Das Haus Telcontar von DreamerInHeaven ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Eldarion hatte sie, nachdem sie noch eine Weile durch den Schlossgarten spaziert waren, bis zu ihren Gemächern begleitet und verabschiedete sich nun mit den Worten, er müsste noch in das Arbeitszimmer ihres Vaters, von ihr und Melién sah ihm noch ein paar Sekunden gedankenversunken nach, bevor sie ihre Gemächer betrat und einem der Dienstmädchen bedeutete, ein Feuer im Kamin zu entfachen, während sie vor dem Spiegel platz nahm und eine ihrer Zofen zu sich winkte, damit diese ihre Frisur löste und ihr das Haar kämmte. Das Mädchen, die Tochter eines der Ratsherren ihres Vaters, wollte gerade mit ihrer Arbeit beginnen, als die Tür sich erneut öffnete und Lúthiel hereinkam, dicht gefolgt von ihren Zofen, die allesamt ein wenig außer Atem wirkten und Melién runzelte bei dem Gedanken, dass ihre kleine Schwester durchs halbe Schloss gerannt war, missbilligend die Stirn. „Ist es wahr?“, fragte die Jüngere und Melién erhob sich. „Wovon sprichst du?“ Ohne eine Antwort abzuwarten bedeutete sie ihr, ihren Platz vor dem Spiegel einzunehmen. „Du solltest nicht so durch die Gänge toben – dein Haar sieht aus wie ein Vogelnest. Berîl, kümmere dich bitte darum.“ Ihre Zofe knickste und machte sich daran, Lúthiels Frisur zu lösen. Diese hatte kurz die Augen verdreht, ließ das Mädchen dann jedoch machen und blinzelte zu ihrer Schwester hoch. „Also...ist es wahr, was die Dienstmädchen sich zuflüstern? Du wirst heiraten?“ Melién seufzte leise. Eigentlich hatte sie es Lúthiel kurz vor der offiziellen Verlobung und ihrer Reise nach Rohan selbst sagen wollen, doch dabei hatte sie ganz offensichtlich das Getratsche der Dienerschaft vergessen. „Ja, ist es.“, erklärte sie schlicht und die Augen ihrer kleinen Schwester weiteten sich entsetzt. „Aber...wie kannst du da so ruhig bleiben? Du kennst ihn ja kaum! Wie konnte Vater...“ „Prinz Elfwine stammt aus einem ehrenhaften Haus.“, unterbrach Melién die Jüngere nüchtern, „Er gilt allgemein als wohlerzogen und gutaussehend. Außerdem ist er nur wenige Jahre älter als ich und die Verbindung zu Rohan ist durchaus wünschenswert für Gondor. Ich verstehe nicht, warum ich mich aufregen sollte – oder warum du es tust.“ „Aber du liebst ihn doch nicht!“ Nun musste Melién doch lächeln. Sie nahm neben ihrer keinen Schwester platz und strich ihr liebevoll über die Wange. „Ach Lúthiel...manchmal vergesse ich fast, was für ein Kind du noch bist.“, sagte sie sanft, „Man heiratet doch nicht aus Liebe. Natürlich, so etwas ist wünschenswert, aber ein Bündnis zu schmieden und Gondors Einfluss zu stärken ist bei der Eheplanung einer Prinzessin unabdingbar. Wenn du älter bist, wirst du es verstehen.“ Lúthiel sah sie einen Moment lang an, als wartete sie darauf, dass ihre Schwester anfing zu lachen und ihr sagte, dass sie sich lediglich einen Spaß erlaubt hatte. Doch als nichts dergleichen kam biss die Zwölfjährige sich flüchtig auf die Unterlippe, als würde sie nach den richtigen Worten suchen. „Also...bist du glücklich?“ Diese Frage traf Melién so unvorbereitet, dass sie einen Moment brauchte, um zu antworten und dabei den Blick ihrer Schwester beinahe überdeutlich auf sich spürte. War sie glücklich mit dieser Verlobung? Seit ihr Vater das erste mal mit ihr darüber gesprochen hatte, hatte sie sich diese Frage nie gestellt, wenn sie ehrlich zu sich war. Es war ihre Pflicht ihrem Land und ihrer Familie gegenüber und sie wollte diese Pflicht erfüllen. Aber war das Glück? Als sie merkte, dass ihre Schwester sie noch immer ansah und auf eine Antwort wartete, zwang sie sich zu einem Lächeln. „Selbstverständlich bin ich glücklich.“, erklärte sie sanft, als wäre es die natürlichste Antwort auf der Welt, während sie plötzlich das Gefühl hatte, trotz des Feuers im Kamin zu frieren. Bist du glücklich? Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass sie diese Frage nicht beantwortet wissen wollte. Als Eldarion die Ratskammer betrat, erhoben die anwesenden Lords sich sofort, um sich vor ihm zu verneigen. Er ging ruhigen Schrittes an ihnen vorbei, nickte jedem dabei höflich zu und nahm schließlich am Kopfende der Tafel zwischen Lord Déron und Lord Arvacar platz. Es wurden, in Eldarions Augen ermüdende, Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht und ehe Lord Castamir, der wegen seines Namens von nicht wenigen hinter vorgehaltener Hand belächelt wurde, das Wort an Eldarion gab, verging beinahe eine halbe Stunde. Das war zwar ermüdend, doch andererseits gab es Eldarion die Möglichkeit, seines Vaters Berater – seine Berater – näher in Augenschein zu nehmen. Natürlich kannte er sie alle von vorherigen Ratssitzungen, zu denen sein Vater ihn mitgenommen hatte; dennoch hatte er das Gefühl sie nun, da er sie vom Platz des Königs aus betrachtete, in einem anderen Licht zu sehen. Da waren zum einen die obersten Lords des Rates, Lord Déron und Lord Arvacar, deren äußeres sich ebenso wie ihre Persönlichkeiten voneinander unterschieden wie Tag und Nacht. Wo Lord Déron ein scheinbar gemütlicher, genusssüchtiger Mann war, war Lord Arvacar groß, schlank und drahtig, mit dichtem, schwarzem Haar und stechend-blauen, intelligenten Augen. Seine Gesichtszüge waren scharf geschnitten und alles in allem erinnerte er Eldarion an einen Raubvogel. Beinahe hörte er seinen Vater, der ihm bereits vor Jahren gesagt hatte, dass er nicht wusste, welcher der beiden gefährlicher war, doch während er Lord Dérons Schleimerei eher ermüdend fand, kroch ihm bei Lord Arvacars Anblick ein kalter Schauer über den Rücken. „Wenn mir die Frage gestattet ist...wie beabsichtigen Eure Hoheit bezüglich der Verlobung seiner Schwester zu handeln?“ Eldarion wandte sich dem Fragenden zu. Nun, da er offiziell als königlicher Vertreter sprechen musste, wurde er doch nervös und er schickte ein stummes Gebet zu den Valar, dass die Ratsmitglieder ihm das nicht ansehen würden. „Nun, Lord Castamir...soweit mein Vater mich informiert hat, sind die Formalitäten mit Rohan bezüglich der Mitgift und allem weiteren geklärt, also sollte mit den Vorbereitungen begonnen werden, um meine Schwester nach Rohan zu schicken.“ Die Ratsherren nickten allesamt wohlwollend und er nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie Lord Castamir ihn beinahe ermutigend anlächelte. Eldarion fiel auf, dass er für einen Sitz im Rat erstaunlich jung war – vielleicht dreißig Winter alt, von hohem, schlanken Wuchs und mit so weichen Gesichtszügen, dass sie beinahe weiblich wirkten. Von allen anwesenden Lords hatte er den niedrigsten Rang und Eldarion wusste, dass er bei den meisten Entscheidungen geflissentlich übergangen wurde und ihm schoss der flüchtige Gedanke durch den Kopf, dass er daran vielleicht etwas würde ändern können, solange er seinen Vater auf dem Thron und damit auch im Rat vertrat. Er mochte Lord Castamir. Er war nicht sehr viel älter als er selbst und im Gegensatz zu den anderen Lords bemühte er sich nicht so verzweifelt, sich bei ihm oder seinem Vater einzuschmeicheln. Wenn man dazu seine untergeordnete Rolle im Rat betrachtete und die daraus resultierende fehlende Macht war er vermutlich einer der wenigen, denen er in diesem Raum vertrauen konnte. „Es gibt noch einen Punkt, der besprochen werden muss.“, erklärte Eldarion und blickte ruhig in die Runde. „Wir Ihr wisst, ist das Bündnis mit den Haradrim unsicher. Hat einer von Euch diesbezüglich Vorschläge?“ Meliéns Worte kamen ihm erneut in den Sinn, doch er zog es vor, sich zuerst die Vorschläge der Lords anzuhören bevor er eigene Gedanken beisteuern würde; ansonsten würden viele von ihnen sich vermutlich allein um des Eindruckes willen seinem Vorschlag anschließen. „Wenn seine Hoheit erlaubt.“, warf Lord Déron sanft ein und Eldarion bedeutete ihm mit einer Handgeste fortzufahren, „Es wurde bereits darüber gesprochen, eine ihrer Hoheiten, Prinzessin Lúthiel oder Prinzessin Béleth, als Braut nach Umbar zu schicken doch, vergebt mir meine Direktheit, so zarte Blumen wie Eure Schwestern an einen derart barbarischen Ort zu schicken würde mir das Herz zerreißen.“ Auch wenn Eldarion besonders Lúthiel sicher nicht als zarte Blume bezeichnet hätte, stimmte er ihm ansonsten von Herzen zu. „Sollten die Haradrim erneut einen Krieg gegen Gondor beginnen, hätten sie eine unserer Prinzessinnen als Geisel und...“ Er räusperte sich und verneigte sich dann in Eldarions Richtung. „Vergebt mir, Hoheit, wenn ich sentimental werde, doch Ihr wisst sicher, wie sehr das Volk und der Adel unsere bezaubernden Prinzessinnen liebt und der Gedanke, eine von ihnen auf so abscheuliche Weise zu verlieren ist...untragbar.“ Er wirkte ehrlich beschämt ob seines Gefühlsausbruches und Eldarion fragte sich kurz, ob er sich vielleicht in Lord Déron geirrt hatte, als dieser auch schon fortfuhr, „Aber wenn seine Hoheit eine Verbesserung der Beziehungen zu den Haradrim wünscht, könnten wir sicher einen der Südländerprinzen nach Minas Tirith einladen und...“ „Und einen Krieg provozieren, weil sie sich in ihrer Ehre gekränkt fühlen?“, mischte Lord Arvacar sich mit schneidendem Unterton ein und musterte Lord Déron mit kaum verhohlener Verachtung, bevor er sich an Eldarion wandte. „Gestattet seine Hoheit mir zu sprechen?“, fragte er ernst und Eldarion nickte, woraufhin der Schwarzhaarige sich kurz verneigte. „Die Haradrim sind ein eigenwilliges und stolzes Volk. Man muss ihnen das Gefühl geben, dass sie bei dem Bündnis mit Gondor etwas zu gewinnen haben. Mein Vorschlag ist, zwei Königskinder nach Minas Tirith zu holen – einen Prinzen und eine Prinzessin. Der Prinz wird hier aufgezogen und ihm wird eine hohe Position gegeben, wenn er einst zum Mann herangewachsen ist. Und die Prinzessin....“ Er beendete den Satz nicht, doch Eldarion und jeder andere Anwesende wusste auch so, worauf der Lord hinaus wollte. Eldarions erste Reaktion war Abscheu. Er sollte eine Haradrim heiraten? Eine Nachfahrin jener, die gegen seinen Vater gekämpft und Sauron gehuldigt hatten? „MyLord.“, warf Lord Belvorin, ein weiteres Ratsmitglied, ein, „Eure Worte mögen zunächst weise klingen, doch wollt Ihr wirklich, dass unser geliebter Prinz eine Wilde zur Frau nimmt? Bedenkt, dass sie eines Tages unsere Königin sein wird.“ „Grund genug für die Haradrim, Gondor die Treue zu halten möchte ich meinen.“ „Sollten wir nicht zunächst an die Treue unserer eigenen Landsleute und unserer anderen Verbündeten denken als an diese Barbaren?“ „Rohan wird das sicher nicht einfach so hinnehmen!“ „Rohan ist an Gondor gebunden und...“ „Rohan ist ein gleichberechtigte Bündnispartner, wir können sie nicht einfach...“ „Warum sollte es Rohan etwas angehen, mit wem Gondor Bündnisse schließt?“ Eldarion massierte sich die Schläfen, während die Lords heftig diskutierten. Alles, was er hörte ergab Sinn und während ein Teil von ihm sich nach wie vor heftig dagegen sträubte, eine Haradrim zu heiraten war ihm doch klar, dass es im Grunde keine andere Möglichkeit gab, um den Frieden zu wahren und das Volk der Südländer an Gondor und Arnor zu binden. Er erhob sich und die Stille legte sich so abrupt über den Raum, dass man sie beinahe mit den Händen greifen konnte. „Ich werde über Eure Vorschläge nachdenken und bei der nächsten Ratssitzung eine Entscheidung treffen. Das wäre alles.“ Die Lords verneigten sich vor ihm und einer nach dem anderen verließ den Saal, bis nur noch Lord Castamir bei ihm war, der ihn freundlich anlächelte. „Seine Hoheit hat sich ausgesprochen gut gegen den Rat behauptet, wenn seine Hoheit mir die Bemerkung gestattet.“, sagte er sanft und mit einer leichten Verbeugung in Eldarions Richtung, der dies mit einem Lächeln quittierte. „Danke. Es gehört weit mehr dazu, als ich lange Zeit dachte. Und der Rat ist...eigenwillig.“ Castamir lachte leise. „Seine Hoheit hat eine Begabung, die Wahrheit in höfliche Worte zu kleiden. Das ist gut, seine Hoheit wird es brauchen.“ Eldarion lachte leise und verließ an Castamirs Seite den Ratssaal. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er in Castamir vielleicht wirklich einen guten und treuen Verbündeten haben würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)