Caveyard von Sas-_- (N | Touko) ================================================================================ Kapitel 3: Das zweite Gesicht ----------------------------- „Ich bin tot …“, murmelte Touko leise und tonlos. Alle Viere von sich gestreckt lag sie auf einem großen, breiten Felsen, der aus der Höhlenwand ragte und sich nur wenige Meter unter der eingestürzten Brücke befand. „Ich bin tot …“ Tepig quiekte leise und stupste Touko unsicher an, er befürchtete, dass seine Trainerin sich wohl schwer verletzt haben könnte. „Der Himmel ist ziemlich finster, findest du nicht auch, Tepig? Na ja, vielleicht sind wir aber auch in der Hölle.“ Ächzend richtete Touko sich auf, ihr Rücken schmerzte und ihr tat jeder Knochen in ihrem Leib weh, aber wenn sie Schmerzen spürte, dann … „Das ist ein Witz, oder?!“, knurrte Touko, als ihr bewusst wurde, wo sie gelandet war. Die Höhe zwischen dem breiten Felsen unter ihr und der Brücke über ihr, betrug vielleicht zwei Meter. Vor lauter Panik, ja nicht die Brücke zum Einsturz zu bringen, hatte sie den Felsen direkt unter sich schlichtweg übersehen. Neugierig krabbelte Touko zum Rand des Felsen, um herauszufinden, wie tief die Schlucht war. Die Dunkelheit jenseits des Felsen jedoch war so kompakt, dass Touko den Grund der Schlucht nicht ausmachen konnte. Erleichtert ließ sie sich zurückfallen, schnappte sich Tepig und drückte ihn überglücklich an sich. „Oh Mann, nur ein paar Meter weiter vorn und meine Mutter hätte uns beide vom Boden da unter abkratzen können!“ Nachdem sie sich ausgiebig über ihr Glück gefreut hatte, machte sie sich Gedanken darüber wie sie von diesem Felsen wieder herunterkam. Doch Touko sah schnell, das der Felsen nicht einfach aus der Höhlenwand herausragte, sondern selbst in einer Höhle mündete. Da wo der Felsen endete, öffnete sich ein neuer Tunnel, den Touko guter Dinge mit ihrem Floink betrat. Hier befanden sich auch wieder die blitzenden, blauen Steine, die den beiden Abenteurern genug Licht spendeten, um zumindest sehen zu können, wohin sie traten. Doch nicht nur die elektrischen Steine befanden sich hier, in den Wänden des Tunnels glitzerten viele große und kleine Steine in den unterschiedlichsten Farben. Touko sah sich die Sache sofort genauer an. Sie trat an eine der Wände nahe heran und befühlte einen flaschengrünen Stein, in dessen Innern ein Blitz eingeschlossen war. Es handelte sich um einen Donnerstein, und als Touko sich dessen bewusst wurde, war sie die nächsten 20 Minuten damit beschäftigt, ihn aus der Höhlenwand herauszubekommen, leider saß der wertvolle Stein ganz schön fest. „Mist, verdammter! Tepig, könntest du mir nicht vielleicht … Nein, lieber nicht. Die Sache mit der Brücke hat mir gereicht.“ Traurig ließ Tepig seine Ohren hängen, richtete sie aber sogleich wieder auf, denn das Flüstern, welches sie schon im ersten Tunnel verfolgt hatte, kehrte wieder zurück. Allerdings schien es aus weiter Ferne zu kommen. Auch Touko hörte es und ließ von dem Donnerstein ab. Sie blickte fragend ihren Partner an, der mit seiner Schnauze die Richtung wies, aus der das schauerliche Gemurmel kam. Toukos Herzschlag beschleunigte sich wieder, unschlüssig nagte sie an ihrer Oberlippe; sollten sie sich dem Ursprung des Geflüsters nähern, oder war es sicherer, sich davon fernzuhalten? Doch schließlich überwog Tepigs Drängen und Toukos eigene Neugier ihre Bedenken, aber sie würde ihr Wagnis nicht ohne ihre Kamera eingehen. Bevor sie sich mit Tepig an ihren alten Feind heranpirschte, zog sie ihre Kamera aus ihrer Tasche und schaltete sie ein. Was auch immer diese scheußlichen Geräusche von sich gab, es befand sich hinter der nächsten Biegung des Tunnels und schien nicht zu wissen, dass Touko und Tepig sich in seiner Nähe befanden. Zu dem schauerlichen Geflüster mischten sich nun auch andere Geräusche, wie zum Beispiel Schaben und Knirschen. Nervös leckte Touko sich über ihre trockenen Lippen, als sie zögerlich mit ihrem Floink um die Ecke linste. Sie kniff ihre Augen zusammen und musterte das eigentümliche Pokémon, das keckernd an einer Höhlenwand saß und mit irgendwas beschäftigt zu sein schien. Tepigs Fell sträubte sich und er legte argwöhnisch seine Ohren an. Das Pokémon vor ihnen war ganz violette, an seinem Kopf saßen spitze Ohren und es schien an irgendetwas zu nagen. Nachdem Touko einige Fotos geschossen hatte und hoffte, dass der Auslöser das Pokémon nicht auf sie aufmerksam machte, zog sie ihren Pokédex hervor, um herauszufinden, was für ein seltsamer Geselle ihr Angreifer war. „Zobiris: das Dunkel-Pokémon. Es führt ein ruhiges, zurückgezogenes Leben tief im Innern einer Höhle. Es ist aber trotzdem sehr gefürchtet, da man sagt, es stehle die Seelen der Menschen, wenn seine Augen im Dunkeln Furcht erregend funkeln. Mit seinen scharfen Klauen gräbt es Abzweigungen in Höhlen, um nach Futter – seltene Edelsteine – zu suchen. Zobiris lauert im Dunkeln und man sieht es selten.“ „Sie mal einer an … es frisst irgendwas … Es frisst einen Feuerstein! Oh Mann, den hätte ich gern …!“, ärgerte Touko sich und steckte ihren Pokédex wieder weg. Ihr Wutausbruch erregte allerdings die Aufmerksamkeit des Zobiris, welches sich mit funkelnden Augen umdrehte. Zwischen seinen spitzen, dolchartigen Zähnen klemmte ein Feuerstein. Große Stücke waren bereits heraus gebrochen worden und jetzt sah Touko auch die vielen bunten Edelsteine, die auf Zobiris violettem Körper saßen. „Eigentlich ist es ganz hübsch, oder?“, flüsterte Touko Tepig zu, der das Zobiris misstrauisch taxierte. Schnarrend ließ Zobiris den angefressenen Feuerstein fallen und verschwand im Schatten der abzweigenden Tunnel. „Halt, warte!“, schrie Touko überrascht und machte ein paar halbherzige Schritte, doch das Zobiris war bereits mit der Finsternis verschmolzen und huschte keckernd immer tiefer in die Höhle hinein. Touko ließ enttäuscht ihre Schultern hängen. Scheinbar waren Zobiris selten und sie hätte furchtbar gern eines gehabt, jetzt hatte sie schon ihre zweite Chance verpasst, eines zu fangen. Grunzend trottete Tepig ihr seelenruhig hinterher, ihm machte das entwischte Zobiris nichts aus. So einen komischen Kerl hätte er ohnehin nicht gern als Teampartner gehabt. Nachdem das Zobiris abgehauen war, widmete Touko sich wieder mit glänzenden Augen den vielen Evolutionssteinen, die überall in den Höhlenwänden fest verankert saßen. Munter ging Tepig ihr dabei zur Hand und versuchte, mit seinen kleinen Füßen ebenfalls den einen oder anderen Stein auszubuddeln. Doch ganz gleich wie sehr die zwei sich auch abmühten, sie bekamen nicht einen einzigen Stein aus dem granitartigen Fels gelöst. „Oh Mann, wenn ich jetzt ein Zobiris hätte, dann wäre das gar kein Problem!“, zischte Touko verärgert und boxte genervt auf die Höhlenwand ein. Tepig grunzte nur missmutig, dass er seiner Trainerin nicht helfen konnte, kränkte seinen Schweinestolz ganz gewaltig. Seine Ohren richteten sich steil auf und sein Rüssel fuhr schnüffelnd in der Luft herum. Irgendetwas lag in der Luft, und es war kein Zobiris. Es roch vertraut, irgendwie roch es nach … Touko bemerkte, dass ihr Floink etwas witterte und blickte sich, ihre Arme um ihren Oberkörper legend, um. Bis jetzt waren alle Begegnungen in dieser Höhle keine sehr schönen gewesen und um ehrlich zu sein, war sie auch nicht scharf auf weitere. Tepigs große, glänzende Augen richteten sich auf die undurchdringliche Dunkelheit direkt vor ihnen, in der erst vor kurzem das Zobiris seinen Abgang gemacht hatte. Ein Schatten bewegte sich in der Finsternis, mal wirkte er klein, dann wieder größer und was Tepig am meisten irritierte, war der Geruch, der sich ständig veränderte. So etwas hatte er noch nie gewittert. „Tepig … Mach dich bereit zum Angriff!“, flüsterte Touko ihm mit laut schlagendem Herzen zu. Langsam schälte sich die verschwommene Silhouette aus der wabernden Finsternis und wurde in das kalte, eisblaue Licht der elektrischen Steine getaucht. Tepig wurde mit einem Schlag klar, warum ihm der Geruch so bekannt vorgekommen war. Touko kroch eine Gänsehaut über die Arme, ihr Atem stockte und ihr Herz setzt für einen kurzen Augenblick aus. Das Etwas in der Finsternis, das jetzt im kalten Licht direkt vor ihr stand … War sie selbst! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)