25 Ways to meet someone von Jyll ================================================================================ Kapitel 11: Striver meets Idler ------------------------------- Der eifrige Student: „…und deshalb wird…“ Mitten im Satz ging die Tür auf, quietschte leise in der Angel und durch den Spalt schob sich eine Gestalt im grauen Kapuzenpulli. Die Tür fiel wieder in die Angel, die Gestalt schlurfte in seinen weiten Jeans gemächlich die Treppe hinauf, während der Dozent in seiner Rede der ersten Stunde des Semesters fortfuhr. Einige Augenpaare folgten dem späten Studenten, bis er sich in die hinterste Reihe, ganz aussen fallen liess. Rukis geschwungene Augenbraune wanderte langsam seine Stirn hoch. Dann entschied er, dass es ihn nicht interessierte, und die Augenbraue schob sich wieder an ihren Platz. Nachdem der Vorlesungssaal sich geleert hatte, klappte Ruki seinen Laptop zu und stand auf. Der Professor sah ihm entgegen, da sie fast jedes Mal nach der Stunde noch miteinander sprachen. „Gut, dann wäre ja alles geklärt…tun sie mir noch einen Gefallen?“ Ruki nickte. „Wecken sie doch den Herrn dort oben, bevor der Raum abgeschlossen wird.“ Ruki drehte den Kopf und erblickte ganz oben, ganz aussen eine Kapuze auf dem Tisch. Zähneknirschend steig Ruki die Stufen nach oben. „He!“ Als keine Reaktion kam, ruckelte Ruki an der Schulter des anderen. Ein dumpfes Brummen drang durch den Stoff. „Wach auf!“, knurrte Ruki. Vielleicht sollte er ihn lassen, wenn er eingeschlossen wurde, war er schliesslich selbst schuld. Ruki zog die Kapuze weg und ein Iro kam zum Vorschein. Ruki stolperte zurück. Zwar war der etwas verdrückt, aber er leuchtete in Indigo-Blau. Es brummte schon wieder unwillig. Ruki verdrehte entnervt die Augen. „Letzte Chance. Beweg dich hier raus, oder werd eingeschlossen. Ist nicht mein verdammtes Problem!“ „Ruhe, Mann!“ Der Schopf hob sich und unter den blauen Strähnen blitzten zwei Augen hervor. „Kann man hier nicht mal in Ruhe pennen?“ Ruki sagte nichts. Der Blick wanderte im Saal herum. „Schon aus?“ „Ja.“ Ruki drehte sich auf dem Absatz um und ging die Stufen wieder hinunter. Hinter ihm brummelte es wieder und der Tisch klappte, als der Student aufstand. Als Ruki auf den Fahrstuhl wartete, stellte sich ein Schatten neben ihn. Ruki konnte gerade noch verhindern, dass er zuckte. Der war ja plötzlich schnell gewesen. Die Kapuze war wieder über dem Haar und irgendetwas raschelte, aber er sah nicht rüber. Mit einem leisen Pling kam der Fahrstuhl an und öffnete sich. Ruki trat ein, dicht gefolgt von der Schlafmütze, und drückte den Knopf. Ruki fühlte sich nicht sonderlich wohl. Der Kerl war eher dunkel gekleidet, alles an seiner Haltung und auch vorhin in seiner Stimme war unhöflich und grob. Er kramte beiläufig in der Tasche, um beschäftigt zu wirken und entspannte sich erst, als der Fahrstuhl im untersten Stock hielt. Der andere stürmte zuerst raus. Ruki ging gemächlicher nach. Draussen war es bereits am Eindunkeln. Das Hellste war die glimmende Spitze einer Zigarette. Ruki wollte schnell vorbei, doch sein Handy klingelte. Rasch blieb er stehen, kramte es hervor und hob ab. „Ja? Aha...mhm...ja…ist gut.“ Ein Schwall blaugrauer Rauch wurde in sein Gesicht gepustet. Ruki hustete heftig. „Ja. Okay, ich leg jetzt auf.“ Ruki klappte das Handy zu. „Hast du sie noch alle?!“ Es kam keine Antwort, nur eine weitere Wolke Rauch. Röchelnd trat Ruki weg. „Arsch.“, murmelte er und entfernte sich mit schnellen Schritten, so schnell wie es seine kurzen Beine zuliessen. Der faule Student: „Alter Schwede…“ Reita dröhnte der Kopf. Er presste seinen Handballen an die Stirn und zog die Kapuze tiefer in sein Gesicht. Vielleicht konnte er seine Ohren so etwas mehr abdecken. Gestern hatte er gefeiert und heute kassierte er die Quittung. Eigentlich war er sehr trinkfest und es kratzte ihn nicht, am nächsten Tag in die Uni zu gehen, auch wenn er es so oder so als mühsam und unnötig betrachtete. Was sollte es, das Semester war eh fast um. Das war die vorletzte Sitzung vor der Prüfungswoche. Gähnend stand Reita auf, wegen den Kopfschmerzen am Ende der Stunde ausnahmsweise mal wach, machte den anderen Studenten Platz und nahm seine Tasche, die eh so gut wie leer war. Der Saal leerte sich in Windeseile. Nur der Kleine und der Dozent waren noch da. Reita schlurfte die Stufen so gemächlich runter, wie er sie vor zwei Stunden rauf geschlurft war und blieb unten stehen. Ein absolutes Novum für ihn. Geduldig wartete er, bis die zwei ihr Gespräch beendet hatten, der Professor aus dem Saal rauschte und der Kleine, der ihn anscheinend noch gar nicht bemerkt hatte, seine Unterlagen zusammen räumte. Reita tappte mit dem Fuss leicht zur Melodie in seinem rechten Kopfhörer. Den Linken hatte er extra raus genommen, um mit den Gnom reden zu können. Nicht, dass er das Bedürfnis hatte, sich mit ihm zu unterhalten, nein, er brauchte etwas von ihm. „He!“ Er stellte sich vor die erste Reihe, wo der Kleine immer sass. Dieser sah etwas erschrocken auf. „Was?“, wurde er unfreundlich angeknurrt. „Du könntest mir doch sicher eine Kopie deiner Unterlagen des Semesters geben, oder?“ Sonst sah er sich vor der Prüfung die Unterlagen auf der Online-Plattform durch. Doch der Assi von Prof hatte die Folien nicht online gestellt, wie die anderen Dozierenden das normalerweise taten. „Warum sollte ich?“ „Na, weil du ein freundlicher Kerl bist.“ „Wer sagt das?“ „Oh bitte. Du bist immer hier, schreibst immer alles mit, stellst immer Fragen, redest immer mit dem Prof. Du hast bestimmt alles Nötige und bist so gewissenhaft, dass du einen Mitstudenten sicher nicht durch die Prüfung rasseln lässt…“ „Ich bin der Tutor dieser Veranstaltung, Hohlkopf!“, knurrte der Kleine. „Du bist Tutor? Bist doch erst im 2. Jahr! Boah, ne das wär mir ja zu stressig.“, brummte Reita und kratzte sich am Iro. „Ja, offensichtlich.“ Der Kleine schulterte die Tasche und drückte sich durch die Bankreihe raus. „Ja, aber dann ja erst Recht. Als Tutor hast du die Verpflichtung für Studenten da zu sein!“ „Pass doch selber auf! Ich bin kein Plan B!“ „Würd ich ja, wenn ich nicht so irre wenig Schlaf bekommen würde, weil ich an meiner Bachelorarbeit sitze!“ Das war zwar ne Lüge, aber ne Gute. „Was, du stehst kurz vor dem Bachelor?! Wie das denn? Du pennst doch die ganze Zeit nur!“ „Ach ne, hast du mich etwa beobachtet?“ Ein Grinsen legte sich auf Reitas Züge. „Du bist jedes Mal zu spät gekommen, das fällt eben auf!“ Der Kleine wurde langsam richtig wütend. „Arschgeige…“, schob er noch hinterher. Das kam Reita dann doch bekannt vor. Er legte den Kopf schief. „Hatten wir schon mal was miteinander zu tun?“ „Ne!“ Der Kleine stapfte über den Gang. „Ich musste dich Hohlbirne mal wecken und du bist der unfreundlichste Mensch, der mir je untergekommen ist, das ist alles!“ „Ach, der Kleine…ich weiss wieder…“, meinte Reita nach kurzem Grübeln. Er lief in normalem Tempo, weil seine Beine viel länger waren. „Und ich dachte schon, ich hätte dich gevögelt!“ Reita lachte auf. Der Andere lief kreideweis an und blieb abrupt stehen. „BITTE?!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)