Die Zeit deines Lebens von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 1: [Akt 1] Absturzgefahr. --------------------------------- Life, a beautiful and fragile thing. Out Alive, Warrior. Ke$ha, 2012. 21. Juli 2009. Odaiba, Japan. Flughafen. „Und du kommst auch wirklich ohne uns klar?“, fragte ihre Mutter und drückte Kari fest an sich. Kari schaute schon etwas peinlich berührt zu ihrem Bruder, der sie jedoch traurig anblickte. Heute würde die 18-Jährige einen wichtigen Schritt wagen. Sie hatte sich für ein Auslandsstudium qualifiziert in der Metropole Amerikas. New York. Kari konnte immer noch nicht fassen, dass ausgerechnet die Juilliard, die Hochschule für darstellende Künste, sie haben wollte. Ein Traum schien in Erfüllung zu gehen. „Ich werde das schon alles schaffen“, wand sie sich zu ihrer Mutter und gab ihr ein aufmunterndes Lächeln. Hikari sah in die kleine Runde, die sich zu ihrem Abschied versammelt hatte. Neben ihrer Familie, waren noch Tais Freundin Sora, sein bester Freund Matt und Takeru mitgekommen. Er und Kari waren schon seit Jahren die besten Freunde gewesen. Ganz klar hatte der junge Blondschopf Angst den Kontakt zu ihr zu verlieren. New York war nicht nur weit weg, sondern lag auch in einer anderen Zeitzone als Japan. Etwas missmutig blickte der junge Takaishi drein, als sich seine beste Freundin herzlicher von seinem Bruder verabschiedete als von ihm. Natürlich wusste er, dass sie für Matt mehr als nur Freundschaft empfand. Er hatte es jedoch in den knapp eineinhalb Jahren kein einziges Mal bemerkt. Viel lieber, heulte sie seinem kleinen Bruder die Ohren voll. All das wäre für TK kaum ein Problem gewesen, wenn er selbst nicht mehr für sie empfinden würde. Er hatte nie etwas gesagt. Auch als sie in der zehnten Klasse eine kurze Zeit mit Davis zusammen war, hielt er seine eigenen Gefühle immer stets unter Verschluss. TK wusste nicht wieso, aber er hatte das Gefühl, dass sie in ihm nie mehr als einen Bruder sah. Somit hätten seine unangebrachten Gefühle nur die Freundschaft der beiden gefährdet. Und das wäre für den jungen Mann eine viel größere Katastrophe gewesen, als ein wenig Liebeskummer zu haben. Vielleicht hatte er ja Glück und nach einem Jahr, oder nach zweien, würden sich seine Gefühle einfach in Wohlgefallen auflösen. Taichi hingegen hatte ganz andere Sorgen. Jetzt wo seine Schwester ausgezogen war, hieß es für ihn, dass er noch mit einundzwanzig Jahren bei seinen Eltern lebte. Und das ohne jegliche Unterstützung. Natürlich hatte er immer noch die Möglichkeit mit Sora zusammen zu ziehen, aber wenn er ehrlich war, wusste er, dass die Beziehung zu Sora nicht mehr gut lief. Sie waren schon über drei Jahre zusammen und hatten sämtliche Höhen und Tiefen gemeinsam erlebt. Mittlerweile hatte sich der Alltag eingeschlichen. Manchmal vermisste er das gute alte Single-Leben. Seine Freundin Sora bemerkte sein angestrengtes Gesicht, doch sie war zu traurig, um irgendetwas daraus zu entschlüsseln. Kari war in den letzten Jahren eine wirklich gute Freundin von ihr geworden. Sie erinnerte sich an viele gemeinsame Mädels-Abende und an kleine Tanzwettstreite. Ganz klar, Sora würde sie vermissen. Jetzt verließ sie schon eine weitere Freundin, um in Amerika ihr Glück zu versuchen. Die erste war Mimi. Sie waren damals ungefähr zwölf, dreizehn, als Mimis Vater die Familie mit seiner neuen Stelle in Amerika überraschte. Es dauerte keine zwei Monate. Das Haus wurde verkauft, die Sachen zusammengepackt und dann wurde die Heimat hinter sich gelassen. Zwar besuchte Mimi sie manchmal in den Sommerferien, aber es war alles nicht mehr dasselbe seit sie sich eine „Eingefleischte Amerikanerin“ nannte. Kaum hörbar seufzte sie, als Hikari sie umarmte. Natürlich hoffte, sie das es diesmal anders laufen würde. Yamato beobachtete wie die junge Japanerin gerade ihren Bruder umarmte und er deutlich mit der Fassung rang. Matt wusste, dass es Tai sehr schwer fallen würde, sie loszulassen. Er war schließlich ihr großer Bruder. Der Beschützer. Der, der für Hikari wohl alles machen würde. Doch jetzt hieß es auch für ihn Abschied nehmen. Für Yamato war Kari immer die kleine Schwester, die er Dank der Scheidung seiner Eltern, nie haben durfte. Früher unternahmen sie viel gemeinsam. Er fand es wirklich Schade, dass diese Zeit wohl nun zu Ende war. Besonders für seinen kleinen Bruder, tat es ihm Leid. Er musste nicht zweimal hinsehen, um zu erkennen, wie geknickt er war. Oft hatte er gedacht, nein vielleicht sogar gehofft, dass die beiden doch noch ein Paar werden würden. Leider blieb, das alles nur Wunschdenken. Und jetzt würde sie auch noch nach Amerika gehen. „Ich werde euch wirklich wahnsinnig vermissen“, sagte Kari, als sie mit ihrem Reisepass zum Check-In ging. „Aber wir werden in Kontakt bleiben“. Mit einem zuversichtlichen Lächeln drehte sie sich um und hörte gerade noch wie ihre Mutter ihr noch etwas nachrief. „Pass gut auf dich auf. Und wenn du Probleme hast...du kannst immer wieder nach Hause kommen“. Kurz wand sie sich noch einmal der kleinen Truppe zu und grinste über das ganze Gesicht. Sie war froh eine solch tolle Familie und Freunde zu haben. Doch jetzt war es an der Zeit ihr Leben zu leben. „Macht euch keine Sorgen! Ich komme schon klar“. 22. Mai 2010. New York, USA. Nightclub. Aufgebracht durchbrauste sie den Nachtclub, den die beiden häufig miteinander besucht hatten. Sie konnte nicht fassen, dass die junge Frau sich schon wieder ins Nachtleben stürzte. Dachte sie nun überhaupt nicht mehr nach? Angesäuert näherte sich Mimi den Rauchern. Einer studierte mit ihr zusammen. „Hey sag mal hast du Hikari gesehen?“ Der Kerl grinste nur und blies ihr den Rauch mitten ins Gesicht. „Keine Ahnung wen du meinst. Aber ich soll dir von Michael ausrichten, dass er dich vermisst“. Mimi wedelte immer noch den Rauch aus ihrem Gesicht und blickte finster, als sie den Namen ihres Ex hörte. „Schön für ihn. Sag ihm das ich für ihn nicht mehr verfügbar bin“. „Für dich doch immer wieder gern, Prinzessinchen“, feixte er und zog wieder kräftig an seiner Zigarette. Mimi rümpfte nur die Nase und drehte ihnen den Rücken zu. Wahrscheinlich hätte sie aus denen wohl eh nichts heraus bekommen. Sie stöckelte wieder zurück auf die Tanzfläche und bemerkte erst jetzt, was für eine schlechte Luft hier drinnen herrschte. Ihre Augen suchten immer noch nach der jungen Japanerin mit den braunen Haaren. Plötzlich entdeckte sie die 19-Jährige – am Fummeln mit einem deutlich älteren Kerl. Mimi schüttelte nur den Kopf und ging schnurstracks auf sie zu. „Okay ich darf sie mir doch bestimmt mal ausleihen“, meinte sie schnippisch und zog Kari von dem Kerl weg nach draußen. „Sag mal bist du bescheuert?“, blaffte sie ihre Freundin an. Sie hatte wieder deutlich zu viel getrunken. Ihr Whisky-Atmen roch sie bis hier. Manchmal fragte sie sich wirklich, wie sie so ohne weiteres an Alkohol kam. Wahrscheinlich lag es an ihrem Outfit, dass nach Mimis Erachten eindeutig zu kurz geraten war. „Ich weiß gar nicht was du willst“, antwortete sie beschwipst und tänzelte leicht umher. „Wie kannst du nach so einer Sache nur feiern gehen? Ist dir das überhaupt nicht nah gegangen?“ Kari schaute zu Boden und versuchte einen festen Punkt zu finden, der sich nicht wie ein Karussell drehte. „Ist doch nichts passiert“, murrte sie leise, um Mimi nicht noch wütender zu machen. Doch die Brünette kochte bereits und der Topf würde bei ihr definitiv überlaufen. „Kari sagt mal bist du von allen guten Geistern verlassen? Du hattest letzte Woche eine Abtreibung und keine verdammte Zahnreinigung!“ „Shht, hör auf so zu schreien, nachher hört dich noch jemand“, ermahnte die Jüngere sie und zog an ihrem Arm. „Vielleicht hört es ja der Kerl, der dich geschwängert hat“. „Du weiß doch genau, dass ich ihn nicht kenne“, verteidigte sie sich und taumelte wieder. Mimi hielt sie fest und funkelte sie böse an. Sie konnte sich noch genau an den Tag erinnern, als die 19-Jährige vor ihrem Zimmer stand und ihr unter Tränen beichtete, dass sie wohlmöglich schwanger sei. Mimi konnte nicht fassen, dass es sogar tatsächlich stimmte. Falscher Alarm hatte bestimmt schon jeder Mal zelebriert. Aber nachdem selbst der dritte Schwangerschaftstest ihren einen Smiley zeigte, wussten die jungen Frauen, dass sie direkt einen Frauenarzt aufsuchen mussten. Dieser bestätigte nur dass, was sie schon wussten. Hikari war schwanger. Ungefähr in der zehnten Woche befand sie sich, als sie den Arzt aufsuchten. Ungefähr vor zehn Wochen hatte die 19-Jährige einen One Night Stand mit einem Unbekannten. Es war auf einer diesen zahlreichen Studentenpartys. Natürlich wurde viel getrunken und die ein oder andere verbotene Substanz eingenommen. Sie waren doch alle jung und konnten etwas Spaß ruhig vertragen. Das Studentendasein galt doch schließlich als die Zeit des Lebens, oder nicht? Für Hikari hingegen war diese zwanglose Liebschaft leider nicht ganz ohne Folgen geblieben. Dennoch blieb sie nach der Erkenntnis relativ gelassen. In der elften Woche verkündete sie Mimi, dass sie einen Termin zu einer Abtreibung ausgemacht hatte – so als wäre es fast schon etwas Selbstverständliches. Die 21-Jährige hatte sie zu dem Termin begleitet. Sie dachte schon, dass sie danach in Tränen zusammen brechen würde und die ganze Aktion bereue. Kari liebte schließlich Kinder. Aber als sie nach dem Eingriff ins Wartezimmer kam, wirkte sie kein bisschen verändert. Als Mimi fragte, wie sie sich fühlte, antwortete sie mit einem knappen „Gut“ und schlug vor noch etwas essen zu gehen. Allein schon diese Reaktion hätte sie stutzig machen müssen. Was war nur los mit ihr? Hatte sie wirklich den Verstand verloren? „Igitt, Davis was ist das?“, fragte Yolei und beugte sich ungläubig über ihren Teller. Davis setzte sich zu seinen Mitbewohnern an den Tisch und begutachtete den Teller Gemüsesuppe. „Das schmeckt lecker. Probier‘ doch mal“. Misstrauisch rührte Yolei in der grünen Pampe und beobachtete Ken und TK, die ihren ersten Löffel zu sich nahmen. „Schmeckt wirklich lecker“, sagte TK und nahm gleich einen weiteren Löffel zu sich. Auch Ken nickte zustimmend und sah auffordern zu Yolei. Diese rührte immer noch in ihrem Teller, in der Hoffnung, die Farbe würde sich noch einmal ändern. Davis musterte sie haargenau. Er konnte nicht verstehen, warum sie sich immer so anstellen musste. Eigentlich funktionierte ihre Wohngemeinschaft recht gut – auch wenn sie wohl nicht unterschiedlicher sein könnten. Yolei war wohl der Wirbelwind unter den Vieren und auch die einzige weibliche Person. Wer jetzt dachte, dass sie für den häuslichen Kram zuständig war, irrte sich gewaltig. Sie konnte noch nicht einmal Weiß- und Buntwäsche waschen, ohne sie miteinander zu vermischen. Seither musste TK zwangsweise rosa Hemden tragen und Yolei wurde selbstverständlich vom Wäschedienst subspendiert. Ken hingegen war die gute Seele des Hauses. Er putzte, wusch die Wäsche, ohne Farbunfälle und war sozusagen die Mutti für alles. Auch Näharbeiten waren für ihn eine Leichtigkeit. Kaum zu glauben, dass er eine Ausbildung zum Polizisten machte. „Ess das jetzt! Oder ich halte dir die Nase zu und schaufle es in dich hinein!“, meckerte Davis trotzig und versuchte Yolei den Löffel in den Mund zu schieben. Wiederwillig beugte sie sich seinem Willen und probierte einen halben Löffel Gemüsesuppe. Auch wenn ihr Gesichtsausdruck nicht unbedingt eine Geschmacksexplosion vermuten ließ, aß sie ohne weiteres Gezeter weiter. Meist konnte man Davis‘ Essen doch irgendwie essen. Unnötig zu erwähnen, dass er für die Beköstigung der Vier zuständig war. TK war hingegen ein Mädchen für alles. Mal half er Davis beim Gemüse schnippeln, oder Ken beim Aufräumen der Wohnung. Manchmal richtete er auch mehr Chaos als Yolei an, indem er seine Uni-Bücher in sämtlichen Räumen verteilte. Im Großen und Ganzen funktionierte das Zusammenleben der Vier relativ gut. Zwar war es seltenes Leise und das Chaos regierte größernteils der Zeit, aber bei ihnen wurde es nie langweilig. Jeden Tag bot sich eine neue Überraschung an, die förmlich danach schrie, von ihnen gemeistert zu werden. 23.Mai.2010. New York, USA. Studentenwohnheim. Lautlos gingen die beiden jungen Frauen nebeneinander her. Mimi kramte ihre Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür zu ihrem Zimmer auf. Sie hatte ein Einzelzimmer, das ihre Eltern ihrer Prinzessin gerne bezahlten. Im Studentenwohnheim war mittlerweile Ruhe eingekehrt und Kari ließ sich erschöpft auf das Bett der 21-Jährigen fallen. Es war erst kurz nach zwölf, aber die junge Japanerin war sichtlich geschafft. Vielleicht hätte sie doch weniger trinken sollen. „Bist du noch sauer auf mich?“ Mimi schaute in den Spiegel und zog ihre Ohrringe aus. Ihr Gesicht hatte sich kein bisschen verändert, seit sie den Club verlassen hatten. Immer noch begutachtete die Ältere ihre Freundin streng durch den Spiegel und fuhr sich währenddessen mit ihren Fingern durch die langen braunen Haare. „Ich bin nicht sauer auf dich, aber ich kann dich einfach nicht verstehen“, sagte sie und drehte sich zu ihr. „Hat dir das ganze überhaupt nichts ausgemacht?“ Kari setzte sich auf und schielte zur Seite. Klar, sie liebte Kinder. Natürlich stellte sich die Frage, warum sie so eiskalt auf die Abtreibung reagierte. Die Tatsache, dass sie erst neunzehn Jahre alt war, schob sie eigentlich nur als Schutz nach vorne. Sie konnte Mimi nicht erzählen, mit wem sie geschlafen hatte. Das würde sie ihr nie im Leben verzeihen. Noch immer wusste sie nicht, was sie dazu geritten hatte. Nach dem einen oder anderen Drink hatte sie ganz klar den Orientierungssinn verloren. Er war so nett, sie nach Hause zu bringen. Schon vor dem Wohnheim begangen sie eine wilde Knutscherei, die wie zu Erwarten in seinem Zimmer endete. Am nächsten Morgen schlich sich die Brünette schon vor Sonnenaufgang aus seinem Zimmer. Ihr Kopf dröhnte und sagte ihr immer wieder, dass sie einen Fehler begangen hatte. Wie konnte sie auch nur so dumm sein und mit Michael schlafen? Er und Mimi waren jahrelang ein Paar gewesen. Schon auf der High School fing es bei den beiden an. Nachdem sie nach New York gegangen waren, wurden die ersten Spannungen deutlich sichtbar. Michael hatte es noch nie mit der Treue, doch in New York konnte er seine neuen Liebschaften nicht so gut unter Verschluss halten wie auf der High School. Dafür war ihre Universität sichtlich zu klein und privat. Im Januar zog Mimi den endgültigen Schlussstrich und trennte sich von ihm in aller Öffentlichkeit. Mimi war eben eine Dramaqueen durch und durch. Michael hingegen nahm die Trennung erst locker hin, doch innerlich brodelte er. Noch nie hatte ein Mädchen mit ihm Schluss gemacht. Das kratzte gewaltig an seinem Ego. Seither hatte er zwar weiterhin mit irgendwelchen dummen Dingern Affären, während er zwischenzeitlich immer wieder versuchte bei Mimi anzubändeln. Doch Mimi blieb so hart wie ein Fels in der Brandung. Nur Kari wurde schwach und konnte sich zu den dummen Dingern der restlichen Universität zählen. „Ach Mimi ich möchte jetzt wirklich nicht mehr über diese dumme Abtreibung sprechen. Lass es uns einfach vergessen“. Eigentlich wollte sie nur ihren eigenen Fehler vergessen. „Es vergessen? Hast du etwa Drogen genommen? Es war immerhin ein Lebewesen und kein Spielzeug, auf das man einfach keinen Bock mehr hatte“. Fassungslos starrte sie in die leeren Augen ihrer besten Freundin. Wie sollte das mit ihr nur weitergehen? Das gleiche konnte ihr in zwei Wochen wieder passieren. Auch wenn es Mimi nur ungern zugab, aber ihre Freundin Hikari Yagami war außer Kontrolle geraten. „Izzy? Bist du schon wieder am Küchentisch eingeschlafen?“ Matt rüttelte ihn leicht und sah ein regelrechtes Bücherchaos vor ihm. Sein Freund Izzy lag mit seinem Kopf mittendrin und sabberte auf die offene Buchseite. „Hey! Aufwachen! Es ist bereits morgen“, forderte er und rüttelte ihn immer noch. Erschrocken wachte der Rotschopf auf und sprang vom Stuhl. „WAS? MORGEN? Ich muss zur Uni“, ratterte er und schnappte sich das Buch, auf dem er noch vor paar Sekunden schlief. Hektisch versuchte er seine Sachen zusammen zu suchen und polterte durch den Wohnbereich. Matt beobachtete das ganze Szenario mit Genuss. Schnell krallte er sich seinen Pulli und zog ihn über den Kopf. Seine roten Haare standen in alle Richtungen und auch die Kombination aus Pulli und Boxershorts war sehr interessant gewesen. „Ich bin dann jetzt weg. Bis heute Mittag“, meinte er und wollte gerade die Wohnung verlassen, als Matt ihm grinsend hinter rief. „Mach mal halblang. Heute ist Sonntag“. „Und das sagst du mir erst jetzt?“ Erschöpft ließ er seine Tasche fallen und rutschte den Boden hinunter. „Tut mir leid, es war einfach zu witzig gewesen“, verteidigte sich der Blonde und unterdrückte sein Lachen. Izzy war wirklich einzigartig. Mit ihm konnte man sich doch den einen oder anderen Spaß erlauben. „Lass mich raten, Tai schläft dann bestimmt noch, oder?“ „Volltreffer“. Matt ging zur Küche und holte sich aus dem Kühlschrank etwas Milch für sein Müsli. „Wenn du willst kannst du ihn gerne wecken. Er kam heute Nacht mit Damenbesuch nach Hause“, feixte er und schob einen Löffel Müsli in seinen Mund. Izzy und Frauen? Das war nie eine gute Kombi gewesen. Meistens bekam er kein einziges Wort heraus und stammelte nur unvollständige Sätze zusammen, die bei der Damenwelt eher nicht gut ankamen. Kurze Zeit später kam der verschlafene Taichi aus seinem Zimmer. Seine Haare standen wie gewohnt zu Berge und er war nur in Boxershorts und T-Shirt bekleidet, als er Matt und Izzy in die Arme lief. „Na ne wilde Nacht gehabt?“, witzelte Matt und grinste dreist. „Klappe“, knurrte er und setzte sich an den Tisch. Izzy gesellte sich wortlos zu ihm und stellte seine Ellenbogen auf die Tischplatte. „Ist sie etwa noch in deinem Zimmer?“, fragte Matt und zeigte mit seinem Löffel in die Richtung der Tür. „Nein sie ist schon vor zwei Stunden gegangen“, antwortete der Wuschelkopf und gähnte herzlich. Matts Grinsen hingegen wuchs ins Unermessliche. „Was war es etwa so schlecht?“ Tai sah ihn giftig an, wand aber schnell seinen Blick wieder von ihm an. Izzy sah nur unsicher zwischen den beiden hin und her. „Vielleicht wollte sie dein dummes Gesicht nicht sehen“. „Also kennen wir sie?“ „Möglicherweise“, kommentierte er und hielt sich den Kopf. Das eine Bier war wohl doch zu viel gewesen. Obwohl er langsam glaubte, dass es nicht allein am Bier lag. Matt ging zum Tisch und stupste Izzy leicht an und gab ihm einen vielsagenden Blick. „Vielleicht war es ja die aus dem Seminar“, schlussfolgerte er. Tai schüttelte nur leicht den Kopf und legte ihn auf die Tischplatte. Irgendwie ging es ihm heute gar nicht gut. Vielleicht sollte er sich lieber noch ein bisschen hinlegen. „Ich glaube ich geh ins Bett“, erwiderte er und stand auf. Matt hatte sich gerade hingesetzt und löffelte den Rest aus seiner Schüssel. „Uh, Uh war es die aus der Bibliothek?“, fragte der Blondschopf und wippte ungeduldig auf seinem Stuhl. „Rat ruhig weiter. Ich gehe jetzt schlafen“, flüsterte er und verzog sich in sein Zimmer. Izzy und Matt schauten sich gegenseitig an und mussten augenblicklich anfangen zu lachen. Auf Tais Beuteliste wollte wohl keiner der beiden stehen. Kaum zu glauben, dass er mit Sora knapp vier Jahre zusammen war. Vielleicht hatte er einfach noch nicht die Richtige gefunden. Gleichzeitig stand Tai in seinem Zimmer und hielt sich mit der Hand seine Stirn. Er hatte definitiv Kopfschmerzen. Nach dieser Nacht konnte er wirklich nicht mehr klar denken. Wieso musste er auch ausgerechnet Sora mit nach Hause bringen? Müde und ausgelaugt erwachte die Brünette aus ihrem Schlaf. Sie schaute kurz zur Uhr und sah, dass es bereits nach elf war. Sie setzte sich auf und rieb den Schlafsand aus ihren Augen. Sie blinzelte ein paar Mal, um zu erkennen, dass ihre Freundin bereits an ihrem pinken Laptop saß. In Mimis Zimmer dominierte diese Farbe eindeutig. Kari hatte seltenes jemanden gesehen, der freiwillig so viel Pink trug, wie es Mimi immer tat. Der pinkte Laptop war wirklich noch recht harmlos gewesen. Im Winter trug sie einmal einen pinken Kunsthaarmantel, den sie ganz günstig in einer kleinen Boutique in der Nähe des Campus kaufte. Nebensächlich zu erwähnen, dass sie für eine Woche, dass Gesprächsthema Nummer eins war. Sie wusste einfach wie sie sich in den Mittelpunkt stellen konnte. Und jeder der Mimi, nur ansatzweise so gut kannte wie Kari es tat, wusste dass sie jeden einzelnen Moment im Scheinwerferlicht genoss. Eine wahre Diva eben. „Was machst du da?“, fragte die Jüngere schlaftrunken und bewegte sich schwerfällig einige Zentimeter. „Mhm ich schaue mich nach günstigen Flügen um“, gab sie knapp zu, ohne sich herum zu drehen. „Willst du etwa verreisen?“ Etwas irritiert über die plötzlichen Reisepläne ihrer Freundin, stand die junge Yagami auf und schaute ihr über die Schulter. Sie erkannte trotzt eines etwas benebelten Kopfes, dass sich Mimi Flüge nach Tokio anschaute. Warum wollte sie ausgerechnet nach Japan? Kari hätte wohl eher auf die Karibik getippt. Als Mimi auch noch zwei Sitze buchte, sah Kari überrascht drein. Wollte sie etwa wieder versuchen, ihren Koffer ins Flugzeug zu schmuggeln? „Du willst nach Japan fliegen? Hast du vor jemanden zu besuchen?“ Kari ließ sich wieder auf ihrem Bett nieder und schaute gespannt zu ihrer Freundin, die sich mit einem breiten Grinsen zu ihr rumdrehte. Sie konnte ja nicht ahnen, welchen Plan sie in Wirklichkeit verfolgte. Um die Spannung zu steigern, schaute sie Kari zuerst einige Minuten mit diesem dämlichen Grinsen an und hob provokant ihre Augenbraue. „Wieso hast du überhaupt für zwei gebucht?“, wollte die 19-Jährige wissen und starrte sie angestrengt an. Mimi kräuselte leicht die Lippen und stand auf. Die Überraschung brauchte doch ein großes Finale, oder etwa nicht? „Wir fliegen morgen Nachmittag nach Japan“. Kari lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. „Was meinst du mir wir?“ „Ja du und ich natürlich“, sagte sie gelassen und setzte sich neben Kari aufs Bett. „Das ist doch wohl ein Witz, oder?“ Mimis Blick verfinsterte sich. Sie wusste, dass Kari eine harte Nuss war. Aber morgen Nachmittag würden sie in diesem Flieger sitzen, der sie wieder zurück in die Heimat bringen sollte. Komme was da wolle. Kari musste rehabilitiert werden – und das ganz dringend. „Du verarschst mich doch“, wiederholte sie grimmig und stupste ihre Freundin an. „Seh ich wirklich so aus, als würde ich irgendwelche Scherze machen?“, fragte sie kritisch und deutete auf ihre gespielt ernste Miene. Kari stöhnt nur laut auf und versteckte ihr Gesicht unter ihren Händen. Mimi hingegen lächelte zufrieden und wollte sich am liebsten selbst auf die Schultern klopfen. Ihre Ideen waren wirklich einmalig genial. Und niemand würde sie von ihren Plänen je abbringen können – noch nicht mal eine aus dem Hause Yagami. Es war beschlossene Sache. „Wir fliegen morgen nach Japan! Ende der Diskussion“. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)