Vor der Nase von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 25. Fall) ================================================================================ Kapitel 8: Letzte Fragen ------------------------ Mit einer etwas zu schnellen Bewegung drehte sich der Hundeprinz um, die jedoch der allzeit aufmerksamen Sakura eine gewisse Gereiztheit verriet. So beugte sie sich lieber tiefer nach vorn, wartete auf eine Anweisung, die sie jedoch überraschte. „Besorge dir etwas zu essen.“ „Ja, Lord Sesshoumaru, danke.“ Er dachte daran? Oder wollte er sie nur bei irgendetwas nicht dabei haben? Das entsprach den Tatsachen, aber er hatte die gleichzeitige Möglichkeit gesehen seinem Vater zu demonstrieren, dass er selbst Dienstboten nicht vernachlässigte. In Anbetracht der Tatsache, dass ihm Sakuras Ohnmachtsanfall aufgrund mangelndem Trinken im Sommer fünf Tage Zimmerarrest beschert hatten und er erst neulich sich eine weitere Sanktionierung eingehandelt hatte, war das nur sinnvoll. Irrtümer verzieh Vater – Missachtung seiner Anweisungen nie. Und auf die nächste Stufe einer Bestrafung legte er wirklich keinen Wert. Leider war es notwendig zunächst noch einmal mit der Hauptverdächtigen zu sprechen. Warum nur hatte er das vorher nicht bedacht? Nun, schlicht, weil er sich nicht zu lange mit ihr befassen wollte und die Notwendigkeit des genauen Zeitplanes nicht genug beachtet hatte. Die junge Hundeprinzessin sah ihn an und er hätte schwören mögen gewisse Besorgnis zu erkennen, aber sie hatte sich in der Gewalt, das musste er zugeben: „Eine Frage, Tokushima. Hast du Haru getroffen und war deine Begleitung in sein Zimmer zufällig oder hatte er dich zuvor angesprochen und dazu eingeladen?“ Sie wusste wirklich nicht, wie sie die Frage einordnen sollte. Galt es ihrer möglichen Unmoral oder dem Mord? War das wichtig um sie zu befreien oder zu belasten? Aber sie musste antworten, das hatte er bei seinem letzten Besuch nur zu deutlich gemacht: „Haru sandte mir einen Brief, der mir in der Kanzlei hinterlegt wurde. Ich erhielt ihn, als ich das nächste Mal im Auftrag der Fürstin kam.“ „Es war das Treffen und der Termin also niemandem außer dir und ihm bekannt?“ „Für mich kann ich das bejahen, für ihn weiß ich es nicht.“ Das klang nicht gut, befand sie und ergänzte: „Den Tag gab er nicht an, sondern wusste offensichtlich, dass ich das auch nicht im Voraus sagen konnte. So schrieb er, der Tag sei ihm gleich, aber er sei stets ungefähr eine Stunde nach dem Ende des Unterrichtes in seinem Zimmer, danach möglicherweise jedoch wieder weg.“ „Kein Sondertraining für ihn, also.“ „Tja, da kann ich Euch nicht helfen. Als ich zu ihm ging, kam er gerade aus dem Bad, das konnte ich noch wittern, bereits in Kimono, in Privatkleidung. Er war auch nicht überrascht mich zu sehen, eher über meine Reaktion auf seinen...Vorschlag.“ „Er wurde so wütend, dass er dich schlug.“ „Nun, zunächst wurde er sehr laut, aber dazu habt Ihr sicher Zeugen. Auch ich schrie ihn an.“ „Dann kam es zu dem Schlagabtausch und du gingst. - Überlege dir die nächste Antwort gut, Tokushima: waren andere Anwärter zurückgekommen, während du bei ihm warst?“ „Ihr glaubt...“ Sie brach ab. Wie schaffte er es immer nur sie anzusehen und ihr wortlos klarzumachen, dass er ihr am liebsten die Kehle durchschneiden würde? Arroganter Mistkerl! Leider war er in der eindeutig besseren Situation – und ihre einzige Chance: „Schön. Ich habe keine Ahnung. Irgendwer kam, glaube ich, aber ich bin mir nicht sicher ob einmal einer oder zweimal, auch dreimal.... Es war jedenfalls keine miteinander redenden Gruppe.“ „Erstaunlich, wie sachlich du werden kannst, wenn dein Hals in Gefahr ist. - Als du gingst: sahst du im Gang oder davor einen Anwärter?“ „Nein, auch, wenn ich glaube, dass die erste Tür beim Hereinkommen links bei meiner Ankunft geöffnet und später geschlossen war.“ Kouhei, dachte Sesshoumaru. Das stimmte mit dessen Aussage überein. Immerhin etwas. Er dachte nach. Die Prinzessin musterte ihn, trotz allem selbstbewusst genug ihm in das Gesicht zu sehen. Langsam meinte sie: „Allerdings....als ich zurück zu Eurer Mutter....ich meine, zu meiner Herrin reisen wollte und ein Portal im Hof erschuf, bemerkte ich einen jungen Fuchsdämon, der offensichtlich soeben durch das Tor kam. Er trug Rüstung und sah erschöpft aus, war aber eindeutig ein Offizier.“ „Wie lange nach dem Zeitpunkt des Treffens mit Haru?“ „Das ist schwer zu sagen....Der Streit mit Haru dauerte vielleicht zehn oder fünfzehn Minuten, inklusive dem Gespräch davor. Danach...ich wanderte durch das Schloss um mich etwas zu beruhigen, ging dann in die Kanzlei und nahm die bereitgelegte Post mit...Ich war zu zornig, um mich für Zeit zu interessieren.“ Sie hob etwas den Kopf: „Hat mich niemand gesehen bei meinem Weg?“ „Tokushima, ich bin gern bereit dich in Ermittlungsfragen zu belehren: wenn dich jemand eine halbe oder auch eine ganze Stunde nach dem Treffen sah, bedeutet es nicht, dass du Haru nicht umgebracht hast.“ Ein Fuchs? Shigeru? Aber der hatte kein Sondertraining bekommen sondern war bei seiner Schwester und Mutter gewesen, was diese gegenüber Sakura bestätigt hatten? Was hatte der dann danach außerhalb des Schlosses gesucht? Hm. Da müsste er wohl noch einmal mit dessen Lehrer reden. Er musste tatsächlich vier dadurch völlig verängstigte menschliche Diener fragen, ehe ihm jemand bestätigen konnte, dass sich der Lehrer bei Heerführer Kaito in dessen Arbeitszimmer befand. Hm. Der Tag war schon weit fortgeschritten, aber wie wohl auch gestern hielten sie die tägliche Routine ein. Haru hatte das gewusst – und war wohl sehr sicher gewesen nie ein Sondertraining zu erhalten, zumindest nicht, als er den Brief an Tokushima verfasste. Hauptmann und Heerführer brachen ihr Gespräch ab und verneigten sich eilig tief vor dem Erbprinzen, der stehenblieb: „Masaru, hat Haru je ein einziges Sondertraining erhalten?“ „Nein, Lord Sesshoumaru.“ Wenigstens konnte er das Verhör kurz halten: „Er war zu fähig dazu?“ „Ja.“ „Gestern erhielt es Takeru.“ Er ignorierte den besorgten Blick dessen Vaters. „Ja.“ „Nur er?“ Das wurde mühselig und er suchte die Abkürzung: „Shigeru erhielt gestern doch noch eines, nachdem er seine Familie besuchte?“ „Ich...“ Masaru sah zu Kaito. Was sollte er, was sollten sie sagen? Seine Lordschaft bemerkte es und sein kurz gewordener Geduldsfaden riss: „Soll ich dir helfen? Shigeru, Fuchsdämon, gestern außerhalb des Schlosses, offenbar, nachdem er seine...kranke Schwester besucht hatte?“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Beiden alten Kriegern war klar, dass nur ihr langer Dienst für den Inu no Taishou und dessen Wunsch sie zu schützen Masaru soeben vor einer heftigen, schmerzhaften Reaktion dessen Sohnes bewahrt hatte. So fuhr der Ausbilder lieber fort: „Ich weiß nicht, woher....Ich meine, ich weiß, dass Euer Lordschaft in Harus Fall ermittelt, aber was hat Shigeru....Äh, ja, Lord Sesshoumaru.“ Der Hundeprinz hatte seine Rechte gehoben und grünlich leuchtende Säure tropfte darauf zu Boden, fraß sich zischend in das Holz. „Shigeru kam nach dem Besuch seiner Familie zu mir. Er wartete, bis ich hier bei Kaito das Zimmer verließ, ehe er mir erzählte, dass Haru offenbar seiner Schwester Avancen gemacht hatte, sich dann aber wohl tätlich an ihr vergriffen hatte. Sie konnte es kaum aussprechen, sagte er mir. Er war überaus aufgebracht. Um die Ruhe in der Gruppe und auch im Heer zu wahren, schickte ich ihn aus dem Schloss zu einem längeren Lauf, und sagte ihm, er solle sich abregen. Ich würde Haru in den nächsten Tagen zur Rede stellen. Shigeru wusste, dass ich das auch schon bei Kouhei getan hatte, und befolgte meine Anweisung.“ „Dann erst kehrte er in sein Zimmer zurück.“ „Nach einem Bad, Lord Sesshoumaru, ja. Ich hörte ihn kommen, da ich ein wenig besorgt war, ob er nicht doch zu Haru gehen würde.“ Wunderbar, er hatte einen der Bande mit einem guten, von mehreren Seiten bestätigten Alibi! Warum nur sagten das diese Narren nicht gleich? Tokushima, weil er sie nicht gefragt hatte und sie ihrer Beobachtung sicher nach dem Streit keinerlei Bedeutung beigemessen hatte, Masaru, weil er seine Schüler schützen wollte, und Shigeru selbst, weil er die Sache mit seiner Schwester nicht an die große Glocke hängen wollte. Natürlich. „Als du in deinen Raum kamst, nach dem Gespräch mit Shigeru, wer von den restlichen Vier befand sich in seinem Zimmer?“ Der Ausbilder zögerte kurz um seine Antwort zu überlegen, so lange er es in Anbetracht Seiner deutlich verärgerten Lordschaft wagte: „Kouhei und Takeru, gewiss. Takeru nach dem Sondertraining und Kouhei, weil er insgesamt mit den körperlichen Anforderungen ein wenig zu kämpfen hat. Allerdings verbessert er sich von Jahr zu Jahr und wird gewiss die Abschlussprüfung bestehen.“ Das galt halb dem Prinzen, halb dem Heerführer. „Er ist ja noch der Jüngste von ihnen allen, das hat gerade bei Mardern viel zu sagen. - Äh, Katsumi kann ich nicht so genau beurteilen, Lord Sesshoumaru, aber ich vermute, er war noch bei Tama, seiner Ehefrau. Er trifft sich zumeist mit ihr, wenn er nicht zusätzlich üben soll.“ Vermuten bedeutete nichts wissen. Und Masaru hatte ebenso kaum nachgesehen, ob Kouhei und Takeru wirklich den Schlaf der Gerechten schliefen, denn sonst hätte er Haru ja auch schon tot gefunden und nicht erst am nächsten Tag. Es wurde wirklich Zeit noch einmal gründlich nachzudenken. Sein verehrter Vater erwartete schließlich seinen Bericht – und eine Anklage. Und, wenn es ging, erwartete seine Mutter ihre Hofmeisterin zurück. Natürlich würde sie nicht nachfragen, dazu kannte sie das Gesetz zu gut – und ihre eigene Stellung gegenüber dem Fürsten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)