The Place Beyond The Fire von Elvea (Dank dir bin ich stärker denn je) ================================================================================ Kapitel 5: Dunkle Wolken am blauen Himmel ----------------------------------------- Eigentlich hätte sie das, was Kakashi ihr ankündigte, nicht überraschen dürfen. Dennoch hatte Nala sich derart an seine Anwesenheit gewöhnt, dass ihr die Nachricht seiner baldigen Abreise einen Schock versetzte. Zwar hatte sie sich von außen nichts anmerken lassen und bloß genickt, aber es kam ihr so vor, als hätte sich in dem Moment eine kalte Faust um ihr Herz geschlossen. Zweifel beschlichen die junge Frau, ob sie ohne seine Hilfe überhaupt auskommen würde, doch sie versuchte sich immer wieder einzureden, dass sie eigentlich von Anfang an auf sich allein gestellt sein wollte. Waren es wirklich nur Zweifel, die das Regieren betrafen? Sie konnte sich das andere unangenehme Gefühl nicht erklären und stürzte sich umso mehr in die Arbeit, um sich abzulenken. Bald spürte sie jedoch, dass sie sich nicht einmal konzentrieren konnte, während ihr die Dorfbewohner in Einzelgesprächen von ihren Problemen berichteten. Die Gedanken der Königin wanderten nämlich ständig zum vorherigen Tag, an dem sie mit dem Ninja aus Konoha einen Spaziergang unternommen hatte. Das Gluckern einer Quelle war das einzige Geräusch, das die beiden auf der Lichtung im Bambushain vernehmen konnten. Die meterhohen Pflanzen ließen das Sonnenlicht nur spärlich durch und zauberten riesige Schatten auf den staubtrockenen Boden. Nur am Rand der Quelle spross saftiges Gras, das mit größerem Abstand nur noch vereinzelt wuchs. Kein Lüftchen wehte an diesem heißen Tag, weswegen Nala und Kakashi die Kühle des Schattens genossen und sich im weichen Grün niederließen. Das war der Ort, an dem sie als kleines Kind immer mit anderen Mädchen aus dem Dorf gespielt und langsam, aber sicher ihre Ninjakünste ausprobiert hatte. Ihr ganzes Leben war sie im Grunde nur mit weiblichen Menschen in Kontakt gekommen, von den Dorfältesten mal abgesehen, fiel ihr in dem Moment auf, als sie Kakashi davon erzählte, der seine Arme gerade in das Wasser hielt. Doch jetzt hatte sie für Freundschaften sowieso keine Zeit mehr. Sie wollte ihr Leben dem Land widmen und alles andere dafür aufgeben. Wenn sie das Opfer brachte, war sie zumindest auch auf niemand anderen angewiesen. Schweigend, wie in jener Nacht vor ein paar Wochen, als sie ihm ihr Herz geöffnet hatte, hörte sich Kakashi das an. Erst nachdem sie mit einem tiefen Seufzer und entschlossenem Blick geendet hatte, erwiderte er: „Das halte ich für Schwachsinn“. Betroffen zuckte Nala zusammen. „Warum hältst du das für Schwachsinn? Es gibt nichts Ehrenwerteres als alles für das Volk zu geben!“. Nachdenklich schüttelte er seine Arme ab, sodass die Tropfen nur so umher flogen. „Ohne Freunde kommst du nicht weit. Irgendwann wirst du nichts mehr haben, was du für das Volk geben kannst, weil du nämlich völlig leer sein wirst“. „Ich brauche niemanden!“, rief Nala entschieden. „Das macht nur schwach. Ich merke es doch, nachdem ich meine Mutter verloren habe und im Grunde niemals einen Vater besessen habe!“. An dieser Stelle überlegte Kakashi, ob er ihr erzählen sollte, was er von dem Alten gehört hatte, doch er zögerte. Er wollte zuerst persönlich mit dem aus dem Dorf Verstoßenen reden, bevor er etwas in der Richtung unternahm. Des Weiteren war noch nicht geklärt, weshalb gerade ihm, einem Fremden, diese Geschichte preisgegeben wurde. Außerdem wirkte Nala zurzeit so gestärkt, dass er sie nicht unnötig verunsichern wollte. Stattdessen berichtete er ihr von der Zeit, als er mit seinen früheren Kameraden Rin und Obito durch solch einen Bambushain gereist war und dort angegriffen wurde. Aufmerksam sah ihn Nala währenddessen an, den Kopf auf die Hände gestützt. „Du vermisst sie sehr?“, fragte sie leise. Das Gesicht des Ninjas verriet keine Regung, lediglich das leichte Wippen seines Fußes sagte etwas über seine Gefühle aus. „Natürlich. Aber mein Leben geht weiter und die beiden hätten nicht gewollt, dass ich es mit Trauern verbringe. Ich habe weitere Menschen gefunden, die mir wichtig geworden sind, und genau so wird es dir auch gehen“. An dieser Stelle konnte sie ein Lächeln unter seiner Maske erahnen und ihre Wangen begannen zu glühen. Sie waren sicher scharlachrot angelaufen. Um ihre Verlegenheit zu überspielen, schlug sie vor, einen kleinen Übungskampf auszutragen. Bereitwilig stimmte er zu und sprang sofort auf die Beine. Der Mann und die beinahe um einen Kopf kleinere Frau rangen noch bis das Abendrot den Himmel überzog und kehrten erst dann erhitzt, aber zufrieden zum Palast zurück. Nala presste Daumen und Zeigefinger an der Nasenwurzel zusammen, um sich zur Vernunft zu rufen. Sie war einen Blick auf die große, mit römischen Zahlen bedeckte Uhr, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Vorher hatte sie im Elternschlafzimmer gehangen, doch ihrer Meinung nach passte sie besser an den Ort, wo sie arbeitete. Einen Bewohner musste sie noch empfangen, dann konnte sie mit Kakashi, der sich wohl noch im Dorf rumtrieb, zu Abend essen. „Herein!“, rief sie und richtete sich auf, um Haltung zu bewahren und aufmerksam zu wirken. Das Erste, was ihr auffiel, war ein dichter, roter Haarschopf. Er leuchtete geradezu im warmen Licht der Deckenlampe und zog ihren Blick fast schon magisch an. Sanft schloss der Mann, der wohl höchstens ein paar Jahre älter war als sie, die Tür hinter sich. Irgendwie gelang es ihm trotz seiner Schlaksigkeit Anmut auszustrahlen, während er nach einer tiefen Verbeugung vor ihr Platz nahm, ohne sie aus den Augen zu lassen. Auch wenn er einen betont offenen Ausdruck zur Schau trug, erreichte die Wärme, die sein Lächeln ausstrahlte, nicht seinen Blick. „Hallo Nala. Schön dich wiederzusehen“, begrüßte er sie mit leiser Stimme. Ein wenig aus der Fassung geraten zupfte die Angesprochene an einer ihrer Haarsträhnen. „Entschuldigen Sie, kennen wir uns?“. „Natürlich. Erkennst du deinen Verlobten nicht mehr?“. Beinahe wäre ihr die Kinnlade heruntergeklappt, so geschockt war sie von seiner Antwort. Rechtzeitig riss sie sich zusammen und atmete erst einmal tief durch. „Wie kommen Sie denn auf solch eine Idee?“. Dass er sie duzte, überging sie geflissentlich. Er lachte, jedoch hatte es rein gar nichts Fröhliches an sich. „Ich bin Azu. Derjenige, dem du schon versprochen warst, als du noch in den Windeln lagst“. Angestrengt kramte die Königin in ihrem Gedächtnis, doch sie fand immer noch keine Verbindung zu ihm. „Tut mir leid, ich erinnere mich nicht an dich. Wenn es da irgendwann eine Abmachung getroffen worden ist, dann gewiss nicht mit meinem Einverständnis“, antwortete sie schließlich mit einem leicht scharfen Unterton. „Das ist eine Abmachung, die schon länger existiert als dieses Dorf“, betonte er mit immer noch gefährlich leiser Stimme. Seine dunklen Augen ließen nach wie vor kein Gefühl erkennen. Nachdem sie bloß ratlos dreinblickte, fuhr er, schon etwas ungeduldiger, fort: „Die Königin heiratet den Spross des einflussreichsten Clans des Dorfes. Das wäre dann wohl ich, da mein Vater Oberhaupt der reichsten und angesehensten Familie hier ist. Schließlich ist er Inhaber der meisten Geschäfte. Deine Mutter hat das so gewollt“. „Von dieser Abmachung habe ich noch nie gehört und solange ich lebe wird sie auch keine Geltung erlangen. Schließlich habe ich jetzt hier das Sagen!“, erwiderte sie zornig, doch er zuckte bloß mit den Schultern. „Du bist mein. Das Hinauszögern wird auch nichts mehr helfen. Wir sehen uns bald wieder“. Ehe Nala sich versah, war sie auch schon wieder allein im Raum. Lediglich die ins Schloss fallende Tür verriet, dass eben noch eine zweite Person dort gewesen war – eine, die etwas Diabolisches an sich hatte. Draußen knallte der Mann, der sich Azu nannte, mit dem Kopf gegen die Wand, bevor er überhaupt nur einen klaren Gedanken fassen konnte. Über seinen Hals strich die Klinge eines Kunais, das von einer Hand gehalten wurde, die einem maskierten Mann gehörte. Überrascht zog der Rothaarige die Augenbrauen hoch. Es war der, den er bereits vor dem Palast gesehen hatte. „Du liegst falsch, wenn du glaubst, irgendein Anrecht auf sie zu haben“, murmelte der Ninja in sein Ohr. „Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst oder sie zu irgendetwas zwingen willst, drehe ich dir den Hals höchstpersönlich um, klar?“. Hasserfüllt starrte Azu ihn an und presste die Lippen zusammen. Einen Herzschlag später war die Erscheinung schon wieder verschwunden und einen Moment lang fragte er sich, ob er nicht vielleicht doch bloß geträumt hatte. Doch der Kratzer, aus dem ein einsamer Blutstropfen rann, sprach Bände. Mit einer energischen Handbewegung wischte er ihn weg. Zurück in seinem Schlafzimmer ballte Kakashi seine Hände zu Fäusten. Er konnte sich nicht erklären, weshalb er derart die Beherrschung verloren hatte und sich in Angelegenheiten einmischen musste, die ihn gar nichts angingen. Allerdings spürte er, dass von diesem Kerl eine Gefahr ausging, die er nicht genauer bestimmen konnte. Langsam löste er die verkrampften Finger und beruhigte sich mit einer Methode, die man als Akademieschüler bereits beigebracht bekam. Nachdem er ein paar Mal tief durchgeatmet hatte und wieder klar denken konnte, versuchte er die Situation neutral zu analysieren. Er schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Diese Tradition, von dem dieser Typ namens Azu gesprochen hatte, gab es wirklich, schließlich war ihm das selbst bereits zu Ohren gekommen. Wenn Nala ihn zum Mann nehmen möchte, machte er sich gerade unnötig Gedanken. Da sie allerdings ihre Ablehnung bereits kundgetan hatte, war es seine Aufgabe als ihr Helfer, ihre Entscheidung durchzusetzen, wenn derjenige es nicht akzeptieren wollte. Oder etwa nicht? Ging das über seine Verpflichtung hinaus? Er fand auf seine Fragen keine Antworten. Egal wie er es drehte und wendete, sein für ihn untypischer Gefühlsaufbruch ließ sich nicht rational erklären. Zum Glück würde er diese Mission bald abschließen und zu seiner täglichen Routine zurückkehren. Trotz dieser scheinbar zufriedenstellenden Aussicht fühlte er sich unwohl, als Nalas Stimme an sein Ohr drang, weil sie ihn zum Essen rief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)