Auf den zweiten Blick von Seira-sempai ================================================================================ Kapitel 102: Nicholas‘ Ex ------------------------- Luca behielt sein Wissen erst einmal für sich. Thomas wuss-te davon noch nichts, dessen war er sich sicher. Nicholas konnt es vielleicht erahnen, schwieg aber auch. „Du hast dich verändert“, sagte Theo zu dem Schwarzhaari-gen, „Früher hast du jeden weggestoßen, der dir zu nahe kam.“ Nicholas hob die Brauen, erwiderte aber nichts. „Zumindest hat sich dein Geschmack nicht geändert“, plap-perte Theo weiter, „Wie ich sehe, hast du dir ein neues Blondchen geangelt. Sogar ein ziemlich süßes, wie ich dir neidlos zugestehen muss. Allerdings ist der Kleine für mei-nen Geschmack etwas zu traumatisiert. Ist er wenigstens gut im Bett?“ Luca wusste nicht, wie er reagieren sollte und Nicholas schien es nicht anders zu ergehen. Mit einem leichten Kopf-schütteln zeigte der Blonde ihm, dass er die Sache selbst regeln würde. Theo gehörte zu Thomas‘ Freunden, weswe-gen er sich besser zurückhielt, andererseits wollte er so eine Beleidigung nicht auf sich sitzen lassen. Er drehte sich in der Umarmung seines Freundes, und lehnte jetzt mit dem Rü-cken an Nicholas‘ Brust. „Außer blöde Sprüche klopfen kannst du nicht viel, oder?“, gab er, ruhiger als er sich fühlte, zurück. Theo klappte der Mund auf und auch die anderen schauten ihn leicht verwundert an. Doch Luca war noch nicht fertig. Er setzte einen mitfühlen-den Blick auf und sah zu Daniel. „Mein Beileid. Wenn man mit so einem Kerl zusammen ist, braucht man keine Feinde mehr.“ Er vermied es, Schimpfwörter zu benutzen, da er nicht wollte, dass die Situation zu sehr eskalierte. Hätte er Thomas‘ Reaktion nicht abschätzen können, hätte er das sicher nicht gesagt. Aber da er die Meinung seines Klassen-kameraden kannte, hatte er kein Problem damit. Um ihn herum war es still. Alle, selbst Nicholas, schauten ihn ungläubig an, wobei letzterer sich ein Grinsen nicht ver-kneifen konnte. „Bitte was?“, kam er verwirrt von Thomas. Der Blonde schaute ihn gespielt unschuldig an. „Die beiden sind doch zusammen, oder?“ „Jetzt wo du es sagst“, meinte Jens grinsend, „Das mit den zweien kommt mir schon etwas seltsam vor.“ Luca beobachtete, wie Daniel unsicher zu Theo sah, doch der schien das gar nicht zu bemerken. „Gibt es da etwas, das du uns beichten möchtest?“, erkun-digte sich Jens bei seinen ehemaligen Klassenkameraden. Sichtbar nervös wich Daniel seinem Blick aus und verknotete die Hände ineinander. „Ich“, stotterte er, „Das ist-“ Er brauchte nichts zu sagen, seine Gestik verriet ihn auch so. „Warum hast du nichts gesagt?“, fragte Thomas. Er sprach ruhig und mit Enttäuschung in der Stimme. „Heißt das, du hast kein Problem damit?“ Daniel klang unsi-cher. Verwirrt schüttelte Thomas den Kopf. „Wie kommst du denn bitte darauf?“ Daniel schaute zu Luca. Er brauchte nicht auszusprechen, was er dachte. Die anderen verstanden auch so: Er wollte nicht wie Luca enden. „Bin ich dir so ein schlechter Freund gewesen?“ Thomas klang verletzt. Daniel wich seinem Blick aus und Luca verstand. Er wollte seine Freunde nicht verlieren. Deshalb hatte er es ihnen verschwiegen. „Hör mal“, fuhr Thomas fort, „Nur weil du jetzt auf Männer stehst, heißt das noch lange nicht, dass wir keine Freunde mehr sind. Ich hab nichts gegen Schwule, wirklich.“ „Warum hast du dann-“ Daniel brach ab. „Weil ich nicht nachgedacht habe. Ich wollte Leonie gefallen, also habe ich blind alles nachgeplappert, was sie gesagt hat, ohne darüber nachzudenken, was ich da eigentlich sage.“ Er schnitt eine Grimasse. „Ich bin ein richtiger Idiot gewesen, was?“ Daniel ließ sich gegen Theo sinken. Die Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Thomas wandte sich Jens zu. „Aber du wirst mir jetzt nicht beichten, dass Nora in Wirklichkeit ein Kerl ist, oder?“, frag-te er halb ernst halb im Scherz. Jens hob die Schultern. „Ich bin mir eigentlich ziemlich si-cher, dass es sich bei meiner Freundin um ein weibliches Wesen handelt. Aber wenn es dich beruhigt, werde ich das bei Gelegenheit noch einmal überprüfen.“ Die kleine Gruppe lachte und die angespannte Stimmung flachte sich wieder etwas ab. „Kann es sein, dass du als einziger hier noch solo bist?“, neckte Jens seinen Thomas. Der Angesprochene runzelte die Stirn. „Jetzt, wo du es sagst. Da muss ich mich wohl ranhalten, was?“ Es klopfte an der Tür und Thomas‘ Vater schaute ins Zim-mer. Er schien überrascht, so viele Besucher zu sehen, be-grüßte sie aber trotzdem alle freundlich. „Peter hat eben angerufen“, sagte er zu Luca, „Er lässt fra-gen, warum du noch nicht zum Essen erschienen bist.“ Der Blonde zog sein Handy aus der Hosentasche, um einen kurzen Blick auf die Uhrzeit zu werfen. „Oh“, stellte er fest. Er war bereits eine halbe Stunde zu spät. Auch sah er einige entgangene Anrufe. Er hatte das Handy wegen der Schule auf lautlos gestellt und die Anrufe deshalb wohl nicht mit-bekommen. „Ich bring dich nach Hause“, meinte Nicholas sofort. Er er-hob sich und zog seinen Freund auf die Beine. Dann half er ihm, seine Sachen zu packen. „Tschüss“, verabschiedete Luca sich von dem Rest und wandte sich zum Gehen. „Warte!“ Daniel war aufgesprungen und ihm hinterherge-rannt. Als er ihn eingeholt hatte, blieb er stehen. „Ich wollte mich entschuldigen. Es war falsch, wie ich mich dir gegen-überverhalten habe. Es tut mir leid. Gerade ich hätte das nicht tun dürfen.“ Luca nickte. Als Zeichen, dass er verstanden hatte. „Vertrau deinem Freund nicht zu sehr.“ Der Blonde sprach leise. Ge-rade laut genug, dass Daniel ihn verstehen konnte. Er ließ sein Gegenüber stehen und ging gemeinsam mit Nicholas und Thomas‘ Vater zur Garderobe, wo sie sich anzogen. „Was meinst du damit?“, rief Daniel. Er war ihnen gefolgt. „Das wüsste ich auch gern“, warf Nicholas ein, „Wir sind zwar nicht wirklich miteinander ausgekommen, aber ich kann nicht sagen, dass er ein schlechter Mensch ist.“ „Ich weiß auch nicht“, versuchte Luca zu erklären, „Ich habe dieses ungute Gefühl bei ihm. Als würde ich etwas überse-hen, etwas Wichtiges.“ Wenn er nur wüsste, was. „Du spinnst doch!“ Daniel wandte sich ab und lief wieder die Treppe hinaus. Allerdings zeigte sein Gesichtsausdruck, dass er über Lucas Worte nachdachte. Nicholas schaute ihm wütend hinterher, unternahm aber nichts. Gemeinsam traten sie nach draußen, wo sie schweigend nebeneinander hergingen. „Du hast eben nicht alles gesagt, oder?“, fragte Nicholas nach einer Weile. Luca schüttelte den Kopf. „Es ergibt keinen Sinn. Sein ganzes Verhalten. Es ist fast, als ob der Theo, den ich eben getrof-fen habe, nicht der wahre Theo ist, sondern vorgibt jemand anderes zu sein.“ Auch jetzt, als Luca darüber nachdachte, konnte er sich nicht erklären, woher dieses Gefühl kam. Hatte er sich vielleicht doch getäuscht? Nicholas ergriff seine Hand und zog ihn an sich heran. „Wenn du willst, erkundige ich mich ein wenig über ihn“, bot er an. „Ich weiß nicht“, sagte der Blonde, „Vielleicht irre ich mich auch.“ Als sie Lucas Zuhause erreichten, stand Peter schon an der Tür. „Wo bist du so lange gewesen?“ „Entschuldige, ich habe die Zeit vergessen“, antwortete Luca kleinlaut. Peter seufzte. „Das ist das erste Mal, also werde ich es bei einer Verwarnung belassen.“ Er trat zu Seite und ließ seinen Sohn an sich vorbei. Luca verabschiedete sich noch schnell von Nicholas, zog Jacke und Schuhe aus und beeilte sich, in das Speisezimmer zu kommen. Der Tisch war, wie erwartet, bereits gedeckt. Nina und Ute saßen vor dem inzwischen bestimmt nicht mehr warmen Essen. Letztere warf ihm vorwurfsvolle Blicke zu. Sie hatten auf ihn gewartet. „Entschuldigung, das wird nicht wieder vorkommen“, ver-sprach er. „Halb so schlimm“, meinte Nina, „Das kann jedem mal pas-sieren.“ Blick gibt es weiterhin als Buch: http://animexx.onlinewelten.com/weblog/389611/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)