Mamá von Ajaka ================================================================================ Kapitel 3: Erinnerung --------------------- Kaum waren die Jungs weg, ging Antonia in den Garten. Im Gebüsch hatte sich vor einigen Wochen eine Familie Landschildkröten niedergelassen, die sich nun von der Spanierin füttern ließen. Gut 15 Minuten saß sie im Garten und beobachtete die Familie beim Essen, als es an der Tür klingelte. Antonia stand auf, strich den ewig langen Rock glatt und ging an die Tür. Neugierig sah sie durch den Spion, sah aber nicht mehr als die Farbe Rot. Als sie die Tür öffnete, wurde ihr ein Dutzend Rosen entgegen gehalten. „Rosen für eine schöne Frau sind wichtig, wenn man sie unangekündigt aufsucht.“, meinte eine ihr bekannte Stimme. Ein verschmitzt lächelnder Mann mit blonden Haaren nahm seine Sonnenbrille ab und funkelte sie an. „Francis!“, hauchte Tonia, nahm die Rosen entgegen und grinste. „Was verschafft mir die Ehre?“ „Warte, warte, meine Schöne!“ Lachend beugte er sich zu ihr, gab ihr links und rechts ein Küsschen, ehe sie ins Wohnzimmer gingen. „Also, was gibt es denn, dass du aus Frankreich extra hier in diese verlassene Gegend kommst?“, hackte die Spanierin gleich nach, während sie nach einer Vase suchte. „Ich komme nicht direkt aus Frankreich. Ich habe einen Umweg über Italien gemacht.“, meinte der Franzose vorsichtig. Besorgt nahm er wahr, wie Tonias Bewegungen langsamer wurden. „Und…? Was gibt es Neues…?“ Langsam ging sie in die Küche und füllte die Vase mit Wasser. Francis folgte ihr. „Der Alte hat abgedankt. Und sein Enkel hat nun den Posten übernommen. Dabei ist er erst 22! Und um Längen blutrünstiger…“ „So… er hat es also geschafft…“ Antonia räusperte sich und ihre Stimme war nun deutlich tiefer. „Dann ist Lovino also nun der neue Kopf der Mafia?“ „Oui. Und seine große Leidenschaft ist die Jagd. Rate mal, wer sein weißer Hirsch ist…“ „Mein verschollener Zwillingsbruder?“ „Toni, dass ist NICHT lustig! Du hast dich gut versteckt und der Alte hat sich nicht weiter für dich interessiert, weil du eben ‚nur‘ ein Problem seines Enkels warst. Aber nun ist besagter Enkel der Chef der Mafia und wird dich suchen!“ Seufzend sah er auf die vielen Fotos von Gilbert. „Im Übrigen hat Lovino einen Halbbruder, der hier lebt.“ Er bekam nicht mit, wie Antonia sich versteifte und redete einfach weiter. „Ein aufgeweckter und tollpatschiger Junger… Er ist ein Freund deines Sohnes; Feliciano Vargas.“ Erschrocken fuhr Francis herum, als es klirrte. Antonia hatte die Vase vor Unglauben fallen gelassen und starrte ihren besten Freund nun ängstlich an. Der Franzose kam nun zu ihr, sammelte die Rosen auf und legte sie ins Spülbecken, ehe er seine geschockte Freundin aus den Scherben und zu einem Stuhl führte. „Das… das ist nicht wahr…“, murmelte sie. „Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass es nicht klug ist, ein Kind zu adoptieren. Es kann so viel nach hinten losgehen. Es wird dir bei der Flucht nur eine Last sein!“ „Aber es wirkt natürlich… Und… ich konnte ihn doch nicht im Heim lassen! Das ging nicht, Francis! Weißt du, wie traurig er war?! Kein Kind sollte so aufwachsen!“ Fest sah sie ihn an. „Ich gebe ihn nicht her! Er ist MEIN Sohn!“ Der Franzose seufzte. Bei dem Sturkopf konnte man nur verlieren. Trotzig stand sie nun wieder auf und räumte die Scherben weg. „Antonia… Hey, ich habe doch gar nicht gemeint, dass du ihn weggeben sollst…“ „Es hat sich aber so angehört…“, murmelte sie. „Ich- ich habe mir mein Leben neu aufgebaut… als Frau… Das war nicht leicht und Gilbert… Er hat mir danach so viel Kraft gegeben…“ Ihr ganzer Körper bebte. Ihre Maske, die sie so mühselig aufgebaut hatte, drohte zu brechen und sie hatte Angst, diese Maske nicht wieder aufsetzen zu können. Das durfte nicht passieren, nicht jetzt, wo ihre größte Gefahr so nah war. Mit dieser Jugendsünde hatte sie sich ihr ganzes Leben versaut! Heftig zuckte sie zusammen, als Francis sie in den Arm nahm. „Kopf hoch… Du hast schon so viel gemeistert, da wirst du diese Kriese nun überstehen.“ Kurz stand er auf, befeuchtete ein Tuch und wischte Antonia sanft die Schminke aus dem Gesicht. „Sieh doch, was du aus dir gemacht hast… Mit ein paar Handgriffen hast du aus dir eine wunderschöne Dame gemacht, der ich sofort den Hof machen würde… also weine nicht.“ Lächelnd wischte er als letztes den Lippenstift, welcher einen zarten Rosaton hatte, weg und küsste die ungeschminkten Lippen. „Wo ist dein Sohn im Moment, Tonia?“ „B-bei Freunden… Er kommt erst morgen wieder.“ Der Franzose stand auf, hielt ihr die Hand hin und zog sie wieder auf die Füße. „Dann haben wir ja alle Zeit der Welt.“ Mit ihr an der Hand ging er in ihr Schlafzimmer. In ihr Reich. Wo sie diejenige sein konnte, die sie wirklich war. Nur Francis wusste, wer sie eigentlich wirklich war. Nur er kannte das Geheimnis. Nur er durfte hinter ihre Maske sehen und sie ihr behutsam abnehmen, für ein paar Stunden. Er war liebevoll und sanft, einfach ihr bester Freund. Und eben diesen gab sie sich nun hin, um Trost zu finden und um zu vergessen. Nur für ein paar Stunden… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)