Zwischen Tag und Nacht von Glasmond ================================================================================ Kapitel 28: Tor --------------- Mit großer Sorgfalt hämmerte Zelda die letzte Schattenrune das Abschnittes in das teure Gestein, dann nahm sie die Schutzbrille ab, reinigte die Einkerbungen grob mit dem Daumen und pustete dagegen, um den Staub zu entfernen. Die Rune leuchtete dadurch bläulich auf, ähnlich wie ein kleines Stück glühende Kohle, wenn man es anbließ. Zelda lächelte. “Das gefällt dir, nicht wahr?”, nutzte Midna Zeldas Mund zum sprechen. Ja, antwortete Zelda in Gedanken, ich finde die Magie deines Volkes faszinierend, und wie effektiv sie in meiner Welt reagiert. Midna setzte Zelda wieder die Schutzbrille auf und machte sich an die nächste Rune. Akkurat setzte sie Meisel an und klopfte mit dem Hammer eine gerade Linie in das Gestein. Zelda saß mitsamt Werkzeug und Arbeitskleidung auf einem hölzernen Baugerüst in 4 Metern Höhe. Der Bau des gewaltigen Tores, an dem sie gerade arbeitete, stand außerhalb der Schlossmauern, im Norden, in einem extra hierfür abgesperrten Gebiet. Der Rohbau war bereits fertig, eine gewaltige Scheibe aus stabilen, fast weißen Feuerbergmarmor, über 5 Meter im Durchmesser, dessen Innenseite völlig blank, und Außenrand nun nach und nach verziert wurde. Es war ein warmer Herbstag. Die Prinzessin hatte die anderen Arbeiter in die Mittagspause geschickt, und jetzt war sie allein mit Midna, die schnell und bestimmt Linie um Linie meistelte. Du bist dir so sicher darin, übst du die Runen regelmäßig?, fragte Zelda in Gedanken. Klopf, klopf, klopf. Midna nahm die Schutzbrille ab, sah sich die Linie genauer an, setzte die Brille wieder auf. “Ich brauche nicht zu üben. Wenn wir etwas lernen, dann lernen wir es für immer. Die meisten von uns sehen nur nicht sehr viel Sinn und Zweck darin etwas zu lernen. Das muss sich natürlich ändern, wenn wir unsere Völker zusammenführen.” Selbstverständlich. Wie viele Runen beherrschst du?, dachte Zelda. “Etwa 8000? 10 000? Ich habe sie nie gezählt.” Sie spürte wie erregt Zeldas Körper auf die Aussage reagierte. Sei still, befahl Zelda verlegen in Gedanken. “Ich hab’ nichts gesagt.”, merkte Midna an und grinste einfach nur, “Wir kommen gut voran. Wenn wir jeden Tag so arbeiten, haben wir den Schattenspruch in weniger als zehn Tagen fertig.” Die Runen meines Volkes dürften auch bald fertig sein. Es sind zwar mehr zu meiseln als bei dir, aber dafür habe ich ja auch mehrere Gelehrte, die sich dessen annehmen. Meinst du denn, dass du es schaffen wirst, jeden Tag daran zu arbeiten?” Klopf, klopf. Pusten. “All zu anstrengend ist es nicht. Aber ich muss zugeben dass mir unwohl bei dem Gedanken ist das Kind allein in meinem Körper zurück zu lassen.” Zelda nickte langsam. Das war ein beängstigender Gedanke, ein heranwachsenden Säugling in einem unbewohnten Körper. Midna streichelte mit dem Rücken des Zeigefinders ermutigend über Zeldas Wange, während sie noch den Hammer darin festhielt. “Mach dir keine Sorgen. Mein Diener Makic ist in letzter Zeit durchgehend bei meinem Körper, wenn ich bei dir bin.” Es beruhigte Zelda in der Tat ein wenig. Klopf, klopf, klopf. Midna, du weißt, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis wir Lösungen gefunden haben das Tor wirklich für unsere Völker benutzbar zu machen, oder? “Das habe ich schon verstanden. Zeit spielt für mich keine Rolle. Wichtig ist mir nur, dass erstmal du den Übergang schaffst und die Basisrunen für eine sichere Verbindung stehen, bevor du hindurchschreitest.” Die Prinzessin stimmte in Gedanken zu. Große Wandel wie zwei Völker zusammenzuführen … so etwas brauchte Zeit. Und es wird sicherlich nicht jeder in Hyrule mit diesem Wandel einverstanden sei, in der Schattenwelt vermutlich auch nicht. Die lange Bauzeit konnte hier gut genutzt werden, um die Völker auf den Kontakt vorzubereiten. Aber es war wichtig, dass sich die Prinzessin so bald wie möglich in der Schattenwelt blicken ließ. Spätestens mit Midnas Niederkunft würde es starke Unruhen geben, und die beiden Herscherinnen waren sich einig, dass man noch davor etwas unternehmen musste. “Prinzessin, Prinzessin Zelda!”, rief es in einiger Entfernung hinter ihr aus. Zelda nahm die Brille ab und drehte sich um. Ein kleiner Bote kam zügig auf sie zugerannt. “Der Auserwählte ist hier. Soll er im Thronsaal auf euch warten?”, fragte er, als er schließlich einige Meter unter ihr stand. Sie konnte deutlich Midnas Freude spüren und lächelte liebevoll. “Nein. Schick ihn zu mir.”, erwiderte Zelda freundlich und nickte ihm zu. Von ihrem Lächeln beseelt lief er wie ein geölter Blitz wieder ins Schloss. Zelda lachte leise und wandte sich wieder der Arbeit zu. Das Schattenwesen in ihr ergriff sogleich wieder die Kontrolle über ihre Arme und meiselte an den Runen weiter, bis Link eintraf. Sie hörten ihn an dem Geklapper des Schwertes, das im Takt seiner Schritte gegen das hylianische Schild schlug. Er war heute wieder offiziell unterwegs, weswegen er die legendären Waffen und die Tunika trug. Wieder versetzte Midnas Freude Zeldas Herz in flattern. Sie drehte Zelda gleich um und rief: “Ich glaub’ ich rieche muffigen Wolfspelz!” Link blickte verwirrt zu ihr hinauf. Zelda stieg wieder etwas rosige Scham in die Wangen. “Wir sind zu zweit, bitte lass dich nicht verwirren”, fügte sie an, und bekam sogleich ein verständisvolles Lächeln zur Antwort. “Gibt es irgendwas neues von den Lichtgeistern?” Link nickte. Die Prinzessin nahm die Schutzbrille komplett ab. “Warte, ich komm herunter und nehme mir eine Pause. Dann kannst du mir alles erzählen.” - “Sie haben wirklich einfach so zugestimmt, uns für den Übergang ihre Macht zu gewähren? Hast du ihnen auch ehrlich erzählt dass wir vorhaben das Gefängnis der Götter zu öffnen?” fragte Zelda skeptisch während sie das Tuch auffaltete und die kleinen Köstlichkeiten darunter freigab. Es waren mit Zuckercreme überzogene Stücke von Honig- und Früchtebrot. Sie bot Link ihr Mittagsessen an. Er nickte, während er sich eines der Süßigkeiten nahm. “Das ist… überraschend. Also. Puh, sehr positiv überraschend natürlich. Aber letztendlich bist du der Auserwählte, der deren Leben gerettet hat, nicht wahr? Das gab deiner Bitte natürlich mehr Gewicht. Und ich schätze, dass auch die Lichtgeister einen Narren an Midna gefressen haben, wenn ich darüber nachdenke, wie viel Kraft sie geopfert haben um sie wiederzubeleben… Midna, du hast vermutlich ihre Meinung über die Schattenwesen stark geändert, mit all dem Opfermut, den du gebracht hast.” Zelda spürte Scham. Es war tatsächlich Midnas. Sie lachte leise und lehnte sich gegen den Baum, unter dem Link und sie ein schattiges Plätzchen gefunden hatten. Es dominierte eine Weile eine stille Pause, in welcher Link sich nach und nach fast klammheimlich ein Kuchenstück nach dem anderen stibitzte. Der Herbstwind lies die Blätter über ihnen rascheln und pflückte dabei einige von den Ästen. Midna hätte normalerweise schon längst wieder Zeldas Körper dazu genutzt, Link verbal oder körperlich nahe zu kommen, aber sie hielt sich zurück. Aus Angst? Aus Wut? Aus Respekt? Zelda wusste es nicht, denn das Schattenwesen hatte die Gedanken verschlossen. “Link”, begann Prinzessin Zelda. Der Auserwählte stopfte sich ertrappt ein großes Stück überzogenes Honigbrot ganz in den Mund und sah sie erschrocken an. Zelda unterdrückte ein Lachen mit ihrem Räuspern. “Ich … darf ich dich etwas fragen? Was … was denkst du über die gemeinsame Nacht mit Midna und mir?” Link hielt sich die Hände vor den Mund und setzte nervös zu einer Antwort an. Das Honigbrot verschluckte seine Worte. Zelda wandte sich höflich ab. “Man spricht nicht mit vollem Mund, Link.”, sagte sie routiniert und brachte ihn damit in peinliches Schweigen. “Aber ich bin mir nicht mal sicher ob ich die Antwort hören möchte. Ich schäme mich noch sehr und bin mir nicht ganz über meine Gefühle im klaren. Vielleicht frage ich später noch ein mal danach. Jedenfalls…” Sie wandte den Kopf noch weiter ab, ihre Röte verbergend. “...jedenfalls ehm. Jedenfalls habe ich mir … also, ich möchte dich um etwas bitten. Nein, das klingt … das klingt falsch. Ich möchte dir etwas schenken. Nein, warte, das ist auch nicht richtig, ich -” Sie stöhnte leise und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. “Ich möchte dass Midna dich das nächste mal besucht wenn sie hier ist, nicht mich.” Link schluckte das zum Schlucken viel zu große Backwarenstück geräuschvoll runter. Sie spürte Midnas Protest. “Bevor du irgendetwas sagst, Midna - das ist in deinem Fall keine Bitte, sondern ein Befehl. Keine Widerworte. Ich weiß, dass du die Zeit mit mir sehr schätzt, aber es ist mir wichtig, dass ihr euch Aug’ in Aug’ seht, nicht über mich. Oder unter dem Esstisch in meinem Schloss, ehm. Euch beide verbindet eine gewaltige Reise, viele gemeinsame Stunden, Krankheit und Überleben und Kämpfe, die nie jemand anderes verstehen würde, außer euch. Ihr braucht einander. Ich weiß, wie sehr du dich nach ihr sehnst, Link; und ich weiß auch wie sehr du dich nach ihm sehnst, Midna. Und ich vertraue dir nun, Q’chit.” Midnas Liebe umfing sie wie ein warmer Mantel. Link griff tatsächlich nach ihrer Hand und drückte sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)