Conclusion von Devi (Devil Survivor 2 - OVA) ================================================================================ Kapitel 1: 1st Day - Melancholy Sunday -------------------------------------- I have not thought about living, until yesterday It just a seemed like one scene of a film I need lore Ein heftiges Erdbeben erschüttert die U-Bahn-Station, in der Hibiki mit Daichi zusammen einfach nur nach Hause wollte. Die Erschütterungen bringen die Lampen zum Wackeln, lassen Steine aus den Wänden bröckeln, der Strom fällt aus. Panisch will Hibiki nach einem Fluchtweg suchen, aber dann fällt der gewaltige Zug in sein Blickfeld, dessen Anblick ihn in seiner Panik lähmt. Starr muss Hibiki miterleben, wie er unter dem Zug begraben wird. Oh, everything has utterly changed naki sou ni naru kurai me wo fusai demo kawara nai omoi ga hanpirei I take it Daichi schwebt in großer Gefahr. In einem Akt hat er mit seinem frisch erworbenen Führerschein die Kontrolle über einen Truck an sich gerissen, von dem Willen beseelt, Hibiki und Io zu beschützen. Nicaea zeigt Hibiki den Tod von Daichi, begraben unter Trümmerteilen, weil er sie retten wollte. Hibiki will ihn aufhalten, aber es ist zu spät, in einer weiteren Explosion des Septentrion wird der Truck zerstört. Erst später wird Hibiki erfahren, dass Daichi durch Io gerettet werden konnte. Ihre Zusammenarbeit hat ihn beschützt. Close your eyes Imagine how to live You must do it I close my eyes And determined I’m pressed for choice Der Dämon, der Professor Kanno lenkte, zeigt sein abscheuliches Gesicht, das stets zu grinsen scheint, erneut aber reagiert Hibiki zu spät. Das Letzte, das er wahrnimmt, ehe er zu Beiden stürzt, ist die Hand Keitas, die ihn kräftig stößt. Danach wird das Gebiet in ein unerträgliches grelles weißes Licht getaucht und ein schrecklicher Schrei, von Keita, ertönt. Hibiki ahnt, dass es das Letzte ist, was er von dem Jungen hört. Keita war kein schlechter Mensch und gerade erst hat Hibiki es geschafft, mit ihm Freundschaft zu schließen. Schon hat er seinen ersten Freund in den Gefechten verloren. Just about a leave, faraway ikiru tame It's only one We gotta choose it So do we? Der dritte Septentrion war direkt in Ronaldos Versteck bei ihnen aufgetaucht, auch die vereinten Kräfte aller Anwesenden können ihn nicht stoppen. Sofort vernichtet er ihre stärksten Dämonen und scheint sich durch nichts aufhalten zu lassen. Durch nichts, außer Yamato Hotsuin. Er und Cerberus können Hibiki vor einem tödlichen Angriff bewahren und endlich erfährt Hibiki, was Yamatos wahre Ziele und Beweggründe sind, die ihn zu seinem Tun veranlassen, wie Ronaldo es ihm erklärt. Yamato leugnet die unschmeichelhaften Vorwürfe nicht. Ronaldo liegt mit jeder seiner furchtbaren Behauptungen richtig. Aber Hibiki weiß, dass er ohne Yamatos Einschreiten nicht mehr wäre und Alcor macht ihm deutlich, wieso Yamato jetzt hier ist: Er hat einen Dead Face Clip von Hibiki erhalten, den Clip, der den Tod der eigenen Freunde zeigt. Just about a leave, faraway ikiru tame It's only one Can you drive your destiny? Be it Now Ronaldo, Joe und Otome werden den nächsten Angriff nicht überleben, aber sie wissen genau, was von ihnen abhängt, daher ziehen sie sich nicht zurück. Hibiki will sie retten, aber auch das Wissen, das ihm der Dead Face Clip über ihre Todesumstände vermittelt, kann ihm und ihnen nicht helfen. Im Kampf gegen den vierten Septentrion lassen sie alle drei ihr Leben und stehen stolz und aufrecht bis zum Schluss, ehe sie von Raketen zerrissen werden, wie Hibiki es vorher zu sehen bekommen hat. Er kann ihr bereitwilliges Opfer nicht fassen. Es ist ihm einfach nur unbegreiflich. Everybody go zankoku na sekai wo tabi suru ikiru shika Chance wa nai dore dake me wo fusai datte chikutaku semarikuru shuuen wo sentakushi wa nai Die Menschheit steht wortwörtlich vor dem Nichts. Sieben Tage gab Polaris den Menschen sieben Tage, um zu überleben. Alles würde, wie Alcor sagt, dann einfach verschlungen werden und aufhören, zu existieren. Es ist ein Test für die Menschheit. Und es ist Yamatos Bestreben, als letzter Überlebender dieses Tests die Erde völlig neu zu erschaffen. kotae wo sagashite agaite mogaite mo mienai arasoi ubatte kowashiatte kurikaeshite mo yamenai mou doko ni itatte onaji datte dakara boku wa tomaranai mata hi ga shizun de iku it’ll never end Io ist gerettet. Ihr Geist schien verloren, aber Hibiki hat nicht aufgegeben und es somit möglich gemacht, sie wieder ins Leben zurückzuholen, ihren besessenen Körper wieder zurückzubekommen. Überglücklich ist Io an seiner Seite, die unter Todesangst bereit gewesen ist, sich für die Welt zu opfern. Ihr Opfer hatte Erfolg und dank Hibiki darf sie dennoch weiterleben. Sie hat überlebt. Aber Hibiki setzt der enorme Energieverbrauch zu, der Kampf hat ihn körpelrich schwer zugesetzt. Noch ehe die anderen zu ihm stoßen können, verlässt ihn das Bewusstsein. Hold your hand You don't to meet someones end no more So do I For not to leave Don't wanna get a wrong choice Just about a leave, faraway ikiru tame It's only one We gotta choose it So do we? Ein Traum zwingt ihn, sich an seine schmerzliche Vergangenheit zu erinnern. Sein jüngeres Ich, wie es immer allein gespielt hat und geärgert wurde, bis ihm Daichi zur Seite stand. An seinen Vater erinnert er sich, der Hibiki ermahnt, dass er sich seine Freunde gut aussuchen muss. Hibiki ist sich sicher, dass er Daichi hasst, nur weil er eine sehr lockere und frohe Lebenseinstellung hat. Allerdings ist es ihm mittlerweile egal, was seine Eltern von ihm verlangen. Daichi war da, als niemand sonst für ihn da gewesen ist. Er ist sein Freund. Just about a leave, faraway ikiru tame It's only one Can you drive your destiny? Be it Why? How? They disappeared. Still I don't get it, for real Combine forces you and me. We trust to get back the peace Die Ereignisse überschlagen sich. Airi, Jungo, Hinako, Fumi... Menschen, die Hibiki sehr geschätzt hat, sind nicht mehr. Im Kampf gegen den letzten der Septentrion haben alle ihre Leben gelassen, nur Hibiki, Daichi, Io, Alcor, Makoto und Yamato sind noch übrig. Alcor und Yamato kämpfen gegeneinander, Hibiki kann es kaum mitansehen. Makoto stirbt vor den Augen der anderen, um Yamato zu beschützen. Alcor sammelt alle seine Reserven zu einem finalen Angriff gegen Yamato, der beide das Leben kosten soll. Erfolg hat er damit aber nur auf sich selbst. Alcor stirbt, wie auch seine Umgebung wird er zerfressen, verschwindet einfach. Yamato bricht zu Polaris auf, um die Welt nach seinen Vorstellungen umzugestalten, Daichi und Io stärken Hibiki den Rücken, damit er ihn aufhalten kann. Nur Hibiki hat die nötigen Fähigkeiten und so sehr er es auch hasst, er weiß, dass nur er Yamato entgegentreten kann. Er wird sein Bestes geben. Alles Leben auf der Erde steht auf dem Spiel. Close your eyes Imagine how to live You must do it I close my eyes And determined I'm pressed for choice Yamato ist gefallen. Im Kampf gegen ihn war es Hibiki, der Strahlende, der den Ausgang für sich entscheiden konnte. Er hält Yamato in seinen Armen, seine letzten Sekunden verbringt dieser mit Hibiki. Seinem Freund. Just about a leave, faraway ikiru tame It's only one We gotta choose it So do we? Just about a leave, faraway ikiru tame It's only one Can you drive your destiny? Be it Ein grelles Licht erstrahlt und Hibiki weiß, dass es nun an ihm liegt. Die Welt wird verändert werden, nach seinen Wünschen. Bloß, dass Veränderung nicht das ist, was sich Hibiki herbeisehnt. Er will seinen Wunsch aussprechen. Er weiß genau, was er sich von Polaris wünschen will. Er blickt auf, in das helle Licht, hinter dem er Polaris' Existenz vermutet, es blendet ihn. Es ist unmöglich zu erkennen, was sich dahinter befindet, erst als er sehen kann, was es ist... ..fiel das leuchtende Ziffernblatt seines Weckers in sein Blickfeld. Einen Moment lang blinzelte Hibiki verwundert, aber dann fiel ihm wieder ein, wo er sich befand und was geschehen war: Er war in seiner Wohnung in Shinjuku, es war – wie der Wecker verriet – 6:24 Uhr am Morgen und er befand sich mitten in den Semesterferien. Das Radio lief und spielte gerade den Song, den Hibiki an dem Tag zum ersten Mal gehört hatte, an dem er zum ersten Mal Byakko beschworen hatte und gegen den ersten der sieben, eigentlich acht Septentrion kämpfen musste. „Why? How? They disappeared. Still I don't get it, for real Combine forces you and me. We trust to get back the peace“ Er hatte zum ersten Mal seit Langem von den Ereignissen dieser verhängnisvollen Woche geträumt. Es war jetzt etwa ein Jahr her, dass er in diesen Kampf gezogen war, gemeinsam mit seinen Freunden und Verbündeten. Das heißt, eigentlich waren diese ganzen Dinge niemals geschehen. Niemand konnte sich daran erinnern. All die Menschen, die an seiner Seite gefallen waren, lebten – größtenteils glücklich – ihre Leben weiter, zumindest nach allem, was er mitbekommen hatte. Daichi Shijima und Io Nitta etwa, die ersten, die an seiner Seite kämpften, waren in dieser neuen Welt ein Paar geworden – oder zumindest enge Freunde, je nachdem. Daichi lebte noch bei seinen Eltern und nahm Gelegenheitsjobs an, um sein Leben genießen zu können, zum Studieren würde er ja schließlich nach eigener Aussage auch später noch Zeit haben. Io hingegen studierte Soziologie im ersten Jahr. Sie lernte viel, und aufgrund ihrer hohen Lernfähigkeit fand sie neben dem Studium auch immer noch genug Zeit, Daichi und Hibiki weiter treffen zu können. So, wie es heute auch geplant war. Hinako Kujou war nach Indien gegangen, um sich dort neue Tanztechniken anzueignen und ihrem eigenen Stil hinzuzufügen, da sie immer weiter an sich arbeiten und sich verbessern wollte. Keita Wakui hingegen trainierte weiter seine Kampffertigkeiten, er hatte auch kürzlich mit Erfolg an der nationalen Meisterschaft teilgenommen. Das einzige, womit er nun Probleme zu haben schien, waren sein wachsender Ruhm und seine Popularität, besonders unter jungen Mädchen. Allerdings flüchtete er sich nicht in Alkohol oder Drogen, sondern tat das eher wörtlich, indem er rannte. Diesen Beiden war Hibiki nicht noch einmal begegnet. Er stand auf – nicht, weil er fürchtete, nicht mehr einschlafen zu können, sondern, weil er jetzt eh hellwach war – zog sich um und entschied, ein bisschen spazieren zu gehen, wie er es besonders in den geruhsamen Morgenstunden gern tat. Er liebte es, die Ruhe einer noch verschlafenen Welt zu spüren, auch wenn Shinjuku zu den Stadtteilen Tokyos gehörte, das praktisch niemals ruhte, und dachte dann immer gern über Dinge nach, die ihn gerade beschäftigten. Er schloss die Wohnungstür hinter sich, ging so ruhig wie möglich das Treppenhaus hinunter – er konnte sich nicht daran erinnern, auch nur ein einziges Mal den Aufzug benutzt zu haben – und verließ das Apartment. Draußen war es, wie für den Sommer üblich, trotz des noch jungen Tages bereits recht warm, sodass Hibiki einen Moment lang überlegte, ob er nicht doch seine Jacke zurücklassen sollte, aber er ließ es bleiben und stülpte sich seine Kapuze über den Kopf. Wie so oft in diesen Stunden zog es ihn zum Shinjuku Gyoen. Der lag am nächsten bei seiner Wohnung, auch wenn Hibiki fast eine halbe Stunde bis dahin laufen musste. Er war sehr gern an diesem Ort, dort fand er die Gelegenheit, über das zu reflektieren, was vor einem Jahr passiert war und was sich im Vergleich zu dieser Woche alles anders ereignet hatte. Auf einer Bank fand er Platz, dann lehnte er sich zurück und betrachtete den Himmel, an dem sich wundervolle Wolkengebilde zeigten. Diese weißen, fluffig wirkenden Wolken boten immer wieder einen starken Kontrast zu den schwarzen Wolken vor rotem Himmel, die er in dieser Woche der Apokalypse zu Gesicht bekommen hatte. Ein normaler Mensch konnte kaum nachvollziehen, wie glücklich man sich schätzen konnte, in dieser friedlichen Welt, dieser friedlichen Zeit zu leben. Hibiki war sich nicht einmal sicher, ob er selbst es wohl zu schätzen wissen würde, hätte er nicht den Untergang dieser Welt miterlebt, schließlich lag es auf der Hand, dass diese Welt auch zahlreiche Fehler hatte. Ob es nicht vielleicht doch eine gute Idee gewesen wäre, wenigstens irgendetwas zu verändern? Nein, dachte Hibiki, er hatte gleich entschieden, dass er alles wieder haben wollte, wie es war, Veränderung konnte man nicht herbeiwünschen. Es müsste sich etwas in den Köpfen der Menschen verändern. „Oh, ich hätte gar nicht erwartet, schon so früh am Morgen jemanden im Park zu treffen!“, erschreckte eine belustigte Frauenstimme Hibiki, der gar nicht damit gerechnet hatte, hier jemanden um diese Uhrzeit zu treffen, „Hast du was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?“ Er blickte auf und schnell erkannte er, wen er vor sich hatte und nahm seine Kapuze ab. Das lange, rote Haar, die eckige, blaue Brille und die leichte Bekleidung – um die aber, wohl der Tageszeit wegen, immerhin eine Jacke geschlungen war – es war kein Zweifel möglich. „Oh, guten Morgen, Hinako-san. Natürlich kannst du dich setz-“ „Woher kennst du meinen Namen?“, fragte Hinako verwundert, und Hibiki hielt kurz inne, aber gleich war es, als würde ihr eine Erkenntnis kommen und sie lächelte zufrieden. „Du bist wohl ein Fan von mir, wie?“ „Ich habe viele deiner Auftritte gesehen und finde es immer wieder beeindruckend, wie du stets etwas Neues erschaffst“, redete er sich raus. Das war noch nicht mal eine Lüge, in der Tat hatte Daichi ihm immer mal wieder Videoclips von Hinako geschickt. Auch der Gefallen, den Hibiki daran fand, war ehrlich. In jener Woche waren Hinako und er Freunde geworden und er hatte sie gleich zwei Mal verlieren müssen. Da war es natürlich umso schöner, jetzt zu sehen, wie gut es ihr ging. „So? Das freut mich natürlich zu hören“, antwortete Hinako zufrieden und lehnte sich zurück. „Möchtest du vielleicht ein Autogramm? Vielleicht auf deinen süßen Kapuzenpulli?“ „Oh? Vielleicht nicht gerade auf den Pullover“, entgegnete Hibiki mit einem schüchternen Lächeln, „Aber ein Autogramm fände ich schön.“ „Dann sollst du es auch bekommen!“, verkündete Hinako glücklich, packte den Stift aus, den sie für solche Fälle wohl immer bei sich hatte und fragte: „Sag, wie heißt du?“ „Kuze Hibiki.“ „Hibiki...“, nachdenklich legte Hinako ihre Stirn in Falten, „Kann es sein, dass wir uns schon einmal begegnet sind? Warst du vielleicht bei einer Aufführung von mir dabei?“ „Wir sind uns noch nicht begegnet.“, meinte Hibiki fest und fügte in Gedanken ein 'zumindest nicht in dieser Welt' hinzu. „Seit du nach Indien gegangen bist, hab ich Japan nicht mehr verlassen. Ich studiere und jobbe nebenbei, da habe ich weder viel Zeit noch viel Geld für Reisen.“ „Wirklich? Na wenn das so ist...“ Hinako stand auf, „Dann freut es dich sicher, zu hören, dass ich mich entschieden habe, meine Erfahrungsreise kurz zu unterbrechen und eine Aufführung hier in Tokyo zu geben, schon Freitag. Weißt du, eigentlich wollte ich nur meine Eltern besuchen, aber...“, sie lächelte Hibiki glücklich an und kicherte, „Wenn ich dich so sehe, dann bekomme ich richtig Lust, zu tanzen!“ Glücklich wuschelte sie Hibiki durch das Haar. „Ich kann doch damit rechnen, dass du auch kommst, oder?“ „Hey!“, versuchte Hibiki lachend, Hinakos Hand abzuwehren, aber vergeblich. „Natürlich komme ich.“ Dass sie sich ihm gegenüber so verhielt, obwohl sie ihn nicht kennen sollte, ließ sich Hibiki eine Frage stellen: War sie einfach so, oder konnte sie sich irgendwo, in der hintersten Ecke ihres Herzens, vielleicht doch noch dunkel an ihn erinnern? „Wenn du dich am Eingang vorstellst“, unterbrach Hinako seine Gedanken, „dann lassen sie dich umsonst rein, dafür sorge ich. Also dann, wir sehen uns, Hibiki-chan!“ Hinako winkte Hibiki noch einmal lächelnd zu, dann stand sie wieder auf, ging davon und ließ ihn wieder allein zurück. Hibiki blickte ihr noch nach, bis sie außer Sichtweite geraten war, dann entschied auch er, dass er langsam zu seiner Wohnung zurückkehren könnte. Bis er zurück war, würde es in etwa acht Uhr sein, dann könnte er frühstücken und sich für das Treffen mit Daichi und Io noch zurecht machen. Dabei lächelte er zufrieden vor sich hin – es war immer wieder schön, zu sehen, wie gut es seinen Freunden ging. Denn auch, wenn sie sich selbst nicht mehr an ihre Freundschaft erinnern konnten, für Hibiki waren sie Freunde geblieben, auch wenn er manche von ihnen seitdem nicht mehr gesehen hatte. Seine Kapuze baumelte gegen seinen Rücken, während er zufrieden über die Straßen Shinjukus wieder zurück nach Hause ging. Als er die Tür zu seiner kleinen Wohnung aufschloss, fiel ihm gleich ein ungewöhnlicher Geruch auf – es roch salzig und nach gebratenem Fisch. Die Herdplatte war nicht angeschaltet gewesen, als Hibiki die Wohnung verlassen hatte, wieso roch es jetzt so gut? Verwundert zog Hibiki seine Hausschuhe an, dann ging er auf die Küche zu. Er vermutete keinen Einbrecher, dafür hätte er Einbruchsspuren an der Tür haben müssen, aber er erinnerte sich, dass er mal für ein längeres Wochenende nach Osaka fahren musste, zusammen mit einigen Mitstudenten und dafür Daichi einen Zweitschlüssel gegeben hatte, damit seine Zimmerpflanzen in der Zeit gegossen werden würden. Er wüsste zwar auch nicht, warum Daichi um diese Tageszeit in seiner Küche kochen sollte, aber das war die einzige logische Erklärung, die ihm gerade einfiel. Als er aber seine Küche betrat, sah er jemanden, mit dem er wirklich nicht gerechnet hätte. „Ah, Hibiki, endlich bist du zurück“, stellte eine männliche Stimme zufrieden fest. „Du bist- Alcor!?“ Hibiki betrachtete den unerwarteten Gast fassungslos. Nicht, weil er sich nicht freuen würde, sondern eben, weil es so absolut unerwartet kam. „Freust du dich denn nicht, Hibiki, nach so langer Zeit? Ich weiß nicht zu viel über Gefühle, aber ich für meinen Teil freue mich sehr, dich wiederzusehen.“ „Ja... natürlich freue ich mich sehr, aber ich dachte... damals, nach deinem Kampf gegen Yamato. Ich meine, nach dem Trial kamen die Septentrion nicht auf die Erde, das dauert ja jetzt wieder eine Weile, bis es nochmal so kommt und da du auch ein Septentrion bist... dachte ich, du hättest den Planeten auch verlassen.“ „Ich hatte den Planeten verlassen“, erklärte Alcor, „Aber ich kam zurück, weil ich den Wunsch verspürte, dich zu sehen. Das nennt man Sehnsucht, nicht wahr? Und als ich feststellen musste, dass du nicht hier gewesen bist, dachte ich, ich könnte dir auch Frühstück zubereiten, so wie damals. Ich dachte mir, das würde dich glücklich machen.“ Scheinbar war er gerade fertig mit Kochen geworden, sodass sich auf dem kleinen Tisch nun eine Schüssel mit Miso-Suppe, gebratener Fisch und eine Schüssel mit Reis und Ei befand, dazu eine Kanne Kaffee. „Alcor... das wäre doch nicht nötig gewesen!“ Hibiki war den Tränen nahe. „Allein schon, dich... so zu sehen... das macht mich doch auch schon glücklich!“ „Ist das so?“ Alcor lächelte sanft. „Gut zu wissen, dass-“ Weiter kam er nicht, denn Hibiki stand schon vor ihm – es handelte sich ja schließlich um eine kleine Küche – und hatte seine Arme sanft um ihn gelegt. „Alcor... schön, dass du wieder zurück bist!“ Im Wohnzimmer hatten Hibiki und Alcor auf gegenüberliegenden Sesseln, zwischen denen sich ein niedriger Couchtisch befand, Platz genommen. Das Frühstück hatten sie sich – auf Hibikis Wunsch hin – in der Küche geteilt, nur eine Tasse Kaffee mit Zucker hatte Alcor nun vor sich auf dem Tisch stehen. „Seit dieser Woche hat sich vieles geändert. Es geschieht langsam, aber es passiert, solange es die Menschen aus eigenem Willen tun“, stellte Alcor fest und schlürfte einen Schluck seines Kaffees. „Das ist natürlicher und somit vermutlich auch langfristiger als der von Hotsuin Yamato angestrebte Ausgang des Trials, nicht wahr?“ „Yamato... von allen ehemaligen Demon Tamern ist Yamato derjenige, von dem ich das Wenigste weiß. Ich meine, auch Otome, Kanno-san oder Makoto bin ich nicht noch einmal begegnet... aber um sie mache ich mir auch, ehrlich gesagt, nicht so viele Sorgen. Sie haben mir gezeigt, wie stark sie sein können. Aber Yamato... ich habe versucht, Kontakt zu ihm herzustellen, aber gelungen ist mir das nicht. Es ist, als wäre er genauso unerreichbar, wie er vorher gewesen ist. Weißt du, Alcor, als wir miteinander gekämpft hatten, als wir vor Polaris standen, da war ich so sicher, dass er sich verändert hatte. Aber jetzt, da das Trial vorbei ist – da ist er doch wieder genauso, wie er davor gewesen ist, nicht wahr? Ich meine, es war unsere Begegnung, die ihn verändert hat, und jetzt ist es wieder so, als hätten wir uns nie getroffen.“ „Bist du sicher, Hibiki?“ „Wie meinst du das? Natürlich kann er sich nicht erinnern, was diese Woche gewesen ist, sie hat ja, so gesehen, nie stattgefunden.“ „Das mag auf die meisten Menschen wohl zutreffen... Wie etwa deine Freunde, Nitta-san und Shijima-kun, aber du vergisst, dass es zum Schluss Yamato und du waren, die nicht zusammen mit der Erde verschwunden sind.“ „Moment mal, willst du sagen, dass-“ „Ich habe nicht noch einmal mit Yamato gesprochen, aber ja, ich vermute, dass er diese Woche ebenso wenig vergessen hat, wie du und ich.“ „Du meinst- nein, Alcor, das kann nicht sein. Ich habe ihn doch damals gesehen, nachdem die Welt wiederhergestellt wurde.... er hat mich nicht erkannt. Er sagte, er habe keine Freunde, das passt nicht. Die Welt konnte nur wieder regeneriert werden, weil wir Freunde waren.“ „Hibiki... was glaubst du, wie sich Yamato dir gegenüber verhalten würde, um seine freundschaftlichen Gefühle auszudrücken? Aus seiner Sicht hat er vielleicht genau das getan, auf eine Art und Weise, von der er glaubt, dass sie für dich nachvollziehbar genug sein würde. Er ist sehr stolz und würde sich nicht dazu herablassen, etwas zu vereinfachen, wenn das aus seiner Sicht unnötig ist.“ „Er sagte, er habe keine Freunde“, überlegte Hibiki halblaut, „Aber er hat mich angelächelt, als er das sagte. Du meinst... er hat vielleicht etwas wie... 'außer dir' damit gemeint?“ „Das halte ich für möglich. Allerdings solltest du dich bei der Interpretation menschlichen Verhaltens nicht unbedingt auf jemanden berufen, der kein Mensch ist.“, entgegnete Alcor und lächelte sanft. „Aber wenn das stimmt, Alcor... wieso hat er dann jegliche Kontaktaufnahme mit mir verweigert? Ich bin auf ihn zugegangen, ich wollte den Kontakt mit ihm... er hat sich verweigert.“ „Sag, Hibiki, möchtest du Yamato wiedersehen? Möchtest du mit ihm reden?“ Hibiki zögerte kurz, aber dann antwortete er entschlossen: „Ja, das möchte ich. Ich bin der Einzige, der weiß, wie einsam Yamato ist. Ich möchte wissen, wie es ihm geht und ob er sich geändert hat.“ „Dann glaube an ihn und versuch es weiterhin“, riet Alcor. „Ich kann nicht garantieren, dass es im Endeffekt funktionieren wird, aber solang du die Hoffnung nicht aufgibst, existiert sie weiter, nicht wahr, Strahlender?“ Hibiki wusste ganz genau, wie Alcor das meinte – ihn hatten in dieser Woche mehrmals heftige Zweifel geplagt, aber er hatte sich noch immer gegen sie durchgesetzt und somit im Endeffekt siegen können, das hier war nichts anderes. Es war kompliziert, aber nicht unmöglich. „Alcor... danke.“, bedankte sich Hibiki zögerlich. „Nichts zu danken, Hibiki. Du hast in dieser Woche viel für mich getan.“ „Ach, hör doch auf“, wehrte Hibiki ab, der es immer noch als sehr ungewohnt empfand, über diese Woche zu reden. Er hatte es Daichi und Io zwar erzählt, weil er ihnen vertraute und wusste, dass sie ihn nicht hängen lassen würden – Daichi war immer sehr begeistert, dass er angeblich an der Rettung der Welt maßgeblich beteiligt war – allerdings vermied er es, mit irgendjemand anderem darüber zu reden. Außerdem hatte er mit den Erlebnissen abgeschlossen. Einen Moment lang herrschte Stille zwischen den Beiden, aber dann merkte Alcor an: „Wolltest du nicht noch deine Freunde treffen?“ „Oh, richtig, danke Alcor! Sag... willst du nicht vielleicht mitkommen?“ „Ich?“ Alcor lächelte sichtlich amüsiert. „Nein, ich fürchte, ich passe nicht so recht zu dir und deinen Freunden, bleibt unter euch.“ „Alcor...“ „Nein, das ist schon in Ordnung. Allerdings...“ Zögerlich blickte Alcor auf die hölzerne Wanduhr, die über dem Sessel Hibikis hing, „Hättest du etwas dagegen, wenn ich dich öfter besuchen würde? Unangekündigt, versteht sich.“ „Natürlich nicht, du bist hier jederzeit willkommen!“, meinte Hibiki schnell und lächelte dann auch Alcor an. „Sehr gut! Also dann, wir sehen uns, Strahlender!“, verabschiedete sich Alcor von ihm und mit dem nächsten Augenaufschlag Hibikis war der Septentrion verschwunden. „Hey, Hibiki, hier!“, rief Daichi gleich, als er seinen Freund erblickte und winkte ihm zu. Io, die neben ihm auf einem erhöhten Hocker am Fenster saß, lächelte nur schüchtern. „Guten Morgen, Daichi, Io!“, antwortete Hibiki und setzte sich zu den beiden, neben Daichi. Daichi Shijima, der beste Freund Hibikis, erweckte stets den Eindruck eines sorglosen Mittelschülers zur Ferienzeit, der sein ganzes Geld zu eigenen Vergnügen ausgab und am liebsten pausenlos mit seinen Freunden zusammen sein würde. Die immer noch verlegen an ihre Kaffee nippende Io hingegen nahm diese gemeinsame Zeit offenbar als etwas ganz Besonderes und Kostbares wahr, das man voll ausschöpfen möchte. Sie hatte sich ihre Haare wachsen lassen, sodass sie ihr jetzt schon bis über die Schultern reichten, weil sie wusste, dass Daichi Langhaarfrisuren besonders gefielen. Genau wie Hibiki hatte auch sie Semesterferien, allerdings wirkte sie, gerade im Kontrast zu Daichi, immer ein wenig schuldbewusst, so als ob sie jetzt eigentlich an ihrem Schreibtisch sitzen und lernen müsste. „Mensch Iorin, jetzt guck doch nicht die ganze Zeit so deprimiert!“, lachte Daichi und drückte sie an sich. „Wir haben alle Ferien, machen wir das Beste daraus!“ Er nannte sie Iorin... das hieß, dass die beiden momentan „nur“ gute Freunde waren, schloss Hibiki. Er wurde manchmal gefragt, ob er nie auf die Idee gekommen sei, auch mal mit Io auszugehen, wenn sie gerade nicht mit Daichi zusammen war, und obwohl Hibiki wusste, dass Daichi das nichts ausmachen würde, er würde so etwas niemals tun können. Für ihn war Io zu jeder Zeit Daichis Freundin. „Und, Hibiki?“, wandte sich Daichi nun an Hibiki, „Was würdest du sagen: Kino oder Freibad? Iorin und ich ich überlegen schon die ganze Zeit, was am besten wäre. Ich hätte ja eher Lust auf Kino, schließlich ist die Tage der neue John Blond-Film rausgekommen, Waterfall...“ In aller Ausführlichkeit beschrieb Daichi die guten Internetkritiken, die er zu dem Film gelesen hatte, aber Hibiki konnte sich nicht dazu bewegen, richtig zuzuhören, da er etwas – oder besser jemanden – entdeckt hatte. Ein Junge, oder eher ein junger Mann, saß dort, der an einem Milchkaffee trank und eine schwarze Jacke mit Kapuze trug, die sein Gesicht verdeckte. Nur wenn man ganz genau hinblickte, konnte man erkennen, dass die Haare dieses Jungen weiß waren. „Hibiki, was ist denn los mit dir?“, fragte Daichi, der ganz offensichtlich beleidigt war, dass ihm nicht mehr zugehört wurde, da auch Io nun ihre Aufmerksamkeit auf Hibiki richtete. Langsam bewegte dieser sich auf den Jungen zu und nahm neben ihm Platz. Konnte das vielleicht... „Verdammt nochmal, das ganze Café ist leer und natürlich kommt wieder jemand zu mir!“, fluchte der Junge leise, „Kann ich denn nicht einmal in Ruhe meinen Kaffee trinken?“ „Keita-kun?“, fragte Hibiki verwundert, der aus irgendeinem Grund jemand anderen erwartet hatte. „Keita Wakui!“, bemerkte Daichi, der sich nun zusammen mit Io zu den beiden gesellt hatte, „Ich hab dich bei den nationalen Meisterschaften gesehen, das war echt beeindruckend!“ „A-als ob ich auf Anerkennung von Fremden angewiesen wäre“, murmelte Keita, aber Hibiki wusste, dass er sich darüber freute und lächelte sanft. „Du bist stark und am Boden geblieben, ich denke schon, dass das Bewunderung verdient!“ „A-ach was....“, brummte Keita, konnte aber nicht vermeiden, dass sich ein Rotschimmer auf seine Wangen schlich. Daichi und Io unterhielten sich angeregt mit Keita schließlich war – wie dieser korrekt angemerkt hatte – das Café leer, abgesehen von der Sudokus lösenden, merkwürdig glasig guckenden und sichtlich gelangweilten Bedienung. Er schien keine Angst mehr zu haben, dass man ihn ungewollt erkennen konnte, daher war er in der Unterhaltung sichtlich lockerer und beantwortete alle Fragen, die Daichi und Io hatten. In Bezug auf die bevorstehenden Wettkämpfe schien er zuversichtlich und blühte richtig auf, jetzt, wo ihm aufrichtiges Interesse an seiner Person entgegengebracht wurde. Hibiki allerdings musste die ganze Zeit an Yamato denken, den er jetzt gern gesehen hätte. Wie viele jugendliche Personen mit von Natur aus weißen Haaren konnte es in Shinjuku denn groß geben? Langsam wanderte sein Blick zum Eingang des Cafés, er wusste nicht, was er sich davon versprach – es war so, als ob er erwarten würde, dass Yamato Hotsuin in den nächsten fünf Minuten das Café betreten würde. Überrascht blickte er auf, als er nicht Yamato, dafür aber ein anderes vertrautes Gesicht erblickte: Kurze schwarze Haare und eine Uniform, die er immer wiederkennen würde – bei der Person handelte es sich um eine Mitarbeiterin von JPs, um Yamatos persönliche Chauffeurin und hochgeschätzte Programmiererin mit einem gewissen Interesse an ihrem Chef – Sako Makoto. „Makoto-san“, stellte er auch akustisch überrascht fest, woraufhin ihn Makoto erstaunt anblickte – ganz offenbar erwartete sie nicht, dass eine Person aus der Öffentlichkeit ihren Namen kannte. Ihr Blick verriet, dass sie wohl gerade versuchte, sich daran zu erinnern, wo sie diesen Jungen schon einmal gesehen haben könnte – Hibiki witterte seine Chance. „Makoto-san, bitte richten Sie Yamato aus, dass ich morgen in diesem Café auf ihn warte! Sagen Sie ihm, Kuze Hibiki wird hier warten!“ Makoto brauchte einen kurzen Moment, um die Fassung wiederzuerlangen, war es ja schließlich eine eher doch ungewöhnliche Situation, mit der sie gerade konfrontiert wurde, dann aber griff ihr ruhiges Sekretärinnen-Naturell durch und sie merkte an: „Hotsuin-sama wird morgen wie jeden Tag sehr beschäftigt sein, ich kann nicht versprechen, dass er Zeit haben wird, ich kann auch nicht sagen, wann das sein könnte.“ „Das ist egal!“, meinte Hibiki sofort, „Ich werde den ganzen Tag hier auf ihn warten, wenn nötig. Ich muss mit ihm reden.“ Daichi, Io und Keita blickten verwundert zu Hibiki und Makoto, aber Hibiki kümmerte in dem Moment nicht weiter, wie komisch sein Verhalten auf sie sehr wahrscheinlich wirkte. Stille beherrschte den Raum, bis sie von der Bedienung durchbrochen wurde, die leise fluchte, weil ihr kochend heißer Kaffee über den Handrücken gelaufen war, woraufhin sie in der Küche verschwand. „Ich werde es ausrichten“, verkündete Makoto, „Aber mach dir keine zu großen Hoffnungen, Kuze-kun.“ Mit diesen Worten verließ Makoto das Café wieder mit einer gefassten Miene – Hibiki musste sie so sehr irritiert haben, dass sie wohl vergessen hatte, weswegen sie überhaupt hergekommen war – und Daichi und Io traten zu Hibiki heran. Keita tat es ihnen nach kurzem Zögern gleich. „Und was war das?“, fragte Daichi verwundert. Io war da schon ein wenig fixer: „Hatte das was mit dieser Woche letztes Jahr zu tun?“ Hibiki nickte nur. Keita, den es sehr offensichtlich zu ärgern schien, dass er keine Ahnung hatte, wovon die drei redeten – es war glatt, als würden sie sich über eine Fernsehserie unterhalten, die er nicht gesehen hatte – steckte seine Hände in die Hosentaschen und wandte sich dann zum Gehen. „So, ich hab noch was zu tun“, verkündete er, „also... bis dann.“ Er lief los – er war es wohl gar nicht mehr gewohnt, sich in Schritttempo fortzubewegen – wobei ihm ein kleiner, zusammengefalteter Zettel aus der Hosentasche fiel. „Hey, Keita!“, rief Daichi, „Du hast was verloren, hey, warte!“ Sein Versuch, Keita zu verfolgen, verlief aber im Sand, da Daichi einfach nicht lange mithalten konnte und es auch Hibiki und Io albern vorkam, Keita jetzt noch zu verfolgen. Hibiki besah sich den Zettel näher – ein paar Nummern waren recht hastig und unordentlich draufgekritzelt worden, aber immerhin so, dass man noch eindeutig erkennen konnte, welche es waren. Daneben stand in Katakana geschrieben: „Keita“. „Ist ja Wahnsinn!“, staunte Daichi, „Die Nummer von einem echten aufstrebenden Star!“ Auch Hibiki musste zugeben, dass es genau danach aussah. Vielleicht wusste Keita einfach nicht, wie man anderen Leuten sagen konnte, dass man sie gern einmal wiedersehen würde? „Oh, da fällt mir ein...“ setzte Hibiki an, „Irgendwann die Woche gibt Hinako-san in der Stadt eine Aufführung.“ „Du meinst... Hinako Kujou?“, fragte Daichi begeistert, „Die unglaubliche Tänzerin?“ „Genau die. Jedenfalls... ich hab sie heute früh im Park getroffen und sie hat mir quasi einen Freiplatz verschaf-“ „Unglaublich!“, freute sich Daichi, „Hinako-san in Japan! Wir sollten unbedingt hingehen, oder was meinst du, Iorin?“ „Ja... vielleicht.“, antwortete Io zögerlich. „Wir könnten ja Wakui-kun fragen, ob er mitkommen möchte.“ „Unbedingt!“, meinte Daichi, „Wann genau soll die Aufführung sein, Hibiki?“ „Weiß ich noch nicht“, gab Hibiki zu, „aber es kann höchstens ein paar Tage dauern.“ „Na, dann ist es beschlossene Sache!“, freute sich Daichi, „Wir bleiben in Kontakt, ja, Hibiki? Bis dann!“ „Wo willst du denn hin, wolltest du nicht eben noch ins Kino?“, wunderte sich Io. „Na ja... wenn ich die Tage wirklich Hinako-san begegne, dann muss ich doch ein paar anständige Klamotten tragen, oder etwas nicht?“ „Dann komme ich aber mit.“, beschloss Io. „Ich meine, bei dir weiß man ja nicht-“ „Dann aber los!“, jubelte Daichi und schnappte sie an der Hand, „Kommst du, Hibiki?“ „Nein, entschuldigung, mir ist gerade eingefallen, dass ich noch was zu tun habe... wir sehen uns dann auf Hinakos Aufführung, okay?“ „Was immer du willst, wir sehen uns!“ Mit diesen Worten brausten Daichi und Io davon, Hibiki allein zurücklassend, der sich wieder zu seiner Wohnung zurück begab. Er wusste auch nicht, was plötzlich los war, aber irgendwie hatte er gerade keine Lust darauf, mit Io und Daichi einkaufen zu gehen. Außerdem hatte er den Eindruck, dass sie gerade gern allein mit Daichi unterwegs wäre, den Gefallen tat er seiner Freundin doch gern. Im Treppenhaus angekommen stieg Hibiki intuitiv in den Aufzug, drückte den Knopf zum dritten Stockwerk, in dem er seine Wohnung hatte, verließ den Aufzug wieder und betrat seine Wohnung. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er dieses Mal gar nicht die Treppen genommen hatte – merkwürdig. Zurück in seiner Wohnung beschloss Hibiki, dass er sich den restlichen Nachmittag doch lieber dem Lernen für sein Studium widmen sollte. Pädagogik war kein einfaches Fach – genau genommen war kein Fach in der Uni ein Einfaches, dem konnte wohl jeder Studierende zustimmen – aber für Hibiki war seines natürlich das schwerste, weil er immer alles gab, um gute Noten zu erhalten. Es lag ihm viel daran, das Studium gut abzuschießen, um danach ein guter Lehrer werden zu können. Das war seine Art, die Welt zu verändern – ein Lehrer werden zu wollen, der den Schülern alles Richtige und Wichtige mitgeben konnte. Also nahm er an seinem Holzschreibtisch auf seinem Drehstuhl Platz und las im Schein des Schreibtischlampenlichtkegels in aller Ruhe seine Fachbücher. Erst als Hibiki die Schreibtischlampe abschaltete, bemerkte er, wie dunkel es draußen schon geworden war. Ein Blick auf seinen Wecker verriet, dass er um 23:46 Uhr lieber langsam ins Bett gehen sollte, zumindest wenn man, so wie er, auch in den Ferien einen geregelten Tagesablauf beibehalten wollte. Er hatte zwar ein bisschen Hunger, aber so spät abends sollte man nichts mehr kochen und entgegen seiner Hoffnung war auch Alcor nicht nochmal aufgetaucht – also ging Hibiki rasch in sein kleines Bad und machte sich bettfertig. Unter der warmen Decke seines Bettes schlief Hibiki schnell ein, das Letzte, was er hörte, waren ein paar gesungenen Zeilen aus seinem Radio: „Me no mae ni utsuru Toi ni itsumo aimai de Sono kotoba de nanika ga Kawaru nante omoi mo shinakute...“ Kapitel 2: 2nd Day - Monday of Upheaval --------------------------------------- Ohne jegliche Erinnerung an seine Träume dieser Nacht erwachte Hibiki am Morgen und fühlte sich ausgeruht. Gleich danach aber war es, als würden schlagartig die Gedanken an die gestrigen Erlebnisse zurückkehren und ihn daran erinnern, was geschehen war und was, daraus resultierend, heute passieren würde. Yamato... er würde heute vielleicht Yamato treffen können, aber ob es tatsächlich so kommen würde? Vielleicht hatte Makoto gar nicht erst weitergeben, dass Hibiki auf Yamato warten würde, oder vielleicht würde Yamato die ganze Bitte als lächerlich abtun... das war zu diesem Zeitpunkt schwer zu sagen. Das Beste, was Hibiki tun konnte, war also einfach, den ganzen Tag im Café zu verbringen und dort auf Yamato zu warten. Er könnte sich ein bisschen Arbeit mitnehmen und dort bei einem Blick über die Stadt erledigen, das geschäftige Treiben Shinjukus beobachtend... Mit diesen Gedanken im Kopf stand Hibiki auf und öffnete den Vorhang seines des schmalen Fensters über seinem Bett, um das morgendliche Licht durch sein Zimmer fließen zu lassen. Sofort fiel es ihm wärmend auf das Gesicht, ganz so, als wolle es ihm Hoffnung in Bezug auf den heutigen Tag machen und ihm eine warme Umarmung schenken. Sein Blick fiel auf die Wand, an der Io Motivationsposter aufgehängt hatte, die die Zimmertür beinahe wie ein Vorhang umrahmten. Darunter befanden sich lediglich zwei Zimmerpflanzen, links und rechts der Tür. Direkt gegenüber von Hibikis Bett befand sich sein Regal mit den Kleiderschubläden, in schlichtes Beige getaucht, das durch das morgendliche Sonnenlicht einen hübschen, orangefarbenen Schimmer erhielt. Dann, direkt an der Wand anliegend, fand sich sein spartanisch ausgestatteter Schreibtisch, auf dem nur sein PC-Monitor und jene Schreibtischlampe Platz fanden. Fix schlüpfte Hibiki in seinen blauweiß gestreiften Pullover und seine Jeans, dann öffnete er das Fenster, um neben dem morgendlichen Licht auch noch ein bisschen Luft hereinzulassen, solange der Verkehr auf den Straßen Shinjukus noch nicht zu dicht sein würde, dann ging er durch sein Wohnzimmer in die Küche. Alcor war nicht da gewesen – Hibiki hatte aber auch nicht wirklich damit gerechnet – also musste er sich selbst was machen. Zum Glück hatte er noch ein paar Onigiri von vorgestern da, als er mit Io zusammen ein bisschen gekocht hatte – sie fand es ein Unding, dass Hibiki mit Fertignudeln nicht das geringste Problem hatte und wollte ihm zeigen, wie man etwas Richtiges kochte. „Hibiki“ Hibiki erschrak so sehr, dass er sich an einem Stück Onigiri verschluckte und heftig hustete, was Alcor, der ihn mit seinem plötzlichen Auftauchen so erschreckt hatte, nur hilflos beobachten konnte. Nach wenigen Sekunden aber hatte sich Hibiki wieder gefangen und ließ sich, erschöpft nach Luft ringend, auf das Sofa im Wohnzimmer fallen. Da war es doch von Vorteil, eine kleine Zweiraumwohnung zu haben, sodass es von der Küche ins Bad nie weit war. „Alles in Ordnung, Hibiki?“, fragte Alcor, der wohl versuchte, Besorgnis mit seiner Stimme auszudrücken, was ihn allerdings eher belustigt erscheinen ließ. „Es...geht...“, presste Hibiki hervor, bis er sich schließlich, nach wenigen Sekunden, wieder vollständig vom Hustenanfall erholt hatte. „Alcor, du darfst mich nicht so erschrecken.“ „Das war auch nicht meine Absicht gewesen“, entgegnete Alcor und klang dabei recht niedergeschlagen. „Ach, ist schon in Ordnung, das passiert. Vielleicht solltest du nächstes Mal, wenn du kommst, nun... einen Moment lang schauen und mich erst dann ansprechen.“ Hibiki setzte sich an seinem kleinen Esstisch, wies Alcor den Platz direkt gegenüber zu und kaute langsam an seinem Onigiri. Das Tablett schob er in die Mitte zwischen die beiden, um Alcor damit zu bedeuten, dass er sich auch etwas nehmen konnte, aber entweder bemerkte er das nicht, oder er wollte einfach nichts. Praktisch gesehen benötigten Septentrion ja auch schließlich keine Nahrung. Stattdessen schlürfte Alcor aus einer Tasse Kaffee, die er scheinbar mitgebracht hatte. „Ich treffe heute möglicherweise Yamato“, erklärte Hibiki ihm, nachdem er ausgekaut hatte, woraufhin er allerdings nur nickte, ganz so, als wüsste er bereits, was los war. „Ich kann dir nur viel Glück wünschen, Strahlender. Ich bin mir bewusst, dass es nicht einfach werden wird, aber ich bin sicher, dass dir gelingen wird, was immer du auch versuchst. Gib die Hoffnung nicht auf.“ Scheinbar war das alles, was Alcor Hibiki noch hatte mitgeben wollen, denn mit einem weiteren Blinzeln Hibikis war er auch schon wieder verschwunden. Noch ehe Hibiki sich für seinen Zuspruch bedanken konnte... Erneut hatte er sich für seinen Kapuzenpulli entschieden, den er auch trug, als er Yamato das erste Mal begegnet war, weil er mit diesem Pullover schöne Erinnerungen verband und er für ihn daher so etwas wie einen Glücksbringer darstellte. Ob er damit wohl auch eine gewisse Hoffnung verband, war es das? Wieder stürmte Hibiki die Treppen herunter, Montagmorgens um 9 Uhr musste er wegen seiner Nachbarn nicht allzu rücksichtsvoll sein, da die meisten von ihnen ohnehin schon zum Arbeiten in der Stadt waren. Das Café lag zum Glück nur wenige Fußminuten von seiner Wohnung entfernt, sodass Hibiki schnell dort sein und sogar zum Mittagessen nach Hause gehen oder unterlagen holen könnte, sollte es nötig werden, also setzte er sich entspannt an einen Fensterplatz und begann, einige wichtige Passagen seiner Fachbücher verkürzt abzutippen, um sie sich besser merken zu können. Das Café füllte sich währenddessen immer mehr mit anderen Studenten, die in ihren Ferien einen anderen Platz suchten, ihre Kommilitonen zu treffen, außerdem waren vereinzelt Menschen in Hibikis Alter anzutreffen, die ganz offensichtlich auf einem Date waren und viel Spaß miteinander zu haben schienen. Um die Mittagszeit kamen zudem noch viele Mitarbeiter des gegenüberliegenden Kaufhauses vorbei, die es immer genossen, bei einer Tasse heißen Kaffee mit einem Stück Kuchen einen Blick auf ihren Arbeitsplatz haben zu können, dem sie nun für einige geheiligte Minuten würden fernbleiben dürfen. „Na, ganz alleine hier?“, hörte Hibiki eine vertraute Stimme, die er einem gewissen Tunichtgut zuordnen konnte, „Dabei siehst du nicht aus, als würdest du es schwer mit den Mädels haben.“ Ein junger Mann mit Nadelstreifenanzug, Brille und einer gestreiften Baskenmütze setzte sich neben Hibiki und stellte ihm einen Kaffee hin. „Oh, das ist wirklich nicht nötig“, meinte Hibiki verlegen, aber der junge Mann, den er eindeutig als Joe identifizierte, aber nicht mit diesem Namen ansprach, weil er nicht mehr sicher wusste, inwiefern er von dem Namen wissen konnte, lächelte nur verschmitzt und wehrte ab. „Das ist schon in Ordnung, jeder von uns hat mal einen Tag, an dem etwas schief läuft. Betrachte es als solidarischen Akt, ja?“ „Ist das ein Freund von dir, Yuzuru?“, fragte eine junge Frau, die sich zögerlich näherte. Sie hatte schützend eine Hand auf ihren Bauch gelegt, sodass sich Hibiki schon denken konnte, was los war. „Das ist praktisch sowas wie ein Kollege!“, lachte Joe zufrieden, „Er wartet bestimmt auf seine Süße, du weißt ja, wie das sein kann, oder, Schatz?“ Die junge Frau, die wohl seine Freundin sein musste, nickte nur verlegen und schenkte Hibiki ein warmes Lächeln. „Nun... eigentlich warte ich auf einen Freund, den ich lange nicht gesehen habe“, erklärte Hibiki. „Wir haben uns mehr oder weniger auseinander gelebt und jetzt hoffe ich, dass er meiner Einladung hierher folgt.“ „Klar, warum denn nicht?“, fragte Joe. „Einen Freund aus den Augen zu verlieren ist zwar schade, aber man bekommt immerhin die Chance, sich nochmal neu kennenzulernen und vielleicht ganz andere Seiten an einem Freund zu entdecken, oder?“ „Das kann man wohl so sagen“, meinte Hibiki mit einem Lächeln, da er Joe eigentlich für einen Gigolo gehalten hatte, schließlich war er es, der Hibiki und Daichi beinahe zu Spannern gemacht hätte. „Na ja, das wird schon, Kollege!“, verkündete Joe. „Sicher hat dein Freund einen guten Grund für seine Verspätung. Also, wir sehen uns, ja?“ Joe nahm seine Freundin bei der Hand, die sie fest um seine schloss, dann verließen sie zusammen das Café, wohl um im gegenüberliegenden Kaufhaus einen entspannten Nachmittag verbringen zu können. Hibiki hingegen hatte alle seine Recherchen längst beendet und fand sich jetzt im quälenden Zustand des ungewissen Wartens – langsam erschien es ihm albern, was er gestern getan hatte, genau wie seine daraus aufbauende Erwartungshaltung. Was hatte er sich eigentlich dabei gedacht, Yamato einfach so hierher zu bestellen? Was für eine dumme und naive Idee das war... Resigniert packte Hibiki seine Sachen zusammen. Das Café würde bald schließen, im Grunde war es verschwendete Zeit gewesen. Natürlich hatte Hibiki was für sein Studium schaffen können, dennoch hätte er die Zeit vielleicht etwas effektiver gestalten können, wenn er zum Beispiel in die Bücherei gegangen wäre, die bestimmt die ein oder andere ihm noch fehlende Info aus einem Fachbuch hätte parat stellen können. Gerade hatte er das Café schon verlassen und war einige Meter gelaufen, als ihm wieder einfiel, dass er das von ihm bestellte Stück Kuchen noch gar nicht bezahlt hatte. Die Bedienung musste es wohl vergessen haben, was man ihr nicht verübeln konnte, schließlich war er den ganzen Tag da gewesen, viele andere Leute waren gekommen und gegangen, da konnte man durchaus den Überblick verlieren, besonders, wenn man lieber mit seinem Handy spielte, als auf die Kundschaft zu achten. Gerade, als er das Café wieder betrat, um seine noch offene Rechnung zu begleichen... ...erblickte er ihn doch noch. Dort, am Fenster, den Blick scheinbar gedankenverloren über die Stadt schweifend lassend, befand sich Yamato Hotsuin und rührte in seinem grünen Tee. Es war offensichtlich, dass er auf jemanden wartete. Schüchtern näherte Hibiki sich der beeindruckenden Präsenz des jungen Mannes, der so kurz davorgestanden hatte, die Welt in eine reine Meritokratie zu verwandeln, eine Gesellschaft, in der der Wert eines Lebens allein durch seine Leistungen definiert werden sollte. Eigenschaften wie Nächstenliebe, Toleranz, Rücksicht und Freundlichkeit, wie Hibiki und seine Freunde sie eisern verteidigt hatten, hätten in einer solchen Welt keinen Platz gefunden. Dieser Gedanke hatte Hibiki die nötige Kraft gegeben, Yamato entgegenzutreten, ihn sogar, wie er es gehasst hatte, zu bekämpfen. Und jetzt stand er genau neben ihm. Er wusste, dass es recht sinnlos war, darauf zu warten, dass Yamato zu ihm blickte, ihn ansehen würde, mit ihm redete. Hibiki würde selbst den ersten Schritt wagen müssen. Er wusste nicht, wie er Yamato am besten ansprechen sollte, aber er war sicher bemerkt worden, also sah er sich im Zugzwang. „Yamato...“, sprach Hibiki vorsichtig. Er hatte sich für das Einfachste und doch Effektivste entschieden: Den Namen seines Gegenübers. Yamato sah zu ihm – und er lächelte mit einer zufriedenen Genugtuung. Rein optisch hatte er sich zunächst wohl nicht verändert. Erst als Hibiki ihm direkt ins Gesicht sehen konnte, bemerkte er die schmale Narbe, die sich über seine rechte Wange zog. „Wir haben uns lange nicht gesehen, Kuze Hibiki.“, sprach Yamato aus, was Hibiki auch gerade gedacht hatte. Einen Moment lang, der Hibiki erschien, als würde die Zeit still stehen, blickten sich die Beiden nur an. Hibiki suchte nach Worten, Yamato hingegen schien geduldig auf eben diese zu warten – er überließ Hibiki den Vortritt. „Und Yamato, wie ging es dir so im letzten Jahr?“, fragte Hibiki in der Hoffnung, Yamato hätte einen triftigen Grund gehabt, ihn dieses Jahr völlig zu schneiden. „Was erwartest du, hm, Hibiki?“ Mit einer solchen Antwort hatte Hibiki nicht gerechnet, Was erwartete er? Dass Yamato selbst mit anpacken würde, die Welt zu verbessern, indem er etwa gemeinnützige Organisationen spendete? „Du machst weiter wie vorher auch“, hörte Hibiki sich sagen, „Du leitest JPs weiterhin und erhältst die Hotsuin-Blutlinie aufrecht.“ „Selbstverständlich. Gut, Hibiki!“, lobte Yamato überlegen, „Ich habe mir den richtigen Menschen als Freund ausgewählt. Du kennst mich gut.“ „Also betrachtest du mich als Freund, Alcor hatte Recht...“, murmelte Hibiki, „Aber wieso hast du dann das letzte Jahr nicht einmal mit mir geredet?“ „Ich habe stets viel zu tun, es ist mir schlicht unmöglich, einen Freund als oberste Priorität zu betrachten. Die Tatsache, dass ich heute an diesem Ort bin, verdankst du dem Umstand, dass das heutige Abendessen mit einem Firmenvorsitz aus gesundheitlichen Gründen entfallen musste.“ Was hatte Hibiki eigentlich erwartet, als er Yamato diese Frage gestellt hatte? „Oberkommandant?“, vernahm Hibiki auf einmal die Stimme Makotos, „Es ist bereits spät, ich fürchte, wir müssen langsam wieder aufbrechen.“ Ihr Blick wanderte zu Hibiki, den sie dieses Mal gleich wiedererkannte. „Guten Tag“, reagierte Hibiki beinahe automatisch und verneigte sich, um sich noch einmal in aller Formalität vorzustellen. „Kuze Hibiki der Name, Student auf Lehramt.“ „Ein Freund“, ergänzte Yamato und bedeutete der neugierigen Makoto mit einem Blick, nicht weiter nachzufragen. „Hibiki... wir sehen uns wieder“, verkündete Yamato, dann verließ er das Café zusammen mit Makoto, die zuvor noch seine – und auch Hibikis – Rechnung beglich. Hibiki hingegen blieb allein zurück und blickte ihm noch kurz nach, dann stand auch er auf und ging. „Du hast völlig Recht gehabt, Alcor“, erzählte Hibiki ihm, als er wieder Zuhause war, während er seine Jacke wieder an den Haken hängt und seine Hausschuhe anzog. „Oh, wirklich?“ Alcor wirkte überrascht, lächelte dann aber zufrieden. „Interessant!“ „Du hast wirklich nur interpretiert, nicht wahr?“, fragte Hibiki zögerlich. „Aber gut interpretiert, hm? Schließlich habe ich ja Recht behalten.“ Hibiki gab sich innerlich geschlagen und ließ sich dann auf den Sessel fallen, der noch warm war. Alcor musste zuvor darauf gesessen haben. „Alcor... danke“, seufzte Hibiki erleichtert. „Du hast mir Mut gemacht. Ich habe etwas völlig Dummes getan und dann hat es auch noch bewirkt, was es bewirken sollte.“ „Deine Freunde und du haben mich das doch gelehrt.“, erklärte Alcor, „Die Intention ist wichtig. Manchmal muss man etwas vermeintlich Dummes tun, um zu dem gewünschten Resultat zu gelangen.“ Beinahe philosophisch ließ Alcor diesen Satz im Raum stehen, schwebte zum Fenster – ans Gehen hatte er sich wohl immer noch nicht so recht gewöhnt – und blickte auf die durch die fortgeschrittene Dunkelheit kaum noch zu erkennende Straße. „Die Welt verändert sich, Hibiki, aber das Schicksal von Yamato Hotsuin hat es nicht.“ „Wie meinst du das?“, verwundert sah Hibiki auf. „Du kennst das Schicksal der Hotsuins, nicht wahr? Geboren, um ein Anführer zu werden, um sich für diese Welt zu opfern, wenn sich die Gelegenheit nicht ergibt.... man könnte beinahe sagen, dass du dieses Familienschicksal des Hotsuin-Clans unwillentlich verlängert hast.“ „Das wollte ich aber wirklich nicht!“ Hibiki war aufgesprungen. „Ich weiß, dass Yamato keine Veränderung wollte. Ich... ich hätte das doch bewirkt, wenn ich es besser gewusst hätte.“ „Das war kein Vorwurf.“, entgegnete Alcor, ohne ihn anzublicken. „Ich habe nur laut überlegt. Du hast getan, was du konntest und die Tatsache, dass du das erreicht hast... die spricht für sich, Hibiki, merk' dir das.“ Hibiki überlegte kurz, ob Alcor ihm damit etwas hatte sagen wollen, oder ob er wirklich nur, wie er sagte, laut überlegt hatte, dann wandte sich Alcor ihm wieder zu. „Ich gehe dann mal... wir verabschieden uns, bis wir uns das nächste Mal sehen, nicht wahr?“ „Ja“, bestätigte Hibiki, weil er auch diesmal nicht wusste, worauf der Septentrion hinaus wollte. „Nun denn... pass auf dich auf.“ Und erneut verschwand Alcor im Bruchteil einer Sekunde. Hibiki überlegte noch immer, ob er nicht doch etwas Spezifisches damit gemeint haben könnte. Sein Wiedersehen mit Yamato... das war doch gut verlaufen. Yamato wirkte ihm gegenüber nicht bitter oder vorwurfsvoll und abgesehen von der Narbe hatte sich an ihm doch auch nichts geändert, nicht wahr? Zögerlich betrat Hibiki sein Schlafzimmer, wo ihm sofort ein kalter Hauch entgegen schlug. Mist, er musste vergessen haben, das Fenster zu schließen, ehe er seine Wohnung verlassen hatte. Als er das Licht anknipste, bemerkte er allerdings, dass scheinbar etwas – oder jemand – in sein Zimmer eingebrochen war. Einige Blätter seines Materials lagen verstreut auf dem Boden, das Bett war zerwühlt und die Vorhänge wehten durch das Fenster nach außen. „Was zum-“, entfuhr es Hibiki, als er gegen etwas trat, das vermutlich als Ursprung dieses Chaos ausmachen war. „Miau?“, konnte er ein Geräusch vernehmen und musste mit Entsetzen feststellen, dass ein Dämon, genauer gesagt, eine Nekomata, ein Biest, sich Zutritt zu seinem Raum verschafft haben musste. „Gemütlich hast du es hier~“; stellte sie kurz fest und streckte sich dann und stnad auf, zum Fenster schreitend. „Ein Dämon? Wie kommst du hierher?“, fragte Hibiki erschrocken. „Aach...“ Nekomata rieb sich kurz über ihre noch müden Augenlider, „Ist nicht so wichtig. Eigentlich sollte ich wohl kämpfen, aber... ich habe keine Lust, miau. Ich bin wirklich zu müde.“ Mit diesen Worten sprang das Katzenbiest aus dem Fenster, landete unten zielsicher auf alle Vieren und verschwand dann so schnell, dass nur einige Menschen ihr verwundert nachblicken konnten und sie dann wohl schnell als spontan auftretendes Symptom einer Überarbeitung deuteten. Was machten Dämonen in dieser neuen Welt? Es war zwar nicht so, dass Dämonen nicht mehr existierten, das taten sie immer und würden es auch weiterhin, aber ohne die Septentrion, die auf absehbare Zeit nicht mehr die Erde besuchen würden, gab es doch gar keinen Grund mehr, sie hierher in diese Welt zu rufen. Was hatte diese Nekomata bloß in seinem Zimmer gesucht... er war doch gar kein Demon Tamer mehr, auch wenn er die nötigen Fähigkeiten dafür zweifellos noch besitzen dürfte. Besorgt schloss Hibiki das Fenster. Eine Nekomata in ihrer Welt... auch wenn sie jetzt nicht hatte kämpfen wollen, wer wusste schon, wann das launische Biest seine Meinung ändern würde? Hibiki kannte nur einen einzigen Menschen, an den er sich mit dieser Art von Problemen wenden konnte. Yamato Hotsuin. Kapitel 3: 3rd Day - Tuesday of Turbulence ------------------------------------------ An diesem Tag erwachte Hibiki durch das Vibrieren seines Handys, das wie immer direkt neben seinem Bett auf dem kleinen Regal auf Griffhöhe gelegen hatte und munter vor sich hin leuchtete. Er drehte sich zu seinem Schrank, nahm das Handy an sich und klappte mit noch müdem Blick das Display auf. „Makoto wird dich um 10:00 Uhr abholen. -Yamato“ Hibiki blinzelte verwundert, so als könnt er nicht richtig lesen, was ihm das Display zeigte, da er noch zu verschlafen war, oder als würde er noch halb träumen und eigentlich würde ihn sein Handy nur informieren, dass heute ein besonders sonniger Tag werden würde. Er setzte sich auf, zog sich seine Sachen an und ging schnell kalt duschen, in der Hoffnung, er würde davon richtig wach werden und nicht mehr noch halb in seiner Traumwelt schweben, aber auch, nachdem er damit fertig geworden war, flimmerten ihm die ungewöhnlichen Silben nüchtern entgegen. Dass Yamato seine Handynummer hatte und Hibiki dahingehend erreichen konnte, das wunderte ihn nicht weiter, schließlich konnte sich Yamato Zahlen gut merken und in dieser einen Woche war es auch mehrmals nötig für ihn geworden, Hibiki zu verständigen. Aber die Tatsache, dass Yamato ihm so eine Aufforderung zur frühen Morgenstunden schicken würde... das sprach einerseits für ihn, anderseits aber hätte Hibiki so etwas überhaupt nicht erwartet. Er blickte kurz auf seinen Wecker, der ihn mit der beruhigenden Information versorgte, dass ihm noch drei Stunden bleiben, bis es um zehn sein würde, dann stand er auf und ging in die Küche, um sich schnell ein kleines Frühstück zu machen. Die letzten der haltbaren Onigiri wurden verspeist, und er entschied, dass er noch schnell einkaufen gehen könnte, ehe Makoto ihn abholen würde. Er wusste, dass Yamato mit solchen Dingen keine Scherze machte – er wusste, dass Yamato generell immer ernst war – und neugierig auf das, was ihn erwarten würde, war er ja, er wollte ja selbst auch noch einmal mit Yamato reden. Nachdem er mit dem Frühstück fertig war und sich im Bad die Zähne putze, erblickte er im Spiegel erneut einen ihm sehr bekannten Streifenpullover. „Guten Morgen, Hibiki“, sprach Alcor zufrieden. Hibiki spuckte den noch übrigen Zahnpastaschaum mit einem kräftigen Schluck Wasser zusammen aus, dann verließ er das Bad und schlüpfte wieder in seine Lieblingsjacke. „Guten Morgen, Alcor“, erwiderte er jetzt den Gruß, „Was gibt es?“ Natürlich hatte Hibiki auch wichtige Fragen an Alcor, aber für den Moment wollte er ihn zuerst sprechen lassen. Beide verließen zusammen die Wohnung und betraten den Aufzug, wobei Alcor wieder sehr darauf achtete, wie ein Mensch mit den Füßen am Boden zu laufen. „Du hast es schon bemerkt, nicht wahr?“ „Den Dämon? Ja, schließlich war er in meinem Zimmer. Was hat das zu bedeuten?“ „Es ist nichts in der Dimension der Prüfung“, verkündete Alcor, „Das kann ich dir versichern. Mehr Informationen als diese kann ich dir aber leider auch nicht zukommen lassen.“ „Darfst du das nicht, oder hast du einfach keine weiteren Details?“, fragte Hibiki verwundert, was Alcor nur mit einem verschämten Lächeln quittierte. „Ich weiß nicht mehr von allen Dingen, die auf der Erde passieren, da ich über meine Zuständigkeit offiziell nicht mehr verfüge. Mit dem vorläufigen Sieg der Menschen über die Septentrion endete meine Berufung und ich bin momentan praktisch nur noch ein geduldeter Besucher dieser Welt.“ „Alcor...“ „Das ist eine Tatsache, Kuze Hibiki, ich komme damit zurecht. Ich besuche die Erde gern und sehe zu, wie sie sich entwickelt. Glaube mir, ich bin glücklich mit dem, was ich noch habe. Ich sehe auch keinen Sinn darin, über etwas betrübt zu sein, was ich ohnehin nicht zu ändern vermag. Meine kleinen Menschen können endlich auf sich selbst aufpassen, das macht mich auch glücklich.“ Der Aufzug kam endlich unten an und Alcor und Hibiki verließen ihn, um nach draußen zu treten und sich zum Supermarkt zu begeben. Dort angekommen schien Alcor es ungemein interessant zu finden, wie das Prinzip „Einkaufen“ funktionierte. Hibiki kaufte nicht besonders viel, da sein Budget das einfach nicht zuließ, dafür aber konnte er die ganze Zeit die leuchtenden Augen Alcors beobachten, der wohl versuchte, optisch so viel wie nur möglich aus der für ihn sehr interessanten und bunten Umgebung mitzunehmen. „Hast du eine Idee, was Yamato von mir wollen könnte?“, fragte Hibiki Alcor nun, während sie an der Kasse standen. Normalerweise würde man im Beisein von so vielen anderen Menschen wohl eher aufpassen, was man erzählen konnte, aber bei dieser Lautstärke, bei der Hibiki kaum seine eigenen Worte verstehen konnte, war das schon in Ordnung. „Hibiki... ich habe keine Informationen mehr.“ „Ich möchte wissen, was du denkst, und nicht, was du weißt!“, meinte Hibiki und lächelte sanft. „Nun gut... stimmt, es ist nicht immer nötig, nur vollständige Informationen auszutauschen. Was also Yamato angeht... ich denke, er könnte etwas über das plötzliche Auftauchen von Dämonen wissen. Er weiß, dass du die nötige Kraft hast, Dämonen gegenüberzutreten, dafür könnte er dich brauchen.“ „Du meinst, er kontaktiert mich nur, weil er meine Fähigkeiten nutzen will?“, fragte Hibiki, während er seine Einkäufe auf das Fließband legte. „Oh, ich habe nicht behauptet, dass da nicht noch eine persönliche Komponente mit reinspielt“, beschwichtigte Alcor, „Aber meine erste Vermutung wäre eben, was ich zuvor gesagt habe.“ Dazu fiel Hibiki nichts weiter ein, weil er fühlte, dass es weder Yamato noch Alcor gerecht werden würde. Zurück in seiner Wohnung verstaute er seine Einkäufe, dann schnappte er sich sein Handy, packte es ein und wandte sich zum Gehen, da es mittlerweile fast 10:00 Uhr war. „Möchtest du nicht mitkommen, Alcor?“, fragte Hibiki, während er seine Schuhe wieder anzog.“ „Nein, ich glaube nicht, dass Yamato viel daran liegt, mich wieder zu sehen. Ich beobachte einfach die Geschehnisse weiter und versuche, etwas herauszufinden, was dir nützen könnte.“ „In Ordnung, vielen Dank!“, bedankte sich Hibiki und nickte ihm zu. Er hätte Alcor zwar gerne dabei gehabt, aber er wusste, dass es im Moment nicht viel Sinn machte, mit ihm zu diskutieren, denn ehe Hibiki noch etwas sagen konnte, war Alcor ohnehin schon wieder verschwunden. Wo er sich wohl gerade befand? Hibiki verließ seine Wohnung – nachdem er sichergestellt hatte, dass das Fenster diesmal wirklich geschlossen war, obwohl er wusste, dass das einen Dämonen, der wirklich hinein wollte, nicht aufhalten würde – und rannte wieder durch das Treppenhaus hinab. Unten angekommen wartete auch schon die vertraute schwarze Limousine – was einige Leute, die die Straße entlang liefen, zwar zu neidischen Blicken bewegte, sonst aber scheinbar nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog – deren Fenster sogleich herunter gelassen wurde. Zwei sehr vertraute, kalte, lavendelfarbene Augen funkelten Hibiki entgegen und wieder einmal zeigte Yamato Hotsuin, der Besitzer, sein seltenes Sparlächeln, das nur dem eigenen Triumph oder – in selteneren Fällen – Hibiki galt. „Du bist also meiner Aufforderung gefolgt, Hibiki... gut für dich“, meinte Yamato, woraufhin Makoto ausstieg und Hibiki die Tür auf der anderen Seite des Gefährts öffnete, sodass dieser sich schüchtern hineinsetzten konnte. Von innen war die Limousine genauso ausgestattet, wie man es von außen erwarten würde: Glänzendes Leder zierte alle Sitze des Wagens, der über drei Sitzreihen verfügte, was auch der Geruch verriet. Hibiki schnallte sich vorsichtig an, dann setzte sich der Wagen in Bewegung. Die Fenster wurden wieder elektrisch nach oben gekurbelt und er hatte nun endlich die Gelegenheit, Yamato nach den aktuellen Geschehnissen zu fragen. „Yamato, es sind wieder Dämonen auf dieser Welt aufgetaucht.“ „Das ist mir bewusst“, entgegnete Yamato kühl, „Es ist einer der Gründe, weswegen ich dich zu mir hole. Allerdings kann ich dir erst alles erklären, was ich bisher weiß, wenn wir wieder bei JPs sind. Es handelt sich dabei um streng vertrauliche Informationen und nur im Quartier kann ich absolut ausschließen, dass wir abgehört werden könnten.“ Hibiki nickte und schwieg erst einmal beharrlich, obwohl ihm noch viel andere Dinge einfielen, die er Yamato gern fragen würde, die nichts mit diesem Vorfall zu tun hatten. Yamato aber blickte nur stoisch aus dem Fenster, sodass Hibiki ihn nicht einmal mehr anblicken konnte. Er konnte nicht erahnen, was gerade in Yamatos Kopf vor sich ging, sodass er seinerseits ebenfalls aus dem Fenster blickte und die vorbeiziehenden Gebäude beobachtete. Tokyo war eine wirklich große Stadt und wieder kam die schmerzliche Erinnerung, wie alles hier in Trümmern gelegen hatte, zu Hibiki zurück. Im Endeffekt hatte er nichts verloren, weder sein Zuhause, noch seine Familie, noch seine Freunde, aber irgendwie empfand er es noch immer als sehr unbehaglich. Schließlich hatte er das alles immerhin kurzzeitig niucht mehr gehabt und noch immer beschlich ihn manchmal, gerade abends, das Gefühl, dass der Frieden doch nur trügerisch war. Die Prüfung war vorbei, Hibiki akzeptierte das und war sich auch sicher, dass sich daran nichts ändern würde, dennoch war ihm manchmal so, als wäre er anders als die anderen, die sich dieses Szenario nicht einmal vorstellen konnten. Das hieß, Daichi konnte es wohl, ob seiner lebhaften Fantasie und Io glaubte es ihm immerhin, aber das war etwas anderes, als Yamato, mit dem sich Hibiki auch tatsächlich die Erinnerungen an dieses Ereignis teilte. „Wir sind da“, verkündete Yamato kurz, der Wagen kam zum Stehen und alle drei verließen ihn, um gleich darauf das JPs-Gebäude zu betreten und mit dem Fahrstuhl in die Kommandozentrale zu fahren. „Dir ist bewusst, dass die Abwesenheit der Septentrion nicht die Abwesenheit der Dämonen in unserer Welt bedeutet, richtig, Hibiki?“ „Sie waren immer da und werden immer da sein“, stimmte Hibiki zu, „Aber wieso tauchen sie jetzt, ein Jahr nach dieser ganzen Sache, plötzlich wieder auf?“ „Die modifizierten Version von Nicaea kam denjenigen unter den Demon Tamern zu, die ein besonders hohes Potenzial im Kampf gegen Dämonen aufwiesen“, erklärte Yamato, „Natürlich verfügte JPs bereits lange davor über ein Programm, das demselben Zweck diente. Ich habe für JPs nur die besten Programmierer rekrutiert, denen ich die rechtzeitige Fertigstellung dieses Projekts zutrauen konnte. Allerdings...“ Zögerlich betrachtete Yamato die Schalttafel des Aufzugs. Er wirkte nicht verlegen, aber so, als würde er nachdenken. „Allerdings bin ich in einem Punkt wohl nicht unfehlbar gewesen. Dieses Individuum, Takahara... er war ein Fehler. Dieser schwache, erbärmliche Geist.“ Zornig schlug Yamato nun gegen die Aufzugwand, ganz so, als würde er Takahara die Schuld dafür zuweisen, dass er selbst einen Fehler gemacht hatte. „Kurz nachdem der Angriff der Septentrion nicht stattgefunden hatte...“, Yamato pausierte kurz, „musste Takahara wohl beschlossen haben, dass es ihm nicht reichte, nur das Programm entwickelt zu haben. Es hat keinen Sinn, einen Arbeiter nach verrichteten Dingen noch weiter zu bezahlen, das ist mehr als nur selbstverständlich. Das Programm war fertig und als regulärer Mitarbeiter war Takahara nutzlos, es gab hier für ihn weiterhin nichts mehr zu tun, daher habe ich ihn entlassen müssen.“ Der Aufzug erreichte endlich die Hauptebene des Quartiers, woraufhin Makoto sofort zu der Schalttafel schritt, an der Hibiki auch Professor Kanno erkennen konnte. „Er macht mir Vorwürfe, da er seine Familie die letzten Jahre nur wegen dieser Arbeit hier vernachlässigt habe. Ich habe mitbekommen, dass seine Frau mit ihrem Kind in eine andere Stadt gezogen ist und ihn verlassen hatte. Ich kann es ihr nicht verdenken.“ Yamato schritt weiter durch die Gänge, während Hibiki nur folgte, ihm dabei gut zuhörend. Yamato meinte also, zu wissen, worin die richtigen Qualitäten für einen Lebenspartner lägen. „Du wirkst überrascht“, bemerkte Yamato, „Dabei liegt es auf der Hand. Takahara war schwach und vom Geltungsdrang zerfressen. Für ein klein wenig Anerkennung und das Gefühl, etwas wert zu sein, hatte er sich von sich aus dazu entschieden, für mich zu arbeiten und seine Familie zu verlassen. Ich habe ihm wie auch allen anderen klar gemacht, dass sie die nächsten Jahre meiner Kontrolle unterstünden, was eben bedeutete, dass sie ihr Leben hauptsächlich bei JPS zubringen würden, damit keine Informationen nach außen gelangen und private Faktoren ihre Arbeit nicht beeinflussen konnten.“ Yamato pausierte nun, sodass Hibiki eine wichtige Frage formulierte: „Wenn du diesen Takahara so verachtest, wieso erzählst du mir dann von ihm?“ „Das Individuum Takahara ist es nicht wert, von ihm zu reden, das ist wahr, aber der Programmierer Takahara ist es, der bedauerlicherweise zur Sprache kommen muss.“ Yamato ballte seine linke Hand zu einer Faust. „Dass er mich persönlich für sein erbärmliches Leben verantwortlich macht, dürfte deutlich geworden sein und an sich würde mich das nicht weiter interessieren“, erklärte er, „Aber er ist es, der das finale Programm modifiziert hat, er hat modifizierte Versionen diese Programms bei sich, die er nur entschlüsseln muss, um sie in der Bevölkerung zu verteilen zu können.“ „Die daraufhin die Fähigkeit wieder hätten, Dämonen zu beschwören“, ergänzte Hibiki besorgt. „Richtig. Er will sich an JPs und besonders an mir rächen, indem er der Bevölkerung offen zeigt, woran hier die letzten Jahre gearbeitet worden ist. Die Lösung des Problems erscheint offensichtlich, nicht wahr?“ „Wir müssen die Modifikationen, die sich noch in seiner Hand befinden, vernichten“, überlegte Hibiki laut, „Was heißt, wir sollten ihn...“ „Töten.“ „Y-Yamato, wir können doch nicht einfach-“ „Takahara ist im Besitz von Informationen und im weitesten Sinne auch Waffen, die Japan und auch JPs sehr gefährlich werden können. Selbst wenn wir alle Modifikationen, die sich noch in seinem Besitz befinden, in Beschlag nehmen könnten, es ist unmöglich, auszuschließen, dass er einen anderen Weg finden wird, Dämonen in diese Welt zu rufen. Er weiß zu viel.“ Yamato und Hibiki waren nun in Yamatos Büro angekommen, wo Cerberus, das dämonische Löwenbiest, bereits auf die Wiederankunft seines Herrn gewartet hatte. „Das ist der Grund, weshalb ich wieder Kontakt zu dir gesucht habe, Hibiki“, erläuterte Yamato, dann nahm er auf seinem Bürostuhl Platz, woraufhin sich Cerberus sofort zu seinen Füßen niederlegte. „Du bist der einzige Mensch, dessen Fähigkeiten zur Beschwörung und Kontrolle von Dämonen meine übertreffen, der geborene Anführer. Ich vertraue darauf, dass du mir beim Aufspüren und Beseitigen dieses Programmierers behilflich sein wirst.“ Hibiki umschloss sein Handy in seiner Hosentasche fest, er konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie es war, Byakko in den Kampf zu schicken und er wusste, dass es genau diese Art von Hilfe war, mit der er Yamato zur Seite stehen würde. „Wir haben noch ein paar Handys mit dem Programm zur beschwörung von Dämonen darauf.“, verkündete Yamato, der Hibikis Gestik genau beobachtete. „Du würdest also für die Dauer deiner Mithilfe ein Handy von JPs gestellt bekommen.“ „War das der Grund, weswegen du mich wieder kontaktiert hast?“ Hibiki senkte seinen Blick, sodass dieser Yamato verborgen blieb. „Nur, damit ich für dich kämpfen kann?“ „Glaub' was immer du willst“, brummte Yamato verärgert, „Viele Menschen sind in großer Gefahr, wenn du mir und JPs nicht zur Seite stehen willst.“ „Ich mache es.“, konnte Hibiki sich selbst widerwillig sagen hören. Eigentlich waren ihm viele andere Dinge durch den Kopf gegangen, die er jetzt stattdessen hätte sagen wollen, aber sein Verantwortungsbewusstsein suggerierte ihm klar, dass er das nicht machen konnte. Hibiki stand Yamato gegenüber, blickte noch immer zu Boden und schwieg. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber im Moment fühlte er sich durch Yamatos Verhalten verletzt. Ob er ihn wohl auch hätte treffen können, wenn nicht dieser Programmierer seinen Groll gegen JPs würde ausleben wollen? „Allerdings befindet sich das Programm noch in einer Testphase“, erklärte Yamato nun, „Wahrscheinlich werden wir es frühestens am Donnerstag oder Freitag nutzen können. Bis dahin wird es dir genügen müssen, mit mir und Cerberus eventuelle Bedrohungen zu beseitigen, während wir daran arbeiten, Takahara aufzuspüren. Solange du in meiner Gegenwart bist wirst du nicht schutzlos sein.“ „Oberkommandant!“, schrie Makoto und stürmte in das Büro, „In Shinjuku ist ein Dämon aufgetaucht, die Sensoren lassen keinen Zweifel zu!“ „Verdammt, das ist nicht gut!“, fluchte Yamato, „Los jetzt Hibiki, wir dürfen keine Zeit verlieren! Makoto, bereite den Wagen vor, wir müssen so schnell wie möglich vor Ort sein.“ „Sehr wohl!“, antwortete Makoto schnell und stürmte dann los, dicht gefolgt von Hibiki und Yamato. Hibiki wusste immer noch nicht, was er jetzt von Yamato halten sollte, aber im Moment ging es um das Leben Unschuldiger, da musste er helfen. Auch wenn er ohne Byakko natürlich keine besonders hohe Kampfkraft aufbringen konnte, mit Sicherheit würde er einen Weg finden, sich nützlich zu machen. In Yamatos Wagen herrschte auch dieses Mal wieder eine angespannte Stille, allerdings hauptsächlich daher, weil Hibiki einfach besorgt um die Menschen in Shinjuku war. Viele seiner Mitstudierenden lebten dort, Daichi und Io waren in den Ferien immerhin öfter dort unterwegs und natürlich waren das nicht die einzige Leben, die es dort zu schützen galt. Yamato und er sprangen regelrecht aus der Limousine und sofort zückte Yamato sein Handy, bereit, Cerberus zu beschwören, sobald er ihn brauchen würde. Laute, ängstliche Schreie, deren Bedeutung in dem Lärm unmöglich nachzuvollziehen war, dröhnten von den panisch flüchtenden Menschen. „Wir müssen nur in die Richtung, aus der die ganzen Menschen fliehen!“, rief Hibiki, aber die ihm und Yamato entgegenströmenden Menschenmassen erschwerten es erheblich, sich richtig fortzubewegen. „Verdammt nochmal..“, fluchte Yamato leise, dann sah er ein, was er zu tun hatte. Er packte Hibiki schnell bei der Hand und befahl: „Festhalten, Hibiki!“ Dann zückte er sein Handy, das um seinen Arm herum sofort die vertraute blaue elektrische Säule aufbaute. „Cerberus!“, verhallte der Beschwörungsruf Yamatos, den Hibiki in dieser Woche so oft gehört hatte... irgendwie tat es ihm weh. Für Gefühle und deren Bedeutung hatte er allerdings keine Gedanken mehr übrig, als er auf einmal bemerkte, wie er sich in die Luft erhob und auf dem Rücken eines gewaltigen, löwenartigen Dämonen die Menschen Shinjukus von oben erblicken konnte. Intuitiv klammerte er sich an Yamato fest, sodass dieser Cerberus gestatten konnte, das volle Tempo anzusetzen und mit großzügigen Sprüngen die Menschenmassen zu umgehen. Einige Menschen stoben jetzt panisch in alle Richtungen, da jetzt eben noch ein Dämon aufgetaucht war, aber das war Hibiki gerade egal. Sie taten schließlich das Richtige. „Da, ich hab ihn!“, rief er dann als nächstes aus, da er den Dämonen erblickt hatte, der diese Gegend bedrohte. Wie auf Kommando ertönte ein lautes Trompeten, ein großer Rüssel schwang und hieb nach Cerberus, verfehlte allerdings. „Es handelt sich bei diesem Dämonen um einen Nalagiri“, meldete sich Professor Kanno per Funk, „Ein Kishin. Die effektivste Art, ihn anzugreifen, dürften Elementarangriffe sein.“ Ein großer, menschenähnlicher, gut drei Meter hoher Körper, auf dessen Spitze der Kopf eines Elefanten thronte, war zu sehen, wie er wild um sich schlug. Er hatte aber augenscheinlich bisher nur Sachschäden verursacht, zumindest konnte Hibiki kein Blut oder Verletzte erspähen. Besonders lange befand sich der Dämon wohl noch nicht in ihrer Welt. „Viele Gedanken müssen wir an das Biest nicht verschwenden, das ist ohnehin ein Cerberus unterlegener Dämon“, wertete Yamato, „In jeder Hinsicht ungefährlich.“ Für die Menschen der Umgebung, die sich selbst nicht gegen den Kishin wehren konnte, war die Situation natürlich alles andere als ungefährlich, aber es stimmt, für Cerberus war Nalagiri kein Gegner. Hibiki und Yamato sprangen vom Rücken Cerberus' ab, landeten sicher und sahen nun zu, wie das Biest seine scharfen Klauen in dem massigen Körper versenkte. Der Kishin schrie auf und obwohl kein Blut zu sehen war, waren ihm die Schmerzen sehr deutlich anzumerken. In Cerberus' Rachen bildete sich nun lodernde Flammen, er führte den Angriff Maragi aus, dessen garstige Flammen den Kishin wild tanzend einhüllten, bis sie schließlich seinen Körper freigaben, da er offensichtlich keiner weiteren Bearbeitung bedurfte. „Hibiki, pass' auf!“, rief ihm Yamato zu, woraufhin sich Hibiki aus seiner erschrockenen Starre lösen und einen großen Satz rückwärts machen konnte, was auch bitter nötig war, denn keine fünf Sekunden danach, krachte Nalagiri mit einem ohrenbetäubenden Lärm und einem hässlichen Krachen zu Boden, sodass er genau vor ihm lag. Der wütende Kishin war bezwungen worden. Es war, als würden sich kleine Splitter vom Körper der Kreatur lösen, als würde sie zerbrechen, dann schließlich verschwand sie, so als hätte es sich bei ihr nur um ein Hologramm gehandelt. Aber Hibiki wusste es besser – das war real gewesen. Yamato wischte sich etwas aufgewirbelten Dreck von der Wange, dann starrte er auf die gewaltige Delle, die Nalagiri in der Straße hinterlassen hatte. „Geschafft“, staunte Hibiki, der noch immer ein wenig außer Atem war. Obwohl dieser Sieg praktisch garantiert gewesen war, beängstigend war es allemal gewesen, zumal er Byakko nicht wie üblich an seiner Seite gehabt hatte. Langsam näherten sich wieder ein paar Menschen dem Schauplatz des Kampfes und beobachteten die beiden Jungen und Cerberus argwöhnisch. „Verfluchter Takahara“, knurre Yamato, „Ein einziger Dämon und so viele Probleme... Wer hätte gedacht, dass dieser Abschaum so ein hohes Potenzial in sich birgt.“ „W-Was war das für ein Monster?“, fragte einer der Menschen, der auch zuvor in sicherer Entfernung zugesehen hatte und sich nun Hibiki und Yamato näherte. Seine Ausstrahlung musste wohl fragwürdig sein, denn Cerberus knurrte laut, als der Mann sich seinem Herrn bis auf wenige Meter genähert hatte. „Aah! D-Da ist ja noch so eines!“, schrie er erschrocken auf, „Diese Jugendlichen- die müssen die Monster gelenkt haben! U-Und jetzt wird es mich angreifen!“ Er lief einige Meer rückwärts, bis er über ein Trümmerteil stolperte und benommen liegen blieb. Andere Menschen, vielleicht 100 an der Zahl, beobachteten die Szene verunsichert. „Was für ein absurder Gedanke“, kritisierte Yamato und starrte dem gestürzten Mann verächtlich entgegen. „Sagt schon, was habt ihr euch dabei gedacht!“, schimpfte nun auch eine Frau, „Ich wollte hier nur mit meinem Sohn einen schönen Mittag verbringen und dann- denkt doch einmal an die Menschen!“ Hibiki musterte die Menschen, die sich nun auf einmal geschlossen näherten, sehr kritisch – jedem von ihnen sollte klar sein, dass Yamato sie gerade gerettet hatte! Wie kamen sie denn auf den Gedanken, dass er ihnen schaden wollte? Hätte er das nicht schon längst getan, wenn er es gewollt hätte? „Schwachköpfe...“ Yamato ballte seine Hand erneut zu einer Faust. „Was soll das!“, konnte Hibiki nicht mehr an sich halten und erschreckte die Leute durch seine laute Stimme, sodass sie wieder ein wenig zurückwichen. Er konnte nicht zusehen, wie sie Yamato so unfair behandelten. „Dieser Mann hat Ihnen gerade das Leben gerettet, ist das nicht offensichtlich? Er hat Nalagiri vertrieben, ohne ihn würde der Dämon noch immer hier wüten! Wie kommen Sie auf die Idee, dass er Ihnen schaden würde?“ „D-Das muss sein Komplize sein! Der redet ja völlig wirr!“, redeten die Leute, so als ob Hibiki gefährlich wäre. „Wir müssen was tun! Irgendjemand muss doch was tun! Die beiden müssen genau solche Monster sein wie die Bestien, die sie mit sich haben!“ „Wir gehen“, verkündete Yamato geringschätzig, „Sollen sie doch draufgehen, wenn sie eine Hilfe nicht von einer Bedrohung unterscheiden können. Solche Menschen verdienen keinen Platz in dieser Welt.“ Cerberus machte einen gewaltigen Satz mitten in die Menschenmasse, sodass sie erneut panisch auswichen, als das Biest mit seinen Krallen nach ihnen schlug. Natürlich wollte es sie nicht treffen, sondern nur verjagen, und so klappte das auch. Sofort war er wieder bei Hibiki und Yamato, die er auf seinen Rücken steigen ließ und dann wieder losspurtete. Erneut sprangen sie aus dem Weg, soweit sie nur konnten. „Es gibt Menschen, die verdienen keine Rettung, merk' dir das Hibiki, wenn du das nächste Mal jemandem helfen willst.“ „Ich kann es immer noch nicht glauben... wie konnten die denken, dass wir ihnen gefährlich werden würden?“ Hibiki war jetzt, wo sich seine Wut gelegt hatte, einfach nur noch fassungslos. Letztes Jahr gab es zwar auch Moment, in denen die Leute an ihm gezweifelt haben, bis schließlich ein kleiner Junge zu Recht erkannte, was Hibiki für sie getan hatte, aber dass gleich ein ganzer Pulk von Menschen sie kollektiv zu Verbrechern erklären würden... das tat weh. Und obwohl Hibiki wusste, dass Yamato derlei Dinge nicht persönlich nahm, er meinte, auch bei ihm etwas Schmerzliches spüren zu können. Yamato hatte versucht, etwas Gutes zu tun, obwohl es ihm zuwider sein musste, diesen Menschen zu helfen – es ging ihm ja eigentlich mehr um JPs' und seinen Ruf – und war wieder einmal in seiner geringen Meinung von anderen Menschen bestätigt worden. „Yamato...“, sprach Hibiki ihn vorsichtig an, „Du hast das Richtige getan. Es mag Menschen geben, die Hilfe nicht zu würdigen wissen, aber es gibt immer auch diejenigen, die die Wahrheit erkennen können und aufrichtig dankbar sein werden. Wir sollten sie nicht dafür bestrafen, dass sie in der Umgebung der falschen Leute sind.“ „Hibiki, du bist zu naiv“, antwortete Yamato darauf, ihm einen seitlichen Blick entgegenbringend. Er lächelte. „Es geht mir nicht um die Menschen. Das Thema ist für mich abgeschlossen. Es geht einzig und allein darum, Takahara aufzuspüren, der für diese Turbulenzen verantwortlich ist, ihn zu beseitigen und dann werden diese Ignoranten den Vorfall auch bald vergessen haben.“ „Aber wie sollen sie das vergessen? Ein riesiges Monster und dann das Loch im Boden.“ „Eine Gasexplosion, bei der anschließend ein halluzinogenes, austretendes Gas zu einer Massenhalluzination mit daran geknüpfter Panik geführt hat – hört sich das plausibel für dich an?“ Hibiki schwieg. „Verwirrte Menschen sind nicht in der Lage, klar zu denken, sie werden jede noch so lächerliche Erklärung schlucken, wenn sie ihnen auch nur im Ansatz realistisch erscheint. Sie wollen eine Erklärung, sie bekommen eine Erklärung, das ist völlig ausreichend. So funktioniert die Gesellschaft, so hat sie es schon immer getan. Zudem habe ich die richtigen Kontakte und die richtigen Mittel, diese zu nutzen. JPs und uns wird nichts nachgewiesen werden können.“ Schon lange hatte Cerberus die Großstadt Tokyo hinter sich gelassen und war nun in einem schmalen Waldstrich angelangt. Hibiki und Yamato stiegen von seinem Rücken ab, in das weicher Gras und besahen sich die Umgebung genauer, dann ließ Yamato Cerberus wieder verschwinden. „Chofu“, bestimmte Yamato die Gegend knapp, „Ich werde Makoto kontaktieren, damit sie uns hier abholt, dann kann sie dich auch nach Hause bringen. Sei dir meiner Wertschätzung für deine Gegenwart gewiss, Hibiki.“ „Yamato...“, Hibiki blickte ihn kurz an, dann wandte er sich ab und meinte: „Ich glaube, hier in den Wald wird Makoto nicht kommen können. Sollen wir vielleicht nach einer Straße suchen?“ „Das wird das Beste sein“, brummte Yamato und steckte sein soeben genutztes Handy wieder ein. Scheinbar gab es einen einfachen Kurzbefehl, den er Makoto übermittelt hatte, was schon ausreichte. „Also dann, worauf warten wir?“ Das Wäldchen war größer, als Hibiki und Yamato zunächst angenommen hatten, sodass sie nach einigen Minuten noch immer keine Straße gefunden hatten. Sie konnten sich nur in die Richtung orientieren, aus der alle paar Minuten das entfernte Motorengeräusch eines einsamen passierenden Wagens zu vernehmen war. Die Sonne stand bereits tief am Himmel und tauchte das Wäldchen in ein müdes rotorange, wofür Hibiki an einem anderen Tag, den er vielleicht mit Daichi und Io hier spazieren gegangen wäre, sicherlich ein Auge gehabt hätte. „Eigentlich müsste wir bald an der Straße ankommen“, bemerkte Hibiki vorsichtig, da er nicht wusste, was Yamato von ihrem eigentlich unfreiwilligen Waldspaziergang hielt. „Es tut mir Leid, meine Orientierung ist nicht gerade die Beste...“ „Das geht schon.“ Yamato sah zum abendlich bunt gefärbten Himmel auf. „Makoto wird wissen, wo sie hinzukommen hat, Fumi hat die Koordinaten und kann exakt bestimmen, wo wir gerade sind. Wenn wir Empfang hätten, dann könnte sie uns auch den richtigen Weg nennen.“ „Oh, ist da vorne eine Lichtung?“, fragte Hibiki plötzlich, da sein Blick beim Umherschweifen in der Umgebung an etwas hängen geblieben war. „Da stehen jedenfalls keine Bäume... wollen wir nachsehen?“ Yamato nickte nur, sodass Hibiki zu dem Weg ging, der sich dann endlich als Straße herausstellte, wie eine grelle Reflektion von Sonnenlicht auf die beiden bewies, die vorbei zu rasen schien. Aber gerade als Hibiki sich der Straße nähern wollte, blieb er plötzlich mit dem Fuß an etwas hängen und stürzte unter einem kurzen „Uah!“ hin. Yamato blieb kurz irritiert stehen, dann bückte er sich zu Hibiki und hielt ihm eine Hand hin „Steh' auf.“ Hibiki ließ sich von ihm aufhelfen, dann aber sah er sich um und bemerkte, worüber er gestolpert war: Ein kleines Kind lag im Gras und schlummerte selig vor sich hin. Überrascht blinzelte Hibiki, dann ging er in die Hocke und versuchte, das Kind durch ruhiges zureden zu wecken: „Hey, meinst du nicht, das hohe Gras hier wäre ein unguter Ort zum Schlafen?“ „Nur noch zehn Minuten...“, nuschelte das Kind und drehte sich um. Jetzt fiel Hibiki auf, dass es eine kleine Stoffpuppe bei sich hatte, die kleine Flügel auf dem Rücken hatte, blondes, lockiges Haar und ein sehr fein gearbeitetes Gesicht hatte – ein kleines Engelchen. Sie sah nicht aus wie eine Puppe, die an im herkömmlichen Spielzeuggeschäft bekommen könnte. „Du erkältest dich doch, wenn du hier im Gras liegen bleibst“, erklärte Hibiki, denn je weiter der Untergang der Sonne voranschritt, desto kühler wurde die Umgebung und das würde dem Kind, das nur einen weißen Pulli mit Kapuze und eine gelbe Latzhose trug, bestimmt zu kalt werden. „Komm, Hibiki, wir verschwenden unsere Zeit“, brummte Yamato, woraufhin das Kind zu erwachen schien. Es setzte sich auf und blickte direkt in Hibikis überraschte, blaue Augen. Beide hatte die exakt selbe Haarfarbe, bloß waren die Haare des Kindes kürzer und glatt, und seine Augen waren dunkel, vermutlich braun, gefärbt. „Wer bist du?“, war die erste Reaktion des Kleinen. Es rieb sich seine Augen und blinzelte noch etwas müde. „Und wieso ist es hier schon so dunkel?“ „Mein Name ist Hibiki und du hast hier geschlafen“, erklärte Hibiki sanft, „Aber langsam wird es doch ein bisschen kalt, oder? Solltest du nicht nach Hause gehen?“ „Sollte ich das, Angel?“, fragte das Kind ihre Stoffpuppe. „Ja, ich denke schon.“ Sie nickte zufrieden. „Findest du von hier aus allein nach Hause?“, fragte Hibiki vorsichtig. „Angel hilft mir, also ja“, erklärte das Kind und verneigte sich höflich vor den Beiden. „Danke sehr für's Aufwecken, ähm... Hibiki-san.“ „Nichts zu danken, komm' gut heim, ähm...“ „Rina“, half das Kind, das wohl ein Mädchen sein musste, ob es femininen Namens, weiter, „Gut, dann tschüss!“ Kurz blickten Yamato und Hibiki dem Mädchen noch nach, wie sie langsam zwischen den Sträuchern und Bäumen entschwand, dann hörten beide ein lauter werdendes Motorengeräusch, das sich ihnen näherte und Yamato war es, der Makoto am Lenkrad erkennen konnte. „Gut“, bemerkte er kurz, dann blickte er Hibiki an, gab ihm die optische Aufforderung, den Wagen zu betreten. „Bis Shinjuku ist es noch ein ganzes Stück“, erklärte er, „Makoto wird dich dorthin bringen.“ „Kommst du nicht mit, Yamato?“ „Ich muss zuvor noch etwas erledigen“, erläuterte er, „Aber wir werden uns morgen wiedersehen. „Pass auf dich auf, Strahlender.“ Damit war Yamato schon der Zweite, der Hibiki mit diese seltsamen Spitznamen bedachte. Ob der Erste, Alcor, schon bei Hibiki Zuhause auf ihn warten würde? Nachdem Hibiki eingestiegen und Yamato außer Sichtweite geraten war, setzte sich die Limousine in Bewegung und hielt direkt auf Tokyo zu. „Hotsuin-sama scheint sehr an dir zu hängen“, brummte Makoto Hibiki zu, der auf dem Rücksitz saß, obwohl der Beifahrersitz ohne Yamato frei gewesen wäre. „Wir sind Freunde“, erklärte Hibiki, „Aber eigentlich arbeiten wir im Moment nur zusammen.“ „Gut, dann bilde dir weiter nichts darauf ein.“ „Hm?“ Hibiki sah überrascht auf. Von Makoto hätte er solche Worte nicht erwartet, er erinnerte sich zwar, dass sie Yamato nicht nur als ihren Chef mochte... aber für so etwas wie Eifersucht war sie eigentlich zu erwachsen. „Versteh mich nicht falsch“, setzte sie nun an, wieder etwas ruhiger klingend, „Ich weiß, dass du ihm viel bedeutest... gerade deshalb bitte ich dich, ihm beizustehen. Was immer auch kommt. Ich meine nur... denke nicht, er würde sich so einfach ändern, nur, weil ihr die Arbeit miteinander verbringt. Du musst ihm die nötige Zeit geben.“ Makoto umklammerte das Lenkrad fester. Hibiki wusste, dass sie ihren Chef liebte, wie er war und dass sie keine Notwendigkeit darin sah, ihn zu ändern – aber sie wusste auch, dass es für Yamato im Endeffekt besser so wäre. Die Beziehung zwischen Hibiki und Yamato würde sich viel einfacher entwickeln können, da beide in etwa gleich alt waren, während Makoto mit ihren nun 27 Jahren nicht immer nachvollziehen konnte, welche Gedanken einem 19 Jahre alten Jugendlichen gerade durch den Kopf gehen mussten. Außerdem musste sie natürlich auch merken, dass Yamato ihr nicht so viel Anerkennung entgegen brachte, wie Hibiki. Außerdem konnte sich keiner von ihnen wohl vorstellen, wie es sein musste, isoliert, ohne Freunde oder Familie aufzuwachsen. „Ich werde dich jederzeit unterstützen, wenn es um Hotsuin-sama geht“, bot Makoto nun an, „Aber die wichtigsten Dinge kannst nur du übernehmen. Du bist der Einzige, der ihn erreichen kann, für den immer ein Platz in seinem Herzen offen sein wird. Was auch immer geschieht, vergiss das niemals.“ Hibiki wusste, dass es Makoto sehr weh getan haben musste, sich selbst und ihm gegenüber das alles auszusprechen, aber es war gut zu wissen, dass er auf sie würde zählen können. „Makoto-san, es ist schön, um deine Unterstützung zu wissen.“, bedankte sich Hibiki aufrichtig. „Wir haben dasselbe Ziel“, meinte Makoto und lächelte sanft, „Aber nur einer von uns wird es erreichen können.“ Vor Hibikis Wohnung ließ Makoto ihn den Wagen verlassen, Hibiki bedankte sich im Schein einer bereits angeschalteten Straßenlaterne nochmals bei ihr und schon fuhr sie weiter, vermutlich auf dem Weg zu JPs. Gerade, als Hibiki die Wohnung betreten wollte, klingelte plötzlich sein Handy, sodass er schnell in eine Hosentasche griff und es am Anhänger hervor zog. „Ja, Hibiki hier?“, meldete sich Hibiki, ihm war nicht klar, wer ihn um diese Zeit noch anrufen sollte. „Na, endlich erreiche ich dich!“, beschwerte sich eine Person am anderen Ende der Leitung, dem Ton konnte Hibiki entnehmen, dass es sich wohl um Keita handeln musste. „Ah, Keita, guten Abend“, grüßte Hibiki höflich. „B-Bild dir nichts ein, ich rufe dich nur an, weil ich dir etwas von Hinako Kujou ausrichten soll!“ „Wieso ruft sie dann nicht selber an?“, wunderte sich Hibiki denn wenn Keita schon seine Nummer hatte, konnte er sie doch ebenso gut Hinako geben. Moment mal, woher sollte eigentlich Keita seine Nummer kennen? „Sie hatte keine Zeit, sich die Nummer noch aufzuschreiben“, erklärte Keita genervt, „Ich hab vorhin nur bei einigen Vorbereitungen geholfen, weil ich ausnahmsweise nichts zu tun hatte, da hat sie mich plötzlich gefragt, ob ich einen Hibiki Kuze kenne.“ Er seufzte vernehmlich. „Was bleibt mir da denn für eine Wahl, hm?“ „Danke dafür erstmal, aber wo hast du meine Nummer her? Von Daichi?“ „Ja, den habe ich gestern mit seiner Freundin getroffen, und meine Güte, der Kerl ist vielleicht anhänglich.“ „Danke dass du trotzdem die Zeit mit ihm verbracht hast, ich wette, das hat ihn sehr gefreut.“ „Hör' auf, dich andauernd zu bedanken, das hält ja keiner aus!“, knurrte Keita. „Jedenfalls, wegen Kujou... ihre Aufführung gibt sie morgen um 17 Uhr im Shinjuku Gyoen in... nun, Shinjuku. Wenn du nicht kommst, gibt’s Ärger.“ Das musste Keitas freundliche Art sein, eine höfliche Einladung auszusprechen. „Ich werde da sein“, versprach Hibiki, auch wenn er noch nicht sicher wusste, wie es am Donnerstag mit den Ermittlungen um Takahara stehen würde. „Gut. Ich... auch“, brachte Keita noch hervor, dann legte er auf. Er war nicht gut darin, zu verbergen, wie gerne er eigentlich mit anderen Leuten redete. Hibiki steckte das Handy belustigt wieder ein, betrat dann erneut den Aufzug und fuhr zu seiner Wohnung hinauf, wo auch schon ein vertrautes Gesicht auf ihn wartete. „Schön dich zu sehen, Alcor!“, begrüßte Hibiki seinen Besucher gleich, als er hinein kam. Alcor hatte bereits auf dem Sofa Platz genommen und lächelte zufrieden, als er Hibiki erblickte. „Da bin ich ja genau zur rechten Zeit hierher gekommen!“, freute er sich, ehe er Hibiki zeigte, was er heute zum Abendessen zubereitet hatte. „Sind das Okonomiyaki?“ „Ich habe vorhin die Zeit gefunden, ein wenig in diesem Buch zu lesen“, erklärte Alcor, dabei deutete er auf ein Kochbuch, das auf dem Tisch lag, das Hibiki von Io im Zuge der gesünder-leben-Aktion geschenkt bekommen hatte. Alcor musste vieles von dem, was Hibiki heute früh eingekauft hatte, aufgewendet haben, um tatsächlich ein paar vollständige Okonomiyaki zuzubereiten. Die beiden setzten sich zusammen an den Esstisch, auch Alcor probierte ein wenig von seiner Kreation – und wirkte angenehm überrascht – ehe sie das Gespräch auf die Dinge lenkten, von denen Hibiki heute erfahren hatte. Hibiki erzählte alles, was ihm zu Takahara noch einfiel, wie er mit Yamato gegen Nalagiri gekämpft hatte, wie sie anschließend geflüchtet sind, weil sie scheinbar einen Teil der Shinjuku-Bevölkerung gegen sich aufgebracht hatten. Alcor hörte aufmerksam zu, nickte immer wieder und versuchte offensichtlich, das mit dem, was er in Erfahrung bringen konnte, zusammenzusetzen. „Ich habe Takaharas Familie gesehen“, erklärte Alcor, „Er hat eine Frau und eine kleine Tochter, die den Namen ihrer Mutter wieder angenommen hat. Seine Frau arbeitet hart, kann aber ihre Familie gut über die Runden bringen, auch der Kleinen scheint es ohne ihren Vater gut zu gehen. Ich kann es den beiden wirklich nicht verdenken, dass sie ihn verlassen haben, auch wenn ich Zwischenmenschliches natürlich nicht besonders gut deuten kann. Aber wie dem auch sei, zu Takahara konnte ich noch in Erfahrung bringen, dass es ihm noch nicht gelungen ist, das Programm zu entschlüsseln, um es unter Handybesitzern verbreiten zu können, aber ich kann nicht voraussagen, wie lange das noch so bleibt. Er arbeitet beinahe unermüdlich daran und es sieht nicht gut für euch aus.“ Hibiki nickte, aber er war sich sicher, dass er bald wieder an Yamatos Seite kämpfen können würde. Außerdem war Professor Kanno, die ja damit beauftragt war, Takahara aufzuspüren, ein Genie auf ihrem Gebiet, ohne Zweifel würde sie es bald geschafft haben. „Vielen Dank für diese Informationen, Alcor, ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen werden“, bestätigte Hibiki und lächelte ihn zufrieden an. „Möchtest du morgen nicht vielleicht mit zu JPs kommen und Yamato selbst erzählen, was du weißt? Du könntest uns bestimmt eine große Hilfe bei der Aufklärung sein, Yamato würde bestimmt eine Aufgabe finden, der du gewachsen bist, die vielleicht auch nur du erledigen kannst.“ „Wir werden sehen“, verkündete Alcor kühl, „Ich bin nicht sicher, ob Yamato Hilfe von mir annehmen würde. Aber ich werde es für morgen in Betracht ziehen, mit dir zu JPs zu kommen.“ „Vielen Dank, Alcor, das bedeutet mir eine Menge!“ „Nichts zu danken, Hibiki wir sehen uns.“ Und wie an allen anderen Tagen zuvor war auch diesmal Alcor einfach verschwunden. Hibiki beeilte sich, das benutzte Geschirr noch zu säubern und alles für morgen vorzubereiten, was er brauchen würde, wenn er mit Yamato wieder auf Patrouille gehen würde. Zwei Stunden später lag Hibiki wieder in seinem Bett, mittlerweile war es 00:23 Uhr und es war, als würde Hibiki spontan müde werden, jetzt, wo ihm das bewusst wurde. Takahara hatte also eine Familie, die er aber so vernachlässigt hatte, dass sie sich von ihm abwandten und ihn nicht vermissen würden. So gesehen hieß das, dass Takahara auf der Welt wohl niemanden mehr hatte, es war beinahe verständlich, dass er so einen Hass auf Yamato hatte. Yamato hatte allerdings auch Recht, dass Takahara an seinem eigenen Schicksal Schuld trug, es war einfach unverantwortlich, dass er das jetzt auch an unschuldigen Menschen auslassen wollte. Hibiki merkte, wie seine Augenlider langsam schwer wurden. Ob Yamato jetzt auch so sein würde, wenn die beiden sich nicht kennengelernt hätten? Ob er es auch der Welt um jeden Preis für sein Schicksal heimzahlen wollen würde, indem er sie veränderte... Hibiki fiel darauf keine Antwort mehr ein, ehe er einschlief, aber tief in seinem Inneren kannte er sie ohnehin, so traurig es war. Kapitel 4: 4th Day - Wednesday of Transformation ------------------------------------------------ „Es ist Fumi gelungen, das Programm für dich zu übertragen. Makoto wird dich wie gestern abholen, dann kannst du dich deinem Training widmen, damit du heute Nachmittag den Kampf mit Byakko wieder exzellent beherrschst, wie zuvor auch. -Yamato.“ Wieder war es eine Nachricht Yamatos, die Hibiki aus seinem Schlaf riss, aber er hatte beinahe schon mit so etwas gerechnet, also störte es ihn nicht. Natürlich fühlte er sich müde, nachdem seine Nacht doch recht kurz gewesen war, schließlich war er öfter aufgewacht und hatte über Dinge nachdenken müssen, die ihm jetzt schon wieder wie Träume erschienen, sodass er sich nicht mehr deutlich daran erinnern konnte. Er stand auf, erledigte routiniert die morgendlichen Abläufe, dann verließ er seine Wohnung, weil die Uhr verriet, dass er schon bald mit Makoto rechnen konnte. Er fühlte sich noch immer sehr müde, aber er hatte keine Wahl, als sich Yamato zu fügen, schließlich wurde er gebraucht. Aber irgendwas störte ihn. Er fühlte sich heute leer und anders.... das konnte unmöglich nur am Schlafmangel liegen. Takahara... Yamato... Hibikis schüttete heftig den Kopf, so als müsste er diese Gedanken abschütteln. Alcor ließ sich an diesem Morgen nicht mehr beim ihm blicken. Pünktlich stand er vor der Tür und zog seine Kapuze über, da es ihn an diesem Morgen untypischerweise ein wenig fröstelte. Makoto erschien zur selben Zeit wie gestern auch, öffnete Hibiki diesmal die Beifahrertür und begrüßte ihn: „Na, bereit für deinen Byakko?“ Hibiki nickte ihr nur zu, zwang sich zu einem Lächeln und betrat dann den Wagen. „Was stimmt heute nicht mit dir, Hibiki?“, fragte Makoto, während sie den Motor anließ und sich die Limousine mit einem sanften Brummen in Bewegung setzte. „Ich habe nur nicht so gut geschlafen...“, murmelte Hibiki, ihm wurde aber schnell bewusst, wie falsch sich das für Makoto anhören musste, schließlich würde sie ja sehr wohl Müdigkeit von Zweifeln unterscheiden können, deshalb fügte er hinzu: „Aber ich bin auf alle Fälle fit und freue mich schon darauf, ihn wiederzusehen!“ „Das freut mich zu hören. Wir alle verlassen uns auf dich, denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es Takahara heute gelingen wird, noch mächtigere Dämonen zu beschwören, ist hoch, hat Fumi vorausgesagt. Es kann gut passieren, dass es zu einem Kampf kommt, den Hotsuin-sama alleine nicht gewinnen kann.“ Wieder umklammerte Hibiki das Handy in seiner Tasche. Bestimmt würde er noch kämpfen können, auch wenn er eine kurze Einstiegsphase bräuchte, schließlich war es ein Jahr her, dass er Byakko kontrolliert hatte und auch damals geschah das Ganze eher intuitiv. Außerdem plagten Hibiki dieses Mal eine ganz andere Art von Sorgen. Was, wenn es mit der Beschwörung selbst nicht klappen sollte? Was, wenn Hibiki nicht in der Lage sein sollte, Byakko, oder irgendeinen anderen Dämonen zu sich zu rufen? Seine Zweifel waren zwar objektiv gesehen unbegründet, schließlich hatte er, laut Yamato und Alcor, ein besonders hohes natürliches Talent im Kampf gegen Dämonen, was ja auch einer der Gründe war, weswegen Yamato ihn schätzte. Aber wenn Hibiki versagen sollte... wenn er Byakko nicht mehr würde beschwören oder kontrollieren können... Nein, das war jetzt unangebracht, Hibiki musste optimistisch bleiben. Sein Optimismus und sein Glaube ans Gute hatten ihn schon einmal durch eine schwere Zeit getragen, er durfte nicht aufgeben, ohne es versucht zu haben. In der Zentrale von JPs angekommen, wurde Hibiki gleich von Fumi angesprochen, die ihm wie üblich in ihrem kurzen weißen Kleid vor ihm stand, die schwarze Jacke locker um die Schultern gelegt. „Wir haben alles rechtzeitig fertigstellen können, Kuze-kun, bist du bereit für den Testlauf?“, fragte Fumi, wie üblich ein wenig schläfrig dabei klingend, aber ihre Forschernatur war sicherlich sehr an dem Ergebnis interessiert, auch wenn man es ihr nicht anmerken mochte. Hibiki nickte entschlossen, behielt aber immer noch seine Kapuze auf und wickelte sich die verlängerten Enden derselbigen um seinen Körper, ganz so, als ob der heutige Tag ein ganz besonders kühler Sommertag war. Dabei war es bloß ein bisschen bewölkt. Während Hibiki mit Fumi und Makoto auf dem Weg zum Testraum war, fragte er: „Wird Yamato auch anwesend sein?“ „Wird er“, antwortete Makoto, „Er interessiert sich natürlich auch sehr für deine Resultate.“ Das gab Hibiki den nötigen Ansporn, der er benötigte – in Yamatos Gegenwart musste er bestehen. Im Testraum angekommen nahm Hibiki seine Kapuze wieder ab und suchte nach Yamato – er befand sich mitten im Raum und lächelte mild, als er die kleine Gruppe erblickte. „Pünktlich, sehr gut. Wir können gleich anfangen.“ In der Mitte des durch künstliches Licht erleuchteten Raumes befand sich ein Podest, auf dem sich das Handy befand, das das Beschwörungsprogramm enthielt. „Mache alles, wie du es vor einem Jahr auch gemacht hast.“ Hibiki konzentrierte sich darauf, die für die Beschwörung nötige Energie in seinem rechten Arm zu kanalisieren und zu seiner Erleichterung erschien auch gleich die vertraute blaue Lichtsäule, die ihm anzeigte, dass alles gut verlaufen würde. „Auf geht’s, Byakko!“, schrie Hibiki, um den weißen Tiger zu beschwören- Ein lauter Knall ertönte, danach war es völlig dunkel im Raum. Hibiki, der angesichts der hellen, blauen Lichtsäule, in die er zuvor noch gestarrt hatte, nicht an die Dunkelheit gewohnt war, konnte nichts sehen und das würde sich auch nicht ändern, schließlich waren sie unter der Erde in einem Raum ohne Fenster. „Ganz ruhig, das ist nur ein herkömmlicher Stromausfall“, sprach Makoto ruhig, „In wenigen Sekunden springt der Notstromgenerator an und wir werden wieder Licht haben.“ Und ganz so, als ob der Generator nur auf das Zeichen von ihr gewartet hatte, flackerte die Beleuchtung im Raum wieder auf, es wurde heller, erst wurden nur Umrisse erkennbar, dann aber konnte Hibiki alle anderen wieder gut sehen. „Ich werde mein Bestes geben, alle Systeme wieder hochzufahren“, kündigte Makoto an, die wohl scheinbar die voller Verantwortung für des Geschehene übernehmen wollte, „Aber heute werden wir wohl keinen weiteren Testlauf mehr starten können.“ „Sakocchi, hilfst du mir, nach der Anomalie zu suchen?“, fragte Fumi dann und klang beinahe heiter dabei. „Bist du sicher, dass das ein Fehler im System war, Fumi? Das könnte doch auch ein örtlich begrenzter Stromausfall gewesen sein, oder?“ „Möglich“, antwortete Fumi schulterzuckend. „Das können Sie uns überlassen“, wandte sich Makoto nun entschlossen an Yamato, „Wir bekommen das auf jeden Fall wieder hin. Morgen früh können wir mit Sicherheit den nächsten Versuch starten.“ Yamato hatte die Szene die ganze Zeit schweigend beobachtet, er hatte es wohl nicht für nötig gehalten, das Geschehen zu kommentieren, sein angespannter Blick und die in den Manteltaschen versenkten Hände sprachen schon genug dafür, dass ihm ganz und gar nicht gefiel, wie die ganze Angelegenheit nicht nach seinem Plan verlief. „Eigentlich sollten wir ja nach Shinjuku“, überlegte Hibiki laut, „Da hat Takahara zuletzt Dämonen beschworen, möglicherweise wird er das wieder tun.“ „Und selbst wenn nicht, Shinjuku ist zentral gelegen“, stellte Makoto fest, „Von dort aus sind auch alle anderen Stadtteile gut zu erreichen. Es bleibt ja anzunehmen, dass Takahara im Raum Tokyo bleiben wird...“ „Nach allem, was wir wissen, schon“, merkte Fumi an. „Es geht ihm ja um Rache an JPs, daher wird er mit hoher Wahrscheinlichekit in diesem Stadtteil bleiben.“ „Damit ist es beschlossen Hibiki.“, bestimmte Yamato. „Wir werden den Tag in Shinjuku verbringen und dort auf die Dinge aufpassen. Wir bleiben in Funkkontakt, Fumi, informiere uns über jede noch so kleine Anomalie, die du finden kannst.“ „Werde ich“, gehorchte Fumi und nickte. „Dann macht euch mal einen schönen Tag.“ „Wir arbeiten doch“, protestierte Hibiki, aber völlig sicher war er sich nicht, ob sie das wirklich tun würden. Was könnten sie nur den ganzen Tag in Shinjuku machen..? Nachdem sie das Gebäude wieder verlassen hatten, setzten Hibiki und Yamato den Weg nach Shinjuku zu Fuß fort, da keiner von ihnen einen Führerschein hatte und Makoto ja mit Fumi zusammen an der Beseitigung ihres Problems arbeitete. Zum Glück war es für einen Spätsommertag empfindlich kühl, sodass Yamato mit seinem wehenden Mantel nicht großartig auffiel und er mit Hibiki mühelos in der Masse der Menschen von Shinjuku untertauchen konnte. Sollte irgendeiner der hier vorbeilaufenden Menschen den Kampf gegen Nalagiri beobachtete haben und sich noch an Hibiki und Yamato erinnern, dann könnte das Probleme geben. Aber glücklicherweise passierte nichts dergleichen, Yamatos offiziell übermittelte Erklärung musste angekommen sein und die Menschen, die beteiligt waren, würden in diesen Tagen versuchen, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass alles nur Einbildung war. Im Café, in dem sich Hibiki und Yamato auch am Montag schon wieder getroffen hatten, kehrten sie schließlich ein, setzten sich ans Fenster und beobachteten das Treiben der einkaufenden Menschen. „Sie können sich glücklich schätzen, ihr Leben so wie davor auch weiterleben zu dürfen“, sprach Yamato, während er abwesend seinen Blick über die Menge schweifen ließ. „Hättest du mich nicht aufgehalten, gäbe es einen großen Teil dieser Menschen so nicht mehr.“ „Man sieht ihnen doch nicht an, was sie können und was nicht!“, widersprach Hibiki, „Wer weiß, vielleicht würden sie einfach nur andere Dinge tun. In deiner Welt wüsste wohl jeder, was er kann und wozu er bestimmt ist, hm?“ „Das kann ich nicht sagen“, gab Yamato zu, „Ich hatte zu dem Zeitpunkt, den ich vor Polaris stand, eine sehr genaue Vorstellung davon, was ich will, aber als du dann dazugestoßen warst, änderte sich das.“ Hibiki wartete kurz ab, da Yamato so klang, als würde er zu einer ausschweifenden Erklärung ansetzen, aber er tat es nicht. Das war wohl so, als würde er über seine Gefühle reden – er wollte es einfach nicht tun. Hatte er Hibiki etwas Bestimmtes mit diesem Satz sagen wollen, oder war das nur laut gedacht? Hibiki senkte den Blick, sodass er nun die Tischplatte vor sich anstarrte und überlegte: Yamatos Wunsch war es gewesen, die Welt nach seinen Vorstellungen zu verändern, aber wieso hat Polaris erst Hibiki erhört und nicht schon Yamato, der ja vor ihm auf dem Weg gewesen ist? Außerdem, jetzt, wo Hibiki darüber nachdachte, der Kampf zwischen Luzifer und Satan – hatte er ihn wirklich gewonnen? Ein gleißender Lichtball ist ausgetreten, als die Angriffe der beiden ähnlich starken Dämonen aufeinander geprallt sind, danach war Yamato gestürzt und in Hibikis Armen... Hibiki musste bei der Erinnerung daran kurz zittern. War es wirklich Yamatos Kraft, die versagt hat, oder war es vielleicht doch eher sein Wille? Er hatte sein Gedächtnis nicht verloren, nachdem die Zeit zurückgedreht worden war, war das vielleicht, weil er daran beteiligt gewesen ist? Weil er am Ende auch gewollt hat, dass... „Was ist los, Hibiki?“, fragte Yamato und erst jetzt merkte Hibiki, dass er seinen Blick gehoben und in Yamatos Gesicht, genauer gesagt, auf seine Narbe gestarrt hatte. „Oh? Nichts, ich habe nur nachgedacht.“, gab Hibiki wahrheitsgemäß an. „Dabei ist mir eine Idee gekommen, Yamato... was würdest du sagen, wenn wir unsere Patrouille heute Abend im New York halten und die Tanzaufführung von Hinako Kujou beaufsichtigen?“ „Wie kommst du darauf?“, fragte Yamato kühl und es war ersichtlich, dass er mit Hibikis plötzlichem Gedankensprung – schließlich hatten sie kurz davor noch vom Ende der Welt gesprochen – nichts anfangen konnte. „Es werden einige Menschen bei der Aufführung sein“, gab Hibiki geistesgegenwärtig an, „Und Hinako-san hat immerhin auch die Fähigkeit, Dämonen kontrollieren zu können. Vielleicht kommt Takahara ja auf die Idee, dort einen Dämonen zu beschwören, schließlich kann man aus dem Park nicht so leicht entfliehen. Außerdem, selbst wenn nichts passieren sollte, er ist recht zentral gelegen, sodass wir bei einer Mitteilung von Fumi schnell da sein könnten, wo ein Überfall erfolgt. Was sagst du dazu?“ „Interessante Überlegung.“, meinte Yamato, der sich nun wohl mit dem Gedanken anfreunden konnte, „Schließlich würde er sich wohl einen Ort suchen, an dem viele Menschen sind, damit eine eventuelle Dämonenbeschwörung möglichst auffallen würde, bei so vielen weiteren Zeugen wäre es auch schwer möglich, sie wieder mit einem Gasleck abzulenken...“ Yamato blickte auf, direkt in Hibikis Augen. „Du bist nicht dumm, Hibiki. Dann treffen wir uns heute Abend bei der Tanzaufführung wieder.“ „Wieso, musst du noch wohin?“, fragte Hibiki überrascht, schließlich hatte er sich schon darauf eingestellt, den ganzen Tag die Stellung zu halten. „Es ist immer noch ein gesellschaftliches Ereignis“, erläuterte Yamato, „Es ist nicht so, dass ich viel auf den Eindruck geben würde, den ich bei den Leuten hinterließe, aber es wäre unauffälliger und somit hilfreicher bei unseren Ermittlungen, in angemessener Garderobe dort zu erscheinen, nicht wahr?“ „Oh... stimmt wohl.“ „Also dann, bis heute Abend, Hibiki. Ich werde dir eine Nachricht übermitteln, wo du mich finden kannst. Vergiss nicht, wir werden dort nicht zum privaten Vergnügen sein.“ „Ist klar“, bestätigte Hibiki, „Bis heute Abend!“ Auch diesen Tag verbrachte Hibiki wieder mit Recherchen für sein Studium. Er hatte die ganze Zeit sein Handy auf dem Tisch liegen, aber weder Yamato, noch Makoto, noch Daichi oder Keita sendeten ihm eine Nachricht, sodass er beim Lernen beinahe schon gelangweilt war. Es war nicht so, dass er sich jetzt nach dem Angriff eines Dämonen sehnte, genau genommen wäre er froh, das niemals wieder erleben zu müssen, aber das änderte nichts daran, dass der Stoff, den er zu bearbeiten hatte, leider alles andere als interessant und leicht bekömmlich war... Dementsprechend froh war er, als er bemerkte, dass es schon 16:00 Uhr war und er sich dementsprechend langsam zum Ausgehen bereit machen könnte. „Na, bist du fertig geworden?“, fragte ihn eine nur zu vertraute Stimme. „Alcor, wie lange hast du mich schon beobachtet?“ „Ich habe dir nur eine halbe Stunde lang zugesehen. Du sagtest ja schließlich, ich könnte dich sonst erschrecken und du sahst sehr konzentriert aus.“ „Willst du mit zu Hinakos Tanzaufführung kommen?“ Alcor wirkte überrascht, weswegen Hibiki schnell nachlegte: „Es würde mir wirklich viel bedeuten, Alcor.“ Alcor lächelte er wie üblich. „Wenn du so einen hohen Wert darauf legst... dann ja, ich denke, heute Abend sollte ich das Leben der Menschen mal aus einer anderen Perspektive erkunden. Was muss ich alles beachten,wenn ich ein gesellschaftliches Ereignis in dieser Größenordnung besuche?“ Hibiki ging zu seinem Schrank, wobei Alcor ihm folgte, und zog zwei Fracks heraus, die ihm sein Vater zu seinem Hochschulabschluss geschenkt hatte. „Zuerst mal solltest du am Boden bleiben, weil, du weißt schon, Menschen nicht schweben können.“ „Das werde ich mir merken. Muss ich auch so ein Kleidungsstück tragen, wie du es gerade hältst?“ Alcor sank auf den Boden ab und übte schon einmal das Gehen. „Einen Frack? Nicht unbedingt, aber einen guten Eindruck macht es allemal.“ Prüfend betrachtete Alcor die beiden Fracks, die Hibiki von sich gestreckt hielt: Einer war in edlem Weiß gehalten, nur eine dunkle Krawatte gehörte dazu, der andere hingegen bestach durch samtiges Bordeauxrot. „Rein von der Farbkomposition her passt das weiße besser zu dir“, gab Alcor an. „Und du möchtest den roten, weil du auch sonst immer einen roten Pulli trägst?“ „Ich trage meinen üblichen Pulli in rot mit schwarzen Streifen, du deinen in blau und mit weißen Streifen, ich denke, das passt“, meinte Alcor und lächelte dann wieder glücklich. „Das heißt, jetzt müsste ich nur noch einen roten Frack besorgen.“ „Musst du nicht, du kannst du dir doch meinen ausleihen“, meinte Hibiki und reichte ihn Alcor. „Rot und Weiß, das passt, nicht wahr?“ Kaum eine halbe Stunde später waren Hibiki und Alcor fertig umgezogen und nun auf dem Weg zum Park, wobei Hibiki voran schritt, da Alcor den Weg nicht kannte. „Das wird nett“, meinte Hibiki lächelnd, „Du kannst dort Daichi, Io, Keita und Hinako kennenlernen, du kannst Yamato wiedersehen... und wer weiß, vielleicht taucht ja auch das ein- oder andere weitere bekannte Gesicht auf. Schau dir an, was aus den Leute geworden ist, die du vor einem Jahr mit gerettet hast.“ „Ich kann es kaum erwarten!“, freute sich Alcor und meinte das auch so, wie er es sagte. Je länger er in der Welt der Menschen war, desto weiter schien er aufzutauen. Am Eingang des Parks meldete Hibiki sich mit Namen an, wie es Hinako vorgeschlagen hatte, woraufhin der Türsteher ihn und Alcor passieren ließ. In der Menge war es zwar nicht leicht, aber schnell hatte Hibiki Daichi, Io und Keita ausfindig gemacht, die sich natürlich ebenfalls für den Abend zurecht gemacht hatten. „Hibiki, hey, da bist du ja!“, freute sich Daichi und schob sich durch die Menge zu ihm, Io und Keita konnten ihm mit ein wenig Mühe auch folgen. „Und du musst Alcor sein, nicht wahr? Hibiki hat uns von dir erzählt!“ „Das freut mich zu hören, Daichi!“ Natürlich kannte Alcor auch Daichis Namen, was Daichi zwar wusste, aber trotzdem schien er sich sehr darüber zu freuen. Io trug ein richtiges Ballkleid und hatte ihre Haare hochgesteckt, sie wirkte regelrecht overdressed gegen Daichi, der bloß einen dunklen Pulli trug, aus dem der Kragen eines Hemdes hervorschaute. Keita hatte einen schwarzen Anzug mit roter Krawatte an und schien sich damit ganz und gar nicht wohlzufühlen. „Hoffentlich erkennt mich keiner, das ist doch echt daneben“, knurrte er, aber wahrscheinlich könnte man das gar nicht, wenn man nicht wissen würde, wer er war. Er hatte seine Haare heute nicht wie üblich hoch gegelt, sondern nur zur Seite gekämmt, was ihm offensichtlich genauso unangenehm wie sein unbequemer Frack war, aber den gesellschaftlichen Wert seines Erscheinen schien er dennoch anzuerkennen. Er musterte Alcor skeptisch, aber er sprach ihn nicht an. Er schien wohl anzunehmen, dass er einfach ein mitgebrachter Freund von Hibiki war. „Geht ihr schon mal vor?“, fragte Hibiki seine Freunde jetzt, „Ich muss noch jemanden suchen. Wir treffen uns direkt am Bühnenrand, okay?“ „Alles klar!“, rief Daichi, ihm und Alcor winkend, „Bis gleich dann!“ „Da bist du ja, Hibiki!“, sprach ihn Yamato von hinten an, sodass Hibiki beinahe gegen ihn stieß, als er sich umdrehte. „Sehr gut, dann klappt ja doch alles. Ich wollte dir gerade schreiben, da läufst du regelrecht gegen mich.“ Nachdem Hibiki sich kurz gefasst hatte – ein bisschen erschreckt hatte es ihn ja schon, Yamato so unvermittelt bei sich zu haben – schlug er vor: „Wir sollten uns einen Platz weit vorne suchen, von da aus können wir jederzeit zur Seite ausweichen, sollte ein Dämon auftauchen.“ „Gut“, meinte Yamato nur und nickte, erst jetzt schien er zu bemerken, wen Hibiki mitgebracht hatte. „Alcor...“ „Guten Abend, Yamato!“, begrüßte Alcor den jungen Mann, mit dem er zahlreiche Schachpartien gespielt hatte, als Yamato noch kleiner gewesen war, aber mehr schien er nicht zu sagen zu haben. „Ich hoffe, meine Präsenz stört dich nicht.“ „Sofern sie nicht Vorbote eines weiteren Prüfung ist, ist es tolerierbar“, verkündete Yamato und ging dann zielsicher zum Bühnenrand. Hibiki und Alcor folgten ihm, bis sie plötzlich aufgehalten wurden: Ein kleines Mädchen stieß mit Hibiki zusammen, sodass er beinahe stolperte. Ganz knapp konnte er sich allerdings noch fangen und somit einen schmerzhaften Unfall für beide Parteien vermeiden. „Oh, bist du das, Rina? Du willst auch die Aufführung von Hinako-san sehen?“ „Später!“, meinte Rina, „Jetzt muss ich mich erst mal verstecken, sonst findet er mich!“ „Wer denn?“ „Mein Vater! An meinem Geburtstag wollte er unbedingt zu mir, aber ich will das nicht! Er ist nicht mehr mein Papa, ich mag ihn nicht mehr und will nur mit Mama hier sein!“ „Hey, Rina, komm doch wieder zurück!“, konnten Hibiki und Alcor wie auf Kommando die Stimme eines Mannes vernehmen, der in ihre Richtung kam. Rina wollte gleich weglaufen, aber Alcor nahm sie rasch am Arm, zog sie hinter sich und redete ihr sanft zu: „Habe keine Angst, halt einfach still, Hibiki und ich helfen dir!“ „Habt ihr ein kleines Mädchen gesehen?“, wandte sich der Mann, der beinahe zielsicher auf sie zugesteuert war, nun an Alcor und Hibiki. „Ungefähr so groß“, beschrieb er, wobei er mit den Armen eine Größe von etwa 120 cm andeutete, „Hat schwarze Haare und eine gelbe Latzhose an, sie hat ein Plüschtier bei sich un-“ „Ja, hab ich gesehen, sie ist in Richtung der Toiletten dahinten gerannt!“, log Hibiki, woraufhin sich der Mann überschwänglich bei ihm bedankte und losspurtete. „Ist er weg?“, fragte Rina kurz darauf zögerlich. „Ja, das ist er, Hibiki hat ihn verjagt.“ „Hey, Alcor, ich hab doch nicht-“ „Oh, danke!“, quietschte das kleine Mädchen und umarmte Hibiki kräftig. Ihm war das ein wenig unangenehm, aber sie wollte ja immerhin nur ihre Dankbarkeit damit zeigen. „Du bist doch bestimmt mit deiner Mutter hier, oder Rina-chan?“, fragte Hibiki sie, woraufhin das kleine Mädchen stolz nickte. „Ich hab mir schon lange gewünscht, zu sehen, wie Hinako-sama richtig tanzt und dann hat meine Mami endlich ja gesagt! Deshalb sind wir heute hier.“ „Und du hast Geburtstag, hab ich gehört?“ „Woher weißt du das?“, fragte Rina erschrocken, was Hibiki ein kurzes Kichern entlockte: „Ach, du bist niedlich, Rina-chan!“ „Echt? Danke!“ Sie drückte ihren Stoffengel wieder glücklich an sich. „Helft ihr mir jetzt, meine Mami zu suchen?“ „Können wir gern machen. Wie sieht sie denn aus?“ „Ach, Rina, hier steckst du also!“, durfte eine Frau, die sich den dreien genähert hatte, mit Erleichterung feststellen. „Mama!“, freute sich Rina und lief zu ihrer Mutter hin. Die beäugte Hibiki und Alcor kurz skeptisch – gerade Alcor fiel mit seinen hellen Haaren doch sehr auf – aber gleich plapperte Rina auf sie ein, wodurch sie sich beruhigen ließ. „Die beiden haben mir geholfen, sie haben mich vor Papa versteckt!“ „Oh, vor deinem Vater. Möchte mal wissen, wie der hiervon erfahren hat... hast du dich denn schon bei den Herren bedankt?“ Rina nickte ihrer Mutter zu und wandte sich dann noch einmal an Hibiki und Alcor. „Tschüss, bis bald!“, rief sie, so als ob die Beiden Klassenkameraden von ihr wären, die sie nach den Ferien in der Schule wieder sehen würde. „Oh, ich glaube es fängt gleich an“, bemerkte Alcor, da er auf die Bühne starrte, um die sich langsam aber sicher sämtliche Anwesenden scharrten. „Ja, es ist 17 Uhr, dann suchen wir mal besser die anderen!“ „Hier, Hibiki!“, rief Daichi ihm entgegen, als er ihn sah und sprang mehrmals hoch, um über die Masse der Menschen herauszuragen. Hibiki allerdings versuchte erst, Yamato in dem Gewirr ausfindig zu machen. „Yamato!“, rief er seinen Namen, es war allerdings so laut, dass es unmöglich war, dass Yamato sie gehört hatte. Daichi blickte ihm nur verwundert zu, da er direkt die entgegengesetzte Richtung einschlug, aber Hibiki musste nun mal erst Yamato finden, schließlich könnte es ja immer noch sein, dass doch ein Dämon auftauchen würde. „Ach, da seid ihr, was hat euch aufgehalten, hm?“, fragte jemand plötzlich und packte Hibiki am Arm. Hibiki erkannte die Stimme rechtzeitig und seufzte erleichtert auf. „Komm, Yamato, wir gehen vor an den Rand. Dahin, wo auch Daichi, Io und Keita sind!“ „Deine Freunde, meinst du?“ „Ja, sie sind freundlich, weißt du ja. Ähm, ich meine, wenn man von dieser Woche absieht. Die gab es ja so gesehen nie, sie kennen dich nicht und ihr könnt von null anfangen.“ „Warum sollte ich das wollen?“ Mit Yamato und Alcor zusammen endlich in Reichweite der anderen angekommen, blieb Hibiki stehen und drehte sich zu Yamato um. Richtig... Yamatos Desinteresse an zwischenmenschlichen Beziehungen generell, wie hatte Hibiki das vergessen können? „Wir sollten die Distanz zu ihnen wahren, schließlich könnte es jederzeit passieren, dass wir angegriffen werden. Je weniger Menschen mit uns heute Kontakt haben, desto besser, das führt nur zu unnötigen Komplikationen.“ „Yamato...“ „Du kannst zu deinen Freunden gehen, ich zwinge dich nicht, hier zu bleiben“, äußerte Yamato widerwillig, „Aber du solltest nicht vergessen weswegen wir eigentlich hergekommen sind.“ Hibiki sah ein, dass der Zeitpunkt für eine Zusammenführung seines Freundeskreises und Yamato wohl doch ungünstig war, also richtete er seinen Blick jetzt auf die Bühne, wo sich alle Scheinwerfer auf ein kleines Podest richteten, auf dem jetzt Hinako hinter dem Bühnenvorhang hervortrat. Sie nahm sich kurz ein Mikro, das von der Seite herangereicht wurde, woraufhin sie mit einem zufriedenen Lächeln das Publikum begrüßte. „Dankeschön, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid! Ich bin kein Mensch der großen Worte, deshalb“, sie machte eine kurze Pause, „Lasst uns einfach Spaß haben!“ Hibiki beobachtete den Tanz Hinakos und wollte eigentlich einfach nur sein Vergnügen daran haben, ihre Bewegungen zu beobachten, aber die ganze Zeit musste er sich Yamatos Worte im Gedächtnis behalten. Eigentlich wollte er doch eben nicht wegen der Arbeit herkommen, sondern, um mit Yamato ein wenig ausspannen zu können, aber letzten Endes war es ihm in dieser Situation einfach nicht möglich gewesen, Yamato zu sagen, wie er seinen Vorschlag eigentlich gemeint hatte. „Mensch, wo wart ihr denn die ganze Zeit?“, beschwerte sich Daichi nach der Aufführung bei Hibiki. „Wir hatten euch doch extra zwei Plätze freigehalten!“ „Entschuldige Daichi, es hatte schon angefangen und wir wollten uns nicht an allen anderen Leuten vorbeidrängeln.“ „Musst du immer so höflich sein“, brummte Daichi, Io hingegen sah interessiert zu Yamato und Alcor. „Das sind doch Freunde von dir, nicht wahr, Hibiki?“ „Hm? Ja sind sie.“ „Die hättest du doch ruhig mit zu uns bringen können“, merkte Io an und lächelte sanft. Erneut hatte sie Hibiki gut angemerkt, wieso er sich so verhalten hatte. „Wir beißen ja nicht.“ „Stimmt!“ pflichtete Daichi bei, „Wir haben zwar Keita, aber der bellt bloß, der beißt nicht.“ „Hast du mich da gerade mit einem räudigen Köter verglichen!?“, brauste Keita auf, was Hibiki wieder zum Schmunzeln brachte. „Und, hat dir die Vorstellung gefallen, Hibiki-kun?“, fragte Hinako, die nun wieder ihre Jacke übergezogen hatte und gerade von der Bühne zu ihnen herunter kam. „Oh, ja, es war erstaunlich! Du hast dich wirklich ziemlich verbessert! Ähm, das heißt, nicht, dass du jemals davor schlecht gewesen wirst, ich meine-“ „Oh, du bist so niedlich, wenn du rot wirst!“, bemerkte Hinako spitz. „Und ihr seid Freunde von Hibiki, ja?“ „Sind wir, deshalb sind wir ja auch alle hergekommen, bloß schade, dass es während der Aufführung selber eben doch nicht geklappt hatte“, brummelte Daichi. Hibiki würde das wohl auch nächste Weihnachten noch vorgehalten bekommen, wenn das mit Daichi so weitergehen würde. „Hibiki, wir müssen gehen“, sprach Yamato jetzt, dabei unauffällig mit der Hand, über der er auch an diesem Abend einen Handschuh trug, auf sein Handy, das er in der Hosentasche hatte. Fumi musste wohl so etwas wie ein Signal an ihn gesendet haben, das konnte Yamato natürlich nicht vor allen anderen raus posaunen. „Also dann, wir haben noch was zu erledigen.“, erklärte Hibiki entschuldigend, „Es war schön mit euch, danke nochmal, Hinako-san!“ „Bleibt ihr nicht noch zur Aftershow-Party?“, fragte Hinako, „Es ist natürlich nichts Großes, nur in die Karaoke-Bar mit ein paar Mitarbeitern, aber witzig wird es sicher auch so.“ „Nein, wirklich nicht. Ein andermal gerne!“ „Nun gut, Hibiki, dann bis zum nächsten Mal, ja? Wir sehen uns bestimmt wieder.“,, verkündete Hinako versöhnlich. „Also dann, wer von euch hat noch Lust, Nitta-san, Shijima-kun, Wakui-kun?“ „Aber nicht zu lange, ich hab morgen noch Training“, brummte Keita, Daichi und Io hingegen waren von der Idee geradezu begeistert: „Klar haben wir Zeit, bis zu den Morgenstunden!“, verkündete Daichi begeistert. „Daichi, wir wollten doch morgen mit meinen Eltern brunchen gehen, da können wir nicht so lange weg bleiben“, bremste Io ihn vorsichtig. „Oh, stimmt ja...“, schmollte Daichi kurz, aber die Aussicht auf einen Karaoke-Abend mit Hinako Kujou, auch wenn er nur kurz ein sollte, stimmte ihn augenscheinlich gleich wieder sehr zufrieden. „Also dann, bis die Tage!“, verabschiedete sich Hibiki nochmals, obwohl er diese Szene nur zu gerne weiter beobachtet hätte. Hibiki und Yamato hingegen setzten ihren Weg zu Fuß fort, denn die Koordinaten, hinter denen Fumi das unterdrückte Signal eines Dämonen zu erkennen meinte, waren ganz in der Nähe. Gerade bei Dämonen, die sich vor Radarsystemen auf diese Art verstecken konnten, musste man aufpassen, wie man sich ihnen näherte. „Genau hier...“, stellte Hibiki fest und betrachtete die schmale Seitengasse kritisch, vor der er und Yamato sich nun befanden – Alcor war zwischendurch ohne einen weiteren Kommentar verschwunden. „Da kommt etwas, vorsichtig Hibiki!“, bemerkte Yamato und griff schon zu seinem Handy, aber kurz, bevor sich wieder die vertraute Lichtsäule bilden und Cerberus freigeben konnte, blitzen zwei bernsteinfarbenen Augen auf und ein kleines, schwarzes Wesen sprang aus der Gasse, sah Hibiki zu spät und sprang ihm mitten in die Arme. Hibiki ergriff es geistesgegenwärtig und war überrascht als er feststellen musste, dass er eine kleine Katze in seinen Armen hielt. „Aah, Jungo, bei Fuß du dummes Vieh!“, schimpfte ein Mädchen mit langen orangeroten Haaren, das ihnen entgegen kam. „Ach, ist das deine Katze, Airi?“, fragte Hibiki, der immer noch das Tier festhielt. „Ihr habt ihn also gefangen? Danke. So, Jungo, du kommst jetzt mit mir!“ Airi ignorierte völlig, dass Hibiki sie beim Namen genannt hatte, obwohl sie ihn nicht kannte – sie schien es wohl für selbstverständlich zu halten, dass man eine aufstrebende Pianistin wie sie kannte und nahm die Katze aus Hibikis Armen entgegen. „Du... bist mit deiner Katze spazieren gegangen?“, fragte Yamato verwundert. Man hätte seinen Ton als herablassend auffassen können, aber eigentlich war es nur verpackte Verwunderung darüber, dass das Mädchen offenbar glaubte, sie könne mit einer Katze wie mit einem Hund an der Leine spazieren gehen – bloß ohne die Leine. „Mit meinem Kater Jungo, ja. Ich meine, ich kann ihn ja nicht nur das Haus und den Garten kennenlernen lassen, das wäre ja langweilig!“ „Wieso nicht?“, fragte Yamato, „Wenn deine Katze nur das kennt und glaubt, dass es nicht mehr gibt, könnte sie damit doch genauso zufrieden gestellt werden.“ „Bitte!?“ Airi war fassungslos. „Das wäre doch grausam! Ich würde Jungo doch permanent anlügen, wenn ich versuchen würde, ihm weiszumachen, dass die Umgebung alles ist, was es im Leben für ihn gibt!“ „Es ist doch bloß eine Katze“, merkte Yamato verständnislos an. Hibiki ahnte, was in ihm vorgehen musste; Er konnte Airis Gefühl, sich einem Tier gegenüber aufrichtig verhalten zu müssen, nicht nachvollziehen. Das Tier – das im Übrigen, wie Yamato und auch Hibiki betonten, eigentlich weiblich war – hatte sich ihr als Mensch zu fügen, da es ihr unterlegen war und nicht anders herum. „Wie bist du denn drauf!“, schimpfte Airi, „Ich habe Jungo von jemandem geschenkt bekommen, der mir sehr wichtig ist- i-ich meine... ich behandele ihn gut, so wie ich diese Person auch behandeln würde, das ist doch wohl klar! Und Freiheit ist dabei wirklich wichtig! Liegt das nicht auf der Hand?“ „Hibiki, wir haben noch zu tun“, verkündete Yamato jetzt, „Das hier führt doch zu nichts.“ Zögerlich blickte Hibiki zu der immer noch sehr gereizt aussehenden Airi, die ihn herausfordernd anfunkelte, ganz so, als wollte sie sage: „Na los, lass ihn! Lass den Kerl einfach abhauen!“ Aber Hibiki hatte mit Yamato schließlich noch zu tun und musste ihm daher folgen, obwohl er sich gern noch mit Airi unterhalten hätte. Beide untersuchten die Umgebung noch einige Minuten lang genau, konnten aber keinen Dämonen ausfindig machen. „Das Signal hat sich verloren“, knurrte Yamato, „Der Dämon muss sich wieder zurückgezogen haben. Ich schätze, das war es für heute, Hibiki...“ Yamato wandte sich schon zum Gehen und zückte sein Handy, um Makoto zu benachrichtigen, damit sie ihn abholen könnte. „Yamato“, setzte Hibiki vorsichtig an – er musste sich gut überlegen, wie er Yamato jetzt das mitteilen könnte, was er ihm sagen wollte. „Hm?“, antwortete Yamato ohne Hibiki anzusehen, um ihm zu signalisieren, dass er zuhören würde. „Vielleicht solltest du... wie soll ich sagen, Leute, die eine andere Ansicht als du vertreten, nicht gleich so von oben herab behandeln?“ „Wozu sollte das gut sein?“, fragte Yamato ungläubig, „Ich lege es nicht darauf an, Sympathie unter den Leuten zu wecken, ich habe keinen Grund, ihnen nicht deutlich zu zeigen, was ich von ihnen denke. Außerdem war dieses Mädchen mit ihrer unsinnigen Einstellung reine Zeitverschwendung. Als sie noch in der Lage war, Dämonen zu beschwören, konnte sie noch das tun, wozu sie gut war, aber in dieser Welt... ich hätte ihr wohl deutlicher klarmachen müssen, wo ihr Platz ist.“ „Yamato... in dieser Welt geht es nicht darum, dass alle Menschen so effektiv wie möglich leben. Viele Menschen genießen das Leben und haben Spaß, ohne ständig an Morgen zu denken. Sie... gehen zu Konzerten und Aufführungen, weil sie sich unterhalten lassen wollen, sie treffen ihre Freunde... Die Gesellschaft besteht aus vielen verschiedenen Menschen und Ansichten, es gibt keinen Universalkodex, wie ein gutes Leben auszusehen hat.“ „Das sind bloß Ausreden derjenigen, die ohne besonderes Talent und ohne Fähigkeiten vor sich hin leben.“ „Du meinst, Leute wie mich?“, fragte Hibiki gekränkt. „Natürlich meine ich nicht dich, Hibiki“, erläuterte Yamato verärgert, „du bist schließlich der Strahlende. Deine Fähigkeiten, Dämonen zu beschwören, sind sogar meinen weit überlegen, obwohl meine Blutlinie mir das alles schon als Kind gegeben hat!“ „Was spielt das für eine Rolle, ob die Fähigkeiten da sind, wenn ich sie nicht benutzen kann?“ „Du hattest es bisher nicht nochmal nötig, sie zu beweisen“ Yamato blieb stehen und drehte sich nun zu Hibiki um, „Das hast du schon. Die Menschheit sollte dir dankbar dafür sein, dass sie so nutzlos weiterleben können, wie davor auch. Ohne dich wäre das nicht möglich.“ „Darum geht es nicht, Yamato, kein Mensch kann sich aussuchen, was die eigenen Talente sind und es gibt Menschen, die das Pech haben, ihr ganzes Leben lang nicht entdecken zu können, worin sie wirklich gut sind. Für manche braucht es einfach erst eine Extremsituation wie dir Prüfung, um sich beweisen zu können.“ Er selbst hatte davor ja auch recht durchschnittlich gelebt, er war zwar clever und konnte das besonders in seinen Schulnoten gut zeigen. Würde Yamato auch nur den Hauch von Interesse an ihm zeigen, wenn Hibiki keine Gelegenheit bekommen hätte, sich vor ihm zu beweisen? „Aber nur so funktioniert die Menschheit.“, entgegnete Yamato, „Man muss zeigen, was man kann, um von der Gesellschaft angenommen zu werden. Niemandem kann man immer ansehen, worin er vermutlich gut sein könnte, wenn er zufällig darauf stoßen würde. Es geht nicht um den Charakter. Stell dir vor, Hibiki: Ein Freund von dir hatte einen Unfall und liegt auf der Straße, langsam verblutend.“ Unwillkürlich musste Hibiki sich daran erinnern, wie Yamato in seinen Armen gestorben war, kurz bevor Polaris Hibikis Wunsch erfüllte. „Ein Mann kommt zu dir und möchte dir helfen. Interessiert es dich in diese Moment, ob er ein guter Mensch ist? Interessiert es dich, ob er freundlich und hilfsbereit, vielleicht ein fürsorglicher Vater ist? Natürlich nicht.“ Die Kälte, mit der Yamato diese Worte sprach, ließ Hibiki frösteln. „Du willst nur, dass er deinem Freund hilft, sofern ihm das möglich ist. Was nützt die Hilfe dieses guten Menschen“, spottete er, „Wenn er eigentlich nicht weiß, wie er eine Blutung stoppen kann und stattdessen alles nur noch schlimmer macht? Wenn dein Freund am Ende durch diese falsche Hilfe stirbt, wie würdest du dich dann fühlen? Was würdest du diesem Individuum gegenüber empfinden? Dankbarkeit? Wohl kaum.“ Dem hatte Hibiki nichts mehr entgegenzusetzen, also blickte er nur in Yamatos kalte Augen, ehe er sich von ihm abwandte, um diesen Blick nicht mehr ertragen zu müssen. „Hibiki, du wohnst hier in der Nähe, nicht wahr?“, wechselte Yamato plötzlich abrupt das Thema. „Hö? Ja, das stimmt, aber wieso- sag' bloß, du willst mit zu mir nach Hause kommen.“ „Wenn es dir nichts ausmacht“, meinte Yamato mit einem desinteressierten Schulterzucken. „Makoto meldet sich nicht und bis JPs wäre es zu weit. Ich will dich nicht dazu zwingen, aber ich wüsste nicht, wohin ich stattdessen gehen sollte.“ „Natürlich kannst du mit zu mir kommen, Yamato, das heißt... wir sollten vorher vielleicht noch was essen gehen, meinst du nicht?“ „Hier in der Nähe?“ Yamato lächelte. „Also schön, etwas Einfaches. Wir werden ja sehen.“ Hibiki konnte sich denken, dass sein Studentengeldbeutel sehr wahrscheinlich nicht einmal das würde finanzieren können, was Yamato unter einem „einfachen“ Abendessen verstand, aber Yamato schien das so zu akzeptieren. Er würde für Hibiki auf Komfort verzichten? Glücklicherweise befand sich ganz in der Nähe von Hibikis Wohnung eine kleine Takoyaki-Bude zu der er auch abends öfter einkehrte, wenn es zeitlich nicht anders funktionierte oder er keine Lust hatte, selbst zu kochen. „Takoyaki, hm“, brummte Yamato, ganz so, als würde ihn allein da Hören dieses Wortes an etwas Bestimmtes erinnern, aber er deutete nichts weiter an, also fragte Hibiki auch nicht weiter nach. „Zwei mal das Übliche“, bat Hibiki den Verkäufer, der Yamato kurz verwundert anblickte. Er gehörte ganz offensichtlich nicht zum regulären Klientel und erweckte mit seinem skeptischen Blick, der ihn etwas herablassend wirken ließ, auch keinen sonderlich sympathischen Eindruck. Nachdem die Takoyaki fertig gebraten waren und Hibiki und Yamato auf einer gegenüberliegenden Parkbank Platz genommen hatten, schien Yamatos Skepsis langsam zu weichen. „Das reicht ja eigentlich ganz gut...“, gab er zu, was Hibiki erleichtert lächeln ließ. „Es schmeckt sogar noch besser, als es riecht. Los, Yamato, versuch es, aber pass auf, die sind noch heiß.“ Vorsichtig hielt Yamato einen Takoyaki kurz in den abendlichen, kühlen Wind, damit er abkühlen konnte und biss dann davon ab. Hibiki blickte ihn gespannt an, aus seinem Gesicht konnte man aber keine Regung ablesen. „Man kann es essen“, urteilte er, konnte sich aber ein schmales Lächeln dabei nicht verkneifen. Mit seinen Worten heiß das also lecker, schloss Hibiki und konnte sich ein glückliches Schmunzeln nicht verkneifen. Beide saßen noch eine ganze Weile auf der Parkbank und aßen ihre Takoyaki, dabei redeten sie nicht einmal viel. Hibiki genoss diesen Augenblick trotzdem. In seiner Wohnung angekommen warf Hibiki erst einmal alle Sofakissen auf den Sessel und holte eine dünne Wolldecke aus dem Schrank, die er hinlegen konnte. Eines der Kissen legte er daraufhin an das der Haustür abgewandte Kopfende des Sofas und fragte dann: „Möchtest du in meinem Bett schlafen, oder reicht dir das Sofa hier auch aus?“ „In deinem Bett?“ „N-natürlich ohne mich drin, ich würde in dem Fall auf dem Sofa übernachten“, stammelte Hibiki und konnte nicht vermeiden, dass er errötete. Glücklicherweise aber war er soweit über das Sofa gebeugt, dass es für Yamato unmöglich sein musste, das zu erkennen. „In jedem Fall das Bett“, erklärte er knapp. „Geht klar. Deine Sachen kannst du da drinnen einfach auf die Schublade legen, nimm dir den Platz, den du brauchst, ja? Dahinten um die Ecke liegt das Bad, wenn du das suchst.“ „Danke.“ Das war das letzte, dass Hibiki an diesem Abend von Yamato hörte, da dieser gleich daraufhin das Bad aufsuchte und danach in Hibikis Zimmer verschwand. Hibiki selbst zog sich nur seinen Frack aus und legte sich so hin, er hatte vergessen, vorher noch seine Schlafgarderobe aus seinem Zimmer zu holen und er wollte sich nicht einschleichen, während Yamato da drinnen schlief. Auf dem Sofa merkte er schnell, wie müde er eigentlich war, sehr schnell würden seine Glieder und Lider schwer und er verschwand endgültig ins Traumland. „Schlaf gut... Yamato.“ Kapitel 5: 5th Day - Thursday of Shocks --------------------------------------- Der nächste Morgen begann für Hibiki mit einem gewaltigen Schrecken, denn als er müde blinzelte, weil er ein Geräusch gehört hatte, blickte er erst einmal Yamato an. „Wah!“, erschrak er lautstark und fuhr auf. „Y-Yamato, was ist los?“ Erst jetzt merkte Hibiki, dass Yamato sehr müde wirkte, so als hätte er kaum geschlafen und ein Blick auf die Uhr verriet, dass das auch durchaus seine Berechtigung hatte, da es ja schließlich erst 2:43 Uhr morgens war und die Beiden erst gegen 22 Uhr bei ihm Zuhause eingetroffen waren. „Hm, Hibiki, was tust du hier?“ Yamato wirkte erstaunlich gefasst, dafür dass er wohl gerade zu glauben schien, dass er bei sich daheim war und sich Hibiki ebenfalls dort befand. „Yamato, du bist in meiner Wohnung“, erklärte Hibiki ruhig, „Bei Hibiki Kuze Zuhause, du ist gestern Abend mit mir hier her gekommen.“ „Hibiki, ja?“ „Willst du nicht wieder ins Bett gehen, es ist mitten in der Nacht. Hast du noch Durst, oder warum bist du aufgestanden?“ „Ich geh' wieder ins Bett“, verkündete Yamato, dann verschwand er wieder in Hibikis Zimmer. Hibiki blinzelte kurz irritiert, aber schnell kehrte die durch den Schock zunächst verdrängt Müdigkeit zu ihm zurück, sodass er gähnte, sich dann wieder auf sein Sofa kuschelte und schnell wieder einschlief. Am nächste Morgen machte Hibiki, weil er nichts anderes im Haus hatte, alles andere war zuvor in den Okonomiyaki von Alcor verschwunden, bloß Spiegelei und Toast für sich und Yamato. Zwar wusste er nicht, was Yamato von einem solchen eher westlichen Frühstück halten würde, aber trotzdem dachte er sich, dass er gern mit ihm frühstücken würde. Als Yamato allerdings in voller Montur aus Hibikis Schlafzimmer geschlichen kam, sah er beinahe aus wie ein Gespenst. Er war ziemlich blass, konnte kaum die Augen offen halten und sein sonst so sicherer und bestimmender Gang erweckte aus eine er Distanz von gut fünf Metern den Eindruck eines müden Schlurfens. „Ich gebe Makoto Bescheid“, meinte Yamato nur, „Danke für das Bett, Hibiki. Bis später.“ „Konntest du nicht schlafen oder hattest du einen Alptraum?“ „Hm“ Yamatos Gesichtsausdruck verfinsterte sich sehr plötzlich „Nichts dergleichen, ich muss mich einfach nur auf die Arbeit vorbereiten, ich habe lange genug geschlafen. Wir sehen uns, Hibiki.“ Mit diesen Worten verließ er die Wohnung und ließ Hibiki alleine am Tisch sitzen. Das konnte doch nicht bloß das Verhalten eines Morgenmuffels sein, wieso sah Yamato so fertig aus? Hibiki wusste, dass es wohl sinnlos sein würde, aber irgendwie würde er trotzdem gerne wissen, was mit seinem Freund los war. Er aß sein Frühstück fertig auf, räumte es dann weg und verließ die Wohnung dann frühzeitig, um ein bisschen spazieren zu gehen. Abermals setzte er seine Kapuze auf, weil ihm der Morgen merkwürdig kalt vorkam, dann trat er wieder einmal seinen Weg zum Shinjuku Gyoen an. Wieso nur konnte Yamato nicht mal mit ihm darüber reden, was ihn belastete, wenn es das ganz offensichtlich tat?, fragte Hibiki sich selbst auf dem Weg und dachte darüber nach. War es Stolz? Wollte Yamato sich vor ihm keine Blöße geben? Und, was noch viel wichtiger war, was konnte er für ihn tun, wie könnte er ihm bloß helfen? Wesentlich schneller als gestern kam Hibiki im Park an und ging zu seiner Lieblingsbank, an der er noch am Sonntagvormittag Hinako getroffen hatte, aber diesmal tauchte niemand weiter auf. Er war ganz allein. Das heißt, er war es, bis zwei Hände auf einmal nach den langen Anhängseln seiner Kapuze griffen und daran zogen. „Guck mal, das sind die Ohren von einem ganz großen Häschen, Mama!“ „Rina, so etwas kannst du doch nicht machen, lass sofort den jungen Mann in Ruhe!“, schimpfte eine Frau, die dem Mädchen folgte, wie Hibiki jetzt beobachtete. Scheinbar konnte Rina ziemlich schnell laufen. „Ach, du bist das nur, Hibiki!“, freute sich Rina, ihn wiederzusehen, „Oder sollte ich sagen, Hibiusa? Du weißt, wie in Usagi, nur mit Hibiki vorne dran!“ „Ja, stimmt“, gab Hibiki die plötzlich Erkenntnis vor und lächelte Rina kurz an, ob des seltsamen Spitznamens. „Hibiusa, Hibiusa!“, quietschte Rina freudig. „Rina, komm weiter, wir müssen was erledigen. Du hast mir versprochen, dass du brav mit mir einkaufen kommst, wenn wir im Park gespielt haben.“ „Aber ich will jetzt mit Hibiusa spielen! Mama, bitte lass mich mit Hibiusa spielen, bitte, bitte!“ „Wie war noch gleich Ihr Name“, fragte die Mutter resigniert. „Kuze Hibiki, Student auf Lehramt.“ „Ah, gut, Kuze-san... würde es Ihnen etwas ausmachen, vielleicht eine halbe Stunde mit meiner kleinen Rina zu spielen? Sie hat Sie offensichtlich gern und ansonsten komme ich hier zu nichts mehr...“ „Ja, klar, kann ich gerne machen, ich muss erst in drei Stunden wieder zur Arbeit.“ „Juhuu!“, freute sich Rina kringelig. „Guck' mal, Hibiusa, ich hab sogar Angel dabei!“ Sie zeigte ihm ganz begeistert ihre Stoffpuppe, so als wäre das etwas völlig Neues. „Nur für alle Fälle, hier meine Visitenkarte“, meinte Rinas Mutter und reichte Hibiki ihre Karte. Ihr Name, Chisato Matsumara stand darauf, ebenso wie ihre Handynummer und die Anschrift der Firma, in der sie offenbar stellvertretende Chefin war, deren Name Hibiki aber kein begriff war. „Ich beeile mich! Nochmals vielen Dank!“ Dann verschwand Matsumara schnell und ließ Hibiki nun alleine mit Rina zurück. „Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?“, flüsterte Rina auf einmal verschwörerisch. „Was denn, ein Geheimnis? Geht es um jemanden, den du magst?“, neckte Hibiki die Kleine. „Ja“, antwortete Rina, „Es geht um meine Freundin Angel. Außer mir kennt sie keiner und ich hab sie auch noch keinem gezeigt!“ „Und jetzt willst du sie mir zeigen?“, fragte Hibiki überrascht, „Und nicht etwa deiner Mutter?“ „Ne“, Rina schüttelte den Kopf, „Die würde mir Angel wegnehmen wollen. Ich hab mal eine Zikade mit nach Hause gebracht, Higurin, das war auch meine Freundin, aber Mama hat gesagt, dass es besser ist, sie freizulassen. Das wollte ich nicht, musste ich dann aber.“ Sie schmollte. „Und wenn ich ihr Angel nicht zeige, dann will sie sie mir auch nicht wegnehmen, deswegen. Aber du sagst ihr nichts, oder, Hibiusa?“ Zweifelnd betrachtete Hibiki die Stoffpuppe, zu der Rina immer Angel sagte. Es war eindeutig, dass sie die nicht meinte, aber was denn dann? „Ich verspreche dir, das werde ich nicht.“ „Gut, aber nicht erschrecken!“, flötete Rina, griff in die große Tasche ihrer Latzhose und zog ein Handy hervor. Hibiki erschrak, da er ahnte, aber nicht glauben wollte, was jetzt geschehen würde. „Komm raus, Angel!“, rief Rina glücklich, drückte eine Taste und schon bildete sich um ihre Hand herum eine kleine Lichtkugel, unter der sich eine zierliche kleine Kreatur bildete, die die unverkennbaren langen blauen Haare trug und Flügel hatte. Sie hatte ungefähr die Größe der kleinen Stoffpuppe Rinas, streckte sich kurz, so als hätte sie geschlafen und flog dann freudig auf Rina zu. „Rina... wieso kannst du Dämonen beschwören?“, fragte Hibiki erstaunt. „Woher hast du die Funktion?“ „Angel ist doch gar kein Dämon, sondern ein Engel!“, erklärte Rina sofort, „Papa hat sie mir geschenkt, als ich sechs geworden bin. Das Handy hat er mir gegeben und mir gezeigt, wie ich Angel zu mir holen kann. Das ist wie bei Pokémon! Toll, oder?“ „Rina, weißt du nicht, wie gefährlich das sein kann?“ „Wieso? Angel ist meine Freundin, sie würde mir nicht weh tun!“ „Darum geht es nicht, es-“ Sein Handy unterbrach Hibiki bei seiner angesetzten Ausführung, Fumi meldete sich zu Wort. „Hibiki, was ist bei dir im Park los? Da ist ein Dämon ganz in deiner Nähe, hast du das nicht bemerkt? Yamato ist schon auf dem Weg! Pass auf, was du machst!“ „Kanno-san, warten Sie!“, sagte Hibiki schnell, aber da hatte Fumi die Verbindung schon wieder getrennt. „Schnell, Rina, du musst Angel wieder zurück in dein Handy bringen!“ „Wieso das denn?“ Jetzt hatte sie Hibiki, denn er konnte ihr ja schlecht davon erzählen, wo Dämonen herkamen und wieso man sie geheim halten sollte, also wich er nur aus: „Wenn du Angel nicht versteckst, dann kommen die bösen Menschen und nehmen sie dir wieder weg!“ „Böse Menschen? Bin ich für dich immer noch der Bösewicht dieser Geschichte, Hibiki?“, fragte Yamato amüsiert, der wie aus dem Nichts hinter der Bank, auf der Rina und Hibiki noch saßen, aufgetaucht war. „Yamato! Nein, so habe ich das nicht gemeint, ich wollte nur-“ „Ist schon in Ordnung. Hey, Mädchen“, wandte sich Yamato an Rina. „Hibiusa, wer ist das?“, fragte Rina mit großen Augen. Ihr war diese Person offensichtlich suspekt, aber die Tatsache, dass Hibiki mit ihr zurechtzukommen schien, beruhigte sie wohl. „Das ist mein Freund Yamato, er wird dir nichts tun.“ „Richtig. Erzähl, wo hast du das Programm auf deinem Handy her, mit dem du Angel rufen kannst?“ „Wieso willst du das wissen?“ „Rina-chan, bitte erzähl es ihm, okay?“, bat Hibiki, um Yamatos Geduld nicht auszureizen. „Wenn du das sagt, Hibiusa... also, als ich sechs geworden bin, hat mir mein Vater das geschenkt.“ „Rina!“, ertönte die Stimme von Rinas Mutter, die sich der Gruppe näherte, „Kommst du? Ich bin fertig und möchte wieder nach Hause gehen!“ Schnell ließ Rina Angel wieder verschwinden, noch ehe ihre Mutter sie sehen konnte, dann sprang sie von der Bank und lief ihr entgegen. „Rina, vergiss deine Angel nicht!“, mahnte die Mutter noch, aber Yamato hob die Puppe schon auf und ging zu Rina und ihrer Mutter um sie der Kleinen zu überreichen. „Oh, das ist aber freundlich“, bemerkte Matsumara, „Danke se-“ „Ist Ihnen der Name Takahara geläufig?“, brachte Yamato sofort ohne weitere Umschweife auf den Punkt, was er eigentlich von ihr wollte. Sie blinzelte kurz überrascht, dann antwortete sie: „Ja, mein Ex-Mann Shirou heißt so, das haben Rina und ich bis vor etwa einem halben Jahr auch noch, wieso?“ „Hat er Ihnen gegenüber erwähnt, was er beruflich macht und was er jetzt gerade tut?“, fragte Yamato ganz ruhig, wie der geduldige Angler, der mit eiserner Miene gerade den Fang seines Lebens an Land zog. „Er sagte nur, er müsste für die Regierung etwas sehr Wichtiges erarbeiten, deshalb hab ich nicht weiter nachgefragt. Nachdem er sich aber immer wieder nur entschuldigt hat, dass er nicht zu Rinas Geburtstag, meinem Geburtstag oder Weihnachten mal nach Hause kommen konnte und bloß noch Geld geschickt hat, um seine Abwesenheit zu entschuldigen... da fand ich, dass es Zeit für einen Wechsel wäre. Rina und ich wollen kein Geld zum Konsumieren, wir wollen einen liebevollen Vater, der Zeit mit seiner Familie verbringt.“ „Ein Kind braucht seine Eltern, alle beide“, pflichtete Hibiki bei. „Im Moment arbeitet er bei einer Software-Firma hier in Shinjuku“, erläuterte die Mutter, „Er schickt immer wieder Geld und Spielsachen und fragt jetzt auch, ob er nicht mal zu Rinas Geburtstag kommen dürfen, aber die letzten drei Jahre war ihm sein Kind auch egal, da braucht sie ihn jetzt auch nicht mehr, stimmts, Rina?“ „Stimmt, Mama!“, antwortete Rina mit einem strahlenden Lächeln. Hatte sie wirklich verstanden, was ihre Mutter da gerade alles erzählt hatte? „Rina“, meinte Hibiki dann beugte sich kurz zu ihr runter und raunte ihr zu: „Bitte versuche die erstmal auf Angel zu verzichten, ja? Yamato und ich versuchen, es so hinzubekommen, dass du sie behalten kannst, bis dahin musst du sie aber in deinem Handy ausruhen lassen, bitte, kannst du mir das versprechen?“ „Aber Angel ist meine Freundin!“, maulte Rina enttäuscht, aber nickte dann nach kurzem Zögern doch. „Ist okay.“ „Können wir jetzt gehen, Rina?“ „Sofort Mama! Bis später, Hibiusa!“ „Dir ist bewusst“, sprach Yamato Hibiki an, nachdem Rina und ihre Mutter außer Hörweite waren, „Dass dieses Kind auf keinen Fall den Zugang zum Programm behalten darf?“ „Natürlich ist es das, aber ich wollte in diesen Augen keine Enttäuschung sehen.“, meinte Hibiki, „Ich kenne diesen Blick. Bevor mir Daichi geholfen hat war ich auch viel allein, damals habe ich auch immer nur mit imaginären Freunde spielen können. Ich wollte aber nicht, dass sich meine Eltern Sorgen machen, deswegen hab ich ihnen immer vorgetäuscht, dass das echte Menschen wären. Du weißt schon, hab so getan, als würde ich mit ihnen telefonieren oder behauptet, ich würde jetzt zu ihnen spielen gehen und hab mich dabei bloß auf dem Spielplatz versteckt, sowas... Das klingt vielleicht witzig, ist aber eigentlich ganz schön traurig, wenn man so darüber nachdenkt. Sie haben es übrigens nie bemerkt.“ „Das glaubt man gar nicht, wenn man dich heute so sieht“ Yamato warf einen Blick in die Ferne. „Du warst einsam, oder?“ „Ja, aber das ist nicht so schlimm, ich bin es ja nicht mehr, ich habe Daichi, Io, irgendwie auch Keita und Hinako, und dann noch Alcor und dich.“ „Hm, du hast mich.“ Yamato lächelte zufrieden. „Ja und ich bin über diese einsame Zeit hinweg, es ist nur... ich erkenne solche Kinder immer wieder und muss mich dann immer an diese Gefühl zurückerinnnern, das ist auch schon alles.“ „Bringen wir diesen elenden Mistkäfer von Takahara zur Strecke.“, bestimmte Yamato, „Dann sehen wir weiter, in Ordnung, Hibiki?“ „Okay, ja! Sollen wir gleich zu JPs fahren?“ „Makoto wird jeden Moment hier sein. Wir können den Testlauf reinitialisieren, dann bist du wieder in der Lage, Byakko zu beschwören und wir können in den Kampf gegen Takahara ziehen. So wie ich ihn einschätze, wird er im Moment alle seine Energie darauf verwenden, die stärksten Dämonen zu rufen, damit er das richtige Kraftpotenzial hat. Bleibt nur die Frage, weswegen er gestern auf der Aufführung nichts gemacht hat, wo er doch da gewesen sein muss.“ „Vielleicht wegen Rina?“ „Wegen seiner Tochter? Möglich. Das stellt einen Glücksfall für uns dar, nicht wahr?“ „Ob sie ihn wirklich nicht mehr mag?“, überlegte Hibiki laut, „Oder ob sie nur ob tut? In dem Alter ist es eigentlich noch zu früh, sowas zu wissen...“ „Das bekommst du schon noch raus, die Kleine mag dich doch. Makoto ist gerade am Parkeingang angekommen, worauf warten wir noch?“, fragte Yamato und „Oh, schon gut, gehen wir!“ Yamato betrat die Limousine wie üblich durch die von Makoto aufgehaltene Tür zuerst und nahm Platz, aber ehe Hibiki auf der gegenüberliegenden Seite einsteigen konnte, nahm Makoto ihn kurz an die Seite und fragte ihn: „Kuze-kun, du bist gestern der Letzte gewesen, mit dem der Oberkommandant zusammen war, nicht wahr?“ „Ja, war ich“, antwortete Hibiki verdutzt, „Wir waren auf der Aufführung im Shinjuku Gyoen, danach hat Yamato bei mir Zuhause übernachtet.“ „Wieso hat er mich nicht kontaktiert, ich bin für ihn doch zu jeder Zeit abrufbereit...“ „Er sagte, er habe Sie nicht erreicht.“ „Ist das so?“ Kurz überlegte Makoto, dann war es, als würde ihr etwas einfallen. „Richtig, die Störung...“ Sie blickte Hibiki kurz prüfend an, dann schließlich zeigte sich bei ihr die Andeutung eines Lächelns und sie meinte: „Danke dir, dass du dem Oberkommandanten bei dir Unterschlupf gewährt hast, Kuze-kun.“ In der Limousine schwiegen Yamato und Hibiki wie üblich beide. Hibiki empfand es aber nicht mehr als erdrückend sondern eher als entspannend, schließlich war es im Moment beinahe sowas wie ein Ritual für sie geworden. Das musste sich für andere wohl albern anhören, aber auf dem Weg zu JPs die Häuser zu betrachten... irgendwie machte es Hibiki gerade wieder sehr zufrieden, die Stadt in diesem Licht zu sehen Es war mittlerweile Mittag geworden und Hibiki bekam ein bisschen Hunger, aber bevor er irgendetwas anderes tat, würde er seinen Testlauf absolvieren, und er würde es gut hinbekommen, ganz zu Yamatos Zufriedenheit. Er hatte das Gefühl, an diesem Tag gar nicht mehr versagen zu können, und wenn es gut laufen würde, dann könnte er mit Yamato auf Patrouille gehen und vielleicht herausbekommen, was ihn belastete... um ihm dann zu helfen. Er war nicht mehr allein und Hibiki wusste, dass er sich erst daran würde gewöhnen müssen. Wieder befanden sich Makoto, Hibiki, Yamato und Fumi zusammen im Testraum und die Spannung steig. Fumi fuhr die Systeme hoch und riet: „Zwing dich zu nichts, Kuze-kun, mach einfach alles ganz intuitiv. Bleib ruhig, entspann dich.“ Hibiki streckte seinen Arm über das Handy, nahm es an sich und sofort bildete sich die blaue Lichtsäule. Anders als letztes Mal konnte er spüren, wie ihn eine Energie erfüllte, nach einem Moment konnte er sie schließlich dem Gefühl zuordnen, als er auch damals hatte, wenn er Byakko in dieser Woche beschworen hatte, von dem Willen getrieben, seine Freunde zu beschützen. „Byakko!“, schrie Hibiki, wie damals auch und sofort füllte sich der ganze zuvor in dämmrigem hellblau erscheinende Raum mit Licht, das schließlich durch ein lautes Brüllen perfekt ergänzt wurde. Als das Licht wieder erloschen war, stand sie da, die vertraute, starke Gestalt des Tigers aus der chinesischen Mythologie, Byakko. Sein weißes, schwarz gestreiftes Fell glimmte in der Raumbeleuchtung hellbläulich, sein Schweif schwang ruhig hin und her und er beobachtete seine Umgebung genau. Erst, als er Hibiki erblickte, schien ihm zu dämmern, was hier wohl passierte. Langsam schritt er mit den eleganten Schritten, wie sie für eine Katze üblich waren, auf ihn zu und blickte ihn aus seinen leuchtend blauen Augen ernst an. Hibiki berührte ihn vorsichtig am Kopf und es war, als wüsste er, was Byakko zu ihm sagen wollte. Ich bin wieder da, Partner. Ich bin bereit, zu kämpfen, für dich. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht. Wir werden siegreich sein. „Byakko... willkommen zurück“, begrüßte Hibiki den Tiger leise, war er doch sein engster Verbündeter in dieser Woche der Prüfung gewesen. „Fumi“, unterbrach Yamato die ruhige Szene, „Bist du inzwischen dazu gekommen, dieses lästige Individuum zu lokalisieren?“ „Noch nicht ganz, aber ich habe den Radius bereits sehr stark einschränken können. Die Informationen, die du vorhin übermittelt hast, helfen auch weiter. Ich muss nur noch die Mitarbeiterdateien hacken, dann kann ich dir alles über den Mann sagen, was der Staat auch über ihn weiß. Sogar die Bankverbindungsdaten. Bloß sein Handy kann ich nicht orten, er wird es wohl entsprechend modifiziert haben, so, wie ich ihn kenne.“ „Gut.“ „Und, außerdem- oh, das ist doch...“, ließ sich Fumi von ihrem plötzlichen aufleuchtenden Computermonitor ablenken, der ihr wohl schlechte Nachrichten übermittelte. „In Shinjuku ist erneut ein Dämon aufgetaucht, die Geräte zeigen nicht Hochrangiges, aber sobald sie sich materialisiert haben, könnte es für die Bevölkerung rund um den Shinjuku Gyoen kritisch werden.“ Yamato blickte Hibiki stumm an, der nickte ihm zu und danach verließen sie JPs erneut, Makoto hatte schon die Limousine vorbereiten lassen, sodass sie gleich, nachdem sie wieder oben angekommen waren, das Gelände verlassen und in Richtung Shinjuku Gyoen fahren konnten. „Hibiki... wer auch immer involviert ist, versprich mir, dass du kämpfen wirst.“ „Was? Wie meinst du das, Yamato?“ „Versprich es.“ „Gut, aber-“ „Du musst dabei bleiben. Selbst wenn wir den Vater von Rina antreffen sollten, selbst wenn sie ihn noch liebt, auch wenn sie das so nicht sagen kann, wir dürfen ihn nicht verschonen.“ Hibiki ließ sich die Worte durch den Kopf gehen und haderte kurz mit sich, nickte aber dann. Auch wenn Takahara ein schlechtes Leben hatte, es gab keinen Grund, Unschuldige leiden zu lassen. Er wollte an das Gute in ihm glauben, er wollte ihn ein Stück weit als Opfer der Gesellschaft sehen, da Hibiki nicht glaubte, dass es so etwas wie einen bösartigen Menschen gab, der nur von Rache getrieben wurde, in jedem Menschen steckte etwas Gutes, auch wenn es nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen oder leicht zu finden war. Der lebende Bewies hierfür saß immerhin neben ihm in der Limousine, starrte aus dem Fenster und schien bereits ganz genau zu planen, wie nun der nächste Schritt aussehen sollte. Was auch immer erforderlich war, um den Frieden in der Bevölkerung und den Ruf von JPs zu wahren, Yamato wusste es. Daher würde Hibiki ihm auch folgen, komme, was wolle. Im Park angekommen, war weit und breit nichts Ungewöhnliches auszumachen, keine schreienden Menschen und keine angreifenden Dämonen, aber auf Fumis Daten konnte man sich verlassen. Etwas war gerade am Geschehen oder würde noch geschehen, aber das wann und wie waren noch nicht einzuschätzen. „Halt die Augen offen, Hibiki, hier kann jederzeit etwas passieren“, raunte Yamato, „Wir wissen nicht, wo uns der Gegner erwarten wird. Bleib aufmerksam.“ „Hibiusa!“, rief eine sehr vertraute Stimme dein Beiden entgegen, wobei sie die Vokale unnötig dehnte. „Und auch Yama-chan, wie schön, alle sind da!“ „Rina, was machst du hier, geh' schnell nach Hause!“, warnte Hibiki, während Yamato ob des verniedlichenden Spitznamens etwas angewidert dreinblickte. „Es ist möglich, dass sich hier dein Vater hier rumtreibt!“ „Was? Aber der soll mich nicht finden!“ „Ja, deshalb gehst du besser schnell mit deiner Mutter nach Hause!“ „Okay, danke, Hibiusa!“ Rina entfernte sich schnell, während Yamato und Hibiki die Augen offen heilten. „Jeden Moment könnten die Dämonen erscheinen“, warnte Yamato Hibiki noch einmal eindringlich, „Also pass' auf, dass du-“ „Da!“, schrie Hibiki alarmierend und deutete auf einen Cait Sith, einen katzenartigen Dämonen der Bestien-Gattung mit einem aufrechten Gang, der sich ihnen bis auf wenige Meter lautlos genähert hatte. In seinen Pfoten hielt er etwas, ganz so, als wolle er es sicher zu ihnen bringen. Sein Schweif hing zu Boden und seine grünen Augen schienen erwartungsvoll zu funkeln. Sofort griff Hibiki nach dem JPs-Handy, um Byakko beschwören zu können, hielt aber inne, da das Biest kein Anzeichen einer Feindseligkeit zeigte. In ungefähr zwei Metern vor ihnen blieb es stehen, verneigte sich und hielt Yamato ein aufgeklapptes Handy hin. „Leg es ab“, befahl Yamato dem Dämon, der so tat, wie ihm geheißen wurde und danach gleich verschwand, völlig kampflos. „Was war denn das?“, fragte Hibiki erstaunt, „Hat er aufgegeben?“ Yamato hob das Handy auf und las nach, was auf dem angezeigten Textfeld zu lesen war. Mit jeder Zeile verfinsterte sich seine Miene zusehends. „Was ist das, Yamato?“ „Sieh doch selbst!“, knurrte Yamato und warf ihm das Handy beinahe schon hin, danach die Hand schüttelnd, so als ob er etwas Schmutziges angefasst hätte. „Verhasstester Hotsuin-Bengel! Gehässige Grüße gelten demjenigen, der schon sehr bald die Scherben seiner Existenz vor sich haben wird. Du wirst lernen wie sich das anfühlt, langsam, aber beständig so wie ich es auch lernen musste, deinetwegen. Morgen oder übermorgen werden die Dämonen erscheinen, die Geister, die du gerufen hast. Du wirst sie nicht finden können. Aber sie werden dich aufspüren. Sag deinen Mitarbeitern Lebewohl, sag es deiner Firma. Sag es deinen Freunden. Solange auch nur ein Mensch deine Gegenwart ertragen kann, ohne sich die Kugel zu geben werde ich es sein, der da ist und den Abzug betätigt. Untergebenst, Takahara Shirou“ „Was zum-“ „Zerstör' das Handy, Hibiki. Ich will es nicht mehr sehen.“ „Yamato...“ Plötzlich zerriss ein schrilles Fiepen die angespannte Ruhe der Umgebung, weswegen Hibiki erschrocken das Handy fallen ließ. „Auf gar keinen Fall zerstören!“, erklang Makotos Stimme durch Yamatos Handy, „Fumi hat die Botschaft entschlüsselt! Wir brauchen dieses Handy! Ich komme Sie sofort abholen, begeben Sie sich mit Kuze zum Parkeigang!“ „Ich habe die Botschaft auch entschüsselt, sie war recht eindeutig!“, knurrte Yamato und warf einen Seitenblick zu Hibiki, der diesen glatt zurückschrecken ließ. „Ist okay, Hibiki, lass es, komm. Da fällt mir ein, weißt du, ob sich Rina noch hier rumtreibt?“ „Rina? Oh, vermutlich nicht, ich hab' ihr ja gesagt, dass-“ „Hibiusa!“ Rina kam auf Hibiki zugestürmt, ihre Stoffpuppe Angel neben sich herschwenkend. „Du musst mir helfen, ich finde meine Mama nicht mehr wieder!“ „Oh, du kommst gerade richtig Rina“, kommentierte Yamato die sehr praktische Situation, „möchtest du vielleicht mit uns mitkommen?“ „Hä? Wohin? Könnt ihr mich nach Hause bringen?“ „Ja, aber erst kannst du mal mit in unser Geheimquartier kommen.“ „Ihr habt ein Geheimquartier? Wahnsinn, Yama-chan!“ Yamato musste sich bemühen, dem Kind gegenüber die Fassung zu bewahren. Schließlich brauchte er sie, oder viel mehr, ihr Handy. „Nenn' mich einfach Yamato, Kleine.“ „Aber Yama-chan ist so viel süßer! Fast so süß wie Hibiusa, oder?“ „Was? Oh, ja“, antwortete Hibiki, nachdem er bemerkte, dass Rina ihn damit gemeint hatte. Gemeinsam gingen sie dann zum Wagen, mit der Makoto schon vorgefahren war, sie staunte nicht schlecht, als Hibiki und Yamato mit einem kleinen Mädchen im Schlepptau zu ihr kamen.“ „Ooh!“, staunte Rina ehrfürchtig, „Eine richtig echte Limonade!“ „Rina, das heißt doch Limousine.“ „Wer ist denn das Kind, Oberkommandant?“, fragte Makoto, die die Situation offenbar nicht richtig einordnen konnte und sich nun zu recht darüber wunderte. „Und wo sind ihre Eltern?“ „Rina kann sie nicht finden und wir brauchen sie und ihr Handy. Rina ist in der Lage, Dämonen zu beschwören! „Steigt ein“, kommentierte Makoto knapp, der nun alle Zweifel verflogen zu sein schienen – hatte sie etwa wirklich geglaubt, dass Hibiki und Yamato ohne ersichtlichen Grund einfach so ein Kind aus dem Park mitnehmen wollten? „Du willst doch bestimmt vorne sitzen, oder Rina?“ „Was? Oh, jah!“ die Augen der Kleinen strahlten richtig. „Unbedingt!“ Im Wagen durfte Rina vorne neben Yamato sitzen, was ihr augenscheinlich eine unglaubliche Freude bereitete: Ihre Augen strahlten und sie konnte kaum still sitzen. Während Makoto ein paar verquere Wege durch ganz Tokyo nahm, damit das Mädchen sich später nicht an den Weg zu JPs erinnern könnte, unterhielten sich Hibiki und Yamato auf dem Rücksitz so, dass Rina sie nicht hören konnte. „Es ist wie eine tickende Zeitbombe“, erläuterte Yamato, immer noch zornig auf dem Handy in seiner Hand herumdrückend, so als bräuchte er das zur Stressbewältigung. „Takahara hat in der ganzen Region Beschwörungsportale, wohl Handy, versteckt, aus denen morgen oder übermorgen Dämonen austreten wären.“ Er starrte angestrengt aus dem Fenster, so als ob es ihm möglich wäre, aus dem fahrenden Auto heraus ein Portal zu erblicken. „Er will, dass ich wie ein Schwächling in der Ecke kauernd darauf warte, dass es über mich hereinbricht, deswegen hat er mir das mitgeteilt. Ich habe keinen Anhaltspunkt darauf, wo die Handys zu finden sein könnten und wie viele es sind.“ „Ja, soweit war ich auch schon“, murmelte Hibiki, „Aber was könnten wir denn machen?“ „Wir?“ „Natürlich werde ich versuchen, dir zu helfen, Yamato, wenn du mir nur sagst, was ich zu tun habe!“, unterstrich Hibiki, was er mit seinen Worten gemeint hatte. „Ich lasse dich nicht fallen, bloß weil jemand, den ich nicht mal kenne, das so will. Ich helfe dir!“ „Ich hätte es nicht anders von dir erwartet“, bedankte sich Yamato auf seine Art bei Hibiki. Das Licht der Vorabendsonne fiel durch das Fenster und direkt auf ihn, sodass es beinahe aussah, als würde seine Wange einen Rotschimmer angenommen haben. „Allerdings sind unsere Erfolgschancen recht gering, da wir über den genauen Umfang von Takaharas Vorbereitungen gar nichts wissen. Wir könnten in Shinjuku Erfolg haben, aber wir schaffen es an einem Tag unmöglich, die ganze Stadt zu durchsuchen.“ Yamato, der jetzt sein Auto wohl für abhörsicher zu halten schien – oder damals einfach nur eine Ausrede gesucht hatte, Hibiki mit zu JPS nehmen zu können – senkte seinen Blick. „Wir werden uns auf einen Kampf einstellen müssen. Ganz gleich, wie viele Handys wir aufspüren und vernichten können, es werden nicht genug sein.“ „Kannst du nicht ein paar JPs-Mitarbeiter für die Suche einsetzen?“ „Nicht genug.“ Hibiki lehnte sich seufzend zurück und blickte wieder aus dem Fenster, über die Stadt. So wie eine solche Aktion für Yamatos Ruf tödlich verlaufen würde, so wären auch alle Menschen in Shinjuku und Tokyo, vielleicht sogar ganz Japan in Gefahr. Seine Familie, seine Freunde, alle anderen Menschen, die er in der Woche letztes Jahr getroffen hatte, Otome, Joe, Jungo, Ronaldo... „Das ist es!“, traf die Erkenntnis Hibiki plötzlich wie einen Blitz, er schreckte hoch, erntete einen erstaunten Blick von Yamato und sogar Rina drehte sich kurz zu ihm um „Was hast du, Hibiusa, hm? Was? Sag schon!“ „Sieh' mal Rina“, lenkte Makoto geistesgegenwärtig ab, „Ist das da vorne ein Elefant?“ „Was, ein echter Elefant? Wo! Zeig' her! Zeigen, Tante!“ Während Rina nun geschäftig nach einem Elefanten suchte, den man vom Fenster der Limousine aus würde sehen können – und Makoto erstaunlich gut darin war, die Fassung zu wahren, die ihr offensichtlich gerade beinahe entglitten war – konnte Hibiki Yamato nun endlich mitteilen, was seine Idee war: „Wir sollten versuchen, mindestens 11 Handys zu finden und dann die damaligen Demon Tamer zu rearrangieren!“ Yamato schwieg und Hibiki redete weiter, da er das Gefühl hatte, seine Idee noch genauer ausführen zu müssen: „Wenn sich zum Beispiel schon die 13 für bereit erklären, die im letzten Jahr die Hauptakteure gewesen sind und sie sich bereit zeigen, für die gute Sache zu kämpfen, dann hätten wir immerhin bessere Chance, die Dämonen deren Portale wir nicht finden und vernichten können, zu bezwingen!“ „Du vergisst, dass Nicaea in dieser Welt nur ein sinnloses Spaß-Programm ist, wir müssten für sie alle noch unser Beschwörungsprogramm arrangieren.“ „Aber die Fähigkeiten, das schlummernde Potenzial, es ist trotzdem da! So war es bei mir doch auch!“ „Ich verstehe worauf du hinaus willst, aber glaubst du wirklich, dass alle ohne weiteres Nachfragen mitmachen?“ „Daichi und Io sicherlich, Keita könnte ich vielleicht auch noch überzeugen... und...“ Verlegen schwieg Hibiki. „Vergiss nicht, dass ein Teil von ihnen nie freiwillig gekämpft hatte, sondern nur, um sich zu schützen. Es wird weder leicht sein, alle in der Zeit zu finden, noch, sie alle zu überzeugen, so charismatisch du auch bist, Hibiki.“ „Es ist einen Versuch wert.“, bestimmte Hibiki. „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Bei JPs angekommen kam Yamato, Hibiki, Rina und Makoto gleich Fumi entgegen, in ihren wie üblich luftigen Klamotten. Yamato gab ihr beide Handys, die Fumi sogleich begutachtete und daraufhin zufrieden einsteckte. „Mit dem Handy kann ich vielleicht feststellen, wo Takahara die übrigen versteckt haben könnte.“, erklärte sie vorneweg und hielt das in der Hand, das die Cait Sith ihnen gebracht hatte. „Zumindest einen Großteil solltet ihr aufspüren und zerstören können. Das hier hingegen hilft mir, mehr darüber herauszufinden auf welchem Stand Takaharas Programm derzeitig wohl sein wird.“ „Professor Kanno, es gibt 13 Menschen in dieser Umgebung, die ein hohes Potenzial im Umgang mit Dämonen aufweisen!“, erklärte Hibiki schnell seinen Plan, in der Hoffnung, dass Rina ihn nicht verstehen würde. „Sie und Makoto, Yamato und ich zählen auch dazu, genau wie meine Freunde Io Nitta und Daichi Shijima! Damit hätten wir ein größeres Suchtrupp und könnten uns auch erfolgreich gegen Dämonen zur Wehr setzen, wenn sie in den nächsten Tagen auftauchen werden!“ „Interessanter Gedanke“, gab Fumi zu, „sofern du glaubst, dass deine Freunde zu 100 Prozent verlässlich sind.“ „Sind sie!“, bestimmte Hibiki, ohne zu zögern. Fumi blickte zu Yamato und nachdem sie sah, dass er kaum merklich nickte, hellte sich ihr Blick auf. „Gib' mir ihre Namen und ich werde sie bis morgen alle hier versammelt haben. Ich kann schließlich problemlos Menschen über ihr Handy orten, wenn ich auch nur den Namen weiß, für den Chef habe ich das ja schließlich auch schon ein paar Mal gemacht.“ Sie wirkte beinahe glücklich, als sie das sagte. „Stimmts, Sakocchi?“ Makoto versuchte ganz offensichtlich, sich nichts anmerken zu lassen, sie zwang sich wohl, darauf nicht zu reagieren, aber ihre Wangen verrieten sie. Yamato hatte also erst vor kurzer Zeit jemanden orten lassen, jemanden... konnte es sein, dass Makoto an diesem Tag in Café gar nicht vergessen hatte, weswegen sie da war, sondern durchaus mit einem bestimmten Auftrag dorthin geschickt worden war? Und war das vielleicht nicht das einzige Mal, dass Yamato Hibiki... „Hibiki? Können wir weitermachen?“, fragte Yamato jetzt, woraufhin sich Hibiki wieder auf das Wesentliche konzentrierte. Hibiki zählte die Namen der ehemaligen 13 auf, nur die im Raum Anwesenden ließ er dabei natürlich außen vor. „Sind das alles Superhelden?“, fragte Rina interessiert. „Könnte man so sagen...“, überlegte Hibiki, wie er ihre Funktion möglichst kindgerecht erklären konnte, „Sie sind praktisch Helden die die Erde mal vor einer großen Bedrohung geschützt haben, indem sie... praktisch mit ihren Pokémon, dagegen gekämpft haben.“ „Pokémon-Trainer?“, fragte Rina begeistert, „Ist ja toll! Ich will auch ein Pokémon-Trainer sein! Geht doch, oder? Ich hab' Angel!“ „Oh, sieh' mal Rina, die sind ziemlich gefährlich und ich glaube nicht, dass deine Mutter erlauben würde, dass du gegen sie antrittst.“ „Angel heilt immer meine Auas“, überlegte Rina weiter, „Bestimmt könnte sie eure Pokémon heilen!“ „Hör' mal zu, Mädchen“, herrschte Yamato sie an, „Du bist inkompetenter Abschaum und solltest dem Schlachtfeld fernbleiben, wenn du dort sowieso nutzlos bist, lass es einfach bleiben.“ „A-Aber Yama-chan!“ „Nenn' mich nicht so!“ „Wah, Hibiusa!“, weinte Rina los und versteckte sich hinter Hibiki. Scheinbar würden die beiden nie miteinander warm werden. „Rina..“, Hibiki strich ihr tröstend über den Kopf, aber die Kleine blieb dabei: „Ich will mithelfen mit Angel, ich will! Ich will auch eine Superheldin sein!“' „Rina, so einfach ist das nicht. Es geht nicht darum, dass wir nicht wollen, dass du mitmachst, Yamato und ich wollen nur nicht, dass dir was passiert.“ Das schien Rina zu überzeugen und noch immer skeptisch, aber bereits mit einem Hauch von Versöhnung, betrachtete sie Yamato nun. „Wie ein großer Bruder... verbietet auch, was Spaß macht.“ „Makoto wird euch nach Hause bringen“, verkündete Yamato nun ungerührt, „Damit wir für morgen die volle Kapazität nutzen können, die jeder zu bieten hat. Wir sehen uns, Hibiki.“ Mit diesen Worten wandte sich Yamato ab, verließ den Raum und lief den Gang herab, wahrscheinlich zu seinem Büro. „Yama-chan mag mich nicht“, entschied Rina, als sie mit Hibiki in der Limousine saß. „Das glaube ich nicht“, antwortete Hibiki, wusste aber auch nicht, inwieweit das stimmte. Rina war ihm zwar wohl nicht egal, aber ob er sie wirklich mochte? Oder war sie ihm einfach nur lästig? Rina lotste Makoto vergnügt bis zu sich nach Hause, wobei sie zahllose Male im Kreis fuhren, da sich Rina an manchen Kreuzungen wohl nicht ganz sicher war und außer ihrem Schulweg wohl auch noch nicht viel von Tokyo kannte, aber bei ihr zu Hause kamen sie dennoch an, woraufhin Hibiki mit Rina zusammen ausstieg, um sie noch bis zu der Haustür zu begleiten. Zum Glück hatte Rina eine SMS geschickt, mit wem sie unterwegs sei, weswegen sich ihre Mutter hoffentlich keine Sorgen machte. An er Haustür des kleinen Wohnhauses in Shinjuku, nicht weit weg von Hibikis Wohnung, öffnete Matsumara die Tür, woraufhin Rina ihr sofort in die Arme fiel. „Mama, stell' dir vor, Hibiusa und Yama-chan sind Pokémon-Trainer!“ Hilflos fragend blickte Matsumara Hibiki an, der nur abwehrte, so als wolle er sagen, dass das nur ein Spiel gewesen sei. Sie schien zu verstehen. „Das klingt ja spannend“, merkte sie nun an, „Komm rein zum essen, dann kannst du mir alles erzählen.“ „Juchuu!“ Rina stürmte in die Wohnung und wirkte höchst zufrieden. „Ich muss mich dann auch verabschieden“, meinte Hibiki zögerlich, „Ich muss für morgen noch was vorbereiten.“ „Du bist Student, nicht wahr?“, fragte Matsumara interessiert. „Ja richtig“, gab Hibiki an und verschweig, dass gerade Semesterferien waren, „Auf Lehramt.“ „Oh, kein Wunder, dass du so gut mit Kindern umgehen kannst. Meine kleine Rina scheint regelrecht einen Narren an dir gefressen zu haben. Schade, dass du nicht ihr Vater bist.“ „Oh danke, ich- ähm, wie bitte?“ „Versteh' mich nicht falsch!“, bat Matsumara mit einem Lächeln, „Ich meine nur, du kümmerst dich offenbar gut um sie, obwohl du sie noch nicht lange kennst. Ihr Vater war nur selten da und schon mit der Frage überfordert, ob er ihr zu Weihnachten lieber eine Hello Kitty mit einer blauen oder einer rosafarbenen Schleife schenken sollte, er wusste schlicht und ergreifend nicht, welche Farbe sie lieber hatte. Und das war schon, bevor er diesen Job angenommen hatte. Er war schon immer so unaufmerksam. Shirou... na ja, aber wir brauchen ihn nicht. Wir kommen ohne ihn gut zurecht, aber ich weiß, dass Rina irgendwo bestimmt noch an ihm hängt, auch wenn sie mir zuliebe so tut, als würde sie das nicht. Vielleicht hält sie das alles nur für ein Spiel.“ „Das glaube ich nicht. Rina ist clever, sie weiß bestimmt, dass ihr Vater kein Familientyp ist.“ „Kennst du Shirou denn?“ „Ähm... gewissermaßen haben wir beruflich miteinander zu tun.“ „Er ist einfach nicht der Typ für so ein lebendiges Kind wie Rina, er ist nicht gern unter Menschen. Sie kommt in dem Punkt wohl eher nach mir... aber wie dem auch sei, du hast ja noch zu tun. Ich wollte dich nicht aufhalten.“ „Oh, ist schon in Ordnung. Danke für das Gespräch, Matsumara-san!“ „Gerne, Kuze-san. Bis zum nächsten Mal!“ Nachdem er sich von Makoto verabschiedet hatte, da er der Meinung war, diese paar Meter müsste sie ihn nicht nach Hause fahren, betrat Hibiki seine Wohnung und klappte sein Handy auf. Daichi, Io, Keita... konnte er es wirklich verantworten, sie alle da mit hineinzuziehen? Die Situation war eine grundlegend andere, die Existenz der Welt hing nicht von dem kommenden Tag ab, dafür aber die von Yamato Hotsuin und seinem Clan... Was würde Yamato wohl tun, wenn sein Plan nicht aufgehen würde? Was würde er tun, wenn die Dämonen Panik in Tokyo verbreiten würden und deutlich wird, dass JPs das Programm dafür erschaffen hatte? Ob Yamato mit so etwas weiterleben könnte... es war schwer einzuschätzen, aber Hibiki merkte, dass Yamato etwas gerade schwer zu bedrücken schien, von dem ganzen Trubel um Takahara abgesehen. Nicht, dass er sich am Ende noch etwas antun würde... Hibiki schüttelte heftig den Kopf. Nein, Yamato würde sich nicht unterkriegen lassen und Hibiki würde an seiner Seite aufrecht stehen. In diesem Kampf waren sie Partner, keine Feinde. „Worüber denkst du nach, Hibiki?“ „Alcor... hast du mitbekommen, was los ist?“ „Über die wichtigsten Eckdaten verfüge ich. Soweit ich das beurteilen kann, hast du die richtigen Leute für die Suche ausgewählt. Vielleicht wird es euch ja gelingen, alle Portale rechtzeitig zu verschließen.“ „Kannst du uns nicht dabei helfen?“ „Wie genau meinst du das?“ „Könntest du nicht auch ein Handy nehmen und Dämonen beschwören?“ Alcor blickte Hibiki zunächst überrascht an, aber dann lachte er leise auf und kicherte in sich rein. „Ein Septentrion, der über Dämonen gebietet... das ist aber ironisch. Ich kann dir nicht sagen, ob ich es könnte oder nicht.“ „Wie meinst du das?“ „Ich bin immerhin ein Programm. Zwar kann ich kämpfen, aber ich glaube nicht, dass ich Dämonen lenken könnte. Ich meine, das könnten nur Menschen.“ „Würdest du trotzdem morgen mit zu JPs kommen? Du kennst dich mit Dämonen immerhin ziemlich gut aus, eine Hilfe könntest du in jedem Fall sein?“ „Ich könnte auf diese Art helfen, Tokyo zu beschützen? Das hört sich gut an.“ „Wie gesagt, komm doch morgen früh wieder hierher. Dann können wir zusammen frühstücken, so ein letztes Mal vor der Operation.“ „Ich freue mich“, gab Alcor zur Antwort und lächelte Hibiki zufrieden an „Bis morgen.“ Kapitel 6: 6th Day - Friday of Farewells ----------------------------------------- „Guten Morgen, Hibiki!“ „Was zum- wah! A-Alcor, du kannst doch nicht einfach-“ Neben Hibiki an der Bettkante war der Septentrion dieses Mal aufgetaucht, das Fenster hatte er wohl geöffnet, um frische Luft hereinzulassen und dem Kaffeegeruch zufolge, der sich langsam in Hibikis Zimmer ausbreitete, hatte Alcor auch schon das Frühstück vorbereitet. Er musste eine ganze Weile auf Hibiki gewartet haben. „Es tut mir Leid, aber ich habe hier gewartet, bis du mich erblicken konntest, dann, dachte ich, könnte ich auch das Wort an dich richten.“ „Alcor, bitte komme nie wieder zu einer Zeit, die ich noch schlafe, in mein Schlafzimmer!“ „Dabei siehst du sehr niedlich aus, wenn du schläfst. Fast wie ein Kaninchen.“ Wieso kam jetzt auch noch Alcor auf die Idee, ihn mit dem pelzigen Nagetier zu vergleichen? „Alcor, fang' du nicht auch noch damit an... kann denn nicht ein Mensch dabei bleiben, mich Hibiki zu nennen?“ „Ich bin kein Mensch.“ „Das war-“, Hibiki seufzte kurz durch. „Ist schon in Ordnung, Alcor, sollen wir frühstücken gehen?“ „Ich habe noch einmal reiflich überlegt, was die Unterstützung gegen Takahara anbelangt“, kündigte Alcor an, während Hibiki an seinem Toast kaute – zum Einkaufen war er schließlich noch immer kein zweites Mal gekommen. „Ich bleibe dabei, dass ich keine Dämonen beschwören kann und werde, aber ich kann mich zwischen den Suchtrupps bewegen und Kampfhinweise geben, wenn es um die Konfrontation mit einem Dämonen gehen sollte.“ „Hoffen wir mal, dass es nicht soweit kommt“, murmelte Hibiki. „Auch an der Suche selbst kann ich mich beteiligen, aber ich brauche schon gewisse Anhaltspunkte, um ein Handy aufspüren zu können, Koordinaten in etwa wären bereits sehr hilfreich.“ Alcor trank einen Schluck des zuvor von ihm gezuckerten Kaffees, dann hielt er zufrieden inne. „Auch ohne besondere kämpferische Fähigkeiten oder einen starken Willen kann ich die Erde weiterhin unterstützen, dir eine Art Wegbereiter sein, Hibiki.“ „Ich bin dankbar, dass du das tust.“ Hibiki schaltete das Radio ein, um sich ein wenig von der großen Aufgabe abzulenken, die ihm bevorstehen würde, um sich besser entspannen zu können. Immerhin hatte er noch einige Stunden Zeit, bis Yamato ihn abholen würde – vor seinem Wohnzimmerfenster wurde gerade erst friedlich der Morgen optisch eingeläutet. Der Song, den das Gerät spielte, hatte offenbar schon angefangen und war mittendrin. „Wazuka de mo umareta kizuna ga nozomu nara Fukanzen na yume de mo Miushinawanaide sakebe“ „Oh, das Lied habe ich schon mal gehört“, erklärte Hibiki, „Das dürfte letztes Jahr gewesen sein, am ersten Tag nach der Prüfung.“ „Ist es für dich nur noch eine ferne Erinnerung?“, fragte Alcor. „Erinnerst du dich daran, als wäre es real gewesen, das war es für dich ja, denkst du oft daran zurück?“ „Namida ni nureta kono koe de Nakiharashita kimi no kata idaku Mayoi kurushinde mo eranda kono sekai wa“ „Ich erinnere mich genau an alles, an jedes Opfer, an jeden Erfolg, an jeden Freund, den ich zurücklassen musste, jeden Gefährten. Ich weiß noch, wie ich damals von Yamato gedacht habe, nach dieser Sache in Osaka. Aber ob ich noch daran denke? Ich denke daran, was sich seitdem geändert hat, was ich bewirkt habe, obwohl ich doch augenscheinlich nichts verändert hatte.“ „Kimi dake ga tsukamu mono da to Kimi dake ga negaeru mono da to Yobu koe wa mou tayasanain da Zutto mirai o Hikari ga oou made“ „Du hast viel verändert. Du nimmst das vielleicht anders wahr, aber ein wichtiger Bestandteil davon ist deine Zukunft und wie du andere beeinflusst. Du kannst dir kaum vorstellen, mit wie vielen anderen Leben dein Schicksal verknüpft ist, die du zum Besseren verändert hast. Ähnliches gilt für Yamato, allein schon die Beeinflussung seines Lebens hat für die Welt entscheidende und tiefergehende Auswirkungen gehabt, als du dir vorstellen kannst.“, erklärte Alcor, „Du hast eine ganz besondere Ausstrahlung und Wirkung auf andere Menschen, dadurch bewirkst du auch Veränderung in ihnen.“ „Itsu datte fui ni Mae o fusagu sentaku wa Kotae matazu bokura o Nozomanai ashita e to tsureteku“ „Manchmal frage ich mich, ob ich das Richtige getan habe, Alcor.“, gab Hibiki nun zu. „Ich habe über viele Menschen nachgedacht und über Probleme, die sie hatten. Probleme, die ich hätte aus der Welt schaffen können, wenn ich in dem Moment meines Wunsches daran gedacht hätte. Aber mein Wille, Yamato zu bezwingen... der musste wohl stärker gewesen sein. Ironisch, dass ich lieber jemanden besiegen wollte, gegen den ich auch schon nicht zum Kampf antreten wollte und dann nicht an das Naheliegende denke? Wie egoistisch...“ „Wazuka de mo kanashimi o keshite ikeru nara Kono karada o kizamu kizu Kaeriminaide sakebu“ „Zweifel deine Entscheidungen nicht an, ich kann nur immer wieder betonen, dass du das Richtige getan hast. Du gibst den Dingen eine gute Änderung, einen positiveren Verlauf, du bist auf eine gewisse Art die Hoffnung selbst. Hoffnung gibt Menschen die Kraft, von der sie für ihre Taten schöpfen können, aber nur auf die Hoffnung zu vertrauen, wird einem Menschen nicht helfen. Es ist nicht hilfreich, die Augen zu schließen und fest auf etwas zu hoffen oder an etwas zu glauben, vollbringen muss man es selbst.“ „Namida ni nureta kono koe de Tachitsukushita kimi no kata idaku Tatoe ibitsu de mo eranda kono mirai wa Kimi dake ga tsukamu mono da to Kimi dake ga negaeru mono da to Yobu koe wa mou tayasanain da Zutto sekai ni Hikari egaku made“ „Alcor... danke, ich weiß es wirklich zu schätzen, wie viele Gedanken du dir meinetwegen machst. Aber ich bin nicht anders als viele andere Menschen hier, ich war nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und jetzt... bringen wir es zu Ende. Das wird die vorerst letzte Bedrohung durch Dämonen sein, die Shinjuku erleiden muss. Mir macht nur Yamato ein wenig Sorgen dabei.“ „Wieso denn das?“ „Itami o sakeyou to shinaide Kotae o mune ni shimawanaide Ushinau koto o osorenaide Itsu datte hitori ja nain da Kasuka ni kikoeteru darou Bokura de tsukutta merodii ga Zutto sou zutto Kimi no te o nigitteru“ „Er war neulich so verändert, die eine Nacht und den Morgen, die er bei mir war. Ich würde ja gern glauben, dass er einfach nur ein Morgenmuffel ist, aber ich befürchte, dass da mehr dahinter steckt. Ich meine... in einer Vorlesung hatten wir mal etwas mit Psychologie zu tun, dabei haben wir uns auch mit Traumata beschäftigt. Wir haben von Kindern geredet, die Schlimmes erlebt haben und das mit aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten verglichen, dabei ist es sehr aufgefallen. Ich befürchte, dass Yamato eine Posttraumatische Belastungsstörung erlitten hat. Ich weiß, dass sich das merkwürdig anhört und dass Yamato wohl auch nicht wie der Typ wirkt, dem so etwas passieren würde, aber die ganzen Zeichen...“. Hibiki konnte seinen Satz unmöglich zuende bringen. „Karashita koe de furuwaseta Bokura o asu e hakobu uta ga Hibikiwatatte dareka no yume ni tsuzuku“ „Da kann sich Yamato glücklich schätzen, dass er dich hat“, gab Alcor an. „Mit dir an seiner Seite gibt es jemanden, der auf ihn aufpasst.“ „Außerdem... ich befürchte, dass Yamato den Kontakt mit mir wieder abbricht wenn wir Shinjuku erst einmal beschützt haben. Ich glaube, er führt dieses Problem ganz auf sich selbst zurück und will es auch ohne Hilfe von Außen lösen.“ „Hilfe von dir wird er akzeptieren“, widersprach Alcor wissend, „Er hat akzeptiert, dass du stärker bist als er und wird dementsprechend Hilfe von dir annehmen.“ „Namida ni nureta kono koe de Nakiharashita kimi no kata idaku Mayoi kurushinde mo eranda kono sekai wa Kimi dake ga tsukamu mono da to Kimi dake ga negaeru mono da to Yobu koe wa mou tayasanain da“ „Oh, Alcor“, meinte Hibiki, lächelte ihn zufrieden an und schnappte sich seine Tasche. „Du weißt wirklich immer, wie du mir Mut machen kannst, es ist fast schon unheimlich.“ „Ich bin an deinem Wohlergehen interessiert, das ist alles“, entgegnete Alcor. „Also dann...“, Hibiki schulterte seine Tasche nun, „Gehen wir. Ich werde Daichi und Io abholen und dann von Makoto zu JPs bringen lassen. Alcor, wir werden Shinjuku und Yamato beschützen, egal, was kommt.“ Mit diesen Worten verließen die beiden die Wohnung und ließen die Tür ins Schloss fallen, während das Radio noch immer lief. „Zutto mirai o Hikari ga oou made“ Bei Daichi angekommen wurde Hibiki gleich freudig begrüßte: „Hibiki, hey, schön, dass du mich auch mal wieder besuchen kommst! Iorin ist auch da, wir wollten gerade- oh? Hibiki, ist das dein Freund von der Aufführung?“ „Mein Name ist Alcor“, stellte Alcor sich selbst vor, „Ich werde euch im Kampf gegen die Dämonen beistehen.“ „Kampf gegen- Hibiki, wovon redet Alcor?“ Daichi überlegte. „Alcor... der Name kommt mir bekannt vor, du hast schon mal von ihm erzählt, Hibiki, oder? Ich meine, die Prüfung, hm?“ „Lasst mich reinkommen und ich erkläre es, ich brauche euch beide dafür“, erklärte Hibiki und spürte, wie sich in seinem Hals ein Kloß bildete. Er würde sich auf Daichi und Io verlassen können, nicht wahr..? „Sag das doch gleich!“, meinte Daichi und grinste Hibiki zufrieden an. „Ich als Held, einer von 13 Auserwählten? Klar bin ich dabei!“ „Und du bist sicher, dass du das Risiko eingehen willst?“, fragte Hibiki, der sich zwar freute, dass Daichi sich so bereitwillig zu seiner potenziellen Rolle bekennen wollte, aber doch nicht sicher war, ob er wirklich alles gesagt hatte, was gesagt werden musste, um Daichi bestmöglich auf die Aktion vorzubereiten. „Denk dran, wie gefährlich das werden kann, Hibiki hat doch erzählt, was letztes Mal passiert ist“, seufzte Io, sie war augenscheinlich bei Weitem nicht so überzeugt von der ganzen Sache. „Ich will euch nicht zwingen“, ergänzte Hibiki seine Erklärung abschließend, „Aber ihr gehört zu den wenigen Menschen, die die Aufgabe sicher übernehmen könnten. Wir haben nicht viel Zeit übrig, um die Handys zu zerstören und wie gesagt, es kann ja auch zum Kampf kommen und...“ Hibiki hob den Blick, um Daichi und Io anzusehen, sehr betretene Blicke schlugen ihm entgegen. Schnell realisierte er, wie das Ganze wohl geklungen haben musste und schob schnell nach. „Oh, aber auf gar keinen Fall will ich euch dazu zwingen, zu helfen! Es ist nur... ähm, nein, ich habe nichts gesagt, entscheiden müsst ihr!“ „Ich würde dich doch niemals im Stich lassen Hibiki!“, verkündete Daichi, „Und wenn ich dafür gegen Dämonen kämpfen muss, ich helfe dir so gut ich kann!“ „Daichi, das-“ „Ich auch!“, warf Io ein, „Ich gebe auch mein Bestes. Für ein sicheres Shinjuku!“ „Und ihr seid beide absolut sicher?“ „Absolut!“, kam es wie aus einem Munde. Genau in dem Moment klingelte es erneut an der Tür, die Daichis Mutter daraufhin rasch öffnete. „Oh, Wakui-kun, komm doch rein. Daichi ist oben in seinem Zimmer.“ Daichi, Io und Hibiki konnten Schritte auf der Treppe hören, die Tür wurde langsam geöffnet und Keita lugte hinein. „Daichi, ich hab hier deine CD, die- wieso seid ihr denn hier!?“ „Gut, dass du da bist, Keita, ich muss dich was fragen!“, freute sich Hibiki. „Was ist hier los, ist das eine Falle oder was?“ Skeptisch blickte Keita Alcor an, der ihn anlächelte, was auf Keita sehr unbehaglich zu wirken schien. „Willst du ein paar Kekse, Keita?“, fragte Daichi mümmelnd, „Selbst gebacken. Nur zu, man muss zwar fester zubeißen, aber sie schmecken.“ Etwas widerwillig setzte sich Keita auf den Teppichboden zu den anderen und nahm sich einen Keks vom Teller und seinem rot anlaufenden Gesicht konnte man entnehmen, dass er Daichis Kochkünste für besonders schmackhat hielt. Entweder das, oder Daichi hatte Zimt mit Chilipulver verwechselt. Hibiki erklärte nun auch Keita ausführlich, was es mit den Dämonen auf sich hatte. Keita wirkte erst skeptisch, aber Daichi wusste, wie er ihn überzeugen konnte: „Jemanden mit deinen Fähigkeiten im Kampf können wir gut gebrauchen, Keita, und bestimmt wird es die Dämonen sofort verscheuchen, wenn du ihnen nur ordentlich eine auf den Deckel gibst!“ „A-Ach was...“, brummte Keita, „Meine Fähigkeiten könnten... mh...“ „Ich weiß, dass du das könntest, Keita, kämpfe als Krieger für die Gerechtigkeit!“, jubelte Daichi euphorisch und schien ihn damit tatsächlich überzeugen zu können. „Gerechtigkeit, hm... Ich- ich mach mit. Aber nicht wegen euch, ich will nur die Gelegenheit haben, gegen Dämonen zu kämpfen. Ich brauche mich bei denen nicht zurückzuhalten und kann meine voll Kraft einsetzen, das ist eine gute Gelegenheit.“ „Juchu, Keita!“ „Daichi, lass mich los!“, schimpfte Keita. Irgendwie hatte Hibiki das Gefühl, etwas Wesentliches verpasst zu haben, so wie auch Io, die verlegen die Poster von Yoshino Harusawa anblickte. „Also“, durchbrach Hibiki die angespannte Stille zögerlich, „Wir sollten langsam vor die Tür gehen, eine Mitarbeiterin von JPs wird uns abholen. Das ist eure letzte Möglichkeit, ihr seid ganz sicher, dass ihr jetzt mitmachen wollt?“ „Jap!“, antwortete Daichi begeistert, Io nickte schüchtern und Keita versuchte immer noch, sich aus Daichis Griff zu befreien, nuschelte aber ebenfalls ein zögerliches „Yo“. „Meine Mutter denkt, dass wir auf einen Wochenendtrip zum Campen gehen“, erklärte Daichi, nachdem er die Haustür hinter sich geschlossen hatte und zu den anderen vor das Wohnhaus getreten war. „Sie wird sich keine Sorgen machen und Ios Eltern Bescheid geben. Morgen wird die Welt wieder sicher sein!“ „Ja, bestimmt!“, bekräftige Hibiki und lächelte glücklich. Genau in diesem Moment fuhr auch die Limousine von Makoto vor, die alle vier mitnahm – Hibiki bekam einen Platz auf der Beifahrerseite, während sich Io, Daichi und Keita auf der Rückbank versammelten. „Denkt dran, dass ihr niemandem etwas hiervon erzählt dürft“, unterstrich Makoto noch einmal, „Alles, was ihr am heutigen Tage tun werdet, muss geheim bleiben – JPs kooperiert mit der Regierung, aus polizeilicher Sicht brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, aber sollte auch nur ein Wort zur einfachen Bevölkerung durchdringen, wird das JPs in große Schwierigkeiten bringen, seid euch dessen bewusst.“ Bei JPs angekommen konnte Hibiki zu seiner Erleichterung gleich ein paar vertraute Gesichter ausmachen: Airi und Jungo standen da, in ein Gespräch vertieft, Airi hielt dabei Jungo auf dem Arm, direkt daneben hörte Joe offenbar über seinen MP3-Player Musik und Hinako lächelte freudig, als sie Hibiki und Keita erblickte. Makoto und Fumi standen jetzt an der Seite von Yamato, offenbar zufrieden, dass sie die meisten versammeln konnten. „Otome hat die Kooperation abgelehnt und Kuriki konnte ich nicht aufspüren, scheinbar arbeitet er gerade im Ausland“, erklärte Fumi, „Aber ansonsten habe ich alle hierher holen können. Auch die Handys mit dem Programm sind alle soweit.“ Sie lächelte stolz, da sie mit der vielen Arbeit rechtzeitig fertig geworden war und zückte nun ihr eigenes Handy. „Jeder von euch sollte seine Dämonen einmal zur Probe beschwören. Mit ihnen umzugehen ist nicht besonders schwer.“ „Ich möchte anfangen!“, rief Daichi aufgeregt, „Darf ich zuerst beschwören?“ „Du musst dein Handy so halten.“, erklärte Hibiki und nahm Daichis Arm, um ihn richtig auszurichten, „Dann aktivierst du das Programm, indem du diesen Knopf drückst. Hier kannst du sehen, welche Dämonen du beschwören kannst, wähle dir einen Dämonen aus, berühre ihn auf dem Display und rufe seinen Namen, das reicht schon.“ „Oh, gleich drei Dämonen hab ich! Hm, Poltergeist, Obariyon und Agathion... Welchen soll ich nehmen, Hibiki?“ „Such dir einfach irgendeinen aus!“ „Okay, dann mal los! Poltergeist!“ Auch Daichis Arm wurde in die blaue Lichtsäule gehüllt und schon befand sich der kleine Geister-Dämon, die grüne Silhouette mit den großen schwarzen Augen im Raum, blickte sich kurz um, bis sein Blick an Daichi hängen blieb. „Schwach...“, bemerkte Poltergeist, grinste dann aber urplötzlich und sprang auf Daichis Kopf. „Ih, nein, aus, runter! Aua!“ „Tihi!“ Poltergeist hatte offenbar einen Heidenspaß dabei, an Daichis Haaren zu zerren. „Du musst bloß das Porträt von Poltergeist nochmal berühren“, erklärte Hibiki schnell und erledigte das dann für Daichi, „Dann verschwindet er wieder, bist du ihn das nächste Mal rufst. Wenn er aber im Kampf verwundet wird, dann musst du erst eine gewisse Erholungszeit abwarten, ehe du ihn wieder rufen kannst.“ Poltergeist verschwand wieder, während Daichi seine Arme immer noch schützend über den Kopf gelegt hatte, so als ob er darauf warten würde, dass es vorbei ging. „Io und Keita, probiert es als Nächste“, bestimmte Hibiki jetzt, um die Aufmerksamkeit von Daichi abzulenken, damit er sich langsam wieder beruhigen konnte. „Okay... so...“, Io machte alles, was Hibiki ihr gesagt hatte, „Kikuri-Hime!“ „Berserker!“, beschwor Keita. Wieder erglühte der Raum in Blau, im nächsten Moment standen die in ein kraftvolles rosarot gehüllte Prinzessin mit dem dunklen Teint und der kraftvoll geformte Krieger mit dem Tierkopf im Raum, sie erkannten sofort, wer sie offensichtlich gerufen haben musste und standen nun, Befehle abwartend, vor ihnen. „Wie schön“, staunte Io und betrachtete Kikuri-Hime staunend, „ich hätte gar nicht gedacht, dass ein Dämon so wunderschön sein kann.“ Sie trat auf Kikuri-Hime zu und wurde von ihr angelächelt, auch Kikuri-Hime schien mit ihrer Meisterin offenbar sehr zufrieden zu sein. „Ich hätte nichts anderes erwartet!“, kommentierte Keita Berserker zufrieden. Beide ließen ihre Dämonen wieder verschwinden, sodass sich nun Airi und Jungo berufen fühlten. „Cait Sith!“, rief Airi, woraufhin sich Jungo erschrocken in ihre Handtasche verkroch. „Neko Shogun“, meinte Jungo. Eine große Katze mit aufrechtem Gang, die einen Federhut und Stiefel trug, bildete sich vor Airi und wurde daraufhin gleich interessiert von Jungo gemustert, während Jungo eine große Katze in voller Rüstung beschwor, die ihren Beschwörer nur schweigend anstarrte. „Wie süß, du siehst ja wie ein großer Jungo aus“, freute sich Airi über ihren Dämonen, während Jungo seinem auf die Ohren starrte: „Katzenohren...“ Nachdem dann auch Hinako und Joe ihre Hibiki vertrauten Dämonen, Lilim und Orcus beschwören konnten, entschied Yamato, dass es nun an der Zeit war, den Plan, den er hatte, vorzustellen. „Wir haben uns dafür entschieden, erst einmal nur Shinjuku zu durchsuchen, da er die Handys offenbar nur dort versteckt hat“, erklärte Yamato, „Mit Hilfe des Signales eines seiner Handys konnten wir die ungefähre Position bestimmen, keines der Handy befindet sich demnach außerhalb. Was sich dieser inkompetente Abschaum davon verspricht, kann ich nicht mit absoluter Sicherheit sagen, aber für uns ist das ein klarer Vorteil. Mithilfe seiner Dummheit können wir vielleicht sogar alle Handys aufspüren und vernichten, ehe die Dämonen ausbrechen. Macht euch aber auf einen Kampf gefasst.“ Yamato nahm ein Blatt Papier von Makoto entgegen. „Wir haben je nach individueller Stärke Teams gebildet, die möglichst effektiv am Aufspüren arbeiten können, bewegt euch nur innerhalb dieser Teams, lasst keinen Außenstehenden euch begleiten. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Zu den Gruppen: Wakui und Shijima, ihr werdet miteinander gehen, da euer starker Dämon sich gut mit den schwachen ergänzt. Nitta, Kujou, Akie, Ban und Torii, ihr werdet allein zurecht kommen, das Gleiche gilt für Makoto und Professor Kanno. Hibiki, du kommst mit mir.“ „Ich werde mich zwischen den Teams umherteleportieren und für den mühelosen Informationsaustausch sorgen“, erklärte Alcor nun auch seine Funktion, er war wie üblich zwischen den Eingeweihten aufgetaucht, was aber nur Io zu erschrecken schien. „Wir verlassen uns auf eure Mitarbeit. Beschwört eure Dämonen nur, wenn es absolut nötig werden sollte. Für die Erreichung höher gelegener Orte wird euch Alcor zur Verfügung stehen. Fumi wird euch genau sagen, wo ihr euch hin begeben müsst. Komm, Hibiki.“ Einen kurzen Moment lang zögerte Hibiki, da er ja so schließlich seine Freunde zurücklassen würde, aber die schienen alle genau zu wissen, was sie zu tun hatten, also folgte er Yamato. „Yamato, wäre es nicht vielleicht effektiver, wenn wir uns aufteilen?“ „Das wäre es wohl“, gestand Yamato ein, „Aber ich verlange von dir, dass du mir folgst.“ In der Nähe der Takoyaki-Bude, unweit Hibikis Wohnung, wurden sie zuerst fündig: Auf dem Dach derselbigen war in der Regenrinne ein Handy gewesen. Yamato zerbrach es mit der bloßen Hand. „Takahara muss uns beobachtet haben, woher hätte er sonst wissen sollen, dass wir hier an diesem Ort gewesen sind. Dieser erbärmliche Bastard...“ „Aber hätte er dann nicht wissen müssen, dass wir an diesem Ort zuerst nachsehen würden? Das ist doch ineffektiv.“ „Es geht ihm nicht um Effizienz... er will mir demonstrieren, was er über mich weiß, um mir damit schaden zu können“, erklärte Yamato, „Er versucht selbst zu dieser Stunde noch, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wie tief kann so etwas denn noch sinken...“ „Oh, das muss es ein!“, stellte Io fest, als sie gerade an einem Kinderspielplatz angekommen war. Auf der Spitze des Klettegerüsts konnte sie das Handy ausmachen, das welches das von Fumi beschriebene rote Leuchten zeigte. „Ist das dein Handy?“, hörte Io eine Kinderstimme. Ein kleines Mädchen in gelber Latzhose war zu ihr gekommen und blickte sie aus großen braunen Augen an. „Möchtest du, dass ich es für dich hole?“, fragte sie euphorisch. „Oh, ähm, eigentlich kann ich selbst da hinaufklettern und-“ „Bitte!“, bat das kleine Mädchen, das den Hundeblick perfektioniert hatte. „Lass mich ihn holen, ich kann das auch!“ „Nun gut, aber tu dir nicht weh, okay?“ „Kommst du zurecht, Nitta-san?“ Eine bekannte Gestalt mit einem rot-schwarzen Streifenpullover hatte sich ihr genähert, während das kleine Mädchen ihnen abgewandt damit beschäftigt war, das Klettergerüst zu bezwingen. „Oh, ähm, Alcor nicht wahr? Du kannst ruhig Io zu mir sagen.“ Alcor stand jetzt neben ihr und sah dem kleinen Kind beim Klettern zu. „Alcor“, erklärte Io dann, „Bist du als Kind auch gerne auf Klettergerüsten gewesen? Ich selber hatte lange Höhenangst, bis mir dann mein Vater geholfen hat, hinaufzukommen. Da wollte ich gar nicht mehr wieder runter.“ Sie lächelte verlegen. „Ich muss nicht klettern“, erklärte Alcor, „Ich kann zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort sein, den ich möchte, da benötige ich diese Art Fähigkeiten nicht. Ich bin auch zu keiner Zeit ein Kind gewesen, solange ich mich zurückerinnern kann.“ „Wirklich nicht? Alcor... was bist du?“ „Sagt dir die Prometheus-Sage etwas?“ „Ich-“ „Heey, ich habe das Handy!“, quietschte das Mädchen freudig und überreichte es Io mit einem breiten Grinsen. „Ich habe es extra für dich geholt, weil du so inkombient aussiehst!“ Io blickte das Mädchen verwundert an, sah aber über ihre Beleidigung hinweg, da das Mädchen offenbar selbst nicht verstand, was sie da gerade gesagt hatte. „Oh, danke schön, Kleines. Möchtest du was Süßes haben? Ich glaube, ich habe hier irgendwo noch eine Tüte Gummibächen für dich.“ „Jaa!“, freute sich das Mädchen glücklich, „Danke schön!“ Io überreichte ihr das süße Dankeschön, dann wandte sie sich, nachdem sich Rina wieder der Wippe widmete, Alcor erneut zu, aber da war er schon verschwunden. „Prometheus?“, fragte sie sich, verließ dann aber den Spielplatz wieder und suchte woanders weiter. „Komm schon Keita“, schmollte Daichi, „Lass uns doch eine kurze Pause machen, ich hab Hunger!“ „Daichi, wir haben nicht ein Handy gefunden, wir können uns jetzt nicht ausruhen! Wir dürfen nicht hinter den anderen zurückstehen, die haben bestimmt schon Erfolg gehabt!“ „Aber Keita, ohne Energie kann ich doch nicht kämpfen!“ „Das kannst du doch auch so nicht!“ Daichi blickte Keita überrascht an, der die Worte wohl am liebsten wieder zurücknehmen wollte, was aber unmöglich war, so frei wie sie jetzt im Raum schwebten, also machte er weiter: „Ich meine, sie haben uns zusammen in eine Gruppe gepackt, weil wir uns ergänzen! Was glaubst du, was das heißt, hm?“ „Dass wir uns eben gut ergänzen, du weißt schon, charakterlich.“ Daichi lächelte. „Du bist eine echte Kämpfernatur, du gibst nicht auf, das ist bei mir anders. Ich lehne mich lieber zurück, wenn ich ein Problem finde und versuche es halt später nochmal. Du hilfst mir, durchzuhalten.“ „Daichi, das kannst du doch auch alleine. Du kannst dafür ganz gut mit Menschen umgehen. Das würde ich auch gern können.“ „Oh wirklich?“, fragte Daichi erfreut, „Soll ich dir zeigen, wie man das macht?“ „Treib' es nicht auf die Spitze...“ „Ach was, ich mache doch nur Spaß, Keita!“ „D-Das wusste ich!“ „Klar!“ Daichi lachte zufrieden auf, „Natürlich- oh, was ist denn das?“ „Wenn du versuchst, abzulenken, dann-“ „Nein, Keita, guck doch mal, da oben, über dem Vordach vom Hotel. Siehst du das?“ „Hm. Was soll damit sein?“ „Guck' genauer hin, ist das nicht ein Handy da oben?“ Keita folgte dem Fingerzeig von Daichi und konnte jetzt auch das rote Leuchten erkennen, das von dem präparierten Handy ausging. „Sieht ganz so aus... wie sollen wir da hoch kommen? Wo ist diese Alcor-Gestalt, wenn man sie mal braucht?“ Keita blickte wieder zu Daichi und sah, wie er sich urplötzlich aus seiner Position gelöst hatte und nun versucht, an der Seite des Vordaches hochzuklettern. „Daichi, bist du bescheuert, komm da wieder runter!“ Keita sprintete sofort unter Keita, damit er einen möglichen Sturz würde abfangen können und beobachtete von dort nun argwöhnisch jeden Schritt Daichis. „Ich hab's doch fast! Ngh... komm schon, komm schon... wah!“ Eine dünne Metallstange, über die Daichi hatte klettern wollen, gab unter seinen Füßen in einer Höhe von gut drei Metern plötzlich nach, sodass er abrutschte und sich gerade noch so an die Oberfläche des Vordachs klammern konnte. „Daichi!“, schrie Keita auf, „Wenn du jetzt runterfällst, dann- dann schlag ich dich!“ „Ich hab es! Ich hab es!“ „Das Handy? Daichi, pass' gefälligst auf!“ „Ich- wuah!“ „Daichi!“ Hilflos blickte Keita auf den immer unsicherer schaukelnden Daichi, da hörte er eine Stimme neben sich. „Kann ich helfen?“, fragte Alcor sanft. „Da fragst du noch, du Trottel? Hilf ihm gefälligst, er schmiert ja gleich ab!“ Jetzt rutschte Daichi endgültig ab und fiel, hilflos mit den Armen rudernd, auf Alcor und Keita zu. Keita sprang ihm entgegen und versuchte wohl, ihn aufzufangen, was aber scheitert, Daichi landet auf Keita und beide stürzen schmerzvoll zu Boden. „Auau...“ Daichi rieb sich seinen schmerzenden Kopf und bewegte seine Glieder vorsichtig, aber nicht schien gebrochen zu sein. „Ist bei dir alles okay, Keita?“ „Au... ja, alles bestens.“ Auch Keita hatte den Sturz ohne eine weitere Verletzung überstanden. „Was machst du denn für Sache, Daichi, du hättest nur kurz warten müssen, dann wäre Alcor da gewesen und hätte das Handy holen können, dann – au! - dann hätten wir das hier jetzt nicht mitmachen müssen!“ „Aber ihr habt es doch auch ohne mich geschafft, auch wenn die Ausführugn etwas schmerzhafter als nötig zu sein schien.“, meinte Alcor. „Was?“ Keita blickte auf. „Ist es nicht deine Aufgaben uns bei sowas deine Hilfe anzubieten?“ „Aber ihr habt sie faktisch nicht gebraucht, ihr seid auch ohne mich wieder unbeschadet aus der Situation entkommen. Ich werde hier jetzt nicht mehr benötigt, bis später.“ „Warte mal, du- er ist schon weg? Ach, verdammt!“ „Du Keita?“ „Was!“ „Jetzt haben wir doch schon eines gefunden, können wir jetzt vielleicht...“ „Also gut, dann gehen wir eben in dein dämliches Café!“ Keita war gerade so erleichtert darüber, dass Daichi nichts passiert war, dass er mit ihm vermutlich sogar in die Oper gegangen wäre. Im Außenbereich des Cafés angekommen bestellte sich Keita einen Milchkaffee, Daichi hingegen wollte lieber einen Eisbecher. Nach kurzer Zeit saßen sich die Beiden zurückgelehnt gegenüber, innerlich gab Keita zu, dass auch ihm die kurze Pause gerade gut tat. Jetzt erst fiel ihm auf, wie rastlos er eigentlich immer gewesen war, er nahm es eher als permanent beschäftigt wahr. „Keita, ich geh mal kurz rein, okay? Bis gleich!“, verabschiedete sich Daichi und betrat dann das Café. Keita lehnte sich noch immer zurück, bezahlte die Rechnung für Daichi mit, als ihn eine vorbeilaufende Kellnerin darum bat und nahm sich dann das Handy, das Daichi eingesteckt hatte, aus seiner Tasche. Noch immer glühte der Bildschirm bedrohlich rot und Keita überlegte, was der beste Weg wäre, das Handy zu vernichten, dann aber stieß Daichi wieder zu ihm und hatte seinerseits ein glühendes Handy dabei. „Daichi, wo hast du das her?“, fragte Keita ungläubig. „Es lag in der Herrentoilette auf dem Waschbeckenrand, fast so, als ob das jemand vergessen hätte... wie machen wir die Dinger am besten kaputt? Hm... Kannst du sie nicht.... du weißt schon, mit einem kräftigen Schlag zertrümmern?“ „Ich will doch keine Plastiksplitter abbekommen! Sehe ich für dich aus wie einer, der Karate macht?“ „Dann brich es doch einfach in der Mitte durch. Hat Yamato nicht gesagt, dass das eine der besten Methoden wäre?“ Keita nahm die beiden Handys zur Hand und zerbrach sie ohne größere Mühen. „Die Überreste sollten wir dem Big Boss mitbringen, stimmts?“ „Ah“, atmete Daichi zufrieden durch, „Jetzt können wir aber eine Pause machen! Ich meine, wir haben jetzt sogar zwei Handys gefunden und-“ „Das ist doch nicht dein Ernst! Los, hoch jetzt mit dir!“ „Menno!“ Gerade hatte sich Hinako auf eine Parkmauer in Shinjuku Gyoen gesetzt. Sie war noch nicht fündig geworden, aber sie durchsuchte ihre Umgebung nach gutem Gewissen, also bereute sie das nicht. Während sie da so saß, beobachtete sie einige in ihrer näheren Umgebung spielende Kinder, die gar nicht ahnen konnten, in welcher Gefahr sie sich möglicherweise befinden könnten. Mal angenommen, dieser Programmierer wollte vielen Menschen schaden, so ein Park, in dem Kinder mit ihren Familien und Freunden spielten, wäre dafür doch aus seiner Perspektive gut geeignet, oder? Seufzend stand Hinako auf und schlenderte zur Bühne, auf der sie erst vorgestern ihren Auftritt gehabt hatte. Heute Abend würden doch bekannte regionale Künstler hier auftreten, hatte sie mitbekommen, viele Menschen würden hier sein... an der Bühne wäre also mit einer guten Wahrscheinlichkeit auch ein Handy versteckt. Hinako kletterte auf den Bühnenrand, suchte dort nach einer Möglichkeit, ein Handy zu verstecken. Dort befanden sich Scheinwerfer, eine Bühnenkonstruktion, mit er man beispielsweise Auftretende von oben herunterlassen konnte. Vorsichtig kletterte Hinako dort hinauf, aber außer einer Spinnenkolonie und drei Yen-Münzen konnte sie nichts finden. „Sind Sie nich' Hinako-san?“, fragte eine helle Stimme unter Hinako. Sie kletterte die Leiter wieder herab und wandte sich der Person zu, die sich als ein Kind im späten Grundschulalter entpuppte. Ein kleiner Junge mit strubbeligen braunen Haaren und einer Zahnlücke sah sie aus großen Augen an. „Wenn es Ihnen nicht ausmacht, öhm... würden Sie wohl mal für uns tanzen? Ich meine... mein Freund hat mir von Ihrem Auftritt vorgestern erzählt, da konnte ich nich' weil ich am Tag danach mit mein Vater früh rausmusste... Ich bitte Sie!“ „Oh, wie süß! Natürlich kann ich für dich und eine Freunde kurz auftreten.“, meinte Hinako, der nicht entgangen war, wie sich am Bühnenrand ein paar Kinder verdeckt hielten und sie nur hin und wieder mal mit verstohlenen Blicken begutachteten. „Ähm... mein Freund hat erzählt, dass Sie aus der Bühne rausgekommen sind, können Sie das noch mal machen?“ „Das tut mir Leid, Kleiner, da brauche ich meine Techniker dafür.“ „Raito bin ich“, meinte der Junge schüchtern. „Das heißt, versuchen könnte ich es mal...“, überlegte Hinako laut, „Wie war das, hier ist die Verankerung, das Seil hier wurde hochgelassen und.... was ist denn das?“ Zwischen den Seilen, die Hinako für den Auftritt hätte lösen müssen, glimmte etwas rot auf. Hinako rückte ihre Brille zurecht und beugte sich näher heran, dann konnte sie es schließlich als Handy identifizieren, dessen Display rot aufleuchtete. Sie konnte mit ihren Fingern nicht daran reichen, also rief sie kurz: „Raito, kannst du bitte mal herkommen?“ „Oh, ähm, okay“, nuschelte Raito schüchtern und näherte sich Hinako mit kurzen Schritten. „Siehst du das Handy da? Das gehört mir, kannst du es mir rausholen? Ich komme da nicht dran.“ „A-Aber gerne doch!“, meinte Raito plötzlich sehr enthusiastisch und erreichte das Handy ohne Mühe. „Hier bitte, Hinako-san!“ Er gab es ihr und wurde knallrot, als sich ihre Hände dabei berührten. „Danke, sehr nett von dir!“, freute sich Hinako, „Also dann, Kinder, hier kommt ein kleiner Exklusivauftritt von Hinako Kujou, nur für euch!“ „Ein Tanz... wie viel so ein paar gelenkige Bewegungen nicht alles ausdrücken können“, staunte Alcor. „Jungo! Jetzt bleib verdammt nochmal stehen!“, schimpfte Airi, die mit dem kleinen Tier nur mühsam Schritt halten konnte. „Wir haben zu tun, du kannst doch nicht immer wegrennen! Bleib stehen! Wir haben erst ein Handy gefunden, das reicht doch nie!“ Gelenkig bog Jungo um eine Ecke, was Airi etwas schwerer fiel, sodass sie auch hinter der Ecke nicht rechtzeitig bremsen konnte. „Was zum- wah!“, schrie sie auf, ehe sie mit Alcor zusammenstieß. „Du darfst nicht so schnell rennen, Ban-san“, meinte Alcor beschwichtigend und wollte ihr aufhelfen. „Nimm' deine Pfoten weg!“, fauchte Airi, „Hättest du nicht Jungo schnappen können, wenn du mir schon im Weg stehen musst? Lass mich vorbei!“ Airi sprang wieder auf und spurtete Jungo weiter hinterher, sodass Alcor ihr nur nachblicken konnte. „Jungo, jetzt bleib schon stehen!“ „Ich laufe nicht“, antwortete Jungo ihr. Er hatte Jungo gefangen und hielt sie nun auf dem Arm, während er sich Airi zuwandte. „Gut, dass du ihn gefangen hast! Er macht oft nichts als Ärger, immer rennt er weg und hält mich von der Arbeit ab!“ „Er will nur spielen“, versuchte Jungo, das Verhalten von Jungo zu erklären. „Aber trotzdem... ich habe doch zu tun!“ Empört verschränkte Airi ihre Arme und blickte nun angestrengt auf das Tier, dass sich in Jungos Armen so räkelte, als hätte sie gerade genüsslich geschlagen. „Wieso hast du ihn nicht Zuhause gelassen?“ „Ich kann Jungo doch nicht alleine lassen, da langweilt er sich doch!“ Jungo lächelte zufrieden. „Du bist ein guter Mensch, Airi.“ „Ja ich- wie kommst du denn jetzt darauf? Argh, ist ja auch egal, wir müssen die Handys finden!“ „Ich hab eins“, bemerkte Jungo und zeigte Airi die zertrümmerten Überreste eines von ihm gefundenen Handys, das er in seiner Jackentasche aufbewahrt hatte. „Du hast auch schon eins? Puh, dann muss ich mich ja richtig reinhängen, ich will ja nicht hinter dir zurückstehen...“ gerade, als Airi sich kurz entspannen wollte, schien es mit Jungo schon wieder durchzugehen, sie sprang aus Jungos Armen und stürmte den Weg entlang. „Du kannst mich nicht einmal fünf Minuten sitzen sehen, he?“, schrie Airi ihr hinterher, aber sie wusste, dass es nutzlos war, sich mit der Katze auf eine Diskussion einzulassen. Sie spurtete erneut los, diesmal aber von Jungo gefolgt. Er fühlte sich wohl auch irgendwie für das Wohlergehen der kleinen Katze verantwortlich, schließlich war er es, der sie Airi geschenkt hatte. An einem kleinen im Bordstein verankerten Gulli schien Jungo etwas Interessantes entdeckt zu haben, sie steckte ihre kleinen Pfötchen durch die Gitter und versucht, etwas zu schnappen. „Siehst du da Mäuse?“, fragte Airi ein wenig außer Puste, „Die kannst du bei uns im Schuppen auch finden, würdest du jetzt- Moment mal, Jungo, siehst du das auch?“ „Ein rot glühendes Licht, ja.“ „Könnte das eines der Handys sein? Wieso schmeißt der Depp das denn in die Kanalisation? Bah, egal, hilf mir mal schnell!“ Wenige Sekunden später hatten Airi und Jungo das Handy schon rausgeangelt und betrachteten es argwöhnisch. „Wer hätte gedacht, dass du sowas finden würdest, Jungo“, staunte Airi, woraufhin Jungo nur nickte. „Dich hab ich doch nicht gemeint.“ „Ich dich auch nicht.“ Einen Moment lang schweigen sich beide an, dann war es wie üblich Airi, die als Erste die Sprache wiederlerlangte. „Danke... für deine Hilfe.“ „Gern geschehen, Zusammen... geht alles leichter, Airi.“ „Und wieder eines“, stellte Fumi zufrieden fest und zog ein weiteres Handy zwischen zwei Friedhofssträuchern hervor. „Das läuft doch gut.“ „Hoffentlich sind es bald alle“, meinte Alcor, der über einem der Grabsteine schwebte und Fumi beobachtete. „Ich gehe davon aus, dass es nicht zu viele sein dürften“, erklärte Fumi ihre Gedanken, „In der kurzen Zeit wäre Takahara nicht in der Lage gewesen, so viele Handys mit dem Programm zu bespielen. Jedes Handy, das wir entschärfen können, führt uns unserem Ziel näher. Aber wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, dann hätte ich die exakte Position der Handys bestimmen können, dann wäre es ein Leichtes gewesen, sie auszuschalten. Takahara war auf seinem Gebiet ein Genie und er wird nicht müde, uns das zu demonstrieren.“ Fumi streckte sich kurz und gähnte, dann fiel ihr Blick auf die untergehende Abendsonne. „Ich halte Takahara nicht für fähiger als mich“, erklärte Fumi, „Das hier ist ein Teil davon, mir zu beweisen, dass es so ist.“ „Das hört sich so an, als würdest du dir öfter Dinge beweisen müssen.“ „Och, eigentlich nur, weil ich Spaß daran habe, mir meine Fähigkeiten zu demonstrieren. Mehr steckt dahinter nicht.“ Fumi lächelte zufrieden. „Mal sehen, wie viele ich noch aufspüren kann, Takahara...“ An der Spitze des Kaufhauses gegenüber vom Café, in dem Hibikis und Yamatos Wiedersehen erst am Dienstag stattgefunden hatte, stand Joe und warf zufrieden einen Blick über das nun abendliche Shinjuku. Ein paar Mal ließ er sich dabei von vorbeigehenden hübschen Mädchen ablenken, aber er hatte seine Freundin und seine Mission, das würde er nicht vergessen. „Du bist verantwortungsbewusster, als du wirkst“, bemerkte Alcor, der nun ebenfalls über die Stadt blickte. „Wieso? Hast du erwartet, dass ich einfach dem erstbesten Mädchen nachlaufe, das auftaucht, Stripes? Ich habe eine Freundin und ein Kind und um die zu beschützen, bin ich hier.“ „Ich habe gesehen, dass Hibiki mit dir einen zuverlässigen Gefährten ausgewählt hat, ich habe dich schließlich eine ganze Weile so beobachtet.“ „Bist du etwa ein kleiner Stalker, hm?“ „Nichts dergleichen. Ich beobachte gern das Verhalten von Menschen und ihre Interaktionen untereinander. Das ist jedes Mal interessant.“ „Wenn du willst, kannst du uns ja mal Zuhause besuchen kommen. Mein Schatz hätte bestimmt nichts dagegen.“ „Das weißt du, ohne sie gefragt zu haben?“ „Wenn man jemanden sehr liebt, dann versteht man ihn auch ohne Worte. Man, wer bist du, dass du mich dazu bringst so einen Kitsch zu reden?“, fragte Joe und lächelte Alcor amüsiert an. „Deine Freundin muss deine Präsenz sehr schätzen.“, bestimmte Alcor. „Ja, so kann man es auch sagen. Ich würde ja eher meinen, sie hält mich aus, aber das muss wohl jeder selber beurteilen. Hey, Stripes, siehst du, was ich sehe?“ „Du meinst die Handtasche dieser blonden Frau?“ „Äh, ja, genau die. Da glüht es so.“ „Du hast die Vermutung, es könnte eines der Handys sein? Wie ist das in die Hand dieser Frau gelangt?“ „Das weiß ich nicht.“ Joe stand auf und wandte sich zum Treppenhaus. „Aber ich werde es überprüfen. Kommst du, Stripes?“ „Ich glaube nicht, dass du meine Hilfe benötigst, um an die Handtasche einer Frau zu gelangen.“ „Es klingt negativ, wenn du das so sagst.“ Leise seufzte Makoto auf. Sie hasste Menschenmassen, noch mehr hasste sie lediglich mit Menschenmassen gefüllte U-Bahnen, in denen die Leute einander am besten noch übertönten, nur, um auch von anderen Leuten gehört zu werden, die ihr Geschrei nicht interessierte. Makoto stöpselte sich ihre Kopfhörer ein, nicht, um Musik zu hören, sondern um den alles überschallenden Lärm ausblenden zu können. In der U-Bahn selbst bekam sie noch einen Sitzplatz. Sie lugte in ihre Handtasche, um sicherzustellen, dass die Überreste der beiden Handys, die sie schon gefunden hatte noch darin waren und natürlich waren sie das auch. Sie war jetzt ihrerseits auf dem Weg zum Shinjuku Gyoen, wo sie sich mit Yamato und Hibiki treffen und das abliefern wollte, was sie hatte finden können. „Makoto?“ Alcor erschreckte sie, aber Makoto war geübt genug, sich das nicht anmerken zu lassen, sodass sie sich ihm nur zuwandte und dann demonstrativ eine extra für diese U-Bahn-Fahrt gekaufte Computerfachzeitschrift auspackte. „Unter so vielen Menschen zu sein ist bestimmt nicht einfach. So viele Eindrücke, die auf dich herniederprassen und erdrücken, sodass es schwer wird, den Überblick zu behalten.“ Makoto nickte nur, da ihr das nicht wirklich als etwas Neues erschien. Außerdem war es ihr für den Moment auch deshalb so ungewohnt, weil sie eine sehr lange Zeit nur bei JPS oder gelegentlich mit Fumi unterwegs gewesen war. Ob man wohl irgendwann verlernte, so große Menschenmassen zu ertragen? Eigentlich war es für einen Menschen im heutigen Japan doch eine überlebenswichtige Fähigkeit... „Du kannst Yamato ausrichten, dass ich auf dem Weg bin“, erklärte Makoto Alcor, „Ich würde gern in Ruhe meinen Weg fortsetzen.“ „Wenn du es so willst“, meinte Alcor und verschwand dann sofort wieder. Niemandem schien das aufzufallen, wohl auch, weil die Menschen in dieser Masse einfach nicht mehr in der Lage waren, ihre Aufmerksamkeit richtig zu steuern. Einige Stunden später meldete sich Alcor bei den beiden und beschrieb bis ins letzte Detail, wie bisher 13 Handys in der Umgebung gefunden worden waren und alle Demon Tamer wenigstens ein Mal Erfolg gehabt hatten, so ließ Yamato über Alcor allen ausrichten, dass sie eine kurze Pause einlegen dürften. „Was meinst du, wie viele Handy wir noch finden müssen?“, fragte Hibiki Yamato, um eine Konversation anzufangen, denn natürlich wusste er genau, wie die Antwort lauten würde. „Das kann ich nicht sagen“, lautete die vorausgeahnte Antwort. „Die Tatsache, dass noch kein Dämon aufgetaucht ist, könnte bedeuten, dass wir alles gefunden haben, aber irgendetwas stört mich an der Sache...“ Hibiki lehnte sich auf der Bank zurück, auf der er mit Yamato Platz genommen hatte und klappte sein Handy auf. „Byakko...“ „Es ist gut möglich, dass du ihn nicht brauchen wirst, Hibiki. Es wäre eigentlich sogar für alle Beteiligten das Beste.“ „Eigentlich wäre es alle einfacher, wenn wir die Gelegenheit bekommen würden, einmal mit Takahara zu reden.“ „Und wie stellst du dir das vor? In meiner Gegenwart würde er sich bestimmt nicht zum Reden bewegen lassen, er würde eher versuchen, mich zum Schweigen zu bringen.“ „Yamato...“ „Ich bin nur realistisch, Hibiki. Man kommt in dieser Welt besser zurecht, wenn man so ist.“ Einen Moment lang betrachteten beide nur den Sternenhimmel. Es musste bereits spät geworden sein, denn der Mond stand schon einige Zeit hoch am Himmel. In der Dunkelheit müssten sich glühenden Handys zumindest in der Theorie eigentlich leichter finden lassen, aber das galt natürlich nicht nur für die Demon Tamer,sondern eben auch für andere Passanten. Wo genau könnte man denn noch suchen? Wie viele wichtige Erlebnisse hatte Yamato die letzten Tage? „Hibiusa! Yama-chan!“, ertönte die nur zu vertraute Stimme eines kleinen Mädchens, das sich ihnen stürmisch näherte. „Endlich habe ich euch gefunden!“ „Rina!?“ Hibiki war fassungslos „Was machst du denn hier, das ist viel zu gefährlich! Du solltest Zuhause sein, in Sicherheit!“ „Guck mal, was ich hier habe!“ Rina lächelte von einem Ohr bis zum anderen: In ihren Händen hielt sie ein Handy mit einem rot leuchtenden Display. „Wirf das weg, sofort!“, schrie Yamato sie an. „Verschwinde gefälligst von hier!“ „Waah, Yama-chan hat mich angeschrien, Hibiusa!“ „Er hat aber Recht! Wie bist du hierher gekommen, passt deine Mutter nicht auf?“ „Sie ist ausgegangen und hat mich allein Zuhause gelassen. Da wollte ich nur gucken, ob ich euch vielleicht wieder im Park finde. Ich will auch mitspielen! Ich hab auch Angel mitgebracht!“ „Das ist kein Spiel! Geht das in deinen verdammten Schädel nicht rein?“ Yamato war beinahe außer sich. „Verschwinde endlich, mach, dass du weg kommst!“ Weinend rannte Rina, nicht mehr in der Lage, ein verständliches Wort herauszubringen, zu Hibiki und drückte sich an ihn. „Rina... Yamato meint das nicht böse, er... er will nur nicht, dass dir was passiert.“, flüsterte Hibiki sanft. „Bitte, geh wieder nach hause. Ich bitte dich. Rina?“ Aber für Rina war die Aufregung wohl zu viel gewesen, innerhalb von Sekunden war sie in Hibikis Armen eingeschlafen. „Wie spät ist es jetzt?“, fragte Hibiki, während er sanft versuchte, Rina zu wecken. „Es ist 23:49 Uhr, heute haben wir wohl keinen Angriff mehr zu befürchten“, schloss Yamato, „Aber wir sollten auf der Hut bleiben. Wenn wir jetzt unvorsichtig werden, dann war der ganze heutige Tag völlig verschwendet. Das ist vielleicht genau das, worauf Takahara wartet. Den ganzen Tag haben wir alle Kapazitäten voll ausgeschöpft, um auf unserer Suche möglichst erfolgreich zu sein... das wäre doch ein denkbar guter Zeitpunkt, die nicht aufgespürten Dämonen zu entlassen.“ Hibiki und Yamato blickten einander an – und schlagartig wurde es ihnen klar. Sie sprangen beinahe gleichzeitig auf und konnten gerade noch beobachten, wie eine unübersehbare Anzahl Lichtsäulen gen Himmel emporsteigen. Kapitel 7: 7th Day - Saturday of Variances ------------------------------------------ „Das darf doch nicht wahr sein!“, fluchte Yamato, „So viele Dinger sind noch übrig?“ „Genau am Datumswechsel zwischen Freitag und Samstag... Wir müssen schnell allen Bescheid geben lassen!“ „Ich glaube nicht, dass sie es übersehen würden. Nur ein blinder Trottel hätte diese grellen Dinger übersehen können.“ „Wenn wir alle Dämonen schnell vernichten, wird das vielleicht auch so bleiben. Fumi!“, rief Hibiki, nutzte sein Handy, um sie zu kontaktieren und sprach schnell: „Hast du das gesehen? Koordiniere bitte schnell die Gruppen!“ „Mit dem größten Vergnügen! Es wäre mir unmöglich gewesen, das Spektakel zu verpassen. Wir müssen allerdings so schnell wie möglich handeln, damit wir eine Begegnung der Bevölkerung mit den Dämonen nach Möglichkeit ausschließen können. Mobilisiert alle eure Dämonen und bereitet euch vor!“ Mit diesen Worten legte Fumi auf, Hibiki und Yamato beschworen Cerberus und Byakko und ließen sich von ihnen zu dem Ort tragen, an dem Fumi die Koordinaten des ersten Portals ausfindig machen konnte. Es waren Dämonen, wie Yamato sie als minderwertig betrachten würde, einige Mothmen, die Cerberus schnell zerfetzen konnte, während er Yamato sicher auf seinem Rücken transportierte und mit einem kraftvollen Krallenhieb das glühende Handy zertrümmerte. Hibiki konnte ganz in der Nähe von ihnen einige Baphomet, ziegenähnliche bösartige Geister erledigen, auch das ohne größere Mühen. Rina, die mit auf dem Rücken von Byakko saß, schlief jedoch selig weiter. „Das kann unmöglich alles sein!“, schrie Hibiki, damit ihn Yamato auch im ihnen entgegenpeitschenden Wind gut hören würde, „Was sagt Fumi?“ Genau in diesem Moment tauchte Alcor neben den Jungen auf und übermittelte alles, was er aus den Beobachtungen der anderen Demon Tamer-Gruppen hatte zusammentragen können: „Vierzig Portalverbindungen wurden gleichzeitig hergestellt, vierzig Gruppen Dämonen befinden sich nun in Shinjuku, ihr müsst euch beeilen und sie alle vernichten! Hibiki und Yamato, ihr solltet in der Gegend des Shinjuku-Gyoens bleiben, ich werde die Gebiete so schnell wie mir möglich effektiv verteilen! ..das ist es, was ich euch von Fumi ausrichten soll. Sie ist sehr bemüht, eine effektive Lösung zu finden.“ „Zwei sind erledigt, also bleiben noch 38... wir müssen uns beeilen!“, rief Hibiki und konnte schon ein weiteres Handy erspähen und zertrümmern, eine kleine Gruppe angreifender Quetzalcoatl kreiste darum wie eine Horde Geier über einem sterbenden Wüstentier. Mit einem Mazio-Angriff Byakkos waren auch sie in einem gleißenden Licht schnell vernichtet. „Das kann unmöglich alles sein...“ Yamato schüttelte kaum merklich den Kopf, „Takahara hat das alles zu professionell vorausgeplant, um jetzt dadurch zu versagen, dass er nur diese schwachen Dämonen beschwören kann. Da muss mehr dahinter stecken...“ „Hibius-aaaah! Was ist los? Fliegen wir? Wieso? Hibiusa?“, fragte Rina irritiert, nachdem sie aufgewacht war. Ängstlich klammerte sie sich an Hibiki fest. „Lass mich runter, Hibiusa! Fliegen ist gruselig!“ „Bitte Rina, du musst dich gut festhalten! Wir-“ „Ich will runter!“ „Reiß dich zusammen!“, schnauzte Yamato, „Halt dich einfach fest und bleib dabei!“ Auf einem Hochhausdach landeten Byakko und Cerberus mit ihren Reitern, woraufhin Rina sich vorsichtig von Byakkos Rücken entfernte und auf dem Hochhausdach mit zitternden Knien zusammenbrach. „Das war schlimm!“, schimpfte sie, halb wütend, halb traurig, sodass sie bei jedem ihrer Worte schwer zu verstehen war, da sie mehrmals Luft holen musste. „Ich will nach Hause!“ „Willst du denn nicht deine Superhelden in Aktion erleben?“, hörten sie jetzt eine bekannte Stimme, die sich ihnen näherte. Ein hagerer Mann mit halblangen schwarzen Haaren, einer gekrümmten Haltung und einem verschlagenen Blick trat aus dem Schatten des angrenzenden Aufzugshäuschen hervor. Er trug eine verwaschene Anzugsjacke, hatte seine Hände in den Taschen selbiger und hielt ein Handy gezückt. Danach bückte sich der Mann, breitete seine Arme aus und lächelte Rina aufmunternd zu. „Papa!“, rief Rina und wollte schon auf ihn zurennen, ehe sie sich eines Besseren zu besinnen schien und sich wohl an die Worte ihrer Mutter erinnerte, woraufhin sie zögerlich einige Schritte zurücktrat, bis sie gegen Yamato stieß, an dessen Mantel sie sich hilfesuchend klammerte. Das Lächeln des Mannes gefror augenblicklich, gefasst stand er wieder auf und seine Augen, die vorher noch ein unter dem Abendlicht gut zu erkennendes Leuchten zeigten, schienen einfach zu verlöschen. „Ich hätte es wissen müssen, nicht einmal mehr du, Rina...“ „Yama-chan, er macht mir Angst!“ Jetzt versteckte sich Rina ganz hinter Yamato und beobachtete ängstlich den Mann, der ihr Vater gewesen war. Selbst sie bemerkte, wie er sich verändert hatte, was in ihm vorgehen musste. „Das ist nicht mehr mein Papa!“ „Du hast mich enttäuscht“, knurrte der Mann, „In dieser Welt aus Nichtsnutzen und arroganten Großkotzen hätte ich erwartet, dass wenigstens du weißt, auf wen du wirklich zählen kannst. Du reine Seele.“ Er starrte erst zu Rina, die ihn, immer noch hinter Yamato versteckt, anstarrte, dann sah er zu Boden und begann, kaum merklich zu zittern. „Ich... es ist zu spät. Sogar dich, meinen kleinen, reinen Sonnenschein, hat diese Welt verdorben.“ „Du hast dir jeden Fehler selbst zuzuschreiben“, schnauzte Yamato jetzt, „Du verbaust dir dein Leben und heulst dann, wie schlecht du es doch haben würdest, nur wegen allen anderen. Wie tief willst du noch sinken? Willst du jetzt wie ein trotziges kleines Kind allen Menschen schaden, von denen du glaubst, dass sie mir nahestehen, deine eigene Tochter umbringen? Werd' erwachsen, du inkompetenter Abschaum.“ „Das war es. Das war es wirklich, Hotsuin! Ich hätte nicht gedacht, dass du tatsächlich arme Trottel finden würdest, die denken, dass du zu etwas wie Empathie in der Lage wärst. Aber dass einer dieser Trottel meine kleine Rina ist, nein, war...“ „Wenn du mir im Weg stehst, dann musst du auch mit den Konsequenzen leben!“ Cerberus bereitete sich auf Yamatos Wink hin auf einen Angriffssprung vor und fuhr seine Krallen aus. „Zeit deine ärmliche Existenz auszulöschen! Los, Cerberus!“, befahl Yamato und gab seiner Bestie damit die Erlaubnis zum Angriff. „Du glaubst, dass es so einfach werden würde, Hotsuin? Da hast du dich aber heftig geschnitten! Basilisk, los, auf in die Schlacht!“ Drei gelbe Eidechsen-Bestien mit gelber Schuppenhaut und schwarzen Flecken erschienen vor Cerberus und waren bereit, Takahara zu schützen. Sein Zorn und sein Hass waren es, was den Dämonen Kraft verlieh, die sie nutzten, um sich auf Cerberus zu stürzen. Zwar konnte der die Dämonen mit einem kraftvollen Prankenhieb zurückdrängen, aber so einfach wie der Kampf gegen die Quetzalcoatl würde es nicht werden. „Ich kann ein hohes Kraftvolumen direkt neben euch messen!“, warnte Fumi die beiden über ihre Handys, „Die anderen Dämonen sind kaum der Rede wert, Takahara ist es, der euch gefährlich werden wird! Die anderen werden die restlichen Dämonen bezwingen können, konzentriert euch auf Takahara, seine Fähigkeiten zur Dämonenbeschwörung scheinen immer weiter anzusteigen und ihm ist es gelungen, das Programm entsprechend zu modifizieren, sodass er sein volles Kraftpotenzial ausschöpfen kann!“ „Wir sollten es schnell zu Ende bringen, ein für allemal!“, rief Hibiki Yamato zu. Er hatte akzeptiert, auch wenn es schmerzlich für ihn gewesen war, dass Takahara nicht mehr zu retten war. In seinem Zustand konnte er in der Welt keinen einzigen Hoffnungsschimmer mehr ausmachen, an den er sich würde klammern können. Menschen, die an den Rande des Abgrunds gedrängt waren, für die kam ab einem bestimmten Punkt jede Hilfe zu spät, sie würden nur panisch um sich schlagen, und es so umstehenden Leuten unmöglich machen, ihnen zu helfen. Zögerlich blickte Hibiki seitlich zu Yamato, aber der nickte ihm nur zu. „Hibiki, du musst mit Byakko das Mädchen in Sicherheit bringen, ich kümmere mich hier um alles.“ „Yamato, ich-“ „Verschwinde einfach!“ Yamato wirkte nicht verzweifelt, als er das sagte, aber er drängte, so als wäre er notfalls sogar bereit, Hibiki und Rina vom Dach zu stoßen, nur, damit sie nicht länger in Takaharas Angriffsradius wären. „Ich werde dich nicht allein zurücklassen, Yamato!“ „Papa“, hauchte Rina, die die Situation offensichtlich nicht einordnen konnte. „Papa... wach doch endlich auf!“, schrie sie dann und zückte ihr Handy, um Angel zu beschwören, die sofort zu Cerberus flog, um seine durch den Abwehrangriff der Basilisken entstandenen Wunden zu heilen. „Angel kann eure Schmerzen wegmachen, dann gewinnt ihr bestimmt!“, meinte Rina. „Greift nochmal an, Basilisken!“, tobte Takahara, „Vernichtet sie alle!“ Byakko konnte den Angriff durch rasche Bewegungen und Reaktionen verhindern und zwei der drei von Cerberus noch geschwächten Basilisken zerfetzen, erst der dritte wurde von dem regenerierten Cerberus mit einem kräftigen Reißen vernichtet. „Widerstand ist zwecklos!“, schrie Takahara, „Ich habe beinahe das gesamte Arsenal der Dämonenwelt zu meiner Verfügung, ihr könnt nichts tun, lasst es einfach geschehen!“ Mit einer Handbewegung beschwor er weitere Dämonen, allesamt hochrangiger als die zuvor bekämpften Basilisken. „Wir müssen uns kurz zurückziehen, Hibiki!“, befahl Yamato, „Jetzt!“ „Ja, flieh nur wie ein feiger Hund, Hotsuin-Bengel, es wird dir nichts nützen. Für dich wie für mich ist doch eh alles zu spät! Akzeptiere deine Unterlegenheit, dann werde ich die anderen vielleicht laufen lassen!“ „Nur über meine Leiche! Du kannst nichts tun, um dir meine Anerkennung zu verdienen, dafür bist du sowohl geistig als auch willentlich zu schwach!“ Hibiki und Rina waren bereits auf Byakkos Rücken geklettert und auch Angel war mit der Versorgung sämtlicher Wunden von Cerberus und Byakko fertig geworden, sodass sich jetzt auch Yamato wieder auf Cerberus' Rücken schwingen konnte, um Hibiki und Rina folgen zu können. Angel wandte sich wieder ihrer Herrin zu und wollte zu ihr fliegen, aber dann erwischte sie ein Mabufu-Angriff vom einem der beschworenen Culebres, Drachenmonster, was sie unter einem lauten Schrei zum Verschwinden brachte. „Angel!“, erschrak Rina, „Nein, Angel, nein! Komm zurück!“ Hibiki konnte sie gerade noch fest an sich drücken, da sie sich ansonsten von Byakkos Rücken herunterbewegt hätte und zu der Stelle gelaufen wäre, an der Angel verschwunden war. Mit einigen kraftvollen Sprüngen konnten sich Byakko und Cerberus zu einem etwa vier Häuserblocks entfernten Dach bewegen, wohin ihnen Takahara zumindest kurzzeitig nicht würde folgen können. Er bereitete offenbar gerade einen heftigeren Angriff vor, der ihn bewegungsunfähig machte. Kaum, dass Hibiki behutsam mit Rina von Byakkos Rücken gestiegen war, brach sie auch schon in Tränen aus. „Sie... sie ist doch meine Freundin!“, schniefte Rina, „Ich wollte nicht, dass sie verletzt wird! Ich wollte das nicht!“ „Sh...“, versuchte Hibiki sie zu beruhigen. „Das ist okay, ganz ruhig. Sie ist nur zu ihrer Welt zurückgekehrt, um sich dort zu erholen, es wird ihr schnell wieder gut gehen. Mach dir keine Sorgen.“ „Das Monster hat ihr weh getan! Und es war meine Schuld, Hibiusa, meine Schuld!“ „Sei endlich ruhig!“, schlug Yamato jetzt vor, da er offensichtlich langsam seine Geduld verlor. Die ganze Situation musste ihn auch sehr stressen, immerhin war er ja Takaharas Hauptangriffspunkt. „Angel ist eine andere Art Leben als wir es sind, sie wird zu dir zurückkehren, genau so, wie sie dich verlassen hat. Das ist so, als würdest du jeden Morgen weinen, weil dein Vater das Haus verlässt, wenn...“, er musste kurz pausieren, ehe er fortfuhr, so als ob er etwas unterdrücken würde, „Wenn es klar ist, dass er zum Abendessen wieder zurück sein wird. Es mag bedrohlich wirken, aber es gehört zum Leben dazu.“ „W-Wenn du das sagst, Yama-chan...“, meinte Rina und blickte ihn beeindruckt an. Yamato rieb sich die Schläfen, er versuchte, sich zu beruhigen. Wie er oft genug deutlich gemacht hatte, hasste er diesen Spitznamen, aber Rina jetzt anzuschreien, würde ihn nur weiter von seinem Ziel abbringen, Takahara zu bezwingen. Er musste ruhig bleiben. „Wir werden Takahara aufhalten müssen. Wir können nicht ausweichen, wir müssen uns ihm stellen“, seufzte Hibiki besorgt, „So, wie wir gerade sind. Ich bitte dich nur, Rina... bleib immer bei uns, pass gut auf. Es wird sehr gefährlich werden, aber wir können nicht ausschließen, dass- dass es noch gefährlicher für dich wäre, Zuhause bei deiner Mama zu sein. Kannst du das?“ Rina blickte Hibiki kurz verunsichert an, dann nickte sie schüchtern und umklammerte dieses Mal Yamato. Die Luft um Takahara herum schien schwer anzuschwellen, immer mächtigere Dämonen rotteten sich um ihn, von Byakko und Cerberus allein wohl kaum zu stoppen, nur auf den Befehl wartend, endlich den Feind angreifen zu dürfen, aber aus der Ferne würde Takahara sie das nicht tun lassen. Er wollte Yamato Hotsuin leiden sehen, aus nächster Nähe. Beinahe schwebte er, seine Haare standen wirr von ihm ab und in seinen Augen lag kein Ausdruck einer Emotion mehr. Er schien völlig in sich zu ruhen, nur noch eine Hülle seiner eigentlichen Selbst zu sein, die nur auf Rache aus war. Yamato und Hibiki waren zu ihm zurückgekehrt, Rina stand hinter den beiden und umklammerte ihr Handy, um Angel möglichst bald wieder schnell beschwören zu können. „Los!“, herrschte Takahara den gerade beschworenen Thor an, der mit einem mächtigen Blitz Cerberus so heftig traf, dass sich Yamato nicht mehr auf ihm halten konnte und heruntergeschleudert wurde. „Stirb, Hotsuin-Bengel!“, tobte er, Hibiki kam nicht mehr rechtzeitig von Byakkos Rücken, um Yamato zu schützen, er rief nach ihm, während er vergeblich versuchte, zu ihm zu gelangen. „Yamato, vorsicht!“ Kurz bevor der Blitzangriff allerdings in den am Boden liegenden, nicht schnell genug wieder auf die Beine kommenden Yamato einschlagen konnte, wurde er jedoch von einem plötzlich auftauchenden, ätherischen Schild geschützt. „Geht es Ihnen gut, Oberkommandant?“, fragte Makoto besorgt, die sich nun, von Pallas Athene gehalten auf der Höhe der beiden Jungen und des Mannes befand, der sie attackierte. „Sakocchi!“, spottete Takahara, „Wie schön, dass auch du deinem Chef zur Hilfe eilst!“ „Halt die Klappe, Takahara!“, fluchte Makoto, „Du bist zu weit gegangen! Du hattest Potenzial, du hättest es zu etwas bringen können, stattdessen aber hast du dich geweigert, zu erkennen, was du hast und es ohne einen weiteren Gedanken einfach weggeworfen!“ „Du hast kein Recht, so über mich zu reden, du bist genauso heuchlerisch wie dein elender Mistkerl von Chef!“ „Halt endlich deine verlogene Klappe!“ Direkt neben Takahara traf der Angriff von Pallas Athene auf den Boden ein, was er aber nur mit einem spöttischen Lächeln quittierte. „Nicht mal den Mumm mich zu töten findest du... du bist ja noch nutzloser, als ich angenommen hätte.“ Er ließ sich von einem Culebre tragen, während alle auf ihn nun einprassenden Angriffe von Cerberus und Byakko durch den Schild einer eigens beschworenen zweiten Pallas Athene abgewehrt wurden. „Wer die nötigen Fähigkeiten nicht besitzt, wird zwangsläufig unterliegen. Kommt dir der Spruch bekannt vor, Hotsuin-Bengel?“ Takahara grinste. „Wann immer dir langweilig war, hast du mich mit solchen Sprüchen bedacht. Weißt du, wie es sich anfühlt, sich das von einem nicht mal volljährigen Knirps anzuhören, der verdammt nochmal alles im Leben geschenkt bekommen hat?“ Diese letzte Phrase war es, die den ohnehin schon sehr angespannten und gereizten Yamato endgültig die Beherrschung verlieren ließ. Er preschte vor und ehe Takahara etwas tun konnte, hatte ihm Yamato schon seine Faust ins Gesicht gerammt. Sofort regierten daraufhin die Dämonen und griffen Yamato an, aber er konnte immerhin rechtzeitig zurückweichen, sodass er nicht verletzt wurde, sondern nur von der Druckwelle zurück gestoßen. Hibiki konnte sich rechtzeitig hinter ihn bewegen und ihn abfangen, um immerhin einen Sturzschaden zu verhindern. Yamato ballte seine Hand zu einer Faust. „Wenn wir Lucifer oder Satan beschwören könnten“, knurrte Yamato leise, „Wenn ich die Zeichen früher erkannt hätte, dann hätte Fumi mehr Zeit gehabt, das Programm so zu modifizieren, wie Alcor es geschaffen hatte, Hibiki...“ „Er ist nicht unbesiegbar. Zorn und Hass lassen ihn so starke Angriffe befehligen. Wenn es uns gelingen würde, diese Emotionen abzuschwächen, müsste dasselbe auch mit den Dämonen geschehen.“ „Wie von dir nicht anders zu erwarten war.“ Yamato fand zu einem Lächeln, das er Hibiki schenkte, dann fixierte er wieder Takahara. „Aber das Einzige, womit wir ihn emotional noch erreichen können, ist Rina. Das wird für sie sehr gefährlich werden, wenn wir nicht den richtigen Plan anwenden...“, überlegte Hibiki in einer Lautstärke, sodass es nur Yamato hören konnte. „Zieht euch zurück“, raunte Makoto, „regelt das.“ Hibiki blickte auf. „Die anderen werden gleich hier eintreffen und mir helfen, Fumi hat sichergestellt, dass sie alle Portale vernichten konnten und hat sie daraufhin herbeordert! Jetzt liegt es an Ihnen, Takahara den finalen Stoß zu versetzen! Beeilt euch!“ „Vielen Dank, Makoto-san!“, meinte Hibiki und stieg wieder auf Byakko, was Yamato ihm nach kurzem Zögern zusammen mit Rina auf Cerberus gleich tat. „Bald dämmert es, wir müssen uns schnell was einfallen lassen!“, rief Hibiki, denn sollte irgendjemand, der mit den Dämonen nichts zu tun hatte, sie zu Gesicht bekommen sollte... das würde sie in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Sie zogen sich bereits auf ihren Reittieren zurück, Takahara konnte gegen Athenes mächtigen Schild derzeit nichts ausrichten und Makotos hatte ein hohes Potenzial. „Wir brauchen dabei deine Hilfe, Rina-chan!“, schrie Hibiki zu Rina und Yamato herüber, die sich beide auf Cerberus befanden. Rina aber schien ihn kaum zu hören, sie klammerte sich nur an Yamato und weinte: „Ich will nach Hause! Ich will meine Mama und Angel! Ich habe Angst!“ Sie drückte sich fester an Yamato. „Bitte... ich, ich will nicht mehr! Bringt mich nach Hause!“ „Rina... möchtest du eine Heldin sein?“ „Eine... wie?“ „Wir brauchen deine Hilfe. Du musst deinen Vater aufhalten, du bist die Einzige, die das noch kann! Wenn du tust, was Yamato dir sagt, wird alles wieder gut!“ Rina schniefte leise, blickte dann aber zögerlich auf Yamato, dessen Blick sie schräg von der Seite auffangen konnte. „Papa hat dir wehgetan, oder, Yama-chan?“ Yamato blickte Rina an, als ob sie gerade verkündete, dass sie ihn immer für ein Mädchen gehalten hatte. Dann aber wandte er sich Rina bewusst zu, nachdem sie in einem ihnen vertrauten Waldstück gelandeten waren. „Dein Vater ist bereit, Hibiki und dir zu schaden, nur, weil er mich hasst. Das ist unentschuldbar.“ „Wir müssen Papa bestrafen, weil er etwas Böses getan hat“ überlegte Rina, „Und dann kommt er ins Gefängnis, ja?“ „Er wird büßen“, verkündete Yamato fest und Hibiki tätschelte Rina sanft, weil er sich im Gegensatz zu ihr bewusst war, wie Yamato das gemeint hatte. Sie befanden sich in der Nähe von Chofu, dem Ort, an dem Hibiki und Yamato erst vor wenigen Tagen über Rina gestolpert waren, nachdem sie vor Menschen geflüchtet waren, die sie hatten beschützen wollen. Kurz setzten sie sich ins weiche Gras und Hibiki versuchte, sich einen guten Plan zu überlegen. „Du musst ihm auf alle Fälle deine Gefühle zeigen. Dein Vater ist völlig außer Kontrolle geraten und du bist die Einzige, die ihn stoppen kann – nur du!“ „Aber das...“ Rina zitterte. „Papa ist so gruselig, so anders... ich weiß nicht, ob ich was machen kann!“ „Du kannst es als Einzige. Deine Anerkennung ist es, die er als dein Vater sich wünscht, dich will er an seiner Seite wissen. Du musst es tun, alles was wir tun können, ist, auf dich aufzupassen und dafür zu sorgen, dass dir nichts passieren kann.“ „Hibiusa...“ „Sei stark“, meinte Yamato bestimmend, „Es ist nicht leicht, aber du musst es tun. Niemand außer dir kann Shinjuku retten, weder Hibiki, noch ich.“ „Du musst unsere Heldin sein“, stimmte Hibiki zu. Rina senkte den Blick und zupfte verlegen an ihrer Latzhose herum. „I-ich habe zwar Angst, aber... das ist normal, hm.“, sprach sie vor sich hin, „Hibiusa und Yama-chan zählen auf mich, und... Papa auch. Und Mama.“ Sie blickte auf, erst zu Yamato, dann zu Hibiki, dann sagte sie entschlossen: „Ich darf meine Freunde nicht enttäuschen!“ Mit den ersten Strahlen der Morgensonne war es den Demon Tamern in Shinjuku lange gelungen, Takahara in Schach zu halten. Sie hatten alle seine Dämonen zurückdrängen können, aber die Gruppe um Makoto und Fumi war am Ende ihrer Kräfte, was Takahara allerdings keinen Abbruch zu tun schien. „Ihr langweilt mich“, verkündete er, „Und die Tatsache, dass der Hotsuin-Bengel euch zurücklässt und sich nicht einmal erkundigt, wie es euch geht, zeigt doch, dass er sich nicht um euch schert. Der Junge mit der weißen Kapuzenjacke ist es wohl, an dem er hängt.“ Takahara blickte in Richtung des Ortes, an dem sich seine Tochter und die beiden anderen befinden mussten. „Macht's gut, Werkzeuge vom Hotsuin-Bengel, mit etwas Glück erlebt ihr die heutige Mittagssonne noch.“ Mit diesen Worten verließ er die erschöpft auf dem Dach des Hochhauses ruhenden Kämpfer. „Wir haben alles gegeben“, meinte Daichi atemlos, „Wir können stolz sein, Leute.“ „Sagt der mit den Geistern, die getürmt sind“, bemerkte Keita trocken. „Hibiki“, flüsterte Io, „Jetzt liegt es an euch...“ „Sie werden es schaffen“, verkündete Makoto, die als Einzige der neun aufrecht saß. „Als Team werden sie beinahe unschlagbar sein, weil sie vieles verbindet.“ Alcor blickte jetzt der hoch am Himmel stehenden Sonne entgegen, die sich tapfer durch den bewölkten Himmel kämpfte. Kaum, dass Takahara in Sichtweite geriet, machten sich Hibiki und Yamato bereit, Rina beschwor Angel wieder und drückte sie fest an sich. „Gib alles, Rina“, flüsterte Hibiki, „Du kannst es schaffen!“ Takahara ließ sich auf den Boden der Lichtung bringen und starrte Yamato und Hibiki aus kalten Augen an, nur mit Pallas Athene an seiner Seite, da näherte sich Rina ihm mit schüchternen Schritten. „Papa...“, flüsterte sie. Takahara staunte, als Rina auf ihn zukam, aber der Blick, mit dem sie ihn bedachte, schien ihm wohl alles Wichtige zu sagen. „Verschwinde!“, schrie er sie an, woraufhin sie schnell wieder hinter Yamato flüchtete. „Jetzt machst du mit denen auch noch gemeinsame Sache... Rina...“ Hibiki zuckte kurz zurück als er eine Träne bemerkte, die sich über Takaharas Wange schlich. Er musste innerlich völlig zerrissen sein. „Auf dieser Welt gibt es nichts mehr, was noch begehrenswert ist. Mein eigenes Kind sieht mich nicht als Vater an, sondern-“ Er klang, als hätte ihn jemand unterbrochen, redete aber nicht mehr weiter. „Papa... ich...“ Noch immer kuschelte sich Rina fest an Yamato, lugte aber vorsichtig hinter ihm hervor. „Du machst mir Angst, aber nur wegen dem, was du tust... ich... eigentlich habe ich dich nicht gehasst!“, fiepte sie. „Ich meine... ich wusste nicht, was Hass ist, aber so, wie du mit Yama-chan redest und ihn anguckst... so denke ich doch nicht über dich! Ich... bitte, Papa, werde wieder wie früher!“ Takahara blickte Rina zögerlich an, er merkte, dass sie das so meinte, wie sie es sagte. „Ich weiß, dass du ganz wichtig bist und deshalb nicht so oft Zuhause sein kannst, ich kann das verstehen! Ich bin nicht doof!“ Jetzt tapste sie langsam zu ihm hin, Hibiki wollte sie noch zurückhalten, aber Yamato packte ihn stumm am Arm und blickte Rina zu. Die Situation verlief völlig anders, als Yamato erwartet hätte, aber vielleicht war das gar nicht mal so verkehrt. Takahara hob zwar die Hand mit seinem Handy, so als wolle er Rina damit drohen, aber ihr Blick zeigte ihm, dass sie es dieses Mal wirklich ehrlich meinte. „Es ist nur so, Papa... ich hab dich immer vermisst und... du warst immer so selten Zuhause.“ Jetzt stand sie direkt vor ihm und, wie Hibiki sehen konnte, standen ihr Tränen in den Augen. „Bitte... werd' einfach nur wieder der Papa, den ich kennengelernt habe! Tu Yama-chan und Hibiusa nicht weh, das sind meine Freunde!“ „Wie kannst du diesen... diesen unerträglichen Menschen deinen Freund nennen? Rina! Hast du nicht Kinder in deinem Alter, mit denen du Zeit verbringen kannst? Du kannst doch nicht-“ Erschrocken hielt Takahara inne, weil er nun merkte, wie sich Rina an ihn geschmiegt hatte. „Bitte... Papa, bitte mach die Monster weg! Lass sie wieder nach Hause zurückgehen. Die sind doch nur gefährlich und tun anderen weh!“ Einen kurzen Moment lang zögerte Takahara, dann schloss auch er die Arme um seine Tochter. Pallas Athene verschwand, so als ob sie bereits ahnte, dass sie hier nicht mehr gebraucht werden würde. „Rina... meine Kleine...“ „Papa... ich- urgh!“ Entsetzt bemerkte Rina, wie ihr Vater seine Hände nun um ihren Hals gelegt hatte. Sie zappelte und versuchte, sich aus dem Griff zu befreien, scheiterte allerdings kläglich. „Rina... diese Welt ist schlecht und verdorben, aber wenn du mit mir kommst... dann können wir auf ewig zusammenbleiben, nur du und ich...“ Gerade wollte Hibiki vorpreschen, um Rina zu retten, aber Yamato war ihm zuvorgekommen und hatte Takahara bereits eine Ohrfeige verpasst. Rina fiel auf den Boden und schnappte nach Luft, daraufhin stellte sich Yamato gleich schützend vor sie und starrte Takahara nur kalt an. Hibiki war mittlerweile herbeigeeilt, um Rina schnell wegziehen zu können, damit sie aus der Gefahrenzone geriet. Sie blickte ihn noch kurz an, dann schloss sie ihre Augen und ihr Kopf kippte zur Seite. Sie war ohnmächtig geworden. Takahara hatte keinen weiteren Dämonen beschworen, jetzt sank er auf den Boden und starrte fassungslos auf seine Hände, so als ob er gerade jetzt erst begriffen hatte, was er seiner eigenen Tochter gerade antun wollte. Yamato winkte Cerberus an seine Seite, der Takahara argwöhnisch beobachtete. „Ich werde es kurz und schmerzlos machen“, verkündete Yamato trocken, aber das schien Takahara nicht aus der Fassung zu bringen. „Du glaubst, das war schon alles!?“ Erneute schien sich sein Körper zu erheben und Yamato wich einige Schritte zurück. „Von wegen, Hotsuin-Bengel, das Beste kommt erst noch!“ Sein ganzer Körper wurde in das blaue Licht der Beschwörung gehüllt, das sich aber beinahe augenblicklich schwarz verfärbte und somit ein Wesen freigab, mit dem es weder Cerberus noch Byakko würde aufnehmen können. Gekräuselte, lange weiße Haare schlungen sich um ein menschliches Antlitz, der lange Umhang ließ das Wesen beinahe wie einen Vampir erscheinen und Hibiki meinte, spitze Eckzähne erkennen zu können, als das Wesen grinste. Es handelte sich bei ihm um Kudlak, einen der hochrangigsten Dämonen. „Kudlak, du bist an meiner Seite, du musst mir helfen. Vernichte Hots-“ Er konnte nicht aussprechen, da sank Takahara schon zu Boden, ermordet. Kudlak hatte ihn mit einem Mudoon sofort tödlich verwundet. Er grinste spöttisch, so als amüsiere es ihn, dass jemand wie Takahara über ihn hatte gebieten wollen. Sofort stob Byakko nach Vorne, an Cerberus Seite, um ihm im Kampf gegen den Dämonen beizustehen, aber die Angriffe der beiden Bestien konnten mühelos abgewehrt werden. Bedrohlich näherte sich der Dämon Hibiki, Yamato und der glücklicherweise noch immer ohnmächtigen Rina – sonst hätte sie den ganzen furchtbaren Kampf und den Tod ihres Vaters selbst mitansehen müssen – was sie langsam zögern ließ. Hibiki blickte nervös zu Yamato, dem anzumerken war, dass auch er nicht wusste, wie sie gegen diese Bedrohung bestehen sollten. Sie waren soweit gekommen, weil sie ihre Kräfte vereint hatten, Seite an Seite kämpften und so schließlich die größte Kraft aufbringen konnte, gerade weil sie nicht allein waren. Wenn ihnen das nun erneut gelingen würde, der Kampf einer Einheit, wie in einer Fusion... „Yamato!“, schrie Hibiki hastig, um den ihm gerade in den Sinn gekommenen Plan erklären zu können, „Wir haben nicht verloren! Wir müssen nur unsere Kräfte vereinen!“ Yamato verstand natürlich, was Hibiki ihm sagen wollte, gleich schien er auch zu erahnen, was sich Hibiki von dem Versuch versprach. Das hohe Potenzial der beiden könnte ihnen wohl wirklich Fähigkeiten ermöglichen, die sie eigentlich nicht haben dürften. Aber wenn sich Hibiki, der Strahlende, mit Yamato zusammen tat, demjenigen, der aufgrund seines außerordentlich hohen Potenzials auch schon fälschlicherweise mit diesem Titel bedacht worden war, gemeinsam auf ein Ziel konzentrierten... Ohne, dass sie ihre Handys auch nur berührten, wurden beide in strahlend blauen Lichtsäulen gehüllt, die kurz daraufhin auch Byakko und Cerberus erfassten, die daraufhin ebenfalls eine Eiheit bildeten. Als das Licht verschwunden war, stand eine engelsgleiche Gestalt vor ihnen, die mit ihrem grünen haar und den sanften Flügeln eine beruhigende Wirkung verstieß. „Agidyne!“, schrien Yamato und Hibiki wie aus einem Munde, dann beschwor der Engel den glühenden, gefährlichen Feuerball, der Kudlak unter einem lauten Aufkreischen in witzige Aschefetzen verbrannte. „Die Beschwörung der Dämonen muss ihn schier unendlich viel Kraft gekostet haben“, erklärte Fumi den Anwesenden, nachdem ihr Daichi eine Tasse Kakao gereicht hatte. Das Sicherheitspersonal hatte auch schon vorbeigeschaut und schien sich nicht weiter darüber zu wundern, das eine Gruppe von neun Menschen auf dem Dach eines Einkaufscenters frühstückte. Entweder das, oder sie hielten es für eine allmorgendliche Ermüdungserscheinung. „Es waren nur der Zorn und Hass auf die Welt, die ihn so lange am Leben erhalten haben. Ich kann nicht einmal mehr vollständig berechnen, wie hoch der Energieaufwand gewesen sein muss, der ist schon bei Kuze-kun und beim Chef enorm, die auch noch ein spezielles Talent zur Beschwörung haben, was Takahara fehlte. Er hat sich praktisch bei seiner ersten Beschwörung bereits sein eigenes Grab geschaufelt.“ „Das ist so traurig...“, schluchzte Io, „Gerade hatten sie sich erst wieder und dann... wieso...“ „Jungo...“ Airi strich ihrer Katze sanft über den Rücken. „Ja?“ Sie reagierte diesmal nicht säuerlich darauf, dass Jungo sich schon wieder eingemischt hatte, obwohl ihm klar sein musste, dass er nicht gemeint war. „Danke für Jungo.“ „Die Katze oder ich?“ Airi fixierte einen unbestimmten Punkt in der Ferne. „Beides.“ Makoto blickte in die Richtung, in die Takahara vorhin geflogen war. „Kein Mensch hat den Kampf oder auch nur einen einzigen Dämonen gesehen, außer Takahara ist niemandem etwas passiert...“ Sie winkelte die Beine an und blickte zu Fumi, die unter eine Decke gekuschelt gerade an ihrem Laptop programmierte, als Zeitvertreib. „Sakocchi.“ „Hm?“ „Gehen wir nachher noch in die Karaoke-Bar?“ Makoto blickte Fumi an, die ihr aufmunternd zulächelte und tat es ihr gleich. „Mit dem größten Vergnügen, Fumi!“ „Wann ist eigentlich dein nächstes großes Match?“, fragte Daichi Keita, der ebenfalls gerade heißen Kaffee zum Wachbleiben trank. Das völlige Fehlen eines Kontextes schien Keita wenig zu irritieren. „Wenn du jetzt sagst, dass du kommen willst, dann behalt das für dich.“ „Och, aber ich wollte mit Io im Publikum sitzen und dich anfeuern!“ „L-Lass das bloß sein, das ist ja peinlich!“ „Aber wieso ist dir das peinlich? Wenn wir da sind, dann weißt du doch, dass wir dich sehen können, dann strengst du dich besonders an. Und wir können behaupten, dass wir zu deinem Sieg beigetragen haben!“ „Ach, darum geht es dir also!“ verärgert funkelte Keita Daichi an, so als könne er ihm jederzeit eine verpassen, auch, wenn er das wohl niemals tun würde. „Du hast mich ertappt!“, lachte Daichi. „Nein, Spaß beiseite, ich fände es echt toll, dir beim Kämpfen so beistehen zu können!“ „Wenn es denn sein muss!“ „Ja, danke!“, jubelte Daichi. „Daichi, du sollst das lassen, verdammt geh' runter von mir!“ „Tja, daran wirst du dich wohl gewöhnen müssen“, lachte Joe Io zu, die die ganze Szene beobachtete – schließlich hätten Hibiki und Yamato, wie sie jetzt realisiert hatte, nicht anders handeln können – und klopfte ihr auf die Schulter. „Oh, äh, nicht doch“, sie lief augenblicklich rot an, „Es ist doch schön, dass Daichi noch einen Freund gefunden hat, und... Keita ist eigentlich auch netter, als man denkt, er zeigt es nur nicht.“ „Dann noch viel Spaß, ihr Turteltauben“, verabschiedete sich der Mann mit dem Streifenanzug. „Ich kapiere diesen Typen nicht“, brummte Keita und gab es anschließend auf, Daichi abzuschütteln. Er konnte wirklich sehr anhänglich sein. „Ich gehe meine Eltern besuchen“, verkündete Hinako, stand auf und streckte sich. „Aber ich denke, eine kleine Auszeit hier, Zuhause, kann ich mir nehmen.“ „Wir kommen mit Vergnügen wieder zu deiner Aufführung!“, verkündete Daichi, der scheinbar seine ganze Jahresplanung nun auf diesem Dach verbrachte. „Dankeschön, Shijima-kun, dass ich mich zumindest darauf schon mal verlassen kann!“ Sie zwinkerte ihm zu. „Werde ich dich auch sehen, Keita-kun? Die Scheitelfrisur stand dir richtig gut, wenn ich das so sagen darf...“ „Nur über meine Leiche trag ich sowas Bescheuertes nochmal“, knurrte Keita. „Aber das sah doch gut aus“, meinte Io. „I-Ich meine, nicht, dass du sonst nicht gut aussehen würdest, mit deiner anderen Frisur und- das heißt, ähm, eigentlich-“ „Ach Iorin!“, meinte Daichi und drückte sie fest an sich, „Wir wissen doch, was du meinst, lass dich doch nicht immer so aus dem Konzept bringen!“ „Gehen wir, Fumi?“, fragte Makoto ihre Freundin nun und stand dann auf. „Ich könnte ein bisschen Schlaf gut gebrauchen.“ „Zu mir, oder zu dir?“, fragte Fumi. „Gehen wir zu dir, das ist näher.“ „Okay. Bleibt nicht mehr zu lange hier oben, sonst kommt noch jemand auf die Idee, dass das eigentlich verboten ist.“ Fumi zog sich ihre mitgebrachte Jacke über und ging dann mit Makoto zum Treppenhaus. „Gehen wir auch?“, fragte Io Keita und Daichi, „Ansonsten bekommen wir noch Ärger oder sowas...“ „Mach dir mal keine Sorgen, wir haben Keita, der muss nur böse gucken und-“ „Verkneif's dir, Daichi!“ An einen Schornstein angelehnt beobachtete auch Alcor das Geschehen zufrieden. „Ich hab es doch gesagt, Hibiki“, meinte er, „Du kannst alles verändern.“ Er betrachtete sich den morgendlichen Himmel und streckte sich nun auch zufrieden. „Ich werde gespannt weiter beobachten, was du mit der Erde noch machst, jetzt, wo du Yamato Hotsuin endgültig an deiner Seite hast, wüsste ich nicht, was noch schief gehen sollte. Zeig den Menschen in deiner Umgebung auch weiterhin das Licht der Hoffnung.“ Er warf einen Blick in den Wald, in dem er Yamato, Hibiki und Rina wusste. Sie lagen auf einem Grashügel und schliefen, das Ganze musste sie auch erschöpft haben, wie es Takahara erschöpft hatte, wenn auch nicht im selben Maß. „Was wirst du nun tun, da du das alles hinter dich gebracht hast?“, fragte Alcor den schlafenden Hibiki aus einer Entfernung, sodass er es ohnehin nicht hören konnte, aber so war es ja auch beabsichtigt gewesen. „Was wirst du tun, Hibiki, was wird Yamato tun? Es ist zu früh, um die Erde zu verlassen, ich will euch weiter beobachten und sehen, was ihr macht, was ihr lernt. Die Rolle des stillen Beobachters passt wohl besser zu mir“, entschied Alcor. „Eines Tages werde ich euch verlieren, so wie ich schon unzählige vor euch verloren habe, aber... bis es soweit ist, werde ich es genießen.“ Epilog: 8th Day - Sunday of Realization --------------------------------------- Mit den ersten Strahlen der Morgensonne erwachte Hibiki und setzte sich erst einmal auf, sich die Augen reibend, als würde sich darin der letzte Rest Schlaf befinden. Er brauchte einen Moment, um sich darüber klar zu werden, wo er hier eigentlich war, dann aber fiel ihm alles wieder ein, was gestern geschehen war und wieso er jetzt auf einem Grashügel aufwachte, dem Sonnenaufgang entgegenblickend. Besorgt blickte er zu Rina, die noch immer eng an Yamato gekuschelt im Gras lag. Sie schlief, aber wahrscheinlich träumte sie nicht gut, denn sie verzog die ganze Zeit ihr Gesicht und kauerte sich immer mehr zusammen. Hibiki entschied, einzugreifen und sie vorsichtig aufzuwecken. Er kroch zu den Beiden hin und stupste Rina an, woraufhin sie erwachte. „Ganz ruhig Rina, alles ist gut, es war nur ein böser Traum. Du bist wieder wach, hier bei uns, dir kann nichts passieren.“ Rina blickte Hibiki traurig an, dann nickte sie sanft und drückte sich wieder an Yamato. Immer noch sprach sie nicht, gab nicht einmal ein Geräusch von sich und Hibiki ahnte, dass sie wohl auch noch ein bisschen brauchen würde, bis es wieder soweit war. Die Farbe des Himmels änderte sich nun langsam von einem zarten Hellblau hin zu einem sanften Rosa das die Umgebung beinahe wie ein Gemälde erscheinen ließ, die ganzen Bäume und Bäche, dazu die Berge in weiter Ferne... Langsam regte sich jetzt auch Yamato, streckte sich kurz und richtete sich dann auf, zu Rina und Hibiki blickend. Etwas unbeholfen tätschelte er Rina den Kopf, was sie nicht weiter zu stören schien, dann seufzte er leise. „Wir sollten langsam wieder zurück in die Stadt fahren“, brummte Yamato, es war ein ganz eigenartiges Gefühl, ihn noch halb schlaftrunken zu hören. „Wir haben nichts zu essen dabei und an die Arbeit sollte ich auch langsam wieder gehen.“ Er schien in der ungewohnten Umgebung gut geschlafen zu haben, generell hatte Hibiki das Gefühl, dass es ihm ein wenig besser ging, auch wenn er wusste, dass, sollte es wirklich eine posttraumatische Belastungsstörung sein, eine längere Zeit zur Regeneration erforderlich sein würde. Das Wolkengebilde färbte sich, während sie miteinander redeten, sanft, kaum merklich von Rosa zu Rot, dann hin zu Orange und schließlich verharrte es in einem leuchtenden Goldgelb, so als hätte es für sich entschieden, dass das die beste Farbe für sie wäre. Zögerlich stand Hibiki auf, wie auch Yamato und Rina, die sich jetzt an einen Zipfel seines Mantels festhielt, dann bewegten sie sich wieder den Berg hinunter zur Straße. „Wie wollen wir jetzt weiter machen, Yamato?“, fragte Hibiki zögerlich, während sie den Hügel hinabstiegen. Yamato schwieg ihn kurz an, dann verkündete Hibiki: „Was auch immer es ist, ich... Ich werde dich dabei unterstützen. Bei allem, was du tust, Yamato.“ Zögerlich griff er nach Yamatos Hand und war überrascht, dass er sie nicht wegzog. Hibiki umschloss sie fest. Manchmal sind gerade die vermeintlich einfachen und schönen Dinge im Leben nicht leicht zu greifen. Es kann schwer sein, zu sagen: „Ich brauche dich, weil ich möchte, dass du bei mir bist.“ Es ist einfacher, zu sagen: „Ich möchte, dass du bei mir bist, weil ich mit dir gut arbeiten kann.“ Das wäre ein rationaler und somit leichter verständlicher Grund. Veränderungen geschehen nur langsam, da es dem Menschen einfacher fällt, sich auf Gewohntes zurückzubeziehen. Aber wenn man es wirklich will, dann kann man sich ändern. Für den Menschen, den man liebt. Die Limousine mit Makoto wartete schon auf die drei, als sie an der Straße angekommen waren. Bevor sie einstiegen, drehte sich Rina noch einmal zu dem Hügel um, von dem sie gekommen waren. Auch hier unten konnte man die Wolkengebilde noch gut erkennen. Hibiki ließ Rina zuerst einsteigen, aber ehe er selbst ihr folgen konnte, packte Yamato ihn auf einmal am Arm, zog ihn an die Seite und flüsterte: „Hibiki... du bist dazu bestimmt, der Herrscher meiner Welt zu sein.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)