Nicht weinen sollst du, Hanako von Niekas (Geschichten über Konoha) ================================================================================ Kapitel 13: Team 15, Teil fünf – Wir haben nicht einmal einen Sensei! --------------------------------------------------------------------- „Auf Nene.“ „Auf Nene!“ Die Gläser stoßen über dem Restauranttisch gegeneinander, so heftig, dass Mikiko sich ihre eigene Limonade über die Hand schüttet und anfängt zu lachen. „Ich verstehe immer noch nicht, wieso es so ausführlich gefeiert werden muss, dass Nene endlich auch mal die Chuunin-Prüfung bestanden hat“, bemerkt Shinichi spöttisch. „Das wurde mit siebzehn ja wirklich Zeit.“ „Einige brauchen eben etwas länger als andere“, erwidert Papa. „Aber falls sie dich zum Jounin befördern sollten, werden wir das genauso feiern.“ „Was heißt denn hier falls? Natürlich werden sie!“ „Ich weiß immer noch nicht, wie du die Prüfung geschafft hast“, sagt Shuichi kopfschüttelnd zu Nene. „Und Naoko und Tatsumi aus deinem Team auch. Dabei seid ihr immer noch der reinste Hühnerhaufen.“ „Kein Wunder“, sagt Mama. „Nene hat das letzte Jahr über mehr Zeit mit diesen ANBU-Leuten verbracht als mit ihrem eigenen Team.“ „Was hattest du mir versprochen, Mama?“, fragt Nene und fuchtelt mit den Stäbchen in ihre Richtung. „Wenn ich es zum Chuunin schaffe, wirst du mich nie wieder damit nerven, dass Mamoru und Shintaro-san schlechter Umgang für mich sind.“ „Genau, Mama!“ Mikiko drängelt sich auf Nenes Schoß. „Hast du versprochen!“ Sie kichert aufgedreht und schlingt die Arme um Nenes Hals. „In dieser Limonade muss irgendetwas Falsches drin sein“, sagt Shinichi grinsend. „Unsere Mikiko kommt heute Abend wieder nicht ins Bett.“ „Also gut, ich gebe mich geschlagen.“ Mama lächelt und füllt ihr Glas nach. „Sowieso wirkt Shintaro-san wie ein vernünftiger Mann. Hat Mamoru eigentlich langsam ein wenig zugenommen?“ „Ein bisschen. Aber nicht so, dass Ibiki-san zufrieden wäre.“ „Du solltest den Jungen mal wieder zum Essen einladen, Nene.“ „Kann ich machen. Wann gibt es Fisch?“ „Gleich morgen.“ „Super! Dann werde ich ihn fragen. Das wird er sich nicht entgehen lassen.“ * „Ist Mikiko auch beim Essen?“, ist Mamorus erste Frage. „Klar.“ „Dann komme ich gerne.“ „Gut!“, sagt Nene. „Haben Sie gehört, Shintaro-san? Mamoru kommt heute zum Essen zu mir.“ Shintaro gibt einen undefinierbaren Laut von sich und schreibt weiter in das Buch vor ihm. „Das heißt, Sie müssen allein zu Mittag essen.“ „Hmmm.“ „Also, viel gesprächiger sind Sie nicht geworden, seit Sie ein zweites Bein haben.“ „Ich spreche auch nicht mit den Beinen“, erwidert Shintaro knapp. „Hör auf damit, Nene.“ Sie klopft gegen sein rechtes Bein aus Metall, das unten aus der Hose heraus ragt. Shintaro hat es lieber, wenn man das Metall sieht, hat er gesagt. Es war schwer genug, sich nach mehr als dreizehn Jahren daran zu gewöhnen, überhaupt wieder zwei Beine zu haben. Außerdem sieht er jetzt ein bisschen wie ein Roboter aus, sagt Mamoru, und das ist aufregend. „Ich sagte, hör auf damit. Und jetzt macht weiter, wir wollen heute noch fertig werden.“ Nene und Mamoru sitzen auf dem Boden in einem Raum der ANBU, mitten in einem Haufen Fotos. Es sind Bilder aus Verbrecherakten, immer drei gehören zur selben Person, Frontal, Profil, Halbprofil. Die beiden sortieren sie, und Shintaro nummeriert die fertigen Dreiergrüppchen durch und trägt sie in eine Liste ein. „Wie sind diese Fotos überhaupt so durcheinander geraten?“, fragt Nene. „Irgendein verdammter Vollidiot hat den Scheiß-Karton fallen gelassen“, antwortet Mamoru geistesabwesend. „Ach ja?“ „Hat Ibiki-san gesagt.“ „Du solltest dir an Ibikis Ausdrucksweise besser kein Beispiel nehmen“, brummt Shintaro. „Besonders nicht, wenn du zum Mittagessen eingeladen bist.“ „Nicht, dass Mama glaubt, du hättest einen schlechten Einfluss auf Mikiko“, fügt Nene lachend hinzu. Mamoru scheint nicht richtig bei der Sache zu sein. Er schiebt das Bild eines Mannes mit auffallend großen Ohren hin und her und kaut auf seiner Lippe. „Holen wir Mikiko heute wieder von der Akademie ab?“ „Ja.“ „Sie ist schon in der zweiten Klasse, oder?“ „Ja, ist sie. Und es macht ihr immer noch Spaß!“ „Wann wird sie Genin?“ Nene zuckt die Achseln. „Je nachdem. Vier oder fünf Jahre wird es bestimmt noch dauern.“ „Und dann kommt sie in ein richtiges Team“, sagt Mamoru trübselig. „Mit einem Sensei und allem.“ „Ich denke mal, ja.“ „Ich werde nie ein Team haben. Nur, weil ich nicht auf die Akademie kann.“ „Fang nicht wieder an, zu diskutieren“, sagt Shintaro warnend. „Du könntest an keinem Fach teilnehmen, außer vielleicht Lesen, Schreiben und Rechnen, was ich dir beibringe. Deine Chakrakontrolle wird sich niemals erholen, und Taijutsu steht bei deiner körperlichen Verfassung nicht zur Debatte.“ „Ich diskutiere ja gar nicht. Ich bin nur traurig.“ „Aber das ist doch alles halb so schlimm, Mo“, sagt Nene und legt ihm den Arm um die Schultern. „Wir beide können dein Team sein, Shintaro und ich! Nicht wahr, Shintaro-san?“ Shintaro brummt nur etwas. „Aber Shintaro-san ist kein Genin“, sagt Mamoru ernst. „Und du auch nicht. Also könnt ihr nicht in ein Genin-Team.“ „Man muss nehmen, was man kriegen kann“, sagt Nene munter. „In der Not frisst der Teufel Fliegen. Oh, hast du den mit dem einen Auge? Das ist meiner! Danke.“ Sie hebt das Foto auf, legt es zufrieden zu den zwei passenden und klatscht den Stapel auf Shintaros Schreibtisch. Mamoru überlegt immer noch. „Wenn wir also ein Team wären, wie würden wir uns dann nennen?“ „Wir könnten uns etwas Lustiges ausdenken. Die legendären Sannin oder so!“ „Die gibt es schon“, sagt Shintaro trocken. „Genin-Teams sind entweder nummeriert oder nach ihrem Sensei benannt.“ „Team fünfzehn“, sagt Nene kurz entschlossen. „Das ist meine Lieblingszahl!“ „Und einen Sensei haben wir auch nicht“, murmelt Mamoru. „Shintaro-san ist der Sensei, ist doch klar!“ „Aber wir brauchen doch drei Mitglieder und den Sensei.“ „Man kann es dir einfach nicht recht machen, Mamoru“, tadelt Nene ihn und schiebt ihm ein Profilfoto einer Frau mit Haarknoten zu. „Dann holen wir eben Mikiko noch dazu, damit wir zu viert sind.“ „Aber die ist doch erst Akademieschülerin, nicht Genin.“ „Du bist noch nicht einmal Akademieschüler.“ „Nene“, sagt Shintaro scharf. „Was denn?“ „Hör doch auf, das Mamoru ständig unter die Nase zu reiben.“ „Aber es stimmt doch!“ Shintaro seufzt und wirft einen Blick auf die Uhr. „Es ist schon fast halb zwei. Wollt ihr nicht langsam aufbrechen, wenn ihr Mikiko abholen wollt?“ „Was, schon so spät?“ Nene rappelt sich auf. „Na, dann komm, Mamoru! Wir gehen. Bis später, Shintaro-san!“ „Viel Spaß“, sagt Shintaro, den Blick schon wieder in sein Buch gerichtet. „Dieser alte Brummelsack“, raunt Nene Mamoru zu und kichert. „Vielleicht sollten wir ihn beim nächsten Mal auch zum Mittagessen einladen.“ „Er hätte ein Piraten-Holzbein nehmen sollen“, sagt Mamoru ernst. „Das hätte ihm bestimmt auch Spaß gemacht.“ * „Ihr seid spät!“, schreit Mikiko ihnen entgegen, und wie um sich dafür zu rächen, kommt sie nicht sofort zu Nene und Mamoru herüber. Sie spielt mit ein paar anderen Kindern, die noch niemand abgeholt hat, rund um die alte Schaukel auf dem Schulhof der Akademie. Ein Lehrer in Chuunin-Uniform lehnt neben dem Schultor und wirft wachsame Blicke abwechselnd auf die spielenden Kinder und auf die Straße. „Guten Tag, Iruka-sensei“, sagt Nene fröhlich. „Oh, Nene. Schön, dich mal wieder zu sehen.“ Iruka lächelt sie an und nickt Mamoru zu. „Hallo, Mamoru.“ „Hallo“, antwortet Mamoru, weil Ibiki-san sagt, er soll immer brav grüßen. Iruka ist nett, aber Mamoru findet ihn irgendwie seltsam, seitdem er mal gesagt hat, er würde Mamoru von irgendwo kennen, wisse aber nicht, woher. Und außerdem ist er Mikikos Sensei, und Mamoru ist ein bisschen neidisch, weil er keinen hat. Obwohl Ibiki-san sagt, dass Neid etwas Schlechtes ist. Mikiko kommt auf sie zu gerannt, die Schultasche an einem Riemen über der Schulter, die Zöpfe ein wenig zerrupft. „Hallo, Mamoru!“ „Hallo, Mikiko.“ „Ich hab ein Bild für dich gemalt!“ „Oh“, sagt Mamoru mit großen Augen. „Danke.“ Nene lacht und nimmt Mikiko an die Hand. „Also, gehen wir. Tschüs, Iruka-sensei.“ „Bis morgen, Iruka-sensei!“, ruft Mikiko. „Gehen Sie auch nach Hause?“ „Oh, nein. Ich warte noch auf einen Freund.“ „Was für ein Freund?“, fragt Mikiko neugierig. „Er war lange auf einer Trainingsreise, aber jetzt ist er wieder da, und ...“ Iruka lacht und nickt in Richtung von irgendetwas hinter Mamoru. „Wenn man vom Teufel spricht. Da kommt er ja.“ „Iruka-sensei!“ Ein Junge rennt auf sie zu, ungefähr in Nenes Alter. Er fällt Iruka um den Hals, und Iruka stolpert einen Schritt zurück. „Naruto! Nicht so übermütig, du bist schwerer als noch vor zweieinhalb Jahren!“ „Naruto?“, rutscht es Mamoru heraus. Der Junge lässt Iruka los und tritt einen Schritt zurück, breit grinsend. Seine Augen sind blau wie der Himmel. „Das ist ... das ist ...“, flüstert Mamoru, in dessen Kopf sich alles dreht. Himmelblaue Augen. Keine Reißzähne, keine Krallen, kein tropfender Sabber. „Was ist denn?“, fragt Mikiko. „Ich freu mich so, Sie wieder zu sehen, Sensei!“ Naruto kann nicht stillstehen und boxt Iruka spielerisch auf den Arm, noch immer über beide Ohren grinsend. „Wir gehen zu Ichirakus, oder? Sie geben einen aus, oder? Oder?“ Mamoru nimmt seinen ganzen Mut zusammen, reckt das Kinn und zupft Naruto am Ärmel. „Naruto?“ Überrascht sieht er hinunter. „Ja? Wer bist du denn? Neue Schüler von Ihnen, Iruka-sensei?“ „Nicht ganz“, erklärt Iruka. „Mikiko schon, aber ...“ „Ich heiße Mamoru“, sprudelt es aus Mamoru hervor. „Ich kenne dich gar nicht, aber mein Papa hat ... hat gesagt, dass du böse wärst, und ich habe ihm geglaubt. Und er hat versucht, dich umzubringen, und ich fand es gut. Aber jetzt finde ich es nicht mehr gut. Und ich bin traurig deswegen, und ... ich wollte sagen ... es tut mir leid.“ Verständnislos sieht Naruto ihn an. „Äh ... langsam, Kleiner, langsam. Wer bist du?“ „Mein Papa hat versucht, dich umzubringen.“ „Das haben schon einige versucht, weißt du?“ Naruto lacht. „Wie heißt denn dein Papa?“ „Mizuki.“ Einen Moment lang scheint Naruto mit dem Namen nichts anfangen zu können, aber dann verdüstert sein Gesicht sich schlagartig. „Mizuki?“, wiederholt Iruka fassungslos, aber niemand beachtet ihn. „Ich wollte sagen, dass es mir leid tut“, murmelt Mamoru und sieht Naruto unsicher an. „Wollte ich nämlich.“ „Hör mal gut zu, Kleiner“, sagt Naruto langsam. Seine Fäuste zittern, er beherrscht sich nur mit Mühe. „Dieses Schwein hat nicht nur versucht, mich umzubringen, sondern Iruka-sensei auch. Das ist zwar schon ein Weilchen her, aber ich nehme ihm das ziemlich übel. Ich bin deshalb nicht sauer auf dich, du bist nur sein Sohn, und dafür kannst du ja nichts. Aber ich verstehe nicht, wieso du ankommst und sagst, es täte dir leid. Er soll kommen und sagen, dass es ihm leid tut, und zwar soll er es verdammt nochmal so sagen, dass ich ihm glauben kann!“ Mamoru schießen die Tränen in die Augen. „Nimm's nicht persönlich, Mamoru, aber das ist die Wahrheit. Ich finde es nobel, dass du nicht denkst wie er, aber ...“ „Aber er kann ja nicht kommen und sagen, dass es ihm leid tut!“, unterbricht Mamoru ihn schrill. „Wenn er doch tot ist!“ Naruto hält inne, und langsam weicht der wütende Ausdruck auf seinem Gesicht dem von Verwirrung. „Tot? Er ist tot? Aber ... seit wann?“ „Ganz lange schon. Seit einem Jahr ungefähr.“ „Woran ist er gestorben?“ „Er wurde eingesperrt für das, was er getan hat. Er ist krank geworden und hat angefangen, zu husten und Blut zu spucken. Und dann bin ich irgendwann nachts aufgewacht, und sein Herz hat nicht mehr geschlagen, und er war tot.“ Stille tritt ein. Mikiko drückt sich Schutz suchend an Nenes Bein, die ziemlich verwirrt wirkt. Iruka hat sich von ihnen abgewandt und starrt auf den Boden. „Sag mal, Mamoru“, sagt Naruto langsam. „Ja?“ „Bevor er gestorben ist ... hat er je gesagt, dass es ihm leid tut?“ Mamoru beißt auf seiner Lippe herum. Er will nicht die Wahrheit sagen, aber die erste Regel lautet Keine Lügen. Ibiki-san wird böse. „Nein.“ Naruto verengt die Augen und nickt. „Aber vielleicht hätte er ja!“, fügt Mamoru hastig hinzu. „Er hatte ja gar keine Chance, sich zu entschuldigen! Vielleicht, wenn er ...“ „Das ist sinnlos“, unterbricht Naruto ihn. „Ich hätte gewollt, dass er mich akzeptiert. Wem bringt es denn etwas, wenn er stirbt, bevor er das tut?“ Mamoru sieht ihn unsicher an. „Weißt du was, Mamoru?“ „Was?“ Naruto greift nach seinen Schultern. Man sieht seinem Grinsen an, wie viel Mühe er sich dafür geben muss. „Eines Tages werde ich Hokage.“ „Wirklich?“ „Ja! Und wenn ich Hokage bin, dann werde ich dafür sorgen, dass jeder die Chance bekommt, sich zu entschuldigen.“ „Jeder?“, fragt Mamoru hoffnungsvoll. „Absolut jeder“, sagt Naruto fest. „Wie findest du das?“ „Das finde ich gut.“ „Ja, nicht?“ Naruto nickt und lässt ihn los. „Und falls ich eines Tages, wenn ich Hokage bin, das vergessen haben sollte – ich bin nämlich manchmal ein bisschen vergesslich –, dann hast du persönlich die Erlaubnis, mich daran zu erinnern. Abgemacht?“ „Abgemacht!“ „Sehr gut.“ Naruto boxt ihm leicht auf den Arm. „Und jetzt gehen Iruka-sensei und ich etwas essen, ich habe einen Mordshunger. Mach's gut, Mamoru!“ „Du auch“, murmelt Mamoru. Naruto grinst, winkt Nene und Mikiko und wendet sich zum Gehen. Iruka will ihm folgen, bleibt aber noch einmal stehen und mustert Mamoru von Kopf bis Fuß. „Ich wusste doch, dass ich dich irgendwo her kenne. Mizukis kleiner Mamoru. Ich hätte darauf kommen müssen.“ „Dass Papa auch versucht hat, Sie umzubringen, wusste ich nicht“, sagt Mamoru hastig. „Wirklich nicht! Es tut mir leid.“ Iruka schüttelt entschieden den Kopf. „Dir braucht gar nichts leid zu tun.“ „Es macht mich traurig“, korrigiert Mamoru sich, und Iruka lächelt. „Ich finde es schade, dass du traurig bist, Mamoru. Meinetwegen brauchst du das nicht zu sein.“ „Kommen Sie schon, Sensei!“, ruft Naruto, und Iruka läuft ihm nach. * „Ich hab's dir ja immer gesagt“, sagt Mizuki zufrieden zu Ibiki. „Zu meinen Lebzeiten sehe ich Shintaro-sensei nicht mehr nach Konoha zurückkommen.“ „Du hast geschummelt“, erwidert Ibiki trocken. „Hab ich nicht!“ „Mit Ende zwanzig an galoppierender Schwindsucht zu verenden, ist schummeln. Das ist doch kein Tod für einen Shinobi.“ „Es war ja nun nicht vollständig meine Schuld, oder?“ „Aber zu einem guten Teil.“ „Na toll, ihr beiden“, knurrt Tonbo. „Jetzt habt ihr ihn aufgeweckt.“ Die drei Jungen hocken auf der Schreibtischkante, sechzehn oder siebzehn Jahre alt, Ibiki fast narbenfrei, Tonbo mit Augen und Mizuki lebendig. Ungläubig starrt Shintaro sie an. „Guten Morgen, Shintaro-sensei“, sagt Ibiki freundlich. „Tut uns leid, dass wir Sie geweckt haben.“ „Träume ich?“, fragt Shintaro langsam. „Ja“, antwortet Mizuki. „Oh. Na dann.“ Eine Weile lang sitzen sie da, sehen einander an und lächeln. „Ich dürfte nicht träumen“, stellt Shintaro fest. „Ich dürfte nicht einmal schlafen. Ich habe Arbeit zu erledigen.“ „Ach, dafür haben Sie später noch genug Zeit“, winkt Ibiki ab. „Das ist doch sowieso nur eine Art Beschäftigungstherapie.“ „Wirklich?“ „Klar.“ „Ich habe gehört, Sie haben ein neues Team“, sagt Mizuki. „Wir sind kein Team. Wir sind eine sozial völlig inkompetente Kunoichi, ein neunjähriger Zivilist auf Lebenszeit und ein ausrangierter Jounin, also ich.“ „Klingt doch super!“ „Sozial völlig inkompetent?“, fragt Tonbo. „Das erklärt, wieso Nene seit fast einem Jahr hier herum hampelt und es noch nicht geschafft hat, mich darauf anzusprechen, dass ich ihr damals das Leben gerettet habe.“ „Das kommt bestimmt noch“, sagt Shintaro. „Sie ist ja jung, da hat man noch Zeit.“ „Wie alt ist sie jetzt?“ „Siebzehn.“ „Genauso alt wie du in diesem Traum, Tonbo“, stellt Ibiki fest. „Sie könnte glatt deine große Liebe werden.“ „Oh, nein, danke. Romantik zählt nicht zu unseren Genres.“ „Welche Genres?“, fragt Shintaro. „Und der Zivilist auf Lebenszeit ist wohl mein Sohn?“, mischt Mizuki sich ein. „Es klingt krank, wenn du das als Sechzehnjähriger sagst“, brummt Ibiki. „Ist doch aber wahr! Darf ich als Vater vielleicht erfahren, warum der Junge nach einem Jahr immer noch in einer Abstellkammer der ANBU schläft, obwohl er Angst vor Menschen mit ANBU-Masken hat?“ „Weil der Plot sonst nicht so gut funktionieren würde“, antwortet Ibiki achselzuckend. „Welcher Plot?“, fragt Shintaro. „Er hält sich jedenfalls ganz gut von den Masken fern“, sagt Tonbo. „Na, immerhin etwas.“ „Und wie geht es Ihnen so, Shintaro-sensei?“, fragt Ibiki. „Wir sehen uns fast täglich, Ibiki.“ „Aber ich frage Sie nicht täglich, wie es Ihnen geht.“ „Ganz gut.“ Die drei Jungen tauschen einen Blick, und Shintaro seufzt. „Wenn das Wetter umschlägt, tun die Narben weh, besonders am rechten Bein. Aber sonst geht es mir hervorragend.“ „Das hört man gern.“ „So, Jungs.“ Ibiki lässt sich von der Schreibtischkante rutschen. „Wir sollten besser gehen und Shintaro-sensei aufwachen lassen. Er soll ja nicht den ganzen Tag verschlafen.“ „Wie du meinst.“ „Auf geht's.“ Sie stehen auf und wenden sich zur Tür. „Wo geht ihr hin?“, fragt Shintaro erschrocken. „Dahin, wo Traumfiguren hingehen, wenn man aufwacht“, antwortet Tonbo. „Aber wir kommen wieder“, fügt Ibiki hinzu. „Verlassen Sie sich drauf.“ „Passen Sie gut auf Mamoru auf“, sagt Mizuki und lächelt. „Versprechen Sie mir das?“ „Und auf Nene“, ergänzt Tonbo. „Sie ist selbst nicht die aufmerksamste Kunoichi, und ich will ihr nicht umsonst das Leben gerettet haben.“ „Das tue ich“, murmelt Shintaro. „Ich passe auf die beiden auf. Versprochen.“ Er hat die Worte noch auf den Lippen, als er aufwacht. * „Warum hat dein Vater gedacht, dieser Naruto wäre böse?“, fragt Mikiko. „Wer ist das überhaupt?“ „Niemand“, sagt Mamoru schnell. „Niemand? Wieso niemand?“ „Mamoru redet nicht gern über alles, was mit seinem Vater zu tun hat, Mikiko“, sagt Nene ernst. „Der ist nämlich tot.“ „Ach so. Das wusste ich nicht. Also, dass du nicht darüber reden willst, Mamoru.“ „Lass es gut sein, Mäuschen.“ Eine Weile lang laufen sie schweigend die Straße entlang, Mikiko hüpft an Nenes Hand auf und ab. „Ende der Woche sind wieder Genin-Prüfungen“, erklärt sie. „Das wird toll!“ Mamoru schreckt auf. „Wirklich? Wirst du dann Genin?“ „Nein, natürlich nicht! Aber wir haben immer frei, wenn die höheren Klassen die Prüfung machen. Das ist super!“ „Ach so“, murmelt Mamoru und sieht auf den Boden. „Wir können irgendetwas zusammen machen an dem Tag“, sagt Nene munter. „Ein Eis essen gehen oder so. Du kommst doch auch mit, oder, Mamoru?“ „Wenn Ibiki-san es erlaubt.“ „Das wird er bestimmt.“ „Aber wenn ich in ein paar Jahren Genin werde“, sagt Mikiko nachdenklich, „dann will ich in ein Team mit Yuki und ... mit dir, Mamoru.“ „Das geht nicht“, sagt Mamoru leise. „Ich werde niemals Genin.“ „Dann mit Yuki und Koza“, entscheidet Mikiko. „Du hast ja sowieso schon dein eigenes Team, Mamoru.“ „Welches meinst du?“ „Mit Nene und Shintaro-san.“ „Wir sind aber kein richtiges Team!“, sagt Mamoru wütend. „Wir haben nicht einmal einen Sensei!“ „Habt ihr wohl“, sagt Mikiko verblüfft und zupft ein Blatt aus einer Hecke. „Ibiki-san ist doch euer Sensei.“ Mamoru starrt sie an, und Nene fängt an zu lachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)