Einnehmende Freiheit von Shino-Tenshi ================================================================================ Kapitel 5: ----------- „Matt, du musst heute dringend an den Kanal kommen“, Takerus Stimme war ganz aufgeregt, was ich nicht so ganz verstand. Ja, es stand Weihnachten vor der Tür, aber Geschenk würde es heute definitiv noch nicht geben. Kurz sah ich nach draußen. Zumindest das Wetter war schön, also sprach nichts dagegen auf die Bitte meines kleinen Bruders einzugehen: „Ist in Ordnung. Wann denn? Muss ich irgendetwas mitbringen?“ „Ja, am Besten eine Jacke mit Kapuze“, das klang in meinen Ohren irgendwie seltsam und ich wollte gerade nachfragen, als mein Bruder schon weiterredet: „Wir treffen uns mit den anderen so gegen Drei dort. Komm also pünktlich.“ Schon hatte er aufgelegt und ich lauschte dem Tuten des Telefons. So richtig konnte ich seine Aufregung nicht verstehen und eigentlich hatte ich noch einige Fragen parat, doch bevor ich die Nummer meines Bruders wählen konnte, erklang schon ein Handyklingelton hinter mir und im nächsten Moment deine Stimme: „Ja? Tai hier.“ Ich drehte mich zu dir um. Du saßest mit nacktem Oberkörper auf der Couch. Lässig einen Arm über die Rückenlehne hängend und lauschtest den Worten des Anrufers. Darum schwieg ich und beobachtete dich ruhig. Lauschte deinen Worten, dass du anscheinend auch zu einem Treffen geordert wurdest und musste leicht lächeln. Ob es wohl das gleiche Treffen war? „Ist in Ordnung, Kari. Bis später dann“, mit diesen Worten legtest du auf und sahst mich an. Sofort trat ein Lächeln auf deine Lippen: „Rate mal, wer das war?“ „Kari? Was wollte sie denn?“, langsam kam ich näher und nahm neben dir Platz. Unsere Beziehung hatte sich in der letzten Zeit super entwickelt. Wir trafen uns öfters als früher und hatten Spaß. Niemand wurde sauer, wenn sich der andere nicht meldete oder eben keine Zeit hatte. Es war frei und voller Glück. „Bingo. Sie will sich um drei mit mir am Kanal treffen“, meintest du ruhig und ich lachte kurz auf: „Das Gleiche will TK von mir. Anscheinend können wir gemeinsam dorthin gehen. Oder siehst du das anders?“ „Was sie wohl geplant haben?“, du legtest deinen Kopf ein wenig schief und schienst nachzudenken. Nicht gerade deine Stärke aber zumindest versuchtest du es. Aber anscheinend blieb der Erfolg aus, denn Missmut machte sich in deinen Gesichtszügen breit und schon stampftest du wie ein wütendes Kind mit dem Fuß auf: „Argh! Ich komm nicht drauf.“ „Dann müssen wir uns halt überraschen lassen“, ich lachte auf und sah dich ruhig an. Es war ein gutes Gefühl die Zeit mit dir zu verbringen und vor allem fühlte ich mich wirklich glücklich an deiner Seite. Nein, ich sprach hier nicht von Liebe oder ähnlichen Dingen. Es war einfach toll mit dir. Mehr nicht. „Du hast ja gar nicht erst nachgedacht“, begehrtest du auf und erneut musste ich lachen. Im nächsten Moment wich ich schon deinem Schlag aus und sprang von der Couch auf, um mich in Sicherheit zu bringen. „Nun aber mal langsam mit dem jungen Pferden. Die drei Stunden werden wir uns doch wohl in Ungewissheit halten können, oder? Unsere Geschwister wollten anscheinend nicht, dass wir es erfahren und gut ist es. Sie werden schon ihren Grund haben“, versuchte ich dich zu beruhigen, was nicht wirklich gut gelang, denn deine Augen funkelten mich weiter zornig an. Ich seufzte schwer und strich mir durch meine Haare: „Wir sollten duschen gehen und dann können wir uns eh schon auf den Weg machen. Was hältst du davon?“ „Ja, vielleicht hast du Recht. Zusammen oder getrennt?“, ein dreckiges Grinsen trat auf deine Lippen und ich musste erneut auflachen: „Wenn du so grinst, dann lieber getrennt. Wir haben nicht mehr so viel Zeit. Der Kanal ist seine Zeit entfernt und momentan sind sowieso viel zu viele Leute unterwegs.“ Du fügtest dich mit einem leichten Schmollmund in dein Schicksal und so gingen wir nacheinander duschen, bevor wir uns dann gemeinsam auf den Weg zu der Stelle, die uns unsere jüngeren Geschwister genannt hatten, machten… ~*~ Die Bahnen waren wie erwartet gefüllt bis ans Limit und immer wieder wurde ich an dich gepresst, doch es war mir eigentlich egal. Schließlich kamen wir uns immer wieder um einiges näher. Da war es schon viel schlimmer, wenn sich irgendeine fremde Hand auf meinen Hintern verirrte, die aber meist von dir verscheucht wurde. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir endlich an unserem Ziel an und stiegen aus. Ruhig folgten wir der Straße runter zum Kanal und erkannten schon unsere Geschwister mit den anderen: Ken, Davis, Cody und Yolei. Ich verstand nicht wirklich, was sie gerade hier wollten, doch wir waren nicht die Einzigen, die gerufen wurden. Denn auch Joe, Sora und Izzy waren hier. „Was gibt es denn, Leute?“, hörte ich deine Stimme und Kari lächelte dich kurz an: „Wir haben eine kleine Überraschung für euch.“ Kurz sah ich auf die Säcke und kaum waren wir gänzlich bei ihnen angekommen, sprachen die Jüngeren schon im Chor: „Frohe Weihnachten.“ Sofort öffneten sich die Säcke und unsere Digimon sprangen uns entgegen. Ich konnte es kaum glauben, als ich das sanfte Fell von Gabumon unter meinen Fingern spürte und seine liebliche Stimme hörte: „Überraschung! Hallo Matt!“ Es war ein unbeschreibliches Gefühl und ich spürte, wie das Glück mich gänzlich überrannte. Nur im Augenwinkel sah ich wie Agumon freudig ebenfalls in deine Arme sprang und auch die anderen Digimon freudig empfangen wurden. „Die Überraschung ist euch wirklich gelungen“, lächelte ich und sah auf meinen Partner herunter. So lange hatte ich mir gewünscht seine Stimme zu hören. Klar, wir hatten uns zwischenzeitlich schon einmal wieder gesehen, aber jetzt wo er hier war, fühlte es sich einfach um einiges besser an. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. „Das freut uns“, kam Takeru auf mich zu und ich spürte seinen leichten Schlag auf meinen Oberarm, wobei Patamon auf seinem Kopf saß und uns angrinste: „Wir haben es uns fast gedacht, dass ihr euch darüber freuen würde. Palmon müsste auch mittlerweile in Amerika bei Mimi sein.“ „Danke, Leute“, hörte ich deine Stimme und drehte mich zu dir um. Agumon freute sich am meisten von den Digimon endlich wieder bei dir zu sein. Das lag einfach daran, dass er genauso impulsiv war, wie du selbst. Und auch jetzt blieb Gabumon eher ruhig, genauso wie die anderen Digimon. Ruhig ließ ich mich zu ihm runter sinken und sah ihm in die Augen: „Du hast mir gefehlt, Partner.“ „Du mir auch, Matt“, seine Stimme war so leise, wie meine eigene. Diese Worte waren nur für den jeweils anderen bestimmt und als ich aufsah, erkannte ich wieder das Lächeln von Takeru. Ich war ihm so unendlich dankbar, dass er mir Gabumon in die Menschenwelt geholt hatte. Endlich war ich nicht mehr alleine. „Wir haben Mäntel mitgebracht unter denen ihr sie verstecken könnt“, Ken und Davis verteilten kurz die Jacken und ich legte Gabumon einen um den Körper. Auch der Rest versteckten ihre Digimon darunter, wobei sich Gomamon als Stofftier tarnte und darum keinen Schutz brauchte. Es war ein wunderschönes Gefühl in seine großen Augen zu sehen und endlich wieder seine Stimme zu hören. Die kleinen Nachrichten waren auch schön gewesen, aber ihn so vor sich zu haben und ihn berühren zu können, war doch noch einmal etwas ganz anderes. Ruhig wandte ich mich zu dir um und sah dich fragend an: „Ich würde mit Gabumon jetzt nach Hause gehen. Was macht ihr Zwei?“ „Wohl das gleiche. Wir haben uns viel zu erzählen und Agumon hat Hunger“, dein Lächeln machte mich glücklich und wir nickten uns nur kurz zu, bevor sich die Gruppe dann langsam auflöste und ich in Richtung Heimat ging. Zumindest hatte ich das vor, doch Takeru eilte mir nach: „Matt, warte kurz!“ Irritiert wandte ich mich um und sah ihn an: „Was ist los, TK?“ „Ich soll dich von Mutter fragen, ob du Lust hast an Weihnachten bei uns vorbei zuschauen. Vater ist doch bestimmt wieder auf Geschäftsreise und na ja, bevor du alleine feierst, kannst du gerne zu uns kommen. Wir würden uns freuen“, er lächelte mich kurz an und mein Blick wanderte zu Gabumon, der mir nur zunickte. „Ja, das klingt gut. Wir kommen vorbei. Danke für die Einladung“, damit verabschiedete ich mich von meinem Bruder und ging weiter nach Hause. Ich spürte die warme Hand von Gabumon in meiner und war einfach nur froh, dass er endlich wieder hier war. An meiner Seite und greifbar. Endlich war ich nicht mehr allein… ~*~ „Wie geht es dir, Matt?“, drang die Stimmung von Gabumon durch, als er auf der Couch saß und mich mit großen Augen ansah. Ich war gerade dabei ihm etwas zum Essen zu machen und brauchte erst eine Weile bis ich seine Frage beantworten konnte, doch dann legte sich ein Lächeln auf meine Lippen: „Mir geht es gut. Und dir?“ „Jetzt auch. Es ist schön deine Stimme zu hören. Ich schicke dir gerne Nachrichten, aber wenn man halt keine Reaktion bekommt, dann fragt man sich manchmal, ob sie dich auch wirklich erreichen können?“, ich konnte Gabumon verstehen. Ja, ich wünschte mir auch, dass die Kommunikation in beide Richtungen funktionieren würde. Doch dies war nicht möglich. Aber jetzt konnten wir reden. Einfach so und niemand würde uns dabei stören. Ich würde Gabumon auch nie wieder hergeben. Nicht in diesem Leben. Ruhig nahm ich den Teller mit den Sandwichs in die Hand und ging zurück zu Gabumon. Stellte ihn vor ihn auf den Tisch und nahm neben ihm Platz: „Lass es dir schmecken, Kumpel.“ Die Wohnung wurde alleine durch Gabumons Anwesenheit wärmer und wohnlicher. Es war ein unendlich schönes Gefühl nicht mehr alleine zu sein. Ja, ich war mittlerweile ein Jugendlicher und sollte langsam anfangen auf meinen eigenen Füßen zu stehen, aber einsam war ich deswegen trotzdem nicht gerne. Eigentlich wollte ich diese Frage nicht stellen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich musste: „Wie lange bleibst du hier?“ „Im Moment haben wir keinen Rückkehrtermin ausgemacht. Wir werden wohl eine geraume Weile hier bleiben. Wieso fragst du?“, Gabumon sah mich fragend an, während er weiteraß und ruhig kaute. „Nur so. Es freut mich, dass du vielleicht für immer da bleibst. Das wäre wunderbar“, ich lächelte und freute mich einfach. Auch wenn ich wusste, dass es bestimmt nicht für immer war. Irgendwann musste Gabumon zurückkehren. Er gehörte hier einfach nicht her. Oder etwa doch? „Was hast du die ganze Zeit so getrieben?“, fragte er mich und ich überlegte kurz: „Nun ja, ich spiele mittlerweile Gitarre in einer Band und singe auch. Das macht mir sehr viel Spaß. Außerdem treffe ich mich sehr oft mit Tai. Ach ja, in ein paar Tagen habe ich ein Konzert. Ich hoffe doch, dass du mitkommst.“ Gabumon begann zu strahlen: „Oh ja, das wäre fantastisch. Ich komme gerne mit. Spielst du noch Mundharmonika?“ „Sehr selten. Aber ich kann dir nachher gerne noch etwas vorspielen“, lächelte ich und wuschelte Gabumon über seinen Kopf. Es war ein schönes Gefühl ihn zu sehen und ich konnte mein Glück immer noch nicht fassen. „Es freut mich, dass du dich mit Tai verträgst“, seine Stimme drang in meine Gedanken ein und ließ mich kurz stutzen, „dass ihr gemeinsam gekommen seid, hat mich irgendwie gefreut. Diese Freundschaft ist sehr wichtig. Hast du auch noch Kontakt zu Joe?“ „So wie man mit ihm Kontakt haben kann. Er ist sehr beschäftigt mit seiner Schule. Aber hin und wieder rede ich mit ihm. Wieso fragst du?“, beantwortete ich seine Frage ruhig und Gabumon lächelte nur kurz: „Nur so. Es interessiert mich. Freundschaft ist ein wichtiges Gut.“ „Ich weiß, aber ich bin nicht mehr der Träger des Wappens der Freundschaft. Das ist jetzt Davis’ Aufgabe. Unsere Zeit ist vorbei, Gabumon“, meinte ich ruhig und mein Partner sah mich kurz an: „Nein, ist sie nicht. Wir sind immer noch Krieger und unser Zeichen ist immer noch die Freundschaft. Auch wenn du es nicht glauben willst. Und nur weil das Armorei nicht auf dich reagiert hat, muss es nicht bedeuten, dass dein Wappen dir nicht mehr gehört. Das würde bedeuten, dass jeder seine innere Kraft verloren hat, weil niemand die Armoreier aufheben konnte. Aber das ist nicht wahr. Es ist einfach nur so, dass diese Eier für jemand anderen bestimmt waren. Aber die Wappen selbst. Die gehören auf ewig euch, Matt. Mach dich nicht schlechter als du bist.“ Ich musste lächeln, als ich die Worte von Gabumon hörte und schüttelte kurz den Kopf: „Ich habe mein Wappen noch nie wirklich verdient. Wie oft bin ich auf der Freundschaft herumgetrampelt? So oft habe ich meine Leute verraten. Eigentlich bin ich dessen gar nicht würdig.“ „So ein Quatsch“, Gabumon schnaubte und sah mich finster an, „du bist es sehr wohl würdig. Hör auf so negativ darüber zu denken. Niemand versteht die Freundschaft so gut, wie du es tust. Du begreifst, was sie bedeutet und wie wichtig sie ist. Vielleicht warst du mal anderer Meinung, als unsere Kameraden, aber du hast niemals dein Vertrauen in mich verloren. Unsere Freundschaft wird niemals zerbrechen. Verstehst du?“ Ich spürte, wie er meine Hände in seine nahm und sah ihn an. All diese Worte waren so wahr und doch irgendwie so fern. Gabumon hatte Recht. Das wusste ich tief in meinem Inneren und ich wusste auch, dass die anderen ihre Wappen nicht verloren hatten. Sie trugen diese Eigenschaften noch in sich. Unsere Zeit war einfach vorbei gewesen, was die Rettung angeht. Vielleicht waren wir auch zu alt geworden. „Ich glaube, dass du Recht hast“, ich musste lächeln und sah Gabumon ruhig an, „was würde ich nur ohne dich tun? Schon wieder befreist du mich. Du bist ein echt guter Freund, Gabumon.“ Ich sah wie mein Partner rot wurde und das ließ mich noch breiter grinsen. Ja, jetzt konnte Weihnachten kommen. Denn mein sehnlichster Wunsch hatte sich erfüllt. Gabumon war endlich hier und sprach wieder mit mir. Es ging ihm gut und er war immer noch der Alter. Ein unendlich guter Freund, der einen immer den Rücken stärkte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)