlich. Das war das Einzige, was ihn interessierte. Solange Naruto ihn noch so ansah, konnte er sich zusammenreißen. Solange Naruto seine stärksten Emotionen noch für ihn aufhob…   Er schloss die Augen und sah es vor sich…   Den Hunger in Narutos Augen. Er wollte ihn und sie beide wussten es. Aber er würde ihn nicht bekommen und vielleicht war es gerade das, was den Blonden noch bei ihm hielt.   Das Wechselspiel aus Hoffnung und Enttäuschung, die Liebe, die auf der falschen Ebene erwidert wurde, das unbefriedigte Verlangen…   Erst als er mit automatisierten Bewegungen seine Hose aufknöpfte, fiel ihm auf, dass er hart geworden war. Er legte eine Hand fest auf die Beule in seinen Shorts und bewegte sein Becken dagegen.   Naruto… Du willst mich haben, aber kannst es nicht. Ich will dich halten… und kann es nicht.   Denkst du noch an mich, wenn du dich selbst berührst? Woran denkst du? Was… mach ich mit dir?   Er biss sich auf die Unterlippe, um ein Stöhnen zu unterdrücken und umfasste endlich seine Erektion, dann hielt er inne.   … Was mach ich mit dir? Lässt du mich dir einen runterholen?   Langsam bewegte er seine Hand auf und ab.   Magst du das so? Langsam oder schnell? Sanft? Hart?   Keuchend ließ er seine Gedanken seine Hand dirigieren. Aber es war nicht mehr sein eigenes Glied, das er verwöhnte. Er stand wieder mit Naruto vor seinem Haus, wo er ihn erst vor einigen Tagen geküsst hatte, aber diesmal löste er den Kuss nicht.   Naruto war vor Überraschung erstarrt; er konnte machen, was er wollte. Was wollte er?   Mit der linken Hand fuhr er über seine eigene Brust – Narutos Brust – unter sein Shirt und streichelte sanft seinen Bauch, während die rechte damit fortfuhr, Narutos harten Schwanz zu verwöhnen.   „Mh…“   Die Erinnerungen vermischten sich: Naruto, vor seiner Tür, mit den Emotionen vom Samstag…   Warum bist du geschockt? Du hättest wohl nicht gedacht, dass ich das bei ‘nem anderen Kerl machen würde? Ich auch nicht. Aber du bist die Ausnahme. Immer.   Warum bist du wütend? Ich nutze dich nicht aus; wir nutzen einander aus. Die Welt ist kein Geben und Nehmen. Nur ein Nehmen. Nimm, was du kriegen kannst, nimm es jetzt. Morgen überleg ich’s mir vielleicht schon wieder anders.   Naruto zuckte ungeduldig mit dem Becken und er wurde schneller. Härter. Er intensivierte den Kuss, Keuchen erfüllte die Luft, ihr Atem vermischte sich.   Du weißt, was ich will. Gib es mir. Los, schau mich an. Mit diesem Blick…   Naruto öffnete die Augen und sah ihn mit dem hungrigen Verlangen vom Samstag an. Sasuke stöhnte laut.   Jaaa, genau so. Du willst mich. Du kannst nicht mehr ohne mich sein…   Sei nicht wütend, mein Sonnenschein, sei nicht enttäuscht. Du kannst mich haben. In meinen Träumen… Und jetzt… komm für mich.   Naruto gehorchte.   Als er das warme, zähflüssige Sperma an seinen Fingern spürte, riss Sasuke die Augen auf.   „Scheiße!“   Ich hab mir grad nicht echt vorgestellt, Naruto einen runterzuholen?! ‚Du weißt, was ich will‘? ‚Du kannst mich haben‘?! Bin ich jetzt vollkommen verrückt geworden?!   Es klingelte.   Sofort schoss sein Blick Richtung Eingangstür und er hörte seinen Puls in seinen Ohren rasen.   Beruhig dich, Mann! Wer auch immer da gerade stört, kann ja wohl kaum wissen, was du grad getan hast. Kann eigentlich nur Naruto sein... Perfektes Timing!   Drrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrring! Abermals schallte die Klingel durchs Haus, diesmal länger.   Er räusperte sich.   „Ich komme gleich!“   Er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss.   Super Wortwahl, Sasuke, echt super. Und außerdem bist du schon gekommen… Ja…   Wie zur Bestätigung zog er seine Hand aus der Hose und starrte sie an, bevor er sich daran erinnerte, dass jemand – Naruto? – darauf wartete, dass er öffnete, dann sprang er auf, lief ins Bad, wusch sich die Hände und schloss die Hose.   Na wenigstens war das meiste Zeug in seiner Hand gelandet und kein Fleck auf der Kleidung würde ihn verraten. Gegen die geröteten Wangen konnte er jetzt auch nichts mehr machen.   Auf dem Weg zur Haustür atmete er tief durch, um seinen Herzschlag zu beruhigen, dann öffnete er.   ***   Verwundert blinzelte Naruto seinen besten Freund an.   Eine leichte Röte zierte dessen Wangen, die schwarzen Haare waren etwas durcheinander und er blickte leicht verlegen drein, als hätte er ihn bei etwas Verbotenem erwischt. – Er sah einfach zum Anbeißen aus, die Verlockung pur! Eine perfekte, anziehende Mischung aus Verwegenheit und Unschuld…   Ruckartig senkte er den Kopf und ging an Sasuke vorbei, der ihn schweigend, aber irritiert einließ.   Was mach ich hier überhaupt?, fragte sich der Blonde, als er sich die Schuhe auszog und ins Wohnzimmer ging. Ich sollte bei meinem Freund sein, beim Club-Treffen oder wenigstens bei mir Zuhause, aber nicht hier!   Seufzend lief er sich auf das Sofa fallen. Ich sollte nicht hier sein. Besonders nicht nach dem Gespräch gerade. … Ich sollte wirklich nicht hier sein! Es war wie ein Mantra in seinem Kopf, seine Stimme der Vernunft, die ihn davon abholten wollte, einen Fehler zu begehen, den er im Nachhinein bereuen würde, aber er konnte sich nicht aufraffen, jetzt wieder zu gehen.   Er war so müde, erschöpft und das Sofa war so gemütlich… Hier drin war es angenehm kühl im Vergleich zur Sommerhitze draußen und es war einfach – Zuhause, in gewissem Sinne.   „Willst du was trinken?“ Er schüttelte den Kopf. Die linke Augenbraue des Schwarzhaarigen wanderte nach oben.   „Was essen?“ Erneutes Kopfschütteln. Die rechte folgte und Sasuke verschwand mit einem ungläubigen Blick in Richtung Küche.   Naruto verzog das Gesicht. Er wusste schon, was dieser Blick zu bedeuten hatte: „Aber du hast immer Hunger!“ Tja, heute war eben mal die berühmte Ausnahme.   Er hatte wirklich mal einfach keinen Hunger, dafür Kopfscherzen und das Gefühl, sein Kopf würde gleich zerbersten, wenn er das Gedankenchaos darin nicht irgendwie ordnen und besänftigen konnte.   „Du solltest dir schleunigst darüber klar werden, was oder wen du eigentlich willst!“, hallte Kaoris Stimme in seinem Kopf nach und er vergrub sein Gesicht aufstöhnend in den Kissen.   Das durfte doch alles nicht wahr sein! Wieso konnte nicht einfach mal alles so gut sein, wie es war?   Er war unglücklich in Sasuke verliebt – und alles war doof. Er versuchte einen Partner zu finden – Sasuke kam sich vernachlässigt vor und wieder war alles doof. Er versprach Sasuke, ihn nicht zu verlassen, fand einen Partner und alles sollte wunderbar sein – und trotzdem war immer noch alles doof!   Der Hausbesitzer kam zurück ins Zimmer und stellte ein Glas Wasser sowie einen Obstteller vor Naruto auf den flachen Wohnzimmertisch.   Der Blonde schob das Geschirr von sich.   „Ich hab doch gesagt, ich hab keinen Hunger“, sagte er missmutig.   „Was ist los?“, fragte Sasuke neutral, aber trotzdem brachte Naruto die Frage auf hundertachtzig.   „Nichts!“, fauchte er zurück. „Ich will einfach nur meine Ruhe haben, okay?!“   In einer spöttischen Geste verschränkte der Uchiha die Arme und setzte sich. „Es ist Mittwoch und du schwänzt dein geliebtes Club-Treffen, um auf meiner Couch deine Ruhe zu haben – aber es ist nichts los. Na klar…“   „Ich will einfach nur nachdenken und  meine Füße haben mich eben hierhergeführt! Wenn’s dir nicht passt, geh ich wieder!“ Schon schwang der Blonde seine Füße wieder auf den Boden und stützte sich mit den Händen auf der Sitzfläche ab, bereit, jeden Moment aufzuspringen und zu verschwinden. Er spürte die Aggressivität wild durch seine Adern peitschen und biss die Zähne zusammen, um nichts zu sagen, was er nicht zurücknehmen könnte.   Was gäbe er jetzt darum, Sasuke einfach mit seinen Vorwürfen überhäufen und anschreien zu können, bis sie beide fuchsteufelswild wären und einfach mal wieder ordentlich gegeneinander kämpfen könnten, um Dampf abzulassen? – Aber Pustekuchen.   Nach Kaoris messerscharfen Worten wagte er es nicht mehr, irgendjemandem Vorwürfe zu machen, solange er mit sich selbst nicht wieder im Reinen war. Immerhin hatte sie Recht und er hatte endlich einsehen müssen, dass Sasuke sich natürlich total übertrieben und wie der letzte Arsch benahm, aber er, Naruto, dennoch die Hauptschuld an der komplizierten Dreiecksbeziehung trug.   Er selbst verunsicherte die beiden Schwarzhaarigen mit seinem wechselhaften Verhalten und ließ ihnen den Spielraum für die ganzen Konkurrenzkämpfe, weil er keine eindeutigen Grenzen zog.   Abwehrend hob Sasuke die Arme. „Komm mal wieder runter. Man wird sich ja wohl noch Sorgen machen dürfen.“   Nein, darfst du nicht! Sasuke Uchiha macht sich verdammt noch mal keine Sorgen!, dachte Naruto grimmig, sagte aber nichts.   „Bleib hier, solange du willst und… denk nach…“ Der spöttische Unterton war in Sasukes Stimme zurückgekehrt und Naruto legte sich abrupt wieder hin – diesmal mit dem Gesicht zur Rückenlehne des Sofas, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen.   Am liebsten wäre er allein gewesen, aber er konnte dem Uchiha ja wohl kaum verbieten, in seinem eigenen Wohnzimmer zu sitzen.   Er schloss die Augen und atmete bewusst tief ein und doppelt solange wieder aus. Sasuke hatte Recht, er musste sich beruhigen. Das war kein Problem, das er mit seinen Gefühlen lösen sollte, zumindest nicht ausschließlich. Es war wohl wirklich an der Zeit, seine Gefühle mal mit seinem Verstand zu betrachten, um nicht einfach immer sprunghaft nach seiner derzeitigen Stimmung zu handeln, sondern sich einfach mal zu entscheiden, welchen Weg er gehen wollte.   Okay. Katsuya. Supersüß, supernett, er ist alles, was Sasuke nicht ist. Er kann einfach Spaß haben, über seine Gefühle sprechen und wenn ihm was nicht gefällt, sagt er’s frei heraus. Ich mag ihn. Sehr sogar. Ich bin gerne mit ihm zusammen und ich küsse ihn gerne und – er ist nicht Sasuke…   Ich liebe Sasuke. Ich mache mir nur selbst was vor, wenn ich behaupte, über ihn hinweg zu sein. Es ist schön mit Katsuya, aber mehr auch nicht. Ich will nur einen und das verdammt noch mal leider Sasuke Blödarsch Uchiha. Das ist doch scheiße, Mann…   Diese Diskussion hatte er schon so oft mit sich selbst geführt und es kam doch immer wieder auf das Gleiche hinaus: Er würde Sasuke jederzeit jeder anderen Person vorziehen – aber das änderte nichts, weil der Uchiha nichts für ihn fühlte, nicht auf der Ebene, die über Freundschaft hinausging.   Es war zum Verrücktwerden! Wo war denn nun der verdammte Fehler? Sollte er Katsuya eine Abfuhr erteilen, weil er immer hinter Sasuke zurückstehen würde? Sollte so sein restliches Leben ablaufen? Wenn Sasuke jemanden nicht mochte, durfte er ihn auch nicht mögen?   Das war doch Blödsinn. Es war sein Leben und er selbst wählte, mit wem er zusammen sein wollte! Und so wie er Sasuke kannte, würde der wirklich niemanden zulassen, den er nur als Ersatz ansah, sprich: jeden, der ihm nicht mindestens ebenbürtig war. Klasse. Weil es ja auch so viele Menschen auf der Welt gab, die es mit Sasuke Uchiha aufnehmen konnten…   Was sonst? Sollte er Sasuke etwa von sich stoßen, nur weil er selbst nicht damit klarkam, dass dessen Liebe und Eifersucht nur auf der verdammten freundschaftlichen Basis lag?   „Argh!“ Frustriert schlug Naruto auf das Sofa ein.   „Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mein Eigentum unbeschadet lassen würdest“; hörte er Sasuke sagen und mit einem gänzlich unmännlichen, jammernden Laut rollte er sich zusammen, als ihm bewusst wurde, dass Sasuke nichts gesagt hatte. Es war sein eigner verdammter Kopf, der ihm schon selbst vormachte, was Sasuke wohl zu sagen hätte.   Maaann, Kaori! Du hast mir deine Vorwürfe an den Kopf geknallt, als würde ich absichtlich  mit den Gefühlen der beiden spielen, aber ich mach doch gar nichts! Ich kann nichts dafür; Sasuke gehört einfach zu mir! Erst ist ein Teil von mir! Sogar mein verdammtes Gewissen klingt wie er!   Halb unzufrieden mit sich selbst, halb schmollend schnappte er sich ein Kissen und drückte es sich an die Brust. Scheiß doch drauf, dass selbst das nach Sasuke zu riechen schien (klar, war ja auch aus seinem Haus) – er brauchte jetzt was zum Kuscheln!   Das war heute aber auch absolut dämlicher Tag, als wäre er mit dem falschen Fuß aufgestanden… Wäre er mal lieber im Bett geblieben oder einfach nicht zum Club-Treffen gegangen, aber dann hätte Katsuya wieder falsche Schlüsse daraus gezogen und gedacht, er wäre bei Sasuke…   Bist du ja auch, Idiot! Was machst du hier eigentlich – außer in Selbstmitleid zu versinken, hä?   Entgegen Sasukes Annahme war er nämlich sehr wohl vorhin zu Katsuyas Haus gegangen – wenn auch nur, um ihm zu sagen, dass er heute keinen Nerv für ein Club-Treffen hatte.   Der Ältere war zwar enttäuscht gewesen, dass er nicht mal bleiben wollte, um den Abend zu zweit zu verbringen, aber er verstand auch, dass Naruto nach dem Wochenende keine Lust hatte, über Sasuke zu reden – und für die empörten Club-Mädels würde es wohl kaum ein anderes Thema geben.   Dafür ließ er sich mit einem süßen Kuss und der Einladung zu Sasukes Überraschungs-Geburtstagsparty am Freitag besänftigen, hieß das doch, dass Naruto wirklich zu ihm stand. Der Uchiha würde sicher nicht begeistert sein, Katsuya an seinem Ehrentag ertragen zu müssen, aber irgendwann musste er ihn ja mal an Narutos Seite akzeptieren – war zumindest die Meinung des Blonden. Katsuya war nicht ganz so zuversichtlich, freute sich aber dennoch und verabschiedete seinen Freund mit einem weiteren Kuss bis in zwei Tagen, wenn er ihn abholen würde, da er ja den Weg zum Uchiha-Anwesen nicht kannte.   Damit hatte der Uzumaki seinen Teil als erledigt angesehen und wollte einfach nur noch nach Hause, was Leckeres kochen, vielleicht überlegen wie er seine zwei Schwarzhaarigen am Freitag miteinander versöhnen könnte, sich Gedanken machen, was er Sasuke schenken sollte… da rief Kaori hinter ihm her und bat ihn um ein Gespräch.   Na ja, das war wohl übertrieben. Ihre eigentlichen Worte waren gewesen „Ich hab dir was zu sagen und ich erwarte, dass du mir gut zuhörst“ und das in einem Tonfall, der Sasukes Eiseskälte um nichts nachstand, wenn er mal wirklich zornig war. Naruto wusste nicht, wie die beiden es schafften, so ruhig zu bleiben, wenn sie wütend waren, hieß das doch für ihn immer, fuchsteufelswild rumzubrüllen und rot anzulaufen, aber es war nicht zu leugnen, dass der eisige, schneidende Zorn Sasukes und Kaoris um einiges furchteinflößender war.   „O-okay. Hab ich was falsch gemacht?“   Sie hatte die Haustür hinter sich zugezogen und war mit ihm ein Stück die Straße herunter gegangen, damit Katsuya sie nicht zufällig hören konnte, bevor sie ihm die Moralpredigt seines Lebens hielt. Klar, als Waisenkind wurde man auch nicht oft gescholten.   „Ich war nicht gerade begeistert davon, als du zu uns gestoßen bist, wie du ja sicher gemerkt hast, aber ich hab meine Meinung über dich geändert. Du lässt dich von Katsuyas Bewunderung nicht auf irgendeinen Sockel stellen, sondern bleibst immer du selbst und du tust ihm gut – zumindest solange du nicht an Sasuke denkst.“   Naruto schluckte, hatte er doch endlich eine Vorahnung, worauf das „Gespräch“ hinauslaufen sollte, und wollte etwas sagen, aber die junge Frau hob eine Hand, um ihn davon abzuhalten.   „Ich war selbst schon unglücklich verliebt, Naruto, ich weiß, wie sich das anfühlt, und ich weiß, dass man sich an jeden Hoffnungsschimmer klammert, dem anderen doch etwas zu bedeuten. Bei dir muss das noch extremer sein, weil er dein bester Freund ist und du ihn verständlicherweise nicht verlieren willst. Aber das ist kein Grund, mit meinem Bruder zu spielen.“ „I-ich spiel doch überhaupt nicht mit Katsuya!“, protestierte er, doch Kaoris kalter Blick brachte ihn zum Schweigen.   „Genau das mein ich“, fuhr sie fort. „Du merkst es nicht mal. Du genießt die Aufmerksamkeit, beschwerst dich bei Gelegenheit über die Konkurrenzkämpfe der beiden – aber du tust nichts! Katsuya vor ihm zu beschützen, ein ‚Es reicht‘ und ‚Du gehst jetzt besser‘ – das ist nicht genug, Naruto! Du traust dich nicht, Sasuke mal richtig in seine Schranken zu verweisen, weil du Angst hast, dass er sich dann von dir abwendet, aber wenn dem wirklich  so wäre, dann überlebt eure Freundschaft das sowieso nicht! Willst du immer erst Sasukes Meinung einholen? Wenn ihm dein Flirtpartner nicht gefällt, wird er eben abgeschoben? Denkst du, er wird überhaupt jemals irgendjemanden an deiner Seite akzeptieren?“   Verwirrt runzelte der Blonde die Stirn. „Natürlich wird er das. Muss er doch! … Muss er doch…“   Ein leichtes, ironisches Lächeln umspielte die Lippen der Schwarzhaarigen. „Müsste er ja, aber das heißt nicht, dass er es auch tun wird. Die anderen meinen, er wäre einfach ein eifersüchtiger Egoist, aber ich denke, du weißt genauso gut wie ich, dass er kaputt ist, nicht? Er denkt und handelt nicht rational und er wird dich niemals freigeben, weil er in stetiger Angst darum lebt, dass du ihn verlässt.“   „Aber er weiß doch, dass ich das niemals machen würde…! Er ist mein bester Freund und ich liebe ihn und -“   „Und was ist mit Katsuya? Doch nur ein Zeitvertreib für zwischendurch?“   „Nein! Ich mag Katsuya! Sonst würde ich ihn ja auch kaum gegen Sasuke verteidigen…“   „Wie ich gesagt habe: Du tust gar nichts!“ Die Schärfe war in Kaoris Stimme zurückgekehrt und dem armen Naruto wurde immer unwohler, weil er nicht wirklich verstand, wovon sie eigentlich redete.   „Du hältst sie beide im Ungewissen und keiner weiß wirklich, woran er ist! Und dann wunderst du dich, warum die zwei nicht miteinander auskommen. Du solltest dir schleunigst darüber klar werden, was oder wen du eigentlich willst! Entweder du akzeptierst, dass Sasuke nur noch dein bester Freund ist und dass er auch mal allein mit seinen Problemen klarkommen muss oder du beendest das mit Katsuya, bevor du ihn noch mehr verletzt!“   Getroffen sah Naruto zu Boden. „Zwing mich nicht, mich zwischen den beiden zu entscheiden“, sagte er leise.   Kaori verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Genau darauf läuft es aber hinaus, Naruto, wenigstens auf der Gefühlsebene! Du kannst nicht mit Katsuya zusammen sein und Sasuke lieben! Ich hab eine Frage an dich und ich möchte, dass du sie wenigstens dir selbst ehrlich beantwortest: Wenn Sasuke Gefühle für dich entwickeln würde, würdest du dann trotzdem bei Katsuya bleiben?“   Der Uzumaki spürte, wie irgendwas in ihn eiskalt wurde. Kaori hatte nicht das Recht, so etwas zu sagen, nicht mal als „Was wäre wenn“-Situation! Sie wusste ganz genau, dass das keine Wahl war!   Er hörte, wie sie die Luft ausstieß, ein lautloses Seufzen, als er nicht antwortete.   „Es ist nicht fair, Naruto. Nicht dir gegenüber, aber auch nicht Sasuke und erst recht nicht Katsuya gegenüber. Ich bitte dich nur, ehrlich zu meinem Bruder zu sein. Ich denke, das hat er verdient.“   Er hob den Kopf, als er hörte, wie Kaori sich in Richtung ihres Hauses entfernte.   „Das wird aber niemals passieren!“, rief er ihr hinterher und war selbst von dem Schmerz in seiner Stimme überrascht. Er hatte wirklich gedacht, er hätte das Schlimmste hinter sich, doch selbst der Gedanke, Sasuke könnte… vielleicht… irgendwann…!   Die junge Frau wandte sich nochmal zu ihm um. „Das ändert nichts daran, dass jeder andere immer nur die zweite Wahl für dich sein wird.“ Aber ihr Blick sagte etwas anderes.   Ihr Blick war ihrem Bruder nicht verpflichtet, ihr Blick war frei, sich auf die Seite der Liebe zu stellen. Ihr Blick sagte: „Gib nicht auf. Wenn du ihn wirklich liebst, dann gib die Hoffnung nicht auf. Dann sei seine Rettung.“   Wahrscheinlich hatte er einfach zu viel in diesen Blick hineininterpretiert. Nach ihren harten, ehrlichen Worten, nach dem Kommentar, dass Sasuke ‚kaputt‘ sei, nach der Frage, was wäre, wenn er seine Liebe erwidern würde, war es wohl normal, dass er einfach emotional aufgewühlt war.   War es wohl normal, dass er hoffen wollte. War es wohl normal, dass seine Gedanken immer mehr vom Thema abkamen, umso schläfriger er wurde…   Katsuya? Wer war Katsuya? War auch egal. Für ihn gab es nur einen. Den Einen und Einzigen. Schon immer. Für immer…   ***   Seit über einer Stunde saß Sasuke in seinem Lieblingssessel und beobachtete Naruto.   Der Blonde schien heute genauso wenig er selbst zu sein, wie Sasuke es war. Er hatte kaum mit ihm gesprochen und wenn, dann hatte er ihn nur gereizt angezickt. Er wolle seine Ruhe haben, hatte er gesagt…   Sasuke hatte Angst. Ja, verdammt, Angst!   So kannte er seinen besten Freund nicht und nachdem ihm einmal der Gedanke gekommen war, dass Naruto sich da vielleicht gerade im Stillen von ihm verabschiedete, konnte er an nichts anderes mehr denken.   Selbst die – unleugbar berechtigten – Vorwürfe für sein Verhalten am vergangenen Samstag wären ihm jetzt lieber. Aber sie blieben unausgesprochen.   Naruto hatte noch nie etwas einfach hingenommen, das ihm ganz offensichtlich gegen den Strich ging! Er trug immer sein Herz auf der Zunge! Aber vielleicht hatte er es diesmal schlicht und ergreifend wirklich versaut.   Narutos Körpersprache ließ leider auch keine positiveren Gedanken zu. Die meiste Zeit lag er ihm abgewandt auf der Couch, irgendwann hatte er sich zusammengerollt, als würde er über irgendetwas schmerzvolles nachdenken, hatte sich an ein Kissen gekuschelt, wortlos gejammert, einmal auf seine Couch eingeschlagen…   Dachte er darüber nach, seinen besten Freund endgültig allein zu lassen? Fiel es ihm schwer, doch er ließ sich nicht davon abbringen? Da Sasuke ihm ja doch keine andere Wahl gelassen hatte?   Vor circa zehn Minuten war er dann eingeschlafen. Der Uchiha hatte ganz genau gesehen, wie sich der ihm so vertraute Körper langsam entspannte, der feste Griff um das Kissen sich lockerte, wie die Atmung des Blonden tiefer wurde.   Leise, vorsichtig erhob Sasuke sich von seinem Sitzplatz und ließ sich stattdessen neben Narutos Kopf nieder und sah auf ihn hinab.   Narutos Mund war leicht geöffnet; ein Spuckfaden lief ihm übers Kinn und hinterließ einen feuchten Fleck auf dem Kissen, an das der Uzumaki sich gekuschelt hatte.   Sasuke starrte das Kissen an, die Art, wie es sich an Narutos Brust und Gesicht schmiegte, die Art, wie Naruto es umarmte, der größer werdende Spuckefleck auf dem dunklen Bezug…   Na wenigstens ist er jetzt nicht bei dem Typen und umarmt den so… Aber auch nicht mich, obwohl er hier ist…   Er blinzelte, als seine Augen vom Starren zu tränen begannen und musste unwillkürlich über sich selbst schmunzeln.   Eifersüchtig auf ein Kissen, Sasuke? Eifersüchtig drauf, nicht selbst angesabbert zu werden? Echt jetzt?   Das Lächeln erfror auf seinen Lippen und verschwand.   Echt jetzt.   Narutos Markenspruch. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass er das von ihm übernommen hatte. Aber so was kam wohl vor, wenn man jahrelang so dick befreundet war wie sie beide… Gerade in dem vergangenen Jahr…   Vorsichtig hob er eine Hand und fing an, mit den Fingerspitzen durch das blonde Haar zu streichen.   Naruto… Ich hab mich nie bei dir bedankt. Warum eigentlich nicht? Weil ich zu stolz war. Weil ich nicht wusste, ob ich dir überhaupt dankbar sein sollte, mich zurückgebracht zu haben. Weil ich dachte, dass du es auch so weißt.   Weißt du es? Weißt du, dass ich dir dankbar bin? Dass ich dich auch immer lieben werde? Ich hab mich in diesem Jahr immer nur von dir aufmuntern lassen, aber ich hab nie gefragt, wie es dir eigentlich geht…   Hättest du auch mal eine Schulter zum Anlehnen gebraucht? Hast du auch Tage oder Momente, die dich an geliebte, verlorene Menschen erinnern? Hättest du auch gern ein „Ich liebe dich“ gehört – nur ein freundschaftliches?   Es tut mir leid, Naruto. Das alles. Der ganze Mist, den ich verzapft habe.   Dass ich so ein schlechter bester Freund war. Dass ich nie „Danke“ gesagt hab. Nie „Ich hab dich lieb“. Nie „Ich liebe dich“… Dass ich dich so sehr verletzt habe.   Und es tut mir leid, dass ich mich nie entschuldigt habe… … Jetzt ist es selbst dafür zu spät, nicht?   Ich hab alles kaputt gemacht…   Hör sich das mal einer an…   Er schnaubte verächtlich.   Erbärmlich.   Verstohlen wischte er sich über die Augen. Fehlte gerade noch, dass er hier losheulte wie ein Mädchen!   Er war ein Mann, verdammt! Er war Sasuke Uchiha! Der heulte nicht und versank nicht in Selbstmitleid, sondern handelte!   Eine Hand schon an der Schulter des Uzumaki stockte er.   Handeln? Was willst du denn machen? … Na auf alle Fälle erst mal ins Bett gehen, ist schon viel zu spät für in der Woche.   „Hey, Naruto, aufwachen!“   Er rüttelte ihn sacht und der Blonde bewegte sich grummelnd. So tief konnte er wohl nicht geschlafen haben.   „Komm, lass uns ins Bett gehen. Hier unten schläft sich’s nicht gut.“   Er war selbst von der Wärme und Sanftheit in seiner Stimme überrascht, aber schlaftrunken wie Naruto noch war, schien er sie nicht zu bemerken.   Gähnend richtete er sich auf.   „Nee, lass mal, ich geh nach Hause.“   „Es ist mitten in der Nacht, blieb doch einfach -“   Die azurblauen Augen sahen ihn an. Traurig, enttäuscht, erinnerungsgetränkt.   Er konnte sich schon denken, woran er den Blonden mit seiner unbedachten Bemerkung mal wieder erinnert hatte: Wie er selbst immer versucht hatte, ihn über Nacht loszuwerden, damals in ihrer „Alibi-Beziehung“…   Er senkte den Blick und ließ Naruto gehen.   Ja. Eindeutig zu spät, sich zu entschuldigen. … Verdammt, Naruto…   ***   Siebzehn Jahre… Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Sasuke nicht daran geglaubt, dieses Alter zu erreichen. Es hatte Zeiten gegeben, zu denen er damit gerechnet hatte, bei dem Versuch, Rache zu nehmen, zu sterben. Mit Itachi zu sterben. Spätestens im finalen Kampf gegen Naruto, weil er niemals zurück nach Konoha kehren würde.   Tja, hier war er nun. Siebzehn Jahre alt… jung… Wie auch immer. Und manchmal war er sich immer noch nicht sicher, ob er sich darüber freuen sollte, noch am Leben zu sein. Er hatte kein Ziel mehr, keinen Plan, keinen Durchblick. Keinen besten Freund.   Mit einem tiefen Seufzen machte er sich vom Verwaltungsgebäude aus auf den Heimweg. Wäre er mehr wie die anderen Jugendlichen würde jetzt sicher ‘ne Riesenparty steigen.   Siebzehn Jahre, das war doch ein Grund zum Feiern! Egal, ob man immer noch keine Freundin gefunden hatte, immer noch Jungfrau war, sich mit seinem Kindheitsfreund zerstritten hatte – siebzehn Jahre, Mann! Da lässt man doch ordentlich die Sau raus!   Er schnaubte verächtlich bei dem Gedanken. Nein, danke, nie im Leben. Kein Bedarf.   Aber einfach nur ein netter Abend mit Naruto – und ihren „gemeinsamen“ Freunden, wenn es denn sein musste – das wäre schon ganz nett.   Aber dafür sollte man sich wohl nicht wie der letzte Arsch aufführen. Tja, Pech gehabt.   Dann würde er sich wohl einfach in seinen Garten setzen und das Lagerfeuer genießen.   Heute Morgen war er nämlich nicht aus seiner Haustür gekommen, weil der gesamte Eingang mit sorgfältig über- und nebeneinander gestapelten Geschenken zugebaut war. Was für eine nette, überflüssige Erinnerung, dass sein Fanclub ihn noch nicht vergessen hatte.   Nachdem er das Haus durchs Küchenfenster verlassen hatte, hatte er den Turm kurzerhand als Pyramide in den Garten verlagert, mit dem Plan, sie heute Abend ganz gemütlich abzufackeln – vielleicht bei einem Schlückchen Sake zur Feier des Tages…   Er runzelte die Stirn bei dem Gedanken. Womöglich sollte er die Idee noch mal überdenken.   Das ganze Plastikzeug würde sicherlich furchtbar stinken und wäre wohl nicht gerade zuträglich für die Vegetation seines Gartens. Und was sollte er stattdessen mit einem Haufen nutzloser Gaben machen, mit denen er nichts anfangen konnte?   In seinem See versenken ja wohl ganz sicher nicht…   Doch als er schließlich das Anwesen betrat, wartete schon eine Überraschung auf ihn: Er hörte teils vergnügte, teils wütende Stimmen aus seinem Garten schallen, ging ihnen nach und siehe da – Kiba und Naruto wühlten sich soeben mit Feuereifer durch den Geschenkehaufen und hatten ganz offensichtlichen ihren Spaß dabei.   „Hey, schau mal, Naruto, das Shirt ist eigentlich gar nicht so schlecht, findste nicht? Aber die Geburtstagskarte dazu ist total ätzend. Hier – ‚Natürlich siehst du in allem gut aus, was du trägst, und erst recht, wenn du nichts trägst, aber ich-‚“   „Gib das sofort her! Das ist nicht für dich bestimmt, Kiba, sondern für Sasuke!“   „Du hast das für Sasuke gekauft, Sakura?!“   „Na ja, du wolltest doch, dass wir seinen Kleiderschrank aufpeppen und da er ja letzte Woche einfach verschwunden ist…“   „… dachtest du, ich hätte meine Abneigung gegen knallige Farben inzwischen vielleicht überwunden, schon klar. Du kannst es behalten, Kiba.“   „Sasuke!“   Sakura lief sofort rot an, als Sasuke sie spöttisch angrinste.   „Abend. Was macht ihr hier?“   „Na was wohl, Alter? Feiern natürlich!“, rief der Hundejunge aus, kam zu ihm rüber und schlug ihm auf die Schulter, als Sasuke sich weigerte, einzuschlagen. „Siebzehn wird man nur einmal im Leben! Und ich darf das echt behalten? Da gab’s noch ‘n paar Sachen…“   Grinsend winkte Sasuke ab. „Nehm euch, was ihr haben wollt. Damit tut ihr mir nur einen Gefallen. Ist doch auch mal nett, auf einer Geburtstagsparty Geschenke zu bekommen, nicht?“   Kopfschüttelnd kam Naruto auf ihn zu. „Du kriegst natürlich auch was Ordentliches, Sasuke, keine Sorge.“   Der Uchiha grinste ihn fröhlich an. „Wer macht sich hier denn Sorgen?“   „Da hat aber jemand gute Laune.“   „Hm.“   Mit einem warmen Lächeln umarmte Naruto ihn.   „Happy Birthday, Sasuke.“   ***   Katsuya hatte sich Sorgen gemacht. Da waren sie gerade mal eine Woche zusammen und schon benahm Naruto sich total komisch, hatte keine Lust auf ein Club-Treffen oder selbst einen gemütlichen Abend zu zweit…   Umso froher war er, jetzt mit Naruto hier zu sein, auf Sasukes Geburtstagsparty, mit Kaori als „Begleitschutz“, weil sie ihn unter keinen Umständen allein mit Sasuke und Naruto lassen wollte. Was auch immer den Uzumaki vor zwei Tagen so beschäftigt hatte, heute war er wieder ganz der Alte.   Er machte Scherze mit seinen Freunden, neckte die Mädchen, quatschte mit Sasuke, kam ab und zu rüber, um ihm einen schmatzenden Kuss zu geben… Ja, Naruto schien heute wirklich gut drauf zu sein.   Und selbst Sasuke, der unterkühlte, gleichgültige Sasuke, war gelöster als Katsuya ihn je erlebt hatte. Er grinste viel – und mal nicht nur spöttisch – lachte mit seinen Freunden und sogar die Anwesenheit der zwei Nicht-Ninja, hatte er mit einem Schulterzucken unkommentiert hingenommen.   Ja, eigentlich war es wirklich ein beinahe perfekter Tag. Doch natürlich musste es wie immer mit den perfekten Tagen kommen: Irgendjemand machte einem immer einen Strich durch die Rechnung. Diesmal waren es die Mädchen.   Sie hatten in einer lockeren Runde auf das Geburtstags“kind“ angestoßen und jeder ein Stück des leckeren Schokoladenkuchens, den Naruto mit Hilfe seiner Freundinnen gebacken hatte, gegessen. Nun – fast jeder. Sasuke mochte, wie seine Freunde ganz genau wussten, keine Schokolade, also versuchten sie zu fünft, irgendwie ein Stückchen in seinen Mund zu bekommen, was aber nur in Lachanfällen endete und schließlich gaben sie auf. Wobei Naruto natürlich zutiefst beleidigt war, woraufhin Sasuke ein winziges Stück des dunklen Teiges probierte und sofort das Gesicht verzog. – Erneute Lacher waren vorprogrammiert und so war es ein äußerst vergnüglicher Abend.   Währenddessen wurden mit der Zeit alle Fangirl-Geschenke geöffnet und der Inhalt an den jeweils am lautesten grölenden Jungen versteigert – oder er landete im Müllsack, weil nun wirklich niemand Gefallen an der schrecklichen Auswahl finden konnte.   Doch schließlich war der ganze Haufen verteilt, der Müllsack rappelvoll und Sasuke ganz eindeutig erleichtert darüber, den Mist los zu sein.   Jetzt warteten nur noch ein paar kleine Geschenke von seinen Freunden darauf, endlich Beachtung geschenkt zu bekommen.   Skeptische betrachtete Sasuke den Stapel. „Ich glaub, ihr habt eins vergessen“, merkte er an und hielt mit spitzen Fingern ein Paket mit pinkfarbenem Geschenkpapier hoch.   Sakura wurde rot. „Das ist von mir… Ich hatte nur das eine Papier…“   „War nicht schon Kibas Shirt von dir?“ Fragend nickte Shikamaru zu dem Hundejungen rüber, dessen Anblick man nur schwer ertragen konnte, seit er sich das knallrote Shirt übergezogen hatte.   „Dann hab ich eben zwei Geschenke für ihn, na und? Ein als Fangirl und ein als seine Freundin!!“   Katsuya sah, wie Shikamaru sich zu seiner blonden Freundin rüberlehnte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. So wie sie ihn lachend in die Seite piekte und nach Narutos Erzählungen über Inos Schwärmerei für den Uchiha, war es wohl etwas der Art gewesen, dass er froh war, kein Geschenk seiner Freundin auf dem Fangirl-Haufen gesehen zu haben…   Sasuke grinste seine ehemalige Teamkameradin leicht spöttisch an, aber es war kein verletzender, sondern eher ein neckender Spott.   „Dann sehen wir doch mal, ob du als Freundin mehr Geschmack hast…“   Sie streckte ihm nur die Zunge raus und alle lachten.   „Warte, Sasuke!“   Ino hatte sich aus der lockeren Umarmung ihres Freundes gelöst und trat nun an die Seite des Schwarzhaarigen.   „Worauf?“   „Wir hatten da so ‘ne Idee…“   Sasuke verzog in böser Vorahnung das Gesicht. „Ich glaub nicht, dass mir die gefallen wird…“   „Jetzt hör doch erst mal, was es ist.“ Sakura stellte sich an seine andere Seite und grinste ihn kess an.   „Also, wir finden, du solltest endlich mal ordentlich geküsst werden!“   „B-Bitte was?!“   Katsuya konnte ein feixendes Grinsen nicht unterdrücken. Ha, der Arsch kann also doch aus dem Konzept gebracht werden…!   „17 Jahre… fast erwachsen, das muss doch gebührend gefeiert werden! Wir haben überlegt, ob dich vielleicht einfach mal jeder Gast küssen sollte, damit du gleich mal einen Überblick bekommst…“ Glücklicherweise schienen die drei Mädels – Sakura, Ino und Tenten – die Einzigen zu sein, die von ihrer Idee begeistert waren, denn alle Jungs verzogen das Gesicht und machten abwehrende Handbewegungen (auch wenn er mit einem Stich bemerkte, dass Naruto leider überhaupt nicht angeekelt aussah), wobei Neji gleich besitzergreifend einen Arm um seine Freundin legte und Shikamaru die seine entschlossen wieder zu sich zog. Blieben Tenten und Sakura. Und Naruto. Aber der würde ja Sasuke nicht küssen. Nicht wieder. Nicht vor allen, wo er doch mit seinem festen Freund hier war… Sasuke verzog ebenso das Gesicht wie die anderen Jungs. „Danke, aber nein, danke. Außerdem kommt ihr damit sowieso zu spät oder habt ihr vergessen, dass er das schon an dem Tag übernommen hat, als wir zu Team 7 zusammengestellt wurden?“ Spöttisch grinsend nickte er Richtung Naruto. „Das… Das zählt doch nicht! Ich wollte das gar nicht!“, begehrte der Blonde sofort auf, der sich unter den überraschten, sich erinnernden und eifersüchtigen Blicken der Mädels mehr als unwohl fühlte, doch sein bester Freund überging ihn einfach und fügte hinzu: „Und erst vor einigen Wochen haben wir uns schließlich vor dem ganzen Dorf geküsst, das reicht ja wohl.“ Die Mädels schüttelten nur amüsiert  die Köpfe. „Das war doch kein richtiger Kuss: nur, um deine Fangirls loszuwerden, ohne Zunge und mit einem andere Jungen, obwohl du gar nicht schwul bist.“ Sasuke schnaubte. „Dann ist euer toller Einfall wohl hiermit gestorben. Ich würde von den hier Anwesenden niemanden außer Naruto küssen und das hab ich schon, also kann ich ja jetzt wohl anfangen mit auspacken.“   Während die drei Kunoichi einen wissenden Blick austauschten, sahen die Jungen genauso verwundert drein, wie Katsuya sich fühlte. Nur Naruto? Spinnt der?!   Mit einem leichten Kopfschütteln widmete sich Sasuke wieder seinen Geschenken, hielt aber inne, als Naruto überrascht fragte: „Nur… mich?“ Positiv überrascht, stellte Katsuya eifersüchtig fest. Vorfreudig überrascht. Verdammt, das war wohl hoffentlich nur ein schlechter Scherz! Sasuke hat das Thema doch schon beendet! Warum lässt du ihn nicht einfach?   Sasuke schien genauso überrascht von der Frage zu sein wie Naruto von seiner Aussage. „Natürlich dich. Wir haben uns doch schon öfter geküsst, ist doch nichts dabei.“ Katsuya sah ganz genau, wie Naruto unruhig schluckte und sich auf die Unterlippe biss. „Das waren ja gar keine richtigen Küsse“, murmelte er leise. Das darf doch nicht -! Er sah ganz genau, wie Sasukes Blick kurz zu ihm rüber huschte und wie dieser Arsch ihn triumphierend angrinste, bevor er näher zu Naruto ging. „Dann solltest du mich wohl besser aufklären, wie sich ein ‚richtiger Kuss‘ anfühlt…“, sagte er, halb einschmeichelnd, halb herausfordernd. Und Naruto tat es. Einfach. So. Trat dicht an ihn, legte ihm eine Hand in den Nacken und küsste ihn. Zärtlich, voller Gefühl, mit Zunge… Katsuya konnte nicht länger hinsehen und wandte sich ab. Erst als er den Uchiha verlegen sagen hörte: „Ähm… Ich… Das-“, sah er wieder auf und sah es. Nicht Sasukes offensichtliche Erregung, die nun wirklich jedem auffallen musste, sondern das, was er schon so lange befürchtet hatte: Sasuke liebte Naruto, es stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Irgendwo in ihm drin hatte er das Gefühl, etwas würde zerbrechen und für einen Moment fragte er sich, ob das sprichwörtlich „gebrochene Herz“ eigentlich ernst gemeint war. Dann verschwand Sasuke eiligen Schrittes in Richtung seines Hauses, das große Getuschel ging los und er stand da immer noch wie festgefroren, spürte seine Schwester an seiner Seite und sah, wie Naruto sich zu ihnen umdrehte. „Oh. … Oh!“ Er lief knallrot an und sah gleichzeitig unglaublich schuldig aus. „… K-Katsuya, ich-“ „Hab ich dich nicht gebeten, mit ihm zu reden?“, fragte Kaori kalt und Katsuya sah überrascht zu ihr. „Worüber sollte er mit mir reden?“ Sie machte nur eine Kopfbewegung zu Naruto hin, der nun wie ein Häufchen Elend mit hängenden Schultern dastand. „Es tut mir leid. … Ich… Ich wollte dich nicht verletzen. Ich hab dich wirklich gern und ich wollte, dass es klappt und -. Ich liebe ihn. Ich krieg das Gefühl einfach nicht weg und -. Es tut mir leid…“ Katsuya musste sich selbst daran erinnern zu atmen. Auch wenn es so verdammt wehtat. Es zu wissen, war schlimm, aber es ausgesprochen zu hören… „Katsuya…“ Er konnte ihm nicht in die Augen sehen. Er starrte zu Boden und versuchte, etwas zu sagen, aber er konnte nicht, er konnte nicht und da spürte er Kaoris Hand Beistand spendend auf seiner Schulter.   Er fühlte sich wie der letzte Idiot. Kaori hatte ihn so oft gewarnt, sich nicht mit Naruto einzulassen, der doch aus einer ganz anderen Welt kam, aber er hatte nicht auf sie gehört. Tja, dafür hatte er nun gezahlt.   Das war ein Freundeskreis, der über Jahre fest zusammengewachsen war. Sie kannten sich nicht einfach nur aus der Schule und verbrachten mal ihre Freizeit zusammen, nein, sie hatten Seite an Seite gekämpft. Um ihre Leben, um ihre Freunde.   Sie kannten einander wohl in- und auswendig. Und sie hatten garantiert gewusst, dass Sasuke Naruto wählen würden. Hatten vielleicht sogar gewusst, dass er in ihn verliebt war. Vielleicht hatten sie hinter seinem Rücken heimlich darüber gelacht, dass er ernsthaft versuchte, sich mit Sasuke Uchiha anzulegen…   Nein, er passte nicht dazu und er hatte verloren. Haushoch.   Schweigend und weiterhin zu Boden sehend ließ er sich von seiner Schwester fortführen. Aber als an dem Haus vorbeigingen, in dem Sasuke wohnte, blieb er stehen.   „Warte. Ich muss noch… was sagen.“ Sie musterte ihn besorgt, ließ ihn aber gewähren. Seite an Seite standen sie da, bis Sasuke endlich wieder aus dem Haus kam. Er hatte schon gedacht, er hätte vielleicht einen Hinterausgang zum Garten benutzt. Als er die Geschwister allein vor seinem Haus stehen sah, blieb er selbst in Habachtstellung stehen. Für einen kurzen Augenblick wunderte sich Katsuya, wo der ganze Hass hin war, aber dann erinnerte er sich, dass es ihm egal sein sollte und sah das Geburtstagskind direkt an. „Da hast du deine zweite Chance. Nutze sie diesmal auch.“ Der Uchiha runzelte verwirrt die Stirn. „Ich weiß nicht, was du-“ Katsuya stieß ein freudloses Lachen aus. „Du liebst ihn und weißt es nicht mal…! Du liebst ihn, hörst du? Ich weiß es und Kaori weiß es und bestimmt auch deine Freunde. Nur Naruto nicht und trotzdem hat er dich mir vorgezogen. Also mach ihn verdammt noch mal auch endlich glücklich!“ Damit drehte er sich auf dem Absatz um und ließ einen erstarrten Sasuke Uchiha auf dessen Türschwelle zurück. Na geht doch. Endlich mal ein Punkt für mich. Dann musste er über den Gedanken lachen, immer noch Punkte zu zählen, obwohl er doch gerade seine Niederlage eingestanden hatte. Und dann musste er weinen.   ***   „Du liebst ihn, hörst du?“   Seit gefühlten Stunden starrte Sasuke die Fotocollage an Zig Bilder von Naruto. Grinsend, wütend, traurig, nachdenklich, verlegen. Die vielen Gesichter des Naruto Uzumaki.   Das war verrückt. Naruto war sein bester Freund. Er war nicht in ihn verliebt! War er?   Nachdem der Typ ihm seine angeblichen Gefühle an den Kopf geknallt hatte, hatte er wie erstarrt auf seiner Türschwelle gestanden, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen.   Da waren immer nur diese drei Worte: „Du liebst ihn.“   Dann kam Naruto schnellen Schrittes aus dem Garten gelaufen und war dabei, das Anwesen zu verlassen. Er sah sich nicht um, sah ihn nicht und Sasuke hielt ihn nicht auf.   Er hätte nicht gewusst, was er hätte sagen sollen.   Es war ein verdammtes Spiel gewesen, ein Spaß, um dem Typen an seinem Ehrentag mal wieder eine reinzuwürgen. Einfach so.   Er war einfach so glücklich gewesen, dass Naruto da war, dass seine Sorgen und seine Angst wohl unbegründet gewesen waren… Für ihn war es einfach nur das gewesen, doch anscheinend bedeutete es im Großen Ganzen viel mehr.   Huh. Wer hätte das gedacht? Er musste Naruto einfach nur vor dem Typen küssen und schon war dieses Problem gelöst.   … Ja. Und jetzt?   Er war zurück ins Haus gegangen, wollte seinen Gästen nicht wieder gegenübertreten. Glücklicherweise schien aber die gesamte Stimmung schon im Eimer zu sein, denn er hörte, wie sie sich draußen mit gedämpften Stimmen voneinander verabschiedeten und gingen.   Endlich allein.   Irgendwann war er wieder raus gegangen und hatte sich Narutos Geschenk geholt. Nur seins, die anderen blieben unbeachtet im Gras liegen.   Jetzt lag er hier auf seinem Bett, die Collage in beiden Händen und studierte die Bilder.   Warm lächelnd fuhr er die Konturen eines fuchsteufelswilden Narutos entlang. Das war noch zu Team 7 – Zeiten gewesen, als er beim Training mal wieder schlechter abgeschnitten hatte als Sasuke.   Und hier, das breite glückliche Grinsen, als Kakashi sie nach einem gelungenen Auftrag zum Ramen einlud…   Und auf dem…   ***   „Ha! Nimm das! … Und eins und zwei… Gleich nochmal!“   Morgens kurz vor sechs in Konoha, kein Mensch war auf den Straßen, alles schlief in seliger sonntäglicher Ruhe, nur ein blonder, junger Mann trainierte verbissen auf einem alten Trainingsplatz, der längst schon einem neuen Team zugeteilt worden war.   „Du! Bist! Ein! Idiot!“   Mit jedem Schlag spürte er, wie sich der Knoten in seiner Brust etwas löste und er endlich wieder freier atmen konnte.   Seufzend stützte er sich an dem Holzpfahl ab und lehnte die Stirn dagegen.   „Du bist ein Idiot, Naruto. Ein dämlicher Vollidiot, so, wie’s dir schon immer gesagt wurde. Maan, wie konnte ich Sasuke nur küssen, während Katsuya danebenstand?! … Nein, ganz falsch, wie konnte ich ihn überhaupt küssen?! Du bist ein ganz mieser Betrüger bist du!“   Zur Bekräftigung schlug er seinen Kopf mehrmals gegen das Holz, aber mehr als noch stärkere Kopfschmerzen brachte ihm das auch nicht ein.   „Verdammt, Sasuke, warum hast du mich dazu gebracht, dich zu küssen? Du willst doch gar nichts von mir… Hör doch endlich auf, mit mir zu spielen, verdammt…“   ***   Es war verrückt…   Er konnte sich nicht in Naruto verliebt haben. Er war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, ihn von dem Typen fernzuhalten, ihn zu behalten. Hm. Das klang doch irgendwie verdächtig nach zu vielen Gefühlen für den Blonden. Warum war ihm das nicht früher aufgefallen? Warum hatte er sich seine Gefühle von dem Typen sagen lassen müssen? Es war verrückt. Es war doch immer noch Naruto, nicht? Er sollte kein Herzklopfen bekommen, nur weil er dicht neben ihm im Theater saß, er sollte nicht eifersüchtig sein, wenn er sich mit anderen traf und er sollte – verdammt noch mal – nicht von einem Kuss erregt werden! Das war falsch, absolut -.   Er hatte Naruto so oft abgewiesen und verletzt und jetzt sollte er sich in ihn verliebt haben? Das ging nicht! Naruto würde ihm gar nicht verzeihen können, er – er hatte ihm verziehen, nicht? Hatte er ihm selbst gesagt. Mehr oder weniger. Er würde ihn immer lieben.   Sasuke hörte auf, in seinem Wohnzimmer auf und ab zu laufen und setzte sich stattdessen in einen Sessel.   Er hat mir verziehen. Er liebt mich. Ich bin derjenige, der wieder mal im Weg steht. Weil ich so ein Arsch war. Weil ich meinen Clan wiederaufbauen will. Einen Clan, der Konoha nichts als Schmerz und Kummer gebracht hat.   Er stieß ein spöttisches Lachen aus.   Kann es so einfach sein? Einfach dieses Ziel aufgeben und – lieben?   Naruto… und ich. Zusammen. Als Paar. … Naruto und Sasuke – wie klingt das? Naruto und Sasuke. Naruto und Sasuke.   „Naruto und Sasuke. …“   Es klingt… richtig. Und… nach Zuhause. …   ***   Naruto war wütend. Auf sich selber, weil er sich wie ein Arsch benommen hatte, auf Sasuke, weil der ein Arsch war, auf den blöden „Club der Unglücklich Verliebten“, weil er jetzt nicht mehr hingehen und sich über ihn auslassen konnte, auf Katsuya, weil der nicht stark und interessant genug gewesen war, um ihn von Sasuke fernzuhalten. Eigentlich war er auf alles wütend.   Warum konnte nicht einfach mal etwas gut gehen? Warum konnte er nicht einfach mal glücklich sein?!   Aber nein, da gab es diesen supersüßen, supernetten Typen und er schoss ihn in den Wind, weil er immer noch in Sasuke verliebt war.   Sasuke!   Verdammt, warum hatte er ihn damals vor seiner Tür küssen müssen und dann, an seinem Geburtstag war die Versuchung einfach zu groß gewesen, es noch einmal zu tun…   Verdammt, warum konnte Sasuke nicht selbst damit aufhören, ihm immer wieder Hoffnungen zu machen?!   Er wollte doch nichts von ihm, er wollte nichts, warum konnte er dann nicht einfach aufhören, so verdammt anziehend auf ihn zu wirken?!   „Naruto? Bist du da?“   Er blinzelte verwirrt an seine Zimmerdecke.   Hatte er jetzt so sehr an Sasuke gedacht, dass er sich schon dessen Stimme einbildete?   „Naruto?“   Als es erneut an seiner Tür klopfte, stand er wie automatisch auf und öffnete.   „Naru-! Oh, da bist du ja.“   Sasuke schien selbst ein bisschen überrascht, dabei war er ja schließlich zu ihm gekommen.   Stumm sahen sie sich an.   „Ähhh…“   Naruto spürte, wie sein altbekanntes Lausbubengrinsen zu ihm zurückkehrte, bei dem Anblick eines sprachlosen Sasuke Uchiha vor seiner Tür. „Hab ich dir die Sprache verschlagen?“, fragte er kichernd. „Los, komm rein.“   Sasuke musterte ihn. „Hey, du bist ja noch gar nicht fertig.“   Der Uzumaki sah an sich runter. Schlabbriges Shirt, alte, zerrissene Hose, eben die Sachen von früher. Reichte ja, wenn er allein zu Hause war.   „‘Fertig‘? Wofür?“   „Das Sommerfest! Schon vergessen?“ Sasuke schnipste ihm leicht gegen die Stirn. „Los, zieh dich an. Ich warte.“   Der Blonde runzelte verwirrt die Stirn, ließ seinen Freund aber rein und ging zum Kleiderschrank. „Das ist schon heute?“, fragte er und wühlte sich durch die Klamotten. Irgendwo musste doch das Outfit sein, das er für den Anlass ausgewählt hatte… „Wie die Zeit verfliegt. Kommt mir vor, als wäre erst gestern – … dein Geburtstag gewesen.“   Die gefundenen Sachen in der Hand sah er auf und begegnete Sasukes Blick. Der… irgendwie seltsam war. Nicht spöttisch, nicht gelangweilt, nicht kalt, nicht Sasuke. Er trieb seinen Herzschlag sofort in die Höhe, aber er konnte ihn nicht deuten.   Sollst du auch nicht, Idiot!, schalt er sich selbst und suchte auch noch frische Unterwäsche raus. Hör endlich auf, immer gleich fröhlich und glücklich zu sein, nur weil Sasuke da ist. Du bist wütend auf ihn, erinnerst du dich?   Immer noch spürte er den Blick der schwarzen Augen auf sich ruhen, griff sich fahrig alles, was er brauchte, und verbarrikadierte sich im Bad. Ähm… ging ins Bad, um sich fertig zu machen.   ***   Sasuke sah auf die Badezimmertür, hinter der Naruto soeben verschwunden war, hinter der er sich jetzt ausziehen würde und -.   Konzentration! Da hast du grad mal mitbekommen und einigermaßen akzeptiert, dass du dich in einen Kerl verliebt haben sollst, und schon willst du über ihn herfallen? Halt deine Hormone unter Kontrolle, Sasuke! Erst mal muss Naruto merken, dass es mir dieses Mal ernst ist. Also: Benimm dich wie ein Gentleman, keine dummen Sprüche, sei kein Arschloch und zeig ihm einfach, was du… was du fühlst. Einfach ganz nach Plan: Das wird heute unser erstes Date und dann gesteh ich ihm meine… … Gefühle.   Sich vorzunehmen, sich ordentlich zu benehmen, war relativ schwer gewesen, immerhin konnte er nicht einfach so aus seiner Haut raus, aber als Naruto zehn Minuten später wieder aus dem Bad kam, war es so einfach!   Ihm stockte der Atem, sein Kopf war wie leergefegt, er wollte sein Geständnis einfach nur hinter sich bringen, um Naruto wieder küssen zu können…   „… Du siehst… gut aus.“   Gut? Gut, Sasuke?!   „A-Also, ich mein-“   Der Blonde sah ihn ein wenig irritiert an und winkte ab. „Schon klar, was du meinst: Nicht so schlecht wie sonst. Na ja, neben dir wird’s sowieso niemandem auffallen. Kann ich übrigens zurückgeben, das Kompliment. Hast dich ja richtig rausgeputzt. Du hast wohl große Pläne für den Abend?“   „M-hm.“   Naruto versuchte, den Stich der Eifersucht in seiner Brust zu ignorieren.   War ja klar. Ich helf dir, wieder Spaß haben zu können, versprech dir, dich nie zu verlassen und sobald du mich dann endlich ganz für dich allein hast, ziehst du los, um dir ‘ne Freundin zu suchen. Klasse.   „Wollen wir dann los?“, fragte er betont unbekümmert. „Klar.“   Schweigend gingen sie nebeneinander die Treppe hinunter und machten sich auf den Weg.   Sasuke überlegte fieberhaft, was er sagen sollte, aber er hatte einfach keinen Plan. Was sagte man denn beim ersten Date? Na ja, eigentlich lernte man sich wohl kennen, was sie zwei sich ja schenken konnten… Und sonst? Komplimente… Äh, ja, das mit dem ‚gut aussehen‘ musste vorerst reichen, alles andere war echt zu peinlich, immerhin waren sie beide Kerle!   Wie funktionierte das überhaupt mit zwei Typen? Spielte dann einer die ‚Frau‘?! … Das konnte ja wohl mal schön Naruto übernehmen, es kam gar nicht in Frage, dass er selbst -.   „Hey, wie kommt’s eigentlich, dass du mich abgeholt hast? Das Fest findet doch ganz in deiner Nähe statt?“ Fragend sah der Uzumaki ihn an und stupste ihm mit dem Ellenbogen in die Seite, als er nicht antwortete. „Bist du in Gedanken schon bei den süßen Mädels, oder was?“   „Was? N-nein. Ich… Ich war einfach grad in der Nähe und dachte, ich schau mal, ob du schon losgegangen bist.“   „Hmpf.“   Sasuke konnte es leugnen, so viel er wollte, der Rotschimmer auf seinen Wangen verriet ihn! Apropos: Seit wann war Sasuke Uchiha denn etwas peinlich genug, um rot zu werden? Was auch immer es war, es hing ja ganz offensichtlich mit seinen Plänen für den heutigen Abend zusammen und allein dadurch zog es Narutos Laune schon gewaltig in den Keller…   So brachten sie den restlichen Weg schweigend hinter sich. Sasuke war befangen, wie er mit jemandem umgehen sollte, in den er verliebt war, selbst wenn sie sich schon seit Jahren kannten und Naruto versuchte seine Eifersucht beiseite zu schieben, um sich nicht gleich den ganzen Abend versauen zu lassen.   Natürlich hätten sie auch einfach miteinander reden können, aber dafür war ja eigentlich gerade gar keine Zeit und es stand viel zu viel zwischen ihnen und, und – das war unmännlich! Genau, das musste es gewesen sein…   ***   Missmutig drückte Sasuke sich in einer dunkle Ecke der großen Halle rum und beobachtete Naruto. Irgendwie hatte er sich das doch anders vorgestellt. Mehr so, dass Naruto bei ihm wäre, statt die ganze Zeit auf der Tanzfläche zu verbringen.   Er selbst hatte keine Lust zum Tanzen oder besser gesagt: er hasste es, weil er dabei doch wieder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Und wie als Unterstreichung von Narutos Worten, er hätte sich ja heute ‚rausgeputzt‘, schien es, als könnten die Mädchen heute ganz besonders schlecht die Augen von ihm lassen.   Deswegen stand er jetzt hier im Halbdunkeln und grummelte nur unleidlich vor sich hin, so dass selbst seine ‚Freunde‘ inzwischen einen Bogen um ihn machten. Nachdem er mit einem geradezu glücklichen Gesichtsausdruck mit Naruto hergekommen war, hatten sie zwar eigentlich erwartet, dass die zwei sich ausgesprochen und mit dem Uchiha mal gut Kirschen essen wäre, aber so konnte man sich eben täuschen.   Wo auch immer der Haussegen mal wieder schief hing: Sasuke hatte ganz offensichtlich schlechte Laune und Naruto ignorierte ihn sowie besorgte Nachfragen gekonnt.   Eifersüchtig erdolchte Sasuke jeden mit Blicken, der seinem Naruto zu nahe kam – und das waren aufgrund der vollen Tanzfläche leider viel zu viele! So war das nicht geplant gewesen!   Doch anscheinend fühlte der Blonde sich neben ihm wirklich wie der größte Verlierer, wie er es in seiner Wohnung angedeutet hatte.   Dafür gibt es doch überhaupt keinen Grund, Idiot! Du siehst – wie habt ihr mich noch gleich betitelt? – heiß aus! Ich will auch mit dir tanzen! Meine Hände über deinen Körper wandern lassen, dich küssen… Aber nicht hier! Aber okay, wenn du dich so unwohl neben mir fühlst, mach ich’s dir eben leichter – und danach lass uns verschwinden, ja? Wir haben alle Zeit der Welt, uns der Öffentlichkeit als Paar zu präsentieren…   ***   Naruto wunderte sich ein wenig, dass Sasuke sich nicht gleich ins Getümmel stürzte oder sich wenigstens an die Bar stellte, wo er doch jemanden kennenlernen wollte. Stattdessen stand er wie üblich mit verschränkten Armen in einer dunklen Ecke und strahlte eine Kälte aus, dass man sich gar nicht traute, sich ihm zu nähern.   War ihm auch recht. So musste er ihm wenigstens nicht beim Flirten zusehen.   Umso überraschter war er, als besagter Uchiha in einer Tanzpause plötzlich als Gaara verwandelt neben ihm an der Bar auftauchte.   Er beachtete ihn trotzdem nicht. Heute Abend wollte er einfach mal Spaß haben. Ohne an Sasuke zu denken, ohne sich zu ärgern, ohne wieder mal verletzt zu werden.   Das Fest war ihm schon genug dadurch versaut worden, dass er hier nicht wie geplant mit seinem festen Freund auftauchen konnte, sondern immer noch, wieder mal allein war und sich wohl doch irgendwann im Laufe des Abends miterleben musste, wie Sasuke Uchiha ‚endlich‘ Interesse an der Frauenwelt zeigte. Da hatte er jetzt ja wohl ein bisschen Ruhe verdient.   Hätte er Sasuke vielleicht vorher sagen sollen, denn der quatschte ihn nun munter von der Seite an. „Du sprichst ja heute gar nicht mit mir, dabei bin ich extra aus Suna angereist…“   Damit handelte er sich nur einen seltenen skeptisch-genervten Seitenblick ein. „Du hältst mich echt für total bescheuert, was? Ich hab dir damals vorgeschlagen, dass du dich in Gaara verwandeln solltest, wenn dir die Mädels zu sehr aufn Keks gehen.“   „Wenigstens redest du jetzt mit mir.“ Und der Rothaarige schenkte ihm ein typisches Sasuke-Lächeln in seiner Mischung aus Triumph und spöttischer Neckerei. Klar, Gaara war im Laufe der Zeit wirklich menschlicher geworden, aber das? – Nee. Naruto wandte sich ab. Das konnte man sich ja nicht antun. Ob er damit nun einen lächelnden Gaara oder Sasuke meinte, wusste er selber nicht so genau. Wahrscheinlich einfach beide.   „Hey, was ist denn los?“, fragte der 17-Jährige in einem sanft-besorgten Tonfall, der Narutos Herz gleich ein paar Takte höher schlagen ließ.   Wenn Sasuke es doch nur mal so meinen würde, wie er es mit seinen verdammten, dämlichen Gefühlen immer missinterpretierte…   „Nichts“, antwortete er kurz einsilbig. Und dann „Du nervst.“   Er musste lachen, als Gaara – Sasuke – ihn geradezu geschockt ansah. „Ich – nerve?“   Grinsend klopfte er ihm auf die Schulter. „Kommt vor, Kumpel. Mach dir nichts draus. So, ich werd dann mal wieder…“   „Ihr seid euch sicher, dass er da drin ist?“ „Ja, doch! Schon seit mindestens zehn Minuten!“ „Vielleicht ist ihm schlecht geworden?“ „Oder er ist ohnmächtig?“ „Vielleicht ist er durchs Fenster geflohen…?“ „Was erlaubst du dir?! Sasuke-kun würde doch niemals einfach so gehen!“ „Genau, er hat doch noch gar nicht mit uns getanzt und wir konnten bis jetzt kaum einen Blick auf ihn erhaschen und -“ „Da drüben sitzt Naruto, fragen wir den doch einfach mal.“   „Naruto!“   Auf einmal sah der Blonde sich von mindestens einem Dutzend Mädchen umzingelt. „Äh… ‘n Abend, die Damen. Wie kann ich helfen?“   „Sasuke-kun ist…“ „… los mit euch beiden?“ „Du musst unbedingt…“ „… große Sorgen…“   Überfordert hob er die Hände. „Jetzt redet mal nicht alle durcheinander, ich versteh ja gar nichts!“    „Sasuke-kun“, sagte eines der Mädchen, das sich kurzerhand als Sprecherin aufschwang, „ist in der Herrentoilette. Schon seit Ewigkeiten. Wir machen uns Sorgen, dass ihm was passiert sein könnte.“   „Ach soo.“ Er verschränkte grinsend die Hände hinter seinem Kopf. „Gebt ihm einfach noch ein paar Minuten. Vielleicht hat er Dünnschiss oder so.“   Er hörte, wie Gaara schräg hinter ihm seinen Drink über die halbe Theke spuckte und dann röchelnd nach Luft rang. Feixend sah er zurück, aber als sein bester Freund ihn mit hochrotem Gesicht – in herrlicher Dissonanz zu den derzeit roten Haaren – entsetzt anstarrte, bekam er Mitleid und gab ihm einen Schubs Richtung Herrentoilette.   „Los, Gaara, schau doch mal, wo er bleibt.“   Nicht ohne ihm einen letzten vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen, machte der sich auf den Weg und die Mädchenschar folgte ihm aufgeregt.   Seufzend bestellte Naruto sich ein neues Getränk. Wann ist es eigentlich so weit gekommen, dass es nicht mal mehr Spaß macht, ihn zu ärgern? … Ist doch echt ein beschissener Abend.   Aber der süße, fruchtige Drink machte gute Laune, Sasuke war aus seinem Gesichtsfeld verschwunden und seine Freunde winkten ihm, zurück auf die Tanzfläche zu kommen und so schlürfte er den letzten Schluck lautstark durch den Strohhalm und stürzte sich wieder ins Vergnügen. – Doch irgendetwas fehlte.   „Was drängeln sich die ganzen Fangirls eigentlich um die Tür zum Männerklo?“, fragte Ino neugierig und reckte den Hals. „Gibt’s da irgendwas Spannendes zu sehen?“   Naruto grinste breit. „Nur einen Sasuke Uchiha mit vermeintlichem Durchfall.“   „Hä? Wie jetzt?!“   Er winkte ab. „Da muss ich ihn wohl retten gehen… Bin gleich wieder da.“   Aber er kam nicht zurück. Denn als er die Herrentoilette betrat, war der zurückverwandelte Sasuke tatsächlich gerade damit beschäftigt, aus dem Fenster zu klettern, wie ein Mädchen vermutet hatte.   Mit hochgezogenen Augenbrauen besah der Blonde sich die Fluchtaktion. „Was wird das denn, wenn’s fertig ist?“   „Sieht man doch, oder? Ich hau ab. Hab keinen Bock mehr auf den Mist.“ Naruto war erstaunt über die Aggressivität in Sasukes Stimme. Den kleinen Scherz eben konnte er ihm doch wohl kaum so übel nehmen?   „Was ist dir eigentlich für ‘ne Laus über die Leber gelaufen? Ich dachte, du wolltest heute Abend Spaß haben?“   „Wollte ich ja auch!“ Sasuke hielt inne und wandte sich zu ihm um. „Mit dir!“   „Mit -… Wie soll ich das denn jetzt verstehn?“   „Na genauso wie ich’s gesagt hab, Idiot! Ich wollte einfach einen schönen Abend mit dir verbringen, so als erstes Date und danach hätten wir zu mir gehen könn -“   „Mooment mal! ‚Erstes Date‘?! Bist du mit dem Kopf irgendwo gegengeknallt, oder was? Seit wann willst du denn bitteschön -“   „Naruto.“ Sasuke sah ihn… irgendwie traurig an. „Ich will nicht mit dir streiten. Nicht schon wieder. Lass mich einfach gehen und wir sprechen morgen oder so, ja?“ Damit sprang er aus dem Fenster.   Naruto zögerte keine Sekunde. Er durchmaß den Raum mit langen Schritten und sprang hinterher.   „Sasuke, du Vollidiot! Renn gefälligst nicht weg! Ich will das jetzt klären!“   Er folgte der dunklen Gestalt, die schon den Weg in Richtung des Uchiha-Anwesens eingeschlagen hatte, das nur ein paar Blöcke entfernt lag.   „Bleib stehen, Mistkerl!“, brüllte er ihm hinterher. „Ich hab deine Faxen dicke, ein für alle Mal! Macht dir das Spaß, mir dauernd falsche Hoffnungen zu machen? Hä? Macht es Spaß mit meinen Gefühlen zu spielen? An einem Tag regst du dich drüber auf, dass ich dachte, dass wir ein Date haben, weil ich dich eingeladen hab und am nächsten faselst du selbst von einem bescheuerten Date, nur weil du mich abgeholt hast?! Wie war das von wegen ‚Ich steh nicht auf Kerle und ganz bestimmt nicht auf dich‘? Bist du jetzt schon so verdammt eifersüchtig, dass du mich lieber mit kleinen Häppchen am Ball hältst, weil du eine beschissene  Angst hast, mich zu verlieren?!“ Er schnappte nach Luft. „ Antworte mir!“   Aber Sasuke sagte nichts und blieb auch nicht stehen; er zeigte überhaupt keine Reaktion, dass er Naruto überhaupt zuhörte. Inzwischen waren sie beinahe am Uchiha-Anwesen angekommen und der Blonde beschleunigte seine Schritte.   Oh nein, Sasuke, diesmal kommst du mir nicht so einfach davon! Diesmal nicht!   „Seit wann bist du so ein beschissener Feigling?! Komm schon, sag’s mir!“   Er rannte auf den Uchiha zu, wirbelte ihn an der Schulter herum und packte ihn am Schlafittchen   „Sag mir, dass ich nur dein dämliches Spielzeug sein soll, du Arsch! Sag mir, dass dich selbst der Gedanke an zwei Kerle anekelt und leb mit den beschissenen Konsequ-mhmm!“   Sein Geschrei wurde von den Lippen des Schwarzhaarigen unterdrückt, die sich gierig auf seine pressten.   Er versuchte, den Größeren von sich zu schieben, aber der hatte seinen Körper wie ein Schraubstock umfasst, er versuchte, das Gesicht abzuwenden und schon hielt ihn eine Hand am Kinn fest. Er biss Sasuke fest auf die Unterlippe, bis er den metallischen Geschmack von Blut im Mund hatte, doch die einzige Reaktion die er dafür erhielt, war ein erregtes Stöhnen.   Ein Stöhnen von Sasuke Sexy Uchiha, während der mit ihm, Naruto, rumknutschte!   Das ließ Narutos letzten Widerstand dahinschmelzen und er nutzte Sasukes geöffneten Mund aus, um frech mit seiner Zunge hineinzuschlüpfen und ihn in einen heißen Zungenkuss zu verwickeln. Schon an Sasuke Geburtstag hatte ein weniger leidenschaftlicher Kuss diesen erregt, wär doch gelacht, wenn er das nicht noch mal schaffte und dieses Mal würde er den Uchiha nicht einfach abhauen lassen!   Probeweise drückte er seinen Unterleib an Sasuke und musste seinerseits stöhnen, als er dessen Härte spürte.   Schwer atmend löste Sasuke den Kuss und sah seinem besten Freund in die azurblauen Augen.   „Lass uns… reingehn.“ Seine Stimme klang rau, voller Verlangen und Naruto folgte ihm beinahe anstandslos.   „Aber Sasuke… Das waren total ernste Vorwürfe, echt jetzt, die kannst du nicht einfach -“   Schon wurde er mit diesem anbetungswürdigen Körper an die Haustür gepresst und im wahrsten Sinne des Wortes um den Verstand geküsst.   Sasuke erwiderte die unwillkürlichen Bewegungen seines Beckens mit seinem eigenen, dann beugte er sich vor, um ihm ins Ohr zu flüstern: „Denkst du… wir schaffen’s jetzt… ohne Vorwürfe in mein… Zimmer?“   Naruto nickte und zog ihn gleichzeitig am Nacken zu sich runter, um ihn abermals zu küssen.   Irgendwann schafften sie es dann aber doch, soweit die Finger voneinander zu lassen, dass Sasuke die Tür aufschließen und sie hastig aus ihren Schuhen schlüpfen konnten – und den Weg ins Schlafzimmer fanden sie auch, ohne hinsehen zu müssen.   Dann standen sie endlich dort, wo Sasuke ihn schon den ganzen Abend haben wollte, vor seinem Bett – und er wurde plötzlich unsicher. Eigentlich müsste er sich wohl nun erklären, müsste… sagen, dass sich seine Gefühle geändert oder besser gesagt: er sich ihrer bewusst geworden war, aber das würde doch garantiert die Stimmung versauen, wenn Naruto überhaupt die Geduld aufbringen würde, zuzuhören… Und auf der anderen Seite hatte er doch keinen Plan, wie das mit einem anderen Mann funktionierte und er wollte nichts falsch machen, Naruto nicht weder verschrecken -.   Der Blonde hatte ganz offenbar keine solchen Hemmungen, denn er schubste ihn mit einer Hand aufs Bett und kniete sich dann triumphierend grinsend über ihn. „Du hast keine Ahnung, wie sehr mich das anmacht, dich endlich unter mir zu haben…“   Sasuke schluckte trocken. Er hätte nie gedacht, mal so über einen anderen Typen zu denken, aber Naruto war verflucht sexy! Und er wollte ihn…   „Und was willst du jetzt mit mir machen?“ Langsam hob er eine Hand, schob sie unter Narutos T-Shirt und fing an, mit sanften Bewegungen dessen Bauch und Brust zu streicheln.   Der Uzumaki stieß eine Mischung aus Stöhnen und Knurren aus und beugte sich endlich runter, um ihn wieder zu küssen, sein Kinn zu küssen, seinen Hals… Ungeduldig schob Sasuke Narutos Knie weg, denn Küssen war ihm schon viel zu wenig. Er wollte ihn spüren, verdammt!   Naruto verstand den Wink und legte sich vorsichtig auf ihn. Beide stöhnten ungehemmt, als sich ihre Erektionen wieder berührten, aber da war immer noch zu viel Stoff im Weg, viel zu viel…   Entschlossen schob Sasuke Narutos Shirt hoch und der löste sich kurz von dem verführerischen Hals des Schwarzhaarigen, um es sich über den Kopf zu ziehen.   Ein wenig nervös und ein wenig stolz auf seine Wirkung auf den Uchiha bemerkte er dessen Blick, der hungrig über seinen nackten Oberkörper wanderte. „Gefällt dir, was du siehst?“, fragte er leise und biss sich auf die Unterlippe.   „Mh.“ Sasuke stützte sich mit den Armen auf und bedeckte seine Brust mit federleichten Küssen. Naruto seufzte süß und schloss die Augen.   So lange hatte er sich das schon gewünscht. Und auch wenn er nicht verstand, wie es jetzt wirklich geschehen konnte, auch wenn es morgen nur noch schmerzvoller sein würde, in der Realität aufzuwachen, wollte er das um keinen Preis abbrechen.   Der Uchiha nutzte seine offensichtliche geistige Abwesenheit dazu aus, ihre Positionen zu wechseln. Frech grinste er auf seinen Freund hinab. „Jetzt versteh ich, was du meinst.“   Naruto drückte sein Becken hoch, um mehr Kontakt zu bekommen, mehr Reibung, aber es war zu wenig. Zu wenig!   „Zu viel Kleidung“, beschwerte er sich halbherzig, unterbrach seine Bewegung jedoch nicht und zupfte auffordernd an Sasukes Oberteil. Damit erreichte er jedoch so ziemlich das Gegenteil von dem, was er wollte, denn der Schwarzhaarige stand plötzlich auf.   Verunsichert richtete der Blonde sich ein Stück auf, da nestelte Sasuke schon an seiner Hose herum und zog sie ihm im nächsten Moment von den Beinen. Naruto wurde rot, als er ganz automatisch seine Boxer festhielt. Sasuke grinste nur und begann, sich selbst auszuziehen.   Schade eigentlich, dass er nicht helfen durfte, aber dazu würde es ja hoffentlich noch mehr Gelegenheiten – nein, würde es nicht, aber das war nichts, von dem er sich gerade jetzt ablenken lassen wollte.   Geschwind nutzte er den Moment, um sich auch noch die Socken auszuziehen, weil er gehört hatte, dass die abtörnend  sein sollten. Wer hatte das noch gleich gesagt? Ach, auch egal, als Sasuke dann wieder über ihm war, warm und schwer, weil er nicht zuließ, dass der Uchiha sich nicht mit dem ganzen Gewicht auf ihn legte – er wollte ihn spüren, verdammt!   Und es fühlte sich so verdammt gut an, die nackte Haut endlich auf seiner zu spüren und sich gegeneinander zu bewegen, keinen gemeinsamen Rhythmus findend, weil er keiner von ihnen sich anpassen wollte und das sanfte, unsichere Streicheln an seiner Hüfte und knapp unter dem Bund seiner Boxer brachte ihn fast um den Verstand…   Sasuke wusste nicht, was er sich eigentlich vorgestellt hatte, aber bestimmt nicht, dass es so ungezügelt sein wurde, so gänzlich von Trieben geleitet, so einfach. Er musste einfach nur seinen Verstand abschalten und fühlen.   … Naruto knetete fest seinen Hintern und er wollte etwas dagegen sagen, aber es fühlte sich so verdammt gut an und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und-.   Schließlich lagen sie schwer atmend sie da, Naruto hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen. Glücklich hätte Sasuke den Gesichtsausdruck wohl genannt, wenn er nicht gewusst hätte, dass es ‚befriedigt‘ war.   Unsicher sah er auf den Jüngeren hinab und verlagerte sein Gewicht, um ihm nicht zu schwer zu werden. Jetzt war es eigentlich an der Zeit, mal was zu sagen, nicht? Aber nach dem… nach dem gerade, würde es doch vollkommen falsch rüberkommen, jetzt von Gefühlen zu reden, oder?   „Naruto… Ich…“   Die azurblauen Augen öffneten sich langsam und sahen ihn so liebevoll, glücklich – befriedigt! – an und er verlor den Mut.   „Ich… bin mal eben im Bad.“   Geradezu panisch sprang er auf und eilte aus dem Raum. Wie bei einer kaputten Schalplatte, gab es in seinem Kopf immer nur den einen Gedanken und allein dabei fing sein Herz schon zu rasen an.   Sag es ihm. Sag es ihm! Sag ihm, dass du ihn liebst!   Notdürftig säuberte er sich mit einem nassen Lappen und versuchte, sich zu beruhigen.   Okay. … Okay, ich mach’s. Echt jetzt!   Da schlich sich schon wieder ein kleines Lächeln auf sein Gesicht und er konnte wieder normal atmen. Es war schließlich nur Naruto, nicht? Einfach nur Naruto, den er seit Ewigkeiten kannte, sein bester Freund. Eigentlich konnte doch gar nichts schiefgehen.   Also ging er mit neuer Entschlossenheit zurück in sein Zimmer – und blieb verdutzt im Türrahmen stehen. „Eingeschlafen… Tss, typisch.“   Dann sag ich’s ihm eben morgen. Bei einem gemeinsamen Frühstück, nachdem wir duschen waren… hm… ob einzeln oder zu zweit kommt wohl auf meinen Mut an… … Naruto, was machst du nur aus mir?   Zufrieden mit diesem Kompromiss legte er sich zu seinem Liebsten, zog die Decke über sie beide und kuschelte sich an ihn.   Und auch wenn es total kitschig und einfach un-Sasukeartig war, konnte er nicht widerstehen, die drei Worte in die Finsternis zu flüstern.   „Ich liebe dich.“   Auf dass sie Naruto auch im Schlaf noch erreichen mochten.   Dann schloss er zufrieden die Augen und folgte ihm ins Land der rosaroten Träume…   ~*~Flashback Ende ~*~   Jetzt lag er hier, mit dem Kissen über seinem Gesicht und sich selbst verfluchend. Vor einigen Minuten war er davon geweckt wurden, dass seine Haustür zugeknallt worden war und er hatte gespürt, wie Narutos Chakra sich in rasenden Geschwindigkeit von seinem Grundstück entfernt hatte.   Verdammt!   Verdammt, verdammt, warum, verdammt noch mal, hatte er nichts gesagt?!   Warum machte er immer alles falsch und warum ging immer alles schief, wenn es am schönsten war und – „Verdammt!“   Er musste mit Naruto reden. Ihm sagen, dass -. Ihm… Ihm sagen, dass er ihm wichtig war, ihm sagen, dass das kein Spiel für ihn gewesen war, ihm sagen -.   Er konnte nur hoffen, dass Naruto ihm nach dem Abend und den vielen Vorwürfen, auf die er nicht eingegangen war,  auch zuhören würde.   Ich… Wir haben jetzt so viel zusammen durchgemacht, du kannst mich jetzt nicht abweisen! Naruto, bitte nicht! Ich… brauche dich. … Ich liebe dich… … Kapitel 6: Ein Schauspiel für zwei (und alle anderen) ----------------------------------------------------- 6. Ein Schauspiel für zwei (und alle anderen) „Ich übertreibe?! Ihr habt doch keine Ahnung!“ „Wie denn auch, wenn du nicht mit uns redest?“ „Was soll das denn jetzt noch bringen? Sasuke ist immer noch ein Arsch, ich bin wieder mal auf ihn reingefallen und jetzt geb ich auf – Ende der Geschichte.“ „Aber Naruto Uzumaki gibt niemals auf!“ „Genau, du kannst doch nicht einfach abhauen, nur weil-“ „Ich kann und werde! Versucht nicht, mich aufzuhalten!“ „Naruto…“ Versöhnlich legte Hinata ihm eine Hand auf den Arm. „Wir wollen doch bloß helfen.“ „Ach ja?“ Skeptisch musterte er die drei Mädchen. „Und warum versuchst du dann, ein Grinsen zu verstecken? Dafür, dass ihr helfen wollt, habt ihr eindeutig zu viel Spaß an meinem Leid!“ Ino rollte genervt mit den Augen. „Jetzt hör aber auf. Dieses wehleidige Gejammer ist ja nicht mehr auszuhalten…!“ „Pfff... Musst du gerade sagen! Nur weil du jetzt – durch meine Hilfe! – glücklich vergeben bist…“ Mit einer brüsken Geste schüttelte er Hinata ab und machte sich wieder daran, seinen Rucksack zu packen. Er ließ sich doch von den Mädchen nicht in seinen tollen Plan reinreden! Nicht, wenn Sasuke sich doch irgendwann eine von aussuchen würde! Na gut, vielleicht nicht unbedingt eine von ihnen drei, immerhin waren zwei von ihnen glücklich vergeben und mit Sakura hatte er ja noch nie was anfangen können, aber… Es ging hier ums Prinzip, verdammt! „Von wegen ‚durch deine Hilfe‘! Shikamaru hat sich eben in mich verliebt, da musste ich nicht nachhelfen und ihn mit einem billigen Ersatz eifersüchtig machen…“ „… D-Das ist ja wohl-! Du-“ „Mädels!“, durchschnitt Sakuras Stimme scharf die aufgeladene Stimmung. „Kein Grund, hier ausfällig zu werden!“ „‚Mädels‘?!“ Das Wort entschlüpfte als vor Wut und Empörung zittriges Kieksen Narutos Kehle. „Und mich als Mädchen zu bezeichnen zählt nicht unter ‚ausfällig‘, oder wie?!“ „Sehr unklug, mit drei Mädels im Raum gegen uns zu hetzen, Naruto, sehr unklug!“ „Wir zeigen dir gleich-“ „Hört auf!“ Hinata erreichte mit ihrer Aufforderung gerademal Narutos normale Lautstärke, aber dass sie sich überhaupt so energisch zu Wort meldete, reichte schon, um die anderen verstummen zu lassen. „Wir wollten Naruto doch aufbauen, nicht noch mehr runterziehen.“ Betreten murmelten Ino und Sakura eine Entschuldigung, während Naruto sich ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen konnte, bevor die Hyuuga sich ihm wieder zuwandte. „Trotzdem haben die beiden nicht Unrecht, du solltest wirklich-“ „Lalala, lalalalalala! Ich kann dich gar nicht hören!“ Laut und schief vor sich hinjaulend verschwand der Uzumaki samt Rucksack im Bad. Die Mädchen tauchten einen resignierten Blick. Blieb bloß zu hoffen, dass die wiederholte Enttäuschung Naruto nur kurzweilig zurück in sein altes kindisches Ich zurückversetzt hatte. Die stetigen Weiterentwicklungen der letzten Wochen waren definitiv zu angenehm gewesen, um nun wieder seine gewohnte Art ertragen zu können. Keine Minute später kam er zurück und sah sich ein letztes Mal in der Wohnung um, dann öffnete er mit geschultertem Rucksack die Eingangstür. „Also ich geh jetzt. Wenn ich euch nicht einschließen soll…“ Er wäre beinahe froh gewesen, dass seine drei Gäste dem Rausschmiss ohne Widerworte folgten – hätten Ino und Sakura die Diskussion nicht nahtlos wieder aufgenommen. „Ganz genau, wir haben nicht Unrecht, wir wissen nämlich wovon wir reden!“ „Immerhin sammeln wir seit Jahren jede kleinste Info über Sasuke-kun, wir wissen, dass er ganz bestimmt nicht auf Zicken und Melodramatik steht, egal ob männlich oder weiblich.“ „Dafür schmachtet ihr ihm aber schon ganz schön lange hinterher!“ Kopfschüttelnd folgte Hinata ihren Freunden. Sie würde diesen Trubel um Sasuke Uchiha wohl nie verstehen… *** Ruhelos suchte Sasuke immer wieder den Blick zur Uhr, während er hastig und in kleinen Bissen sein Essen genoss. Tick, tick, tick, tick, tick… Die Zeit rannte ihm davon, aber das Frühstück war die wichtigste Mahlzeit des Tages und Schlingen war höchst ungesund… Andererseits ging es hier um Naruto, den wahrscheinlich impulsivsten Ninja aller Zeiten und jede verstrichene Sekunde könnte ihn zu einer kopflosen, völlig übertriebenen Handlung verleiten; er kannte ihn doch… Hatte ihn gekannt… Heutzutage war er ein anderer, vielleicht fühlte er ja gar nicht mehr so für ihn, vielleicht war er aus ganz anderen Gründen so plötzlich aufgebrochen, hatte einen frühen Auftrag vergessen oder ähnliches, womöglich war er selbst es, der übertrieb…! Mit lautem Quietschen schob er den Stuhl zurück und eilte ins Bad. Es ging nicht anders, er musste Klarheit zwischen ihnen schaffen, auch auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen… … Aber erst einmal Zähne putzen! *** Keine zehn Minuten später stand er vor Narutos Haustür, mit raschem Puls, den das über-die-Dächer-hierher-Gespringe nicht erklären konnte und mit zurechtgelegten Worten, bereit, dem anderen sein Herz offenzulegen – doch Konohas berühmter Chaosninja war nicht zu Hause. Erleichterung und Enttäuschung durchfuhren ihn gleichermaßen. Gut, dann hatte Naruto wohl doch einen Auftrag zu erledigen und er musste noch keinen Seelenstriptease hinlegen. Dabei hatten sie sich jetzt doch schon wochenlang immer Bescheid gesagt, bevor sie das Dorf verließen… Missmutig rammte er die Hände in die Hosentaschen und machte sich auf den Weg zum Verwaltungsgebäude. Er hatte doch gewusst, dass irgendwas schief gehen würde, sobald er sein Herz wieder jemandem öffnete! Liebe und er – das passte einfach nicht! Wahrscheinlich war es so das Beste. Bisher waren immer alle Menschen, die er geliebt hatte, gestorben und Naruto hatte schon als bester Freund viel zu oft sein Leben für ihn riskiert… Und eine Beziehung zwischen ihnen würde doch sowieso niemals klappen, immerhin – immerhin… waren sie beide Männer… und… bekamen sich am laufenden Band in die Haare und… und… er selbst war eben einfach ein schwieriger Charakter, das war ihm schon bewusst… Ein stilles, devotes Mädchen, das in ihn verliebt wäre, würde sich da einfach anpassen und ihm seinen Freiraum lassen, aber Naruto… Er musste lachen, aber selbst in seinen Ohren klang das irgendwie verzweifelt… Verdammte Gefühle… *** Es war ein ganz normaler Nachkriegssamstagvormittag in Konoha. Wer arbeiten musste, begrüßte Sonnenschein und erste Gäste mit einem Lächeln, wer frei hatte, machte sich beschwingt an die liegengebliebene Hausarbeit oder packte seine sieben Sachen, um das schöne Wetter zum Spielen und Picknicken an der frischen Luft zu nutzen. Ihnen allen war eines gemein: die Langeweile. Natürlich war man erleichtert, dass der Krieg vorbei war, natürlich war man froh, dass die fünf Großmächte nun friedlich und kameradschaftlich miteinander kooperierten… Aber. Das Volk lechzte nach Neuigkeiten, lechzte nach spannenden Gesprächsthemen…! Und wenn es nur das Liebesleben ihres Nationalhelden betraf… „Naruto gleich mit drei Mädels zu sehen – das wir das noch erleben dürfen…“ „Selbst er muss doch irgendwann erwachsen werden…“ „Na, da will wohl jemand alles nachholen, was er die letzten Jahre verpasst hat…“ „Aber sind die nicht alle vergeben?“ „Sakura nicht. Das war doch schon immer diese Dreiecksgeschichte, dass Naruto in Sakura verliebt ist, sie aber in Sasuke…“ „In den Naruto inzwischen auch verliebt ist – schon vergessen?“ „Ach, da war ja was…“ „Jetzt, wo du’s sagst…“ „Ist aber auch ein komischer Gedanke, nachdem er jahrelang immer nur Mädels im Kopf hatte – und Streiche…“ „Also – wenn ich mich kurz einmischen darf – ich denke ja, dass sie ihn nur wegen gestern aufmuntern wollen…“ „Gestern..?“ „War da nicht dieses Sommerfest?“ „Genau. Meine Tochter war da und meinte, dass die beiden Jungen irgendwann angefangen hätten, sich lautstark auf der Herrentoilette zu streiten und dann durchs Fenster abgehauen wären…“ „Echt?“ „Krass… Warum denn das schon wieder?“ „Von wegen ‚erwachsen werden‘…“ „Ich hab zu dem Zeitpunkt mit anderen Fangirls vor dem Männerklo auf Sasuke-kun gewartet, aber irgendwie hat es nicht viel Sinn gemacht, was wir verstanden haben…“ „Ja?“ „Weil…?“ „Na ja, es hörte sich so an, als wäre Sasuke-kun eifersüchtig und eingeschnappt, weil Naruto sich auf dem Fest zu wenig mit ihm beschäftigt hat… klingt total lächerlich, nicht?“ „Eigentlich gar nicht. Wir haben doch alle die letzten Wochen mitbekommen, was für ein besitzergreifender bester Freund Sasuke sein kann.“ „Nee, ihr versteht das falsch! Er hat das nicht als Kumpel gesagt, sondern als – als, na ja… Verehrer eben. Er hat sogar davon gesprochen, dass der Abend als ihr erstes Date geplant war…“ „Aber Sasuke ist doch gar nicht schwul… Oder soll das ganze Drama vor ein paar Monaten nur gespielt gewesen sein?“ „Deswegen sag ich ja, dass wir irgendwas falsch verstanden haben müssen…“ „Vielleicht hat er ja gerade durch ihre Alibibeziehung und Narutos Outing erst seine eigene wahre Sexualität entdeckt…“ „Und sich dann gerade in unseren Chaosninja verliebt? Na klar…“ „Wer weiß, Sasuke hat doch noch nie Interesse an irgendjemandem gezeigt, vielleicht hat er ja auch einfach ’nen schlechten Geschmack…“ „Das war jetzt aber gemein! Naruto hat sich doch schon voll gebessert und zu ’nem gutaussehenden jungen Mann entwickelt!“ „Und außerdem ziehen sich Gegensätze doch an: Naruto ist frech wie Rotz und Sasuke benimmt sich, als hätt er ’nen Stock im Arsch…“ „Und bei Naruto weiß er wenigstens, woran er ist.“ „… Warum fragen wir Naruto nicht einfach, wo wir schon die ganze Zeit hinter ihm und den Mädels herlaufen?“ „Gute Idee! Naruto kann doch sowieso nichts für sich behalten, da sagt er uns bestimmt, was Sache ist!“ „Da können wir aber auch genauso gut warten, was als nächstes passiert...“ „Hä?“ „Na ist das nicht Sasuke, der da gerade auf unsere Straße abgebogen ist?“ „Klar! Diese Entenarschfrisur erkennt doch jeder!“ „Das kann ja ein Spaß werden!“ „Pscht!“ Einige Meter vor der Gruppe tratschender Bürger redeten Sakura und Ino immer noch emsig auf Naruto ein: „Erklär uns doch wenigstens, was vorgefallen ist!“ „Wir dachten, das wär wie ein heftiges Gewitter. Du weißt schon: vorher ist die Stimmung total geladen und nach dem großen Streit scheint wieder die Sonne und es gibt ‘nen Regenbogen und so…“ „Es ist doch ganz offensichtlich, dass Sasuke-kun auch Gefühle für dich entwickelt hat… „… und jetzt willst so kurz vorm Ziel aufgeben?!“ „Dabei haben wir ihn doch extra dazu gebracht, dich an seinem Geburtstag zu küssen, damit er sich seine Gefühle für dich endlich eingesteht…“ „… aber anscheinend hat das noch nicht-“ „Ihr hab das absichtlich gemacht?! Na herzlichen Dank auch, dass ihr mir eine tolle, vielversprechende Beziehung dafür versaut habt, dass Sasuke vielleicht doch endlich anfängt, mehr als einen Freund in mir zu sehen!“ „Von wegen vielversprechende Beziehung. Der Typ war ein billiger Ersatz für Sasuke-kun und deshalb war es unsere Pflicht als Freunde, euch einen Schubs in die richtige Richtung zu geben.“ „Selbst wenn. Das ändert nichts.“ „Das… ändert nichts?“ „Nö. Sasuke ist kein Gefühlsmensch wie ich. Selbst wenn er Gefühle entwickelt hat, wird er sie einfach wie üblich abtöten und weiter auf die perfekte Frau warten, um seinen blöden Clan wieder aufzubauen. Ende der Geschichte.“ „Magst du uns nicht trotzdem erzählen, was gestern passiert ist?“, hakte Hinata behutsam nach. „Was schon?“, antwortete er leichthin auf ihre Frage. „Ich hab ihm meine Vorwürfe an den Kopf geknallt und bin ihm gefolgt und statt mir zu antworten, hat er mich geküsst und schließlich sind wir zusammen in seinem Bett gelandet.“ „In… i-in seinem Bett?!“, kreischten Sakura und Ino einstimmig. „Neiiin, schalt das Kopfkino ab!“ „Ich glaub, mein Fangirl-Herz überlebt es nicht, mir Sasuke-kun mit einem anderen Kerl vorzustellen!“ „Sasuke-kun, wie konntest du nur?! Wir hätten doch alles für dich getan! Alles!“ „Hey, Ino, du hast doch Shikamaru, also hör auf, immer noch Sasuke-kun hinterher zu schmachten!“ „Man wird ja wohl noch träumen dürfen! Wobei Sasuke-kun sich nie für dich entscheiden würde, bei der Riesenstirn und so flachbrüstig, wie du bist!“ „Ach ja? Ganz offensichtlich steht er ja nicht auf Riesenmöpse, du -“ „Sakura, kann es wirklich sein…“ „… dass wir ihn verloren haben?“ „Ach, Sasuke-kun…“ Langsam wandte Naruto den Kopf nach hinten und blitzte die beiden finster an. „Tolle Freunde seid ihr! Und ich kann euch beruhigen: Er hat mich nur geküsst, um mich zum Schweigen zu bringen, bevor meine Vorwürfe doch noch sein verkümmertes Gewissen erreichen konnten. Außerdem ist nicht wirklich was passiert. Natürlich nicht. Er ist nicht schwul. Es war eben einfach wie bei eurem tollen ‚Gewitter-Vergleich‘: Die Stimmung war geladen und wir sind eben beide nur Kerle…“ Er zuckte mit den Schultern. „Also haben wir auf unsere Weise Druck abgelassen und fertig. Das hatte nichts mit irgendwelchen Gefühlen zu tun. Nicht von seiner Seite aus.“ Er grinste bei dem Anblick, wie Sakura und Ino das Gesicht verzogen, als ihre Vorstellungskraft unbarmherzig wieder zuschlug. „Ihr Mädels seid viel zu gefühlsduselig, echt jetzt…“ „Und warum willst du dann abhauen, wenn du doch so über deinen Gefühlen stehst?“, hakte die Blonde herausfordernd nach. „Das hab ich nicht gesagt. Ich meinte bloß, dass ich mir nicht noch mal so ‘ne falschen Hoffnungen machen werde. Ich weiß, dass es nicht mehr als das zu bedeuten hat und deswegen geh ich, um mich nicht noch mehr zu blamieren.“ „Ist es wirklich nötig, dass du dafür fortgehst, Naruto?“ Sakura klang ehrlich betrübt. „Ich meine, damals nach deiner großen Racheaktion, Sasuke zurückzuouten bist du doch auch geblieben, auch wenn du ihn eigentlich nie wieder sehen wolltest. Gibt es keinen anderen Weg…?“ Die unbemerkten Zuhörer sahen sich erstaunt an. Ihr Held wollte das Dorf verlassen? „Du tust ja gerade so, als wär ich dann gänzlich von der Welt verschwunden, dabei ist das doch bloß ei-“ „Naruto!“ Endlich machte der schwarzhaarige Schatten, der der kleinen Gruppe schon seit geraumer Zeit folgte, auf sich aufmerksam. Naruto warf lediglich mit seinem typisch breiten Grinsen einen Blick über die Schulter, ohne stehen zu bleiben. „Heeey, Sasuke! Du, tut mir echt leid, aber ich hab grad überhaupt keine Zeit -“ „Du -! … Du gehst?“ Die Frauen in der Menge verzogen bei dem offensichtlichen Schmerz in Sasukes Stimme mitfühlend das Gesicht. „Ja.“ „… Aber- …. Können wir vorher reden?“ „Ich wüsste nicht, worüber.“ Das Ganze bot eine äußerst skurrile Situation: Naruto Uzumaki wies einen geradezu flehenden Sasuke Uchiha eiskalt auf der Straße ab – finde den Fehler. Inzwischen hatten auch andere Passanten bemerkt, was vor sich ging, und schlossen sich der Gruppe unbeteiligter Zuschauer an, sodass die für gewöhnlich belebte Marktstraße allmählich verstummte. Gebannt beobachtete man, wie die Schritte des Uchihas immer langsamer wurden, während er um die richtigen Worte zu ringen schien. „Ich… Ich hab nie nur mit dir gespielt. Ich wusste nicht -. … Ich hab dir immer die Wahrheit gesagt, auch wenn ich dich damit verletzt habe. Damals dachte ich wirklich, ich könnte nie… Gefühle dieser Art für einen anderen Mann entwickeln. Aber ich hab mich getäuscht.“ Inzwischen war es stehen geblieben und auch Naruto hielt endlich an, als er das Erstaunen in Sasukes Stimme hörte, und drehte sich dabei automatisch zu ihm um. Atemlos imitierten die anwesenden Fangirls den forschenden Blick des Blonden auf das Gesicht des anderen. Schließlich musste man sich doch selbst überzeugen, ob er es wirklich ernst meinte…! „Ich habe Gefühle… Für dich.“ Daran zweifelte niemand. Ein kollektives Aufseufzen ging durch die Menge, als eine jede Sasukes Blick ganz auf sich allein fixiert sah, ein Blick voller Wärme, voller Zärtlichkeit… Die restlichen Zuschauer waren einfach nur überrascht, dass Sasuke wirklich wieder jemanden – respektive: Naruto – so ansehen konnte… Es war ein Blick, der die reale Welt ausblendete. Ein Blick, der eine neue Welt schuf, nur für sie beide, weil sie niemand anderen in ihrem Leben brauchten. Ein Blick, der sagte: –. „Ich liebe dich auch, Sasuke-kun…“, wisperten zahlreiche Mädchenstimmen ergriffen in die Stille hinein und schon ging das große Gezeter los, dass die versteckte Liebeserklärung doch gar nicht dieser und jener Tussi gälte, sondern natürlich einem selbst! Die erbosten Rufe, dass sie gefälligst leise sein sollten, ignorierend verstummten sie dann doch endlich, als Sasuke weitersprach. Denn natürlich durfte man kein Wort verpassen! „Ich hab mir eingeredet, es wär nur die Eifersucht eines besten Freundes, der zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, aber… es war mehr. Du hattest Recht. Ich hatte eine scheiß Angst, dich zu verlieren. … Hab ich immer noch. Aber nicht nur als Freund.“ Diejenigen, die besseres zu tun hatten, als Sasuke-kun anzuschmachten und verwirrt die Stirn zu runzeln, als man sich wunderte, warum einem entgangen war, dass er einen selbst als besten Freund ansah, oder auch verliebt vor sich hinzugrinsen, wenn einem diese Unstimmigkeit gar nicht erst auffiel, diejenigen betrachteten Naruto mit einem stillen Lächeln. Denn der starrte sein Gegenüber absolut sprachlos und überrumpelt an, als versuchte er, sich jede Einzelheit dieser unerwarteten Situation einzuprägen, als könnte er nicht glauben, was er da hörte (konnte er wahrscheinlich auch nicht), als versuchte er zu verstehen –! „Ich möchte mit dir zusammen sein, Naruto. Ich… Ich weiß nicht, ob es wirklich klappt und ich weiß, ich hab viele Fehler gemacht… Ich erwarte nicht, dass du mir sofort verzeihst, aber – bitte – wenn du mich noch –, wenn du noch Gefühle für mich hast, dann… gib mir noch ein Chance!“ Fassungslos starrte Naruto ihn an, anscheinend unfähig, das Gehörte zu verarbeiten und darauf zu reagieren. Seine Gedanken, die sich immer nur im Kreis drehten, waren deutlich auf seinem Gesicht zu lesen: Das kann nicht wahr sein. Das ist nur ein wunderschöner Traum und gleich wache ich auf und –. Hinter ihm schniefte jemand herzzerreißend und er bekam einen Schubs Richtung Sasuke. „Naruto, du Idiot, jetzt sag endlich was!“ Blinzelnd kam er wieder zu sich und drehte sich mit säuerlicher Miene zu seinen Freundinnen um. „Ihr zwei! Warum heult ihr eigentlich, wenn die Worte doch für mich waren?! Für mich ganz allein, ihr hättet die gar nicht hören sollen, ihr doofen -“ „Naruto!“ Sakura und Ino sahen ihn mit tränennassen Gesichtern verzweifelt an und nickten zu Sasuke, als könnten sie es nicht ertragen, dass er ihn weiterhin ohne eine Antwort da stehen ließ. Unsicher wandte Naruto sich wieder zu seinem besten Freund um. Was sollte er schon darauf antworten? Er hatte schließlich gerade noch gesagt, dass es nichts ändern würde, wenn der Uchiha tatsächlich Gefühle für ihn entwickelt haben sollte, und Inkonsequenz war wahrlich nichts, was man dem Blonden vorwerfen könnte… Aber er hatte wohl auch niemals mit so was gerechnet… Sasuke stand immer noch an der gleichen Stelle und sah ihn an, aber sein Blick hatte irgendwie etwas Verzweifeltes bekommen. Außerdem schien er selbst auch durch die Einmischung der Mädels wieder zu sich gekommen zu sein, denn inzwischen machte seine Körpersprache deutlich klar, dass es ihm sehr unangenehm war, diese Angelegenheit hier auf der Straße zu klären und seine sonst so blassen Wangen zierte – oh Wunder! – sogar eine leichte Röte. Verwundert sah der Uzumaki sich um und bemerkte jetzt erst, dass sie von einer Menschenmenge umkreist waren, die sie in gespannter Stille beobachtete – und nicht wenige Frauen hatten ebenso wie Sakura und Ino ihre Taschentücher gezückt. Verlegen räusperte er sich und kratzte sich am Hinterkopf. „Öhm… Entschuldigung angenommen.“ Ein teils erleichterter, teils frustrierter Seufzer ging durch die Ansammlung. „Das ist alles?!“ „Jetzt sag ihm doch, dass du ihn auch liebst!“ „Lass den armen Jungen doch nicht so stehen!“ Naruto verzog das Gesicht. Was gab es Schöneres, als das eigene Liebesleben live vor dem Dorf ausgebreitet zu sehen. Na gut. Sie wollten eine Antwort? – Konnten sie haben! Er lächelte Sasuke schief an. „Okay, vielleicht ändert es doch ein bisschen was. Lass uns drüber reden, wenn ich wieder da bin, ja?“ „…?!“ „Hat er gerade gesagt ‚Wenn ich wieder da bin‘?!“ „Er will immer noch gehen?!“ „Naruto, das kannst du doch nicht machen!“ „Naruto!“ „Naruto, du Idiot!“ Grollend versuchte er die Menschenmenge auszublenden. Berühmt zu sein, konnte manchmal echt anstrengend sein…! „Sasuke?“ Der Schwarzhaarige sah schockgefroren aus und Naruto machte kurzerhand einen Schritt auf ihn zu und wedelte mit einer Hand vor seinem Gesicht rum. „Huhu! Jemand Zuhause?“ „Du… willst immer noch gehen?“ Die Stimme des Uchiha klang traurig, geschockt, verzweifelt und Naruto wurde mal wieder wankelmütig in seiner ach so felsenfesten Entscheidung… Schräg hinter ihm kicherte jemand erst leise, dann wurde das Kichern zu einem offenen Lachen. „Hahaha… Naru-haha, Naruto… haha, jetzt sag ihm schon… haha, dass es nur eine Trainingsreise wird!“ „Eine… Trainingsreise?“ Verlegen grinste der Blonde seinen Freund an. „Jupp. Hast ja nicht nachgefragt, warum ich eigentlich gehen will… Ich dachte, wenn ich für zwei, drei Jahre mit dem notgeilen Eremiten auf ‘ne Trainingsreise gehe, vergess ich dich vielleicht… Auch wenn ich keine Ahnung hab, woher Hinata das eigentlich weiß….“ Zum Schluss wurde seine Stimme immer leiser und bedrohlicher und sein Kopf wandte sich zu seiner langjährigen Bewunderin um, die sich immer noch nicht wieder beruhigt hatte. Nun versuchte sie, ihn unschuldig anzulächeln, aber das Zucken ihrer Mundwinkel verriet sie. „Ehrlich, Naruto, wie lange kennen wir uns jetzt schon? Ich würde dir niemals glauben, dass du Konoha wirklich verlässt. Und als du gesagt hast, dass du zu Jiraiya willst, war klar, dass du ihn bitten willst, dich auf eine neue Trainingsreise zu begleiten.“ Ihr Lächeln wurde das leicht spöttische einer großen Schwester, die man einfach nicht austricksen kann und er hätte sich nicht gewundert, wenn sie ihm durchs Haar gewuschelt hätte. „Du bist so leicht zu durchschauen…“ „Und dir scheint Neji etwas zu gut zu tun…“, maulte der Blonde. War ja toll, dass sie inzwischen endlich mehr aus sich rauskam, aber seine schöne Täuschung war dahin und jetzt fingen auch noch alle aufgeregt an zu tuscheln und gingen die verschiedensten Möglichkeiten durch, inwieweit Sasuke nun wohl doch eine Chance hätte… Naruto rollte genervt mit den Augen. Langsam wurde das echt lästig… Aber wenigstens schien es bei den Schaulustigen auch endlich klick zu machen, dass Sasuke Uchiha gerade einem Jungen seine Gefühle gestanden und sich somit (zum zweiten Mal) geoutet hatte und Mutmaßungen über die Ernsthaftigkeit seiner Worte mischten sich unter das Stimmengewirr. Anscheinend war Naruto nicht der Einzige, dem das auf die Nerven ging, denn neben sich hörte er den Uchiha leise murren: „Ganz ehrlich, warum müssen wir meine sexuelle Orientierung eigentlich immer in der Öffentlichkeit klären?“ „Es würde kein ‚immer‘ geben, wenn du dich einfach mal entscheiden würdest…“ Die beiden ungleichen Freunde sahen sich in die Augen, unbemerkt von der diskutierenden Menge und für einen kurzen Moment hatte Naruto wieder dieses unglaubliche Gefühl, ein Leben zu zweit wäre alles, was sie bräuchten… „Hab ich doch längst…“ Sasuke lächelte ihn leicht an; Naruto schluckte. Da legte ihm Ino von rechts eine Hand auf die Schulter und Sakura lehnte sich mit verschränktem Armen auf die linke. Beide Mädchen grinsten ihn breit an. „Du hast da wohl was Wichtiges vergessen, Naruto…“ „Du bist kein Kind mehr, das einfach so abhauen kann.“ „Als Jo-nin und fest angestellt müsste Tsunade dich aus dem Dorf verbannen, wenn du dir einfach eigenmächtig ‚Urlaub‘ nehmen würdest.“ „Sie müsste schon bewilligen, dass du die Reise machen darfst…“ „… und das wird sie niemals tun, weil du zu wichtig für das Dorf bist…“ „… und weil sie froh sein wird, dass der ganze Stress mit euch beiden so einfach zu klären ist.“ „Also gib jetzt einfach auf, verzeih Sasuke-kun und werdet glücklich…“ „… Hast du das gerade echt gesagt?!“ „Natürlich hab ich das gesagt, Großstirn! Naruto hat es doch verdient, endlich glücklich zu sein!“ „Du hast gut reden, du hast ja auch Shikamaru! Und was soll aus uns Fangirls werden, wenn Sasuke-kun jetzt doch vergeben ist…?“ „Dann macht doch einen ‚Sasuke-kun&Naruto‘-Fanclub draus! Und überhaupt: freu dich doch mal für Naruto!“ „Ich freu mich ja! Aber Sasuke-kun… Und ‚Sasuke-kun&Naruto‘ ist viel zu lang! Gibt’s nicht irgendeine Abkürzung…? ‚SasuNaru‘ vielleicht… Das muss ich mal mit den Mädels besprechen…“ Energisch stieß der Uzumaki die beiden von sich und trat einen Schritt nach vorn. Ihnen beim Diskutieren zuzuhören, war ja schon anstrengend, aber mit dem eigenen Kopf mittendrin war das überhaupt nicht auszuhalten! Dafür stand er jetzt ganz dicht vor Sasuke und nur noch ein Neigen ihrer Köpfe trennte sie vor einem Kuss… Die erwartungsvolle Spannung der Zuschauer war geradezu greifbar und beide Jugendliche liefen rot an. „Äh… I-Ich geh dann mal zu Tsunade und frag sie wenigstens nach ‘nem längeren Auftrag. Jetzt hab ich extra meine Sachen gepackt und so, da kann ich nicht einfach wieder nach Hause gehen…“ Mit diesen Worten wich er ein Stück zurück und ging dann an Sasuke vorbei, der schweigend seine Hand nahm und ihm folgte. Naruto schüttelte ihn nicht ab. Er dachte kurz darüber nach – immerhin sollte Sasuke nicht glauben, dass jetzt wieder alles Friede, Freude, Ramen wäre! – aber eigentlich war es doch ganz schön händchenhaltend mit Sasuke Uchiha durch die Straßen zu laufen… Nur das Geschnatter der Menschenmenge, die ihnen folgte und dabei immer größer zu werden schien, nervte. Und die Blitzlichter der Fotoapparate waren etwas irritierend, denn es war ja mitten am Tag und durch die lange Belichtungszeit, die die Bilder immer noch benötigten, würden sie beim Laufen sowieso keine ordentlichen Fotos schießen können… So zog die wachsende Prozession quatschend, diskutierend und die Hinzukommenden auf den neuesten Stand der Dinge bringend durch die Straßen Konohas bis zum Verwaltungsgebäude. Nur Naruto und Sasuke schwiegen beharrlich. Doch während der Uchiha befand, dass er vorerst genug gesagt hatte und dem anderen Zeit zum Nachdenken geben sollte, musste der Uzumaki sich regelrecht zwingen, die angespannte Stille um seiner Glaubwürdigkeit willen aufrechtzuerhalten. Sasuke hatte ihn mal wieder wirklich verletzt und enttäuscht und er würde ihm nicht einfach so wieder vergeben! … Nein, würde er nicht! Jetzt beweis mal ein bisschen Selbstkontrolle und Stolz, Naruto! Schließlich kamen sie schweigend und in ihre eigenen Gedanken versunken an ihrem Ziel an. Wortlos nahm Sasuke Naruto den Rucksack ab (der Blonde konnte den Gedanken nicht vermeiden, dass er auf diese Weise daran gehindert wurde, einfach ohne Abschied das Dorf zu verlassen) und lehnte sich an die Außenmauer. „Ich werde auf dich warten.“ Naruto, der schon durch die Eingangstür getreten war, die ihm von den Wachen geöffnet worden war, drehte sich noch einmal um. Sasukes Worte schienen keine große Bedeutung zu haben und umso weniger, da sich auch ein Großteil der Schaulustigen ganz offensichtlich zum Warten bereit machte, aber der Uzumaki wusste: Hätte Sasuke wirklich nur gemeint, dass er auf ihn warten würde, bis er wieder aus dem Gebäude kam, hätte er sich die Worte gespart. Naruto lächelte glücklich und spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte, dann fiel die Eingangstür mit einem dumpfen Knallen vor ihm zu. *** Sasuke hasste es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, und dieser Vormittag trieb ihn mal wieder an den Rand seiner Geduld. Nicht nur, dass seine – Was eigentlich? Entschuldigung? Verkappte Liebeserklärung? – so öffentlich gewesen war, nein, die Leute folgten ihnen auch noch und viele ließen sich sogar ebenfalls zum Warten vor dem Verwaltungsgebäude nieder. Und nicht nur das: Einige hatten sogar Picknickkörbe dabei, immerhin war Samstag, und entschieden wohl, dass es hier spannender wäre, als sich irgendwo auf eine Wiese zu setzen. So war ein Großteil des Eingangsbereiches von auf interessante Neuigkeiten hungernden Passanten besetzt, was von den Wachen misstrauisch beäugt wurde. Doch sie sagten nichts. Mochte daran liegen, dass die lauten Gespräche einem alle Informationen gaben, die man haben wollte. Und mehr. Und wer Sasuke Uchiha und Naruto Uzumaki sowie deren aktuelle Geschichte kannte, den wunderte wohl gar nichts mehr, selbst wenn es darauf hinauslief, dass der Held des Dorfes, von seinem besten Freund und einer Menschenansammlung begleitet, die Hokage aufsuchte. Sasuke hoffte bloß, dass Naruto sich beeilte, damit er nicht noch Ewigkeiten lang den nervigen Blicken und Kommentaren ausgesetzt war. Aber natürlich tat Naruto ihm nicht den Gefallen. Wahrscheinlich hätte er es sich als kleine, persönliche Racheaktion ausgemalt und sich vorgestellt, wie sich Naruto plaudernd bei einem Tässchen Tee mit der Hokage ins Fäustchen lachte – hätte er ihn nicht gedämpft rumbrüllen und zetern gehört. Sasuke konnte sich gerade noch zusammenreißen, nicht zu grinsen. Na wenigstens hatten die Mädchen Recht gehabt und Tsunade gab nicht so leicht ihr Einverständnis. Hoffentlich blieb sie auch bei ihrer Meinung. Doch soweit er wusste, konnte die gestandene Frau recht gut mit Naruto und seinem hitzigen Temperament umgehen. Ein Gutes hatte es jedenfalls doch, dass der Uzumaki so lange brauchte: Anders als erwartet harrten die Leute nicht geduldig aus und nutzten die Zeit, um erste Gerüchte in die Welt zu setzen, sondern es wurde ihnen doch allmählich langweilig und sie zogen nach und nach in kleinen Grüppchen ab. Na ja, so unverständlich war das eigentlich gar nicht. Immerhin war immer noch Wochenende und solange es gerade um sie beide ging, würde sich sowieso jede kleinste Neuigkeit wie ein Lauffeuer im Dorf verbreiten, da war es relativ egal, ob man selbst dabei gewesen war oder nicht. So stand er fast eine Stunde an die Außenmauer des Gebäudes gelehnt und wartete, bis Naruto mit säuerlich-schmollender Miene wieder herauskam. Da sie inzwischen nur noch von den Wachen beobachtet wurden, gestatte sich Sasuke ein kleines Lächeln, das irgendwie nicht so spöttisch wie sonst werden wollte… „Ich hab dich schreien gehört…“ Grummelnd nahm der Blonde ihm seinen Rucksack wieder ab. „Ich darf nicht. Oma Tsunade meint, sie freut sich, wenn die Probleme mit dir jetzt endlich aufhören.“ Er sah mit zusammengekniffenen Augen zu seinem besten Freund auf, der gar nicht mehr aufhören wollte mit lächeln. Und auch wenn es erleichtert schien – die typisch spöttische Sasuke-Note war immer noch deutlich darin zu erkennen und das ärgerte ihn, immerhin hatte er vorgehabt, sich jetzt schön auf eine längere Reise aufzumachen und zur Abwechslung mal Sasuke zappeln zu lassen… Aber Pustekuchen! Mit einem patzigen „Hmpf“ wandte er sich ab. „Vom gefeierten Helden des Dorfes zum Babysitter des Problemkinds… Dafür darfst du mich jetzt zum Essen einladen!“ Mit einem amüsierten Schnauben nahm Sasuke wieder seine Hand und zog ihn mit sich in eine Seitenstraße, die sie nicht wie geplant zu „Ichirakus“ sondern zum Uchiha-Anwesen bringen würde. „Wenn ich dich schon einladen darf, dann wenigstens zu etwas Gesundem.“ Naruto ließ sich mitschleifen, maulte jedoch gleichzeitig: „Du nimmst mich überhaupt nicht ernst! Hör auf so zu lächeln!“ Er drückte fest Sasukes Hand zusammen, um ihm Schmerzen zuzufügen und zu zeigen, dass er es ernst meinte, doch auch das brachte nichts. Der Uchiha sah nur zur Seite und murmelte irgendetwas. Er dachte, er hätte „Das sagst du so einfach…“ verstanden, aber das war Blödsinn, immerhin gab es für Sasuke tatsächlich nichts Einfacheres als nicht zu lächeln. Sich in sein Schicksal fügend, fing er an aufzuzählen, was er alles für das Entschädigungsessen erwartete. Und Sasuke lächelte weiter. *** „Uaaaaah!“ Naruto gähnte herzhaft und streckte sich. „Okay, vielleicht war es doch keine schlechte Idee, trainieren zu gehen. Obwohl es echt nicht gleich nach dem Essen hätte sein müssen. Na Schwamm drüber. Jetzt bin ich aber kaputt und will nur noch ins Bett...“ Seine Stimme wurde leiser, als er im Wohnzimmer verschwand. „Huh? Wo ist denn mein Rucksack hin…?“ Fragend sah er Sasuke an, der nun auch in den Raum getreten war und sich daran machte, alle Türen und Fenster der unteren Etage für die Nacht zu verschließen. Er ging an dem Blonden vorbei, ohne ihn anzusehen. „In meinem Zimmer. … Du hast dich doch darüber beschwert, ihn umsonst gepackt zu haben, wenn du nun doch nicht verreisen darfst. Würdest du hier bleiben, wär es nicht gänzlich umsonst…“ Verwundert blinzelte Naruto seinen Rücken an, bevor sich ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht breitmachte. „Dann hast du mich also so fertig gemacht, um mich jetzt ohne große Widerrede in dein Bett zu kriegen?“ „Q-Quatsch! Wir waren einfach so gut dabei… War ja auch nur ein Vorschlag.“ Betont gleichgültig wandte Sasuke sich ab und ging in die Küche. Lachend rief Naruto ihm hinterher. „Schon klar. Dann geh ich jetzt duschen und warte dann im Schlafzimmer auf dich, ja?“ Da keine Antwort kam, folgte er dem Uchiha leise und schob seinen Kopf vorsichtig durch die angelehnte Küchentür. Sasuke erwachte aus seiner Starre, als er Naruto unterdrückt kichern hörte, und machte sich schnell wieder an seine Arbeit, als würde das ausreichen, den Uzumaki abzulenken. Doch dieser lachte nur und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Du bist knallrot im Gesicht!“ „Bin ich nicht!“ Ruckartig kam der Schwarzhaarige zu ihm und schob ihn in Richtung Treppe. „Jetzt geh endlich, ich will schließlich auch noch ins Bad.“ Naruto ging. „Ich hab Sasuke Uchiha knallrot werden lassen“ trällernd. Grummelnd folgte Sasuke ihm wenig später, um in der zweiten Etage weiterzumachen und legte sich verstohlen eine Hand auf die Wange. Heiß. … Was machst du nur mit mir, Naruto? Den ganzen Tag lächeln wie ein Honigkuchenpferdchen und dann auch noch rot werden… Und da geht er hin, mein schöner Ruf… Aber er konnte nicht leugnen, dass er so glücklich wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr war. *** Eine halbe Stunde kam er wieder aus dem Bad ins Schlafzimmer, wo Naruto am Fenster stand und in die Dunkelheit hinaussah. Sasuke schluckte und schloss die Tür hinter sich. Ihm war schon klar, dass es damit nicht getan war. Er würde wohl noch einige Fragen zu beantworten und sich weiteren Vorwürfen zu stellen haben. Es war nur Narutos Gutmütigkeit zu verdanken, dass er tatsächlich geblieben war. Und seinem unglaublichen Optimismus. Langsam ging er auf seinen besten Freund zu und blieb mit ein wenig Abstand hinter ihm stehen. „Hast du morgen schon was vor?“ „Nein, wieso?“ „Wir könnten den Tag hier verbringen. Das Gelände ist groß, wir können auch hier trainieren und… schwimmen gehen und… uns aussprechen.“ „Das sollten wir wirklich.“ Narutos Stimme klang viel zu ernst und als er sich umdrehte, sah Sasuke, dass auch seinen Gesichtsausdruck seltenerweise mal kein Lächeln zierte. „Naruto…“ „Was hättest du eigentlich gemacht, wenn ich dir nicht zugehört hätte? Oder wenn ich trotzdem auf meine Trainingsreise bestanden hätte.“ „Na was wohl?“ Fest sah Sasuke in die azurblauen Augen, in der Hoffnung, dass sein Blick die Worte sagen würde, die er noch nicht aussprechen konnte. „Ich hätte mein letztes bisschen Stolz aufgeben müssen.“ Naruto grinste. „Das heißt, ich hätte dich nur noch ein bisschen zappeln lassen müssen, um dich ganz am Boden zu sehen?“ „Wenn du das gewollt hättest, ja.“ „Hmm… Nee, nicht meine Art. Und besonders nicht öffentlich, das heute war ja schon grenzwertig. Und du weißt ja sowieso, dass ich nicht lange böse sein kann. Erst recht nicht dir, selbst bei dem ganzen Scheiß, den du in letzter Zeit abziehst…“ Er legte nachdenklich den Kopf schief, dann verzog er das Gesicht. „... Mist. Das hätte ich wohl nicht sagen sollen… Jetzt denkst du wieder, dass ich dir ganz schnell verzeihe, nicht? Mach ich aber nicht, ganz bestimmt nicht! Ich hab mich nämlich total weiterentwickelt und du kannst nicht imm-“ Er wurde von Sasuke gestoppt, der einen Schritt vortrat und ihn sanft küsste. „Du bist genau so richtig, wie du bist, okay?“, sagte er dann leise, ihre Gesichter immer noch nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Der Uzumaki rang nach Worten. „… Oh… O-kay… Ähm… Kann ich das schriftlich haben?“ Sasuke seufzte und wandte sich ab. „Du bist ein Idiot.“ „Ein Idiot und trotzdem genau richtig so, wie ich bin, meinst du wohl.“ „… Können wir jetzt endlich schlafen gehen?“ „Hmmm…“ Der Schwarzhaarige, schon halb im Bett sitzend, hob spöttisch fragend eine Augenbraue. „Keine Angst, ich tu dir auch nichts…“ Naruto rollte mit den Augen, dann grinste er. „Schade eigentlich… … Na geht doch, da sind sie wieder, die süßen roten Wangen des Sasuke Uchiha…“ Er lachte über Sasukes finsteren Blick und schlüpfte zu ihm unter die Decke. „Na gut… Du kannst mir ja schlecht beweisen, dass du’s diesmal ernst meinst, wenn ich dir keine Chance gebe, nicht?“ „Richtig.“ „Das ist aber die letzte. Nur dass das ganz klar ist.“ „Ich werde auch keine weitere brauchen, Naruto.“ „Na mal schauen…“ Zaghaft legte Sasuke einen Arm um Naruto und zog ihn an sich. „Kein Kampf um die Decke diesmal?“ „Nö, jetzt muss ich mich ja nicht mehr zurückhalten, oder?“ „Hm…“ „…“ „…“ „… Schläfst du etwa schon?“ „Nein…“ Naruto spürte, wie Sasukes Brust sich hob und schnell wieder senkte, als er einen lautlosen Seufzer ausstieß. „Aber?“ „Ich dachte, du gibst am ehesten Ruhe, wenn ich nicht mehr antworte.“ „… Das war jetzt aber gemein! ... Wolltest du nicht ab heute netter zu mir sein?“ Als der Uchiha wieder nicht reagierte, fing er an, ihm sacht in die Seite zu pieken, bis er wohl seine Schwachstelle erwischte, denn der andere zuckte zusammen und machte ein Geräusch, das wohl als Aufquietschen durchgegangen wäre, hätte er es nicht sofort wieder verschluckt. Der Blonde grinste in die Dunkelheit. „Mensch Sasuke, da tun sich ja ganz neue Seiten auf! Du lächelst, wirst rot, bist kitzlig…“ „Schlaf!“ „… Du kennst mich echt schlecht, wenn du glaubst, dass ich Ruhe gebe, nur weil du nicht antwortest… Ich kann dich auch einfach vollquatschen, dann kannst du bestimmt ni-“ „Was willst du denn?“ Sasuke stöhnte genervt auf. „Hmm… Wie wär’s mit ‘nem Gute-Nacht-Kuss?“ „Wenn’s weiter nichts ist…“ Er kam den wartenden Lippen Narutos entgegen und drückte ihm einen kurzen Kuss auf. „So. Denkst du, du kannst jetzt schlafen?“ „Hm… Daran arbeiten wir aber noch…“ Sasuke antwortete nicht und Naruto entschied, dass er wohl doch langsam mit dem Nerven aufhören sollte. Immerhin war heute ihr erster Tag als… na ja, fast Paar, da sollte er Sasukes Geduld wohl nicht gleich überstrapazieren. Schweigend lagen sie nebeneinander in dem schmalen Bett, Narutos Kopf an Sasukes Brust, während ihre Atemzüge allmählich ruhiger wurden und ihre Körper sich langsam entspannten. „Sasuke?“ „…“ „Schläfst du schon?“ „… Ja.“ „Schlaf gut.“ Der Uchiha hörte das warme Lächeln aus den Worten heraus und konnte nicht anders, als es zu erwidern. „Du auch, Naruto.“ Und auch wenn es Sasuke gewesen war, der auf ihre Nachtruhe bestanden hatte, war es doch Naruto, der als Erster einschlief, während der Schwarzhaarige mit geschlossenen Augen dalag und abwog, ob das jetzt ein gutes oder schlechtes Gefühl war. Schlafprobleme hatte er eigentlich selten gehabt, mal von den Alpträumen damals, nach dem Massenmord an seinem Clan, abgesehen, doch nun lag er da, sein Herz pochte viel zu schnell und viel zu laut in seiner Brust und in seinem Bauch kribbelte es. Er konnte einfach nicht einschlafen. Nicht so und er hoffte bloß, dass das Gefühl schnell vorübergehen würde, damit er bald wieder der Alte war. Wobei… Wieder „der Alte“ zu sein, war vielleicht nicht unbedingt erstrebenswert. Und das Gefühlt störte ihn zwar, genau wie seine Körperreaktionen, die ihn heute so verraten hatten, aber irgendwo hatte es auch etwas Schönes… Naruto bewegte sich leicht im Schlaf und Sasuke drückte ihn näher an sich. Ja, irgendwo hatte es auch etwas Schönes, hier, mit dem Menschen im Arm, den er liebte… *** Naruto wurde wach, hatte aber noch gar keine Lust aufzustehen, immerhin war Sonntag, also hielt er fest die Augen geschlossen und kuschelte sich tiefer ins Kissen. Hmmm… riecht nach Sasuke… Huh? Tastend streckte er seinen Arm zur anderen Bettseite aus, fühlte aber nur das kalte Laken und danach den Bettrahmen. Nun schlug er doch die Augen auf. Die Sonne schien hell ins Zimmer und er war allein. Langsam setzte er sich auf und trat gähnend und sich streckend ans Fenster. Es schien ein weiterer schöner Sommertag zu werden, die Luft duftete nach Blüten und die Oberfläche des Uchiha-Sees glitzerte einladend durch die dichten Blätter der Bäume. Erst als er in den strahlend blauen Himmel sah, merkte er, dass es schon längst ein schöner Tag war und er wohl fast den ganzen Vormittag verschlafen hatte. Leicht reumütig ging er zu seinem Rucksack rüber und suchte sich frische Kleidung raus. Hoffentlich ist Sasuke nicht angekratzt deswegen, wir wollten uns ja ‘ne schöne Zeit machen und so… andererseits… so wie er gestern drauf war, hat er sich wohl eher Gedanken gemacht, wie er seine ganzen Fehler wieder gut machen kann… Mit einem breiten Grinsen verschwand er im Bad. Wenn ich wieder zu Hause bin, darf ich nicht vergessen, mir den Tag gestern rot im Kalender anzustreichen! *** „Guten Morgen!“ Laut, euphorisch, begleitet von einem Lächeln, so strahlend wie die Sonne selbst. „Guten Morgen.“ In angemessener Lautstärke. Vielleicht mit dem Hauch eines Lächelns, das man einfach nicht gänzlich unterdrücken kann. „Der Tisch ist noch gedeckt. Aber iss nicht zu viel, danach wird trainiert.“ „Huh? Ok. … … Krieg ich keinen Guten-Morgen-Kuss? … Sasuke? … Und weg isser… Hmpf. … Sollte ich nicht der sein, der ihn auf Abstand hält? … Typisch…“ *** „Eine Abkühlung wär jetzt nicht schlecht, oder? Gehen wir schwimmen?“ Naruto, ausgelaugt auf dem Rücken im Gras liegend, grinste zu Sasuke hoch, der schon wieder aufgesprungen war. „Du hast heute einen straffen Plan, den wir abarbeiten müssen, nicht? Oder ist das die Strafe dafür, dass ich so lange gepennt hab?“ Sasuke sah abweisend zur Seite. „War nur ein Vorschlag.“ Der Blonde stieß kopfschüttelnd seinen Atem aus. Sasukes komische Phase schien immer noch anzuhalten. Langsam fragte er sich, ob das jetzt seine neue, verliebte Persönlichkeit war. War ja nicht so, als wäre es total schlimm, den Uchiha selbst mal verunsichert zu sehen und die Oberhand zu haben, aber gewöhnungsbedürftig war es schon… Nun richtete er sich auf und schnappte sich die Hand des anderen, bevor der abhauen konnte. Diesen Plan sah man ihm ja schon an der Nasenspitze an… Bestimmt zog er ihn zu sich runter, drückte ihn auf den Rücken und kuschelte sich an ihn, den Kopf auf seiner Brust. „So, jetzt machen wir mal fünf Minuten Pause und danach können wir immer noch schwimmen gehen, okay?“ Erfolglos versuchte der Uchiha, ihn mit der Erklärung „Ich bin total verschwitzt…“ von sich zu schieben. Verdutzt ließ sich Naruto tatsächlich ein Stück wegdrücken, bevor er zusätzlich noch einen Arm um den anderen legte und zu kichern anfing. „Mann, Sasuke, bist du echt so verklemmt?“ Grinsend schielte er hoch, als keine Antwort kam und sah, dass der Schwarzhaarige über sich selbst schmunzeln musste. „Weißt du, es gibt da noch ganz andere Sachen, die wir zusammen machen könnten und die dich ins Schwitzen bringen würden…“, stichelte er weiter, doch bevor er zu sehr ins Detail gehen konnte, hielt Sasuke ihm resolut den Mund zu. Ohne zu zögern leckte der Uzumaki über die salzige Handfläche. Mit einem undefinierbaren Laut, irgendwo zwischen Überraschung und Ekel, zog Sasuke seinen Arm weg und starrte die glänzende Spur auf seiner Handfläche an, bevor er sie kommentarlos an Narutos T-Shirt abwischte. Danach schien er sich mit der Situation abgefunden zu haben, denn er legte einen Arm unter seinen Kopf, und begann mit der anderen Hand zaghaft, den Blonden am Nacken zu kraulen. Auch wenn der verschwitzt war. Ausnahmsweise hielt Naruto mal den Mund. Während er nichts lieber täte, als den anderen mit Fragen und Vorwürfen zu überhäufen, um endlich Antworten zu bekommen – und ihn wieder so herrlich ungewohnt überfordert und errötend zu sehen. Aber dieses eine Mal würde er Sasuke nicht ins Licht zerren. Dieses Mal musste er schon selbst über seinen Schatten springen. Dabei hatte er seine Rechnung jedoch nicht mit dem jungen Uchiha gemacht, der es schaffte gleichzeitig den ersten Schritt zu machen und trotzdem im Dunkel stehen zu bleiben. „Ich… weiß nicht wirklich, was ich zu den Worten von gestern noch hinzufügen soll…“ Naruto unterdrückte einen frustrierten Aufschrei, warum er das nicht schon vor zwei Stunden gesagt hatte, statt ihn in seiner Ungeduld schmoren zu lassen. Er ist verunsichert, so komisch das auch klingen mag. Heb dir die Vorwürfe für später auf. Darum fragte er nur in neutralem Tonfall: „Warum ich? So plötzlich…?“ Sasuke schien überrascht von der Frage. „Wer sonst, wenn nicht du? Du bist der Einzige, der überhaupt an mich rankommt.“ „Der Einzige, den du an dich ranlässt, meinst du wohl.“ „Nein. Ich hab dich nicht wieder in mein Leben gelassen, Naruto. Du hast dich reingedrängt. Ich wollte einfach nur meine Ruhe.“ „Pff. Tut mir ja echt leid, dass ich nicht wollte, dass mein bester Freund genauso eingeht wie meine Pflanzen!“ Schmollend drehte Naruto sich halb auf den Bauch und legte das Kinn auf seinen verschränkten Armen auf Sasukes Brustkorb ab. Anklagend blitzte er ihn an, um Schuldgefühle zu wecken, die diese neue, verliebte Persönlichkeit bestimmt besaß, aber der Plan scheiterte daran, dass der Schwarzhaarige nicht ihn an-, sondern in den Himmel hinaufsah. „Ich danke dir, Naruto. Für alles, was du für mich getan hast. Auch wenn ich zu der Zeit noch nicht gesehen habe, dass du Recht hattest.“ Der Uzumaki grinste und setzte zu einem selbstgefälligen Kommentar an, doch sein Freund redete schon weiter. Gönnte ihm den Triumph wohl nicht. „Und so plötzlich war das gar nicht. Diese Gefühle waren ja nicht von heute auf morgen einfach da… Ich habe sie nur bisher ignoriert. Sie von dem Ziel, meinen Clan wieder aufzubauen, verdrängen lassen.“ „… Und was ist jetzt daraus geworden? Ich bleib nämlich ein Kerl, weißt du? Ich kann dir dabei heute nicht helfen und auch in fünf Jahren nicht.“ Sasuke schnaubte amüsiert. „Das ist mir bewusst. … Ich habe mich immer als denjenigen gesehen, der meinen Clan wieder aufbauen wird. Wieder aufbauen soll, aber jetzt… bin ich endgültig der einzig überlebende Uchiha. Und wir haben dem Dorf immer nur geschadet, wurden immer von der Finsternis angezogen… Ich weiß nicht, ob sich das bei einem Neuanfang ändern würde… Aber für mich ist es… wie ein… Wunder, wieder lieben zu können. Ich würde das für nichts auf Spiel setzen.“ Dem Blonden fehlten schlicht ergreifend die Worte. Er suchte nach einem lockeren Spruch, nach etwas um die sentimentale Situation ins Lächerliche zu ziehen, nach einer passenden Erwiderung, aber ihm fiel nichts ein. Es war alles gesagt worden. Sasuke liebte ihn, so unglaublich das auch klingen mochte und jetzt war es wohl einfach an der Zeit, zusammen glücklich zu sein. Mit einem warmen Lächeln stützte er sich auf einem Arm auf und beugte sich vor, um sich endlich den ersten Kuss des Tages zu holen – oder Sasuke zu zeigen, dass ihm verziehen worden war, je nach Sichtweise – da schob Besagter ihn doch noch von sich und erhob sich hastig. „Die fünf Minuten sind um. Gehen wir.“ Aufstöhnend rollte sich Naruto auf den Rücken. „Gib doch einfach zu, dass das die Rache fürs Verschlafen ist!“ Der Uchiha schien fast wieder er selbst zu sein, als er ihm, sich bis auf die dunkle Unterhose ausziehend, einen spöttischen Blick zuwarf. Aber eigentlich wurde Naruto viel zu sehr von dem knackigen Hintern abgelenkt, um es zu merken. „Also ich geh jetzt schwimmen. Und ich würde mich freuen, wenn du mitkämst…“ Das machst du doch mit Absicht… Naruto folgte ihm mit seinem Blick, wie dieser junge Mann, den er so sehr liebte und der ihm soeben praktisch auch seine Liebe gestanden hatte, wie dieser absolut heiße, junge Mann fast nackt den Steg entlanglief und mit einem perfekte Kopfsprung in den See der Uchiha abtauchte. Er schluckte trocken und spürte seine Hose enger werden. Wir sind doch jetzt ein Paar, nicht? Und wenn ich es nur ordentlich spät werden lasse, lässt er mich bestimmt wieder hier bleiben und heute schlaf ich sicher nicht gleich ein… Ihm entwich ein erregtes Stöhnen, als er sich nur zwei Nächte zurückerinnerte. Zu der Zeit hatte er gedacht, dass es das einzige Mal sein würde und Sasuke seine Gefühle nur ausnutzte, aber mit dem neuen Stand der Dinge… Mit höchster Willenskraft zwang er sich dazu, aufzustehen und sich ebenfalls bis auf die Unterhose auszuziehen. Die Beule darin war nicht zu übersehen und in einem Anflug von Verlegenheit hielt er nach Sasuke Ausschau, aber der schwamm schon mit kräftigen Zügen zur Mitte des Sees. Grinsend rannte der Uzumaki den Steg entlang und sprang mit einer gekonnten Arschbombe ins kühle Nass. Wird Zeit, dass du mir mal wieder Beachtung schenkst, Sasuke! … Und einen Kuss schuldest du mir auch noch! … Mindestens einen! *** Eine halbe Stunde später stieß er doch einen frustrierten Aufschrei auf, als der Uchiha sich schon wieder aus seinen Armen wand und mit den Worten „Zeit fürs Abendbrot, denkst du nicht?“ Richtung Ufer schwamm. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Was war das, fange spielen für Erwachsene?! Langsam sah er echt nicht mehr durch, ob dahinter noch irgendein Plan steckte (was Sasuke-ich-handle-immer-nach-Verstand-Uchiha ja durchaus zuzutrauen war) oder er mit den neuen (oder besser gesagt: neu akzeptierten) Gefühlen einfach als Sasuke-Hilfe-mein-Kopf-setzt-aus-wenn-es-um-so-was-geht-Uchiha überfordert war. Heute Morgen (oder eher: Mittag) hatte Sasuke sich nach draußen aus dem Staub gemacht, bevor jegliche Art von Nähe zwischen ihnen hätte entstehen können, dann hatte er ihm keine Chance auf etwas anderes als Training gelassen, weil er ihn sofort angegriffen hatte, als er in den Garten trat und danach wollte der Schwarzhaarige ja am liebsten augenblicklich und ohne Atempause schwimmen gehen… Nun verstand Naruto, warum seine Kameraden immer so genervt von seiner Hyperaktivität waren, aber zu Sasuke wollte dieses Verhalten so überhaupt nicht passen – außer eben er hätte irgendeinen selbstverletzenden Plan (denn ganz ehrlich: er wollte es doch auch! … Oder nicht?) … oder Panik… Naruto kicherte und bekam Wasser in die Nase, als er seinem Freund folgte. Hustend und prustend hievte er sich schließlich aus dem See, schon einen neckenden Spruch über Sasukes neue Schüchternheit auf der Zungenspitze, da blieb er blinzelnd und tropfend auf den dunklen Holzlatten stehen. Keine zwei Meter neben dem Steg lag eine Decke auf dem Gras und in einer Ecke stand ein Korb samt Essen und Geschirr. Er hörte kaum Sasukes Worte, während er den Anblick in sich aufsog: den See hinter sich, den Steg unter seinen Füßen, im Hintergrund die Grundstücksmauern, verziert mit dem Wappen der Uchiha und schließlich auf der Decke kniend der Mann, den er liebte, der ganz untypisch und wohl leicht panisch Nichtigkeiten vor sich hinplapperte und doch einen Plan gehabt hatte. „… konnte leider kein so farbenfrohes Geschirr auftreiben, Mutter mochte es lieber schlicht... … und dir zu sagen, eine orangene Unterhose anzuziehen, wäre seltsam gewesen, deshalb…“ Mit wenigen, überwältigten Schritten war Naruto bei ihm und kniete sich ihm gegenüber auf die Decke. Ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Jetzt sieht’s gar nicht mehr wie ‘ne ansteckende Krankheit aus…“ „Nein.“ „Also… du willst so richtig mit mir zusammen sein, auch in der Öffentlichkeit und auch wenn ich ein Kerl und ein Idiot bin und dich öfter zur Weißglut treiben werde und so? Ich meine, ich frag lieber noch mal nach, bevor wir uns wieder missverstehen…“ Er war ein wenig überrascht, dass Sasuke nicht spöttisch darauf reagierte, sondern ihm ernsthaft in die Augen sah. „Ja. Das will ich.“ Naruto grinste. „Das war jetzt aber nicht so gemeint, wie es klang, oder? Ich meine, wir sind irgendwie noch zu jung zum Heiraten find ich und ich weiß gar nicht, ob zwei Kerle-“ In typischer Sasuke-Manier rollte sein Gegenüber mit den Augen, packte ihn mit beiden Händen an den Schultern und küsste ihn. Endlich. *** Nach der ersten Woche war Sasuke erschöpft. Und irgendwie froh, dass Naruto erst mal wieder zu sich nach Hause gegangen war, auch wenn er sich für dieses Gefühl schämte. Es waren ja schöne Tage gewesen, das bestritt er gar nicht, aber… Es war eben auch anstrengend gewesen. Er konnte immer noch nicht gut neben Naruto schlafen. Er hatte das Gefühl, keine Privatsphäre mehr zu haben, keine Zeit für sich. Wenn er nach Hause kam, war Naruto da oder würde demnächst auch von seinem Auftrag zurückkehren, sie würden den Abend zusammen verbringen, zusammen einschlafen, zusammen aufwachen, zusammen frühstücken, zusammen ihre nächsten Aufträge abholen gehen und sich am Abend wiedertreffen… Selbst wenn er es zu verhindern versuchte (was er wirklich nicht sollte), drehten sich alle seine Gedanken nur noch um Naruto. Was sie zum Essen zubereiten könnten, wie sie den Abend verbringen könnten, wie er dem Blonden eine Freude machen könnte, ob er wohl schon von seinem Auftrag zurück war… Seine Konzentration schwächelte selbst während seiner Missionen und als Naruto sich am späten Sonntagvormittag mit einem Kuss verabschiedete und nach Hause ging, war Sasuke so ausgelaugt wie schon lange nicht mehr. Wohl seit dem Krieg nicht mehr. Doch dieser Gedanke weckte nur noch mehr Schuldgefühle in ihm. Nachdem er eine Weile einfach nur draußen im Garten vor sich hingedöst und entspannt hatte, rappelte er sich, tief durchatmend, wieder auf und machte sich an die sonntägliche Hausarbeit. Das war es, was er wollte. Ein Leben mit dem Mann, den er liebte. Das war sicher anfangs immer anstrengend, aber er würde sich schon dran gewöhnen. Weil Naruto es mehr als wert war. *** Nach der zweiten Woche wusste Sasuke, dass er sich geirrt hatte. Er hatte immer geglaubt, ein Meister der Selbstbeherrschung zu sein, doch jetzt schien er darin genauso schwach geworden zu sein wie in so viel anderem. Er hatte schon von klein auf gelernt, seine Gefühle zu kontrollieren, hatte sie immer bewusst ausgeschaltet, wenn es nötig war und sie zugelassen, wenn die Umstände es erlaubten… Und jetzt ließen ihn seine Fähigkeiten im Stich. Er liebte Naruto, liebte ihn wirklich und er wollte ja gar nicht, dass er sich für ihn änderte. Die Kleinigkeiten mit seinen Manieren waren eine angenehme Überraschung gewesen, aber im Großen und Ganzen sollte Naruto genau so bleiben, wie er war. Er liebte ihn so, wie er war – warum schaffte er es dann nicht, Ruhe zu bewahren, wenn Naruto ihn mal wieder zur Weißglut trieb? Er hatte es nie geschafft, schon nicht, als sie noch Kinder gewesen waren, aber da war das was anderes gewesen, damals ging es immerhin darum, dass Naruto ihn dazu bringen wollte, Gefühle zu zeigen, verdammt! Jetzt war der Blonde einfach er selbst, aufgedreht und nervenaufreibend und liebenswert wie immer, und er reizte ihn ganz bestimmt nicht absichtlich, weil er unbedingt Sasukes Arschloch-Art rauslocken wollte…! War er wirklich so verdammt schwach geworden?! Er versuchte ja, immer auf der Hut vor sich selbst zu sein, aber der Schlafmangel zerrte an seiner Konzentration und manchmal war es auch einfach so schön zu zweit, dass er sich ganz ungewollt entspannte und schon entwich ihm wieder ein sarkastischer Kommentar, eine Augenbraue wanderte ganz automatisch nach oben, während ein spöttisches Lächeln sich auf seine Lippen schlich, ein verletzender Gedanke fand den Weg aus seinem Mund, ohne dass er es zu verhindern wusste… Sogar der Uzumaki selbst, der ja nicht als der Feinfühligste bekannt war, schien schon zu merken, dass irgendwas nicht richtig lief und immer öfter musterte er ihn irritiert, wenn er mal wieder unabsichtlich „ganz der Alte“ war. Natürlich, immerhin wollte Naruto eine Beziehung mit ihm – harmonisch und liebevoll und einfach nur NarutoundSasuke, einfach nur zwei Jungen, die sich liebten. Für verletzend-spöttische Abwehrmechanismen und eine dunkle Vergangenheit war da einfach kein Platz. Und das sollte er schnellstmöglich in seinen verdammten Kopf rein-be-kom-men! … Bevor es zu spät sein würde… Er war nie ein guter bester Freund gewesen und jetzt musste er feststellen, dass er ein noch schlechterer fester Freund war. Er gab ja wirklich sein Bestes… und versagte kläglich. Jede freie Minute überlegte er, was sie denn in ihrer Freizeit bloß zusammen machen könnten, aber Tatsache war nun mal, dass er seine Tage im Prinzip mit Aufträgen, Training, Hausarbeit, Essen und Schlaf füllte. Und mit dem Lesen von Fachlektüre, wenn er es mal ruhig angehen wollte. Nicht wirklich spannend (und ein Grund mehr, warum er das riesige Interesse der Frauenwelt an seiner Person nie verstanden hatte) und so war ihm bis jetzt auch nicht viel mehr eingefallen, als mit Naruto zu kochen und zu trainieren… Die ersten Tage war der Blonde auch noch mit Feuereifer dabei gewesen und bis jetzt lehnte er den Vorschlag zu trainieren auch nie ab, doch Sasuke merkte immer öfter, dass er nicht bei der Sache war: Er schien eher mit ihm zu spielen als ernsthaft zu trainieren, suchte öfter Köperkontakt, als nötig war… Im Gegenzug würde der Uchiha ja gern lieber Dinge machen, an dem auch der andere seine Freude hätte, dabei stand ihm aber seine Einstellung im Weg, dass er unter der Woche abends nicht weggehen wollte. Schon jetzt brach er viel zu übermüdet zu seinen Missionen auf, schlicht, weil er nicht einschlafen konnte, da musste er sich nicht noch angewöhnen, sowieso zu spät ins Bett zu gehen. Naruto schien seinen Schlafmangel auch schon bemerkt zu haben, denn er schlug immer öfter vor, früh ins Bett zu gehen, aber wenn es draußen noch hell war, würde er sowieso nicht schlafen können (von Naruto selbst ganz zu schweigen) und an seiner Einschlafstörung würde es auch nicht großartig etwas ändern. Außerdem schien es ihm eine Zeitverschwendung, im Tageslicht untätig im Bett zu liegen; das wäre genauso sinnlos, wie am Wochenende erst mittags aufzustehen. Sasuke war zwar nicht unbedingt ein Frühaufsteher, aber sobald er wach war, hieß es für ihn: raus aus dem Bett und den neuen Tag beginnen. Im Tod war immer noch genug Zeit für Untätigkeit. Und sein bisheriges Leben hatte ihn schon früh gelehrt, dass der Tod einen jederzeit überraschen konnte. Also würde er dieses Leben bestmöglich nutzen. Der Abend war noch jung und die Sonne gerade erst untergegangen, doch nichtdestotrotz machte er sich nach dem Abendessen im Bad fertig und ging ins Bett. Morgen müsste er wieder früh aufstehen und abends war er dann mit Naruto im Akegata verabredet... Mit ein bisschen Geschick könnte er sich für danach eine passende Entschuldigung zurechtlegen, um ihn nach Hause zu bringen und selbst zu gehen, bevor der Blonde auch nur den Vorschlag einer Übernachtung machen könnte… Noch während er diesen Gedanken zu Ende spann, fing seine neue, romantisch-verliebte Seite an, ihn mit Gewissensbissen und Vorwürfen zu überhäufen, während sein rationales Ich an der Entschuldigung bastelte. Abgewandt von den beiden rollte sein Arschloch-Ich genervt mit den Augen und spottete etwas darüber, dass er sich ja zu nichts zwingen würde, auf das er keinen Bock hatte… Mit einem Laut, der peinlicherweise viel zu sehr nach einem Wimmern klang, zog Sasuke sich sein Kissen über den Kopf, als könnte er damit die Stimmen in diesem ruhigstellen. Nur eine weitere Sache, in der er versagte. *** Perplex blinzelte Naruto. Irgendwie… war da doch echt was faul. Sasuke war einfach nicht mehr er selbst seit er Naruto vor zwei Wochen vom Gehen abgehalten hatte. Und langsam wuchsen Narutos Zweifel und seine Verwirrung. Die ersten paar Tage – okay, Sasuke hatte ja selbst gesagt, dass es für ihn ein Wunder war und so, da war es vielleicht normal, dass er so gänzlich ins Gegensätzliche seiner üblichen Art verfiel, aber… Jetzt waren sie schon seit gefühlten Ewigkeiten zusammen – was daran liegen mochte, dass sie seit ihrer (neuesten) Aussöhnung jede freie Minute miteinander verbracht hatten – und an dem Verhalten des Uchiha hatte sich nichts geändert. Das war noch so ‘ne seltsame Sache: Naruto hatte erwartet, dass der andere es das erste Wochenende lang mit ihm aushielt und vielleicht auch noch den Montag. Dienstag war schon grenzwertig, mit dieser neuen Freundlichkeit jedoch verständlich. Aber er war erst am Sonntag das erste Mal wieder nach Hause gegangen und das aus eigenem Antrieb! Und jetzt stand sein fester Freund (Wer hätte gedacht, dass diese zwei Worte so ein warmes Gefühl in ihm auslösen könnten?) mit einem Lächeln, das er früher niemals nicht in der Öffentlichkeit gezeigt hätte, vor ihm, um ihn am Dorfeingang abzuholen, obwohl sie in einer halben Stunde verabredet waren. Ein Flackern von Unsicherheit (Unsicherheit!) huschte über Sasukes Gesicht. „Naruto?“ „Huh? Oh, sorry, war in Gedanken.“ Automatisch kratzte er sich mit einem verlegenen Grinsen am Hinterkopf. „Dann ist ja gut. Wie sieht’s aus, gehen wir gleich ins Akegata oder willst du vorher nach Hause?“ Mit einem schelmische Grinsen antwortete er: „Wenn’s dich nicht stört, dass ich verschwitzt bin, können wir auch gleich gehen.“ Schmunzelnd nahm der Schwarzhaarige seine Hand und gemeinsam schlenderten sie zu dem Restaurant-Café, während Sasuke nicht wartete, bis Naruto ihn ungefragt mit Nichtigkeiten des Tages langweilte, sondern selbst die Fragen stellte. Sich von den erstaunen Blicken der Passanten bestätigt wissend, fragte sich Naruto, ob vielleicht irgendjemand seinen geliebten einzelgängerischen Eisklotz gegen einen Schattendoppelgänger ausgetauscht hatte, ohne dass er es gemerkt hatte... Beim Essen wurde es nur noch seltsamer, wenn es denn überhaupt eine Steigerung gab. Wobei… Vielleicht gewöhnte er sich ja auch nur langsam an das untypische Verhalten, aber irgendwo hatte es schon was, die ungeteilte Aufmerksamkeit des Frauenschwarms schlechthin zu genießen und das eigene Ego mit den neidischen Blicken der weiblichen Kundschaft zu polieren. Und endlich zusammen den Pärcheneisbecher zu löffeln. Obwohl Sasuke das ja laut eigener Aussage nicht mal in einer „normalen“ Beziehung hätte machen wollen. Und jetzt setzte er sich sogar freiwillig dicht neben Naruto. Naruto schob alle Zweifel in die hinterste Ecke seines Geistes. War es eben ein Schattendoppelgänger oder jemand hatte am Kopf des Schwarzhaarigen rumexperimentiert, na und? Es sah so umwerfend fantastisch aus wie Sasuke und es liebte ihn, das sollte ihm für die Öffentlichkeit reichen. *** Dem jungen Mann schienen die Blicke der Passanten überhaupt nicht aufzufallen. Neugierig, besorgt und verwundert sahen sie ihm hinterher, wie er träge die Straße entlang schlurfte. Allein diese schlaffe Körperhaltung beunruhigte schon viele, während anderen ihr Erschrecken und das Abstandnehmen deutlich anzumerken waren, nachdem sie ihm ins Gesicht gesehen hatten. Es fiel dem Uchiha wohl selbst nicht auf, dass er nachdenklich die Stirn gerunzelt hatte und leise vor sich hinmurmelte, doch dafür seinen Bewunderinnen umso mehr. Auch wenn sich niemand einen wirklichen Reim auf die Wortfetzen machen konnte. Aber irgendetwas lief doch da eindeutig schief, wenn Sasuke-kun nach zwei Wochen Beziehung mit Naruto rumlief wie eine wandelnde Leiche! Und bei aller Freundschaft für den Blonden, mit dem sie die letzten Wochen natürlich mitgelitten hatten – dieser Anblick zeigte ja nun ganz klar, dass er eben doch nicht der Richtige für ihn war. Das war wohl eher man selbst, wie man es schon gewusst hatte, seit man Sasuke-kun das erste Mal gesehen hatte… „… gut gelaufen…“ „… zurückgehalten… kein Sarkasmus… freundlich… guter Freund…“ Ein kurzes freudloses Lachen. „… nur einmal... rot…“ „… keine Übernachtung… gut… denkt… wirklich… er weiß doch… weiß er doch…? ...“ „… hab’s immer noch nicht gesagt… aber er weiß doch… hoff ich…“ „… morgen… Frühstück? ... oder… oder…“ „… weiß er doch…“ Ein tiefes Seufzen. „… … schlafen…“ *** Sobald das Paar aus der Sichtweite verschwunden war, brachen das Hinterherwinken und Lächeln abrupt ab und die verbliebenen Freunde sahen sich perplex an. Verwunderung schwang in ihren Blicken mit, Überraschung, Freude, Belustigung, bis hin zu Argwohn und unterschwelliger Abneigung. Kiba brach das Schweigen als Erster. „War das wirklich Sasuke? Es sah zwar aus wie er, aber…“ „Wir haben doch gesagt, dass er sich total verändert hat.“ „Aber…. das?! Er hat gelächelt! Jedes Mal, wenn er Naruto angesehen hat, und er hat ihn praktisch nicht aus den Augen gelassen!“ „Und er hat mit uns geredet. So als würde er uns als seine Freunde sehen!“ „Genug der positiven Kommentare. Vergesst nicht, wie er mit Hinata umgesprungen ist!“ Die junge Frau lächelte ihren Freund versöhnlich an. „Lass ihn doch. Er ist eben verliebt, das verstehst du doch sicher.“ „Sollte man da nicht eigentlich freundlicher zu anderen sein?“, hakte Neji nach, das Gesicht verziehend. Gefühle waren nicht wirklich etwas, über das er redete. Und sicher nicht in der Öffentlichkeit. „So wie du anfangs zu Naruto?“ In Situationen wie dieser, wenn das einst so schüchterne Mädchen ihn frech angrinste und mit den Augen rollte, war er sich manchmal wirklich nicht sicher, ob sein Einfluss auf sie ein so guter war… „Ja, ja, was auch immer...“ Hinata hatte sich schon mit nachdenklichem Gesichtsausdruck in Richtung ihrer Freundinnen abgewandt. „Aber ehrlich gesagt verwundert mich sein Verhalten doch ziemlich…“ „Das kannst du aber laut sagen!“, stimmte Ino zu. „Schon allein, dass er seinen Besitzanspruch so deutlich macht… Früher wäre er dafür viel zu stolz und cool gewesen… Ich meine, er ist natürlich immer noch cool und wird es immer blei-hmpf.“ Der Rest wurde von Shikamarus Hand verschluckt, die er auf ihren Mund presste. Als sie ihn fragend ansah, senkte er sie langsam wieder. „Keine Schwärmerei für Sasuke in meiner Gegenwart, weißt du noch?“ Mit dem Geräusch, das die Jungs unter sich das „Jetzt-wird-sie-mich-wieder-um-den-Finger-wickeln-Taktik-Quietschen“ nannten, schmiegte die Blonde sich an ihn. „Du weißt doch, dass ich nur dich liebe, Schatz, ich wollte nur deutlich machen, wie sehr er sich verändert hat. …“ Sich räuspernd unterbrach Sakura die Liebesschwüre. „Jaaa… Worauf Ino hinauswollte, war wohl, dass Sasuke sich grundlegend verändert hat. Zu sehr, irgendwie. Dass er sozialer wird, war ja zu erwarten, aber jetzt ist er viel zu… offen und vertrauensselig, zeigt in der Öffentlichkeit seine Gefühle und so… Er läuft ja sogar händchenhaltend mit Naruto durch Konoha und letztens sollen sie sich im Akegata den Pärchenbecher geteilt haben, wegen dem es damals noch diesen Krach gab…“ „Er benimmt sich fast, als wollte er alles wieder gutmachen, womit er Naruto in den letzten Monaten verletzt hat“, griff Tenten die Idee auf. „Das dachte ich mir auch schon. Aber das wirkt total krampfhaft, als ob er es nicht wirklich freiwillig machen würde…“ Nachdenkliches Schweigen folgte der Feststellung. Sie alle machten sich (mehr oder weniger, aus eigenen Stücken oder auf Geheiß bestimmter Kunoichi hin) Sorgen, doch was konnten sie schon machen? (Nichts, wenn die Jungs ein Mitspracherecht hätten, immerhin war das eine Sache zwischen Naruto und Sasuke, aber irgendwie sahen die Mädchen das anders…) „Also, was mir aufgefallen ist“, fing Kiba an, als scheinbar alle ihren Gedanken nachhingen, „ist, dass Narutos Hand dauernd an Sasukes Arsch war, euch nicht? Ich meine… dauernd! Also eigentlich immer, wenn er grade rankam…“ Shikamaru war der Erste, der den Schock der Beobachtung und des unvermeidlichen Kopfkinos überwunden hatte. „Danke für diesen… unglaublich… hilfreichen… Beitrag, Kiba. Ehrlich. Wo schaust du eigentlich hin?!“ Der Hundejunge hob abwehrend die Hände, da kam ihm seine ehemalige Teamkollegin schon zu Hilfe. „Ich habe das auch schon bemerkt. Ziemlich interessant eigentlich, denkt ihr nicht?“ „Hinata!“ Neji starrte seine Freundin geradezu geschockt an. „Was ist denn darin bitte interessant?“ Die Hyuuga und Ino tauschten einen wissenden Blick. „Natürlich, dass sich Naruto genauso verhält wie ein Hetero-Kerl. Wenn ich Hinatas Blick richtig deute, erinnert sie sich nämlich auch an so einige Momente, in denen sich die Hand ihres Freundes auf ihren Hintern verirrt hat…“ Während die beiden implizierten Männer rot anliefen, schien Kiba diese Erklärung nur neugieriger zu machen. „Also wäre Sasuke das Mädchen in der Beziehung, ja? Komische Vorstellung irgendwie, aber so wie er sich im Moment aufführt… Da wird wohl eher er sich dominieren lassen als Naruto, was? Und der hat bestimmt auch mehr Ahnung davon, wie das funktioniert, durch diesen Club oder so…“ „Könnten wir bitte das Thema wechseln?“, bat Neji mit gequältem Gesichtsausdruck. Shikamaru, der sich sehnlichst wünschte, seine analytische Denkweise ausschalten zu können, nickte blass. „Keiner will sich vorstellen, wie die beiden…“ Die zwei Leidensgenossen schickten flehende Blicke gen Himmel, als die drei Mädels und Kiba ganz offensichtlich anders darüber dachten. Mit letzter Willenskraft nahm Neji Hinatas Hand. „Es ist spät, wir sollten gehen. Ihr könnt das Thema ja weiter ausführen, wenn ihr unter euch Mädchen seid… wenn es sein muss.“ Natürlich bemerkte er, wie die Schwarzhaarige zurücksah, anscheinend mit ihren Freundinnen stillschweigend die Absprache treffend, dass sie über alle neuen Gedanken informiert werden würde. Nein, eindeutig kein guter Einfluss. Garantiert nicht. Dabei konnte man doch niemanden so schnell so verderben… … Naruto. Das war definitiv Narutos Schuld, weil Hinata so lange für ihn geschwärmt hatte. Und er durfte es jetzt ausbaden. Der Blonde konnte sich auf was gefasst machen, wenn sie sich das nächste Mal sahen. ... Aber nur, wenn Hinata nicht dabei war, nicht, dass sie sein eigenes Verhalten wieder gegen ihn verwenden würde, wenn er sie doch eigentlich nur beschützen wollte! „Neji?“ „Ja?“ Bloß nicht zu offensichtlich sein, es war doch gar nicht möglich, dass sie seine Gedanken erraten hatte... oder? „Naruto hat es mir im Vertrauen erzählt, deswegen habe ich vor den anderen nichts gesagt, aber... Er macht sich auch Sorgen. Anfangs war Sasukes Verhalten ja noch verständlich, immerhin hatte er sich gerade erst seine Gefühle eingestanden und dachte, Naruto überzeugen zu müssen, ihm eine Chance zu geben, aber inzwischen... Er ist nicht mehr einfach viel zu nett und aufmerksam, sondern hat anscheinend wie... wie... Rückfälle in seine alte Art und benimmt sich danach noch seltsamer, als würde er sich dafür schuldig fühlen...“ Mit deutlicher Sorge in ihren weißen Augen sah sie zu ihm auf. „Also habt ihr euch nur zu zweit getroffen? Wann war das?“ „Neji!“ Empört drückte sie seine Hand zusammen, viel zu freundlich, um genug Stärke aufzuwenden, ihm auch nur annährend Schmerzen zuzufügen. „Entschuldige.“ Er versuchte, sein Grinsen zu unterdrücken, aber es war einfach zu süß, wenn sie versuchte, auf einen ihrer Liebsten wütend zu sein. Sie konnte zur wahren Furie werden, das hatte sie zu Kriegszeiten mehr als bewiesen... aber eben nur zu Feinden.... Mit einem Räuspern mahnte er sich zur Selbstdisziplin und schob das geheime Treffen mit Naruto gedanklich zur Seite. Vorerst. „Ich denke, Tenten hat es ganz richtig gedeutet. Sasuke hat sich in den letzten Monaten absichtlich negativ verhalten, um bestimmte Reaktionen von Naruto einzufordern und hat ihm damit sein Leben und seine Beziehungen zu anderen schwer gemacht. Nun, wo er sich selbst in Naruto verliebt hat, muss ihn das schlechte Gewissen quälen und immerhin will er ihm ja beweisen, dass er es wert und fähig ist, ein guter Parter zu sein. Aber es liegt nicht -“ Fragend sah er zu Hinata rüber, als diese ihren Griff festigte. „Ihr zwei habt viele Gemeinsamkeiten, nicht?“ „Hmpf... ... Scheint so, ja. Aber ich hoffe, Sasuke schon einige Schritte voraus zu sein.“ „Bist du denn nur so nett zu mir und den anderen, um mir irgendetwas zu beweisen?“ Über ihren neckenden Tonfall lächelnd, blieb er stehen und zog sie an sich. "Nein. Die anderen sind meine Freunde. Und das ist sicher etwas, das ich Sasuke voraus habe, aber ich war auch nie ein Nuke-nin und nur auf mich allein gestellt. Ich habe höchstens ignoriert, dass es Menschen gibt, die mich unterstützen.“ Eindringlich sah er ihr in die Augen. Er sprach nicht gerne über seine Gefühle und vertraute lieber auf Hinatas empathische Fähigkeiten, aber wenn sie Zweifel äußerte, und sei es nur im Spaß, dann war sein Stolz definitiv zweitrangig. Denn wenn er sich einer Sache im Leben sicher war, dann war sie es. „Wir wissen beide, wie ich dich früher behandelt habe, Hinata, und, dass ich es bereue. Aber nicht nur wegen meiner Gefühle, sondern auch, weil mein Hass damals auf vollkommen falschen Annahmen beruhte. Ich habe nicht angefangen, netter zu dir zu sein, weil ich Gefühle für dich entwickelt habe, sondern weil es unmöglich ist, dich nicht zu mögen, wenn man dich wirklich kennt. Deswegen sage ich zwar oft etwas dazu, wenn du dich allein mit Naruto triffst, aber ich würde euch nicht davon abhalten, nicht wirklich, weil ihr beide Menschen seid, die man nicht nicht mögen kann. Zwar auf unterschiedliche Weisen, aber das Ergebnis ist das Gleiche. Dass ich mich in dich verliebt habe, hat damit nichts zu tun.“ Mit dem schönsten Lächeln legte sie ihm ihre freie Hand auf die Wange. "Du hast ihm auch voraus, dass du mich nicht mehr überzeugen musst. Ich liebe dich.“ Synchron beugten sie sich für einen süßen Kuss zueinander. „Aaaaaw, ihr seid echt süß. Aber ihr seid vom Thema abgekommen. Und außerdem muss mich Sasuke auch nicht mehr von scih überzeugen! Nur leider sieht er das selbst nicht so...“ „Naruto!“ Knallrot im Gesicht löste sich Hinata von Neji, der versuchte, seine eigene Verlegenheit zu überspielen. „Was machst du hier? Ihr wolltet doch zu Sasuke gehen, oder nicht?“ „Jaah... Wollten wir... Bis ihm kurz vorm Anwesen eingefallen ist, dass er heute total spontan einen ganz frühen, dreitägigen Auftrag bekomme hat und ich deswegen besser nicht bleiben sollte.“ Frustriert warf der Blonde die Arme in die Luft. „Ich weiß echt nicht mehr, was ich machen soll. Ob ich überhaupt was machen kann. Ich hab ihm im Prinzip von Anfang an verziehen und seitdem auch nichts mehr dazu gesagt, aber wenn er sich selbst so 'ne Vorwürfe macht, kann ich nichts dagegen tun.“ „Hast du denn überhaupt mit ihm darüber geredet?“ Der Hyuuga hielt zwar nicht viel davon, sich in die Beziehungen anderer einzumischen, aber wenn er so direkt um Rat gefragt wurde, war das etwas anderes. Und es hielt Naruto hoffentlich davon ab, näher auf die peinliche Situation von eben einzugehen. „Öhm...“ Verlegen kratzte sich Naruto am Hinterkopf. „Na ja... Nicht direkt... Also... nein. ... Ich mein... das würde er doch auch wieder als Kritik auffassen, nicht? Und es ist ja nicht so schlimm, im Gegenteil, eigentlich ist es auch ganz schön, im Gegenzug mal selbst so umschwärmt zu werden...“ Gegen Ende wurde seine Stimme immer schwächer und unsicherer. „... Nein. Ich hab... Angst. Ich will, dass es klappt. Es hat vorher schon wehgetan, dauernd abgewiesen zu werden und da wusste ich noch nicht, wie schön es sein würde...“ „Naruto...“ Für einen winzigen Moment rang Neji mit sich selbst, dann ließ er Hinatas Hand los und sie zu ihrem besten Freund gehen. Sie liebte Naruto, würde sie wohl immer, aber jetzt liebte sie auch ihn, und das nicht nur als Freund sondern als Mann! Hinata nahm bestimmt die angespannten Hände des Blonden in ihre und hielt sie fest „Rede mit ihm“, riet sie ihm sanft, aber eindringlich. „Er ist so weit gegangen, damit ihr es doch miteinander versucht, da ist es schädlicher, wenn ihr die Situation einfach so weiterlaufen lasst. Rede mit ihm und mach ihm klar, dass es keine Kritik, sondern Sorge ist. Dass er dich nicht gewinnen und sich nicht schuldig fühlen muss für Dinge, die er in der Vergangenheit getan hat. Er braucht deine Bestätigung und Zuneigung, sonst macht er mit seinen Selbstvorwürfen genau das kaputt, was er mit diesem sonderbaren Verhalten eigentlich aufbauen will.“ „Denkst du? ... Ja, vielleicht hast du Recht...“ „Ganz bestimmt. Das ist anscheinend so'n Männerding, dass man nicht darüber redet, aber das hat euch doch noch nie weitergebracht, stimmt's? Seit du dich in ihn verliebt hast, gab es so viele Missverständnisse zwischen euch... Würdet ihr einfach mehr über das sprechen, was ihr denkt und fühlt, würde es vieles leichter machen...“ „Jetzt klingst du schon wie der notgeile Eremit...“, erwiderte er augenrollend. „Aber wenn du meinst, dass das was bringt...“ „Du bist nicht der Erste, dem sie das sagt“, warf Neji ein und trat näher, um abermals Hinatas Hand zu nehmen, „und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es auf alle Fälle hilft, den anderen besser verstehen zu lernen und einen geimeinsamen Weg zu finden.“ „Sie ist auch nicht die Erste, die mir das sagt... Na dann versuch ich das eben. Danke für die Tipps!“ Schon machte er auf dem Absatz kehrt und wollte losstürmen, da packte ihn Hinata kichernd mit der freien Hand am T-Shirt und Neji half ihr, als der Blonde sich loszureißen drohte. „Naruto!“ „Was?“ „Sasuke wollte doch gleich schlafen gehen, damit er für den Auftrag ausgeruht ist, schon vergessen?“ „Oh, stimmt ja, hehe.“ Kopfschüttelnd ließ sie ihn los. „Deine Impulsivität ist definitiv auch etwas, an dem du arbeiten solltest.“ Der Uzumaki legte den Kopf schief und sah Neji nachdenklich an. „Dein Einfluss ist echt... beeindruckend. Ich weiß bloß noch nicht wirklich, ob ins Gute oder ins Schlechte...“ „Mein Einfluss?“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Du meinst wohl eher dein schlechtes Beispiel für die vielen Jahre, die sie dich bewundert und beobachtet hat.“ „Pah. Damit hab ich ihr doch nur das nötige Selbstvertrauen beigebracht, ihre Meinung frei zu äußern, und nicht-. Upps...“ Hinata lachte, während Neji ihn überlgen angrinste. „Jetzt hab ich's selbst zugegeben, was? Na ja, ist ja auch egal. Wenn ich's nciht gemacht hätte, wäre sie bestimmt zu schüchtern gewesen, um mit dir auszugehen, Neji, also solltest du mir lieber dankbar sein!“ Der Schwarzhaarige schnaubte amüsiert. „Darauf kannst du lange warten.“ „Ich hab Zeit!“ Breit grinsend salutierte Naruto. „Dann mach ich mich mal auf den Weg, ich muss schließlich Pläne schmieden, um jetzt Sasuke das gleiche Selbstvertrauen beizubringen, nicht? Danke nochmal und noch viel Spaß beim Knuuuuutschen!“ Und weg war er. Neji und Hinata standen beide rot angelaufen und händchenhaltend auf der Straße, bis der junge Mann sich wieder gefasst hatte. Mit einem leichten Impuls an die Hand seiner Freundin setzte er sich in Bewegung. „Es reicht, dass er uns so gesehen hat. Lass uns nach Hause gehen.“ Hinata folgte ihm lächelnd. *** Niedergeschlagen warf Naruto einen Seitenblick auf Sasuke, der ihn seit dem Morgen eiskalt ignorierte. Es war schon fast, als wäre er wieder ganz der Alte und ihre gemeinsame Zeit als Paar nur ein schöner Traum gewesen... Er wusste nicht mal, was er dafür getan hatte. Gar nichts eigentlich. Aber es musste irgendetwas damit zu tun haben, dass er jetzt hier war, mit bei dem Auslandsauftrag. Dabei war das gar nicht seine Entscheidung gewesen. Als er gestern Nacht nach Hause gekommen war, war eine Nachricht von der Hokage unter seiner Wohnungstür durchgeschoben worden, mit den Information, dass er sich früh am nächsten Morgen für einen dreitägigen Auftrag am Westtor einfinden solle, also hatte er das eben gemacht und nicht mal in Erwägung gezogen, dass das die gleiche Mission wie Sasukes sein könnte. War es aber und er selbst hatte sich gefreut, als er seinen Freund dort hatte stehen sehen. Ganz im Gegensatz zu diesem, der ihn nur geschockt angestarrt und seitdem nicht weiter beachtet hatte. Naruto seufzte. Wenn es wenigstens eine spannende Reise voller Gefahren und Kämpfe gewesen wäre, hätte er nicht so viel Zeit gehabt, über diese unfaire Behandlung nachzudenken, aber es war nur eine adlige Familie, die Urlaub in Konoha gemacht hatten und sich nun den bestmöglichen Geleitschutz für den Rückweg erkauft hatten, sprich: es war todlangweilig. Zu Gesprächen kam es auch nicht wirklich, da ihre Auftraggeber unter sich blieben und als Naruto anfing, den Kindern auf ihre neugierigen Fragen zu seinem „ultracoolen“ Leben zu antworten, wurden sie alle drei vom Familienvater zurechtgestutzt. Seitdem herrschte Stille in der Gruppe. Wieder linste er zu seinem Freund rüber, aber es war sinnlos. Sasuke sah auf das Meer hinaus, als würde er nach Gefahren Ausschau halten, doch er merkte ihm an, dass er in Wahrheit in düsteren Gedanken versunken war. Schmollend verschränkte er die Arme und blickte in die entgegengesetzte Richtung. Schön, sollte er doch machen, was er wollte. Heute Abend würden sie bestimmt sowieso in ein Zimmer einquartiert werden und dann würde er ihn zur Rede stellen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)