Auf den zweiten Blick von Seira-sempai ================================================================================ Kapitel 22: Ärger auf dem Schulhof ---------------------------------- Am nächsten Tag hatte Luca nicht so viel Glück. Zwar war es ihm gelungen, Jochen aus dem Weg zu gehen, weil seine Mutter ihn gleich nach der Schule zum Friseur geschickt hatte. Als er eine Stunde später mit geschnittenen Haaren, die deutlich kürzer waren als zuvor, wiedergekommen war, war Jochen bereits weg gewesen. Seine Mutter hatte gemeint, er wäre einen Kollegen besuchen. Luca hatte das so hingenommen, froh darüber, Jochen nicht begegnen zu müssen. Eigentlich hatte er erwartet, dass Jochen ihm auflauere und sobald er das Haus betreten hatte, dort weitermachen würde, wo er am Morgen aufgehört hatte. Doch Jochen kam den ganzen Abend nicht und als Luca früh in die Schule fuhr, war er immer noch nicht wieder da. Doch Lucas Erleichterung hielt nicht lange. Er hatte kaum das Schulgelände betreten, da wurde er auch schon von Thomas und dessen Freunde an den Rand des Geländes gedrängt, zu den Fahrradständern, wo sich kaum jemand aufhielt. Jan und Martin beuten sich bedrohlich vor ihm auf, während Leonie mit verschränkten Armen vor ihm stand. „Du hältst dich jetzt wohl für besonders cool, nur weil Nicholas dir vielleicht ein- oder zweimal geholfen hat", höhnte sie, „Mich würde interessieren, wie du ihn dazu bekommen hast. Machst du die Beine breit für ihn?" Erschrocken starrte Luca sie an. Wie konnte sie nur so etwas behaupten. Er wagte es jedoch nicht zu widersprechen. Damit würde er alles nur noch schlimmer machen. Thomas lachte. „So wird es wohl sein. Wieso sonst sollte er der kleinen Hure helfen." Er stieß Luca gegen die Schulter, woraufhin der Sechzehnjährige einige Schritte zurückstoplerte. Zwar fand er sein Gleichgewicht relativ schnell wieder, weswegen er nicht stürzte, aber die vier lachten trotzdem. Jan fuhr ihm durch sein seit gestern kurzes Haar, konnte ihn aber nicht am Haar packen, da es dazu zu kurz war. Darauf hatte Luca extra geachtet, als er es sich schneiden ließ. Jan versuchte es noch ein weiteres Mal, fand aber mit seinen Fingern keinen Halt, weswegen er Luca wütend gegen die Schulter stieß. Leonie betrachtete ihn skeptisch. „Du musst ziemlich gut im Bett sein, so wie Nicholas dich beschützt." Luca starrte auf den Boden. Es war ihm mehr als unangenehm, wie sie über ihn und Nicholas herzogen, aber ihm fehlte der Mut, etwas zu sagen. Jan, Martin und Thomas lachten, während Luca immer kleiner wurde. Er wollte hier weg. Martin schubste ihn, während Thomas ihm ein Bein stellte. Luca stürzte über Thomas' Bein und landete auf den Knien. „Sieh dich gut um, damit du weißt, wo du hingehörst", spottete Thomas, ehe er seinen Fuß auf Lucas Rücken platzierte. Leonie kicherte und trat ihn in die Seite. Luca sog scharf Luft ein. Die blauen Flecke, die Jochen ihm zugefügt hatte, waren noch nicht verheilt. Thomas tat, als würde er überlegen. „Vielleicht solltest du mich auch mal ranlassen. Möglicherweise fang ich dann auch an, dich zu mögen." Er machte eine kleine Pause. „Obwohl nein. Dazu müsste ich ja Sex mit dir haben." „Da hast du Recht. Nicholas hat die kleine Schwuchtel damit vielleicht rumgekriegt, aber ich finde das ekelhaft", meinte Jan. Die Gruppe lachte erneut. „Ja, das wäre widerlich", stimmte Martin grinsend zu. Doch plötzlich verstummten sie. Im nächsten Augenblick verschwand Thomas' Fuß von Lucas Rücken. Verwundert blickte Luca auf und sah, wie Thomas auf dem Boden landete. Über ihm stand Nicholas. Drohend sah der Schwarzhaarige die Gruppe an. „Wärt du so nett und würdest den letzten Satz noch einmal wiederholen? Ich könnte schwören, dass ich 'Schwuchtel' gehört habe." René ging währenddessen neben Luca in die Hocke. „Ist alles klar bei dir?" Luca nickte, unsicher, was er von der Situation halten sollte. Klar, war er froh, dass Nicholas ihm half. Allerdings gefiel ihm der Gedanke nicht, dass Nicholas wahrscheinlich gehört hatte, was Thomas und Jan über ihn gesagt hatten. Luca war zwar schwul, aber das bedeutete nicht, dass er mit jedem Kerl ins Bett stieg! Schließlich war er keine Hure! Und schon gar nicht würde er mit jemandem schlafen, nur damit dieser ihm dann half! So billig war er nicht! René half ihm, aufzustehen. Eigentlich hätte Luca das auch allein geschafft, aber er war noch immer mit der Situation überfordert. Er war es nicht gewohnt, dass jemand eingriff, wenn andere ihn fertigmachten. Sein Blick fiel auf Nicholas, der sich gerade mit den drei Junge prügelte, Leonie stand daneben und tat nichts. Obwohl sie zu dritt nach dem Schwarzhaarigen traten und schlugen, wich Nicholas fast immer mühelos aus. Nur selten wurde er getroffen. Trotzdem sah es auf den ersten Blick so aus, als sei der Schwarzhaarige den anderen drei Schülern unterlegen. Nicholas war nicht größer als sie und auch nicht muskelbepackt wie es dir Türsteher meist waren. Klar, er war muskulös, aber seine Statur glich einer Raubkatze und nicht einem Bär. „Um Nicholas brauchst du dir keine Sorgen zu machen", meinte René belustigt, „Er wird mit den drei Idioten schon fertig." Luca wusste, René hatte recht. Er hatte Nicholas am Mittwochabend während seines Karatetrainings gesehen. Und als er genauer hinsah, bemerkte er, dass Nicholas sich anders bewegte als seine Gegner. Seine Bewegungen waren geschmeidiger. Er wusste, was er tat. René hatte inzwischen sein Hand aus der Hosentasche gezogen. „Dann will ich dem Idiot mal helfen, dass er nicht zu viel Ärger bekommt." Er tippte darauf herum, bevor er es sich ans Ohr hielt. Luca schaute ihn verwundert an, sagte aber nichts. „Guten Morgen, Herr Lemke", begann René nach einer Weile zu sprechen. Er hatte also Nicholas' Vater angerufen. „Hier ist René." Einen Augenblick war es still, dann sprach Lucas Klassenkamerad weiter. „Nicholas prügelt sich gerade auf dem Schulgelände mit ein paar Mitschülern. Noch haben es die Lehrer nicht bemerkt, aber das ist nur noch eine Frage der Zeit. Es wäre nett, wenn Sie schnell vorbeikommen könnten, bevor er unnötig Ärger bekommt." Es war wieder kurz still. Dann sagte René. „Ja, das wäre gut. Bis gleich." Dann legte er auf. Nicholas hatte inzwischen Leonie in den auf dem Schulgelände stehenden Springbrunnen geworfen. Das Mädchen war von Kopf bis Fuß durchnässt, ihre großzügig aufgetragene Schminke verwischt und sie schaute den Schwarzhaarigen wütend an, wagte aber nicht, etwas zu sagen. Die anderen drei von Thomas Gang knieten auf dem Boden und hielten sich verschiedene Körperteile. Nicholas war, bis auf eine kleine Schramme am Kinn und eine aufgeplatzte Lippe heil geblieben. „Ich wiederhole mich nur ungern, also hört besser genau zu", sagte er, immer noch gereizt, „Wenn ihr Luca auch nur noch einmal verletzt, und dazu zählen auch Worte, dann sorge ich dafür, dass ihr das Krankenhaus so schnell nicht mehr verlassen werdet." Er sah zu Leonie. „Und dann ist es mir auch egal, dass du ein Mädchen bist. Ich werde dich genauso verprügeln wie deine Freunde." Er wandte sich an Luca. „Bist du verletzt? Haben sie dir etwas getan?" Der Blonde schüttelte den Kopf. „Was ist denn hier los?", erklang auf einmal Wagners Stimme. Wütend schaute der Mann Nicholas, René und Luca an. „Haben Sie sich etwa geprügelt?" „Ich habe mich geprügelt. René und Luca haben nichts getan", stellte Nicholas sofort klar. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und schaute den Mann abwartend an. „Allerdings bin ich nicht derjenige, der angefangen hat." „Das kann jeder sagen", brummte Wagner. „Thomas, Jan, Martin und Leonie haben auch mitgemacht", mischte sich jetzt René gespielt unschuldig ein, „Wollen Sie ihnen nichts sagen?" Wagner ignorierte ihn und starrte weiterhin Nicholas an. „Hierfür fliegen Sie von der Schule, dafür sorge ich. Und Sie auch, Luca. Ich sehe doch, dass Ihre Klamotten ebenfalls dreckig sind!" Nur gegen René sagte er nichts. Luca schluckte. Was hatte Wagner nur gegen ihn? Er hatte nichts getan, was dieses Verhalten rechtfertigte. „Nicht so schnell", rief jemand hinter Wagner. Ein Mann, Ende dreißig, Anfang Vierzig kam zügig über den Schulhof gelaufen. Er trug einen dunkelblauen Designeranzug mit weißem Hemd uns Schlips und machte den Eindruck, dass er zum besser verdienenden Teil der Bevölkerung gehörte. Vor Wagner blieb der Mann stehen. „Was wollen Sie meinem Sohn diesmal in die Schuhe schieben?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)