It Happened Late One Evening von Puppenspieler (Monster Tamer Tsuna - frei interpretiert) ================================================================================ IX -- Es dauerte zwei Tage, bis Hibari aufwachte. Hayato war gerade mit Juudaime unterwegs, Einkäufe tätigen. Zwischen Supermarkt und Juudaimes Haus erfuhr er den Grund, weshalb Juudaime ihre Basis im Keller des Hauses aufgebaut hatte. Im Wesentlichen, damit seine Mutter, die gerade auf unbestimmt bei einer alten Freundin untergekommen war, nichts davon merkte, in welchen Gefilden ihr Sohn sich bewegte. Typischer Juudaime-Grund. Als sie beladen mit Einkaufstaschen zurückkamen, war Hibaris Klappbett leer und der Kerl nirgendwo auffindbar. Haru saß auf der Kante der zerwühlten Schlafstatt und grinste ihr munteres Haru-Grinsen. „Willkommen zurück, Tsuna-San und Anhang! Hibari-San ist übrigens im Bad, ich denke, er kommt gleich wieder. Sah nicht aus, als wollte er in dem strahlenden Sonnenschein unbedingt raus. Es ist toll, oder? Ich war vorhin kurz im Garten, bis Bianchi-San erzählt hat, dass unser Schneewittchen aufgewacht ist.“ Sie sprang ungeniert auf, nahm Juudaime die Tüte ab, in der Kräuter und Salze waren, mit denen Hayato nur vage etwas anfangen konnte. Er wusste zwar um die geisterabwehrenden Fähigkeiten, die man einigen Dingen nachsagte, aber es erfüllte ihn immer noch mit Ehrfurcht, dass es wirklich funktionierte. „Wir sollten mit Hibari-San reden, wenn er wieder kommt. Ich denke, es wäre nicht schlecht, ihn noch im Auge zu behalten. Er heilt ganz großartig und alles, aber bei Vampiren weiß man ja nie. Unsre Blutkonserven waren wohl auch nicht mehr als ein netter Snack für ihn, aber tja. Wie gesagt, ich lass mich nicht anfressen, und Werwolfblut mögen Vampire ja nicht mal, also hat er eben Pech und muss ein bisschen Diät halten.“ Hayato hob die Augenbrauen, sah fragend zu Juudaime hinüber, Harus weiteres Geplapper einfach ausblendend. Sie schien den Mund einfach nicht zuzubekommen, während sie ihre Einkäufe wegräumte. „Vampire können im Grunde alles an Blut trinken. Vampirblut liefert allerdings nicht genug Nährstoffe, Menschen werden mit Vampirismus infiziert und Werwolfblut schmeckt ihnen tatsächlich nicht. Es gibt ein uraltes Abkommen, nach dem Vampire im Wesentlichen nur von Wesen trinken dürfen, denen es nicht lebensbeeinflussend schadet, da bleiben außer Hexen gar nicht mehr so viele übrig. Heutzutage bedienen sich die Meisten an Blutbanken.“ Er seufzte leise, hob die Schultern. „In manchen Gegenden heuert man sie an, um eine Überpopulation durch verschiedene Randgruppen zu dezimieren. Hier in Namimori… Wir wissen zugegeben gar nicht, wovon Hibari-San und seine Leute sich ernähren, aber wir finden keine Vampiropfer, damit ist es auch in Ordnung.“ Hayato war sich nicht ganz sicher, ob Juudaime da nicht wieder zu naiv war, aber im Endeffekt… da ging es um Hibari und sein heiliges Namimori. Wahrscheinlich waren seine Nahrungsbeschaffungsmethoden tatsächlich koscher. Das Gespräch unterbrach sich, als Hibari tatsächlich wieder in den Raum trat. Selbst Mukuro sah kurz von seinem Buch auf – er las immer noch. Hayato war sich langsam wirklich sicher, dass er da hinten festgewachsen war – und Irie stoppte in seinem Versuch, Hayatos Kommunikator zu studieren, ohne ihn dabei komplett zu ruinieren. Sehr zu Hayatos Erleichterung hatte die Brillenschlange sich tatsächlich bereit erklärt, zu helfen, und nachdem Hayato ihm knapp erklärt hatte, was er wollte, hatte er von dem Jungen nichts mehr gehört und nur wenig gesehen, und wenn er ihn mal bemerkte, dann war er tief über Notizen und Berechnungen gebeugt, die sich selbst Hayatos Genie entzogen. „Hahi! Hibari-San, willkommen zurück! Wie fühlst du dich?“ Haru bekam für ihre Worte ein tödliches Funkeln, und mit einem Quietschen wich sie ein Stück zurück, wirbelte zurück zu ihrem Regal herum und schien es plötzlich unglaublich wichtig zu finden, die chaotisch aufgereihten Kräuter alphabetisch zu sortieren. Hayato verdrehte die Augen. Als er wieder zu Hibari zurück sah, war der längst nicht mehr an seinem Platz. Stattdessen stand er direkt vor ihm und Juudaime, lautlos, wie plötzlich aus dem Boden geschossen. „Was mache ich hier, Jäger?“ – „Gokudera-Kun hat dich hergebracht. Du warst verletzt. Ich kenne die Details auch nicht, aber ich bin froh, dass es dir wieder gut geht.“ Juudaime lächelte, trotz Hibaris kaltem Blick, der sich nach einem Moment mit einem genervten Schnauben abwandte und stattdessen Hayato fixierte. Es sah geradezu nach einer wortlosen Morddrohung aus. „Werwolf.“ – „Vampir.“ Hayato wusste selbst nicht, ob das Gruß oder Beleidigung sein sollte. Vielleicht beides. Hibari wandte sich ab, ließ sich auf einem Stuhl nieder mit einer selbstverständlichen Gleichgültigkeit, als gehöre die ganze Basis ihm. Juudaime störte sich nicht daran. Eher lächelte er wieder, setzte sich ebenfalls hin. Hayato folgte, wenn auch mehr, weil er nichts anderes zu tun wusste. Auf einiges an Schweigen folgte schließlich ein Gespräch – eher, ein Monolog – an dem Hayato nicht teilnahm. Schweigend saß er dabei, rauchte eine Zigarette, während er zuhörte, wie Juudaime auf Hibari einredete. Zusammenarbeit, gemeinsamer Feind, die üblichen Argumente. Es war ein Gespräch, wie er es schon viel zu oft gehört hatte, zwischen seinem Juudaime und Hibari, und nach einigen Minuten des schweigenden Zuhörens und Beobachtens von Hibaris Mimik wusste Hayato schon um den Gesprächsausgang. Er erhob sich, verließ den Raum, ohne dass irgendjemand es bemerken würde – nur Mukuros zweifarbiger Blick ruhte einen Moment auf ihm. Mukuro war sowieso noch so ein Thema, damit würde Hayato sich auseinander setzen, sobald… sobald er überhaupt einmal genau wusste, wo er dran war. Wenn Iries Arbeit scheiterte, hatte er keine Wahl, als eine Rückkehr zu riskieren und zu hoffen, dass Giannini ihn genau hierher wieder zurückschicken konnte. (Oder gleich ihren Irie zu fragen, dass der Gianninis Arbeit abnahm, Hayato mochte die Brillenschlange nicht mögen, aber sie war kompetent.) „Gokudera-Kun?“ Wenn man vom Teufel sprach. Hayato seufzte, drehte sich um, um Irie mit hochgezogener Braue zu mustern. Er stand vor der Kellertreppe, eine Hand in seinem unordentlichen Schopf vergraben. „Was?“ – „Ich hab ein paar Fragen.“ Sie fanden einen Platz in der Küche, dem einzigen Raum, der nicht verstaubt und verwahrlost aussah – der einzige Raum, der noch genutzt wurde, vom Keller einmal abgesehen. Hayato blieb stehen, lehnte sich gegen die Arbeitsplatte, sah zu, wie Irie sich etwas zerstreut auf einem Stuhl nieder ließ. Einen Moment musterte der Rothaarige ihn über den Rand einer heruntergerutschten Brille hinweg, dann richtete er das Gestell und seufzte. „Also, diese Parallelweltensache. Du kommst aus einer Welt in der…“, er runzelte die Stirn, hob vage die Hand, „Das alles hier nicht existiert, richtig?“ Hayato nickte. Irie kicherte nervös, entrückt. „Wieso willst du nicht zurück?“ Niemand hatte ihn das gefragt. Niemand hatte gefragt, und Hayato hinterfragte nicht, warum. Entweder, sie ahnten es, oder es kümmerte sie nicht, und in den wenigen Fällen, in denen es ihm wichtig war – Juudaime… – wusste er, dass verstanden wurde, wieso er blieb. Letztlich, Juudaime war es auch gewesen, der begonnen hatte mit dem Gedanken, dass Hayato bleiben musste. „Ich bin ein Werwolf“, erklärte er unwirsch, irgendwie genervt, denn er war sich sicher, Irie wusste das längst. An der Art, wie der Kerl nickte, wissend und verständnislos, bestätigte sich das auch schnell. „Ich kann nicht zurück. Da drüben kann niemand mit so etwas umgehen. Ich würde Juudaime in Gefahr bringen.“ Hayato presste die Lippen zusammen, schluckte den bitteren Geschmack im Mund wieder herunter, während Iries Blick von verständnislos langsam zu begreifend wechselte und ein zaghaftes, mitfühlendes Lächeln sich auf seinem Gesicht breitmachte. „Sind wir sehr unterschiedlich? Wir und… die anderen… wirs?“ Die dumme Frage, kombiniert mit Iries äquivalent dummem Ausdruck ob der holprigen Ausdrucksweise ließ Hayato kurz schnauben, fast erheitert. Er musterte den Jungen. Er sah aus wie er Irie kannte: ungebügelte Kleidung, unordentliches Haar, schiefe Brille und mehr als häufig ein latent panischer Blick hinter den dicken Brillengläsern. Fahrige Bewegungen, gelegentliche Stotteranfälle, aber ein brillanter Verstand hinter der unscheinbaren Fassade. Selbst Yamamoto, so verfault und falsch, wie er war, war immer noch Yamamoto. Und Juudaime. Juudaime war Juudaime. „Kommt drauf an, wo du suchst“, antwortete er kryptisch, grinste nur bei Iries ratloser Miene und ließ ihn dann in der Küche sitzen, um über der Antwort zu brüten. Hayato kehrte in den Keller zurück. Juudaime strahlte ihn an, als er herunterkam, sprang vom Tisch auf. „Gokudera-Kun! Ich hab großartige Neuigkeiten!“ – „Lass mich raten: Hibari hilft uns und wir… können unsere Basis in der Schule aufschlagen?“ Juudaime wollte wohl enttäuscht aussehen, doch er grinste, als er nickte. Es war ein Grinsen, das gleichermaßen wehmütig und fröhlich war, und Hayato spürte genau dieses Grinsen auch in seinem Mundwinkel zucken. Das ist genauso meine Welt wie jede Andere. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)