Auf den zweiten Blick von Seira-sempai ================================================================================ Kapitel 77: Fieber ------------------ Am nächsten Morgen erwachte Luca, weil ihm zu warm war. Zuerst konnte er sich nicht erinnern, wie er hier her gekommen war, doch die Erinnerungen kamen schneller zurück, als ihm lieb war. Er erinnerte sich an den Ausflug mit seinem Vater. Sie waren Essen gewesen und hatten Thomas' Familie getroffen. Thomas war nett zu ihm gewesen. Peter hatte herausgefunden, dass er schwul war und war ausgerastet. Daraufhin war der Blonde geflohen und zu Nicholas gehumpelt. Nur wie er in das Bett seines Freundes kam, wusste er nicht. Er konnte sich nur noch daran erinnern, dass er sich nicht getraut hatte, zu klingeln und deshalb vor die Tür gesetzt hatte. Nicholas musste ihn gefunden haben. Das war die einzig logische Erklärung. Doch warum konnte er sich nicht daran erinnern? Vorsichtig schob Luca die Decke zurück und streckte sich, damit er die Heizung , die sich praktischerweise neben dem Bett befand, sich abdrehen konnte. Diese Hitze war je nicht auszuhalten! Warum war es hier überhaupt so warm? Als nächstes fand er die Wärmeflasche, die er vorsichtig auf den Boden legte. Außerdem war er bis auf seine Unterhose ausgezogen. So langsam begann er zu erahnen, wieso es hier so warm war. Ein leichter Rotschimmer bildete sich auf seinen Wangen, als er daran dachte, dass Nicholas ihn wohl aus seinen nassen Klamotten geschält hatte. Doch wieso konnte er sich nicht daran erinnern? „Du bist wach“, riss ihn die Stimme seines Freundes aus den Gedanken. Der Schwarzhaarige neben ihm hatte sich auf seine Unterarme gestützt und schaute ihn besorgt an. „Wie geht es dir?“ Der Blonde wollte etwas erwidern, sagen, dass es ihm gut ging, doch es kam nur ein Kratzen aus seinem Hals. Betreten senkte er seinen Blick. „Ich sehe“, murmelte Nicholas, „Erkältet.“ Luca nickte nur. Was hätte er auch sonst tun können? Abstreiten würde nichts bringen. Er konnte ja nicht einmal mehr sprechen. „Weißt du was?“, fragte Nicholas leicht grinsend, „Ich geh jetzt unser Frühstück und eine Kanne Tee holen. Du schnappst dir inzwischen ein paar von meinen Klamotten.“ Er stieg aus dem Bett und öffnete einige seiner Schränke, wohl, damit Luca die Kleidungsstücke auch fand. Dann öffnete er das Fenster und ging, nur in T-Shirt und Boxer bekleidet aus dem Zimmer. Der Blonde kletterte aus dem Bett und begann, sich die Klamotten zusammenzusuchen. Ihm war etwas schwindelig und er fühlte sich geschwächt, aber es ließ sich aushalten. Er entschied sich für eine Jogginghose, die man am Bund schnüren konnte, ein bei Nicholas wahrscheinlich eng anliegendes T-Shirt und ein dunkelblaues Sweatshirt. Bei den Socken war die Auswahl nicht besonders groß. Nicholas besaß nur Schwarze. Also schnappte er sich ein beliebiges Paar. Er hatte es gerade angezogen und sich auf die Bettkante gesetzt, da kam sein Freund zurück. Er trug ein Tablett beladen mit Brötchen und verschiedenen Brotaufstrichen, eine Kanne und zwei Tassen, das er auf dem Nachttisch abstellte. Der Schwarzhaarige goss Tee in eine der Tassen ehe er sie seinem Freund reichte. Luca nahm einen großen Schluck und verbrannte sich gleich die Zunge. Aber er fühlte, wie sein Hals wieder freier wurde. „Danke“, krächzte er, froh, nicht mehr stumm zu sein. Er hatte sich gerade eines der Brötchen und die Nutella genommen, als Sheila das Zimmer betrat. „Guten Morgen“, grüßte die junge Frau ihn fröhlich, „Nicholas hat gemeint, du seist erkältet. Ich leg dir hier mal ein paar Medikamente hin. Hustenbonbons sind auch dabei.“ Der Blonde lächelte sie dankbar an. „Dann lass ich euch mal alleine“, meinte sie, ehe sie Nicholas frech angrinste, „Samuel und ich fahren dann noch einmal einkaufen. Macht keine unanständigen Dinge.“ Der Schwarzhaarige warf ihr einen gespielt beleidigten Blick zu. „Ich glaube nicht, dass Luca heute in der Verfassung sein wird, das Bett zu verlassen!“ Sheila prustete los, die Zweideutigkeit der Aussage verstehend, während Luca spürte, wie er errötete. „Du weißt genau, dass das so nicht gemeint war“, brummte Nicholas, musste aber ebenfalls lächeln. „Viel Spaß euch beiden“, flötete die junge Frau und verließ das Zimmer wieder. Nicholas seufzte. „Warum muss sie ausgerechnet heute so gute Laune haben?“ Dann biss er in sein Brötchen. Luca tat es ihm gleich. Schweigend frühstückten sie, wobei Luca sehr viel trank. Der Tee tat gut und jetzt, wo er etwas abgekühlt war, musste er auch keine Angst mehr haben, sich die Zunge ein zweites Mal zu verbrennen. Nach dem einen Brötchen und drei Tassen Tee krabbelte er zurück ins Bett und zog sich die Decke bis zum Kinn. Vorhin war ihm noch heiß gewesen und jetzt fror er. Nicholas beobachtete das mit einem besorgten Blick, ehe er das Fenster wieder schloss. Er wühlte durch die Sachen, die Sheila ihnen gebracht hatte, bis er ein Fieberthermometer fand. Widerstandslos ließ Luca das Messen der Körpertemperatur über sich ergehen. Er hätte auch nicht die Kraft gehabt, sich zu wehren. Als das Thermometer begann, zu piepen, nahm Nicholas es wieder an sich. „39,7“, murmelte er und widmete sich den Medikamenten. Diesmal schien er schnell gefunden zu haben, was er suchte. Er drückte eine Tablette aus der Packung und reichte sie Luca, gemeinsam mit einer neuen Tasse Tee. „Hier, nimm das.“ Wortlos schluckte der Blonde die Tablette, bevor er sich wieder zurück auf das Bett fallen ließ. Aber schlafen konnte er nicht mehr. Er war zwar erschöpft, aber nicht müde. Nicholas schien das zu bemerken, denn er begann, zu erzählen: „Ich habe gestern Abend mit deinem Vater telefoniert. Du wirst erst einmal ein paar Tage hier bleiben.“ Auf Lucas erschrockenen Blick hin, ergänzte er: „Keine Angst, ich habe ihm nichts gesagt. Ich lasse dich entscheiden, was du ihm wann sagen willst. Außerdem habe ich mit Thomas telefoniert. Du hast ihn gestern getroffen. Er schien besorgt um dich zu sein. Ist es ok, wenn ich ihn kurz informiere, dass es dir soweit gut geht?“ Luca hatte Schwierigkeiten, dem Schwarzhaarigen zu folgen. Hätte er nicht so langsam gesprochen, hätte er ihm sicher nicht folgen können. So hatte er es gerade noch verstanden. „Ok“, flüsterte er. Der Schwarzhaarige tippte kurz auf seinem Handy herum, dann legte er es wieder zurück auf den Teppich. Dort lag es keine fünf Minuten auf dem Boden, da begann es, zu klingeln. „Ja?“Nicholas hob ab, klang aber genervt. Sein zuerst noch relativ neutraler Gesichtsausdruck wurde wütend und er wurde laut. „Was hast du gerade gesagt?“ Sein Gesprächspartner antwortete ihm, doch Luca konnte nicht verstehen, was er sagte. „Halte dich da besser raus“, meinte Nicholas dann, „Ich kümmere mich schon darum. Es reicht, wenn du Bescheid sagst, falls du etwas Neues rausbekommen hast.“ Er legte auf und wandte sich wieder dem Blonden zu. Luca drehte seinen Kopf zur Seite, um seinen Freund ansehen zu können. „Wer war das?“, fragte er. Nicholas grinste gequält. „Thomas. Mich würde mal interessieren, was gestern vorgefallen ist. Er scheint sich ja regelrecht einen Narren an dir gefressen zu haben, allerdings im positiven Sinne. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du hast ihn einer Gehirnwäsche unterzogen.“ Der Blonde war verwirrt. Wovon sprach Nicholas da? „Wir haben uns nur unterhalten“, murmelte er. Klar, er hatte es etwas seltsam gefunden, dass Thomas auf einmal nett zu ihm war, aber wenn ihre Väter befreundet waren, mussten sie sich schließlich auch verstehen. „Und sonst ist nichts seltsames vorgefallen?“, wollte Nicholas wissen. Immer noch deutlich verwirrt, allerdings war sein Gehirn auch momentan nicht zu besonderer Leistung fähig, schüttelte Luca den Kopf. „Er hat sich entschuldigt. Ich hab ihm von Jochen erzählt.“ „Bitte, was?“, rief Nicholas erschrocken, „Bist du von allen guten Geistern verlassen?“ Luca wandte seinen Blick ab. „Ihm schien es wirklich leid zu tun. Er hat sich die Schuld für alles gegeben, auch das was Jochen getan hat. Ich konnte ihn nicht in dem Glauben lassen, dass er für alles verantwortlich ist.“ Der Schwarzhaarige seufzte. „Wenn du nicht eine so gute Beobachtungsgabe hättest, würde ich dich jetzt naiv nennen, oder leichtgläubig. Aber wenn du sagst, es hat ihm leid getan, dann wird es wahrscheinlich stimmen.“ Ein leichtes Lächeln bildete sich auf Lucas Gesicht. Nicholas vertraute seiner Entscheidung. Er streckte die Hand nach seinem Freund aus und wartete, bis sein Freund sich zu ihm auf das Bett gesetzt hatte, damit er sich an ihn kuscheln konnte. Zufrieden schloss er seine Augen und war wenig später eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)