PMD Himmel jenseits von Zeit und Dunkelheit - Reptains Sicht von Skampi835 ================================================================================ Kapitel 1: 01 - Ausbruch aus dem Alptraum -----------------------------------------             Ich rannte und rannte, immer schneller, immer weiter. Ich konnte nicht mehr. Doch ich musste weiter! Meine Aufgabe, meine Bestimmung! Mein Ziel! Ich war diesem so nahe wie noch nie zuvor! Wir waren fast da! Panisch blickte ich über meine Schulter. Hatten wir unsere Verfolger abgehängt? Ich hörte nichts außer das Blut, das durch meine eigenen Ohren rauschte und mein Herz, welches mir bis zum Hals schlug. Meinen Atem, der durch die bereits schmerzenden Lungen hineingepresst und wieder herausgepumpt wurde, fühlte  sich an, als wären meine Lungenflügel mit zerbrochenen Glassplittern gespickt.         Ich tauchte unter einem niedrig hängenden Ast hindurch. Meine Augen erblickten den blattgrünen Umriss, der sich so deutlich von der Umgebung abhob.       »Los, los! Wir müssen weiter! Schneller!«, rief die tiefe, kratzige Stimme, die mir in den letzten Monaten so vertraut geworden war wie keine andere. Mein Herz pumpte weiter, meine Beine, bereits so schwer wie Blei, bewegten sich dennoch geschickt weiter. Ich rauschte mit einem Affenzahn um einen Busch herum, dessen Blätter sich sogar nicht bewegten als ich ihn streifte und mir ein Loch in mein rechtes Hosenbein riss, woraufhin die Blätter zerbrachen. Ich bog in eine Lichtung ein und stieg den Pfad weiter hinauf, den mir mein Freund wies.       »Los doch. Mach jetzt bloß nicht schlapp!«, rief er mir wieder und wieder zu. Er kam mir inzwischen vor wie ein Vogel, der immer wieder das gleiche krächzte.         Vielleicht war ich dankbar dafür, dass meine Lippen so trocken waren. Mein trockener Mund hinderte mich daran, ihm etwas entgegen zu werfen, das nicht unbedingt freundlich gewesen wäre. Meine Stimme hatte unter der Anstrengung des Atmens ebenfalls bereits versagt. Der Anstieg wurde wieder höher. Ich stützte mich von Mal zu Mal an den Bäumen ab, die in meiner Reichweite standen, um mich schwungvoll mit den Händen etwas nach vorne zu katapultieren. Nun, in meiner Einbildung war es zumindest sehr schwungvoll.         Ich sprang über eine ergraute, riesige Baumwurzel, die sich vor mir durch die Erde schlängelte und die Sicht auf meinen Weg versperrte. Zu meinem Entsetzen ging es auf der anderen Seite steil bergab. Damit hatte ich nicht gerechnet und landete unsanft auf den Füßen, strauchelte und fiel zu Boden. Ein nerviges Geräusch pfiff durch meine Gedanken, neben meinem Puls, der mit jedem Herzschlag nur noch lauter wurde und wahrscheinlich durch den ganzen Wald zu hören sein musste. Klauen griffen nach mir, wollten mich zum aufstehen bewegen, doch sie kratzten mich nur. Ich wusste, dass es mein Begleiter war, der mich dazu drängte.       »Wir haben es fast geschafft! Gib jetzt nicht auf!«, raunte er, während sich seine Krallen durch meine Lederweste gruben. Ich rang nach Atem und sah starr nach oben an meinem Begleiter vorbei in das erstarrte, graue Blätterdach, welches sich über mir aufbaute und sich nicht bewegte.           Einige Monate zuvor         »Heh, was macht ihr da schon wieder?!«, brüllte das Mädchen über die Wiese und beeilte sich, zu ihren beiden jüngeren Brüdern zu gelangen. Sie fuchtelte unheilvoll mit einem Stock in der Luft herum, während sie sich den Zwillingen näherte.       »Nichts!«, log der eine und versuchte sich vor seine Missetat zu stellen, um diese zu verbergen, was ihm aber absolut nicht gelang. Mit großen Augen starrte er auf seine ältere Schwester, die sich vor ihm aufbaute. Die schulterlangen, braunen Haare des Mädchens bewegten sich, als sie den Kopf verächtlich schüttelte.       »Pah! Und was ist das?!«, fragte sie abfällig und deutete über ihren Bruder hinweg.       »Ist das nichts? Ihr habt wirklich nur Unfug im Kopf!«, tadelte sie aufbrausend. »Lasst es sofort frei!«       »Nein!«, rief der zweite der Geschwister aufmüpfig und schüttelte energisch mit dem Kopf. »Wir haben es selbst gefangen.«       »Ja.«, stimmte der andere zu. »Wir haben unsere Bodenfalle verstärkt.« Er konnte es sich nicht verkneifen, Stolz drein zu sehen.       »Und was wollt ihr mit ihm anstellen? Ihm dabei zusehen, wie es sich selbst erwürgt?«, blaffte das Mädchen weiterhin rasend vor Wut. »Ihr seid widerlich!«       Die letzten Worte zischte sie und begann drohend mit dem Stock zu fuchteln. Die Zwillinge zuckten zusammen und rannten in verschiedene Richtungen auseinander, damit ihre Schwester sie nicht doch treffen konnte. Sie konnten immerhin nicht wissen, dass sie überhaupt nicht vor hatte die beiden zu verletzen. Endlich bekam das Mädchen einen Blick auf die Bodenfalle, welche sich stramm gezurrt auf dem Boden befand. Etwas Großes huschte scheinbar panisch darunter herum und versuchte sich vergeblich freizukämpfen. Doch die Bodenfalle war leider wirklich sehr stabil. Das Mädchen drehte sich zu ihren Brüdern um.       »Haut ab!«, rief sie und fuchtelte noch einmal erbost mit dem Stock herum. »Wenn ihr Trainer werden wollt, schön! Aber nicht auf eine solche makabere Art und Weise!«       »Pah!«, rief einer der Brüder und funkelte das Mädchen zornig an. »Tu nicht so, als wärst du unsere richtige Schwester, Merilla!« Der andere nickte und blaffte ebenfalls.       »Genau. «, stimmte er zu und die beiden nahmen die Beine in die Hand als sie über das graue Feld liefen.         Auf Merillas Stirn hatte sich eine Zornesfalte gebildet, während sie mit verengten Augen ihren Brüdern hinterher sah. Ja, sie war keine leibliche Schwester der beiden Zwillinge, dennoch hatten ihre Zieheltern sie aufgenommen, sie geliebt und aufgezogen als wäre sie ihre eigene Tochter gewesen. Bis vor einigen Jahren war sie selbst noch in dem Wissen gewesen, dass die beiden ihre leiblichen Eltern seien. Doch sie hatten es ihr notgedrungen erzählen müssen, als Merilla ein kleines Kästchen gefunden hatte und Fragen stellte. In dem Kästchen war ein Brief gewesen, der an sie adressiert war. Es ärgerte sie, dass ihre Brüder dieses Geheimnis herausgefunden hatten. Hinter dem Mädchen, das noch immer den Brüdern hinterher starrte, die schon weit in der Ferne waren, raschelte es erneut und sie konnte ein Ächzen hören.         Sie drehte sich um und sah auf das Geschöpf herab, welches in die Bodenfalle ihrer Brüder getappt war. Es bewegte sich wild in seinem Gefängnis und merkte dabei nicht, dass es die Schlingen seiner Gefangenschaft nur noch fester zuzog. Merilla stieg auf die Bodenfalle, darauf achtend nicht auf die Wölbungen zu treten unter denen sich das Wesen befand und ging in die Hocke, allerdings begann es nur noch sich heftiger, panischer zu bewegen. Merilla konnte es noch nicht einmal erkennen, nur das ein oder andere Mal stach etwas Blattgrünes hinter dem Gewirr der Seile heraus.       »Heh,«, begann Merilla, woraufhin das Zucken für einen Augenblick erstarb. Das braunhaarige Mädchen ließ den Stock rollend zur Seite gleiten und fingerte zwischen den Seilen herum. »Ich will dir nichts tun. Ich werde dich befreien.«, begann sie so ruhig es ihr möglich war zu reden.       Die Bewegungen unter den Seilen hatten noch nicht gänzlich gestoppt, dennoch war das Wesen ruhiger geworden. Merilla konnte förmlich die Panik spüren, welche sich unter der Bodenfalle angesammelt hatte. Sie pustete sich eine nervige Strähne aus dem Gesicht, als sie wieder frustriert ihre Hände zurückzog. Ihre Brüder waren wirklich talentiert was Fallen anging, sie wurden von Mal zu Mal besser. Sie bemerkte ein gelbes Augenpaar, welches sie misstrauisch musterten. Sie näherte sich diesem, woraufhin das Zucken gänzlich erstarb. Sie kauerte neben dem Wesen, welches sie immer noch nicht identifizieren konnte.       »Ich hole dich hier heraus, ich verspreche es.«, murmelte Merilla beruhigend dem repitlienartigen Augenpaar entgegen. Sie öffnete ihre Gürteltasche und holte ein kleines Messer heraus. Die Bewegungen nahmen augenblicklich wieder zu und Merilla stemmte sich nun mit dem Knie auf das Wesen.       »Wenn du ruhig bleibst, kann ich dich nicht verletzen. Du musst mir vertrauen, ansonsten verletzt du dich selbst.«, raunte sie jetzt lauter, doch ihre Worte erzielten die gewünschte Wirkung.       Immer noch misstrauisch funkelte das Augenpaar, doch die Bewegungen erstarben diesmal völlig. Merilla begann Knoten um Knoten zu lösen. Das Geflecht lichtete sich nur sehr langsam, mehrmals durchschnitt sie denselben Strick. Konzentriert öffnete sie die Falle und nach einigen Atemzügen konnte sie die grasgrünen, langen Halmblätter des Wesens erkennen. Sie wusste, dass es diese zur Verteidigung und zum Angriff einsetzte und dass diese sehr scharf waren und tief schneiden konnten. Doch in dieser Situation hatten sie ihm nur wenig geholfen. Merilla durchtrennte die letzten Stricke der Bodenfalle und nahm ihr Knie von dem Pokemon, welches sich auf der Stelle aufrichtete und sie aus seinen gelben Augen anstarrte.         Merilla lächelte leicht. Ein Reptain sah man selten in dieser Gegend. Sie beachtete das offensichtliche Misstrauen in Reptains Blick kaum.       Das Pokemon schien nicht zu wissen ob es ihr den Rücken kehren und sofort weglaufen sollte oder doch lieber auf der Hut vor ihr sein sollte. Reptain starrte Merilla einfach nur an. Einen Ausdruck auf dem Gesicht des Pokemons konnte das Mädchen nicht feststellen.       »Du bist frei.«, sprach das Mädchen leise. Doch Reptain rührte sich immer noch nicht, er sah sie einfach nur an. Merilla stellte fest, dass dieses Reptain merkwürdig mitgenommen wirkte, als wäre es lange Zeit gerannt und nicht zur Ruhe gekommen.       »Danke.«, sprach Reptain mit einer tiefen, kratzigen Stimme, doch die Tatsache dass sie das Pokemon verstehen konnte, schien sie überhaupt nicht zu stören. Merilla hob die Hand und wollte Reptain endlich zum Gehen bewegen, da dieser sie noch immer einfach nur anstarrte. Als sie Reptain an der Schulter berührte, geschah etwas sehr Merkwürdiges. Ihre Sicht verschwamm und eine unbekannte Schwärze hüllte sich um sie. Sie merkte noch wie sie zurückfiel und sich ihr Körper verkrampfte. Stille legte sich über ihre Gedanken.   »Sie wollen den Lauf der Geschichte verändern?« »Sie reisen in die Vergangenheit um mich aufzuhalten?!« »Sie wissen von den Zahnrädern der Zeit?!« »Sie wissen nicht, mit wem sie es zu tun haben!«   Dann ertönte ein irres, wahnsinniges Gelächter welches sich in der Ferne des Echos verfing.         Merilla schlug die Augen wieder auf. Was war das nur gewesen? Sie richtete sich ohne Probleme auf. War sie ohnmächtig gewesen?       »Nein...«, murmelte sie leise. Nicht ohnmächtig, aber etwas anderes. Ein Zustand, den sie bisher nur einmal gehabt hatte und dieser lag schon sehr lange zurück. Damals war sie noch ein kleines Mädchen gewesen. Blinzelnd sah sie sich um. Das Reptain war verschwunden. Doch als sie sich in einen bequemen Schneidersitz aufsetzte, merkte sie, dass nicht nur das Pokemon verschwunden war. Sie sah an ihre Hüfte hinab und richtete sich sofort auf um sich umzusehen. Hatte sie ihre Gürteltasche verloren? Sie tastete sich hektisch ab, doch dann verengte sie die Augen. Dieses Reptain hatte ihre Gürteltasche mitgenommen! Es wäre ihr an sich recht egal wegen der Tasche, aber sie trug in dieser Tasche etwas mit sich, was von fundamentaler Wichtigkeit für sie war. Neben einem Schlauch mit Wasser und ein wenig Obst befand sich in der Gürteltasche eine Halskette. Eine Kette die sie – wie sie später herausgefunden hatte – von ihrer leiblichen Mutter vererbt bekommen hatte. Sofort sah sich Merilla um und hob ihren Stock auf der einen knappen halben Meter neben ihr auf dem grauen Feld lag. Sie sah sich in der Ferne um, konnte aber nur wenig erkennen wegen der Dunkelheit, die ihr bereits so normal vorkam, dass sich ihre Augen mit der Zeit einfach daran gewöhnt hatten.         Auf der anderen Seite des Feldes glaubte sie eine Bewegung in der Dunkelheit ausmachen zu können. Einen Schatten hinter einigen Bäumen. Merilla rannte los und erreichte den Waldrand. Sie versuchte nicht die Büsche oder Sträucher zu streifen die auf ihrem Weg wuchsen. Bereits öfters hatte sie die Erfahrung gemacht, dass es einfach nur schmerzte sich mit einem starren Busch anzulegen.         Merilla ging pirschend mehrere Meter ehe, sie etwas hörte und inne hielt. Es war das Rascheln von Blättern. Sie wusste nur zu genau, dass die Blätter in diesem Wald keinen Ton von sich gaben. Geduckt schlich sie weiter und sah dann die grünen Blätter, die sich so sehr von der Umgebung abhoben. Sie stachen förmlich heraus. Merilla hielt ihren Stock in der Hand als sie auf die Lichtung ging und ihre Deckung aufgab.         Reptain, das Pokemon, welches sie vor wenigen Minuten noch befreit hatte, lag auf dem grauen Waldboden. Es war vermutlich gefallen, aber es war nicht bei Bewusstsein. Merilla konnte sich nicht erklären, woran das liegen mochte, doch dann erinnerte sie sich an die Erschöpfung. Reptain sah aus, als sei er schon sehr lange unterwegs gewesen, ohne eine Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Als sei er auf der Flucht vor irgendetwas gewesen. Sie kniete sich neben dem Pokemon hin und zog ihre Gürteltasche aus seinen Klauen, welche die Tasche umklammert hielten. Ihr Blick haftete auf Reptain, ein unscheinbares Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Unter normalen Umständen hätte sie sich nun einfach wieder zurückgezogen, doch die Umstände hatten sich geändert. Außerdem war da diese... Vision gewesen. Diese Stimme, die sie für den Bruchteil weniger Sekunden vernommen hatte. Es wollte sie nicht loslassen.         Merilla war fest entschlossen, mehr darüber herauszufinden und sie glaubte, dass Reptain der Schlüssel für ihre Fragen war. Sie zog ein Stück Stoff und ihren Trinkschlauch aus ihrer Gürteltasche und öffnete diesen. Sie beträufelte das Stück Stoff mit etwas Wasser und wusch damit etwas zögernd Reptains Gesicht. Die reptilienartigen, gelben Augen des Pokemons öffneten sich schwer und schlossen sich sofort wieder. Er versuchte sich mit aller Kraft aufzustemmen. »Du solltest dich ausruhen.«, stellte Merilla bestimmt fest. »Außerdem musst du mir einige Fragen beantworten.«       »Hrmpf… Muss ich das?« Die Augen von Reptain öffneten sich zur Hälfte und sahen das Mädchen missmutig an. Spöttelnd blinzelte er sie an.       »Oh, Verzeihung, dass ich deine Tasche mitgenommen habe.« Die Worte trieften vor Sarkasmus. »Lässt sich bestimmt nicht so einfach ersetzen für einen Menschen, wie?«         Merilla schüttelte leise seufzend den Kopf und ihre Hand wanderte erneut in die Tasche. Sie holte eine Kette daraus hervor, an dem ein Anhänger baumelte. Ein wunderschöner, himmelblauer Stein in der Form eines Tropfens. »Nein, der lässt sich gewiss nicht ersetzen.«, murmelte sie leise, doch lächelte sie warm. »Diese Kette ist von meiner Mutter, sie bedeutet mir sehr viel.«       Reptain setzte sich dann schließlich auf. Es war auf den ersten Blick zu erkennen, dass er in keiner guten Verfassung ist, dennoch wahrte er jeden Funken seiner Würde. Merilla wog ihre Worte gewissenhaft ab, bevor sie zu sprechen begann. »Eben, als ich dich berührte um dich zum Gehen anzutreiben, da hatte ich eine Vision.«       Reptain heftete seine gelben Augen auf Merilla und betrachtete sie. »Eine Vision?«       Er legte den Kopf schief. »Aha?«         »Ich habe eine Fähigkeit. Sie nennt sich Dimensionaler Schrei. Manchmal, wenn ich einen Gegenstand oder ein Wesen berühre welches mit… etwas bestimmten im Zusammenhang steht, bekomme ich eine Vision. Aber es ist schon so, so lange her, dass ich eine hatte.«       Reptain blinzelte, sagte aber nichts. Eher unbeteiligt starrte er sie an.       »Es sind Visionen aus der Vergangenheit, oder aus der Zukunft.«, erklärte Merilla unbeirrt weiter. Immerhin hatte sie seine Aufmerksamkeit, das musste ihr wohl fürs Erste reichen. »Was weißt du über einen Gegenstand, das man Zahnrad der Zeit nennt?«, fragte sie nun etwas vorsichtig.       Die Reaktion von Reptain hatte sie erwartet. Er weitete seine Augen kaum merklich und war nicht mehr abwesend, als er sie misstrauisch und teilweise erstaunt ansah.       »Was weißt du über die Zahnräder der Zeit?«, fragte er scharf, doch das Mädchen schüttelte nur den Kopf.       »Nichts. Ich hatte eine Vision in der von ihnen gesprochen wurde.«, gab sie zu.       Merilla konnte nicht deuten, was in Reptain vor sich ging, als er sie ansah. »Was wurde gesprochen? Und wer hat gesprochen?«, fragte er nach einigen Sekunden.       Merilla sah Reptain lange an. Sie hoffte ebenfalls Antworten zu bekommen und nicht nur Informationen preis zu geben. Doch sie hatte nichts zu verlieren, wenn sie Reptain alles erzählte was sie wusste, oder?       »Nur, dass jemand davon weiß und dass irgendjemand den Lauf der Geschichte verändern möchte.«, offenbarte sie ihm leise. »Ich weiß nicht, wer es war, der gesprochen hat, aber er klang sehr, sehr aufgebracht darüber, dass jemand über die Zahnräder der Zeit Bescheid weiß.«       »Der Dimensionale Schrei, er hat sich ausgelöst, als du mich berührt hast?«, fragte Reptain aufmerksam weiter. Merilla nickte etwas zögerlich und Reptain sah sich seine Schulter an, an der Merilla ihn berührt hatte. Verwundert blickte er zu dem Mädchen als sei sie etwas Besonderes. Die Braunhaarige fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut.       »Ich komme von dem Zeitturm.«, sprach Reptain nach einigen Minuten der Stille. »Du siehst die Verletzungen an meiner Schulter?«, fragte er und deutete mit seiner Klaue darauf. Merilla nickte als sie die Schnittspuren erkannte die sich über die Haut des Pokemons zogen.       »Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit… einem Pokemon von dort.«, antwortete er ausweichend. »Auf dem Zeitturm befindet sich eine Plattform in der fünf Einkerbungen sind. Die Zahnräder der Zeit gehörten vor vielen Generationen zu dem Zeitturm. Sie sind kleine Teile von ihm. Doch sie wurden von dort entwendet und über die Insel verstreut. Man glaubte lange, dass die Zahnräder der Zeit in diesen Regionen in denen sie platziert wurden die Zeit regulieren. Doch die gesamte Zeit wurde durch den Zeitturm reguliert. Als dieser einstürzte, hatten die Zahnräder allein keine Macht mehr, die Zeit in den Gebieten weiterhin am Laufen zu erhalten. Das Resultat ist das, was du um dich herum siehst. Unsere Welt.«         Merilla blinzelte überrascht über den Fluss an Informationen, der über sie hereinbrach. Der Blick von Reptain haftete weiterhin auf dem Mädchen.       »Heißt das…«, begann das Mädchen und ein verrückter Plan begann in ihrem Kopf Gestalt anzunehmen. »Wenn wir die Zahnräder der Zeit finden und sie dort einsetzen – in diese Plattform meine ich – dann fließt die Zeit in unserer Welt wieder?«, fragte sie nach. Ihre Stimme wurde mit jedem ausgesprochenen Wort immer leiser.       Möglich wäre es.«, sprach Reptain. »Aber ich habe keine Ahnung wo ich die Zahnräder der Zeit finden könnte… Oder doch?« Reptain hob seinen Kopf und sah das Mädchen dabei eindringlich an.       Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch überlegte Merilla, was Reptain damit meinen könnte, aber sie hatte keine Ahnung. Sie selbst hatte von den Zahnrädern der Zeit eben erst erfahren. Doch dann blinzelte sie verdutzt und murmelte ungläubig: »Der Dimensionale Schrei?«       Sie sah wie sich auf Reptains Gesicht ein zufriedener Ausdruck legte. »Vielleicht hat er sich deswegen ausgelöst. Es ist schon sehr lange her als er das letzte Mal ausgelöst wurde und ich eine Vision gesehen habe. Vielleicht…«, sie verstummte. Reptain lauschte, auch wenn zunehmend angestrengter. »Ich hatte einmal eine Vision als ich noch ein kleines Kind war. Da hatte man mich über den Dimensionalen Schrei aufgeklärt. Es war in der Nähe der Wüste. Man sagte mir, dass sich der Dimensionale Schrei nur auslöst, wenn er in Verbindung mit einem bestimmten Thema steht.«, erklärte sie und ihre Worte überschlugen sich teilweise. Sie war aufgeregt.       »Du warst am Zeitturm, da hast du dir die Verletzung zugezogen. Es ist einen Versuch wert nachzusehen, ob mein Dimensionale Schrei mit der Lähmung des Planeten zusammenhängt… oder?«, fragte sie laut und hob den Blick zu Reptain.       Dieser legte den Kopf schief und sah zufrieden aus. »Sieht so aus als würden wir gemeinsame Sache machen.«, sprach er. Merilla nickte. »Wenn ich etwas tun kann um das Hier und Jetzt zu verändern werde ich es tun.«, sagte sie entschlossen.       »Gut. Somit wären wir Partner.«, ein Lächeln breitete sich auf Reptains Lippen aus. »Was hast du in der Nordwüste gemacht? Das Gebiet liegt nicht gerade um die Ecke.«, scherzte er, doch Interesse sickerte durch seine Frage.       Merilla schüttelte abwehrend den Kopf.       »Nicht so wichtig.«, sprach sie hastig. Glücklicherweise fragte Reptain nicht nach. Sie musste ja nicht erzählen, dass sie in ihrem kindlichen Leichtsinn eine Wette abgeschlossen hatte.               Ich blinzelte benommen und schnaufte, während mein Herz viel zu schnell gegen meinen Brustkorb hämmerte, als ich mich wieder meiner derzeitigen Situation bewusst wurde. »Ich bitte dich.«, redete Reptain nun drängender. »Steh auf!«       Bittet er mich etwa wirklich darum? Mit einem Stöhnen richtete ich mich immer noch keuchend auf und schaffte es dann doch wenigstens einmal tief durchzuatmen. Mein Blick ging von dem erstarrten Blätterdach über mir hinunter zu meinem Partner, der mich aus seinen reptilienartigen, gelben Augen ansah. Besorgnis spiegelte sich in ihnen.       »Es ist nicht mehr weit, dann kommen wir zu dem Ort, von dem sie uns erzählt hat.«, berichtete er.       Ich nickte. »Sie wird bestimmt schon auf uns warten.«, sprach ich immer noch atemlos, in einer für mich fremden Stimme. Ich versuchte zu schlucken, doch meine Kehle fühlte sich wund an. Ich beugte mich vornüber. Meine Kräfte waren an einem Punkt angelangt, bei dem ich zugeben musste, dass ich nicht mehr konnte. »Haben wir die Zobiris abgeschüttelt?«       Reptain schüttelte den Kopf und das große Halmblatt, welches aus seinem Kopf heraus wuchs, wippte mit seiner Bewegung mit.       »Nein, ich kann sie noch immer den Wald durchforsten hören. Sie sind fern, aber wir müssen uns dennoch beeilen.«, drängte er.         Ich stemmte mich wieder hoch und das knapp zwei Köpfe kleinere Pokemon starrte mich an. »Du weißt doch noch, was wir uns damals versprochen haben, oder?«, fragte Reptain entschlossen und ging vorweg um mir den Weg zu weisen. Ich strengte mich an zu laufen, doch mehr als ein träges Stolpern durch den Anstieg brachte ich nicht zu Stande. Dennoch versuchte ich mich auf den Weg, der sich vor mir erstreckte, zu konzentrieren und schnell zu sein. Ja, das was wir uns damals versprochen hatten… Wie könnte ich das je vergessen? Und auch, wie es zu dem Entschluss kam…         Einige Monate zuvor         »Was? Hier war ein Zahnrad der Zeit? Und wo ist es jetzt?!«, fragte Reptain ungehalten. Merilla schüttelte den Kopf. »Es ist im Laufe der Zeit verschwunden. Ebenso wie das in der Nordwüste und auf der Schuttruine. Es entschwand aus seiner Form und der Welt, da es keinen Nutzen mehr hatte.«, versuchte Merilla beschwichtigend zu erklären, während sie ihre Hand von dem Podest zog und schwer seufzen musste. Also konnte man die Zeit doch nicht mehr zum Laufen bringen. Womöglich wäre es auch unmöglich gewesen Schatten-Dialga lange genug zu beschäftigen, um die Zahnräder der Zeit in die Einkerbungen der Plattform zu setzen. Vor allem jetzt, da es vollkommen den Verstand verloren hatte und der Dunkelheit verfallen war.         »Verdammt! Aber warum?«, fluchte Reptain und schlug mit den Halmblättern aus seinen Unterarmen, die sich glühend verformt hatten durch das Gras. Doch es erfolgte absolut keine Reaktion.       »Warum führt uns dein Dimensionaler Schrei zu diesen Orten?« Die braunen Haare des Mädchens wippten, als diese abermals den Kopf schüttelte.       Sie wusste das doch selbst nicht genau. Merilla hatte die Strapazen der Reise auf sich genommen, weil sie gehofft hatte eine Lösung für die Lähmung des Planeten zu finden. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie in eine Welt sehen konnte, die nicht von immerwährender Dunkelheit überschattet wurde. Doch dies war bereits der dritte Ort, den die beiden aufgesucht hatten. Ihre Visionen hatten sie zu den Orten geführt und sie hatten auch die genauen Aufenthaltsorte der Zahnräder der Zeit herausgefunden, doch nie die Zahnräder der Zeit selbst. Scheinbar brachte ihnen die Suche recht wenig, wäre da nicht diese eine Vision vor ein paar Tagen gewesen als sie Reptain begegnet war.   »Sie wollen den Lauf der Geschichte verändern?« »Sie reisen in die Vergangenheit um mich aufzuhalten?!« »Sie wissen von den Zahnrädern der Zeit?!« »Sie wissen nicht, mit wem sie es zu tun haben!«         Eine Gänsehaut kroch über ihren Körper, als sie sich das nachhallende Gelächter des Wesens ins Gedächtnis rief. Diese Vision, das wusste sie nun, war die Zukunft gewesen. Es war eine Unterhaltung, die sie vielleicht selbst nicht mitbekommen würde, aber sie war sich sicher, dass sich noch irgendetwas offenbaren würde, damit sie die Kieselsteinchen aufeinander stapeln konnten um die Lähmung des Planeten aufzuheben. Den Lauf der Geschichte verändern… Merilla überdachte die Worte der Vision und fragte sich ob sie irgendetwas übersehen hatte.       »So ein Mist!«, rief Reptain wütend und schlug noch einmal aus, ehe er sich aufrichtete. »Ich bin weg.«, sagte er dann aufgebracht und kehrte dem Mädchen den Rücken zu. »Es hat ja doch keinen Sinn.«         Merilla drehte sich zu Reptain. »Warte!«, rief sie hastig und das Pokemon hielt tatsächlich inne. Allerdings war er angespannt. »Wie viele Einkerbungen waren das, die du auf dieser Plattform gesehen hattest? Fünf? Dann lass uns noch nach den Restlichen suchen.«       »Die werden wie die bisherigen auch, die wir schon gefunden haben in der Zeit aufgelöst worden sein.«, prophezeite Reptain und Merilla teilte seine Bedenken.       »Ja, das mag sein.«, stimmte sie schließlich zu. »Aber vielleicht finden wir an den Positionen der anderen zwei Zahnräder der Zeit einen Hinweis.«        Reptain rührte sich nicht. Merilla fuhr energischer fort: »Es gibt bestimmt eine Möglichkeit. Es muss einfach eine geben! Diese Vision damals, sie war aus der Zukunft und ich bin mir sicher, dass von uns die Rede gewesen ist, Reptain. Wir sind nicht so weit gekommen um jetzt einfach aufzugeben!«       »Was ist, wenn sie nicht richtig ist?«, konterte Reptain und drehte sich nun wieder zu dem Mädchen um. Er starrte ihr in die Augen. »Was ist, wenn du sie falsch gedeutet hast?«       »Tse.«, war die abfällige Bemerkung, die Merillas Mund verließ. Sie war sich ohnehin schon so unsicher, was diese ganzen Visionen betraf, aber sie wollte nicht einfach aufgeben.       »So sehr traust du mir?«, fragte sie zischend, während sie Reptain aus zusammengekniffenen Augen anfunkelte.         Reptain schloss die Augen und atmete ruhig aus. Bemerkenswert ruhig begann er zu sprechen: »Ich vertraue dir, Skampi. Aber meine Hoffnung wird durch diesen zeitlosen, dunklen Ort, an dem wir uns befinden getrübt.« Reptain öffnete wieder seine gelben Augen und sah Merilla freudlos an.       »Dieser Ort… Unsere Welt… Sie raubt mir den Atem um weiter zu machen. Sie stielt mir die Fähigkeit an irgendetwas zu glauben. Man möchte meinen, dass diese immerwährende Dunkelheit zur Gewohnheit wird… Aber…«, er brach ab und sah in eine andere Richtung. »Ich glaubte bereits, dass ich verrückt werde, doch dann traf ich dich und ich merkte, wie ich wieder an etwas glauben konnte. Nur durch dich, durch deine bemerkenswerte Fähigkeit konnte ich mich wieder aufraffen und an ein neues Ziel glauben. Doch immer wenn wir glauben, dicht dran zu sein ein Geheimnis zu lösen, Antworten auf unsere Fragen zu finden, enden wir nur in einer Sackgasse. Es ist… Hoffnungslos.«         Merilla starrte Reptain an. Ihre Gesichtszüge wurden weich, als sie sich vor ihn hinkniete und wortlos ihre Arme um Reptain schloss. Sie erwartete nicht, dass die Umarmung erwidert werden würde. Sie wollte Reptain zeigen, dass er nicht alleine war.       »Ich weiß Reptain. Ich weiß«, hauchte sie leise. »Auch meine Gedanken sind getrübt durch die Jahre die ich hier schon wandle. Doch haben sie sich geklärt, seitdem ich einem Ziel entgegenblicken kann. Ich habe nicht vor aufzugeben bevor ich nicht eine endgültige Antwort habe, dass unser Vorhaben unmöglich ist. Wir werden die Lähmung des Planeten aufheben, komme was wolle.«       Sie schluckte als sie ihren eigenen Worten lauschte. Das stimmte, sie würde nicht aufgeben an diesem Vorhaben zu arbeiten, wenn man sie von dessen Unmöglichkeit nicht überzeugen konnte.         »Ihr wollt die Lähmung des Planeten aufheben? Das ist leider nicht möglich.«, sprach eine zarte, hohe Stimme. Merilla blinzelte und löste ihre Arme von Reptain, während sie sich argwöhnisch umsah. Reptain sah sich ebenso um, seine Halmblätter spreizten sich während sein Blick in die Leere fiel. »Wer ist da? Zeig dich!«, rief er.       Merilla kam auf die Beine und sah in die Leere. Wer hatte da eben gesprochen?       »Tse… Davon wirst du mich überzeugen müssen!«, rief sie überheblich. »Es soll nicht möglich sein? Beweise es mir!«       »Um die Lähmung des Planeten aufzuhalten, muss man weit in die Vergangenheit reisen, über mehrere Generationen und den Eintritt des Ursprungs verhindern. Der Einsturz des Zeitturms darf nie stattfinden.«, erhob sich die Stimme erneut, diesmal aus einer völlig anderen Richtung. Merilla versuchte ihr zu folgen. Woher wusste dieses Wesen so viel?       »Zeig dich!«, rief Reptain erneut, diesmal etwas energischer.       Doch die Stimme erhob sich abermals von einer anderen Richtung: »Dieser Ort, auf dem ihr jetzt gerade steht, hier war einst ein Zahnrad der Zeit. Es hat die Zeit an diesem Ort intakt gehalten. Doch es verfehlte seine eigentliche Aufgabe, und so verschwand es.« Ein kaum wahrnehmbares, melodisches Summen erfüllte die Luft und eine Lichtkugel erschien hell über Merillas Kopf. Sie wich zunächst von ihr zurück, dann streckte sie die Hand aus und versuchte danach zu greifen. Doch die Kugel ließ sich nicht ergreifen und entschwand ihrer Hand. Stattdessen flog sie nun vor Reptain herum und hüpfte auf und ab, während dieser die leuchtende Kugel nur misstrauisch betrachtete und versuchte sie mit seinen Klauen fortzuscheuchen.         »Wir haben aber keine Möglichkeit in die Vergangenheit zu reisen.«, erklärte Merilla. Sie hoffte einfach, dass das Wesen hinter der Stimme ihnen nicht feindlich gesinnt war. »Für einen solches Vorhaben müssten wir Schatten-Dialga aufsuchten.«       »Der euch natürlich niemals in die Vergangenheit schicken würde, da seine einzige Aufgabe darin besteht, seine Existenz aufrechtzuerhalten.«, kam die Stimme von der leuchtenden Kugel als diese sich plötzlich auflöste und eine Gestalt erkennbar wurde. Ein kleines, elfenhaftes Pokemon mit einem großen Kopf und einer zarten, rosafarbenen Haut materialisierte sich vor den beiden und sah Merilla und Reptain abwechselnd mit ihren grünen Augen an.       »Wer bist du?«, blaffte Reptain der immer noch ziemlich feindselig aussah.       »Dein Freund ist ein ziemlicher Rüpel.«, stellte das Pokemon fest und schwebte von Reptain näher auf Merilla zu.       »Verzeihung. «, erhob Merilla das Wort. »Aber es ist eine komische Zeit, in der wir leben. «       »Natürlich.«, das Wesen seufzte und betrachtete Merilla sehr interessiert.       »Schatten-Dialga ist zwar das Pokemon, welches die Zeit verkörpert, aber ich bin ein Zeitreisepokemon. Ich bin Celebi.«       Merilla erkannte, wie Reptain hinter Celebi die Augen verengte.       »Du… Kannst durch die Zeit reisen?«, fragte sie nach und Celebi nickte. »Dann...«, begann Merilla von neuem und sah Celebi hoffnungsvoll an. »Dann kannst du uns auch in die Vergangenheit bringen, wo wir die Zahnräder der Zeit finden können?«       Celebi nickte erneut. »Das sollte kein Problem sein. Aber woher wollt ihr die Aufenthaltsorte der Zahnräder der Zeit herausfinden?«, fragte sie ruhig.       »Nun, hier war ein Zahnrad der Zeit zum Beispiel.«, begann Merilla. »In der Nordwüste und auf den Schuttruinen befanden sich ebenfalls jeweils eines. Der Dimensionale Schrei zeigt mir Visionen von den Positionen, an denen sie platziert waren, bevor sie verschwanden und auch, wie man an diese gelangt.«         Celebi sah Merilla höchst interessiert an und tänzelte um ihren Kopf in der Luft herum. »Sehr interessant…«, murmelte sie. »Der Dimensionale Schrei, sagst du? Ich hörte von dieser Fähigkeit. Schlägt sie bei dir aus, wenn du etwas berührst, was mit den Zahnrädern der Zeit in Verbindung steht? So habt ihr also hier her gefunden.«, mutmaßte sie.         Merilla schüttelte den Kopf. »Alles, was mit der Lähmung des Planeten in Verbindung steht.«, berichtigte sie Celebi. »Aber ja. So haben wir hier her gefunden.«       Reptain schüttelte den Kopf und sprang mit einem Satz an die Seite von Merilla. »Erzähl nicht so viel. Wir wissen nicht, mit wem Celebi unter einer Decke steckt. Vielleicht sogar mit Zwirrfinst.«, mahnte er.       »So eine Frechheit!«, fiepte Celebi und schwirrte schnell um Reptains Kopf herum. Dieser versuchte sie vergeblich von diesem Vorhaben abzubringen. Celebi hob wieder einige Meter in die Luft ab.       »Ich sollte für Zwirrfinst arbeiten? Pah! Nichts täte ich lieber als diesem aufgeblasenen Schoßhund die Leviten zu lesen!«, rief sie aufbrausend. Doch dann wurde sie plötzlich ruhiger und fügte hinzu: »Aber dies ist scheinbar nicht meine Bestimmung.« Celebi wand sich wieder dem Mädchen zu. »Ein Pokemon und ein Mensch, dessen Fähigkeit des Dimensionalen Schreis euch leitet.« Das kleine Pokemon kam näher zu Merilla und sah ihr fest in die Augen. »Ich kann euch in die Vergangenheit bringen, sofern ihr dies wünscht. Aber, seid ihr euch wirklich sicher, dass ihr den Lauf der Geschichte verändern wollt?«, fragte Celebi.       »Natürlich.«, erhob Merilla die Stimme ohne zu zögern. Reptain nickte ebenfalls entschlossen.       »Wenn ihr es wirklich schaffen solltet, dass der Zeitturm nicht einstürzt und die Lähmung des Planeten verhindert, dann wird diese Welt, in der wir jetzt existieren keinen Bestand mehr haben.«, erklärte Celebi.       Reptain verengte die Augen. »Willst du uns von unserem Vorhaben abbringen?«, fragte er zischend.       Celebi schüttelte den Kopf. »Was willst du uns dann sagen?«, hakte Merilla nach. Ein merkwürdiges Gefühl des Unwissens legte sich über das Mädchen.       »Wenn ihr den Lauf der Geschichte verändert, wird alles, was für uns jetzt die Gegenwart ist, nicht mehr so sein wie es nun ist. Denn es wird niemals passiert sein. Der Planet wird nie in die Lähmung verfallen und die Dunkelheit wird sich nicht darüber legen. Aber durch die rapide Veränderung der Geschichte, so viele Generationen zuvor, werden wir möglicherweise niemals existiert haben. Diejenigen die ihr kennt und ihr selbst werdet verschwinden.«       Merilla weitete die Augen als sie nun endlich begriff was Celebi ihnen mitteilte. »W-wenn wir die Lähmung des Planeten verhindern… Verschwinden wir?«       Celebi nickte matt. »Nicht nur ihr. Auch ich werde verschwinden, Schatten-Dialga, Zwirrfinst, die Zobiris. Alle werden verschwinden, da diese Welt der Dunkelheit nie existiert hat.«       Merilla starrte das kleine rosafarbene Pokemon an. Auch ihre Familie würde verschwinden. Ihre Brüder. Nachdem ihre Zieheltern bei einem merkwürdigen Unfall ums Leben gekommen waren, waren ihre Brüder noch ihre gesamte Familie, die sie hatte. Merilla taumelte einige Schritte rückwärts und hielt sich an einem Baum fest. »D-das kann nicht… Ich werde…«, stammelte sie. Reptain sah Merilla besorgt an, als wüsste er was in ihr vorgeht. Auch er selbst sah ein wenig wie vor den Kopf gestoßen aus, aber scheinbar würde er weiter machen, um für eine bessere Welt zu kämpfen. Doch konnte Merilla ihre Brüder alleine lassen? Die Zwillinge, die sie jeden Tag ärgerten, aber mit denen sie auch so viel Freude hatte, opfern, für eine bessere Zukunft?       »I-ich muss gehen…«, stammelte Merilla, drehte sich um und lief los. Sie konnte Reptains enttäuschten Blick auf sich spüren. Doch sie konnte eine solche Entscheidung nicht treffen. Sie wollte sie einfach nicht treffen.           Später an diesem Tag         Merilla ging mit gesenktem Kopf durch das stille Dorf, in dem sie lebte. Fast keiner war vor dem Haus, um etwas zu unternehmen. Wenn alles grau und dunkel war, blieb man lieber zu Hause. Sie schritt langsam und in Gedanken versunken auf das Haus zu, in dem sie und ihre beiden Brüder wohnten. Auch wenn sie nicht ihre richtigen Brüder waren, das machte für sie keinen Unterschied. Die Familie ist dort, wo man sich geborgen und verstanden fühlt, auch wenn sie und ihre Brüder oft miteinander stritten. Das nächste Haus stand viele Meter weiter weg, so konnte niemand sehen, als sie die schwere Holztür öffnete und eintrat. Die Tür fiel ins Schloss und Merilla stand mehrere Minuten einfach nur dahinter. Es war ungewöhnlich, dass es so still im Haus war. Für gewöhnlich veranstalteten ihre Brüder immer einen Höllenlärm, wenn sie hier waren. Es wurde nur dann still, wenn Merilla die beiden Zwillinge bändigen konnte und sie überredete einer Geschichte zu lauschen, was den beiden für gewöhnlich viel Spaß machte. Es kam ihr fast schon gespenstisch vor, als sie an dem Holztisch vorbei ging, an dem sie immer aßen, wenn sie hungrig waren. Vielleicht waren ihre Brüder noch unterwegs. Den Streit von vor ein paar Tagen hatte sie ihnen bereits verziehen.         Das Mädchen ging die Treppenstufen nach oben in das obere Stockwerk. Das alte Holz knarrte leise, als ihr Gewicht darauf gelagert wurde. Gedankenverloren strich sie mit den Fingern über das Holz des Geländers. Wie könnte sie das ihren Zieheltern oder ihrer Mutter je antun? Das Erbe einfach zu vernichten, indem sie alle verschwinden würden? Ja, die Welt, in der sie jetzt lebten war ein dunkler und freudloser Ort. Er ließ keine Träume, keine Wünsche zu. Nur Hoffnungslosigkeit und Trauer. Doch ihre Brüder lagen ihr sehr am Herzen, weshalb sie diese nicht einfach opfern konnte. Unweigerlich dachte sie an Reptains enttäuschten Blick, als sie ohne ein weiteres Wort davongelaufen war. Vielleicht würde sie mit ihren Brüdern reden. Sie waren zwar noch jung, aber keinesfalls dumm. Von ihnen würde sie ihre Entscheidung nun abhängig machen. Ihre Entschlossenheit, die sie noch vor wenigen Stunden im Wald verspürt hatte, als Reptain und sie das Zahnrad der Zeit nicht gefunden hatten, war verflogen. Zwar wollte sie den Lauf der Geschichte verändern, doch nagten Zweifel an ihr, dass sie ihre Brüder nicht alleine lassen konnte, nur damit sie verschwinden würden.         Merilla stand eine Weile in dem Gang des oberen Geschosses. Ihr war nicht aufgefallen, dass sie es schon längst erreicht hatte, doch langsam setzte sie sich in Bewegung. Die Tür zum Zimmer ihrer Brüder war angelehnt, vielleicht waren ihre Brüder doch zu Hause? Ein merkwürdiges Gefühl der Beklemmung überkam sie, als sie die Hand auf die Türklinke legte und die Tür nach einigen Sekunden öffnete.         Das Mädchen erkannte Blut, welches sich dickflüssig über den Boden legte und in den ausgelegten Teppich durchsickerte. Ihre Augen weiteten sich, unmöglich ein Gefühl zu zeigen, als ihr Blick auf die leblosen Körper ihrer Brüder fiel. Der Ursprung der Quelle des roten Lebenssaftes. »Nein…!«       Es war nicht mehr als ein Murmeln das über ihre zittrigen Lippen drang, als sie ihre Brüder anstarrte, unfähig etwas anderes zu tun. Über ihre Körper zogen sich mehrere, tiefe Schnitte aus denen vereinzelt Blut floss, doch die Hauptquelle fand sich an ihren Kehlen. Mit ihren leblosen Augen starrten sie vor sich hin, sie würden nie wieder in eine andere Richtung sehen können.       »Nein…!« Ein weiteres Murmeln verließ ihre Lippen was nicht mehr als hauchen war.         In einer Ecke des Raumes konnte sie eine Bewegung wahrnehmen, doch der Schock, den der  Anblick ihrer Brüder ausgelöst hatte, saß tief in ihren Knochen, dass sie unfähig war, sich zu bewegen.       »Wähähä!«, ließ das Pokemon leise von sich hören. Merilla drehte sich um, als der Schock zu blanker Panik wurde. Sie musste von hier verschwinden, doch hinter ihr hatte sich zu ihrem Entsetzen bereits ein großes Pokemon aufgebaut, welches ihr den Weg nach draußen versperrte. »Sieh an«, sprach es dumpf und der Anflug des Triumphs funkelte in seinem roten Auge auf. »Das Mädchen mit dem Dimensionalen Schrei ist auch endlich da.«         Merilla versuchte sich wegzuducken, doch die riesigen Pranken umklammerten ihre Schultern und hielten sie gefangen.       »Warum?!«, blaffte sie nachdem sie ihre Stimme wieder fand und versuchte sich freizukämpfen.       »Pokemon sollten keine Menschen angreifen!« Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie verwirrt und zornig in das rote Auge des grauen Pokemons starrte. Zwirrfinst ließ sie nicht los, stattdessen festigte er seinen Griff, was Merilla zusammenzucken ließ. Was machte er hier? Sie wusste, dass ihre Vorfahren mit diesem Pokemon einen Pakt geschlossen hatten, dass sie die Menschen in Ruhe ließen wenn sie sich nicht in ihre Angelegenheiten einmischten.       »Wenn wir uns selbst schützen müssen, ändern sich die Spielregeln.«, säuselte Zwirrfinst düster. »Du wirst aus der Geschichte getilgt werden. Wir werden keine weiteren Einmischungen von dir dulden. Dein Dimensionaler Schrei ist eine Plage und deine Suche nach den Zahnrädern der Zeit endet hier.«       »Woher weißt du so viel über mich?«, keuchte Merilla atemlos auf, doch Zwirrfinst antwortete ihr nicht. Es war wohl nicht nötig, da sie bald nicht mehr existieren würde. Merilla strampelte und versuchte, ihn mit den Füßen zu treffen, als sich der Schlund auf seinem Bauch öffnete.       »Sag Adieu.«, war das letzte was Merilla verstand als sie die Augen fest zusammenkniff.         Fensterscherben klirrten auf den Boden und ein Trampeln war zu hören, gefolgt von einem Geräusch, als wenn man ein Schwert in den Wind schlagen würde, dann ein dumpfer Aufschlag. Merilla spürte, wie die Pranken von ihr abließen und sie auf den Boden sank. »Skampi!«, rief eine tiefe, hektische Stimme und als eine Klaue nach ihr griff, öffnete Merilla die Augen.       »N-Nein!«, rief Zwirrfinst, der einen Meter von ihr zu Boden gegangen war und sich bereits versuchte aufzurichten. Reptain stand über Merilla, seine Halmblätter an den Unterarmen waren in sich zu zwei einzelnen, grün glühenden Klingen verschmolzen. Seine besorgten Augen starrten auf das Mädchen.       »Wir müssen hier weg!«, drängte er, als er versuchte, sie auf die Beine zu ziehen. Merilla stand auf, doch sie konnte von der Treppe das Geräusch mehrerer, kleineren Pokemon vernehmen, die diese gerade hochsprangen. Die lilafarbenen Pokemon sprangen schnell auf sie zu. »Zum Fenster!«, drängte Reptain während Zwirrfinsts unheimliche Stimme donnerte: »Ihr werdet nicht entkommen!«         Merilla hatte ihren Schock überwunden und ihren Schmerz über den Verlust ihrer Brüder bei Seite geschoben. Jetzt zählte nur eines für sie, sie musste hier raus. Sie rannte Reptain hinterher zu dem Fenster, dessen Scheiben durch Reptains Erscheinen eingeschlagen worden waren und auf dem Boden lagen. Knirschend setzte sie einen Fuß über die Schwelle des Fensters und hielt sich an der Regenrinne fest, als sie erkannte, dass das Haus von den kleinen, lilafarbenen Pokemon umstellt war, die sie ihren funkelnden Augen anstierten. Reptain hatte sich in der Zwischenzeit umgedreht und sich wieder Zwirrfinst zugewandt. Er zischte drohend, während sich das Geistpokemon unheilvoll näherte.         Merilla keuchte, als sie sich das Dach hinauf hievte, welches sie leicht erreichen konnte, als sie sich auf das Fensterbrett stellte. Sie hörte ein weiteres Mal das Summen der Klingen, als sie durch die Luft wirbelten. Kurz darauf erschien Reptain im Fenster, gefolgt von einem Schattenstoß, der an ihm vorbei aus dem Fenster schoss und in der Ferne aufschlug. Reptain stelle sich neben Merilla, während er zähneknirschend die Pokemon anstarrte, die langsam begonnen hatten,  die Hauswand hinaufzuklettern um sie zu erreichen.       »Verdammt! Diese Zobiris…«, knurrte er. Reptains Aufmerksamkeit wurde augenblicklich auf einen Punkt am Boden gerichtet als etwas Großes, Dunkles aus dem Dach nach oben brach, als wäre das Hindernis nicht dort.       »Hng... Das sieht nicht gut aus.», sprach Reptain gepresst als bereits das rote Auge von Zwirrfinst aufblitzte und in seiner donnernden Stimme sprach: »Ihr könnt nicht entkommen!«       Reptain setzte voraus und schnitt über die Gestalt von Zwirrfinst, wodurch er mehrere Schritte zurückgestoßen wurde. Einige Zobiris hatten bereits das Dach erklommen und funkelten Merilla und Reptain gierig an. Sie drängten sich zusammen, Rücken an Rücken, nachdem das Mädchen einen heran springenden Zobiris mit der Wucht ihres Fußtrittes wieder vom Dach befördert hatte. Sie waren eingekreist. Plötzlich leuchtete etwas über ihnen mit einem leisen Summen auf.       »Ich bringe euch hier heraus!«, rief eine zarte, feengleiche Stimme. Celebi war wie aus dem Nichts aus einer gelben, hellen Lichtkugel aufgetaucht, legte ihre zarten Hände auf Merilla und Reptain als alle drei in ein goldenes Licht getaucht wurden. Es fühlte sich an als würden sie von dem Licht eingesaugt werden, als Merilla die Augen schloss und den Boden unter ihren Füßen verlor.         Merilla fand sich wenige Herzschläge später, nachdem das goldene Licht ihren Körper umschlossen hatte, blinzelnd auf einer Lichtung wieder. Reptain sah sich irritiert um als er seinen Kopf zu dem rosafarbenen Pokemon hob: »Wie hast du uns gefunden?«         Celebi sah nachdenklich mehrere Atemzüge lang auf Reptain ehe sie antwortete: »Ich bin dir gefolgt.« Reptain sah Celebi still an, ungläubig und irritiert.       Das Mädchen bemerkte den skeptischen Blick ihres Partners nicht und sank zu Boden. Ihre Knie gaben nach als sie ihren Kopf zwischen ihre Hände sinken ließ. »Meine Brüder...«, wimmerte sie und Tränen flossen heiß und unaufhaltsam ihre Wangen und Nasenspitze herab.       »Das Erbe...« Der Vorhang ihrer Haare schützte sie vor den Blicken von Reptain oder Celebi. »Alles, ist verloren...«, murmelte sie scheinbar wirr und versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, was ihr nicht gelang.         Celebis mitfühlender Blick haftete auf Merilla, ehe sie sich an Reptain wand. »Sie sollte sich ausruhen. Ich glaube, es wäre besser wenn sie etwas schlafen würde, aber...«, begann sie und warf einen weiteren Seitenblick auf das Mädchen, ehe sie leiser hinzufügte »Ich bezweifle dass sie es kann.« Reptains Blick fiel ebenfalls auf das Mädchen. Seine gelben Augen waren von Sorge und Mitgefühl geprägt.       »Ihr könnt hier eine Weile bleiben. Die Zobiris oder Zwirrfinst werden nicht so bald hier herkommen um nach euch zu suchen. Sie sind weit weg.«, erklärte Celebi, ehe sie langsam zu dem ergrauten Blätterdach schwebte, welches über ihnen zu sehen war und verschwand.         Dankbar sah Reptain Celebi hinterher, auch noch als diese bereits verschwunden war, ehe er sich wenig später neben Merilla setzte.       »Skampi...«, setzte er an, doch ihm fehlten die richtigen Worte, um seine fehlenden Gedanken zu ersetzten, deshalb schwieg er. Er saß einfach nur neben ihr und versuchte, ihr  etwas von ihrer Trauer zu nehmen, indem er einfach nur neben ihr saß.         Eine  Zeit lang sagte keiner der Drei etwas. Celebi tauchte von Zeit zu Zeit immer mal wieder auf und glitt geräuschlos durch die Luft über den beiden, um nach ihnen zu sehen und nur um wenig später wieder zu verschwinden.         Die Augen des Mädchens waren rot und geschwollen von der Flut der Tränen, die diese verlassen hatten und dem unterdrücken vieler Schluchzer und dem Geheul, welches ihren Schmerz ausdrücken hätte können. Reptain saß aufmerksam neben ihr, beobachtete sie allerdings nicht, sondern sah diskret in eine andere Richtung. Doch an seinem Gesichtsausdruck war abzulesen, dass seine Gedanken bei Merilla waren und er mit dem Mädchen trauerte, als würde ihm ihr Verlust viel bedeuten.         Merilla hob langsam den Kopf etwas auf und legte ihn mit dem Kinn auf ihre angewinkelten Knie, um die sie ihre Arme geschlungen hatte. Sie starrte geradeaus, behielt die Augen offen so gut es ihr eben gelang durch die Schwellung. Ihre Gedanken trieben merkwürdig leicht, als sie gedankenverloren zu sprechen begann: »Reptain?«       Das angesprochene Pokemon drehte den Kopf langsam zu Merilla, als hätte er geduldig darauf gewartet, dass sie sprechen würde. »Ja?«         »Wie heiße ich?«, fragte sie leise. Merilla wusste, was das Pokemon daraufhin sagen würde und auch, dass Reptain fragend reagieren würde, vielleicht auch irritiert. Aber sie musste es fragen, um den Gedanken der sich in ihrem Kopf gebildet hatte zu akzeptieren.       »Du heißt Skampi.«, sprach Reptain ebenfalls leise, mit seiner tiefen Stimme. »Du hast dich mir als Skampi vorgestellt.«       »Das ist richtig.«, sagte das Mädchen und richtete sich schwerfällig etwas gerader auf. Sie schloss die schmerzenden Augen und atmete die Luft für einen Augenblick lang ein.       »Mein richtiger Name lautet Merilla. Aber ich wollte, dass du mich Skampi nennst. Anfangs stelle ich mich immer mit meinem Spitznamen vor, außerdem...«, sie stoppte und schüttelte den Kopf. »Ich gebe dir hiermit mein Versprechen.« Reptain betrachtete das Mädchen schweigend, teilweise überrascht, teilweise ahnend. Er hatte sich wohl schon gedacht, dass Skampi kein Name für einen Menschen sein konnte.       »Ein Versprechen?«, fragte Reptain ruhig und sein neugieriger Blick ruhte auf ihr. »Das Versprechen, dass wir die Aufenthaltsorte der Zahnräder der Zeit ausfindig machen und so viele Informationen wie nur möglich sammeln werden.«       Das Mädchen klang so entschlossen wie noch nie, seitdem sie Reptain getroffen hatte. »Und wenn wir alle fünf Aufenthaltsorte kennen, dann...«, sie blickt hinauf zwischen die erstarrten, grauen Blätter, in der Hoffnung, Celebi würde es ebenfalls hören.       »Dann gehen wir in die Vergangenheit und werden die Geschichte verändern.«         Reptain sah zu Skampi auf. »Du hast dich also entschieden?«, fragte er ohne Umschweife. Skampi nickte.       »Ja. Ich habe absolut nichts zu verlieren. Ich werde dieses Opfer geben, für eine bessere Zukunft. Einem Neuanfang. Das Erbe meiner Mutter kann mich nicht mehr von dieser Entscheidung abbringen.«, fügte sie den Schluss etwas leiser hinzu, dass Reptain es kaum verstand, obwohl er direkt neben ihr saß.       »Es ist mir egal, wenn ich nicht mehr existiere.», fuhr sie dann fest fort und schluckte. »Alles ist besser, als in dieser Welt der Dunkelheit zu leben. Ein Dasein zu fristen, das keine Träume, keine Wünsche und keine Wärme zulässt.«         Celebi tauchte aus dem Nichts wieder auf und schwebte zu den beiden herab. Ihre Augen ruhten auf Skampi, scheinbar hatte sie alles gehört.       »Gut. Wenn dies euer Entschluss ist, werde ich euch dabei helfen. Ich werde mein gesamtes Leben dieser Mission und dessen Gelingen widmen.«, sprach sie ebenfalls sehr leise.         Skampi stand schwer auf und wischte sich die Hände an ihren Hosen ab, ehe sie sich die schmerzenden Augen rieb und blinzelte. Sie waren immer noch rot und geschwollen. Suchend sah sie sich um und ihr Blick hielt an einem Baum. »Wir sollten es festhalten. Dass wir uns erinnern, dass sich jeder daran erinnern kann.« Reptain stand auf und folgte Skampis Blick. »Ich verstehe was du meinst.«, raunte er fadenscheinig lächelnd, als er sich dem stämmigen Baum näherte. Er holte mit seinen rasierklingenscharfen Halmblättern an seinen Unterarmen aus und schlug sie in die Rinde des Baumes, bis darin etwas eingeritzt stand.   Das Versprechen von C., S., und R.         »Schreibe noch etwas darunter.«, forderte Skampi auf, als Reptain seine Arbeit betrachtete. »Schreibe 'Unser Opfer ist unser Geschenk an euch. Auf dass ihr nie in einer Welt leben müsst, in der Zeit nur ein Wort ohne Bedeutung ist.'«       Reptain tat, wie es ihm gesagt wurde. Er ritzte die ihm vorgegebenen Worte in der Fußabdrucksprache der Pokemon in die Rinde des Baumes. Als er fertig war, trat er einige Schritte zurück und Skampi nickte zufrieden.         »Ihr solltet das auch an derselben Stelle verewigen, wenn ihr in der Vergangenheit seid.«, warf Celebi nachdenklich ein. »Auf dass es irgendwann gesehen wird.« Skampi nickt erneut zustimmend.       »Also haben wir noch etwas zu tun, ehe wir in die Vergangenheit reisen können.«, erhob sie ihre Stimme und sah Reptain dabei herausfordernd in die gelben Augen. »Uns fehlen noch zwei Aufenthaltsorte der Zahnräder der Zeit.«                 »Wie könnte ich das je vergessen?«, murmelte ich hinter zusammengepressten Zähnen hervor und begann, wieder schwer zu schnaufen. Reptain lief wieder vorweg. Die Steigung des Weges, der vor uns lag, war deutlich zu spüren. Auch er hatte sein Tempo verringert und konzentrierte sich auf den Anstieg. Nach einiger Zeit schaffte ich es sogar, mit ihm gleich auf zu sein. Die Geräusche hinter uns waren viel leiser geworden. Scheinbar hatten die Zobiris unsere Spur nicht weiter verfolgen können, oder sie hatten uns auch einfach nur verloren. Ein gehässiges Grinsen huschte über meine Lippen. Wir waren eben einfach zu schlau für die Zobiris oder Zwirrfinst.         »Unsere Suche und den Aufstand den wir verursacht haben, hat sehr viel Aufsehen erregt.«, murmelte Reptain, während er immer mal wieder keuchen musste.       »Und dann ist da noch die Falle. Es war klar, dass wir nicht völlig unentdeckt bleiben.« Ich musste Reptain zustimmen. Der Überfall auf die Karawane der Zobiris, die Gefangene Pokemon in den Gefängnisblock verschleppten, war nicht geplant gewesen. Aber hätte ich einfach zusehen sollen, wie die Pokemon, die ohnehin schon gebrochen waren, in das Gefängnis gebracht werden würden? Erst durch diese Aktion hatten wir unsere Deckung aufgegeben und die Zobiris jagten uns. Aber wenn ich so darüber nachdachte, würde ich immer wieder so handeln wenn ich vor die Wahl gestellt werden würde.         »Aber sie sind erst jetzt dahinter gekommen, was wir wirklich planen. Sie sind langsam.«, keuchte ich und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, das listig über meine Lippen huschte. Ja, ich fühlte mich überlegen. Überlegen gegen eine Streitmacht und gegen ein Monster.         »Da ist es.«, sprach Reptain und wir beschleunigten unser Tempo auf die letzten Meter. Wir erreichten den Gipfel des Berges und sahen einem Portal entgegen, in dem feine, blaue Energieschwaden aufleuchteten und dieses umnebelten. Celebi war bereits dort und wartete auf uns.       »Ihr habt ja lange gebraucht.«, murmelte sie leise, doch sah sie besorgt von mir zu Reptain auf. »Aber hier seid ihr nun und ihr seid in einigermaßen guter Verfassung. Ihr wisst, wo ihr suchen müsst, oder?«, fragte sie nach und Reptain und ich nickten entschlossen.       »Dann...«, sie sah von Reptain wieder zu mir. »Bleibt mir nichts mehr weiter zu tun, als Lebt Wohl zu sagen. Stoppt die Lähmung des Planeten und verändert die Geschichte.« Celebi sah teilweise traurig aus, aber zugleich wirkte sie unglaublich tapfer.         Ihr Entschluss uns den Zeittunnel zu öffnen, dass wir in die Vergangenheit reisen konnten, war so stark und unerschütterlich. Sie war im vollen Bewusstsein, dass dies vielleicht das letzte war, was sie tun würde.       »Ich werde euch beide niemals vergessen, selbst wenn wir nicht mehr existieren.«, murmelte sie und sah etwas fröhlicher aus. »Ich werde dich auch nie vergessen, Celebi.«, sagte ich und Reptain nickte beipflichtend. »Vielleicht finden wir uns wieder in besseren Zeiten.«         »Vielleicht, aber dies ist ein ungeschriebenes Kapitel in einem verlorenem Buch.«, erwiderte sie traurig.       Ja, wir alle hatten Angst vor dem Verschwinden, aber es ist ein Opfer, das wir alle drei bereit waren zu geben. Für eine bessere Zukunft. »Seid ihr bereit?«, fragte Celebi und unterbrach meine Gedanken. Sie sah uns mit ihren großen, grünen Augen an.         »Ja.«, sagten Reptain und ich fast wie aus einem Munde und traten an den Zeittunnel. »Dann tretet hindurch.«, sprach Celebi und schloss ihre Augen. Ihr kleiner Körper begann kaum merklich blau aufzuleuchten, als die Energieschwaden des Zeittunnels aufgeregt zusammenstoben und über das Portal wanderten. Ich griff nach Reptains Klaue. Ich schluckte als ich darüber nachdachte, dass ich ihn womöglich verlieren könnte wenn wir durch das Portal traten. Reptain sah mich an. Seine Augen waren zuversichtlich, als wir beide in das Portal des Zeittunnels traten. Die Energien umfassten uns und wir wurden hineingezogen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)