Die Hölle auf zwei Beinen von abgemeldet (Zwischen Hölle und Hölle IV) ================================================================================ | zwei | »Hat jemand Lust auf'n hartes Ei?« »Ganss schön haarich. Vielleicht sollten wir ihn mal rasier'n.« »Hey, wo'sn der Rest von deinem Genitalbereich?« »Die lass'n hier wirklich jeden Sack rein.« Das Gefühl hatte ich auch langsam. »REITA!«, brüllte ich angepisst durch die fröhlich schwankende Eingangshalle, versuchte den Wicht zwischen den ungelenk stampfenden Tänzern irgendwo dort im bunt flackernden Licht zu finden. Wahrscheinlich hatte er mitbekommen, was für eine Laune ich hatte und versteckte sich jetzt irgendwo. Zitternd und darauf hoffend, dass ich ihn nicht fand. Der konnte sich aber auch auf was gefasst machen, wenn ich ihn in die Finger bekam! Ich war mir zwar nicht mehr sicher, wieso ich ihn eigentlich suchte, aber es musste ja einen guten Grund haben! Brummelnd sank ich auf einen der Stühle am Rand der Partyzone. Oder versuchte es eher. Mein umfangreiches Kostüm schob die Lehne nach hinten und zog mir dreist die Sitzfläche unter dem Arsch weg, sodass ich auf dem Boden landete wie ein Häufchen Elend. So fühlte ich mich inzwischen auch. Die anfängliche Euphorie war verschwunden, ich hatte so was von keinen Bock mehr. Musste am Alkohol liegen, das passierte jedes Mal irgendwann. Das kleine Bierchen gluckerte auch schon unheilvoll in meinem Bauch und kam gar nicht mehr zur Ruhe. Und die Wellen im Boden nervten auch. Und überhaupt. Wie ich Kostümpartys doch hasste. Heute war wirklich das allerletzte Mal gewesen! Traurig sah ich mich um. Ich wollte nach Hause. Nur noch ins Bett und schlafen, das Bier beruhigen und am besten erst dann wieder aufwachen, wenn die bald kommenden Kopfschmerzen schon wieder weg waren. Dazu wäre ein warmer, kuscheliger Reita ganz nützlich gewesen, aber sollte der sich doch allein unter dem Buffet vergnügen, wenn sein Hoden ihm so dermaßen am Lampenschirm vorbeiging! Mein Blick huschte umher. Alle hatten Spaß, tanzten herum und übertönten mit ihrem Gelalle fast schon die Musik. Sakai konnte ich nirgendwo entdecken, der war wohl schon abgehauen. Überhaupt konnte ich keine Angestellten oder höheren Tiere mehr entdecken, da waren nur noch betrunkene Musiker. Ich konnte es verstehen, dass sie schon weg waren. Aber damit schwanden die Chancen, jemanden zu finden, der mich nach Hause brachte. Die Einzigen, denen ich zutraute, jetzt noch nüchtern und vernünftig zu sein, waren Kai und Nao. Nao war zwar nicht mehr Leader nach der Katastrophe mit der Sakai-Suche vor einem halben Jahr, sondern hatte die Stelle an unseren souveränen und tapferen Shou abtreten müssen, aber der war genauso fürsorglich wie Kai. Meistens. Mit einem Dackelblick erreichte man alles bei ihm. Solange man Hiroto, Tora, Saga oder Shou hieß. Trotzdem! Er vertraute mir Shou an, wenn sie mal wegfuhren und das Beinmonster bei uns auf Ruki warten wollte, wenn dieser unterwegs war. Das musste etwas heißen! »NAO!«, brüllte ich also los, da Kai wahrscheinlich gerade seinen fünften Orgasmus reingespießt bekam. Aber auch Nao war nicht zu entdecken. Scheiße. Musste ich doch allein los und mit der Bahn fahren. Schmollend schwankte ich durch die johlende Menge, ließ mich betatschen und quetschte mich schließlich durch die Eingangstür nach draußen. Mit einem fast schon hörbaren Ploppen landete ich an der kühlen Nachtluft, drehte mich ein paarmal im Kreis und fragte mich, ob ich Nao gefunden hatte oder nicht. Wollte ich zur Bahnstation oder zum Parkplatz, weil er gleich nachkam? Blödes Gedächtnis. Schulterzuckend entschied ich mich für den Parkplatz, der war näher dran. Ich trabte umher, suchte nach der Alice-Nine-Kutsche und presste mich mit meinem Kostüm zwischen den Autos hindurch, verlor ein paar Schamhaare an Scheibenwischern und war froh, als ich eine Limousine fand. Auf den ersten Blick zumindest. Auf den zweiten wurde sie plötzlich kleiner, schwankte ein wenig und sah aus wie der Van von uns, aber die Farbe des Lacks stimmte nicht. Egal. Da drin war es gemütlich und wärmer, hoffte ich zumindest. Meine nackten Beine froren langsam. Rabiat rupfte ich an der Tür, die nicht verschlossen war, wuchtete mich auf die mittlere Sitzreihe und nickte Ruki und Shou zu, die mich erschrocken ansahen und unter einer Decke verschwanden. Gemein. Ich musste mich so einrollen und ohne Decke schlafen. Aber wenigstens schlafen … »Wieso liegt da ein Hoden auf meinem Platz?« »Und wer hat auf meinen Gurt gesabbert?« »Und wer hat aus mein'm Becherschen getrunk'n?« »Saga, du Hohlkopf! Das warst du selbst!« »Oh …« Ich wurde bewegt. Murrend öffnete ich meine Augen, blinzelte Tora an, der mich in meiner Plüschkugel drehte, bis ich saß. Fassungslos wurde ich von Alice Nine angesehen, die teilweise vor mir auf dem Beifahrerplatz saßen, teilweise noch draußen vor der Tür warteten. »Aoi? Bist du das?« »Seh ich so scheiße aus?«, fragte ich müde, gähnte ausgiebig und streckte mich leicht, traf dabei fast Tora, der gerade noch so ausweichen konnte. »Tschuldige.« »Wie bist du in den Wagen gekommen? Die Tür war doch zu!« Nao sah mich vom Fahrersitz aus entgeistert an, hielt seinen Schlüssel hoch. »Wo warst du denn die ganze Zeit? Ich hab dich gesucht! Oder auf dich gewartet? Ich weiß auch nicht …« Der Drummer runzelte die Stirn und seufzte. »Wir nehmen ihn mit, sicher ist sicher.« »Meinst du echt, da draußen sind welche, die Hoden entführen?«, fragte ich ängstlich, klammerte mich an Saga, der neben mich geschoben wurde. Glasig stierte er mich an und griff in meine Behaarung. So ein Lüstling! Shou drehte sich vom Beifahrersitz zu mir um, schnallte mich an. Gar nicht so einfach bei dem dicken Ei. Ich gluckste. Dann legte ich den Kopf schief. »Warst du nicht mit Ruki hier drin?« »Nein.« »Aber-« »Nein!« Schweigend starrte ich ihn an. »Sicher …?« »Wir waren drinnen und haben getanzt.« Er sah mich so aufdringlich an, dass mir ganz anders dabei wurde. Nervös krallte ich mich an Saga, stellte fest, dass er irgendwie komisch aussah. »Wieso trägst du eigentlich einen Hoden?«, fragte ich ihn misstrauisch, zog den Klettverschluss auf und suchte nach Kai. »HEY!« »Oh, du bist ja nackt.« Tora auf Sagas anderer Seite lachte schallend los, ebenso Hiroto hinter uns. Nur Nao atmete tief durch und nahm meine Hände weg, schloss das Kostüm wieder. »Euer Gitarrist wollte einen Nasenbären vernaschen, da Saga aber nicht wollte, musste er mit Kai Kostüme tauschen.« »Ich wollte einen Nasenbären vernaschen?« Mit großen Augen sah ich Nao an. »Nein. Uruha.« »Ich wollte Uruha vernaschen?« Man gönnte mir keine Antwort mehr. Gelangweilt ließ ich meinen Blick schweifen, als wir schweigend durch die Stadt brausten. Die Lichter zogen an uns vorbei, beleuchteten unsere Kostüme und warfen gruselige Schatten mit unseren Schamhaaren. Ich ahnte schon jetzt, von was ich die nächsten Nächte Albträume haben würde. »Wieso hast du so eine große Nase?«, fragte ich in die Stille hinein und musterte Saga neugierig. »Damit ich dich besser fressen kann.« Verwirrt sah ich ihn an. Er mich auch. »Haben wir Reita jetzt eigentlich mitgenommen oder haben wir den auf dem Parkplatz vergessen?«, fragte Shou Nao und ich wurde hellhörig. Stimmt, Reita. Auf der Party hatte ich ihn gar nicht gesehen, aber er musste die ganze Zeit dagewesen sein. Nicht fair. Ich wollte auch mal mit meinem Freund auf die Toilette verschwinden! Nächstes Mal suchte ich die Kostüme aus! »Mann, bleib sitzen!« Saga zerrte mich wieder hinab, als ich halb auf die Lehne kletterte, um nach Reita zu schauen. Dass ich dabei die anderen beiden in meiner Sitzreihe fast zerquetscht hatte, fiel mir gar nicht auf. »Reita ist im Kofferraum. Uruha und Kai müssen noch auf der Party sein.« »Im Kofferraum?« »Er hat hier nicht reingepasst mit seinem Kostüm. Wir mussten ihn zusammenklappen und hinten verstauen.« »Er ist zusammengeklappt?« Besorgt drehte ich mich um. »Bleib sitzen!« Stirnrunzelnd sah ich Saga an. »Wieso hast du einen Hoden an?« ♦ Das nächste Erwachen war himmlisch. Die Götter hatten endlich ein Einsehen mit mir gehabt und mir statt einem fiesen Rausch einen Engel zwischen den Schenkeln geschenkt. Sozusagen. Noch mit geschlossenen Augen atmete ich ganz tief den Duft von Reita ein, der im Schlaf noch viel intensiver roch als sonst, räkelte mich wohlig auf seinem Bauch und schmiegte mich zufrieden an seinen warmen Körper. Seine Arme waren eng um meinen Oberkörper geschlungen, sein regelmäßiger Atem streifte angenehm sanft mein Ohr. Und ich war nackt. Komplett nackt. Reitas Zehen hatten sich mit meinen verhakt, ich konnte seine knittrige Kleidung direkt an meiner Haut spüren. Für das perfekte Erwachen fehlte noch etwas, ein schlaffer Penis, der noch in mir steckte und langsam hart wurde, aber gut, ich gab mich mit dem zufrieden, was ich bekam, das war verglichen mit anderen Tagen schon eine ganze Menge. »Meinst du, sie sind schon wach?« »Ich weiß nicht. Sie haben sich schon öfter bewegt, daran kann man das nicht feststellen.« Saga und Hiroto putzen sich irgendwo neben uns die Zähne. Ich hörte ihre Stimmen und fühlte kleine Tröpfchen auf mich niederregnen. Hoffentlich wachte Reita davon nicht auf. »Die haben echt ganz schön gebechert gestern.« »Uruha aber auch. Dieses blöde Kostüm zieh ich nie wieder an!« Hiroto lachte leise. »Aoi stand es auch besser als dir.« »Ich hätte ja nicht gedacht, dass er wirklich nackt drunter ist.« »Ich auch nicht.« Schreiend fuhr ich hoch. Reita wachte dabei auch auf, schrie vorsorglich einfach mal mit und sah sich verwirrt um. Ich hingegen suchte nach irgendwas, womit ich mich bedecken konnte. Ich war nackt! Splitterfasernackt! In einer Badewanne! In einer FREMDEN Badewanne! Und wurde angestarrt! »Könnt ihr vielleicht mal woanders hingucken?!«, fauchte ich die beiden zahnpastabeschmierten Lustmolche an und griff mir das Handtuch, das um Sagas Hüfte gebunden war. Jetzt lief der zwar kirschrot an, aber wenigstens konnte man mir nichts mehr weggucken. »Aoi …?« Ich beugte mich hinab, drückte Reita einen Kuss auf und kletterte aus der Wanne, zog ihn in die Senkrechte. »Wieso sind wir hier?«, fragte er an Hiroto gewandt, der sich fast an seiner Zahnbürste verschluckte, als Saga kein weiteres Handtuch mehr fand und sich hinter dem Duschvorhang versteckte. »Na ja, wir haben euch gestern mit nach Hause genommen und hatten kein Bett mehr frei, dann seid ihr hier gelandet.« »Und wieso sind wir nicht nebenan?!« »Ihr hattet keinen Schlüssel dabei und Kai ist erst später irgendwann nach Hause gekommen.« »Und wieso ist Aoi nackt?!« »Er hat auf sein Kostüm gekotzt, wir mussten es ihm ausziehen.« Oh. Das erklärte so einiges. »Und wieso putzt ihr euch zusammen die Zähne?«, fragte Reita mit schmalem Blick und starrte auf das Handtuch, das vorher Sagas Intimitäten bedeckt hatte. »Wir haben nur ein Bad.« »Wir auch!« »Ihr habt zwei!« »Das Weiberbad ist doch kein richtiges Bad!« »Was ist es denn dann?« Reita schnaubte nur, packte meine Hand und zog mich hinter sich her. Ich warf Hiroto noch einen entschuldigenden Blick zu, dann waren wir schon im Flur. Nao sah uns seltsam an, als wir an ihm vorbeikamen, aber winkte nur, als wir in den Hausflur verschwanden und zu unserer Wohnung rüberstapften. »Hey, aufmachen!«, rief Reita und klopfte. Seufzend drückte ich die Klingel und wenige Sekunden später öffnete uns ein strahlender Kai. »Guten Morgen, ihr zwei. Ausgeschlafen?« »Was soll das heißen, du hast dir keine Sorgen gemacht, wo wir sind?« »Genau das, was du eben gesagt hast.« »Aber uns hätte sonst was passieren können! Wir waren bei denen! Und Aoi hat auch noch ein Handtuch an seinem … da unten gehabt, wo der Beutel es auch vorher hatte!« »Vergesst nicht, es ihnen zurückzubringen.« »Kai!« Uruha kam nach Reitas verzweifeltem Ausruf grinsend in die Küche und setzte sich neben mich. »Ich hab was verpasst, oder? Was hat unser Penner diesmal angestellt?« »Misch du dich da nicht ein, Sack!« »Ich hab doch gar nicht-« »Aber du wolltest!« »Doofer Penner.« »Rattenschwanz!« »Elefantenrüssel!« »Wildschweinborste!« »Das reicht jetzt!« Energisch rupfte Kai den Suppentopf vom Herd und knallte ihn in die Mitte des Tischs. »Essen!« Eingeschüchtert ließen wir uns die Katersuppe aufzwingen, dessen Zutaten ich niemals erfahren wollte, die aber wirksam gegen Kopfschmerzen und Übelkeit waren. Zwar hatte ich keinerlei Probleme, aber um Kai nicht noch weiter zu reizen, würgte ich die Brühe hinunter, bis unser Leader sich nickend zurücklehnte und Kekse zur Belohnung verteilte. »Gut, ich denke, wir werden den heutigen Tag ruhig angehen, schließlich ist Sonntag«, begann er, sobald wir das süße Naschwerk verputzt und damit den eigentümlichen Geschmack der Suppe vertrieben hatten. »Irgendwelche Vorschläge für den Nachmittag?« »Ja, wir könnten uns gegenseitig berichten, was wir auf der Party so erlebt haben. Es gibt da ein paar Dinge, die wüsste ich zu gern«, stichelte Uruha und schielte zu dem fremden Handtuch, das auf der Arbeitsplatte lag, ordentlich zusammengefaltet und frisch gebügelt, damit wir es bloß nicht vergaßen. »Oh ja, dann erfahren wir auch endlich mal, wieso uns Nao seit gestern noch seltsamer ansieht«, zischte Reita zurück und ich spürte, wie ich rot anlief. Entweder lag es an der Sache in der Toilette, oder ich hatte irgendwas auf der Fahrt nach Hause angestellt, wovon ich nichts mehr wusste. Ich erinnerte mich nur an einen zweiten Hoden, der neben mir gesessen hatte. »Da gibt es nicht viel zu erzählen«, warf Kai ein. »Nao hat Aoi im Alice-Nine-Van gefunden und nach Hause gebracht, da sie aber zuerst hier waren und niemand einen Schlüssel dabeihatte, haben sie Aoi mit zu sich genommen. Allerdings …« Der strenge Blick wanderte zu Reita. »… habe ich gehört, dass gewisse Lampen im Kofferraum geschlafen haben.« »Na so was …« Reita knetete nervös an meinen Fingern herum. »Sollen wir nachher vielleicht einen Film gucken? Oder so?« »Welchen?« »Ich hab da den einen, den blutigen mit den Vampiren und dem-« »Abgelehnt. Sinnvolle Vorschläge?« »Hey!« »Den Porno, den du dir gestern Nacht noch heruntergeladen hast?« Kai runzelte die Stirn. »Nein, den wollte ich eigentlich … URUHA!« Er sprang auf, packte den Angesprochenen am Kragen und funkelte ihn wütend an. Uruha stöhnte auf. »Du machst mich so heiß gerade, Uke …« »Wir gucken den Film von Reita. Spülen übernehmen Uruha und ich. Ihr könnt dann gehen.« »Ihr wollt doch nur in Ruhe vögeln.« Der eisige Blick schien direkt in Reitas Po zu piksen und diesen dazu zu bringen, aufzuspringen und zu flüchten. Ruki, der schweigend am Tisch gesessen und zugehört hatte, trollte sich ebenfalls, und auch ich wollte gerade gehen, da hielt Kai mich noch einmal zurück. »Aoi?« »Nein, ich helfe euch nicht!« Er wurde rot. »Kann ich dich nachher vielleicht kurz unter vier Augen sprechen? Es ist wichtig.« Uruha leckte schmatzend über Kais Hals. Gebannt beobachtete ich die Zunge, die sich drehte und wand, den bebenden Adamsapfel abschleckte. »… Aoi?« Ich befürchtete zwar das Schlimmste, wenn er unbedingt allein mit mir sprechen wollte, aber ich nickte tapfer. »Klar. Sag Bescheid, wenn ihr … fertig seid. Ähm. Viel … Spaß dann.« Kai stöhnte auf, sah mich so erregt an, dass ich Angst bekam. Uruhas Grinsen im Hintergrund machte es nicht besser, und so raste ich aus der Küche und knallte hastig die Tür hinter mir zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)