It Happened Late One Evening von Puppenspieler (Monster Tamer Tsuna - frei interpretiert) ================================================================================ Prolog: -------- Der Raum war klein, zu klein fast für die Menge an Leuten, die auf nackten Holzstühlen rings um die Wände verteilt darin saßen. Der Boden war mit kalten, gräulich-weißen Fliesen bedeckt, die Wände weiß verputzt und an der Decke waren lange Leuchtstoffröhren befestigt, die ein kühles, klinisches Licht spendeten. Die Luft roch hingegen weit weniger klinisch; ein unverkennbarer Geruch nach Maschinenöl und Technik hing im Raum. Es war still. Auf der einen Seite führte eine schwere, mit einem Zahlencode gesicherte Stahltür hinaus, die jeden Laut, der hinter ihr geschah, völlig erstickte, und auch die normale Holzimitattür auf der gegenüberliegenden Seite ließ nur Stille hineindringen. Doch so still es war, so angespannt war es auch. Die Mienen der Anwesenden waren größtenteils verbissen, abwartend, eine fast greifbare Spannung knisterte zwischen ihnen. Ein Räuspern ließ einen jungen Mann von vielleicht siebzehn Jahren zusammenfahren. Zerzaustes, braunes Haar umrahmte sein kindliches Gesicht. Die großen Augen darin waren weit aufgerissen und groß, als er sich hektisch umsah. Ein zweiter Junge in seinem Alter, weit größer als er, mit weißem Haar und einem Pflaster im Gesicht, winkte mit einem entschuldigenden Grinsen ab und der Braunschopf sackte wieder auf seinem Stuhl zusammen. „Habt Geduld.“ Es war leichter gesagt, als getan; in den Gesichtern der Anwesenden spiegelte sich Unruhe und Ungeduld, Hände waren zu Fäusten geballt. Ein Junge, dessen halblanges graues Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war, stand abrupt auf, keine fünf Minuten nach der letzten Unterbrechung. Das neuerliche Zusammenfahren des Braunhaarigen ließ ihn für einen Moment entschuldigend und reumütig dreinsehen. „Oi, wo willst du hin?“ – „Ich geh eine rauchen.“ Das leise Schließen der Tür klang unnatürlich laut, als sie hinter ihm ins Schloss fiel. Einige der Anwesenden tauschten nervöse Blicke, dann stand der Nächste auf. Hochgewachsen, schwarze Haare, kalter Blick. Er gab keinen Ton von sich, als er ebenfalls die dunkelbraune Tür ansteuerte, und er machte sich auch nicht die Mühe, die Tür hinter sich leise zu schließen; der Knall hallte wie ein Kanonenschuss von den nackten Wänden wider. Der Braunhaarige sah unsicher zur Tür hinüber, dann zu seinen Begleitern. Ein weiterer Schwarzhaariger mit sonnenbrauner Haut zuckte die Schultern in einer Geste, die beinahe karikativ unbekümmert wirkte in der drückenden Anspannung. Der Braunschopf lächelte kurz, dann wanderte sein Blick weiter zu einer kleinen Gestalt, die auf einem so hohen Barhocker saß, dass sie trotz ihrer niedrigen Größe auf Augenhöhe mit den Anderen war. Die Gestalt regte sich lange nicht, dann nickte sie nur einmal kurz. Wie auf ein stilles Kommando hin erhob sich der Rest der Gruppe, steuerte die Tür an. „Wer kommt mit in die Mensa?“ „Ich! Ich habe extremen Hunger!“ „Ich geh lieber raus.“ „…Ich sehe nach den Kindern…“ Als die Tür wieder zufiel und gespenstische Stille in den Raum zurückkehrte, saß die kleine Gestalt mit dem Fedora immer noch auf ihrem Barhocker, den Blick aus unergründlichen Augen auf die massive Stahltür gerichtet, hinter der versteckt lag, worauf sie alle so sehr warteten. Zwei Stunden später war der Raum wieder voller Menschen, doch statt weiterhin unruhig auf Stühlen verteilt dazusitzen, standen sie um die massive Stahltür herum, die sich geöffnet hatte. In ihrem Rahmen stand ein untersetzter, kleiner Mann mit Halbglatze, dessen verschieden große Augen seinem Gesicht etwas beinahe Dümmliches gaben. „Ich habe es geschafft!“, verkündete er in einer hohen, leicht nasalen Stimme, während er breit und erwartungsvoll in die Runde strahlte. „Kommen Sie mit, kommen Sie mit! Sie werden sehr zufrieden mit mir sein! Ganz wie mit meinem Vater, jawohl.“ Der Braunhaarige tauschte einen kurzen Blick mit dem Raucher, sah dann zu der kleinen Gestalt mit Fedora, die es sich auf den Armen des braungebrannten Jungen bequem gemacht hatte. Sie nickte knapp. Ihre Augen waren im Schatten der Hutkrempe völlig unerkennbar. „Gehen wir.“ Der Raum, der sie hinter der Tür erwartete, war im Vergleich zu dem winzigen Vorraum gigantisch groß. Der Boden war mit hellem Linoleum ausgelegt, auf dem sich die langen Leuchtstoffröhren von der Decke spiegelten, die Wände waren weiß und steril. Der Geruch von Maschinenöl und Technik war deutlich stärker ausgeprägt, und da, wo der letzte Raum bis auf die Stühle der Wartenden völlig leer gewesen war, war dieser trotz seiner großen Fläche bis auf ein großzügiges Quadrat in der Mitte vollkommen vollgepfropft: An einer langen Wand entlang waren Computer und Bildschirme aufgereiht, auf denen hochkomplizierte Zahlenreihen durchliefen, ein leises, elektrisches Surren kam aus der Richtung der blinkenden und arbeitenden Hochleistungsmaschinen. In Regalen und Schränken aus kaltem Metall war eine schier endlose Auswahl an Materialien untergebracht, Werkzeuge waren sorgfältig in einer großen Vitrine aufgereiht, und auf langen, kalten Arbeitstischen lagen tausenderlei technische Geräte und Zeichnungen, die ein Mensch, der nicht vom Fach war, keinem erkennbaren Nutzen zuordnen konnte. Auf einem Tischabschnitt, der ansonsten bis auf einige wenige Papiere komplett leer war, befand sich ein groteskes, hellviolettes Gebilde, das im Entferntesten an eine etwas simplere Form von großkalibriger Schusswaffe erinnern mochte. Auf dieses Gebilde watschelte der Mann mit der Halbglatze zu, hievte es unter Anstrengung vom Tisch, um es mit schweißglänzender Stirn und einem geradezu wahnsinnigen, stolzen Glanz in den Augen zu präsentieren. „Es braucht vielleicht noch ein paar letzte Feinjustierungen, aber die Schöne hier ist bereit für den ersten Test – und ohne den Test kann ich die Justierungen nicht machen. Sie hat jetzt einen internen Rechner, der die Zielkoordinaten selbstständig berechnet, und sobald sie erst einmal ein paar Testläufe hinter sich hat, kann ich sie perfekt kalibrieren, sodass die manuelle Eingabenotwendigkeit komplett wegfällt. Bisher muss man noch ein paar Eckdaten angeben, um den Zielkoordinaten-Algorithmus passend zu ergänzen, aber wie gesagt-“ – „Genug!“ Der Mann stoppte mitten im Satz, grinste ein nervöses, etwas hektisches Grinsen. „Natürlich. Entschuldigen Sie bitte.“ Er kicherte fahrig, legte seinen Schatz dann wieder zurück an seinen Platz und fuhr sich mit einem gerüschten Stofftaschentuch über die glänzende Stirn. „N-nun, ich brauche einen Freiwilligen. Für den Anfang habe ich an zehn Jahre gedacht, ganz unverfänglich, Sie werden genau hier wieder auskommen – damals war es noch ein Parkhaus unter einem Einkaufszentrum. Keine Sorge! Es wird Nacht sein, niemand wird sie bemerken. Wie besprochen wird kein Austausch stattfinden; ganz wie mein zukünftiges Ich habe ich eine Methode gefunden, den Austausch auf halbem Weg aufzuhalten – nur, dass meine Vorgehensweise erheblich effizienter ist! Einhundertprozentige Erfolgschance, keine Risiken welcher Art auch immer, eine schnelle und zügige Handhabung, und sobald man zurückkehrt, fühlt man sich angenehm frisch und ausgeruht!“ Er strahlte breit, doch als ihm nur düster-abwartende Gesichter begegneten, erblasste das Grinsen auf seinem Gesicht wieder und seine erschlafften Mundwinkel fielen herab. „Aber natürlich geht es darum gerade nicht. Also. Zehn Jahre, Ankunft nachts, genau hier. Dort hinten links auf dem Tisch sehen sie einen Kommunikator, der direkt mit meinem System verbunden ist. Ich habe ihn an so an der Bazooka orientiert, dass er auf gleiche Art fähig ist, Nachrichtenaustausch mit meinem Hauptcomputer zu betreiben. Bisher konnte ich nur simple Befehle zum Laufen bringen, das Programm ist bedauerlicherweise sehr primitiv, aber die speziellen Funktionsweisen lassen sich nur schwer mit anderen Mitteln imitieren, ich arbeite noch daran. Im Wesentlichen reicht ein Druck auf den roten Knopf. Dieser sendet ein Signal an meinen Hauptrechner, der ein weiteres Signal an mein Lagersystem schickt, das automatisch über ein Duplikat der Bazooka das zwischengelagerte Pendant mit unserer Testperson austauscht. Sie werden also problemlos wieder herkommen können.“ Wieder warf er einen Blick in die Runde. Aufmerksame Blicke begegneten ihm. Er nickte zufrieden. „Sehr gut. Ich muss meine Testperson bitten, mir einen Beweis über die Funktionalität der Bazooka mitzubringen. Die genaue Wirkungsweise erkläre ich Ihnen erst, wenn sie wieder zur allgemeinen Nutzung freigegeben ist; solange sind alle neuen Features für Sie gesperrt. Bringen Sie mir eine Zeitung oder etwas anderes mit Datumsanzeige mit, und vergessen Sie nicht, ihren Ausflug so detailgetreu wie möglich zu dokumentieren, inklusive der Uhrzeiten ihrer Ankunft und Abreise. Für eine sekundengenaue Kalibrierung ist das ausgesprochen wichtig.“ Noch einen Moment wartete er, sah ernst in die Runde, dann klatschte er in die Hände und grinste, die disproportionalen Augen weit und begeistert aufgerissen. „Also! Freiwillige vor.“ Der Braunhaarige sah unsicher zu der Bazooka, dann zu dem Mann, der grinsend davor stand. „Und es ist wirklich sicher?“ – „Absolut! Meine Berechnungen sagen, unsere Erfolgschancen liegen bei neunzig Prozent! Das ist so viel, wie ich erreichen kann. Und gemessen an dem, was wir versuchen, ist es absolut atemberaubend viel!“ Sein Gesicht glühte vor Begeisterung, während der Braunhaarige eher unsicher aussah. Er tauschte einen Blick mit der kleinen Fedora-Gestalt. Es kam keine Regung. Er schluckte, seine Hände ballten sich zu Fäusten, als er entschlossen das Kinn hob, und trotz der Angst in seinen Augen hob er den Fuß, setzte an, einen Schritt vorzutreten– „Ich mache es!“ Der Raucher trat vor, zog in einer lässigen Bewegung den Gummi aus den Haaren und überbrückte mit selbstbewussten Schritten den kurzen Weg bis zu dem halbglatzigen Erfinder, der ihm nicht einmal bis an die Brust reichte. „Ich lasse Juudaime sicher nicht zum Versuchskaninchen Ihrer Basteleien werden!“ Er schnaubte, schob die Hände in die Hosentaschen. „Ich würde es selbst nicht tun, wenn es nicht nötig wäre.“ Sein Blick glitt kurz zu dem Braunschopf, der betreten den Kopf senkte, und auch einige der anderen Anwesenden wichen seinem Blick aus. „Viel Glück.“ Ein kurzes Grinsen zuckte in seinem Mundwinkel, als er dem schwarzhaarigen Sportler zunickte, der geradezu todernst gesprochen hatte. „Passt auf Juudaime auf“, mahnte er noch, dann wandte er sich der Bazooka zu, die inzwischen wieder in den Händen ihres Entwicklers lag. Das schwarze Loch des Laufs war auf ihn gerichtet. Entschlossen griff er nach dem kleinen Gerät, auf das der Mann vorhin verwiesen hatte. Ein Blick darauf zeigte, es sah aus wie eine altmodischere Digital-Uhr, und das Display zumindest zeigte auch nichts weiter als eine Uhrzeit an. Kurz nach Mitternacht? Er würde die Zeit vermutlich mit der an seinem Zielort abgleichen müssen. „Los.“ Es tat einen lauten Knall, und im nächsten Moment erfüllte dichter, rosiger Rauch die Fläche, an der vorhin noch der Sturmwächter der Vongola gestanden hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)