Das Glasherz von AimaiLeafy ================================================================================ Kapitel 12: La Aurore --------------------- Stoßartig atmend schlug Youma die Augen auf und sofort übernahm sein Instinkt: sie hockten alle drei auf dem Boden des alten Schlafzimmers, doch Nathiel war noch nicht tot – sie war im Begriff, ebenfalls zu erwachen. Es war also nicht möglich, jemanden in einer Illusionswelt umzubringen, aber das würden sie schnell ausbessern!   Noch ehe sie etwas tun konnte, stieß Youma sie mit einem gezielten Tritt von Nocturn weg, packte eben diesen, drückte den nach wie vor Ohnmächtigen an seine Brust und beschwor seine Sense, sie angreifen wollend – die Sense war lang genug, Youma geübt genug, um sie auch kniend zu halbieren, zu vierteln, wenn es sein musste! – aber da bemerkte er, dass es nicht nötig war.   Nathiel hatte sich mit glühenden Augen aufgerichtet, ein heiseres Kichern drang aus ihrer Kehle, sie wollte ihre schreckliche Stimme wieder dazu benutzen, Schaden anzurichten --- aber da sah Youma, dass sich ein gerade Strich an ihrem Hals auftat, sich öffnete, Blut freiließ und eben dieses im roten Sturzbach ihren Körper herunterlief. Die Illusion war auf die Wirklichkeit übergegangen. Nocturns Illusionsmagie war doch tödlich!   Und sie lachte immer noch.   Leider, leider, verstand Youma warum – Nocturn hatte in der Illusion dann doch zu schnell nach der Hengdi gegriffen. Das Sensenblatt hatte nicht durch ihren Hals geschnitten; aber sie verlor zu viel Blut... „Karou hat Unmengen von meinem Blut!“, gackerte sie, wobei ihr Hals ekelerregend gluckste: „Ich überlasse ihn dir nicht! Ich teile ihn nicht! Du wirst ihn nicht bekommen!“ Und dann verschwand sie in genau dem richtigen Moment, um Youmas Sense zu entgehen.     Es dauerte lange, bevor Youmas Herzschlag sich so weit beruhigt hatte, dass er seine Sense zurückverwandelte und den Dämonenmodus verließ. Tief atmete er durch, ließ sich nicht von der staubigen Luft stören und bemerkte erst da, dass es nicht länger Nacht war – die Sonne war aufgegangen und schien gleißend in das kleine Dachzimmer, wärmte seinen Rücken und berührte sein Gemüt. Nocturn war immer noch bewusstlos, aber er wusste, er würde bald aufwachen. Er musste nur Geduld zeigen... und das tat er auch. Sanft änderte er deren Position, darauf bedacht, Nocturn nicht mit einer zu hastigen oder zu groben Bewegung zu wecken. Er sollte von selbst aufwachen. Youma würde bei ihm bleiben und warten.   Irgendwann – Youma wusste nicht, wie lange Nocturn mit dem Kopf auf seinem Knie geschlafen hatte, denn er hatte die Ruhe einfach nur stillschweigend genossen – regte der Schlafende sich. Ruhig öffnete Nocturn die Augen, ließ die roten Augen durch das Zimmer gleiten, bis er zu Youma hochsah. Beide lächelten sie sofort. „Ich wusste, dass du es sein würdest, der auf meinen Hilferuf antwortet.“   Youma antwortete nicht. Er schloss ihn einfach nur in die Arme.        Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)