Auf den zweiten Blick von Seira-sempai ================================================================================ Kapitel 66: Morgendliche Überraschungen --------------------------------------- Als Luca aufwachte, begann es gerade, zu dämmern. Er konnte das schwache Licht des beginnenden Tages durch seine geschlossenen Lider sehen, machte sich aber nicht die Mühe, sie zu öffnen. Dazu war er noch zu müde. Er schlief ja noch halb. Eine Weile rätselte er, wo er war. Das Bett, in dem er lag, war weich, viel weicher als es das im Krankenhaus gewesen war. Dazu kam, dass er von einer wohligen Wärme umgeben war, wie sie nur ein menschlicher Körper ausstrahlte. Ein beruhigender Duft lag ihm in der Nase und starke Arme waren um ihn geschlungen. Am liebsten hätte er sich einfach wieder an den warmen Körper neben sich gekuschelt und weitergeschlafen, doch auf die Dauer war seine Position schrecklich unbequem. Mit einer Hand tastete er sich herunter und fand auch gleich den Grund dafür. Er trug noch Jeans und Pullover von gestern. Umständlich schälte er sich aus seiner Jeans. Mit einem gebrochenen Bein und Armen, die sich um seinen Oberkörper schlangen, war das gar nicht so einfach. Den Pullover musste er anlassen, aus dem kam er jetzt nicht heraus. Aber zumindest war er die unbequeme Jeans los. Müde kuschelte er sich wieder an die Wärmequelle in seinem Bett. Dann zuckte er alarmiert zurück. Der morgendliche Nebel hatte sich aus seinem Gehirn gelöst und ihm war aufgefallen, dass in seinem Bett keine Wärmequelle sein dürfte. Erschrocken öffnete er seine Augen und blickte in das Gesicht des noch immer schlafenden Nicholas‘. Sein Klassenkameras hatte die Arme um ihn geschlungen und ihn an sich gezogen. Die schwarzen Harre waren vom Schlaf zerwühlt und ihm hingen einige Strähnen ins Gesicht. Wie Luca trug er auch noch Jeans und Pullover. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, strich der Blonde ihm die Haare aus dem Gesicht, ehe er sich wieder an ihn kuschelte. Es fühlte sich gut an, so von Nicholas gehalten zu werden. Er fühlte sich behütet und beschützt, als könne kein Leid der Welt ihn erreichen. Natürlich war es nicht wirklich so, doch Luca erlaubte es sich, kurz zu träumen, bevor ihn die Realität wieder einholte. Langsam kamen auch die Erinnerungen an den vergangenen Tag wieder zurück. Er hatte mit Peter, Nina, Hans und Ute zu Abend gegessen. Ute hatte seine Handgelenke, oder besser gesagt die Verbände darüber, gesehen und Antworten verlangt. Was danach passiert war, wusste er nicht mehr. Jetzt rührte sich auch Nicholas. Seine Augenlider zuckten, ehe sich die leuchtend grünen Augen öffneten. Luca fand die Augen faszinierend. Er hatte noch nie jemanden mit so grünen Augen gesehen. „Morgen“, nuschelte Nicholas, offenbar noch im Halbschlaf, „Wie geht es dir?“ Luca bemerkte, dass seine Fingerspitzen immer noch sie Stirn des Schwarzhaarigen berührten, weswegen er schnell seine Hand zurückzog. „Was machst du hier?“, fragte er. Nicholas schien verwundert. „Kannst du dich nicht mehr erinnern?“ Der Blonde schüttelte seinen Kopf. „Du hattest eine Panikattacke. Nina hat mich angerufen. Es hat gedauert, bis du wieder ruhig warst“, erklärte er ruhig. Früher hätte er das nie getan, fiel Luca auf. Früher war Nicholas immer unfreundlich zu ihm gewesen. Er wusste nicht, wann es sich geändert hatte, aber der Schwarzhaarige war mit der Zeit netter geworden. Luca mochte seinen Klassenkameraden, so wie er jetzt war, aber er hatte ihn auch schon vorher toll gefunden. „Und warum bist du noch hier?“, versuchte er, sich auf andere Gedanken zu bringen. „Du hast mich nicht mehr gehen lassen“, schmunzelte Nicholas, „Ich sollte wohl für die Zukunft ein paar von meinen Sachen bei dir lassen, damit ich was zum Anziehen habe, wenn es wieder passiert.“ Betreten senkte Luca seinen Blick. „Tut mir leid“, murmelte er undeutlich. Sicher hatte er Nicholas bedrängt. Was, wenn er schon etwas anderes vorgehabt hatte? Sein Klassenkamerad fuhr ihm mit der Hand durch seine blonden Locken. „Mach dir keine Gedanken. Ich hab es gern gemacht.“ „Warum?“ Luca wollte den Grund wissen. Meinte Nicholas das ernst oder hatte er nur ein schlechtes Gewissen wegen der Sache im Krankenhaus. Er wollte kein Mitleid und erst recht nicht von Nicholas! „Du bist mir wichtig“, flüsterte der Schwarzhaarige, ehe er ihn wieder in seine Arme zog und sie beide zudeckte. Eigentlich war Luca nicht mehr müde. Der Schreck, Nicholas in seinem Bett vorzufinden, hatte ihn erstaunlich munter gemacht. Trotzdem kuschelte er sich wieder an seinen Freund. Er platzierte seinen Kopf auf Nicholas‘ Brust und lauschte dem Herzschlag des Schwarzhaarigen. Ohne etwas dagegen tun zu können, fielen ihm die Augen wieder zu und Nicholas‘ Hand, die ihm wieder durch sein Haar fuhr, machte ihn nur noch schläfriger. Eine Weile versuchte er noch, wach zu bleiben, dann gab er auf und ergab sich dem Schlaf. Das nächste Mal wachte Luca auf, als es fast Mittag war. Im Haus duftete es lecker nach Essen. Nicholas lag neben ihm auf den Rücken und schaute an die Decke. Als er bemerkte, dass Luca wieder wach war, lächelte er leicht. Wie es wohl wäre, ich jetzt zu küssen, überlegte Luca, verdrängte den Gedanken aber so schnell wieder, wie er gekommen war. Er wollte ihre Freundschaft nicht zerstören. Nicholas war ihm zu wichtig, als dass er es riskieren wollte, ihn zu verlieren. Es klopfte an der Tür. Während Luca erschrocken zusammenzuckte, nahm Nicholas es nur schweigend zur Kenntnis. Der Blonde kletterte aus dem Bett und fuhr wieder in seine Jeans. Er hatte sie gerade angezogen, da wurde die Tür auch schon geöffnet und Peter lugte ins Zimmer. „Habt ihr noch geschlafen?“, fragte er. „Wir waren schon wach“, antwortete Luca ihm leise. Peter lächelte. „In einer Viertelstunde gibt es Essen.“ Dann wandte er sich an Nicholas. „Du isst doch bestimmt mit, oder?“ Der Schwarzhaarige hob die Schultern, ehe er nickte. Peter nahm es zur Kenntnis und war gleich darauf wieder verschwunden. Da Luca nichts Besseres zu tun hatte, begann er, sich fertig zu machen. Er zog sich neue Klamotten an, obwohl er eben erst in die Jeans geschlüpft war, was Nicholas mit einem Grinsen quittierte, und kämmte sich die Haare. Dann schnappte er sich seine Krücken und humpelte ins Bad, wo er die Zähne putzte und das Gesicht wusch, um den letzten Schlaf loszuwerden. Nicholas tat es ihm gleich, mit der Ausnahme, dass er keine Wechselklamotten hatte. Eine Viertelstunde später schienen sie, Nicholas im vom Schlaf zerknitterten Pullover, zum Essen. Wie schon gestern Abend saßen Ute und Hans ebenfalls mit am Tisch. Als die beiden Siebzehnjährigen eintraten, senkte die Frau betreten ihren Blick. Anscheinend hatte ein Schlechtes Gewissen. Ob sie diejenige war, die seine Panikattacke, wie Nicholas es beschrieben hatte, ausgelöst hatte. Er konnte sich noch immer nicht an alles erinnern. „Morgen“, grüßte der Blonde seine neue Familie, woraufhin Nina ihn frech angrinste und auf die große, an der Wand angebrachte Küchenuhr deutete. „Wohl eher ‚Mittag‘“, scherzte sie. Es war schon nach Zwölf Uhr. Die beiden Junge hatten sich kaum gesetzt, da begann Ute schon, das Essen zu verteilen. Diesmal gab es Braten mit Kartoffeln und einen Salat. Luca beobachtete, wie Nicholas seinen Salat musterte, als würde dieser ihn gleich anspringen, ehe er vorsichtig eines der Salatblätter auf seine Gabel lud und in den Mund schob. Er kaute etwas darauf herum, bevor er den restlichen Salat ebenfalls aufaß. Danach widmete er sich dem Hauptgang, von dem er sich dreimal Nachschlag holte. Ute beobachtete ihn argwöhnisch, es schien fast, als mochte sie Nicholas nicht, sagte aber nichts. „Wo isst du das alles hin“, fragte Nina ungläubig als der Schwarzhaarige zum vierten Mal nachholte. „Ich muss so viel essen, sonst nehme ich ab“, antwortete Nicholas. auf ihren verwunderten Blick hin, ergänzte er: „Ich mache viermal die Woche Kampfsport.“ „Und was machst du da genau?“,wollte Nina wissen. Sie schien sich um ein Gespräch zu bemühen. „Karate und Kickboxen“, meinte Nicholas. Nach dem fünften Teller war auch er satt. Ute trug den Nachtisch auf. Es gab die Torte, von dem Peter gestern gesprochen hatte. Dazu kam eine Flasche Sprühsahne, die die Frau vor Luca abstellte. „Du musst zunehmen, Junge“, sagte sie bestimmt. Ungeduldig wartete der Blonde, bis jeder sein kleines Stück Torte hatte, dann begann er, es genüsslich zu verspeisen. Dabei tat er, als hätte er nicht bemerkt, dass sie ihm das größte Stück zugeschoben hatte. Wen er hier immer so gemästet wurde, würde er bald Gewichtsprobleme bekommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)