It Happened Late One Evening von Puppenspieler (Monster Tamer Tsuna - frei interpretiert) ================================================================================ V - Im Nachhinein wusste Hayato selbst nicht, wie er es schaffte, dem ersten Angriff von Hibari auszuweichen – es war jahrelanges Training, Instinkte, die sich längst so tief in seinen Körper gefressen hatten, dass er sie selbst nicht mehr aktiv wahrnahm. Er kannte Hibari. Diesen, den in seiner Welt – jeden. Hibari war Hibari, und dieser Umstand rettete Hayato wohl das Leben, als er ein gutes Stück von Hibari entfernt in dem auf einmal viel zu kleinen Raum in Angriffshaltung ging, Dynamit wurfbereit zwischen den Fingern, die ersten Lunten brennend. Er würde sich nicht unterkriegen lassen. Er würde Hibari so lange verprügeln, wie es sein musste, bis dieser Bastard ausspuckte, wo Daemon Spade war, denn wenn er sich allein über den Namen so sehr aufregte, dass er Hayato blindlings angriff, dann musste er irgendetwas wissen. (Zumindest wollte Hayato sich das einreden. Er brauchte verdammt nochmal einen Hinweis!) Einen Moment lang wirkte Hibaris Blick beinahe anerkennend. Nein, nicht ganz anerkennend. Eher neutral, nicht herabwürdigend, wie er es sonst immer war. Dann war der Augenblick vorbei und in den kalten, grauen Augen funkelte wieder arrogante Mordlust. Hayato schnaubte, stürmte auf Hibari zu. Er würde vermutlich Schläge kassieren, er würde es vermutlich bereuen. Aber er musste an dieses Fenster herankommen, und das konnte er nicht, wenn Hibari zwischen ihm und den schweren Vorhängen war. Also musste er ihn dort wegbekommen. Mit allen Mitteln. Die erste Explosion war nichts weiter als eine Rauchbombe. Hayato, längst an deren Effekt gewöhnt, ignorierte den beißenden Nebel, der ihm in den Augen tränte. Selbst, wenn er Hibari nicht zu fassen bekam, er würde aus dem Nebel herauswollen, nicht wahr? Der Plan scheiterte an einem Tonfa, das ihn hart an der Schläfe traf. Unter lautem Fluchen taumelte Hayato rückwärts, er spürte etwas Feuchtes an der Seite seines Gesichts herunterlaufen. Verdammt. Er sah einen Schatten im Nebel. Näherkommend. Immer noch um Gleichgewicht ringend warf er eine Hand voll kleiner Bomben. Stolperte zur Seite, rollte sich ab. Als er hoch kam, hatte die Explosionskette den dichten Qualm der Rauchbombe zerrissen und nur die dünnen Dunstfäden von schwelenden Möbelstücken verpesteten die Luft noch. Es war klar genug, um ausreichende Sicht zu haben. Hibari hatte sich tatsächlich vom Fenster entfernt. Er stand an der gegenüberliegenden Seite des Raumes von Hayato aus gesehen, wischte sich dunkle Flecken aus dem Mundwinkel und bleckte die unnatürlich langen Zähne in einem tiefen Fauchen. Hayato gestattete sich ein kurzes Grinsen, als er nach neuer Munition griff. Er würde es schaffen. Es ging nicht um ein Kräftemessen, es ging nur darum, ein verdammtes Fenster aufzusprengen. Und Hibari konnte einfach nicht überall sein. Wie sehr er sich täuschte, realisierte er erst, als er Hibaris Faust schon im Magen hatte, da brannte die Lunte des Dynamits gerade so. Ächzend ging er in die Knie, riss den Arm, der nicht seine Waffe hielt, hoch, um den zweiten Schlag abzublocken. Die Wucht des Aufpralls zog ihm hoch bis in die Schultern, und für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen. Sein Arm fühlte sich wie gebrochen an. Er konnte jetzt nicht aufgeben. Er biss die Zähne zusammen, hektisch atmend, und ohne jede Kontrolle darüber zu haben entkam ihm ein Schmerzensschrei, als das Tonfa erneut auf ihn herniederging. „Bastard“, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, seine Stimme schmerzverzerrt. Das Tonfa schwebte wieder bedrohlich über ihm. „Bastard.“ Er umklammerte die Bombe in seiner Hand. Die Lunte war fast heruntergebrannt. Jetzt oder nie. Das Tonfa rauschte mit einem pfeifenden Ton durch die Luft. Hayato riss den Arm hinunter, verlagerte sein Gewicht. Mit aller Wucht warf er sich frontal gegen Hibari, den Kopf in seinen Bauch rammend, und in dem Moment, in dem er das überrumpelte Keuchen des Anderen hörte, riss er den Arm mit dem Dynamit hoch und warf es blindlings in die Richtung, in der er die Fenster wusste. Etwas explodierte. Einen Moment war Hayato sich nicht sicher, ob es das Dynamit gewesen war, oder nur der glühende Schmerz in seinem Rücken. Für einen Moment wurde alles schwarz. Es dauerte, bis Hayato realisierte, dass die Schwärze nicht von Ohnmacht her rührte, sondern schlicht davon, dass er die Augen zusammengekniffen hatte, und mühsam zwang er seine Augenlider wieder auseinander. Es war hell. Der Raum war staubig und voller kleiner Trümmer, hinter dem wuchtigen Tisch, der den Raum dominierte, kauerte im Halbschatten, den das Möbel warf, Hibari, während Sonnenlicht durch die zersprungenen Fensterscheiben und zerfetzten Vorhänge flutete. Hayato blinzelte, dann stieß er erleichtert die Luft aus, zittrig lachend. Es hatte funktioniert. Ein Fauchen drang aus Hibaris Richtung, und sofort verstummte er wieder. Man musste nichts provozieren. Ächzend stemmte Hayato sich hoch, sein Rücken schmerzte und sein linker Arm fühlte sich an, als wäre der Knochen in tausend Stücke zersplittert; er ließ sich allerdings noch bewegen. Es war wohl mehr Schmerz als ernsthafte Verletzung. Langsam trat er einen wackligen Schritt in Hibaris Richtung. Der hob bei dem Geräusch von knirschenden Schritten den Kopf, eine Hand vor dem Gesicht. Die Augen im Schatten dahinter waren zu schmalsten Schlitzen verengt, sprühten hassvolle Funken, die schmalen Lippen wütend verzogen und die Zähne gebleckt. „Was willst du?“ Hibaris Stimme war mindestens genauso hasserfüllt wie sein Blick, und allein ihr Klang ließ Hayato erschaudern. Jede Faser seines Körpers schrie nach Flucht vor diesem unberechenbaren Monster auf dem Boden. Für Juudaime. Aber Hayato straffte nur die Schultern, reckte das Kinn vor – und senkte es dann schnell wieder, als ihm bewusst wurde, dass es womöglich dumm sein könnte, so demonstrativ auf Hibari herabzusehen. „Ich will Daemon Spade vernichten. Man sagte mir, ihr… Vampire wüsstet, wo er ist.“ Hibari schwieg. Er hatte immer noch eine Hand vor dem Gesicht, um es vor dem diesigen Licht zu schützen, und mit dem neuerlich gesenkten Kopf verschwanden seine Augen gänzlich im Schatten. Trotzdem fühlte Hayato sich beobachtet wie nie zuvor, obwohl er Hibaris Blick nicht einmal mehr sehen konnte. Minutenlang – so fühlte es sich zumindest an –, herrschte Schweigen, dann erhob sich der Schwarzhaarige in einer abrupten, raubtierhaft eleganten Bewegung und schüttelte sich Staub aus seinem Haar. Er schien Hayatos Anwesenheit völlig ausgeblendet zu haben, während er in einer Seelenruhe, zu der nur Hibari fähig war, seine Kleider richtete, letzten Dreck aus der Frisur zupfte, und sich den Schmutz vom Gesicht wischte. Erst, als er beinahe aussah, als hätte er keinen raumexplodierenden Kampf hinter sich, hob er den Blick wieder, richtete ihn auf Hayato. Mit dem Rücken zum Sonnenlicht war es schwer, in seinem Gesicht zu lesen, aber Hayato beschlich das untrügliche Gefühl, dass er ohnehin nicht sehen wollen würde, was da in den Schatten verborgen lag. Hibaris Aufmerksamkeit hieß selten etwas Positives. „Wir wissen nichts.“ Hayatos Schultern sackten herab, dann ballte er die Hände zu Fäusten und knurrte. „Verarsch mich nicht, du Schulfreak!“ Aus Hibaris Richtung drang ein leiser, warnender Laut, der Hayato jeden weiteren Protest im Halse stecken blieben ließ. Hibari trat einen Schritt auf ihn zu, dann noch einen, und je näher er kam, desto mehr konnte Hayato Details in dem Gesicht ausmachen, das so tief im Schatten lag. Eisgraue Augen glühten, wütend vor allem, doch in ihnen lag ein unheilverkündender Hauch von Amüsement, genauso wie in dem leichten Verziehen der sonst so stoisch ruhigen Mundwinkel. Ein Grinsen? Hayato schluckte. Er wollte nicht wissen, was gerade in Hibaris Kopf vor sich ging. Instinktiv griff er nach seinem Dynamit. „Aber du kannst Spürhund für uns werden, Werwolf.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)