Love Without A Feeling von Chibi-Neko-Chan (Everything Is Possible) ================================================================================ Kapitel 5: Die Vernunft ----------------------- Keith und ich sitzen im Wartezimmer beim Arzt und warten darauf, dass wir an die Reihe kommen. Keith hat nun neue Medikamente, ist aber seit dem Vorfall noch schweigsamer geworden. Es beängstigt mich. Ich greife vorsichtig nach seiner Hand und er zuckt zusammen. Er sieht kurz auf unsere Hände, starrt dann wieder stur nach vorne auf die Wand. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist. Wir sind nun das dritte Mal beim Arzt für eine Reguläruntersuchung. Seine Schizophrenie ist wieder weit zurückgegangen und alles ist so, wie vor ein paar Monaten, wo ich das erste Mal mit ihm zusammen war. Dennoch wendet er sich immer weiter von mir ab. „Keith?“, frage ich nach, er reagiert nicht. Wir werden aufgerufen und betreten gemeinsam das Arztzimmer. Freundlich werden wir begrüßt, ehe Keith sich auf die Liege und ich mich auf einen Stuhl setze. Es ist alles so wie immer. Die Werte sind ok, bei den Tests schneidet Keith hervorragend ab und was seine Gefühle angeht... Er kann sie noch immer nicht ausdrücken. Der Arzt meint, dass er es wohl auch nie wieder können wird. Wir verlassen das Arztzimmer wieder und machen uns auf den Weg nach Hause. „Ich muss noch etwas für die Uni machen. Geh nach Hause.“, meint Keith zu mir. Ich sehe ihn verdutzt an. Das hat ihn bisher nie gestört. Ich greife nach seiner Hand und halte sie fest, damit er stehen bleibt. „Wir müssen reden!“, meine ich. Bei dem Satz zuckt er leicht zusammen. Er weicht meinem Blick aus und ich sehe auf ihn herab. „So geht das nicht weiter Keith! Sag mir, was dein Problem ist, sonst kann ich daran nichts ändern! Wieso willst du nicht mit mir Zeit verbringen? Warum willst du mich loswerden?!“ Ich verstehe es einfach nicht. Keith zieht seine Hand weg und sieht mich ernst an. Wie immer. Aber diesmal ist es wirklich ernst und nicht, weil er keine Regung zeigen kann. „Ich möchte dich nicht verletzen.“, meint Keith. Was will er mir damit schon wieder sagen?! „Wenn ich wieder so einen Aussetzer habe wie vor ein paar Monaten, dann weiß ich nicht, was ich mache. Ich bekomme es nicht richtig mit. Als ich dich betrogen habe, da konnte ich mich wirklich nicht wehren. Ich weiß, dass du es mir noch nicht verziehen hast, aber ich kann nicht mehr tun, als mich erklären und entschuldigen.“ Deshalb hält er Abstand? Weil er mir nicht weh tun möchte? Ich schüttele leicht den Kopf. „Das ist Unsinn, Keith! Du bist doch erwachsener als ich, dass musst du also wissen! Ich liebe dich und ich weiß, dass du einen Ausfall hattest. So etwas kann mal passieren! Es ist ok. Wirklich. Ich verzeihe dir. Natürlich fällt es mir schwer, weil du mich betrogen hast. Aber was hättest du tun sollen? Du hättest es nicht gemacht, wenn du bei vollem Bewusstsein gewesen wärst. Richtig?“ Keith nickt sofort. „Ich würde so etwas sonst nicht tun! Wirklich nicht. Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Aber dennoch...“ Ich starre ihn an. Er will also wirklich Abstand zu mir haben? Er will mich vorerst nicht mehr sehen und ich darf nicht zu ihm und nicht bei ihm schlafen? Er will mich nicht berühren, küssen oder mit mir schlafen? Es verletzt mich innerlich, aber ich lasse mir nichts anmerken. Ich muss ihn verstehen. Ich muss es nachvollziehen. Irgendwie. „Verstehe schon. Die Uni ist wichtig und ich muss mich auch daran machen, für meine Prüfungen zu lernen. Ist nicht schlimm. Wir sehen uns dann ja morgen, richtig?“ Ich zwinge mich zu einem Lächeln. Da hat er wiederum das Glück, so etwas nie machen zu müssen. Keith will scheinbar noch etwas sagen, aber ich wende mich ab und gehe meinen Weg. „Bis morgen dann!“, meine ich und hebe noch kurz die Hand. Ich habe ihm nicht einmal einen Abschiedskuss gegeben. Mehr aus Trotz, als aus Verständnis. Wenn er mich nicht sehen will, will er halt nicht. Ist schon ok! Ich bin ja nicht von ihm abhängig und ich komme auch mal eine Nacht und einen Tag ohne ihn aus. Das weiß ich! Nein, eigentlich hoffe ich es nur. Ich rede es mir jedenfalls ein... Als ich zuhause ankomme, lasse ich alles achtlos in eine Ecke fallen und verkrieche mich sofort in mein Bett. Ich kuschele mein Gesicht ins Kissen und murre einmal laut auf. Dann atme ich tief durch. Sogar meine Bettwäsche riecht ein wenig nach ihm. Aber leider nur ein wenig. Ich greife nach meinem Handy und sehe auf das Display. Er hat mir eine Nachricht geschrieben. 'Bin gerade noch im Bus. Bist du gut zuhause angekommen? Ich liebe dich und vermisse dich jetzt schon.' Dahinter hat er einen Smiley gesetzt. Er setzt immer Smileys in seine SMS. Einmal hat er mir erklärt, dass er sie so liebt, weil sie die Gefühle, die er hegt, besser ausdrücken können, als er selber. Ich muss leicht lächeln, als ich die Nachricht lese. Er macht sich wirklich dauerhaft Sorgen. Ich antworte auf seine SMS und rolle mich auf den Rücken. Vielleicht sollte ich mich einfach wieder etwas beruhigen. Er wird schon wieder normal werden. Oder bin ich der jenige, der dabei ist sich zu ändern? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)