KOMA von KamuiMegumi ================================================================================ Kapitel 1: Gegebenheiten im Tiefschlaf -------------------------------------- Koma 1. Rezept Gegebenheiten im Tiefschlaf „Die Frage, die sich alle stellen: Wo ist Sasuke Uchiha? Seit einem halben Jahr scheint er wie vom Erdboden verschluckt! Wirklich bekannt geworden ist über den Verbleib des heißbegehrtesten Junggestellen und Erben des Uchiha – Imperium bisher noch nichts, aber wir werden nun mit Ihnen gemeinsam auf Spurensuche gehen und Ihnen nun in wunderschönen Momentaufnahmen den attraktivsten Mann der Neuzeit wieder ins Gedächtnis rufen!“ „Was für'n Scheiß!“, stöhnte der noch augenscheinlich recht junge Mann im vollbesetzten Pausenraum des Senyu – Privatklinikum - und – Reha – Institut Konoha und stierte, wie alle seine jetzt anwesenden Kollegen, auf den älteren Röhrenbildschirm. Dieser stand auf einem recht wacklig wirkenden Tisch vor mehreren verschlissenen Sofas und Sesseln. Diese hatten nicht diesen Zustand erreicht weil sie das Inventar einer veralteten Klinik waren, sondern eher, weil die Klinikleitung keinen weiteren Sinn mehr darin sah, eben diese Möbelstücke im regelmäßigen Rhythmen zu ersetzen. Es war der Aufenthaltsraum der Pfleger, alle noch in jungen Jahren und weit über die normalen Pflegertätigkeiten ausgebildet. Jeder für sich auf ein Fachgebiet spezialisiert. Nur so war es der Klinik gelungen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt zu sein. Die Pflegerinnen und Krankenschwestern hatten ihre eigenen Räumlichkeiten nur unweit von diesem Raum entfernt und so herrschte eine strikte Geschlechtertrennung, welche von der Klinikleitung auch streng überwacht wurde. So streng, dass eben diese Klinikleitung sich gerade von ihrem Fensterplatz erhob und dem jungen Unruhestifter einen wirklich schiefen Blick schenkte. „Für Sie scheint dies ein Scheiß zu sein, doch wir wissen alle, wie viele liebeskranke Verehrerinnen er hatte! Gehen Sie doch einfach einmal zwei Räume weiter zu unseren Schwestern, liebster Herr Inuzuka!“ Angesprochener rümpfte die Nase: „Nee, den Stress tu ich mir nicht an!“ „Kriegen ja schon immer mit, wie die Weiber versuchen wegen ihm unsere Pfleger zu bestechen!“, kam es vom kurz aufblickenden Diät – Facharzt und Berater Choji Akimichi. „Das nervige Gekreische ist zudem schädlich für die Gehörgänge!“, fügte Kibas Sitznachbar, ebenfalls mit der gleichen Haarfarbe wie dieser selbst, nur einen Hauch dunkler und die Haare länger tragend zu einem erhöhten Pferdeschwanz zusammengebunden, hinzu und schloss mit in den Nacken gelegten Kopf die Augen. „Shika hat Recht! Ist schon ganz gut so, dass die sich nicht um ihn kümmern dürfen!“, und damit wandte sich der Blick von Kiba Inuzuka wieder dem flackernden Bild des TV – Gerätes zu. „Über Sasuke Uchihas Privatleben ist nicht viel bekannt. Letztmalig gesichtet wurde er beim Verlassen der angesagten Promi – Discothek 'Susanoo' in den frühen Morgenstunden seines 22. Geburtstages am 23. Juli letzten Jahres, welchen er dort recht ausgelassen gefeiert haben soll. Diese Aussage scheint doch recht makaber, da allgemein hin bekannt ist, dass sich die Uchiha – Brüder selten offen und integrativ in der Öffentlichkeit verhalten. Sie sehen hier Bilder des jungen Uchiha bei der Beerdigung seiner Eltern vor zwölf Jahren in Begleitung seines älteren Bruders Itachi Uchiha. Dieser war bislang zu keiner Stellungnahme bezüglich seines Bruders bereit!“, berichtete die rothaarige Moderatorin des Lifestyle – Magazins eines Privatsenders und rückte sich dabei eine schwarze Hornbrille auf ihrer Nase zurecht. „Nen Teufel wird der tun euch das zu stecken!“, lachte Kiba auf, „Schließlich zahlt der eine schweine Kohle...“ „Kiba!“, zischte es vom Sessel links neben seiner von ihm und Shikamaru besetzten Zweisitzer – Couch, „Wenn du draußen genauso redest, dann haben wir bald die Paparazzi hier!“ „Oh! Keine Sorge, Herr Assistenzarzt Hyuuga! Ich habe viel zu wenig Kontakt mit dem Patienten und seiner hochwohlgeborenen Verwandtschaft“, dabei holte er ausschweifend mit seinem Arm aus, „um der Presse irgendwelche genaueren und rentablen Infos geben zu können! Zudem brauch ich nicht noch mehr Stress! Der mit Hina reicht mir!“ Der Andere rollte schnaubend mit den Augen. Erst recht bei der Bemerkung über seine Cousine Hinata Hyuuga, mit welcher der vor ihm sitzende Inuzuka zu seinem Leidwesen schon seit geraumer Zeit anbandelte. „Was machst du eigentlich hier, Neji?“, fügte nun der Inuzuka noch hinzu und der langhaarige Sesselinhaber schielte wieder zu ihm herüber. „Das Gleiche wie du! Die Nachtschicht ist vorbei und die Ablöse noch nicht da. Also Bereitschaft!“ „Herr Hatake und Herr Uzumaki fahren soeben in die Einfahrt!“, kam es erneut vom Fenster und alle Anwesenden des kleinen Raumes sahen zu der blonden Person, welche sich nun so weit aus dem Fenster beugte, dass ihre monströse Oberweite drohte sie schier aus dem Gleichgewicht zu bringen um sie drei Stockwerke in die Tiefe zu reißen. Die Klinikleitung war streng, was die Geschlechtertrennung anging. Alle hielten sich daran. Nur nicht die Klinikleitung selbst. „Kakashi! Naruto! Ihr seit zu spät!“, donnerte ihre Stimme über den Innenhof der Klinikanlage wo sich die Mitarbeiterparkplätze befanden und die beiden Angesprochenen blieben ertappt in ihrer derzeitigen Position stehen und starrten zu ihrer Vorgesetzten nach oben. Der Ältere der Beiden, Kakashi Hatake, stets mit einem Mundschutz bekleidet und gräulicher Sturmfrisur versehen, schien nur verlegen zu lächeln, während sein jugendlich wirkender Nebenmann die Arme hinter seinem Kopf verschränkte und ein sichtbar breites Grinsen an den Tag legte. „Sag ihr bloß nichts vom Puff...!“, grummelte Kakashi Hatake leise, „Sie weiß, dass wir mit Jiraija unterwegs waren!“ „Ihr ward im Puff, ich war nur in der Bar!“, brummte der Blonde zurück ohne sein nach oben gerichtetes Grinsen auch nur minder abzuschwächen, „Oi, Oma Tsunade! Wir haben uns auf dem Weg des Lebens...!“ „Halt den Mund, Naruto! Und nenn mich nicht Oma! Und Kakashi! Was bildest du dir ein, dem Jungen solche Ausreden beizubringen?“, kam es nun doch recht hysterisch aus dem dritten Stock und die beiden Männer schluckten hörbar. Tsunade – sama hatte heute schlechte Laune. Das war nur allzu offensichtlich! „Bist du heute wieder auf der Spezialstation?“, nachdem sie sich aus ihrer Starre gelöst hatten liefen sie auf den Personaleingang der Klinik zu und Kakashi zückte seinen Identitätsnachweis und zog diesen durch den Scanner direkt neben der Klingelanlage. „Professor Doktor Kakashi Hatake – Dienstantritt acht Uhr zweiunddreißig!“, dröhnte es metallisch aus der kleinen Box unter dem Scanner und der Grauhaarige trat zur Seite, damit der Andere seine Karte durch den Sensor ziehen konnte. „Studentische Pflegekraft Naruto Uzumaki – Dienstantritt acht Uhr dreiunddreißig!“ „Hm, ja, bin ich! Und heute darf ich zu 'ihm' rein!“, er betonte dieses kleine Wörtchen extrem und selbst wenn es Kakashi nicht für möglich gehalten hätte; das Grinsen fand noch Steigerungsform! Die Tür öffnete sich mit einem Summton und Naruto zog sie kraftvoll auf, ließ allerdings seinem Freund den Vortritt. „Ich versteh dich nicht“, meinte dieser als sie nebeneinander her zu den Fahrstühlen schritten, „Du gammelst hier deine Zeit ab indem du die Ärsche von Komapatienten sauber machst, dabei hast du das Wissen und Können um selbst mich in die Tasche zu stecken! Wieso schließt du nicht endlich dein Studium ab, Naruto?“ Der Blonde lachte auf: „Kakashi, ich möchte nur nicht so ein arroganter Gott im Kittel werden wie du es bist! Ich will alle Bereiche der Medizin kennenlernen und dazu gehört nun mal auch die Pflege und Rehabilitation! Zudem bin ich jung und habe Zeit!“ „Hmpf!“, entgegnete sein Gesprächspartner trocken und betätigte den Rufknopf des Fahrstuhls. Der junge Uzumaki war erst 22 Jahre alt, doch als Wunderkind verschrien. Abitur mit 15. Abgeschlossenes Psychologiestudium mit nicht mal 18. Studium der Neurochirurgie abgeschlossen als Bester landesweit. Er müsste nur noch die Jahre als Assistenzarzt absitzen. So wie sein Kumpel Neji Hyuuga dies tat. Doch was machte der Uzumaki? Er begnügte sich hier seit einigen Wochen als Pfleger auf der Intensivstation herum und nannte dies Praxiserfahrung. Ein seltsamer Junge. Seltsam, aber absolut beachtenswert. „Warum freut dich das so?“, unterbrach er schließlich die Stille und erkannte das plötzlich ertappt wirkende Zusammenzucken des Blonden. „Ich war dabei!“, antwortete dieser nur knapp und Kakashi hob fragend seine Braue. „In der Nacht des Unfalls war ich im Städtischen Klinikum in der Frühschicht Assistenzarzt in der Chirurgie, als er rein kam!“ „Du meinst unseren Stargast? Aber dieser Unfall ist doch bereits über sechs Monate her und du bist jetzt...“, Kakashi schien die Daten grob im Kopf zu überfliegen, „knapp fünf Monate hier. Er kam erst vor vier Monaten! Und nah an ihn ran gekommen bist du bisher auch nicht. Tsunade – sama hat ihn im Blick!“ „Ich habe damals seinem Bruder diese Klinik hier empfohlen und mich dann an Oma Tsunade gehängt! Sie kennt die Geschichte.“ Mit dieser Antwort hatte der Hatake nicht gerechnet. Er kannte Naruto schon sehr lange. Der Vater des blonden Beinahe – Arztes war bis zu seinem Unfalltod vor 20 Jahren Chefarzt dieser Klinik gewesen und zudem der Neffe der Klinikleitung, Professor Doktor Doktor Tsunade Senyu. Naruto Uzumaki war der Sohn aus der innigen Liaison mit Kushina Uzumaki, einer angesehenen Neurochirurgin, welche ebenfalls bei diesem Unfall ums Leben kam. Naruto hatte überlebt weil er zu klein war um auf Geschäftsreisen zu gehen und war dann bei seinem Paten Jiraija, einem landesweit hoch angesehenem Facharzt der Gynäkologie, aufgewachsen. Dieser wiederum lebte in einer andauernden On – Off – Beziehung mit besagter Tsunade. Alles in allem also eine Familie und ein Umfeld mit hervorragenden Ärzten. Und Naruto würde sie bald alle in den Schatten stellen! Das wusste der Hatake und er verstand es immer weniger, warum der Blonde seine Zeit an dieser Klinik verbrachte, wenn er als Assistenzarzt durch die Welt reisen sollte um sein Können und sein Wissen zu erweitern! Nur die Wenigsten hier wussten um das wahre Talent und auch die wahre Identität des Jungen. „Was ist genau in dieser Nacht passiert?“ Der Aufzug hielt und mit einem leisen Klingeln schoben sich die Türen auf und ließen einen Blick auf einen äußerst steril wirkenden Gang zu. Ihre Schritte hallten an den Wänden wieder und stoppten vor einer stabilen Glastür, an der ein erneuter Scanner dazu aufforderte, ihre Karten zu lesen. Man hatte das Gefühl eines Hochsicherheitstraktes. In gewisser Weise war es das auch. Diese Abteilung hatte nicht viele Patienten. Hier hielten sich sogenannte Berühmtheiten nach medizinischen Eingriffen auf. Meist nach Schönheitskorrekturen bei Professor Doktor Orochimaru Hebi, dem selbsternannten Gott der Unsterblichkeit. Nun ja, er schaffte es wirklich, einem Menschen das Aussehen eines Zwanzigjährigen zu schenken wenn er mit neunzig auf dem Sterbebett lag. Nach erfolgreicher Identifikation öffnete sich diese Türe voll automatisch und die Beiden traten schweigend hindurch. „Ich habe ihn operiert!“ Kakashi stoppte sofort seinen Gang. Blieb mit deutlich erstauntem Gesichtsausdruck stehen: „Du hast was? Aber du hättest...!“ „Ich weiß! Aber sonst wäre er tot“, er pausierte und strich sich eine seiner wirren blonden Strähnen nach hinten, „Der zuständige Chirurg weigerte sich diesen Eingriff zu machen und wartete nur noch darauf, dass die Herzfrequenzüberwachung ihm die Möglichkeit gab, den Zeitpunkt des Todes zu erklären. Wohl nach der Devise lieber ein toter Star durch Alkohol am Steuer statt ein toter Star durch Ärzteversagen!“ Kakashi schwieg. Er kannte das Personalproblem des Städtischen Klinikums nur zu gut. Kaum qualifizierte Fachkräfte, überarbeitetes Personal, fehlende Gelder... aber nicht jeder konnte sich einen Aufenthalt in einem Privatklinikum leisten und zudem wurden Unfallopfer zunächst immer in dieses Klinikum verbracht und kamen dann, wenn ein Transport möglich war und die Deckung der Kosten gesichert, in das Senyu - Hospital. „Und nun willst du seine Genesung überwachen?“, schlussfolgerte Kakashi schließlich und sie kamen vor der Tür des Aufenthaltsraumes zum Stehen. Naruto Uzumaki lächelte und strahlte, als würde die Sonne in diesem Gang höchstpersönlich aufgehen: „Klar! Es war mein schwierigster Eingriff und den lass ich nicht aus den Augen, echt jetzt!“ „Wir zeigen Ihnen nun eine Aufzeichnung eines Interviews zwischen Sasuke Uchiha und mir, Karin Uzumaki, anlässlich des Firmenjubiläums der Uchiha – Cooperation im Mai letzten Jahres und werden uns dann mit möglichen Theorien über den Verbleib des Prinzen unzähliger Frauenträume beschäftigen!“ „Ich glaub ich kotz gleich! Die ist ja dauerfeucht!“, Kiba Inuzuka drehte angewidert sein Gesicht vom Bildschirm weg, als die Kameraeinstellung näher an das doch offensichtlich schweißnasse Gesicht der Rothaarigen heranzoomte und sie auf einer cremefarbenen Couch präsentierte. Dadurch entging ihm nicht, dass die Tür des Aufenthaltsraumes nun geöffnet wurde und seine lang erwartete Ablöse breit grinsend in Begleitung des grauhaarigen Lieblingsarztes aller Pflegekräfte eintrat: „Naru! Wo hast du gesteckt?“ „Sorry, Kiba! War Fahrer und die Beiden wollten unbedingt in den Puff...“ Ein Klatschgeräusch folgte sofort und Naruto spürte, wie ihm seine Hinterkopfbehaarung an die Ohren wehte. Ein Seitenblick genügte, um zum Einen festzustellen, dass ihm der Hatake soeben einen deftigen Schlag versetzt hatte, denn zum Zweiten sah er auch den plötzlich hochroten Kopf einer gewissen Blondine immer noch am Fenster stehend und ihn böse musternd. „Puff?“, fragte diese nochmals, mit seltsamen, doch beängstigendem Unterton in der Stimme, nach. Kakashi Hatake hob beschwichtigend die Hände: „Ach was! Der Kleine hat diese nette Bar gemeint und wurde da übelst angegraben und...“ „Puff?“, wiederholte stattdessen die Blonde ihre Frage mit eindeutig mehr Druck. „Klar, Oma Tsunade!“, Naruto erkannte, dass es nun brenzlig wurde, „Kakashi hat Recht! Ich meinte eine Bar! Eine nette, kleine Bar! Was machst du überhaupt im 'Männerraum'?“ Diese besagte Oma stampfte nun etwas zu extrem auf um den beiden Neuankömmlingen in diesem Raum das Gefühl geben zu können, dass sie das glaubte, was ihr Blutsverwandter dort von sich gegeben hatte und kam nun vor eben diesem zum stehen. Naruto war etwa einen Kopf größer als die energische Klinikleitung, dennoch fühlte er sich gerade in ihrer Gegenwart immer noch wie ein kleines Kindergartenkind. „Oma, hm?“, wenn Blicke töten könnten, dann wäre dies so ein Blick gewesen. Naruto war sich dessen ganz bewusst. Verschämt fuhr seine Hand kratzend über den Hinterkopf und er ließ ein entschuldigendes Lachen hören. Doch irgendwie hatten alle Anwesenden dieses seltsamen Szenarios mit der Folgereaktion der Klinikleitung gerechnet. Sie legte behutsam die Hand auf die Schulter des Blonden und lächelte gütig, wandte dann aber ihren ganzen Kopf zum Grauhaarigen herum und musterte diesen wiederum reichlich finster: „In mein Büro, Hatake! Sofort!“, dann marschierte sie an ihrem Großneffen vorbei auf den Gang und nur noch das Klackern ihrer Absätze war zu hören. „Na klasse!“, seufzte unterdes der Arzt und vergrub beide Hände in den weiten Taschen seines Kittels, als wolle er da ein Wundermittel finden, welches ihn aus dieser nun unangenehmen Lage befreien würde, doch es fand sich nichts. „Wir sehen uns später, Kleiner!“, und schon war auch er verschwunden und einigen kam es so vor, als hätten sie ihn in einer Rauchwolke verschwinden sehen. „Darf ich... he he... fragen, ob Sie derzeit liiert... he he... sind?“, unterbrach nun das knisternde Geräusch aus den Lautsprechern des Fernsehgerätes die neu angebrochene Stille und zog nun auch Narutos Aufmerksamkeit auf sich, nachdem er alle mit einem kurzen Wink und breitem Grinsen begrüßt hatte. Naruto kannte die Sendung. Nicht, weil er sie gerne sah. Dazu hatte er zudem auch nie wirklich Zeit, sondern weil die gerade sehr nervös wirkende Moderatorin eine der wenigen Verwandten war, die er noch hatte. Sie war seine Schwester. Einerseits fand er es schön, dass seine Eltern ihn nicht gänzlich allein zurückgelassen hatten, andererseits war Karin kein einfacher Charakter. In regelmäßigen Abständen rief sie ihn an um sich darüber zu informieren, ob er auch regelmäßig ihre Sendungen sah. Wie er ihre Outfits fand. Ihr Make up. Ihre gestellten Fragen. Ihre Körperhaltung. Ihr... er stöhnte auf. In all ihren Gesprächen war stets Karin das Thema gewesen. Nie er. Ob Karin überhaupt wusste, was er gerade tat oder wie es ihm überhaupt ging, konnte er nicht beantworten. Karin war eben Karin. Aber eines wusste er mit Sicherheit. Wenn sie erfahren würde, dass es ihm schlecht gehen würde, dann wäre sie da. Sie würde alles stehen und liegen lassen. Vermutlich sogar ihre doch recht gut laufende TV – Karriere hinschmeißen, nur um an seiner Seite sein zu können und das allein zählte doch. Aber ihm ging es nicht schlecht. Er hatte seinen Weg gemacht und seine drei Jahre ältere Schwester schien dies doch irgendwo zu wissen. Doch sehr zu seinem Erstaunen wirkte eben diese in dieser Aufzeichnung sehr angespannt. Naruto wusste sofort, dass es sich um eine ältere Aufzeichnung handeln musste, denn ihr Gesprächspartner lag derzeit nur wenige Meter von ihm entfernt auf einem der Zimmer. „Wie ich Ihrer Assistentin bereits vor dem Interview mitgeteilt habe, dürfen Sie mich das nicht fragen. Halten Sie sich bitte an den vorgegebenen Fragenkatalog!“, entgegnete der Schwarzhaarige sehr kühl, welcher ziemlich gelangweilt wirkend neben seiner Schwester auf einer selten hässlichen Designercouch in Creme saß. Zumindest würde sich Naruto solch ein Möbelstück sicherlich nicht in sein Wohnzimmer setzen! Karin kicherte seltsam verschämt. Naruto war sich sicher, dass er ein solches Kichern zuletzt an der Oberschule von ihr gehört hatte, als sie für kurze Zeit die gleiche Klasse besucht hatten, bevor beschlossen worden war, dass er auch diesen Jahrgang überspringen sollte. Aber irgendwo konnte er seine Schwester auch verstehen. Da saß er. Im Klassizismus der griechischen Antike war er das Vorbild des Apoll. Eindeutig. An ihm stimmte alles und Orochimaru selbst würde nichts perfekteres als ihn kreieren können. Perfekte Haut. Perfektes Haar. Perfekt symmetrische Gesichtszüge. Perfekt gehässiges Lächeln, welches er gerade präsentierte. Perfekter Augenaufschlag... Nicht nur Frauenherzen flogen diesem Mann entgegen. Auch Naruto wurde schwach. Aber... und dies war ein großes Aber, Naruto war nicht so realitätsfremd wie die ganzen Fangirlies dieses doch offensichtlichen Machos. Gewiss fiel dieser Sasuke Uchiha in sein Beuteschema, denn er war zu 100% absolut homosexuell, doch auch ein Naruto Uzumaki wusste, wann man keine Chance hatte. Und das er gerade so fasziniert auf den Bildschirm starrte und sich in Gedanken etwas ausmalte lag eindeutig daran, dass er schlichtweg 'untervögelt' war. Diesen Begriff hatte er von seiner letzten Beziehung, Sai Anbune, gelernt. Das wurde ihm nämlich an den Kopf geworfen, als dieser Schwarzhaarige von heut auf morgen seine Sachen in ihrer Wohnung gepackt hatte und auszog. Er fühle sich in dieser Beziehung mit Naruto einfach untervögelt. Naruto hatte nun mal etwas anderes im Kopf gehabt zu dem Zeitpunkt und viel um die Ohren. Es war in den frühen Morgenstunden des 23. Juli gewesen, als er gerade dem Assistenzarzt der Chirurgie aus der Nachtschicht ablöste und die einzelnen Datenblätter der Patienten für die anstehende Visite überflog, als ein recht müde erscheinender Professor Ebisu an ihm vorbei hechtete in die Notaufnahme. Ein schwieriger und komplizierter Neueingang. Überlebenschance unter 5%, hatte er die Schwestern tuscheln hören und somit war seine Neugier geweckt gewesen. Er wusste, dass dann eine Not – OP anstehen würde und warf direkt einen Blick auf die Ärztezuteilung in solchen Fällen. An diesem Tage wäre der Assistenzarzt im dritten Jahr, Genma, mit Ebisu im OP eingeteilt gewesen. Naruto wusste nicht, was ihn da geritten hatte, als er in einem unbeobachteten Moment den Schwamm nahm und Genmas Namen von der Tafel wischte und seinen niederschrieb. Es dauerte auch nicht lange, als eine panische Schwester zu ihm lief und ihm keuchend mitteilte, dass der schwerverletzte Patient 'er' sei und Naruto sofort in den bereitstehenden OP – Saal 4 kommen sollte. Noch während er sich der Reinigungsprozedur unterzog war Ebisu schnaubend aus dem OP getreten. „Hat keinen Sinn. Da ist alles hinüber!“, mehr hatte Naruto nicht vernommen und dennoch war er in den OP getreten und tat etwas, was er zuvor auch noch nie getan hatte in solchen Fällen: Er blickte in das Gesicht des Patienten. Und in dieser Sekunde, in diesem Augenblick, wusste er, er musste ihn retten! Die Angaben, die er vom Anästhesisten und den anwesenden OP – Schwestern auf die Schnelle erhalten hatte waren ernüchternd gewesen, doch er war von jeher nie jemand gewesen, der so leicht aufgab. Der Blick in dieses nun mit Schläuchen versehene Gesicht hatte ihm all sein Wissen wach gerufen und er hatte gespürt, dass die Nächte des eisernen Lernens, die Überstunden in der Pathologie und die mehr als das doppelte als abverlangten Stunden im OP während seiner Ausbildung sich nun bezahlt machen würden. Diese OP hatte über 17 Stunden gedauert. Und auch wenn in der Zwischenzeit herausgekommen war, dass ein Assistenzarzt im ersten Jahr alleine und das auch noch unberechtigterweise im OP stand und um das Leben des prominentesten Junggesellen des Landes kämpfte, so hatte niemand es gewagt, ihn zu unterbrechen oder aber gar zu unterstützen. Im Nachhinein erfuhr er, dass Sasuke Uchiha stark alkoholisiert nach seiner Geburtstagsfeier mit Tempo 180 in einen Sattelschlepper gerast war. Die Presse hatte nie etwas erfahren können, da nur wenige Autos hinter ihm sein Bruder Itachi Uchiha gesessen hatte, welcher Polizei und Notarzt verständigt hatte. In den nächsten Tagen war nur von einem herkömmlichen Unfall auf der Landstraße zu lesen. Der Uchiha – Abkömmling hatte den Eingriff überlebt und fiel ins Koma. Nur die Tatsache, dass er noch am Leben war hätte es dem Umstand zu verdanken, dass er nicht augenblicklich von Klinik sowie Itachi Uchiha verklagt worden wäre. So hatte es ihm zumindest Onoki Tsuchikage, der Leiter des Städtischen Klinikums, mitgeteilt, ehe Naruto seine Papiere nehmen dürfte. Als er an diesem Tag Itachi Uchiha vor der Zimmertür des jüngeren Uchihas traf, um noch einmal einen letzten Blick auf seinen Patienten werfen zu können, so hatte ihm dieser unter Tränen gedankt. Naruto konnte diesen Dank nicht annehmen. Denn wirklich über den Berg war der Bruder nicht und der Ältere bat ihn um medizinischen Rat. Der Blonde hatte ihm nur berichtet, dass er nun im Privatklinikum seiner Großtante tätig werden würde. Nicht einmal als was. Er hatte sich selber zum Pfleger degradiert. Brauchte eine Auszeit um wieder klare Gedanken fassen zu können. Noch am Antrittstag hatte ihm Oma Tsunade gesagt, dass sie einen interessanten Anruf erhalten habe. Der berühmte Sasuke Uchiha sollte in ihr Klinikum unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und absoluter Geheimhaltungsstufe untergebracht werden. Naruto hatte sich bei dieser Neuigkeit wirklich gefreut. So war es ihm doch irgendwie möglich, Sasuke im Auge behalten zu können. Wesentlich mehr zunächst nicht, denn auch Tsunade kannte die Umstände, warum ihr Großneffe sie plötzlich ersucht hatte in ihrem Klinikum weit unter Qualifikation tätig werden zu wollen und sie hatte dies dann an einige Voraussetzungen geknüpft. Naruto sollte zunächst einige Wochen als normaler Pfleger im sogenannten offenen Spezialbereich tätig sein. Er sollte sich dort beweisen und die Patienten von Orochimaru und Kakashi betreuen. Niemand, außer Kakashi, ahnte dort, wer genau dieser neue blonde, stets aufgeweckte Pfleger war. Oft begegnete er Itachi Uchiha bei dessen wenigen Besuchen und die Beiden unterhielten sich jedes mal über die Fortschritte, die Sasuke wohl machte. Nur aus diesen Informationen heraus hatte er sich ein Bild machen können, denn das Personal des geschlossenen Spezialbereiches stand unter absoluter Schweigepflicht. Auch Tsunade äußerte sich in Narutos Gegenwart gar nicht zum Zustand des Uchihas. Dies sollte aber mit dem heutigen Tage enden. Denn er hatte alle Pflichten, welche ihm Tsunade auferlegt hatte, erfüllt. Zudem hatte sich Itachi vor Tsunade für ihn ausgesprochen. Ab heute war er im wechselnden Schichtdienst mit Kiba Inuzuka, Shikamaru Nara und Sasori Akasuna als privater Pfleger für Zimmer 631 zuständig. Patient: Sasuke Uchiha. Kapitel 2: Kasperltheater ------------------------- Koma 2. Rezept KASPERLTHEATER „Träumst du?“ Naruto blickte auf. Ihm war gar nicht bewusst aufgefallen, das er seit einiger Zeit doch relativ gedankenversunken in die fast leere weiße Keramiktasse gestarrt hatte, in welcher nur noch die eingetrocknete bräunliche Kruste am Tassenrand darauf hinwies, dass es sich um einen Latte Macchiato mit extra viel Milchschaum gehandelt hatte. Er trank sowie lieber Milch mit Kaffee. Alles andere wäre ihm zu dieser doch für ihn frühen Stunde nach der vergangenen Nacht zu herb gewesen. Langsam hob er seinen Kopf und wandte sich an den ihm gegenüber Sitzenden. „Wieso? Hast du was gesagt, Kiba?“ „Jupp, hab ich! Sogar einiges! Aber du bist wohl nicht ganz da! War der Puff so anstrengend?“, Kiba grinste frech und Naruto erkannte unter den hervorstechenden Wangentattoos des Inuzukas kleine Grübchen. Genervt verdrehte der Blonde die Augen: „Ich war nur der Fahrer und habe mich wirklich in der Bar aufgehalten! Was der notgeile Alte da oben mit unserem Doc getrieben hat, weiß ich nicht!“ Kibas gerade geschlürfter Schluck aus seiner Tasse lief ihm nun über die weit offenstehenden Mundwinkel: „Wie? Jiraija und Kakashi treiben's miteinander?“ Nebensitzender Neji klatschte sich laut die Hand an die Stirn und stöhnte auf: „Nein, du Idiot! Dafür hätten sie nicht in den Puff gemusst!“ „Stimmt auch wieder!“, lachte der Inuzuka laut auf und bemerkte erneut, dass der Blonde ihm gegenüber immer noch nicht wirklich anwesend schien. „Und mit so einer Hohlbirne wie dir geht die ehrenwerte Hinata aus!“, Neji legte enttäuscht seinen Kopf auf die verschränkten Arme auf der Tischplatte des Cafeteriatisches. Diese war wenig ansprechend eingerichtet. Zumindest im Personalteil. Im separaten Bereich für die Patienten und ihren Besuch hingegen konnte der Verdacht aufkommen, man befände sich in einer feinen Confiserie in Paris. „Was hast du denn gefragt?“, fragte nun Naruto doch nach und schob den kalten Kaffeerest von sich weg. „Ob du deine Karte schon umgechipt hast?“ „Nee, mach ich bei Oma Tsunade wenn sie mit Kakashi fertig ist!“, und dann wandte sich Narutos Blick auch schon den raumhohen Fenstern an seiner linken Seite zu. Es war ein schöner, ungewohnt sonniger Tag Ende Januar. Die Äste der Bäume im klinikeigenen Park waren zwar noch kahl und auch sonst fehlte ihnen etwas Farbe, doch er konnte den sich nähernden Frühling spüren. Er mochte den Winter nicht. Der Winter vor 20 Jahren nahm ihm seine Eltern. „Was macht ihr eigentlich noch hier? Habt ihr jetzt nicht Feierabend?“, fragte er seine beiden Freunde ohne den Blick nach draußen abzuwenden. „Hinata hat noch einen Massagetherapie – Termin reingekriegt und Sakura hat Akamaru noch auf der Kinderstation. Ich bin also dazu verdammt zu warten!“, stöhnte Kiba und ließ sich in seinem unbequemen Kunststoffstuhl nach hinten weg sinken, „Was der hier allerdings noch will weiß ich nicht!“, und nickte damit sehr abwertend in Nejis Richtung. Dieser rührte sich nicht in seiner Haltung. Sein Gesicht ruhte immer noch auf den Unterarmen und er schien anscheinend die Maserung des weißen Holztisches genauer zu untersuchen. „Ich warte auf Hinata!“, raunte es schließlich doch reichlich dunkel, da er gegen das Holz sprach. Kiba richtete sich sogleich überrascht auf: „Hä? Warum?“ „Um sie nach Hause zu bringen?“ „Da kümmer ich mich schon drum! Mach dir da keine Gedanken!“ „Eben deshalb mach ich mir ja Gedanken!“ „Was willst du damit sagen, Neji?“ „Das du nicht der richtige Umgang für Hinata bist!“ „Das ist doch immer noch Hina's Entscheidung! Und...“ Ab da schaltete Naruto ganz ab. Diese Diskussionen kannte er schon zu genüge, denn sie fanden ausnahmslos jeden Tag statt, seitdem er als Pfleger in diesem Klinikum angefangen hatte. Neji hatte nie einen großen Hehl daraus gemacht, das er nicht viel von der Liaison des Pflegers und seiner hoch angesehenen Cousine Hinata hielt und boykottierte diese regelrecht. Andererseits hatte Naruto aber auch festgestellt, dass diese ganzen Diskussionen wohl ein wichtiger Bestandteil ihrer seltsamen Freundschaft war. Denn wenn es sich nicht um Hinata drehte waren diese Beiden wohl unzertrennlich und die besten Freunde, auch wenn sie vom Grundtyp unterschiedlicher nicht hätten sein können. Psychologisch betrachtet fand ein jeder in dem Anderen was er wohl bei sich selbst am Meisten vermisste. Aber Naruto wollte nun seine Freunde nicht analysieren. Zudem dürften diese ja nicht wissen, dass er dazu überhaupt im Stande war. Hier war er Naruto Uzumaki, die studentische Pflegekraft. Nicht mehr, nicht weniger. Und niemand brauchte von seinem Doktortitel in Psychologie zu wissen. Niemand. Ein Hüsteln brachte ihn nun doch davon ab noch länger die Aussicht zu genießen und dann spürte er auch schon eine warme Hand auf seiner Schulter, deren Besitzer nun seine ganze Aufmerksamkeit bekam. „Ich bin oben durch! Du kannst jetzt zu ihr!“, Kakashi wirkte irgendwie abgehetzt. Anscheinend hatte sich Tsunades schlechte Laune noch nicht gelegt und er hatte sie ertragen dürfen. Jiraija konnte demnach also wirklich froh sein, dass er sich für den heutigen Tag voraussehend frei genommen hatte. Blöder notgeiler alter Sack! Ein freier Tag nach einer durchgemachten Nacht... das hätte Naruto normalerweise auch gerne, aber er hatte gewusst, was heute für ein Tag war und um nichts in der Welt würde er diesen versäumen wollen! Heute würde er seinen Patienten nach fast sechs Monaten wiedersehen. Er würde sich von dessen Fortschritten selber überzeugen können und müsste nicht mehr auf einen der seltenen Besuche des älteren Uchihas warten. „Heißt wohl, du kommst später auf Station?“, den Besitzer dieser doch leicht jugendlich klingenden Stimme hatte er gar nicht an ihrem Tisch bemerkt. Seit wann war denn Sasori bei ihnen? Sasori war zwar bereits 28, doch wirkte er allein schon aufgrund seines schmächtigen Körperbaus und auch der Körpergröße, die mit 1,65 fast einen Kopf kleiner war als die Narutos eher wie ein Pfleger in Ausbildung als die leitende Pflegekraft der ganzen Station 4, wie die 'Spezialstation' offiziell eigentlich hieß. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch das bräunliche Haarspängchen knapp über seiner linken Schläfe mit dem er sich sein längeres Pony gekonnt aus der Sicht gesteckt hatte. Sein rundliches Gesicht zeigte eine gesunde Hautfarbe und wirkte mitunter fast schon pausbäckig, besonders wenn der Akasuna lachte. Das kam zwar nicht oft vor, aber seltsamerweise immer in den Momenten, wenn er sich im ergotherapeutischen Fitnesstrakt des Klinikums aufhielt, wo unter anderem sein gleichaltriger bester Freund Deidara Iwa die Leitung hatte. „Da fällt mir ein“, unterbrach Kiba Narutos Gedanken über den Rothaarigen, „Ihr müsst heut die Waschung machen!“ „Die Waschung?“, Naruto wusste schon, was damit gemeint war, doch für seinen ersten Tag auf der neuen Station war es doch schon seltsam, dass es gerade die Tätigkeit sein sollte, die er als erstes machen sollte. Ihm wäre eine Vorstellungsrunde bei den einzelnen Patienten und ein näheres Kennenlernen lieber gewesen. Nun ja, einige von den Patienten waren nicht ansprechbar. Deswegen war diese Waschung ja auch in regelmäßigen Abständen nötig, aber Naruto war sich sicher, das gerade Komapatienten weitaus mehr mitbekamen als man bisher medizinisch belegen konnte. „Ja. Normalerweise wäre das Shikas und meine Aufgabe gestern gewesen, doch wir hatten einen längeren Notfall auf Zimmer 634!“, seufzte der Braunhaarige und verdrehte die Augen. Gerade wollte Naruto nach diesem Notfall fragen, da lieferte ihm schon indirekt Sasori die Antwort: „Oh, wieder Mitarashi, hm? Was war es denn diesmal? Ein eingewachsener Fußnagel?“ Kiba lachte auf: „Nee, das wäre bestimmt weniger dramatisch gewesen! Sie ist im Bad ausgerutscht und war nun der Meinung, dass ihre Brustimplantate verrutscht seien! Mords Aufstand! Denn Orochimaru hing im OP fest bei der Ganzkörperfettabsaugung von Bee Rai!“ Naruto kannte beide Namen. Anko Mitarashi hatte gerade erst einen Fernsehpreis gewonnen und war eine der begehrtesten Serien – Schauspielerinnen Japans. Und Bee Rai war ein Rapper, der in regelmäßigen Abständen die Charts stürmte. Bei diesem war aber auch bekannt, das er unter dem Jojo – Effekt litt und schon länger ein Patient von Choji war. Da konnte man wirklich von Veranlagung sprechen, denn Bee Rai hatte auch einige Fitnessvideos auf den Markt gebracht und dennoch quoll er gelegentlich auf wie ein Hefezopf. Und Orochimaru war gerade auf diesem Gebiet ein Genie. Sicherlich würde Bee mit Übergewicht nun weniger zu tun haben und sich ganz auf sein neues Album konzentrieren können. Naruto mochte seine Musik. Dies würden also zwei seiner zu betreuenden Patienten sein. Neben Sasuke, versteht sich. Naruto bemerkte den intensiven Blick zweier kristallbrauner Augen und erwiderte diesen. „Dann werd ich wohl alles vorbereiten, wenn du bei Tsunade bist. Komm dann ins Zimmer 631!“, und dann erhob sich auch schon der Rothaarige und ging zügig auf den Ausgang der Cafeteria zu. „Wow!“, flötete Kiba fröhlich, „Gleich an deinem ersten Tag auf der neuen Station kommst du in den Genuss von Sasoris Puppenspiel!“ „Puppenspiel?“, der Blonde war verwirrt. Gewiss, Sasori wirkte mitunter kindlich mit seinen feinen Gesichtszügen, doch der würde doch nicht wirklich mit den Patienten zusammen mit Puppen spielen? Wäre er dann nicht bei Sakura auf der Kinderstation besser aufgehoben als bei den High Society's? Obwohl... Stars hatten schon seltsame Macken und Hobbies... und da diese hier verlangten, wie in einem Hotel betreut zu werden... wer wusste da schon, was man von ihm hier verlangen würde? „Lass dich überraschen! So was hast du noch nicht gesehen! Das garantier ich dir!“, lachte Kiba und stand nun zeitgleich mit ihm auf, „Dann werd ich mal nach Akamaru schau'n! Die sind bestimmt auch durch für heut!“ Naruto stellte noch schnell seine benutzte Kaffeetasse in den dafür vorgesehenen Geschirrwagen und schritt dann zügig auf den Fahrstuhl zu. Er wollte Sasori nicht zu lange warten lassen und sich schnell seine Personalkarte umchipen lassen. Würde er dies nicht tun käme er nicht durch die weiteren Sicherheitskontrollen, die seine bisherige Station mit dem wirklich exklusiven Klinikumstrakt verband. Noch vor dem Fahrstuhl legte sich erneut eine Hand auf seine Schulter: „Naruto?“ Erneut war es Kakashi, der ihm wohl gefolgt war. Nur diesmal hielt ihm der Grauhaarige einen größeren braunen Kuvert unter die Nase. „Was ist das?“, fragte er daher neugierig an den Facharzt für Allgemeine Medizin gewandt. „Etwas, was du eigentlich gar nicht sehen dürftest!“, flüsterte der Andere leise zur Antwort und Naruto erhob erstaunt eine Braue. „Du bist nun auch Teil dieser Station und daher brauch ich die Schweigepflicht nun nicht mehr so eng zu dir zu sehen. Ich weiß doch, wie sehr dich das hier interessiert! Aber kein Wort zu Tsunade oder sonst irgendwem!“ Naruto betrachtete den Umschlag. War da das drin was er vermutete? Sein Herzschlag erhöhte sich automatisch! Kakashi und Asuma waren derzeit die hauptverantwortlichen Ärzte für das Zimmer 631. Das Zimmer, wo er nun seit Wochen darauf wartete, das ihm Zugang gewährt wurde. Er musste sehen, wie es ihm ging. Er musste sehen, ob er Fortschritte machte. Und das musste er endlich mit eigenen Augen sehen. Die Erzählungen Itachis reichten ihm schon lange nicht mehr. Kakashi konnte wortwörtlich das strahlende Aufblitzen in den blauen Augen seines Gegenübers erkennen: „Ich mache das nicht ganz uneigennützig, Naruto!“ Dieser schien nicht gleich auf Anhieb zu verstehen. „Er macht immer noch keine Anstalten aus dem Koma zu erwachen und ich halte sehr viel auf deine medizinischen Kenntnisse, dass weißt du. Auch wenn du offiziell nicht mehr praktizierst, so hoffe ich doch, dass du mich an deinen Erkenntnissen teilhaben lässt und wir den jungen Mann da drin wieder auf die Beine kriegen, hm?“ Der zuvor fragende Blick des Blonden wich einem strahlenden. „Da kannst du dich drauf verlassen, Kakashi! Bin so was von dabei!“ Kakashi lachte leise. Manchmal war es schlichtweg einfach unvorstellbar, das er hier mit einem Wunderkind sprach. In medizinischen Belangen mochte dies wohl so sein, doch in allen anderen Bereichen des Lebens war Naruto bestimmt noch weit unter dem Stand seiner Altersgenossen. Irgendwo war der Blonde ein Kind geblieben. Das lag mitunter vielleicht auch daran, dass Naruto nie eine wirkliche Kindheit hatte und sich durch die ständigen Klassen- und Schulwechsel auch nie einen größeren Freundeskreis aneignen konnte. Der Aufzug vor ihnen öffnete klingelnd seine Türen und Kakashi löste seine Hand von der Schulter des Jüngeren: „Dann sehen wir uns bestimmt gleich auf Station bei der Visite! Und viel Spaß bei der Waschung! Nicht jeder kommt in den Genuss!“, lachte er, ehe er sich noch mit der erhobenen Hand zum Abschiedsgruß herumdrehte und im nebenliegenden Gang verschwand. Den Umschlag in seiner Hand betrachtend stieg Naruto in den Fahrstuhl und betätigte den Knopf, der ihn in den 4. Stock bringen sollte. Dort hatte Tsunade ihre Räumlichkeiten. Ebenso befanden sich dort auch die Konferenz – und Schulungsräume. Die Klinikleitung war sehr darauf bedacht, das ihr Personal stets den höchsten Ansprüchen genügte und auf dem neusten Wissensstand war. Naruto fand dieses voraussehende Denken seiner Großtante wirklich beeindruckend. Mit einem leisen Kling öffnete sich die Fahrstuhltür erneut und er trat auf einen Gang, der so gar nicht mehr an ein Krankenhaus erinnerte. Hier war ein hellblauer Teppich ausgelegt. An den Wänden hingen in regelmäßigen Abständen wunderschöne, moderne Gemälde. Unter anderem auch einige seines ehemaligen Lebensgefährten Sai Anbune. Was Naruto wohl eine Zeit lang in der Welt der Medizin gewesen war, war Sai wohl unter den Künstlern. Naruto hatte den Schwarzhaarigen damals auf einer seiner Vernissagen kennengelernt kurz nach Ende seines Psychologiestudiums. Drei Jahre hatte ihre Beziehung gehalten. Und eigentlich hatte er sich in dieser Beziehung sehr wohl gefühlt. Zudem war es auch seine erste Beziehung gewesen. Zuvor hatte sich Naruto nie wirklich um eine Partnerschaft bemüht. Und erst durch Sai war ihm auch bewusst geworden, dass er eindeutig auf Männer stand. Nachdem Sai ihn wegen 'Untervögelung' verlassen hatte, hatte er einige Wochen gar keine Lust auf irgendetwas in diese Richtung gehabt. Nachdem der Hauptstress sich mit dem Städtischen Klinikum gelegt hatte, war er einige Male in ziemlich eindeutige Clubs gegangen. Aber mehr wie hier und da mal einen One – Night – Stand hatte er nie mit nach hause genommen. Und auch das hatte er nicht lange gemacht. Irgendwie befriedigte ihn das nicht. Und manchmal war es auch anstrengend geworden eben jene One – Night – Stands wieder los zu werden, nachdem diese mitbekommen hatten, dass er doch ein recht guter Fang war. Doch nun musste er sich definitiv damit abmühen, dass er sich oftmals dabei erwischte, wie seine Gedanken abdrifteten zu bestimmten körperlichen Betätigungen wenn er einen Mann sah, der in sein Beuteschema fiel. Sora zum Beispiel, ein junger Barkeeper in einer Bar direkt neben dem Puff, in welcher er gestern versackt war, war genau sein Typ! Und dennoch hatte er sich zusammengerissen und diesen nicht hemmungslos nieder geflirtet. Denn irgendwie beherrschte seit einem halben Jahr nur eines seine Gedanken. Und zwar so sehr, dass er es noch nicht einmal geschafft hatte, Sai auch nur eine Träne hinterher zu heulen. Und das war der Patient in Zimmer 631. An Liebe auf den ersten Blick glaubte er generell nicht. Zumal es sich hier um eine wirklich hoffnungslose Liebe handeln würde. Sasuke Uchiha war eindeutig heterosexuell. Zumindest stand dies so häufiger in der Presse. Nämlich immer dann, wenn wieder irgendeine x – beliebige Schönheit behauptete, gerade ein Kind von ihm zu erwarten... was im Übrigen immer widerlegt werden konnte... oder er irgendwie gerade auf zehn verschiedenen Veranstaltungen mit 20 verschiedenen Verlobten gesichtet worden war. Seine Schwester wüsste bestimmt die Namen jeder Einzelnen! Nein. Naruto war sich sicher, dass sein Interesse an dem Schwarzhaarigen rein beruflicher Natur war! Und auf alles andere würde er sich noch nicht einmal gedanklich einlassen. Würde er. Das Problem war, dass er das leider nicht immer unter Kontrolle hatte. So wie jetzt auch. Nun stand er doch schon seit geschlagenen fünf Minuten vor Tsunades Bürotür und klopfte nicht an. Dabei lag sogar schon seine Hand auf dem Holz. Noch ehe er nun doch endlich seine Fingerknöchel dazu brachte, ein klopfendes Geräusch zu verursachen, wurde die Tür auch schon von innen geöffnet und er blickte direkt in die dunklen Augen Shizunes, der Sekretärin seiner Großtante. Doch diese trat nur schweigend zur Seite und machte so den Weg frei für einen hinter ihr stehenden Herrn, der ein seltsam süffisantes Grinsen im Gesicht hatte und durch einen Wink der Sekretärin die Aufforderung erhalten hatte, an Naruto vorbei nach draußen zu gehen. „Und lassen Sie sich hier nicht mehr blicken! In meinem Klinikum hat so ein Pack wie Sie es sind nichts verloren!“ Naruto brauchte nicht lange um zu wissen, das Tsunades Laune schier an ihrem Tiefpunkt angelangt sein müsste. Wer war dieser Kerl, der es geschafft hatte, das er sich nun mit seiner übellaunigen Großtante befassen musste? Der Silberhaarige stolzierte mit beiden Händen in seiner Anzughosentasche an ihm vorbei und Naruto spürte förmlich, wie er von diesem dabei eingehend gemustert wurde. „Drecks Paparazzi!“, hörte er noch den wütenden Schrei im Hintergrund und das eindeutige zerschlagen irgendeines gläsernen Gegenstandes. Der Fremde war bereits um die Ecke verschwunden und Naruto hatte ihm noch nachgesehen, als Shizune ihn mit ihrer ruhigen Stimme ansprach: „Da hast du dir aber keinen guten Zeitpunkt ausgesucht, Naruto!“ Sogleich fuhr er zu ihr herum und nur ein dümmlich klingendes „Hä?“ verließ seine Lippen. Sie deutete ihm an, einzutreten und er folgte ihrer Aufforderung. „Wer war denn das, Shizune – san?“ Zwar stand die Bürotüre zu seiner Großtante noch offen, doch Naruto beschloss erst einmal sicherheitshalber im Vorraum abzuwarten. Shizune wiederum trat an ihm vorbei, nachdem sie die Tür hinter ihnen geschlossen hatte und spinste nun vorsichtig in das Büro ihrer Vorgesetzten. „Das war Hidan Yuga!“, schnaubte es aus dem Büro, immer noch reichlich aufgebracht klingend und Naruto erschauderte. Er kannte diesen Namen. Er kannte ihn nur zu gut. Er war einer dieser hartnäckigen Zeitungsreporter, die wie Bluthunde eine sensationsgeile Story auf 100 Kilometer gegen den Wind riechen konnten. Und dieser war wirklich einer der Schlimmsten. Einerseits hatte er schon viele politische Eklats aufgedeckt mit seinen Reportagen für die 'Konoha Weekly News', andererseits hatte er aber auch dadurch viele Leben gesellschaftlich zerstört. „Warum war er hier?“, fragte er vorsichtig, während er sich nun doch durch die Türe wagte und sein Blick auf das hochrote Gesicht Tsunades fiel. Diese saß hinter ihrem Schreibtisch, nach vorne gebeugt und ihren Kopf nachdenklich wirkend auf ihre ineinander verschränkten Hände abgestützt. Vor ihrem Schreibtisch sickerte gerade der letzte Tropfen des ursprünglichen Inhalts des am Boden liegenden zerbrochenen Wasserglases in den Hochflorteppich. „Er hat Fotos und droht sie zu veröffentlichen!“, knurrte sie nur. „Fotos?“ „Von Itachi – sama!“, flüsterte Shizune neben ihm ganz leise, doch er zuckte daraufhin nur mit den Schultern. „Itachi ist eine Person der Öffentlichkeit. Natürlich gelingt es dann und wann mal das er einem Fotografen vor die Linse läuft!“ Es folgte ein tiefes Brummen von der anderen Seite des Schreibtischs: „Naruto! Manchmal frag ich mich, wie du überhaupt einen Schulabschluss schaffen konntest! Er hat Itachi beim Betreten meiner Klinik abgelichtet. Und das an unterschiedlichen Tagen! Dummerweise ist dieser sensationsgeile Blutsauger nicht so blöd wie man es sich wünschen würde und er vermutet Sasuke Uchiha hier!“ „Ups!“, mehr fiel Naruto dazu nicht ein, denn er verstand die Sorge seiner Tante. Würde Hidan damit an die Öffentlichkeit gehen wäre hier keine ruhige Minute mehr zu erwarten. Seit Wochen waren die Medien scharf darauf, Sasuke ausfindig zu machen. So lange war es dem Schwarzhaarigen schließlich noch nie gelungen in der Versenkung zu verschwinden und allein das schien sie nur noch heißer zu machen. Die wildesten Gerüchte waren bereits ausgiebig in der Presse breitgetreten worden. Von heimlichen Hochzeiten, Meditationen in einem chinesischen Kloster über den Beitritt in eine Sekte bis hin zur Reise auf den Mond, welches ihm wohl eher eines seiner ehemaligen Betthäschen angedichtet hatte, war alles dabei gewesen. Selbst seinen Onkel, den Polizeipräsidenten Madara Uchiha, sowie seinen Cousin, Polizeichef Obito Uchiha, hatten sie schon, ohne Angst vor möglichen Konsequenzen, ausreichend interviewt und wohl auch genervt. Und nun waren sie anscheinend durch das stetige Beschatten seines Bruders auf die richtige Spur gestoßen. Wie lange würde das Spiel mit den Medien noch gut gehen? Wann würde hier das Pressechaos seinen Anfang nehmen? Die ganzen Stars und Sternchen, die die Verschwiegenheit dieser Klinik so schätzten, würden schlagartig ausbleiben. Seine Tante war zwar eine Spielernatur, aber das Risiko, den ganzen Laden dicht machen zu müssen, würde sie nicht eingehen. „Aber wenn er doch die Bilder bereits hat, wieso hat er sie nicht schon längst veröffentlicht? Was will er dann noch hier?“ „Geld, Naruto. Er will Geld. Und das nicht wenig!“, seufzte die Blondine und ließ sich nun nach hinten in die große Lehne ihres Sessels fallen, „Shizune, mach einen Termin mit Itachi Uchiha aus. Erklär seinem Management, dass es von äußerster Dringlichkeit ist!“ Die Dunkelhaarige nickte nur und huschte wieder aus dem großen und hellen Büro heraus. „Und was willst du hier, Naruto? Hast du nun nicht eigentlich Schicht?“, Tsunade sah ihn nicht an. Ihre Augen waren geschlossen und sie strich sich mehrfach über den Nasenrücken. Das machte sie immer wenn sie etwas belastete. „Ähm... Hehe... ich komm nicht rein! Meine Karte...“, weiter kam er nicht. „SHIZUNE! Gib dem Bengel die Universalchipkarte!“ Universalchipkarte? Naruto war erstaunt. Damit hatte er uneingeschränkten Zugang in alle Bereiche dieser Klinik! Das hatten nur Tsunade, Shizune und die einzelnen Chefärzte, aber ganz sicherlich nicht ein als Pflegekraft eingestufter Student. Okay, er hatte schon Doktorwürden erreicht und das alles, aber das wusste hier doch niemand so genau von seinen ganzen Kollegen. Und so schnell sollte sich das auch nicht ändern. Er hatte viele neue Freundschaften hier aufbauen können. Früher hatte er nie wirklich Freunde gehabt. Und wenn diese nun erfahren würden, dass hier alles irgendwie auf einer Lüge aufgebaut gewesen wäre, dann... Sie wären bestimmt enttäuscht und sauer. Doch noch ehe er seine Bedenken äußern konnte hatte ihn Shizune herumgedreht und eine neue Karte mit eindeutig seinem Passbild darauf in die Hand gedrückt und bugsierte ihn auch schon wieder Richtung Tür. Nicht einmal die Gelegenheit sich zu bedanken oder zu verabschieden war ihm gegeben worden als er sich schon wieder auf dem Hauptgang des Stockwerkes wiederfand und hinter ihm die Türe geschlossen wurde. Erneut in den Raum zu gehen hatte er nicht vor. Er war ja schließlich nicht lebensmüde. Kritisch, aber auch irgendwie stolz, dass man ihm so viel Vertrauen entgegenbrachte, beäugte er die Karte in seiner Hand. Damit würde er zu ihm gelangen können und mit den Informationen, die sich in dem Umschlag unter seinem Arm geklemmt befanden könnte er sich endlich ein genaueres Bild von seinem Zustand machen. Da waren die möglichen Probleme mit irgendeinem aufdringlichen Zeitungsreporter ganz schnell vergessen und er marschierte zurück zum Fahrstuhl. Sasori sollte schließlich nicht zu lange auf ihn warten müssen! Ohne Probleme war er durch die drei Sicherheitstüren gekommen. Und nun stand er da und wusste wirklich nicht, warum er es nicht schaffte, einfach die Türklinke nach unten zu drücken und den Raum zu betreten. Was sollte ihn denn schon dahinter erwarten. Laut den Unterlagen, die er von Kakashi zugesteckt bekommen und er auf dem Hinweg überflogen hatte, lag der junge Uchiha immer noch im Koma. Jedoch waren alle äußeren sowie inneren Verletzungen gut bis hervorragend ausgeheilt. Die einzige Frage blieb, ob er bleibende Schäden an seinem Gehirn fortgetragen haben könnte. Und diese Frage würden sie nur beantworten können, wenn der Patient endlich einmal seine Augen aufschlagen würde. Gerade mögliche Hirnschäden beschäftigten Naruto. Mehr als die Hälfte der Zeit im OP, die über 17 Stunden angedauert hatte, hatte er mit einer wirklich komplizierten Hirnblutung verbracht. Normalerweise vertraute Naruto seinen Fähigkeiten, doch bei Operationen am offenen Kopf und freiliegendem Gehirn war es immer so ein Spiel mit dem Feuer. Da ging es nicht um Millimeterarbeit, sondern um Nanometer, ob ein Patient danach noch sprechen konnte oder anschließend ein absoluter Pflegefall sein würde. Doch die vorliegenden Vitalwerte ließen Naruto auf das Beste hoffen. Also... warum fürchtete er sich also davor, einfach in diesen Raum zu treten? Wenn er es nicht bald tun würde, dann hätte er allen Grund sich zu fürchten. Denn mit Sasori war nicht gut Kirschen essen wenn er sauer war oder man ihn versetzt hatte und derzeit begann Naruto den Fehler, beides auf einmal zu verursachen. „Willst du da noch lange stehen oder endlich reingehen?“ Narutos Herz blieb augenblicklich stehen. Er hatte sich fürchterlich erschreckt, weil er den Anderen gar nicht hatte kommen hören und zudem fühlte er sich schrecklich ertappt. „Ich hab ja echt Verständnis dafür, das du an deinem ersten Tag nervös bist“, murmelte Sasori ziemlich ausdruckslos, während er an ihm vorbei griff und die Tür öffnete, „aber wir haben einen verdammt straffen Zeitplan wenn wir heute bei allen noch die Waschung durchziehen wollen!“ Sasori trug einen seltsam großen Aluminiumkoffer bei sich, der zwar groß, aber nicht sonderlich schwer wirkte. Waren da etwa diese Puppen drin, von denen man ihm in der Cafeteria erzählt hatte? Auf diesen Koffer fixiert betrat er hinter dem kleineren Rothaarigen das Zimmer des Patienten. Erst als er schon mittig im Raum stand und Sasori die Türe schloss, wurde er von diesem Geräusch wieder in die Gegenwart zurück geholt. Die Zimmer dieser Station sahen ganz anders aus als die normalen Patientenzimmer im übrigen Klinikum, obwohl diese auch schon weit über dem herkömmlichen Standard eingerichtet waren. Die Wände waren in einem warmen Beige – Ton gehalten, die laubgrüne Gardine wehte durch das geöffnete Fenster etwas in das Zimmer hinein. Ein cremefarbener Teppich befand sich unter seinen Füßen. Vereinzelt hingen wieder Bilder an den Wänden, die er auch schon auf dem Gang in der Chefetage gesehen hatte. Vom Mobiliar her erinnerte in dieser Raum mehr an ein 5 – Sterne Hotel als an ein Intensivstationszimmer in einem Krankenhaus. Das einzige, was hier überhaupt nicht stimmte, waren die regelmäßigen piependen Geräusche, die von einem großen Bett herrührten. Und da lag er. Naruto konnte es nicht vermeiden, dass sein Blick total von diesem Bild eingefangen wurde. Er sah ganz anders aus als am Tage der OP. Weniger blutverschmiert, zerquetscht und lädiert. Nun ja, Gott sei Dank war das so. Anders wäre es nach einem halben Jahr auch etwas seltsam. Die Haare, die man ihm während der OP abrasiert hatte waren alle wieder nachgewachsen. In unterschiedlicher Länge wohl gemerkt, aber das tat dem ganzen Anblick an sich keinen Abbruch. Die hellgelbe Bettdecke aus feinstem Mako – Satin hob und senkte sich regelmäßig. Passend zu den piependen Geräuschen der angeschlossenen Herzfrequenzüberwachung. 'Wie Dornröschen, nur viel schöner' waren die Gedanken, die nun im Kopf des Blonden vorherrschten. Klickgeräusche hinter ihm ließen ihn erahnen, das Sasori dabei war, den Koffer zu öffnen und obwohl er bis eben noch neugierig gewesen war, was wohl der Inhalt dieses Koffers war, so konnte er sich nicht von dem Bild des schlafenden Uchihas abwenden. „Sag mir nicht, das ist dein erster Komapatient!“, stöhnte Sasori schon das Schlimmste befürchtend auf. „He he... nein nein... natürlich nicht!“, antwortete er und drehte sich nun doch zu seinem Kollegen herum. Was hatte dieser nur gerade in der Hand? War das eine Spule? Und das andere hatte eine verflixte Ähnlichkeit mit einer Kurbel! Aber was wollte denn ein Krankenpfleger im Zimmer eines Komapatienten mit Gegenständen, die man allenfalls in einer Autowerkstatt finden konnte. „Dann ist ja gut!“, brummte der Kleinere und schritt auf das Bett zu, „Ich habe den hier schon einmal vorbereitet. Hab nicht mehr damit gerechnet, dass du es noch zeitig schaffst!“ Naruto zuckte schuldbewusst. Sasori war kleiner und schmächtiger als er. Zudem wirkte er auch nicht außerordentlich kräftig. Und diese Waschung, die nichts anderes war als das Waschen der Patienten sowie, falls von den Angehörigen, erwünscht eine Rasur und das Auswechseln der Katheter war eine körperlich anstrengende Arbeit. Ein lebloser Körper fühlte sich oftmals schwerer an, als er eigentlich war. Und der Uchiha war groß, zumindest größer als Sasori. Wie hätte der Rothaarige ihn da alleine waschen sollen? „Im Bad steht bereits die Waschschüssel. Bring sie her!“, dirigierte der Ältere ihn und er nickte verstehend. An jedem Zimmer grenzte ein ebenfalls sehr modern eingerichtetes Bad. Ohne den Blick von Sasori zu nehmen betrat Naruto das Badezimmer und erschien augenblicklich mit einer größeren Schüssel Wasser. Das Thermostat zeigte 38° Grad an. Ideale Temperatur also. In dieser Schüssel schwammen bereits mehrere Waschlappen. Diese würden sie brauchen. In der Zwischenzeit war Sasori auf einen Stuhl direkt neben dem Bett gestiegen und befestigte die Spule an dem Haken an der Decke, der normalerweise für die Stütz – und Halterungskonstruktionen bei geschienten Brüchen, die hoch gelagert werden mussten, angebracht worden war. An einer größeren Öse, die seitlich an dieser Spule zu erkennen war, hängte er nun den Haken der Kurbel ein. Nun fühlte sich Naruto an den Mechanismus einer Markise erinnert. Was hatte der Rothaarige nur vor? Er setzte die Waschschüssel auf das robust wirkende Tischchen direkt neben dem Bett ab und beobachtete weiterhin die Handlungen des Anderen. Nachfragen wollte er nicht. Er hatte das Gefühl, dass sich gleich eine Erklärung dafür finden würde. Sasori stieg vom Stuhl herunter und klappte noch in dieser Bewegung die Bettdecke zurück: „Ich habe ihn schon ausgezogen!“ Mehr sagte er nicht. Hätte er eigentlich auch nicht tun müssen, denn es war ziemlich offensichtlich, dass der Uchiha ziemlich nackt da vor ihm lag. Er musste schlucken. Verdammt. Der Kerl sah auch noch unter den Klamotten verdammt heiß aus! Dabei hatte Sasori die Bettdecke nur bis knapp unter den Bauchnabel zurückgeschlagen. Wie der Uchiha wohl bestückt war? Und gleich darauf hätte sich Naruto am Liebsten selbst geschlagen! Er war Arzt... Nein! Irrtum! Er war der Pfleger! Er sollte... Nein! Er dürfte nicht sollte Gedanken haben! Sasori schien ihm gar keine Beachtung zu schenken. Sonst wäre ihm sicherlich aufgefallen, das sein jüngerer Kollege mit einer ungesund tief dunklen Gesichtsfarbe neben ihm stand. Stattdessen griff er zunächst an das eine, dann an das andere Handgelenk und zog von dort Bänder hoch, die an professionelles Bergsteigen erinnerten. Eben diese Handgelenke waren leicht bandagiert und waren mit diesen Bändern verbunden. Das Gleiche entdeckte er auch an den Oberarmen, knapp unterhalb zum Übergang zur Schulter. Diese Bänder waren in gleichbleibenden Abständen mit Karabinern bestückt, doch nahm Sasori jeweils das am Patientenkörper nächstliegendste. Erst jetzt fiel dem Uzumaki die anderthalb Meter lange Stange auf, die der Rothaarige unter den Schultern des Uchihas wohl zuvor schon durchgeschoben hatte und an dieser nun die Karabiner, die direkt am Handgelenk oder am Oberarm des Patienten lagen, befestigte. Dadurch bildete sich nun ein rechter Winkel in den Armbeugen. Von den jeweiligen Enden der Stange nahm er ebenfalls Bänder weg, deren Ende er wiederum an die Spule unter der Decke einhängte. „Keine Sorge! In dieser Stange ist eine Kopfstütze eingearbeitet. Ich mach das nicht zum ersten Mal!“, dokumentierte Narutos Kollege nur trocken sein Tun und griff an die Kurbel. Und er kurbelte nicht lange und Naruto wusste nun, was die Anderen ihm hatten sagen wollen mit dem Hinweis auf ein Puppenspiel. Sasuke Uchiha hing wie der Gekreuzigte persönlich mitten im Raum über seinem Bett. Nackt. Mit seiner vollen Männlichkeit genau vor Narutos Gesicht. Badumm. Schnell wandte der blonde Pfleger sein Gesicht ab. Deutlich spürte er das Blut in seinen Kopf und vor allen Dingen in seine Nase fließen. Sasori beachtete ihn, und das ließ ihn dann innerlich doch aufatmen, weiterhin nicht, sondern legte eine dünnere Plane über das Bett: „Ich hab keinen Bock, das nasse Bett nachher noch zu beziehen“, erklärte er. Doch Naruto war gar nicht in der Verfassung, ihm genauer zu zu hören. Vor ihm baumelte der nackte Körper eines Gottes! Dem zukünftigen Grund seiner schlaflosen Nächte! Verdammt! Er spürte, wie sich langsam das Blut aus seinem Kopf wieder zurückzog, doch leider nicht, um seiner normalen Tätigkeit nach zu gehen, sondern um sich in seiner Körpermitte zu sammeln! Nochmal verdammt! Hätte er doch gestern diesen Sora angegraben, dann wäre er jetzt sicherlich nicht so untervögelt, dass er hier und jetzt einen dermaßen harten Ständer bekam beim Anblick eines nackten Komapatienten welchem zusätzlich auch noch ein Katheter im Schwanz steckte! So was war doch wirklich überhaupt nicht erotisch! Ganz sicherlich nicht! Das musste er sich nur ganz schnell und ganz fest einreden, dann würde das Problemchen gar nicht erst zu einem Problem werden, oder? Sasori hingegen warf nun einen Blick auf die Unterlagen dieses Patienten. Oftmals wurden von den Familien besondere Wünsche an das Personal gestellt wenn es um die Körperhygiene ging. „Hm, normale Waschung... normale Rasur... Haarschnitt nach Vorlage siehe beigefügte Bilder... mehr hat der andere Uchiha nicht angegeben“, murmelte er die Angaben herunter und erhob dann endlich seinen Blick um seinen jüngeren Kollegen zu betrachten. Und dann brach er in schallendes Gelächter aus. Und da dies richtig ungewohnt war, dass es jemand geschafft hatte, den Akasuna zum Lachen zu bringen, zuckte Naruto auch noch sehr erschrocken darüber zusammen. „Nicht dein erster Komapatient, aber deine erste Waschung, was?“, schaffte Sasori es während seiner Lachattacke einigermaßen verständlich hervorzubringen und Naruto senkte den Kopf. Er hatte schon wahnsinnig oft nackte Körper gesehen. Beruflich wie privat. Und er hatte nie, darauf würde er schwören, noch nie eine solche Reaktion gezeigt. Er konnte jetzt aber auch nicht dem Anderen sagen, das er schon zig Körper allein in der Pathologie gesehen hatte. Denn da waren eigentlich nur Ärzte zugelassen. Auch nicht, das er schwul und Sasuke in seinen Augen schärfer als jeder Gayporno war. Das war sein Privatleben und das ging hier auf der Arbeit nun wirklich nicht jeden etwas an. Aber nun... Er nickte einfach mit einem beschämten Lächeln. „Katheter wechseln kannst du aber, oder?“ Ebenfalls nickte er... und hätte sich dann wieder selbst schlagen können. Der einzige Katheter, der noch in dem Uchiha steckte, war der im Penis. Ein drittes Verdammt schoss ihm durch die Hirnwindungen. „Na, dann wechsle den mal aus und fang vorne schon mal an. Ich mach dann von hinten nach vorne!“ Oh wie gerne hätte Naruto jetzt gesagt, das er den Uchiha von hinten machen wollte! Und dann lief er allein bei diesem Satz in seinem Kopf erneut zart rot an. Uchiha. Von hinten. Das würde ihm nun den ganzen Tag begleiten. Den ganzen, verdammten unendlichen Tag! Und bestimmt auch noch die ganze Nacht! Und auch noch morgen... „Aber zuerst gehst du bitte ins Bad und wäschst dir die Blutspur aus dem Gesicht. Möglichst mit kaltem Wasser. Das hilft dir vielleicht auch bei deinem anderen Problem!“ Hä? Was? Naruto sah irritiert zum Anderen, der sich bereits einen der Lappen aus der Waschschüssel nahm und diesen auswrang. Dabei merkte er den Blick der braunen Augen auf seine Körpermitte, dem er nun folgte... und deutlich zeigte, dass diese weißen Klinikhosen wirklich hätten weiter geschnitten werden müssen! Sehr viel weiter! Schnurstracks drehte er sich herum und marschierte unter leisem Gelächter des Rothaarigen ins Bad zurück. Verdammt! Verdammt! Verdammt! Verdammt! Kapitel 3: Runterholen ---------------------- KOMA Rezept 3 RUNTERHOLEN „Muha-ha-ha-ha-ha-ha!“ Es folgte ein lauter Knall. Einer von der Lautstärke, dass man denken konnte, dass es sich um eine Explosion mittleren Ausmaßes handeln konnte und so auch im angrenzenden nobleren Bereich der Cafeteria ohne weiteres zu vernehmen war. Doch dieses Geräusch kam nicht aus der Küche, sondern dem angrenzenden Personalbereich und fand seinen Ursprung bei einem jungen Pfleger, der nun neben einem umgefallenen Stuhl, welcher eine hinterstehende Bank mit umgerissen hatte, verursacht worden war. Dieser Pfleger schien unter Atemnot zu leiden und obwohl er unter anderem von den besten Ärzten und dem besten Pflegepersonal des Landes umgeben war, mühte sich niemand damit ab, ihm zu helfen. „Kiba! Das reicht jetzt aber!“, Sakura Haruno, ihres Zeichens Chefärztin der Pädiatrie und Inhaberin des schwarzen Gürtels in Karate, setzte ihre Kaffeetasse ab und schielte missbilligend auf den am Boden wälzenden Braunhaarigen herunter, der sich schon fast unter seinen Lachanfällen verkrampfte. „Das… ha ha… ist zu… gut! Erzähl… weiter…!“, fast schon verzweifelt anmutend versuchte sich Angesprochener an der Tischplatte hochzuziehen und schielte dabei mit deutlich sichtbaren Tränen in den Augen zu dem Rothaarigen gegenüber, der mit verschränkten Armen und teuflischem Grinsen wiederum den hochroten Blonden neben sich betrachtete. „Das war ja noch nicht alles!“, fuhr er nach dieser Aufforderung fort und erkannte sogleich das nervöse Zusammenzucken des Nebenmannes. Diesem schienen seine Erzählungen doch wahrlich mehr als peinlich zu sein, doch da musste er durch, „Er stürmte also ins Bad und ließ sich dann wahnsinnig viel Zeit! Ich hatte da schon meinen Teil gemacht und habe mich wirklich gefragt, was unser Neuling so lange da macht! Dann kam er raus und hatte sich eine halbe Rolle Klopapier in die Nase geknüllt!“ Kiba Inuzuka lachte immer noch und fixierte dabei mittlerweile das dunkelrote Gesicht Narutos, der nun in all seiner Scham versuchte, möglichst unbeteiligt und desinteressiert aus dem Fenster zu sehen. „Ich hab ihm dann gesagt, er solle endlich den Katheter austauschen, damit wir das beenden können!“ „Und dann? Und dann?“, Kiba hatte manchmal wirklich Ähnlichkeit mit einem Hund, der ein Leckerli erwartete. Sasori’s Grinsen wirkte plötzlich noch breiter. So breit, dass nun auch Sakura und Neji, die bisher versucht hatten, möglichst unbeteiligt an diesem Gespräch zu wirken, interessiert den Leiter des Pflegepersonals ansahen. „Dann…“ „Hier, Naruto-kun!“, wurde er jedoch von einer leisen Stimme unterbrochen und alle Blicke richteten sich auf die junge Frau, die zu ihnen an den Tisch getreten war und der studentischen Pflegekraft etwas hinhielt, „Ich habe das Kühlakku in einen weichen Waschlappen eingeschlagen. Ich hoffe, es hilft!“ Die junge Logopädin, die ihre langen schwarzen Haare raffiniert hochgesteckt hatte, beugte sich näher an das Gesicht des Blonden heran und begutachtete mit besorgter Miene das Zentrum seines Gesichts. „Oi, Alter! Mit wem hast du dich geprügelt?“, folgte die nächste Unterbrechung. Langsam wurde es Naruto unangenehm. Was machten sie alle noch hier? Bis auf Sasori und Sakura hatten sie doch eigentlich schon alle seit Stunden Feierabend und dennoch saßen sie hier zur Mittagszeit gemeinsam in der Cafeteria und tauschten den neusten Klatsch und Tratsch aus wie die alten Waschweiber. Dummerweise hatte er sich durch seinen Auftritt im Zimmer 631 auf Station 4 selbst zum Gesprächsthema Nummer Eins gemacht und das nervte ihn gewaltig! Mit einem dankbaren Nicken nahm er das Kühlakku aus der Hand Hinatas entgegen und legte es sich sachte auf die geschwollene und deutlich rote Nase. „Nee, Shika! Akut starker Blutverlust bei Schwanzsichtung!“, Kiba drohte schon wieder vom gerade aufgerichteten Stuhl zu fallen. „Oh, Sasoris Puppenshow?“, Shikamaru hob schon mit leicht zuckendem Mundwinkel eine Braue und alle am Tisch, bis auf Naruto, nickten. „Ihr hättet ihn vorwarnen müssen!“, brummte Sakura und biss in ihr Sandwich. „Da muss jeder neue Pfleger durch!“, entgegnete Choji Akimichi, der gierig auf die herabtropfende Mayonnaise des Sandwichs stierte, wodurch sich die Rosahaarige jedoch überhaupt nicht gestört fühlte. Sie wusste, dass der Arzt für Sport und Ernährung sein eigener bester Patient war. „Hm!“, kam es nur gebrummt vom Blonden. „Also, jetzt sag schon, Saso! Was ist dann passiert?“, Kiba beugte sich über die Tischplatte und war nur noch wenige Zentimeter vom Gesicht des Rothaarigen entfernt. Diese plötzlich sehr private Nähe schien diesen aber nicht zu stören. „Mann, Kiba, du bist echt so nervtötend wie ein läufiger Köter!“ „Ach, halt die Klappe, Neji! Du willst doch auch wissen, wie Naruto zu DER“, sein Zeigefinger deutete direkt auf Narutos Nase und dieser schlug die Hand des Braunhaarigen direkt aus seinem Gesicht, „geschwollenen Nase kommt!“ Darauf wusste der Assistenzarzt auch nichts zu sagen, denn es entsprach zu seinem Leidwesen der Wahrheit! „Nun denn…“, begann Sasori erneut, „Das Klopapier in seiner Nase schien schon immensem Druck standzuhalten, da blieb er vorm Patienten stehen“, Sasori wusste, dass zum einen Damen am Tisch saßen und zum anderen einige Gäste anderer Patienten in der angrenzenden Cafeteria und verschwieg daher pflichtbewusst die Nennung des wahren Namens, „und starrte erst einmal Ewigkeiten auf… sein bestes Stück!“ „Du kannst ruhig Schwanz sagen. Kleiner Schwanz, großer Schwanz… Mich stört das auch nicht beim Essen!“, Sakura leckte sich die Mayonnaise von den Lippen. Diese schon laszive Geste und das in Verbindung mit dem Wort, was sie in den Mund genommen hatte, ließ einige junge Männer am Tisch hörbar schlucken. Die Rosahaarige hatte dies jedoch bemerkt und grinste schelmisch: „Was ihr wieder denkt, Jungs! Red lieber weiter, Saso!“ „Sakura-chan… du bist ja soooo versaut!“, Kiba stützte sein Gesicht auf der Faust ab und grinste die junge Ärztin breit an. Dafür bekam er aber einen heftigen Schlag an den Hinterkopf und ihm entfuhr ein Schmerzensschrei. „Au! Sag mal, Neji? Geht’s noch?“, wütend fuhr er herum und funkelte den Angesprochenen an. „Und du willst mir sagen, dass du die ehrenwerte Hinata über alles liebst?“, brummte dieser zurück. „Ähm… ähm… Jungs!“, stotterte die Sprachtherapeutin und hüpfte nervös zwischen ihrem Freund und ihrem Cousin mit Cousinenkomplex hin und her. Da dies jedoch schon etwas alltägliches war, wurde es von allen anderen nicht weiter beachtet. Ein jeder wollte nun Sasoris Erzählungen lauschen. Alle waren nun gespannt darauf, zu erfahren, wie es weiterging. Alle, bis auf Naruto. „Dann noch mal… er stand also genau vor seinem …. Schwanz!“ „Groß oder klein?“ Alles starrte nun Shikamaru an und dieser kratzte sich mit emotionsloser Miene am Kopf: „Ja, was denn? Sakura hat doch gesagt, er darf ins Detail gehen und es würd mich ja echt interessieren, was so ein Superstar…“ „Bist du schwul?“, Choji setzte seine Cola-light Dose ab und schielte zu dem Zopfträger. Dieser gestikulierte wild mit den Händen und schüttelte den Kopf: „Wo denkst du hin, Choji! Sag das bloß nicht zu laut! Temari wollt doch noch kommen!“ „Selbst wenn… hast du was gegen Schwule, Choji?“, irgendwie ging das Gespräch zwar nun in eine falsche Richtung, aber diese Frage brannte Sasori nun unter den Nägeln und dabei schielte er möglichst unauffällig auf den Blonden, der anscheinend die Gehwegplatten auf der anderen Seite des Fensters zählte. Dennoch blieb dieser leichte Seitenblick den wachsamen Augen des Neji Hyuuga nicht verborgen. „Ich? Ach Quatsch! Jeder soll so leben und lieben wie’s ihm passt! „Genau!“, Neji streckte sich und klaute seiner Cousine nun eine Pommes vom Teller, „Zudem wissen wir das doch alle mit dir und Deidei-chan!“ Nun war es der Akasuna, der eine ähnliche Gesichtsfarbe aufwies wie sein blonder, geistig dauerabwesend wirkender Nebenmann. „Was ist mit mir, hm?“ Naruto hätte nun am Liebsten seinen Kopf auf die Tischplatte geschlagen. Konnte es denn noch schlimmer kommen? Schließlich war bald das halbe Personal des Senyu-Klinikums an ihrem Tisch versammelt und würde den wirklich peinlichen Teil seiner ersten Waschung des berühmten Sasuke Uchihas lauschen. Was war er innerlich froh, dass dieser im Koma lag! Und das die Theorie, deren Verfechter er eigentlich war, dass Komapatienten dennoch ihr Umfeld in gewisser Weise wahrnehmen konnten, irgendwo strittig war. Sollte es ruhig auf die anderen Patienten zutreffen, doch bitte nicht auf Sasuke Uchiha! Was gäbe es schlimmeres, als wenn dieser aufwachen würde und sich daran erinnern könnte, was soeben geschehen war? „Mit dir ist nichts“, Kiba winkte ab, „Dein Saso wollte uns gerade die Entstehungsgeschichte von Narutos Gesichtsschwellung erzählen!“ „Glaubt mir… nicht nur das war geschwollen!“, lachte der Rothaarige laut auf. Deidara Iwa hingegen betrachtete hingegen die Nase des anderen Blonden am Tisch. Er war von Natur aus sehr fürsorglich und manch einem kam es vor, dass er einfach den falschen Beruf gewählt hatte. Schließlich gelang es ihm nie, bei seinen Patienten in der Ergotherapie härter durchzugreifen. „Oh je, Naru-chan, was ist denn da passiert?“, besorgt tätschelte er den Kopf des Jüngeren. „Würde man mich nicht ständig unterbrechen, dann wüssten es bereits alle!“, brummte Sasori und Deidara nahm dies als Hinweis, sich nun schweigend auf das Fensterbrett zu setzen, da Naruto den letzten Platz in dieser Stuhlreihe hatte. „Und noch mal… also, er hat seinen“, er starrte zu Shikamaru, „wirklich großen“, dann wanderte sein Blick zu Sakura, „Schwanz erst einmal nur angestarrt. Ich hab ihm dann gesagt, er solle mal in die Gänge kommen… na ja… dann nahm er das neue Katheter-Set aus dem Schrank und entfernte das Alte!“ „Und was ist daran jetzt lustig?“, grummelte der Inuzuka enttäuscht und erntete für diese erneute Unterbrechung die bösen Blicke aller. Aller, bis auf Narutos. „Wart’s ab, Hund!“, Sasori holte Luft, „Dann nahm er den… Schwanz“, wieder Blick auf Sakura, „und wollte den Katheter einführen, aber das ging nicht!“ „Wie? Wieso ging das denn nicht?“, hauchte Hinata mit deutlicher Röte im Gesicht ihre Frage. „Oh oh!“, Shikamaru schien jedoch bereits den Plot dieser Geschichte zu kennen, „Nicht dein Ernst, Saso, oder?“ Doch Sasoris Grinsen wurde breiter. Das heftige Aufschlagen einer Stirn, welche eindeutig einem Blondschopf gehörte, schien Shikamarus Verdacht zusätzlich zu bestärken. „Naruto hielt den großen Schwanz“, als Sasori nun wieder zu Sakura sah, wurde er diesmal böse angefunkelt, „in der einen und den Katheter in der anderen Hand und fing an zu zittern. Was aber nicht gut war, weil sich das Zittern ja auch bis in seine Hand zog und das Problem, was vorlag, ja nur noch verstärkte!“ „Himmel! Hab ich was verpasst? Was denn für ein Problem?“, Kiba war aufgesprungen, beide Hände auf die Tischplatte abgestützt. „Ach, Kiba, du Schnellchecker!“, mit schlürfenden Geräuschen zog Sakura einen Schluck Cola full of calories durch ihren Strohhalm, „Der Patient hatte einen Ständer!“ „Ständer?“ „Hm. Ständer, Latte, Steifen, Erektion, Knüppel, Rohr…“ „Das du dich damit auskennst, ist klar, Sakura-chaaaaaan!“ Doch diese zuckte nur mit den Schultern. „Aber der ist doch im Koma!“, Deidara legte sich grübelnd den Finger ans Kinn. „Und? Jeder Mann hat im Schlaf Erektionen, ohne das er es merkt!“, erklärte Shikamaru. „Selbst männliche Säuglinge neigen hin und wieder dazu wenn sie sich besonders wohl fühlen!“, ergänzte Sakura, „Also wieso sollte ein gesunder Mann im richtigen Alter dazu nicht auch im Koma in der Lage sein?“ „Stimmt auch wieder!“, Deidara nickte verstehend. „Also… mal wieder… weiter im Text“, langsam wurde es Sasori dann doch etwas anstrengend, „Das Problem bei der Sache ist allerdings, dass man bei einer Erektion keinen Katheter einführen kann und da Naruto ja so zitterte aufgrund der Tatsache, dass er den erigierten Schwanz in seinen Händen hielt, schwoll das Ding natürlich auch nicht ab sondern…“ Wieder schepperte ein Stuhl. Wieder war Kiba aufgesprungen. Diesmal doch richteten sich seine Augen auf den immer noch auf der Tischplatte liegenden Kopf: „DU HAST DEM UCHIHA EINEN RUNTERGEHOLT?!“ Narutos Kopf schoss ebenso in die Höhe wie der Rest seines Körpers: „Das war ein Versehen! Ich konnte doch nicht wissen, dass er so schnell kommt!“ „So wie du gezittert hast!“ „DER UCHIHA ist in DEINER Hand gekommen?“, Sakura stockte sprichwörtlich der Atem. Erst in diesem Augenblick wurde einigen Mitarbeitern des Senyu-Klinikums an diesem Tisch bewusst, dass Kiba Inuzuka mit seinem Ausruf ganz großen Mist gebaut hatte. Sakura Harunos Augen waren ebenso geweitet wie die der jungen Hyuuga, des nun nicht mehr auf das Essen der anderen konzentrierten Choji Akimichi und des sonst gedanklich etwas länger brauchenden Deidara Iwa. Aber auch rund zwei Dutzend andere Mitarbeiter des Klinikums, die hier ihre Mittagspause verbrachten, waren in ihrer Bewegung wie erstarrt und stierten zu der kleinen Gruppe am Tisch, nachdem sie das, was soeben doch deutlich laut vernehmbar im gesamten Erdgeschoss, so kam es Naruto in diesem Moment so ziemlich vor, zu hören war, vernommen hatten. Der Uchiha war hier. Hier in diesem Klinikum. Und die studentische Pflegekraft Naruto Uzumaki hatte ihn gewichst! … Stille. Niemand rührte sich in der ganzen Cafeteria. Man hätte eine Nadel fallen hören können. Die, die um das Geheimnis wussten, waren kreidebleich. Das hätte nicht passieren dürfen! Das war eine Katastrophe! Tsunade würde sie auf grausamste Art und Weise… „Und er macht das verdammt gut!“, hörte man eine dunkle, angenehme Stimme laut direkt hinter Naruto. Dieser drehte sich halb herum, nachdem ihm zudem noch eine Hand auf die Schulter gelegt worden war und er etwas Warmes und Feuchtes auf seiner erhitzten Wange spürte. „I…Itachi Uchiha… hat… Naruto-kun…ge… geküsst!“, hörte man Hinata als einzige am Tisch leise wispern. Narutos Augen weiteten sich erneut. Tatsächlich stand der ältere Uchiha hinter ihm. Hatte behutsam den etwas Kleineren an der Schulter gepackt, ihn sachte zu sich gedreht und ihm, vor aller Augen in dieser Cafeteria, einen leichten Kuss auf die Wange gedrückt. Sofort ging das Gemurmel in diesem riesigen Saal los. Naruto konnte Sätze wie „Ach, DER Uchiha ist gemeint!“ oder „Itachi Uchiha steht auf Männer?“ hören. Sein Herz raste. Was machte der ältere Uchiha hier? „Haben wir irgendwas verpasst während ich Itachi-san routinemäßig untersucht habe?“, fragte eine weitere Stimme laut vernehmlich und beantwortete Narutos ungestellte Frage. Wie aus dem Nichts, als wäre er aus einer Rauchwolke entstiegen, stand nun auch Kakashi Hatake bei ihnen am Tisch. Seine rechte Augenbraue schien zu zucken, woraufhin alle Anwesenden verneinend die Köpfe schüttelten. „Schön dich wiederzusehen, Naruto-kun!“, flüsterte der Schwarzhaarige in Narutos Ohr und verstärkte dadurch nur seine Gesichtsdurchblutung. „Itachi-san!“, er rang sich ein Lächeln ab, „Es… es tut mir leid…“ „Schon okay! Kann passieren!“, er lachte und Naruto empfand dieses Lachen als äußerst angenehm und sehr schön. Dass er damit nicht alleine da stand bestätigte ihm das allgemeine Seufzen einer jeden weiblichen Person im Raum, welche nun ihren Blick auf den jungen Firmeninhaber geheftet hatte. „Ich habe einen Termin mit Tsunade-sama! Treffen wir uns gleich auf einen Spaziergang im Park?“ Diese Frage hatte Itachi so leise gestellt, dass niemand sie hätte hören können außer Naruto. Er nickte stumm, nahm sich seinen großen braunen Briefumschlag vom Tisch und wandte sich zum gehen. Er wollte nur noch schnell weg. Irgendwie war ihm das nun doch ein wenig zu viel geworden. Zuerst diese Peinlichkeiten am Vormittag im Zimmer 631 und dann das hier! Ja, er hatte dem Uchiha indirekt einen runtergeholt. Und ja, er hatte gezittert wie Espenlaub. Das lag aber nur daran, dass er sich so sehr über sich selbst aufgeregt hatte und nicht weil er wegen eines Katheteraustausches nervös gewesen wäre. Er hatte sich darüber geärgert, wie unprofessionell er sich in der Gegenwart von Sasori angestellt hatte. Was war denn schon dabei gewesen, einen Patienten nackt zu sehen? Nun ja… vielleicht nicht so in der Pose, wie ihn Sasori präsentiert hatte, aber dennoch! Wie hatte das nur so ausarten können? Er war doch ein Profi, verdammt! Medizinisch gesehen und eigentlich auch sexuell! Wenn er jemanden einen runterholte, dann richtig! Dass es bei Sasuke Uchiha so schnell gegangen war, war allerdings erstaunlich. Er schob das nun einmal da drauf, dass der Gute seit Monaten im Koma lag und somit auf Totalentzug. Jawohl! Bei so einem Gerät konnte sein Sasuke doch keine Pfeife im Bett sein! Sein Sasuke? Argh!!! Sasuke war einfach… untervögelt. Genau! Dieses von Sai kreierte Wort verdiente einen Stammplatz im Duden. So oft, wie er es in der vergangenen Zeit angewendet hatte, war es doch verwunderlich, wie er bisher ohne dessen Gebrauch hatte leben können! Eigentlich hatte er nun noch gut zwei Stunden Pause. Doch zurückkehren zu den anderen wollte er nun erst einmal nicht. Sie würden ihm sicherlich einen Haufen Fragen stellen, auf die er nun sicherlich keine Antwort wusste. Alle, die mit am Tisch gesessen waren, würden nun die Wahrheit wissen: Sasuke Uchiha hielt sich in ihrem Klinikum auf. Nur Itachis… Opfer war es zu verdanken, dass nun nicht das ganze Klinikum Bescheid wusste. War es denn nicht riskant für Itachi, sich so gesehen als schwul zu outen, wenn dieser doch gar nicht schwul war? War der Ältere für den Schutz seines jüngeren Bruders da nicht doch ein bisschen zu weit gegangen? Schließlich würde doch jetzt sicherlich die Presse wieder mit Fragen und Theorien kommen. Dummerweise in Verbindung mit ihm. Naruto konnte sich schon die Schlagzeile der morgigen Ausgabe der ‚Konoha Daily‘ bildlich vorstellen: ‚Schwuler Firmenchef Uchiha verfällt Krankenpfleger!‘ mit angekündigtem Interview der Beteiligten für die Wochenendausgabe ‚Konoha Weekly News‘, geführt von diesem Schmierlappen Hidan! Irgendwie sowas! Klar wurde ihm da nun flau in der Magengegend. Er war in den Wartebereich der Notaufnahme getreten. Hier war nie viel los, da Notfälle zuerst ins Städtische Krankenhaus verbracht wurden. Hier würde er ein wenig Ruhe haben, bevor er gleich in den Park gehen würde, um auf Itachi zu warten. Fast schon erschöpft vom bisherigen Tag und eh noch müde von der schlaflosen Nacht, die er als Chauffeur von Jiraija und Kakashi verbracht hatte, ließ er sich in einen der bequemen Sessel plumpsen und blickte hoch zu dem an der Decke befestigten Flachbildschirm, auf dem gerade eine dieser nervtötenden Daily-Soaps gezeigt wurde. Langsam schlossen sich seine Lider und katapultierten seine Gedanken an die Geschehnisse des bisherigen Tages. Er hatte Sasuke Uchiha nach so langer Zeit wieder sehen können! Nun ja, er hatte sogar mehr von ihm gesehen, als er gedacht hätte und ihm lieb gewesen war. Obwohl… unter anderen Umständen…awww…Verdammt! Er war doch sein Arzt… nun ja… gewesen… aber er dürfte so nicht von einem Patienten denken. Obwohl… Sasori hatte schon Recht. Der Schwanz des Uchihas war wirklich groß. Er hatte ja genügend Zeit gehabt, ihn sich genauer anzusehen. Und dann auch noch erigiert! Verdammt! Wie gerne hätte er ihn in den Mund… Nein! Nein! NEIN! Dieses Untervögeltsein traf nicht nur auf diesen schwarzhaarigen Dämon zu, der sich da in seinen Hirnwindungen breitmachte. Ja, Dämon war die richtige Bezeichnung! Er schien ja schon fast besessen von ihm zu sein. Welcher normale Mensch verliebt sich denn bitte auf den ersten Blick in einen zum Tode verurteilten Patienten auf dem OP-Tisch und ist seit diesem Tage zu nichts anderem mehr fähig als an diesen zu denken? Wie naiv war er vor allen Dingen? Wenn dieser Dämon dann aus dem Koma erwachen würde, würde in dieser Sekunde auch sein Herz zerreißen. So lange er schlief konnte er ihn doch anhimmeln. Erst Recht, wo er nun seit dem heutigen Tage die Möglichkeit hatte, ihm so nah zu sein! Aber würde er erwachen, würde er genesen. Und dann würde er auch wieder aus seinem Leben verschwinden. Gewiss könnte er dann damit beginnen, seine niedergelegten Studien wieder aufzugreifen und seine Doktorarbeiten beenden. Aber war es das wirklich? War das DAS was er im Leben wollte? Er hatte in den vergangenen vier Monaten erstmals Freundschaften geschlossen. Irgendwo auch Dank des Uchihas. Denn ohne ihn wäre er nicht hier als kleine Pflegekraft. Ohne ihn wäre er in einigen wenigen Jahren der Leiter dieser Klinik. Okay, das wäre er auch weiterhin, aber nun kannte er auch die Leute genauer. Würde bestimmt amüsant werden die Gesichtsausdrücke eines jeden einzelnen zu sehen, wenn er dann eines Tages Tsunade ablösen würde. Dann würde wieder aus der kleinen studentischen Pflegekraft, die er hier für fast alle Kollegen war, der Neurochirurg und Psychiater Naruto Namikaze werden. Früher war es schier unmöglich Freundschaften zu knüpfen oder auszubauen. Er war immer irgendwo der Außenseiter. Das Wunderkind. Es fing schon auf der Elemantary School an… er übersprang Klassen. Bald darauf saß er in der Middleschool neben seiner drei Jahre älteren Schwester. Aber auch nur wenige Wochen, da er dann wieder hochgestuft wurde. Wer wollte denn da schon näher Kontakt zu ihm haben? Mit 15 Jahren hatte er die Oberschule abgeschlossen. Mit 18 das Psychologiestudium mit Auszeichnung und anschließendem Doktortitel. Nebenbei hatte er angefangen, sich auf Neurochirurgie zu spezialisieren und verschiedenste Praktika durchlaufen. Und dann war er in seinem ersten Assistenzjahr im Städtischen Klinikum gewesen und Sasuke begegnet. Diesem Bastard. Der nicht einmal wusste, dass er existierte. Der nur mit seiner eigenen bloßen Existenz Narutos Leben bereits auf den Kopf gestellt hatte ohne es zu wissen. Ohne das er es wissen konnte. Weil er ja unbedingt seit sechs Monaten schlafen musste! Grummelnd öffnete er seine Augen und betrachtete die beige Musterung der Raumdecke. Wieso verliebte er sich in solch einen Kerl? Ahnungslos. Sinnlos. Hoffnungslos. Nachdem er sich seufzend aufgerichtet hatte widmete er sich dem Kuvert. Er könnte jetzt wieder die Zeit etwas überbrücken und sich der Krankenakte seines Lieblingspatienten widmen. Behutsam nahm er das nun doch schon mit der Zeit an Umfang gewonnene Schriftstück heraus und begann auf der ersten Seite. Er erkannte seine eigene Schrift. Es war der Bericht, den er nach der OP noch verfasst hatte, obwohl er nach 17 Stunden stehen und konzentrierter Arbeit total übermüdet und fertig gewesen war. Doch hatte er es dort nicht auf die lange Bank schieben wollen. Er wollte alles niederschreiben, solange es noch frisch in seinem Kopf verankert war. Seine Schrift war sauber und ordentlich. Nichts wies darauf hin, dass er beim Schreiben dieses Berichtes zweimal weggenickt war. Selbst seine Unterschrift ‚NAMIKAZE‘ war gut leserlich und hatte fast schon elegante Schriftzüge. Das hatte er sich in den vergangenen Wochen abgewöhnt. Ein 08/15-Student, der sein Studium als studentische Pflegekraft finanzierte, hatte keine Zeit sich mit seinem Schriftbild zu beschäftigen. Er blätterte weiter. Es folgte der Bericht des Labors. Zum einen die Ergebnisse der Blutentnahme kurz vor der OP. Diese dient meist nur der schnellen Kontrolle wegen Blutgruppe und vorliegenden Erkrankungen zwecks Bereitstellung der benötigten Konserven. Dann der Folgebericht. Von der Uhrzeit her musste diese Blutentnahme kurz nach der OP erfolgt sein. Zuerst wollte Naruto diesen auch nur flüchtig überfliegen, doch irgendetwas störte ihn. Irgendetwas zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er blätterte wieder zurück und betrachtete den ersten Bericht. Dann sah er sich wieder den Zweiten an. Was störte ihn nur so sehr? „Die Zahlen stimmen nicht!“ „WUAH!“, Naruto sprang auf und ließ vor Schreck die Akte fallen. Im Sessel hinter seinem lehnte ein dunkelhaariger Typ mit auf der Rückenlehne verschränkten Armen. Von der Sitzposition her hatte er die ganze Zeit über Narutos Schultern geschaut und Naruto war dankbar, dass auf beiden Blättern der Patient nicht namentlich, sondern nummerisch erwähnt war. Von der Kleidung her war der vermummte Typ ein Klinikmitarbeiter und Naruto kannte ihn auch irgendwoher. Er wusste gerade nur nicht woher. Aber Gedanken konnte er sich diesbezüglich auch nicht machen, da seine Pumpe gerade vor Schreck den Brustkorb sprengte: „Oi, Alter! Bist du verrückt! Du kannst dich doch nicht so anschleichen, echt jetzt!“ „Ich war zuerst hier!“, entgegnete der Angesprochene recht kühl und schob sich seine Sonnenbrille zurecht. Naruto stockte. Es war Ende Januar. Draußen war es bereits um 16 Uhr dunkel und zudem befanden sie sich hier in einem Raum innerhalb eines Gebäudes. Warum trug der Typ eine Sonnenbrille? „Darum geht’s doch gar nicht! Du hast mich zu Tode erschreckt!“ „Dies ist nicht korrekt! Hättest du dich zu Tode erschreckt, dann würde das hier“, er griff an seinen Gürtel und löste dort einen Pieper, „losgehen! Wobei das auch Schwachsinnig wäre, weil ich bin ja schon da!“ Hä?! „Wie kommt ein kleiner Krankenpfleger eigentlich zu so einer Akte?“, fuhr stattdessen der in Narutos Augen etwas seltsame Kerl fort. Und diese Aussage rüttelte ihn wirklich aus seinen Gedanken, denn das war eine gute und auch vor allen Dingen berechtigte Frage! „Ähm… ich bereite mich auf eine wichtige Prüfung an der Universität vor und Kakashi-sensei gab mir alte Unterlagen zum Üben!“, innerlich war Naruto doch stolz so schnell eine passable Ausrede gefunden zu haben. Der Fremde hob hinter der Sonnenbrille eine Augenbraue. Das empfand Naruto jetzt nicht gerade als gutes Zeichen, dass er ihm seine Geschichte abgekauft hatte. Doch dann erhob sich dieser vom Sessel, bückte sich nach der Akte und hielt sie Naruto entgegen: „Das ist seltsam. Wieso gibt Kakashi einem Studenten ziemlich offensichtlich gefakte Laborergebnisse zum Üben? Anscheinend mag er dich nicht besonders. Denn wenn du damit lernst wirst deine Prüfung aber vergessen können, Naruto!“ Nun lag es an Naruto, verblüfft und die Braue anhebend zu gucken. Woher kannte der Fremde seinen Namen? Und woher wusste er so schnell, das mit den Werten etwas nicht stimmen konnte? „Wer…?“, unbewusst trat er näher an den Dunkelhaarigen heran. Der seufzte laut: „Kennengelernt haben wir uns am 11. November um 13 Uhr 48 nach dem plötzlichen Ableben der Patientin Koshino aus Zimmer 357. Du brachtest sie in meine Station und hast mich darum gebeten, ihr das blaue Nachthemd anzuziehen bevor die Familie zur Verabschiedung kommt, weil sie das Fliederfarbige nicht mochte. Danach begegneten wir uns auf der Weihnachtsfeier, welche wir Arm in Arm auf der Couch im Bereitschaftszimmer der Station 8 schlafend beendet haben. Dann…“ „Okay! Okay!“, unterbrach Naruto dessen Redefluss, „Ich habe es nicht so mit Namen… verstehst du?“ Der Fremde legte den Kopf zur Seite und schien ihn zu mustern: „Shino. Shino Aburame. Pathologie und Labor!“ „Echt jetzt?“ „Ähm, ja. Bin mir ziemlich sicher, dass sich meine Geburtsurkunde seit 27 Jahren nicht geändert hat!“ „Das meine ich nicht! Labor?“ „Hm. Ja.“ Naruto wedelte mit der Akte: „Dann bist du dir sicher, dass da was nicht stimmt?“ „Hm. Ja.“ „Klar bist du dir sicher! Du machst ja auch den ganzen Tag nichts anderes, als so Werte zu analysieren und so, nicht wahr?“ „Hm.“ Naruto zögerte. Dieser Antwort fehlte etwas: „Ja?“ „Nein. Ich habe auch noch andere Bereiche und meine Freizeit gestalte ich auch anders. Meine Hobbies sind zum Beispiel Insekten. Gerade…“ „Ja ja ja!“, Naruto trat näher an diesen Shino aus dem Labor, das waren für ihn gerade im Moment die einzig wichtigen Fakten, heran, „Kannst du mir auch sagen, was mit den Zahlen nicht stimmt?“ Dieser zögerte und legte nun den Kopf auf die andere Seite: „Warum?“ Am liebsten hätte Naruto ihn just in diesem Moment gewürgt. Aber er wusste, dass wenn er eine schnellere Antwort auf seine Frage haben wollte, dann müsste er auf dieses Spielchen eingehen. Andererseits bliebe ihm noch übrig, dass er sich selbst hinsetzte und das alles gründlich durch ging. Aber warum noch Mühe machen, wenn die Lösung doch schon bekannt war? Effiziente Arbeitsteilung war hier die Devise, auch wenn sein Gegenüber davon anscheinend noch nie etwas gehört zu haben schien. „Oi! Weil du festgestellt hast, dass Kakashi mich übers Ohr hauen wollte und nun will ich ihm das auch sagen! Wäre also echt cool, wenn du mir verrätst, wo der Fehler ist, damit ich Kakashi auch drauf hinweisen kann und so, echt jetzt!“ Wieder schwankte der Kopf dieses Shinos von einer Seite auf die andere. Dazu die verschränkten Arme. Naruto wusste, dass dieser gerade abwägte. „Kakashi sagt dann bestimmt wieder, dass die im Labor dann Mist gebaut haben und nicht, dass die Ärzte vielleicht irgendwas verwechselt haben. Aber wenn ich hingehe und sage, dass das nicht vom Labor kommt…“ „Ist gut, ich verrat es dir!“, Shino nahm Naruto die Akte aus der Hand und setzte sich damit auf die größere Couch. Der Blonde verstand die Wahl des Sitzmöbel und gesellte sich direkt neben ihn. „Siehst du hier die beiden Werte“, der Pathologe zeigte auf zwei Werte direkt auf dem ersten Bericht, „der obere Wert ist gering und der untere ziemlich erhöht.“ „Hm. Ja“, Naruto hatte das Gefühl, als hätten sie die Rollen getauscht. Der Dunkelhaarige blätterte um: „Und hier… der obere Wert ist extrem erhöht und der Untere liegt bei null. Und bei Null sollte er auch liegen. Normalerweise.“ „Und wofür stehen die Werte?“, Naruto starrte den anderen an und fragte sich im gleichen Augenblick, welche Augenfarbe dieser wohl hinter diesen dunklen Gläsern seiner Sonnenbrille hatte. „Ich erkläre es mal so: der Patient hat während der OP eindeutig drei Flaschen Wodka, zwei Flaschen Brandy und mindestens zehn Bier getrunken!“ „Hat er nicht! Ich war dabei!“, entrüstete sich Naruto, ehe ihm nun doch ein Licht aufging, „Moment! Heißt das, er war vor der OP nüchtern?“ Shino nickte mit leichtem Schmunzeln: „Nicht ganz. Also vom Alkohol her schon. Der Patient hat sicherlich vorher nichts anderes als Wasser getrunken. Aber in diesem Wasser war etwas, was sich schon nach kurzer Zeit aus dem Körper wieder verflüchtigt und schwer nachzuweisen ist! Aber der zweite Wert gibt mir persönlich Hinweise darauf, dass ich zu 100% richtig liege mit meiner Vermutung!“ Der blonde Pfleger schien ihn nicht ganz folgen zu können. Shino erhob sich. Seine Pause war nun vorbei und er drückte Naruto die Akte wieder in die Hand, ehe er sich auf dem Weg zur Tür machte: „Das sieht mir ganz nach diesen sogenannten KO-Tropfen aus, Naruto. Und die nimmt ja niemand freiwillig!“, und dann war der hilfreiche Pathologe auch schon verschwunden. Warum war das zuvor niemandem aufgefallen? Sasuke Uchiha war gar nicht sturzbetrunken Auto gefahren. Er war in Kontakt mit KO-Tropfen gekommen! Und Shino hatte Recht! Niemand nahm doch freiwillig vor einer Autofahrt KO-Tropfen! War dieser Unfall vielleicht gar kein Unfall? Legte deswegen Itachi Uchiha so viel Wert darauf, dass niemand erfuhr, wo sein kleiner Bruder steckte… weil es vielleicht ein versuchter Mord war? Hatte jemand versucht, Sasuke Uchiha zu töten? Aber warum? Klar, er war ein Star. Hatte Geld. Frauen. Sah verdammt nochmal verboten gut aus. So einer hatte sicherlich viele Neider. Aber direkt ein Mord? Und dann musste ja der Täter aus dem gleichen Umfeld kommen, weil ja nicht viele andere, vor allen Dingen Normalsterbliche, an den Uchiha herankamen. Ergo: Neid fiel als Beweggrund schon einmal weg. Denn die Leute in Sasukes Umfeld hatten das alles selber. Naruto kratzte sich am Kopf. Warum machte er sich solche Gedanken? Vielleicht interpretierte er nun auch eindeutig zu viel da hinein! Soweit er wusste, war doch der Großonkel der Uchiha-Brüder der derzeitige Polizeipräsident und ein Cousin der Polizeichef von Konoha. Also waren die doch sicherlich schon längst mit den Fakten vertraut und gingen der Sache nach. Oder? Sein Blick huschte auf die Wanduhr. Noch anderthalb Stunden Pause. Er sollte jetzt aufstehen und zur Bank im Klinikpark gehen. Dort hatte er sich schon einige Male mit Itachi Uchiha verabredet um sich gegenseitig Informationen bezüglich Sasukes Zustand zu geben und auch, um dem älteren der beiden Brüder ein wenig Hoffnung zu zu sprechen. Dieser litt sehr unter der doch schon recht langen Zeit des Komas und der Warterei. Nur diesmal würde Naruto anfangen, diese Treffen zu nutzen, um Fragen zu stellen. Fragen, deren Antworten ihn eigentlich nichts angingen, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass er hier helfen musste, wenn etwas nicht mit Sasuke stimmte oder dieser vermutlich sogar noch in Gefahr schwebte! Der klinikeigene Park war nur durch das Klinikgebäude an sich zugänglich und somit von außen uneinsichtig. Die ganze Klinik war ringförmig um diese kleine Oase aufgebaut und war besonders in den Frühjahrs- und Sommermonaten für einige Patienten ein angenehmer Aufenthaltsort. Nun, Ende Januar, gingen nur sehr wenige hier spazieren und auch wenn kein Schnee mehr lag und die Temperaturen langsam milder wurden, so herrschte noch ein zugig kalter Wind, der Naruto dazu zwang, seinen roten Lieblingsschal noch ein wenig enger zu ziehen, während er schnellen Schrittes zur Bank neben der alten Eiche im Zentrum des Parks eilte. Aus der Ferne hatte er schon die dort stark vermummte, schwarz gekleidete Gestalt des Uchihas erkennen können. Er war also zu spät. Aber dies war nicht das erste Mal. Und obwohl Naruto wusste, dass der Terminplaner der Schwarzhaarigen zum Bersten gefüllt war, so hatte sich dieser nie beschwert. So wie heute auch… „Tut mir leid! Ich hab nicht auf die Uhr gesehen!“, er verschränkte beschämt die Arme hinter dem Kopf und grinste den Älteren verlegen an. „Kein Problem, Namikaze-san! Ich bin noch nicht solange hier!“, und wieder schenkte er Naruto eines dieser äußerst seltenen Lächeln. „Du sollst mich nicht mehr so nennen! Einfach nur Naruto reicht hier vollkommen!“, brummelte der Blonde. „So schlimm?“ „Gerade du solltest wissen, dass man mit einem Namen auch gestraft sein kann!“, Naruto schnappte sich eine Hand Itachis und zog ihn mehr Richtung Bäume. Auch wenn das Laub noch fehlte, so hielten sie dennoch mehr neugierige Blicke ab, als zuvor die freistehende Bank. Itachis Lederhandschuhe fühlten sich sehr kühl an. Für Naruto ein Indiz, dass der Uchiha doch schon länger draußen stehen musste. Er löste die Hände voneinander und steckte seine eigene Hand suchend in die Jackentasche, nur um kurz darauf ein Kärtchen herauszuziehen und es Itachi entgegenzureichen: „Das nächste Mal lässt du mein Handy an bimmeln. Das steht immer auf Vibration, das merk ich auch während der Arbeit!“ Itachi nickte dankend und steckte sich die Visitenkarte in seine Manteltasche: „Du dürftest heute also zu ihm, ja?“ Narutos Gesichtsfarbe veränderte sich schlagartig: „Okay! Wie viel hast du von dem Gespräch in der Cafeteria mitbekommen?“ Itachi lachte leise auf während er beide Hände in die tiefen Manteltaschen vergrub. Sein warmer Atem zeichnete sich deutlich in der eisigen Luft ab: „Leider nicht alles! Nur, dass du Sasuke wohl ein wenig Entspannung gegeben hast“, er zwinkerte schelmisch, „Dabei bin ich mir sicher, dass ich das gar nicht als Zusatzleistung angegeben habe!“ „Das gibt es auch gar nicht als Zusatzleistung!“, Narutos Wangen blähten sich ein wenig auf, „Wir sind ein angesehenes Klinikum und kein Freudenhaus!“ „Das wollte ich damit auch nicht sagen! Was ich sagen wollte… von mir erfährt er nichts!“ Naruto wusste darauf nicht so recht zu antworten. Wenn er sich dafür bedanken würde käme er sich schließlich wirklich so vor, als hätte er das, was geschehen war, wirklich absichtlich gemacht. Er nickte nur und begann langsam damit, den mit Kies ausgelegten Weg entlangzugehen. Itachi sprach nicht weiter und schritt im gleichen Tempo neben ihm her. „Oma Tsunade hat mit dir über den Paparazzi gesprochen, nicht wahr?“, unterbrach Naruto schließlich ihr fast andächtiges Schweigen. „Ja!“, dem Schwarzhaarigen entfuhr ein Seufzen, „Dieser Hidan ist langsam wirklich lästig! Seit Wochen klebt er an mir dran. Gerade steht er in einem weißen T4 mit verdunkelten Scheiben vorm Haupteingang!“ „Wirklich?“, der Blonde war überrascht, dass sich Itachi nicht wesentlich ärgerlicher darüber äußerte, dass er offensichtlich beschattet wurde. So ein Leben im Blick der Medien war sicherlich nicht beneidenswert. „Wir lassen uns nicht erpressen. Wirklich hat er ja nichts in der Hand. Er hat nur ein paar Bilder und Aufzeichnungen von mir wie ich an unterschiedlichen Tagen die Klinik betrete und einige Stunden darauf wieder verlasse. Kakashi und ich sind uns einig, dass wir daraus eine Krankenakte für mich basteln, die wir ‚ausversehen‘ der Presse zukommen lassen!“, erklärte er das geplante weitere Vorgehen. „Dann kommt das doch nun nicht so gut, dass nun einige denken, dass du… und ich… also das eben…“, wieso war er nur nicht dazu in der Lage, einen einzigen vernünftigen Satz in Gegenwart des Uchihas herauszubringen? Wie sollte denn das erst mit Sasuke werden? Schließlich war selbst ihm nun klar geworden, dass er sich in den Patienten wohl oder übel Hals über Kopf verliebt hatte. „Ach, wenn es danach geht, mach dir da keine Gedanken! Ich habe jeden Tag mit irgendwem irgendwas. Heute bin ich schwul, morgen asexuell und übermorgen verheiratet! Sasuke und ich haben schon vor langer Zeit aufgegeben uns gegen diese Windmühlen abzumühen“, Itachi zog seine linke Hand aus der Manteltasche und strich mit ihr über Narutos Wange, der daraufhin abrupt innehielt. Das kühle Leder des eindeutig hochwertigen Handschuhs verursachte ein seltsames Kribbeln, „Wir werden beobachtet!“ „Hä?“, er drehte sich zu allen Seiten herum und erkannte am Seitenausgang des Südgebäudes eine Gruppe Klinikmitarbeiter, die wirklich alle in ihre Richtung stierten. Naruto wusste, dass dort die Raucherecke war, aber seltsamerweise hielten sich doch die Rauchschwaden zu sehr in Grenzen. Dort waren nicht wirklich viele Abhängige zu finden. „Sag mal, Itachi-san“, Naruto drehte sich wieder zu ihm und er ließ seine Hand sinken, „Was genau weißt du über Sasukes Unfall?“ Es schien einen Augenblick so, als wäre der Schwarzhaarige über diese Frage mehr als überrascht, doch schnell fand er wieder zurück zu seiner in den Medien so oft gezeigten kühlen Maske: „Er fuhr von seiner Geburtstagsfeier stark alkoholisiert mit überhöhter Geschwindigkeit in einen Sattelschlepper!“ „Und was würdest du sagen, wenn kein Alkohol im Spiel gewesen wäre?“, fragte Naruto leise und versuchte nun jede Regung im Gesicht des Anderen genauestens zu erfassen. Zuerst schien er starr in seine Augen zu blicken, doch dann erkannte er ein minimales Zucken des rechten Augenlids. Ein deutliches Anzeichen, dass er innerlich nervös wurde: „Willst du meine ehrliche Antwort?“ Der Blonde nickte und beobachtete, wie Itachi sein Gesicht von ihm abwandte und in den Himmel blickte. Dieser war gräulich verhangen. Irgendwie bedrückend. Wie die plötzliche Stimmung unter ihnen. „Sasuke hat nicht getrunken. Er hatte noch nie etwas für Alkohol übrig. Er wollte immer Herr über seine Sinne bleiben. Die ganzen Aussagen, die angeblich die Geburtstagsgäste der Presse gegenüber gegeben haben, sind alle unwahr. Ich weiß es so genau, weil ich der Letzte war, mit dem er geredet hat!“ Und nun sah Itachi Naruto direkt an: „Wir hatten einen ziemlich heftigen Streit. Es ging im Groben darum, dass ich gegen eine Erweiterung des Auslandsfilialnetzes und somit der Einbindung weiterer Familienmitglieder in das Unternehmen war. Dies war auch bis zu diesem Tag Sasukes Standpunkt und plötzlich wollte er unsere ganze Firmenpolitik über den Haufen werfen!“, seine Augen schienen feucht zu schimmern und seine Stimme wurde immer leiser. All das waren Indizien für Naruto, das Itachi die Wahrheit sprach und sich auch irgendwo Vorwürfe machte, was danach geschah. „Er trank die ganze Zeit nur Wasser und Ginger Ale. Irgendwann sprang er dann auf, schrie mir im Lärm der Disco etwas Unverständliches entgegen und verließ das Gebäude. Auf dem Parkplatz sah ich noch, wie er seinen besten Freund Suigetsu zur Seite stieß und in sein Auto stieg. Ich hatte beschlossen, ihm zu folgen. Innerhalb der Stadt fuhr er normal, doch kaum war er auf der Autobahn hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte!“, er holte tief Luft, „Sein Wagen wurde immer schneller. Sasuke liebte schnelle Autos, aber wenn es darum ging schnell zu fahren, dann hat er stets Autobahnteilabschnitte absperren lassen. Er hätte niemals andere gefährdet!“ „Und dann?“ „Ich versuchte mein Tempo dem seinen anzugleichen, um ihm weiter folgen zu können, doch das wurde zu gefährlich! Ich sah, wie er mehrfach die Lichthupe betätigte, doch dem Sattelschlepper… dem hätte er nicht ausweichen können… beim besten Willen nicht!“ „Wieso ist bei der ganzen Geschichte die Polizei nicht aktiver?“, Naruto kratzte sich am Kopf. Das Ganze hier hörte sich selbst für einen Dummen doch schon lange nicht mehr nach einem normalen Unfall an! „Unsere Familie… nun ja… ist etwas kompliziert. Und die Polizei in Konoha hat zwei große Schwachpunkte!“ „Und die wären?“ Itachi schaffte ein traurig wirkendes Schmunzeln: „Zum Einen sind dort zu viele Uchihas und zum anderen ist die Polizei mehr als korrupt!“ Das waren schwere Vorwürfe, die der junge Firmeninhaber da vorbrachte. Zudem verstand Naruto nicht, was gegen die ‚vielen Uchihas‘ sprach. Familie war doch Familie. Hielt man dort nicht zusammen? Was waren das für komplizierte Familienverhältnisse, die der Ältere zuvor angesprochen hatte? Sie blieben stehen und sahen sich eine Weile fragend an. „Glaubst du“, begann der Pfleger leise, „jemand hat versucht, Sasuke umzubringen?“ Das Gesicht des Schwarzhaarigen gewann erneut an Härte. Kalte Härte: „Ich glaube es nicht nur, ich weiß es!“ Naruto schluckte. Man hatte diesen Traummann wirklich versucht zu töten! „Weiß es Tsunade?“ „Nein. Nur du und ich und mein Sekretär Kisame!“ „Weißt du, warum jemand Sasuke töten wollte?“ „Nein. Aber ich weiß, dass Sasuke es ganz genau weiß und auch wer es war. Und deswegen und nicht wegen der Medien, verstecke ich ihn hier und verbreite innerhalb der Familie das Gerücht, er sei länger auf den Fidschis. Denn derjenige wird es nicht bei einem Versuch belassen!“ Naruto nickte verstehend. Der potenzielle Mörder würde wissen, dass Sasuke ihn identifizieren könnte und würde alles daran setzen, seine Tat zu vollenden. Und da Itachi der Polizei und seiner Familie wohl kein Vertrauen schenkte, hatte er Narutos Angebot damals, Sasuke in die Privatklinik zu verlegen, wohl in jeder Hinsicht sehr gut durchdacht. Alle, die zuvor im Städtischen Klinikum mit dem Uchiha zu tun gehabt hatten, waren mit viel Geld zum Schweigen gebracht worden. Selbst Naruto hatte man Geld angeboten, aber er hatte abgelehnt. Die Schweigepflicht war für ihn nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine Ehrensache. Die Verlegung wurde ausschließlich von Senyu-Mitarbeitern durchgeführt und dort war sicherlich keine Bestechung oder dergleichen notwendig… Tsunade hatte ihre Leute gut im Griff. „Aber wer hat dann die Blutwerte versucht zu verfälschen?“, überlegte nun Naruto laut. „Sicherlich keiner von meinen Leuten. Die hätten es wenigstens so gemacht, dass man im Nachhinein nicht dahinter kommt!“, brummte Itachi. „Das heißt aber, dass es der Killer war. Ein Killer, der versucht hat, mit wenigen medizinischen Wissen Laborergebnisse zu verfälschen. Sasuke war nicht alkoholisiert, er hatte diese KO-Tropfen im Blut! Und das wollte der Killer vertuschen! Er war also im Städtischen Krankenhaus zum Zeitpunkt der OP und hatte dort auch Zugang zu den Laboren. Und demnach könnte der Killer auch mit größter Wahrscheinlichkeit wissen, dass Sasuke mittlerweile hier ist und er scheitert derzeit nur an den ganzen Sicherheitsmaßnahmen!“, irgendwo hatte Naruto nie wirklich verstanden, warum seine Großtante so viel Wert auf diese ganzen Maßnahmen legte. Und nun war er ihr doch irgendwo dankbar! Schließlich konnte es gut möglich sein, dass irgendwo in diesem Krankenhaus ein Killer herumrannte. Der Gedanke war beängstigend! „Wenn der Killer im Städtischen Krankenhaus war und Zugang zu den Laboren hatte, dann war er dort als Mitarbeiter in den Schichtplan eingeteilt. Zumindest er oder ein Mittelsmann. Dann müsste er auch auf meiner Liste stehen. Schließlich haben alle einen Scheck bekommen… na ja… alle außer du!“, auch Itachi war den Gedankengängen Narutos gefolgt und fand diese neue Erkenntnis nun doch etwas verstörend. „Wir sollten Tsunade auch einweihen! Sie kann die Sicherheitsmaßnahmen für Sasuke noch um ein vielfaches Verstärken! Ich würde mich dann viel wohler fühlen! Zudem kann sie mir auch sagen, welche Mitarbeiter des Städtischen Krankenhauses in den letzten sechs Monaten in unser Klinikum gewechselt haben!“ „Hm, ja, da hast du sicherlich Recht!“, sie waren nun in Hörweite der sie beobachtenden Rauchergruppe und nickten sich daher dann nur noch zu. Ein großgewachsener Mann mit Kinnbart schien sich aus dieser Gruppe zu lösen und mit einer Zigarette im Mundwinkel auf sie zu zu kommen. Itachi hielt abrupt an und legte lächelnd den Kopf etwas zur Seite: „Ah, Doktor Sarutobi! Schön sie hier anzutreffen!“ Der schwarzhaarige Arzt trug noch die dunkelblaue OP-Kleidung unter dem weißen Kittel, mehr jedoch nicht. Naruto hatte allein bei dem Anblick das Gefühl, festzufrieren. Schließlich bibberte er trotz seiner doch gut gefütterten orangen Daunenjacke, die sich herrlich mit seinem roten Schal biss. Er mochte es nun mal sehr farbenfroh und stach neben dem durch und durch in ganz schwarz gekleideten Uchiha natürlich noch mehr ins Auge. Asuma Sarutobi war neben Kakashi Hatake der zweite leitende Allgemeinmediziner der Station 4. Er reichte dem Schwarzhaarigen zur Begrüßung die Hand, welche Itachi auch annahm. „Itachi-san! Sie haben heute wirklich Glück! Ich habe nun die Visite auf Station 4 von Hatake-san übernommen, da er jetzt im OP festhängt und ich werde als Erstes ihrem Bruder untersuchen. Möchten Sie gerne dabei sein?“ Naruto wusste, dass sich Asuma diese Frage wirklich hätte sparen können und Itachi nickte erwartungsgemäß: „Gerne! Spricht etwas dagegen, dass uns Naruto-kun begleitet?“ „Naruto-kun? Hm?“, Asuma zog noch einmal an seinem Glimmstängel, ehe er diesen in den dafür hier bereitstehenden Ascher drückte und nickte, sehr zu Narutos Freude, ebenfalls, „Warum nicht! Studenten sollten wirklich mehr Praxiserfahrungen sammeln dürfen!“ Das Naruto vermutlich weit mehr ‚Praxiserfahrung‘ auf dem Kerbholz hatte als alle hier derzeit praktizierenden Assistenzärzte zusammen wollte er zwar nun nicht sagen, aber wenn der Arzt ihm so eine Möglichkeit bot, bei einer Untersuchung wieder in der Nähe seines Schwarms zu sein, so würde er doch nie darauf verzichten! Sie folgten daher dem Mediziner zurück ins Gebäude und warteten dort dann schweigend vor dessen Besprechungszimmer, bis dieser sich aus seinen OP-Klamotten befreit und sich in frischer, strahlend weißer Klinikkleidung nach einer guten viertel Stunde wieder zu ihnen gesellte. Unter seinem Arm ein Klemmbrett mit den Notizen seiner Kollegen oder auch des Pflegepersonals über die jeweiligen Patienten. Naruto hoffte innerlich, dass Sasori nichts über diesen peinlichen Vorfall vom Vormittag darin vermerkt hatte. Es gäbe nun nichts schlimmeres für ihn, als wenn Asuma ihn fragen würde, was denn genau mit dem Satz: ‚Uzumaki hat Uchiha einen runtergeholt‘ gemeint sei! Doch als sie nun im Zimmer des jungen Schwarzhaarigen standen, der zu Narutos Erleichterung auch nicht mehr wie der Gekreuzigte höchst selbst von der Zimmerdecke baumelte, schien nichts dergleichen festgehalten worden zu sein. Asuma schmunzelte zwar einmal recht seltsam beim überfliegen der Informationen, sagte aber nichts. Er nahm sein Stethoskop in die Hand und legte das Klemmbrett auf den Nachttisch: „Naruto? Magst du mir behilflich sein und den Patienten in eine aufrechte Sitzposition bringen, damit ich seinen Rücken abhören kann?“ „Aber natürlich!“, mit einem breiten Lächeln näherte er sich dem Bett von links seitlich und stand nun direkt daneben. Langsam schob er seinen linken Arm unter den Nacken und mit der rechten Hand umfasste er die zierliche Taille und hob den jungen Patienten so in eine sitzende Position. Normalerweise legte sich dabei oft der Kopf der Person auf die Schulter des Stützenden ab. Doch irgendwie war das nun nicht der Fall. Naruto war verwundert und lockerte etwas den Griff, um erkennen zu können, ob er etwas falsch gemacht hatte und nun vielleicht der Kopf nach hinten weggefallen war. Aber schon aus dem Blickwinkel konnte er sehen, dass der Kopf genau in der Position war, in die er für einen gesunden, wachen Menschen sein sollte. Moment. Wach? Zwei tiefschwarze Augen starrten ihn an. Schienen ihn förmlich einzusaugen. Er musste Schlucken. Laut und hörbar. Aber diese Situation hatte gerade etwas an sich, dass ihn irgendwie an Steven Spielbergs ‚Weißen Hai‘ erinnerte. Und er war sicherlich nicht der Fisch. „Naruto? Ist alles okay? Ich bin fertig! Du kannst ihn wieder hinlegen!“, Asumas Stimme hörte sich so seltsam an. Als wäre er drei Räume weiter. Doch auch der Besitzer dieser schwarzen Augen schien überhaupt nicht auf sein weiteres Umfeld zu reagieren. Schweigend, ruhig ein und aus atmend, starrte er weiter in die blauen Augen dieses blonden Typens, der ihn bis gerade an seine Brust gepresst hatte und ihn nun so seltsam ansah. Dessen Augenpaar sich mit jeder verstreichenden Sekunde mehr und mehr weitete und schließlich ein: „Leute… ich glaub… er ist wach!“… schrie, ihn mit den Händen über den Kopf zusammenschlagend los ließ und ihn doch so tatsächlich unsanft zurück ins Kissen fallen ließ. „Oh! Scheiße! Fuck! Kannst du nicht sitzen, Teme? Echt jetzt!“, folgte der panische Ausruf, dicht gefolgt von einigen anderen Flüchen. ‚Dobe‘ war sein erster Gedanke. Kapitel 4: Sprachlos -------------------- KOMA Rezept 4 SPRACHLOS Konnte ein Tag wirklich noch katastrophaler werden mit jedem Augenblick der verging? Dies war doch in Narutos Augen mittlerweile eine durchaus berechtigte Frage. Wieso ging denn auch alles schief was er nur anfasste? Es begann ja so gesehen schon in den frühen Morgenstunden. Zunächst hatte er in einer Bar gesessen, die zu einem wohlbekannten Puff gehörte und auf seine eigentlichen Vorgesetzten, Mitverwandten und guten Freunde gewartet, die sich in eben diesem verlustierten… oder so etwas in der Art. Im Detail wollte er dies von Kakashi und Jiraija auch nicht so genau wissen. Bei Letzterem wäre Mitwissenschaft mitunter auch tödlich, wenn seine Großtante Tsunade dahinter kommen würde. Und nur dank dieser beiden Herrschaften war er am Morgen zu spät zum Dienstantritt erschienen. Dies wäre ja auch noch zu entschuldigen gewesen. Nun ja, in seinen Augen nicht so ganz, da er, was das berufliche anging, stets Bestleistungen erbrachte. Naruto war seine Arbeit wirklich wichtig. Ob er gerade Psychiater war, Neurochirurg oder eben halt so wie jetzt ein ganz einfacher, unscheinbarer Pfleger. Daher waren für ihn so Fauxpas wie das zu spät kommen unverzeihlicher als für seine Vorgesetzten selbst! Und dann dieses peinliche Unterfangen namens Waschung mit Sasori! Das hätte doch eigentlich voll und ganz reichen müssen. Nicht nur für einen Tag! Diese Peinlichkeit hätte alle zukünftigen möglichen Peinlichkeiten für die nächsten Wochen doch besänftigen müssen… Aber nein! Jetzt hatte er sicherlich den ultimativen Vogel abgeschossen! Er hatte den Patienten fallenlassen! Fallenlassen! Das musste man sich mal begreiflich machen! Auf der Zunge zergehen lassen wollte er sich das nicht… denn gerade war er innerlich mehr damit beschäftigt, die vor Schock brodelnde Magensäure eifrig wieder herunterzuschlucken! Und dann auch nicht irgendeinen Patienten! Es musste natürlich bei demjenigen sein, dem er heut Morgen noch einen runtergeholt hatte! Sasuke Uchiha! Sein Herz wusste gerade nicht, ob es sich mehr dem Stillstand widmen sollte aufgrund dieser Tatsache oder weil nun die unendliche Wartezeit vorbei war… Sasuke Uchiha war wach! Unendlich schwarze, tiefe Augen starrten ihn geradezu an. Die Mimik absolut undefinierbar… aber das kannte er ja schon aus den zahlreichen TV-Interviews, die in den letzten Wochen vorzugsweise in der Boulevardsendung seiner Schwester über die Mattscheibe flimmerten. Aber im Raum befanden sich gerade auch noch andere Personen. Personen, die doch dem werten Patienten viel wichtiger sein mussten als dieser Pfleger, der ihn hatte fallen lassen. Nun war es kein wirklich ernstzunehmender Fall. Schließlich fiel er rückwärts in die doch recht angenehm weichen Kissen seines übergroßen Krankenbettes und Schäden hätte er dabei sicherlich nicht mehr davon tragen können. Aber der Blick haftete an Naruto, als wolle sich der schwarzhaarige Dämon in seine Seele fressen. Dabei hatte er das schon längst. Das wusste der Blonde nur zu gut. Seit einem halben Jahr, Naruto kam dies schon fast so vor wie sein halbes Leben… was natürlich völliger Schwachsinn war… beherrschte dieser Kerl all seine Gedanken. Spielte mit seinen Hirnsträngen Twister und hüpfte auf seinem immer noch stillstehenden Herzmuskeln Trampolin. Niemand sprach in diesem Moment. Narutos plötzlicher Ausruf hatte allen Anwesenden wortwörtlich die Sprache verschlagen. „Leute… ich glaub… er ist wach!“, schien irgendwie eine geheime magische Formel gewesen zu sein, die alle zum Stillstand gebracht hatte. Alle, nur ihn nicht! Seine Hände krallten sich noch immer äußerst grob in sein Haupthaar und er war sich plötzlich ziemlich sicher, dass wenn er sie jetzt herausziehen würde, er mit einer Halbglatze gestraft sein würde! Dabei mochte er doch sein wirres Gewuschel! Vermutlich sahen sie nun genauso wild aus wie die Haare des Schwarzhaarigen. Glänzend, anmutig, weich aber auch wie ein finsterer alles verschlingender Schatten stachen sie aus dieser blütenweißen Bettwäsche hervor und umrandeten das fast ebenso blasse Gesicht. Naruto verspürte den Drang ihn zu berühren. Ihn anzufassen. Irgendwie kam ihm alles so surreal vor. Auch, als niemand auf sein panisches: „Oh! Scheiße! Fuck! Kannst du nicht sitzen, Teme? Echt jetzt!“, reagierte… weder Patient an sich, noch der seit Monaten übermäßig besorgte Bruder noch der gerade anwesende zuständige Allgemeinmediziner. Leise brummte er einige Flüche vor sich her, die er selbst noch nicht so ganz begriff, aber ihm irgendwie das Gefühl gaben, hier und jetzt bei Verstand zu bleiben. Sasuke Uchiha war eindeutig wach. So wach, wie man sein konnte. Und immer noch haftete dessen Blick auf ihn. Nicht genau auf ihn. Naruto konnte mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der Uchiha ihm genau in seine Augen sah. Das ‚Dobe‘ dessen erster Gedanke war, konnte er nicht wissen, aber ansatzweise erahnen. Naruto hätte an seiner Stelle wohl wesentlich schlimmeres von sich gedacht… etwa in die Richtung ‚inkompetenter Volltrottel‘ oder dergleichen… „Sa… Sasuke!“, unterbrach nun endlich der ältere anwesende Uchiha diese doch reichlich lang vorkommende Stille in diesem Raum, doch der Jüngere reagierte nicht. Zu sehr war er wohl darauf konzentriert sich in den Körper des Blonden hineinzustarren. „Sasuke“, wiederholte der Bruder mit deutlich tränenschwangerem Unterton seine direkte Ansprache und wagte sich sogar einen Schritt näher an das Bett heran. Naruto war sich sicher, dass Itachi genauso fühlte, wie er selbst: In einer Illusion gefangen… unsicher, was nun wahr und was einem Hirngespinst entsprang! Das plötzliche Zucken eines Lides des Bettlägerigen schien bei allen Beteiligten zeitgleich im Raum das Atmen zu aktivieren und plötzlich kam wieder Leben in die Glieder! Itachi stürmte gar mit ausgebreiteten Armen auf den Jüngeren zu, warf sich ihm doch reichlich umständlich aussehend an den Hals und schien wirklich aufzuschluchzen! Niemals hätte Naruto dies dem sonst zu gefasst wirkenden jungen Geschäftsführer eines weltweiten Großkonzerns zugetraut. Itachi Uchiha schien alles um sich herum zu vergessen. Die Anwesenheit des Arztes, die von Naruto und anscheinend leider auch, dass Sasuke Sauerstoff zum weiteren Überleben brauchte! Dennoch äußerte sich dieser weder mit Worten noch mit Gestik über diesen Umstand. Er lag einfach nur steif wie ein Brett da und ließ sich ohne Gegenwehr an die breite Brust seines Familienmitglieds pressen. Asuma war es schließlich, der Itachi etwas grober an den Schultern fasste und mit einem direkten: „Na, na! Ich muss ihn noch untersuchen können!“, daran hinderte, den Bruder wieder zurück ins Koma zu schaffen. Naruto stand einfach nur noch da. Er kam sich irgendwie zum einen überflüssig vor und zum anderen wagte er es sich nicht, sich auch nur zu bewegen. Denn auch während der Patient gerade von seinem Bruder mit Liebe überschüttet und mit körperlichem Gewicht zerquetscht wurde, so regte sich in seinem Gesicht nichts und der Blick blieb weiterhin auf ihn, auf seine Augen gerichtet. Unweigerlich dachte der Blonde an das Dilemma bei der morgendlichen Katheter-Wechsel-Aktion… War der Uchiha vielleicht da schon wach gewesen und hatte alles mitgekriegt? Alles? Oh mein Gott! Naruto spürte die aufsteigende Röte im Gesicht und seinen eigenen beschleunigten Puls. Was wäre wenn? Allein dieser Gedanke ließ ihn so abdriften, dass er die ganzen erleichterten Worte aus dem Mund Itachis gar nicht mehr mitbekam. Asuma war es gelungen, den älteren Uchiha etwas von Sasuke zu entfernen und beugte sich dann über den Schwarzhaarigen. Dadurch versperrte er diesem wohl die direkte Sicht auf den Blonden. Naruto wäre dies gar nicht aufgefallen, so sehr war er noch von seinen eigenen Gedanken und Sorgen eingenommen, hätte er nicht das plötzliche Zucken der blassen Hand auf der Bettdecke gesehen, die parallel zum Körper lag. Sonst hatte sich der ganze Körper bisher noch nicht bewegt. Aber allein diese Bewegung ließ Naruto aufatmen… zumindest innerlich. Äußerlich dürfte er sich vor Asuma keine Blöße geben. Asuma wusste schließlich, wie die meisten in diesem Klinikum nicht, dass er es war, der Sasuke operiert und somit, damals für’s Erste, sein Leben gerettet hatte. Dass er sich nun auch sehr für die körperlichen Funktionen interessierte war daher selbstverständlich. Und dass der Patient in Zukunft auch seinen Trieben nachgehen konnte hatte er ja bereits in der Früh feststellen dürfen. Dennoch war es wirklich eine Erleichterung zu sehen, dass er allen Anscheins nach die Arme bewegen konnte. Naruto vertraute seinem Wissen und seinem Können. Das hatte er auch am Tage der OP getan. Sonst hätte er diesen Schritt nicht gewagt! Dennoch waren alle OP’s am Gehirn immer mit einem Risiko verbunden! Ein mikroskopisch kleiner Fehlschnitt und ein Patient war für den Rest seines Lebens an einen Rollstuhl gefesselt oder schlimmeres. Bestimmt zum hundertsten Male wisperte Itachi ein: „Sasuke, sag etwas!“, in den Raum, doch von dessen Seite folgte weiterhin nur Stille. Asuma hingegen leuchtete von Sasuke unbeeindruckt in dessen Augen, Mund und Ohren. Wie eine übergroße Puppe ließ er auch alle weiteren Untersuchungen ohne einen Mucks oder eine Regung über sich ergehen. Asuma hob Sasukes Arm an, beugte diesen, streckte diesen. Griff dabei mit der anderen Hand fachmännisch und mit leichtem Druck in die bestimmten Muskelpartien an Ober- und Unterarm. Runzelte gelegentlich die Stirn oder versuchte einen besonders prüfenden Blick auf den Schwarzhaarigen zu werfen, um irgendeine Reaktion in dessen Mimik ablesen zu können. Doch diese blieb und nun mittlerweile verwunderte Naruto dies schon gar nicht mehr, weiterhin versteinert. Asuma erhob sich, nachdem er diese ganze Prozedur an beiden Armen und Beinen wiederholt hatte und ebenso Sasukes Rumpf abgetastet hatte: „Da wird einiges an Ergotherapie und Muskelaufbautraining nötig sein!“, seufzte er, aber dennoch war ein optimistisches Schmunzeln auf den Lippen des Sarutobis zu erkennen, „Aber Sie waren auch zuvor recht gut trainiert… es dürfte nicht lange dauern, bis Sie wieder der Alte sind! Und daher bleibt mir nun nur noch zu sagen: Herzlich Willkommen zurück, Herr Uchiha!“ Und da geschah es. Und irgendwie hinterließ dies einen überraschenden Stich in Narutos Brust: Sasuke wandte ganz langsam den Blick von ihm ab und hielt diesen dann bei Asuma. Langsam öffnete er seinen Mund, doch kein Laut verließ seine Lippen. „Auch das kann etwas dauern, Herr Uchiha! Verlangen Sie nicht zu viel von sich auf einmal! Sie waren über sechs Monate im Koma!“ Und erneut konnte Naruto so etwas wie eine minimale Reaktion ausmachen: Ein leichtes Anheben beider Augenbrauen. Minimal. Für ein ungeübtes Auge schon fast nicht ersichtlich. Und auch Asuma und Itachi schien dies nicht aufgefallen zu sein… Für Naruto hieß diese Reaktion, dass Sasuke gerade wirklich erstaunt, wenn nicht gar erschüttert darüber war, als er die Dauer seines Schlafes erfahren hatte. „Können Sie sich erinnern, was geschehen ist, Herr Uchiha?“, Asumas Stimme klang ruhig und auch vorsichtig. Schließlich war bisher nicht wirklich bewusst geworden, ob irgendwelche körperlichen oder psychischen Schäden vorlagen. Der Patient starrte nur. Zunächst zu Naruto, dann zu Asuma und schließlich zu Itachi. Schließlich schüttelte er dann ganz langsam verneinend den Kopf. „Hm!“, der Allgemeinmediziner griff sich nachdenklich ans Kinn und strich dabei über seinen akkurat geschnittenen Bart, „Das ist auch nicht wirklich verwunderlich. Wissen Sie, wer sie sind?“ Auch da schüttelte der Schwarzhaarige nach einiger Bedenkzeit den Kopf. Asuma wandte sich mit einem kaum vernehmlichen leisen Seufzer ab und zu Naruto herum, welcher immer noch irgendwo war, aber sicherlich nicht ganz bei der Sache. Doch das schien den Sarutobi nicht daran zu hindern, ihm seine Gedanken mitzuteilen: „Es könnte sich hier um eine kurzzeitige Amnesie handeln. Hervorgerufen durch die Ereignisse des Unfalls. Um dies jedoch genau festzustellen, werde ich in der Radiologie Bescheid geben. Ich veranlasse Kernspin, Röntgen und Ultraschall. Das Rundumpaket. Naruto?“ Auf die plötzliche direkte Ansprache zuckte der Blonde nun doch zusammen und sein plötzlich anhebender Kopf zeigte Asuma, dass der Pfleger ihm nun zuhörte: „Du bist derzeit hier eingeteilt als Pfleger, nicht wahr?“ Naruto blieb nur zu nicken, da der Arzt bereits fortfuhr: „Ich werde Tsunade über die neuen Gegebenheiten informieren. Du bleibst solange bei unserem Patienten und überwachst die Vitalwerte. Sollte irgendetwas sein, erreichst du mich über die direkte Anwahl 1 auf deinem Pieper. Verstanden?“ Erneut nickte er nur. Naruto verstand sich gerade selber nicht. Wo war nur all seine Professionalität hin? Wie hatte sie sich so schnell verabschieden können nur bei dem tiefen dunklen Blick des Schwarzhaarigen? Wie hatte er sich so schnell in dessen Augen verlieren können? Itachis Räuspern ließ sowohl ihn als auch Asuma den weiteren Anwesenden im Raum erstmals wieder wirklich zur Kenntnis nehmen. „Bevor wir hier alle in Kenntnis setzen, möchte ich noch einmal mit Tsunade reden!“, begann der Langhaarige, „Ich möchte zunächst nur noch Tsunade selbst und Kakashi Hatake darüber informieren, dass mein Bruder aufgewacht ist. Ist das möglich?“ Asuma schien irritiert. Doch bei Naruto schien in diesem Moment sein Gehirn von diesem seltsamen Notbetriebszustand wieder hochzufahren! Natürlich! Sie hatten ja gerade im Park darüber gesprochen, dass es durchaus möglich war, dass sich hier im Senyu-Klinikum nun ein Killer aufhielt! Solange Sasuke sich im Zimmer 631 befand, welcher auf der Hochsicherheitsstation 4 lag, konnte davon ausgegangen werden, dass er hier einigermaßen sicher war. Doch für die ganzen Untersuchungen, die Asuma nun vorschwebten und auch sicherlich nötig waren, würden sie das Zimmer verlassen müssen. „Ich verstehe, was du meinst!“, Naruto schritt auf Itachi zu. Spürte dabei, wie ihm der intensive Blick des bettlägerigen Dunkelhaarigen folgte. Doch davon dürfte er sich nicht erneut so einnehmen lassen. Er musste nun analytisch denken. Hier ging es schließlich um die Sicherheit und im Endeffekt um das Leben des Patienten und nicht um seine verrücktspielenden Hormone! Vielleicht hätte er gestern doch den Barkeeper flachlegen sollen! Dann wäre er sicherlich ausgeglichener! Asuma hingegen schien dem Ganzen noch nicht so ganz folgen zu können, was allerdings auch durch seine Unwissenheit verständlich war. Dennoch äußerte er sich nicht dazu. Schließlich wusste er auch, das gerade im Fall des Uchihas von Tsunade aus an geordert worden war, den Wünschen Folge zu leisten! So begab er sich nur zur Tür und legte seine Hand auf die Klinke: „Nun denn. Dann werden wir gemeinsam zu Tsunade gehen und Naruto hält hier die Stellung!“, der über die breite Schulter geworfene Blick galt nun ausschließlich dem Blonden, „Und du setzt mich über jede Kleinigkeit hier in Kenntnis! Du hast eine Universalkarte! Ich ändere den Türcode auf 98-98-2307-1010. Niemand außer den von Itachi Genannten wird diesen Raum dann betreten können. Für’s Erste!“ Asuma nickte schließlich Itachi zu und deutete ihm somit, ihm nun zu folgen. Der ältere Uchiha hingegen wagte erneut einen Schritt auf das Bett zu: „Sasuke… ich bin unendlich glücklich, dich wieder bei mir zu haben!“, sanft strich er dem jüngeren Bruder durch das zerzauste Haar, doch dieser ließ weder eine Reaktion noch eine Emotion zu. Würde Naruto nicht gelegentlich diese kleinen Bewegungen der Pupillen sehen würde man weiterhin vermuten, Sasuke wäre nie wirklich aus dem Koma aufgewacht. Das Schmunzeln auf den schmalen Lippen Itachis jedoch zeigte, dass er sich an der Emotionslosigkeit des Jüngeren nicht störte. Vielleicht überwiegte gerade das Glück in ihm, dachte sich Naruto, während er beobachtete, wie Itachi sich nun doch herumdrehte und Asuma durch die nun geöffnete Tür folgte und diese mit einem plötzlich in seinen Ohren überaus lautem, aber sicherlich dezent leisem Klicken schloss. Die nun eingetretene Stille lag wie Blei in dem Krankenzimmer. Und erneut wurde sich Naruto des stechenden Blicks gewahr, der auf ihm haftete. Verdammt! Das war richtig unheimlich. Irgendwo. Mit einem eindeutig aufgesetzten breiten Grinsen drehte er sich zu Sasuke herum und kreuzte die Arme hinter seinem Kopf. Wieso war er nun so verdammt nervös? Das war doch wirklich nicht mehr normal! Und wieso schaffte er es nicht, dies wie sonst auch einfach so herunter zu spielen? „Ähm…“, noch während dieser Laut über seine Lippen kam ärgerte er sich bereits schon über diesen ach so intelligenten Satzanfang! Klar, er hatte ja gerade nicht viel zu verlieren! Er musste nicht sonderlich schlau herüberkommen. Schließlich war er ja gerade nur der blonde Pfleger und mehr nicht. Und ob er jemals zulassen würde, dass Sasuke erfahren würde, dass er der Namikaze war, der in seinen Unterlagen als der Arzt namentlich hinterlassen worden war, der aus dem Häufchen Matsch, dass damals ins Klinikum eingeliefert worden war, wieder den gemacht hatte, der er nun war, wusste er jetzt noch nicht zu sagen. Der Schwarzhaarige hatte für die wenigen Minuten, die er nun wieder unter ihnen weilte, eigentlich schon genug erlebt. Er sollte es psychologisch betrachtet nun ganz langsam und vor allen Dingen behutsam angehen. „Also, ich bin Naruto Uzumaki!“ Der Schwarzhaarige reagierte nicht. Nur diese dunklen Augen, die gerade in Naruto die Erinnerung an die schwarzen Knopfaugen seines Stofffuchses aus Kindertagen zurückriefen, hafteten weiterhin an ihm. Musste der Kerl nicht wenigstens mal zwinkern? Wäre ein natürlicher Reflex. Aber nichts geschah. Naruto erwischte sich dabei, wie er innerlich die Sekunden zählte und darauf wartete, das sich die Lider einmal nur kurzzeitig senkten… doch nichts. Wie eine Wachsfigur bei Madame Toussards lag er da in seinem Bett. Die Arme links und rechts bewegungslos parallel zum Körper ruhend. „Und du bist Sasuke Uchiha! He he! Bin echt froh, dich mal wach zu erleben! Also so in der Art! He he!“ Was für einen Mist redete er da überhaupt? Hätte Sasori nicht wenigstens eines der Seile an der Decke hängen lassen können, damit er den Strick, den er sich nun fast schon sehnlichst wünschte, parat gehabt hätte? Doch der Uchiha reagierte immer noch nicht in irgendeiner Weise. Stierte ihn weiterhin an. Oder vielleicht durch ihn hindurch. Genau konnte Naruto das nicht sagen. Stattdessen schienen sich die Beine des Blonden zu verselbständigen und traten näher an das Bett heran. Der innere Befehl an sein Hirn, dies zu unterlassen, wurde schlichtweg ignoriert! Heute war wirklich nicht sein Tag! Nichts funktionierte! „Also… das ich dich hab fallenlassen… das tut mir leid! Ich hab mich total erschreckt, echt jetzt!“ Da! Da war es wieder! Ein leichtes Anheben der linken Augenbraue! Er hatte es ganz deutlich gesehen! „Oi! Teme! Du reagierst ja doch! Dachte echt, wir hätten da einen Gefrierschrank liegen!“, entfuhr es ihm begeistert und plötzlich schlug er sich die Hand vor den Mund. Hatte er das gerade wirklich laut gesagt? Verdammt! Und da folgte sogleich die nächste unerwartete Reaktion. Benannter Teme ließ doch tatsächlich ein Zucken eines Mundwinkels zu! „Ha! Das hab ich auch gesehen!“, mit einem Sprung war Naruto nun so dicht an den Schwarzhaarigen herangetreten, dass dieser sicherlich seinen Atem auf der Haut spüren konnte. Doch in diesem Augenblick störte es Naruto nicht. Schlichtweg hatte sich sein Denken vor lauter Begeisterung wieder ausgeschaltet. Der Patient zeigte doch Emotionen und somit Reaktionen. Und dies auf Gesagtes. Ergo: Sehkraft vorhanden. Gehör funktionierte auch und gewisse Nervenenden in dem wirklich makellosen und nun sehr dicht vor seinen Augen liegenden Gesicht funktionierten auch, denn nun verzogen sich die Lippen des Liegenden zu einem schmalen Strich. „Zu nah, Dobe!“, raunte eine dunkle, samtige Stimme. Naruto durchfuhr es wie tausend Blitze. Erschrocken sprang er einen ganzen Meter zurück. Wow! Was für eine Stimme! Wirklich wie ein Blitzeinschlag spürte er den Nachklang durch seine Glieder zucken. Moment! Stimme? „Du sprichst ja doch!“, und schon war er den Meter wieder zurückgekehrt. Optisch sehr zum Missfallen des Schwarzhaarigen, denn dieser verzog nun diesen Lippenstrich deutlich nach unten. „Wieso sollte ich nicht?“, raunte er und drehte nun sein Gesicht vom Blonden etwas weg, um so eine etwas größere Distanz zwischen ihnen zu schaffen. „Na, weil du gerade nicht reagiert hast, als Doktor Sarutobi dich angesprochen hat!“, die Frage klang nachdenklich und leise an Sasukes Ohr und er konnte auch eine deutliche Spur Neugier heraushören. „Ich rede nicht mit jedem!“ Stille. Und das darauffolgende Lachen riss Sasuke vollkommen aus der Bahn. Es war warm. So unglaublich warm! Und weich. Und angenehm. Und berauschend. Und… Sein Gesicht fuhr augenblicklich zu dem Verursacher dieses wohlklingenden Lautes herum… Und es sah wunderschön aus. Dieses aufgesetzte Grinsen, was dieser blonde Pfleger bislang aufgesetzt hatte und welches er direkt durchschaut hatte, war verschwunden und hatte diesem wunderschönen Lachen Platz gemacht. Sasuke konnte sich gerade nicht erinnern, dass er jemals etwas Vergleichbares gesehen hätte. Aber auch, wenn er sich generell gerade an nichts erinnern konnte, was sein Leben anging und über die vergangenen 10 Minuten hinausging, so war er sich in diesem Punkt doch sehr sicher. Dieses Lachen war Wahnsinn! „Dann muss ich mich wohl geehrt fühlen, dass du mit mir sprichst, was, Teme?“, unterbrach der Blonde nun sein Lachen und funkelte ihn schelmisch an. „Bild dir nichts darauf ein!“, sein Ton war nun eine Spur giftiger als zuvor. Gut so! Er dürfte hier keine Schwächen zeigen! Nicht vor so einer kleinen Pflegekraft! „Und nenn mich nicht Teme, Dobe!“ „Dann nenn du mich nicht Dobe!“, schmollend blies der Blonde die Wangen auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Dieser Anblick hatte irgendwie etwas… sehr kindliches… aber es passte auch irgendwie. Sasuke musste zugeben, dass er das doch recht… hm… ja… amüsant fand! „Ich bin mir sicher, dass du mit diesem Teme angefangen hast!“ Naruto hingegen stellte fest, dass sich dieses verbissene Lippenaufeinanderpressen beim Uchiha gelockert hatte und nun wieder ein Zucken im Mundwinkel zu erkennen war. Irrtum! In beiden Mundwinkeln! Das gefiel dem jungen Pfleger! Anscheinend schien dem Patienten dieses sich langsam steigernde Wortduell zu gefallen. Und wenn es dem Schwarzhaarigen gefiel, dann wollte er darauf eingehen! „Oi! Das stimmt doch so gar nicht!“, seine Augen blitzten herausfordernd auf. „Oh! Scheiße! Fuck! Kannst du nicht sitzen, Teme? Echt jetzt!“, äffte der Schwarzhaarige plötzlich und nun war ganz deutlich ein süffisantes Grinsen auszumachen, „Na? Klingelt’s? Usuratonkachi?“ Und wie es klingelte! Laut! Schrill! Narutos Gesichtsfarbe sprengte jegliche Farbskala an Rottönen! Verdammter Mist! Der Typ hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis! Eigentlich sollte ihn das freuen! Schließlich bewies dies auch, dass sein Gehirn allen Anschein nach sehr gut funktionierte und als der verantwortliche Neurochirurg sollte er das doch mit Begeisterung aufnehmen, aber…: „Usura…was?“ „Usuratonkachi!“, nun nahm die Mimikauswahl des Schwarzhaarigen für den Blonden eine nun doch schon zu große Bandbreite an! Denn nun folgte ein eindeutig überhebliches Schmunzeln, dicht gefolgt von einem besserwisserischem Seitenblick: „Das heißt so viel wie ‚Nichtsnutz‘, ‚Taugenichts‘, ‚Vollidiot‘,…“ „Ja, ja! Schon gut! Ich hab’s verstanden!“, winkte Naruto wütend ab. „Wirklich?“, Sasukes überhebliches Grinsen nahm nun Ausmaße an, wo sich Naruto nun nicht mehr so sicher war, ob ihm der Verlauf dieses Dialoges nun doch noch gefiel. Dieser verfluchte Bastard war wirklich schlagfertig! Da er nun davon ausgehen konnte, dass der Kerl bis auf eine vorliegende Amnesie keine weiteren Hirnschäden hatte, würde er sich nun sicherlich nicht mehr zurückhalten! „Für jemanden, der sich in nächster Zeit nicht mal selbständig den Hintern abwischen kann und auf mich angewiesen ist nimmst du dir ganz schön viel raus!“, flötete nun der Blonde kess und konnte sich das ebenfalls breite Grinsen nicht verkneifen. Erst Recht nicht, als er deutlich erkennen konnte, wie sich das gesamte Gesicht des Uchihas irgendwo zwischen erschrocken und angewidert verzog. „Tja, Teme! Schön lieb sein! He he!“, und mit einem kleinen Sprung setzte sich Naruto auf die Bettkante zu Sasukes Rechten. Den daraufhin wirklich stechenden Seitenblick begegnete er mit schelmischen Augenbrauenwackeln, was wiederum der Uchiha mit einem Schnauben quittierte. „Du erinnerst dich wirklich an nichts?“, versuchte der Blonde nun das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken und bemerkte, wie Sasuke nun den Blick abwandte. Die schwarzen Augen spiegelten plötzlich eine Leere wieder, die Naruto so überhaupt nicht gefiel. Hatte er diese Frage zu früh gestellt? „Nein!“, kam jedoch zum Blick unpassend die kühle Antwort, „Nur meinen Namen, den ich von euch erfahren habe und das ich wohl einen Unfall hatte!“ Naruto lehnte sich ein wenig nach hinten und stützte seinen Oberkörper auf seinen Armen ab. Sein Gesicht zur Zimmerdecke gewandt vernahm Sasuke ein nachdenkliches Seufzen. „Willst du das Grobe wissen?“, kam schließlich die leise Frage. Sasuke wusste nicht, ob er das wirklich wollte. Er hatte bereits erfahren, dass er wohl über sechs Monate im Koma gelegen hatte. Daher schien dieser Unfall sicherlich kein leichter gewesen zu sein. Vermutlich sollte er dankbar sein, überhaupt hier zu sein. Wollte er sich da überhaupt an solch einen Unfall erinnern? Es wären sicherlich keine angenehmen Erinnerungen. „Im Groben. Ja!“, andererseits sollte er doch wissen, wie es dazu gekommen war, dass er sich nun mit diesem Pfleger hier auseinandersetzen musste. Irgendwie hatte der Typ was und irgendwie hatte er auch das Gefühl, dass er ihn schon einmal gesehen hatte. Irgendwann einmal. Aber wo? Er wusste zwar nicht, wer genau er war, aber er war sich auch irgendwie ziemlich sicher, dass sie Beide nicht unbedingt aus derselben Gesellschaftsschicht kamen. Er hatte eben den anderen Schwarzhaarigen hier im Raum gesehen und dieser war auch als Uchiha benannt worden. Anscheinend war er in irgendeiner Form mit diesem verwandt. Und da dieser auch noch so positiv auf sein Aufwachen reagiert hatte, lag wohl eine sehr enge Verwandtschaft vor: „Aber vielleicht könntest du mir zuerst einmal sagen, wer hier eben alles da war!“, folgte die kleinlaut klingende Aufforderung an seinen unfreiwilligen Bettgenossen. „Hm, ja!“, Naruto hatte die Augen geschlossen. Vermutlich ging er gerade in seinem Kopf durch, wie er ihm alles möglichst schonend verpacken sollte. „Ich bin kein Kleinkind mehr, Dobe! Also sag es einfach frei raus!“ Der Blonde öffnete seine tiefblauen Augen und drehte ihm wieder sein Gesicht zu. Die Überraschung über diese Aussage war deutlich abzulesen. Sasuke war bereits zu Beginn aufgefallen, was für intensive blaue Augen dieser Pfleger hatte. In Kombination mit der schönen gebräunten Haut und der wilden, goldblonden Haare und diesem warmen Lächeln war der Typ auf seinem Bett wirklich ausgesprochen attraktiv! Aber warum empfand er das so? Er war doch ein Kerl und der Pfleger war eindeutig auch einer! „Schon klar, Teme! Du bist ein harter Hund!“, grinste Naruto und rückte noch mehr auf sein Bett, um es sich bequemer zu machen. Sasuke sagte nichts dagegen. Irgendwo wusste er, dass er solch ein Verhalten in seiner Gegenwart normalerweise nicht duldete, aber er wollte nun auch Informationen haben und die hatte der Blonde. Daher sollte er nun einmal Gnade vor Recht ergehen lassen und ließ den Pfleger seine Freiheiten. „Also, wie ich schon sagte, dein Name ist Sasuke Uchiha“, begann er schließlich und hielt dabei den intensiven Blickkontakt, „Und das eben war einer deiner beiden betreuenden Ärzte, Asuma Sarutobi und dein Bruder, Itachi Uchiha!“ „Itachi!“, entfuhr es dem Schwarzhaarigen nachdenklich und leise und Naruto nickte. „Ihr beiden seit die alleinigen Geschäftsführer des sogenannten Uchiha-Imperiums. Aber frag mich jetzt nicht, was du da genau machst! Itachi hat mir das mal versucht zu erklären, aber das waren echt zu viele Infos!“ „Du verstehst dich wohl gut mit meinem Bruder?“, wieso störte sich Sasuke nur so daran? „Hm, ja! Am Tag deines Unfalls lernten wir uns kennen. Er war ziemlich fertig und dann hab ich ihm geraten, dich hier her verlegen zu lassen!“ „Verlegen?“ Naruto schluckte. Er wusste, dass er nun aufpassen musste, was er sagte. Denn schließlich wollte er noch nicht, dass der Schwarzhaarige bereits jetzt erfuhr, dass er der Arzt war, der ihm zwar das Leben gerettet hatte, aber dafür mit vielen beruflichen Einbußen zu leben hatte. „Oh ja, hehe!“, er kratzte sich am Kopf, „Ich war vor einem halben Jahr noch im Städtischen Klinikum tätig, in das du eingeliefert worden warst. Und nach deiner wirklich sehr langen OP bist du ins Koma gefallen. Itachi wollte nur die besten Ärzte und die beste Behandlung für dich und da riet ich ihm zum Senyu-Klinikum.“ Es legte sich einen Augenblick lang eine seltsame Art der nachdenklichen Stille über den Raum. „Ist das nicht ein wenig Geschäftsschädigend?“, brummte schließlich Sasuke und Naruto kicherte leise. „Wäre es gewesen, wenn zu diesem Zeitpunkt nicht schon festgestanden hätte, dass ich ebenfalls ins Senyu-Klinikum wechseln würde!“, Naruto wusste, dass dies so nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber so ganz gelogen war es ja nun auch nicht. „Also, jetzt weiß ich, wie ich hier her gekommen bin, aber noch nicht den genauen Grund!“ Naruto seufzte nun diesmal deutlich hörbar auf: „Du bist mit deinem Auto in einen Sattelschlepper gerast!“ Der Blonde erkannte sofort den Unglauben an dem Gesagten, da erneut beide feingezogenen Brauen des Liegenden in die Höhe schossen. „Den genauen Unfallhergang weiß niemand. War bisher nicht zu ermitteln“, ergänzte er daher, „Daher hatte man gehofft, dass du darüber was zu berichten weißt!“ Naruto wollte ihm nicht sagen, dass man Sasuke Alkoholmissbrauch nachsagte, denn er selbst wusste ja nun nach dem Gespräch mit Shino und auch durch die Informationen, die er von Itachi hatte, dass Sasuke dem Alkohol ganz und gar nicht zusprach. Aber er wollte ihm auch nicht sagen, dass er wusste, dass er unter KO-Tropfen gestanden hatte. Das vermutlich, nein, ganz sicherlich sogar, ein Killer auf seinen Patienten angesetzt worden war und vermutlich noch ist und er somit in höchster Gefahr schwebte. Was sollte er nun den jungen Uchiha-Erben mit diesem beunruhigenden Wissen unnötig ängstigen? Vielleicht würden ja dessen Erinnerungen ganz schnell wiederkommen und dann würde sicherlich einiges an Licht ins Dunkle kommen und solange… ja… solange würde er hier sein Bestes geben, Sasuke wieder auf die Beine zu bekommen und ihn, wenn es sein müsste, zu beschützen. Auch wenn er wusste, dass jeder Schritt der Genesung auch ein Schritt mehr auf ihre zukünftige Trennung hin wäre. Er schluckte. Bisher hatte er noch nicht viel von Sasuke kennenlernen dürfen. Bisher hatte er nur den kühlen und unnahbaren Kerl aus den unzähligen TV-Interviews gekannt. Der hier vor ihm Liegende schien jedoch ganz umgänglich. Aber vielleicht war das auch nur so, weil dieser sich schlichtweg nicht an sein eigentliches Ich erinnern konnte. Obwohl… Grundeigenheiten blieben doch eigentlich wie ein einprogrammiertes Muster erhalten. Das, was er bisher kennenlernen dürfte jedoch… Naruto seufzte innerlich fast schon verzweifelt auf… Sasuke war nicht nur äußerlich absolut sein Typ! Er war schlagfertig und er schaffte es, ihn allein mit seinen versteckten, doch für ihn deutlich sichtbaren Mimiken zu überraschen. Er mochte das Gefühl, gefordert zu werden… und wenn er an den Körperbau des Schwarzhaarigen, den er ja nun in den Morgenstunden hatte begutachten können, zurückdachte, wusste er auch, dass dieses gefordert werden sicherlich nicht nur auf geistiger Ebene stattfinden würde… Und da war Narutos Problem. Er merkte wirklich mit jeder Sekunde mehr, wie er sich zu dem Uchiha hingezogen fühlte. Wie eine unsichtbare Macht zog er ihn an. Da war etwas zwischen ihnen. Wie ein Band. Und er wusste auch, dass der Uchiha dies ebenfalls spürte. Zumindest redete er sich das ein und es ärgerte ihn, dass er davon selbst so überzeugt war. Er war doch sonst so pragmatisch und nicht so realitätsfremd. Das Klicken eines Kartenlesers und das anschließende Knacken einer sich entriegelnden Tür ließen beide im Bett befindlichen jungen Männer aufblicken. Die Tür öffnete sich schwungvoll und eine in Sasukes Augen eindeutig zu übbig ausgestattete Blondine betrat den Raum. Dicht gefolgt von dem langhaarigen Typen, den Naruto als seinen Bruder vorgestellt hatte und dem Arzt namens Asuma Sarutobi. Dahinter erkannte er allerdings noch eine Gestalt, die er noch nicht kannte, die jedoch körperlich am Größten von den Eintretenden war. Der Mann hatte graues, zur einer Seite abstehendes Haar und trug passend zur grünen OP-Kleidung einen Mundschutz, den er auch nicht abnahm, als er das Sprechen begann: „Bist also auch hier, Kleiner! War ja irgendwie von auszugehen!“ Naruto grinste: „Sicher doch, Kakashi!“ „Was machst du auf dem Bett des Patienten!“, giftete hingegen die Blondine etwas lauter und beide Fäuste bohrten sich in ihre Hüften. „Das stört ihn nicht, Obaa-chan!“, flötete hingegen der Pfleger unbesorgt zurück und verminderte nicht das Grinsen. Sasuke hätte gerne sofort widersprochen. Schließlich hatte er nie zugestimmt, dass sich Naruto bei ihm auf dem Bett breit machte und er war ja auch nicht körperlich in der Lage gewesen, ihn einfach herunter zu schmeißen. Sehr zu seinem Missfallen war nämlich sein Körper absolut nicht bereit, sich auch nur ansatzweise ein wenig kooperativ zu zeigen und sich zu rühren. „Du sollst mich nicht so nennen, Naruto!“, mit großen Schritten näherte sich die Frau nun dem Bett an und ihre Augen sprühten förmlich eine beängstigende Energie aus, so dass sich Sasuke unweigerlich fragen musste, wie der Blonde auf seinem Bett so ruhig bleiben konnte… und wieso hatte er sie Obaa-chan genannt? „Zudem hat Asuma gesagt, er könne sich noch gar nicht artikulieren! Wer sagt mir also, dass du dich nicht einfach ungefragt auf ihn draufgeschmissen hast?“ Der Grauhaarige im Hintergrund lachte leise auf. Narutos Grinsen hingegen wich nun doch ein wenig: „Oi! Das wisst ihr ja noch gar nicht! Der Teme spricht!“, nun drehte er Sasuke sein Gesicht zu. Erwartungsvoll sah er ihn an. Auffordernd. Und schließlich fast auch schon bettelnd. Diesen Anblick fand Sasuke wirklich erheiternd. Wie war das doch gleich mit dem Hintern abwischen und so… „Nun sag schon was, Teme!“ Doch Sasuke schwieg. Stattdessen konnte Naruto dieses kleine, feine, neckische Grinsen auf diesen wunderschön geschwungenen Lippen erkennen. Dieser verdammte Bastard! „Naruto!“, schallte stattdessen der Ausruf der Blonden von den Zimmerwänden wider und sogleich packte sie den blonden Pfleger etwas brutal wirkend am Oberarm und hatte ihn auch schon mit einer fast schon elegant anmutenden Bewegung ruckartig vom Bett geworfen. Unsanft landete dieser auf allen vier Buchstaben am Bettende auf dem Boden und rieb sich stöhnend das wohl nun geprellte Steißbein. Mit einem der Situation nicht entsprechenden und dadurch beunruhigenden breiten Lächeln drehte sich die Frau nun ganz zu Sasuke und näherte sich diesem nun ganz an. „Es ist schön, zu sehen, dass Sie wach sind, Herr Uchiha!“, säuselte sie mit betont langsamen Worten und Sasuke schluckte. Mit dieser Frau war nicht gut Kirschen essen, wenn man es sich mit ihr verscherzte, dass erkannte er sofort. Anscheinend hatte er wohl eine gute Menschenkenntnis. „Mein Name ist Tsunade Senyu. Ich bin die Leiterin dieses Privatklinikums. Alle hier im Raum befindlichen Personen werden in der nächsten Zeit die einzigen Personen sein, die sich mit Ihnen befassen! Das dient zu Ihrer Sicherheit!“, erklärte sie weiter. Unweigerlich musste sich Sasuke nun fragen, warum hier so ein großer Wert auf seine Sicherheit gelegt wurde. Hatte ihm Naruto doch nicht alles gesagt? Oder wusste Naruto selbst nicht alles? Oder wer genau war er, dass solch Sicherheitsmaßnahmen notwendig wurden? „Erfreut Sie kennenzulernen!“, brummte er daher langsam in die Richtung der blonden Klinikleitung und bemerkte sofort, wie sich die Augen aller weiteten. „Ha!“, Naruto sprang in einer Geschwindigkeit auf, die Sasuke ihm nach dem Sturz sicherlich nicht so schnell zugetraut hätte und deutete mit zitterndem Zeigefinger auf ihn, „Hab doch gesagt, er kann sprechen, echt jetzt!“ „Jetzt gib Ruhe, Naruto!“, die tiefbraunen Augen der Klinikleitung funkelten den Pfleger warnend entgegen. Naruto schwieg. Und Sasuke war verwundert. Anscheinend lag er mit seiner Vermutung wirklich nicht falsch. Tsunade hatte hier nicht nur auf dem Papier das Sagen. Der bisher nur durch sein Lachen aufgefallene vermummte Grauhaarige trat nun auch einen Schritt hervor: „Ich bin der zweite für dich zuständige Arzt, Kakashi Hatake. Du kannst mich Kakashi nennen. Ich mag dieses förmliche Gequatsche nicht so. Behindert mich bei der Arbeit und wir haben in nächster Zeit viel Arbeit vor uns, wenn wir dich wieder fit kriegen wollen!“ Neben dem Redenschwinger räusperte sich nun auch Itachi Uchiha. Der sogenannte Bruder. Und Sasuke verletzte es irgendwie selbst, wenn er daran dachte, dass er sich an diesen auch nicht erinnern konnte. Alles lag irgendwie im Dunkeln. Wie hinter nebelartigen Schleiern und umso mehr er versuchte, in seinem Kopf Klarheit zu schaffen, umso mehr schmerzte dieser. „Sasuke!“, begann nun sein Bruder, „Wir haben uns gerade überlegt, wie wir am besten verfahren!“ „Verfahren?“, wiederholte er trocken. „Hm, ja!“, begann nun wieder die pralle Blondine, „Wir werden Sie umquartieren!“ „Umquartieren?“, kam es nun von Naruto, aber Sasuke hatte die gleiche Frage auf den Lippen. Tsunade Senyu drehte sich erneut zu dem blonden Pfleger herum. Diesmal war ihr Blick viel weicher, fast schon mütterlich: „Itachi-san hat mir von deinem Verdacht berichtet!“ Sasuke wusste, dass er nun etwas hören würde, was er sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt nicht verstehen würde. „Der einzige direkte Personalwechsel im gesamten Zeitraum war nur dein eigener“, sprach sie weiter zum Blonden, „Daher werde ich alle Mitarbeiter auf das genaueste überprüfen lassen. Nur…“, sie zögerte und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, „…habe ich hier über 600 Klinikmitarbeiter und dies nimmt einiges an Zeit in Anspruch! Solange möchte ich kein Risiko eingehen!“ „Aber Obaa-chan…!“, doch Naruto wurde einfach durch die Hand Tsunades, die sich erhob und andeutete, dass er zu schweigen habe weil sie noch nicht fertig war, unterbrochen. „Du, Asuma und Kakashi… ihr zieht auf das Senyu-Anwesen. Sofort. Nach außen hin kein Wort… zu niemanden! Heute Nacht werden wir… und zwar nur wir… hier alle notwendigen Untersuchungen selbst vornehmen und anschließend Sasuke Uchiha auf mein Anwesen schaffen!“ „Aber…!“, erneut kam Naruto nicht weiter. „Naruto! Gerade du solltest wissen, dass es nur einen Ort gibt, der noch sicherer ist, als der Hochsicherheitstrakt meines Klinikums!“ „Ja!“, stöhnte dieser auf, „Meine alte Wohnung auf deinem Anwesen!“ Sasuke hob verwirrt eine Braue. Wieso hatte dieser 08/15-Pfleger eine Wohnung auf dem Anwesen der Leitung einer Privatklinik? Wieso war diese noch sicherer als der mehrfach bezeichnete Hochsicherheitstrakt dieses Klinikums? Und wieso sollte er da hin? Und vor allen Dingen… hatte die Alte gerade wirklich gesagt, dass die Ärzte hier und dieser quirlige Pfleger da mit ihm hin sollten? Wollten sie wirklich eine schnelle Genesung seinerseits oder ein psychisches Wrack? Naruto hingegen spürte innerlich ein plötzliches Unwohlsein. Ja… es war seine Wohnung gewesen, ehe er nach Abschluss der Oberschule das Senyu-Anwesen verlassen hatte. Dieses lag in unmittelbarer Nähe zum Klinikum. Befand sich auf einem mehrere Hektar großem Grundstück mit viel Wald und Feld, was einen eigenen Forstbetrieb nötig sowie ausreichend Platz für eine von Tsunades großen Leidenschaften möglich machte: dem Reiten. Natürlich bezog er sich da auf die Tiere im Gestüt und nicht auf Tsunades On-/Off-Beziehung mit seinem Paten Jiraija. Diese Wohnung war eigentlich keine Wohnung, sondern ein Haus. Das Haus seiner verstorbenen Eltern. Lange hatte er dort nicht gewohnt. Er war mehr im Haupthaus bei Tsunade zu finden gewesen oder bei Jiraija, der ebenfalls ein kleineres Haus am Rande des unüberschaubar großen Grundstückes hatte. Das Haus, welches dem Erbe nach ihm zugesprochen war, hatte daher oftmals immer wieder lange leer gestanden. Er hatte sich dort nicht wirklich wohl gefühlt so allein und mit den Geistern der Vergangenheit. Und dass es seiner Schwester ebenso ergangen war erklärte ihr fluchtartiger Auszug kurz nach ihrem 17. Geburtstag. Und dieses Haus war wirklich sicher! Seine Mutter hatte wohl kurz nach seiner Geburt einen penetranten Stalker gehabt. Zumindest hatte ihm das einmal Karin erzählt gehabt. Und ihr Vater war daraufhin so panisch und besorgt gewesen, dass es in diesem Gebäude mehr gab als nur zehn Panikräume und vier getrennt voneinander arbeitende Alarmsysteme mit jeweils eigenem Stromnetz. Ja, man könnte behaupten, Minato Namikaze sei leicht paranoid gewesen… doch das war er sicherlich nicht. Er war ein liebender Ehemann und besorgter Vater und alle Erinnerungen, die Naruto noch an seine Eltern hatte, hütete er in seinen Gedanken und in seinem Herzen wie einen unbezahlbaren Schatz. Sicherlich. Sasuke wäre dort sicher und zudem würde kein Killer dieser Welt den Uchiha im Haus der Namikaze vermuten! „Des Weiteren wird nach eingehender Überprüfung Deidara Iwa zu euch stoßen und sich um die therapeutischen Maßnahmen kümmern. Und zu deiner Unterstützung, Naruto, dann noch Sasori Akasuna. Ihr seid solange alle hier vom eigentlichen Dienst im Klinikum freigestellt!“, fuhr Tsunade ruhig fort und nun wagte es niemand mehr, sie zu unterbrechen, „Noch Fragen?“ „Warum?“, rutschte es nun Sasuke doch heraus und da er nun wirklich die Aufmerksamkeit aller hatte weitete er die Frage aus, „Warum dieser ganze Aufstand? Was stimmt denn hier nicht?“ Auch wenn Naruto die Worte schon auf der Zunge lagen, so war es Itachi, der sprach: „Dein Unfall… Naruto und ich denken, dass es kein Unfall war, Sasuke!“ „Wie bitte?“, ganz langsam gelang es ihm seinen Kopf in seinem Kissen so zu drehen, so dass er seinen Bruder genau ansehen konnte. Einem Bruder, der ihm gerade so bekannt war wie ein Fremder. „Wir sind nun einmal in recht hoch angesehenen Positionen und Menschen im Fokus des gesellschaftlichen Interesses, Sasuke. Wir vermuten einen Anschlag!“ Sasuke war zu keinerlei Regung mehr fähig. Er hatte sich eh schon gewundert, wie es zu einem Unfall hatte kommen können, der so schwerwiegend gewesen sein musste, dass er gleich ein halbes Jahr im Koma verbracht hatte. Er selbst sah sich nicht als einen Menschen, der solch risikoreiches Autofahren bevorzugte! Also gab es da draußen wohl jemanden, der ihn tot sehen wollte. Kein wirklich beruhigender Gedanke. Zudem: Was hatte er getan, dass dem so war? Warum sollte er aus dem Weg geräumt werden? Hatte er den Zorn irgendeiner Person auf sich gezogen mit etwas, was er nun nicht mehr wusste? Was er nun vielleicht durch seine Amnesie verdrängen konnte? Wusste er vielleicht sogar ganz genau, wer ihn töten wollte? Hatte er es vielleicht selbst mit nicht ganz legalen Mitteln heraufbeschworen? Was war er bloß für ein Mensch gewesen? Diese und viele weitere Gedanken fluteten seinen Kopf und er bekam gar nicht mehr wirklich mit, wie sich Tsunade weiterhin mit den beiden Ärzten und seinem Bruder unterhielt und sie vermutlich das genaue Vorgehen planten, ihn hier ungesehen heraus zu schaffen. Nur der intensive, aber auch besorgt wirkende Blick eines Blonden riss ihn wieder aus den trüben Gedanken heraus und zog ihn magisch an. Naruto blinzelte, als er wohl bemerkte, dass Sasuke ihm seine Aufmerksamkeit schenkte. Sie würden sich also in nächster Zeit wohl oder übel miteinander gut stellen müssen. Es könnte ihn schlechter treffen… gewiss… Naruto war nur ein einfacher Pfleger, doch er schien recht schlagfertig zu sein. Das gefiel ihm. Und bestimmt konnte man mit ihm auch etwas tiefgründigere Gespräche führen, denn ganz so dumm schien er auch nicht zu sein. Außerdem zog ihn irgendetwas an diesem Blonden praktisch magisch an. Wie ein Magnet. Seltsam! Er wusste zwar gerade selbst nicht, wie er aussah, aber wenn Itachi sein Bruder war, so war man wohl in seiner Familie mit gutem Aussehen gesegnet. Er selbst machte an sich eine extrem blasse Haut, wohl schwarzes, fransig geschnittenes Haar und eine durch und durch athletische Figur aus. Vermutlich war er einmal sehr sportlich gewesen. So sportlich, dass ihn die sechs Monate stillliegen und nichts tun optisch nicht zu sehr in Mitleidenschaft hatten ziehen können. Also… alles in Allem konnte er also nun einmal davon ausgehen, dass er ein ansehnliches Kerlchen war. Aber anscheinend war er, und das verwunderte ihn nun doch etwas, ungebunden! Denn bis auf seinen Bruder schien ja niemand hier zu sein, der sich um ihn gesorgt hatte. Also zumindest keine Frau. Frauen….hm… nahmen die überhaupt einen Stellenwert in seinem Leben ein? Oder lebte er nur für die Arbeit und den Sport? Vielleicht hatte er ja noch irgendwelche anderen zeitintensiven Hobbies! Was machte denn so ein Firmenchef den ganzen Tag? Und was für eine Firma war dieses Uchiha-Imperium überhaupt? Vielleicht irgendwas mit Mafia? Das würde dieses Attentat wieder erklären! Aber wieso stand hier kein über sein Aufwachen erfreutes Supermodel und schmiss sich ihm an den Hals? Vielleicht…stimmte ja etwas nicht mit ihm! Nur was? Kurz schielte er zu Tsunade. Und auch beim Anblick Tsunades, die sicherlich für ihr Alter noch wirklich gut aussah und einen … nun ja… riesigen Vorbau hatte… sollte sich da gerade bei DEM Anblick nicht etwas tun bei jedem Mann? Erst Recht, wenn man über ein halbes Jahr lang nicht mehr zum Zug gekommen war? War er überhaupt schon mal zum Zug gekommen? Moment? Wie alt war er eigentlich? Anscheinend jünger als dieser Itachi. Der kam ihm doch sehr besorgt und fast schon mütterlich rüber… halt so typisch großer Bruder mit ‚Kleinem-Bruder-Komplex‘! Und dieser Itachi war bestimmt nicht über 30! Wieder spürte er den Blick des Blonden auf sich… Naruto. Naruto Uzumaki. Dessen Äußeres sprach ihn um vieles mehr an als das von Tsunade. Aber okay. Hier waren nur Kerle. Und Tsunade. Also nicht wirklich eine Auswahl. Er sollte nun keine voreiligen Schlüsse ziehen. Erst einmal abwarten. Ein Räuspern des Arztes mit Bart ließ ihn den Blickkontakt mit Naruto abbrechen: „Also, wie gehabt, treten wir heute Abend in Aktion!“ „Ich sorge dafür, dass wir ohne Probleme alle Untersuchungen machen können“, ergänzte der Grauhaarige. „Und ich kümmere mich um den anschließenden Transport!“, kam es von Tsunade, während diese Drei sich zum Gehen herumdrehten. Auch Naruto löste sich aus seiner Starre und schien den Ärzten folgen zu wollen: „Dann werde ich wohl mal in mein Haus fahren und alles vorbereiten!“, klang es da um einiges weniger begeistert. Sasuke konnte ja nicht wissen, dass Naruto eher mit Grauen an die zentimeterdicken Staubschichten in dem riesigen Haus dachte als an ihr künftiges Zusammenleben. Er nickte allen nur noch zum Abschied und bekam erst mit, dass er nun doch nicht alleine war, als ein Stuhl neben seinem Bett abgesetzt wurde. „Sasuke!“, wieder fuhr eine Hand durch sein Haar. Ganz sanft und absolut fürsorglich. „Itachi, richtig?“, fragte er vorsichtig und kam sich für diese Frage sogar nun reichlich dumm vor. Der Andere nickte mit einem Lächeln. Vermutlich hatte man diesen eben auch aufgeklärt, dass es wohl sein könne, dass er sich nicht einmal an seinen Bruder würde erinnern können. „Sag mal, Itachi?“, Sasuke seufzte. Solange ihm Itachi wie ein Fremder vorkam, würde er sicherlich kein Schamgefühl empfinden. Und die Frage, die nun seit einigen Minuten auf seiner Seele brannte, konnte sicherlich nur sein Bruder beantworten, solange er dies selber nicht konnte. „Hm, ja, Sasuke? Was ist denn?“, die Stimme klang seiner ähnlich. Nur einen Hauch dunkler und irgendwie leicht melancholisch. Sasuke holte tief Luft, ehe er sein Gesicht dem Älteren ganz zuwandte. Er wollte, dass Itachi ihm ansehen konnte, dass ihm diese Frage wichtig war und er wirklich eine Antwort brauchte: „Sag, Itachi! Bin ich schwul?“ Kapitel 5: Freibrief -------------------- KOMA Rezept 5 FREIBRIEF „Warum treffen wir uns hier und warum musste ich alles stehen und liegen lassen, hn?“ Deidara Iwa quetschte sich zwischen die beiden anderen auf die schmale Pritsche im winzigen Aufenthaltsraum, der eigentlich nur dazu diente den Ärzten der Nachtschicht die Möglichkeit zu geben, sich in überaus anstrengenden Nächten einmal kurz hinzulegen. Der Raum war eindeutig nicht für so viele Personen ausgelegt und auch wenn das Fenster auf Kippe stand, so war die Luft stickig und roch mitunter auch unangenehm nach Schweiß. Zu seiner Linken saß Asuma Sarutobi, ein hochangesehener Allgemeinmediziner, der gelangweilt wirkend auf einem hölzernen Mundspatel herumkaute. Vermutlich wäre es jetzt Zeit für seine stets sehnsüchtig herbeigesehnte Zigarettenpause gewesen und dennoch war er auch ein Teil dieser illustren Runde, die Deidara nicht so ganz verstand. Zu seiner Rechten saß sein Freund Sasori Akasuna. Seines Zeichens der Leiter des Pflegepersonals und anscheinend genauso wenig informiert wie Deidara, da er auf dessen Frage und dem von Deidara zugeworfenen fragenden Blick aus blauen Augen nur genervt brummte: „Woher soll ich das wissen?“ Naruto konnte den verwirrten Gesichtsausdruck des Fitness- und Ergotherapeuten absolut verstehen. Schließlich hatte Tsunade sie erst vor wenigen Minuten über den Pieper verständigt und sie waren auch umgehend hier erschienen. Sie konnten demnach also nicht wissen, dass Sasuke Uchiha aus dem Koma aufgewacht war. Sie konnten nicht mal erahnen, dass dieser Patient in absoluter Lebensgefahr schwebte weil es ein geheimnisvoller Killer auf ihn abgesehen hatte und ebenso waren sie auch unwissend darüber, dass die Klinikleitung in der letzten dreiviertel Stunde deren komplettes Leben durchleuchtet hatte um ausschließen zu können, dass diese beiden in irgendeiner Verbindung zu einer potenziellen Gefahr für den Uchiha standen. Kakashi Hatake, ebenfalls Allgemeinmediziner im Senyu-Klinikum, lehnte direkt an der Wand neben dem geöffneten Fenster und blickte in das trostlose Grauschwarz dieses Wintertages und auf dem einzigen Stuhl in diesem Raum, der direkt neben der Pritsche stand, saß Itachi Uchiha, der Naruto genauestens beobachtete. Naruto waren diese seltsamen Blicke des älteren Uchihas irgendwie leicht unangenehm. War er es doch nicht gewöhnt, von diesem so fixiert zu werden und wusste er doch auch nicht den Grund, warum dieser das tat. Aber er wagte es nun auch nicht, Itachi einfach zu fragen, warum er dies tat. Schließlich könnte Itachi ja auch ein äußerst privates Anliegen beschäftigen und vielleicht wartete er auch nur auf eine günstige Gelegenheit, den Blonden unter vier Augen zu sprechen. Die Tür, neben der Naruto stand, öffnete sich ein weiteres Mal und die üppige Blondine betrat den Raum und hielt einige Akten und Blätter in ihren Händen. Der junge Pfleger schloss hinter ihr die Tür, da ihm bewusst war, dass die Eingetretene dies gerade schlecht konnte und da sie nun alle anwesend waren brauchten sie auch keine unnötigen Blicke von außerhalb. Man sah Deidara direkt an, dass er seine Vorgesetzte nun mit Fragen löchern wollte, doch eine ruhige Hand legte sich auf seinen Oberschenkel und wies ihn an, noch etwas Geduld zu haben. Diese geräuschlose Geste funktionierte nur wenn Sasori sie ausübte. Deidara hatte einen ungeheuren Respekt vor dem Rothaarigen, der sogar noch weit über dem gegenüber Tsunade lag. Woran das lag konnte Naruto nicht sagen. Vielleicht war es auch etwas Privates, was nun mal nicht hier hin gehörte und dennoch war Naruto neugierig. Itachi erhob sich vom knarzenden Holzstuhl und bot der einzigen Dame in diesem Raum seinen Platz an, den sie mit einem dankbaren Nicken auch annahm. Sie wirkte irgendwie müde und abgehetzt und Naruto versuchte sich vorzustellen, was seine Großtante wohl in der vergangenen Stunden hatte alles erledigen müssen. Er hingegen war nur schnell zu seinem ehemaligen Wohnsitz gefahren und hatte flüchtig alles kontrolliert. Schließlich war er schon längere Zeit nicht mehr dort gewesen und nun sollten dort gleich einige Personen für wohl längere Zeit wohnen. Aber dadurch, dass seine Großtante wohl auch ihre Angestellten gelegentlich zum Reinigen auf sein Anwesen geschickt hatte, war es weniger schlimm, als er erwartet hatte. Draußen war es bereits seit einiger Zeit dunkel und in wenigen Minuten würden sie den Plan ausführen, den die Blondine ausgearbeitet und vorbereitet hatte. Nun galt es nur noch, alle Beteiligten darauf vorzubereiten und sie einzuweisen. Und in zwei Fällen musste sie sogar erst einmal erklären worum es überhaupt ging. Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ Naruto schreckhaft zusammenfahren. Wer konnte denn das nun sein? Sie waren doch komplett! „Lass ihn herein, Naruto! Er weiß Bescheid und ich habe ihn auch überprüft!“, murmelte seine Vorgesetzte von ihrem Platz aus und bedachte ihn noch nicht einmal mit einem Blick, da sie zu vertieft in ihren Unterlagen auf ihrem Schoß war. Naruto folgte dieser Anweisung und öffnete die Tür. Neji Hyuuga hob skeptisch eine Augenbraue, als er Naruto erkannte, schritt aber kommentarlos an ihm vorüber in den nun wirklich beengenden Raum hinein und nickte einigen in dieser Runde grüßend zu. „Nun“, begann schließlich Tsunade, nachdem Naruto erneut die Türe fest verschlossen hatte, „Jetzt sind wir komplett. Falls ihr euch wundert, warum ich dieses Zimmer für unsere Besprechung ausgesucht habe…“, sie holte tief Luft, „Ich hatte einfach noch keine Gelegenheit, die herkömmlichen Besprechungsräume oder mein Büro nach Wanzen oder dergleichen untersuchen zu lassen!“ „Wanzen?“, Deidara wirkte nun noch um einiges verwirrter, aber auch Sasori war ein erstauntes Zucken in der Augenbraue anzusehen. Tsunade nickte hingegen nur recht deutlich: „Ja, genau! Ich sollte euch vielleicht mitteilen, dass Sasuke Uchiha aus dem Koma aufgewacht ist!“ „Oh!“, Sasori schien zunächst überrascht, doch dann legte sich ein Schmunzeln auf seine Lippen und sein Blick huschte vielsagend zum blonden Pfleger. Naruto konnte sich gerade wirklich gut vorstellen, was dem Rothaarigen durch den Kopf ging und er spürte daraufhin schon wieder eine deutliche Schamesröte aufsteigen. Dabei hatte er doch endlich einmal für einige Stunden nicht mehr an den peinlichen Vorfall in den Morgenstunden denken müssen! Fast schon schmollend wandte er den Kopf zur Seite um so Sasori zu signalisieren, dass er sich nicht weiter mit ihm über dieses Thema unterhalten würde. „Leider leidet Herr Uchiha an einer Form der Amnesie, auf die ich gleich noch näher eingehen werde und kann sich an den Unfallhergang nicht mehr erinnern. Dennoch ist sein Bruder wohl mit Hilfe Narutos auf einige Ungereimtheiten gestoßen, die doch den starken Verdacht erwecken, dass es sich nicht um einen herkömmlichen Unfall gehandelt hat, sondern um einen Mordversuch!“ „Mord?“, nun war es Deidara, der mehr als überrascht, aber auch leicht geschockt wirkte. Erneut nickte Tsunade bestätigend: „Leider scheint die Spur des Täters in unser Klinikum zu führen…“, Deidara schlug sich selbst die Hand vor Entsetzen auf den Mund, „…und somit können wir hier nicht mehr die Sicherheit für Sasuke Uchiha gewährleisten!“ „Was hast du vor, Tsunade?“, fragte nun Kakashi und löste sich aus seiner bisher doch recht steif wirkenden Haltung am Fenster. Die Blondine schaute kurz auf die Unterlagen in ihren Händen und hob dann wieder ihren Kopf um allen Anwesenden nacheinander in die Augen zu blicken. Schließlich verharrte sie bei Naruto. Dieser musste schlucken. Er wusste, was Tsunade ihn gerade ohne Worte gefragt hatte und nun war er es, der ihr zunickte. Zwar zögerlich, doch schließlich bestimmend. Irgendwann würden sie es sowieso erfahren und nun ging es um ein Menschenleben. Für Naruto war es nicht nur irgendein Leben… es war das Leben der Person, die seit über sechs Monaten seinen ganzen Lebenssinn ausmachte, auch wenn dieser nichts davon wusste. Ja, es nicht einmal erahnen konnte! „Ich werde euch nun jemanden vorstellen“, begann Tsunade langsam und sah nun genau zu Sasori, Neji und Deidara. Schließlich waren diese drei die hier im Raum Unwissenden. „Er wird in wenigen Jahren meine Nachfolge antreten, da sein Vater der eigentliche Leiter dieser Klinik bis zu seinem Tode war. Er ist promovierter Doktor der Psychologie sowie angehender Neurochirurg und war auch der leitende operierende Arzt von Sasuke Uchiha in jener verhängnisvollen Nacht vor einem halben Jahr“, Tsunades haselnussbraune Augen richteten sich nun wieder auf Naruto und der noch als blonde Pfleger bekannte junge Mann konnte in ihnen so etwas wie Stolz ablesen. Ihre Hand hob sich und deutete nun genau auf ihn und die Blicke aller Anwesenden waren ihrer Geste gefolgt: „Darf ich vorstellen… Doktor Naruto Namikaze!“ Es herrschte eine seltsame Art der Stille in diesem Zimmer. Niemand sagte etwas. Die, die zuvor schon über Narutos wahre Identität Bescheid gewusst hatten, schwiegen, da sie nichts zu sagen hatten und die, die zuvor nicht das Geringste gewusst hatten, schienen in absoluten Unglauben zu verfallen. „Das ist jetzt ne Verarsche hier, oder?“, flüsterte Deidara für alle verständlich und schaffte es, seinen Blick von Naruto abzuwenden und wieder Tsunade anzustarren, doch die schüttelte diesmal verneinend den Kopf. Und dann zuckten alle erschrocken zusammen, denn mit der Reaktion des Akasuna hatte nun hier niemand gerechnet. Dieser lachte plötzlich laut auf. Er lachte und lachte. Schien sich gar nicht mehr einzukriegen vor Lachen und warf sich nach hinten auf die Pritsche. Für alle, die Sasori etwas näher kannten, wurde diese Situation nun doch etwas beängstigend, denn der Akasuna war noch nie so aus sich heraus gegangen und hatte ebenfalls noch nie so herzlich und vor allen Dingen laut in der Öffentlichkeit gelacht. „Ich wusste es!“, meinte hingegen Neji, von Sasoris hysterisch wirkenden Anfall unbeeindruckt, „Ich wusste, dass ich dein Gesicht schon einmal irgendwo gesehen habe! Vor etwa fünf Jahren war da ein Artikel in einer Fachzeitung über dich!“ Naruto nickte. Selbst noch reichlich irritiert von Sasori, versuchte er seine volle Aufmerksamkeit Neji zu schenken: „Ja, ich weiß. Meine Abschlussarbeit über den Umgang und die Behandlung von Alzheimerpatienten wurde publiziert!“ „An diesen Artikel erinnere ich mich auch“, Asuma warf den deutlich abgekauten Mundspatel in einer lässigen und geübten Handbewegung in den Abfalleimer, „Die dort genannten Erkenntnisse und Ergebnisse waren beeindruckend und dem damaligen Stand um einiges voraus. Wie alt warst du da? 18?“ Naruto nickte erneut. Eine leichte Röte schimmerte auf seinen Wangen. Ihm war es nun etwas unangenehm so im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Waren sie doch schließlich alle wegen etwas ganz anderem hier versammelt. Sasoris Lachen stoppte bei der letzten Aussage abrupt mit einem Laut, der einem Schluckauf gleichkam: „18?! Was bist du?“ „In medizinischen Bereichen ein absolutes Wunderkind!“, nun konnte Naruto eindeutig erkennen, dass seine Großtante unsagbar stolz auf ihn war und das erfüllte ihn nun doch mit Freude. Schließlich war sie eine der letzten lebenden Verwandten, die er noch hatte. Auf Sasoris Lippen zeigte sich nun ein doch leicht sadistisch angehauchtes Lächeln. Dies war wiederum der Sasori, den die meisten hier kannten! „Ja, aber wohl nicht in allen medizinischen Bereichen! Ich sag nur Katheter!“ Den Seitenhieb Deidaras ignorierte Sasori gekonnt. Zu amüsant war nun der sich plötzlich verändernde Gesichtsausdruck Narutos. „Hab ehrlich gesagt noch niemanden gesehen, ob Pfleger oder Arzt, der dem Patienten vor lauter Nervosität beim Katheter wechseln einen runterholt!“ „Danna!“, zischte Deidara leise und das Fremdschämen war ihm anzusehen. Kakashi lachte leise auf und erntete dadurch nur einen schiefen Blick des Blonden. Ihm war die Erinnerung an diese Situation schon peinlich genug. Warum musste Sasori dies nun auch noch hier vor versammelter Mannschaft und gerade im Beisein von Itachi erneut erwähnen? Aber dieser stand nur hinter Tsunade an die Wand gelehnt und wirkte nicht wirklich interessiert an diesen Verlauf des Gespräches. „Das hätte jedem in dem Zusammenhang passieren können! Das hat selbst Sakura gesagt!“, giftete Naruto daher zurück. Er musste jetzt Sasori Einhalt gebieten, sonst würde der Rothaarige ihn damit noch in einigen Jahren aufziehen und jetzt wo Sasuke wach war und sie auch kurz davor standen alle miteinander noch enger zusammen zu arbeiten, bestand zudem die Gefahr, dass Sasori dem jüngeren Uchiha sein Missgeschick steckte. „In meinen Händen ist noch keiner gekommen!“ Deidara schnaubte und stieß erneut seinen spitzen Ellbogen in Sasoris Rippen. „Ich meine“, verbesserte dieser sich daraufhin, „Kein Patient!“ „Meine Güte!“, Naruto stemmte die Arme in die Hüfte und trat einen Schritt näher an Sasori heran, was bei diesen beengenden Raumverhältnissen zur Folge hatte, dass er nun direkt vor ihm stand und auf den Sitzenden böse hinunterfunkelte, „Ich bin derzeit klassisch untervögelt und du hängst mir da einen Kerl mit Riesengehänge vor die Nase! Ich bin schließlich auch nur ein schwuler Kerl und…“, Naruto stoppte… sein Blick ging reihum, „… und ich habe mal wieder geredet ohne nachzudenken… he he!“, er schritt wieder zurück und wünschte sich, mit der Wand eins zu werden. Er hatte sich soeben geoutet. Zwar wussten Kakashi und Tsunade natürlich darüber Bescheid, dass Naruto dem eigenen Geschlecht zugeneigt war, aber es jetzt hier so vor den anderen Kollegen zu zu geben, mit denen man nun auch noch einige Zeit zusammen in einem Haus leben sollte, war dann doch etwas anderes. „Du… du bist schwul?“, fragte Deidara vorsichtig nach und Naruto sah, wie Itachis Augen sich bei diesem Wort weiteten. Natürlich! Itachi hatte auch nichts gewusst! Sie hatten zwar am frühen Mittag ein ‚Pärchen‘ für die überall lauernden Medien gegeben, doch Naruto hatte dem älteren Uchiha nie gesagt, dass er wirklich auf Männer stand. Und nun wusste der Blonde beim besten Willen nicht, wie er den seltsamen Blick des Uchihas einordnen sollte. Er wirkte nicht angeekelt und das erleichterte Naruto schon ungemein. „Ja!“, antwortete er etwas kleinlaut und Deidara sprang auf. „Cool! Ich auch und Sasssssss-!“, eine Hand presste sich fest auf Deidaras Mund und eine andere zog den Blonden wieder zurück auf die Pritsche. Sasori Akasuna hatte gerade einen Blick drauf, der Eis in Brand setzen könnte und daher nickte Deidara hektisch mit geweiteten Augen. Er hatte verstanden, dass er nun die Klappe halten müsste wenn ihm denn noch etwas an seinem Leben liegen sollte. „Können wir dann ganz normal fortfahren?“, seufzte nun Tsunade, die dem ganzen Aufklärungstheater bisher nur mit einem Lächeln auf den Lippen gefolgt war. Schließlich war ihr Narutos sexuelle Gesinnung nicht unbekannt und das ihr Leiter des Pflegepersonals schon seit geraumer Zeit genau diesen Raum hier nutzte für seine Treffen mit dem Fitnesstherapeuten war ihr auch nicht fremd. In dieser Klinik gab es schließlich nichts, was ihr verborgen blieb. Doch seit wenigen Stunden wusste sie, dass es da wohl doch etwas gab und das belastete sie sehr. „Ich habe mir ja etwas dabei gedacht, warum ich euch Narutos wahre Identität genannt habe“, fuhr die Blondine fort, „denn ihr werdet alle in den nächsten Wochen zusammen wohnen!“ „Wir werden was?“, erneut war Deidara aufgesprungen und diesmal hielt ihn die Hand des älteren Rothaarigen nicht auf. Dieser hatte sich selbst erstaunt erhoben. „Keine Sorge! Es handelt sich um die Namikaze-Villa, in die ihr ziehen werdet. Jeder wird sein eigenes Zimmer und genug Privatsphäre haben!“, Tsunade strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Aber… aber warum?“, der Ergotherapeut schien mit der bisherigen Antwort nicht zufrieden. „Wir werden Sasuke Uchiha dort unterbringen und verstecken, nicht wahr, Tsunade-san?“, Neji Hyuuga schien den gräulichen Linoleumboden zu betrachten, doch Naruto wusste, dass der junge Assistenzarzt auf die Unterlagen auf Tsunades Schoß schielte. „Hm, ja!“, bestätigte sie den Braunhaarigen, „Und da er sich weder an irgendetwas erinnern kann noch körperlich dazu in der Lage ist, sich selbst zu versorgen, werdet ihr euch rund um die Uhr um ihn kümmern!“ Sie persönlich hatte nun mit Einwänden ihres Personals gerechnet, doch niemand sagte etwas. „Sind das die Untersuchungsergebnisse?“, warf nun Asuma in den Raum und Tsunade ergriff die Akten, um diese aufzuschlagen. „Hm, ja!“, in ihrer Stimme lag ein nachdenklicher Unterton. Naruto konnte nicht deuten, ob es daran lag, dass vielleicht die Ergebnisse so niederschmetternd waren, was er natürlich nicht hoffte oder ob Tsunade einfach generell etwas angespannter war wegen der Gesamtsituation. „Zum einen habe ich hier die Laborergebnisse, dann die Aufnahmen aus dem Kernspintomographen und die Röntgenbilder“, begann die Klinikleitung zu erläutern und da es in diesem Zimmer keine Möglichkeit gab, die benannten Unterlagen auf einen Tisch zu legen, da ein solcher einfach nicht mehr hier hineingepasst hätte, breitete sie alles auf dem Fußboden aus. Die Anwesenden rückten näher zusammen, so dass jeder eine gute Einsicht hatte. „Die Blut- und auch die Vitalwerte sind in Ordnung. Ich würde sogar sagen, sie sind ausgesprochen gut, wenn man die Dauer des Komas berücksichtigt!“, ihr Finger zeigte auf einige Blätter, die Naruto sofort als die herkömmlichen Auskunftsdatenblätter des hauseigenen Labors identifizierte. Dann huschte ihr Finger hoch und wies auf einige Schwarz-Weiß-Kopien von offensichtlichen Röntgenaufnahmen: „Alle Knochenbrüche sind hervorragend verheilt. Selbst der komplizierte Bruch im Hüftbereich scheint entgegen unserer damaligen Annahmen keine weitere Operation nötig zu machen!“ „Das sind wirklich gute Nachrichten!“, murmelte Kakashi, dessen Blick nun wie der von allen anderen weiterging auf die nächste Bilderreihe. „Das sind die Aufnahmen aus dem Kernspin“, und diesmal seufzte die Blondine. Naruto kannte sich mit solchen Aufnahmen aus und daher trat er noch näher heran. Zudem war er es gewesen, der damals die Operation an Sasukes Kopf vorgenommen hatte und irgendwie machte sich doch nun eine innere Nervosität in ihm breit. Er wusste, dass er sein Bestmöglichstes getan hatte und er wusste auch, dass Sasuke Uchiha sicherlich nicht mehr leben würde, wenn er damals nicht so gehandelt hätte, wie er es getan hatte und dennoch… er selbst würde sich nicht verzeihen können, wenn durch ein Missgriff seinerseits der junge Uchiha irgendwelche bleibenden Schäden behalten würde. Doch…: „Da scheinen auch keine Anomalitäten vorzuliegen!“, sprach er seine Gedanken laut aus und auch Tsunade nickte. „Du hast damals wirklich hervorragende Arbeit geleistet, Naruto!“, sie strich mit ihrem Zeigefinger über eine der Aufnahmen, „Und wenn es irgendetwas medizinisches wäre, was diese Amnesie verursacht, dann würden wir dies hier sehen. Aber die gespritzten Kontrastmittel zeigen alles genau so an, wie es in einem gesunden, menschlichen Gehirn sein sollte und daher vermute ich eine psychologische Ursache!“ „Ein Traumata durch den Unfall?“, murmelte Sasori, doch Tsunade zuckte nur überfragt mit den Schultern. „Entweder das oder… vor diesem Unfall ist etwas passiert, was er einfach nur vergessen will!“ Und in diesem Augenblick wandten sich alle Köpfe zu Itachi herum. Überrascht darüber zuckte dieser etwas zusammen, hob seine Schultern und schüttelte schließlich verneinend seinen Kopf: „Ich kann dazu nicht viel sagen. Zwischen dem Streit von Sasuke und mir und dem Unfall an sich liegen mehr als zwei Stunden. In dieser Zeit hat er nur mit seinem besten Freund Suigetsu kurz gesprochen. Mehr ist mir nicht bekannt!“ „Vielleicht ist Sasuke in dieser Zeit dem Killer begegnet, oder nicht, hn?“, Deidara kratzte sich nachdenklich an der Stirn. „Davon gehe ich sogar aus!“, Tsunade hatte damit begonnen, die auf den Boden verteilten Unterlagen wieder einzusammeln und Naruto half ihr dabei, „Ich habe mir einige Gedanken dazu gemacht, aber selbst ich musste recherchieren, da dies nicht mein Fachgebiet ist!“ Sie erhob sich und drehte sich zu den älteren der beiden Uchiha-Brüder herum: „Ist ihnen bekannt, ob es in ihrer Familie Alzheimer gab!“ Itachi zuckte zusammen. Dies tat Naruto auch. Schließlich hatte er darüber seine Abschlussarbeit geschrieben, über die sie sich noch vor wenigen Augenblicken unterhalten hatten und nun stellte seine Großtante diesen Verdacht auf? Dies wäre sicherlich keine schöne Diagnose. Um ehrlich zu sein… für einen Mann in Sasukes Alter wäre sie katastrophal! „Soweit mir bekannt ist, gab es innerhalb meiner Familie keine solchen Fälle!“, kam die für Naruto doch schon erlösende Antwort vom Schwarzhaarigen. „Dann würde ich eine juvenile Form des Alzheimers ausschließen“, war daher sein ausgesprochener Gedanke und auch Tsunade nickte. „Ja, das würde ich auch!“ „Und was heißt das nun für Sasuke?“, warf Itachi ein und Naruto konnte sich denken, wie dieser sich fühlte. Schließlich lag sein Bruder einige Räume weiter und schien sich augenscheinlich an wirklich nichts mehr in seinem Leben zu erinnern. „Es könnte eine kurzzeitige Amnesie sein. Das ist meist der Fall nach solchen Unfällen und irgendwann wacht er morgens wieder auf und kann sich an alles erinnern!“, antwortete ihm daher Naruto im ruhigen und sachlichen Ton, „Allerdings besteht auch die Möglichkeit einer bleibenden Amnesie…“ Itachis Augen weiteten sich erschrocken: „Bitte?“ „Aber so schwarz wollen wir mal nicht sehen“, versuchte der Blonde diesen finsteren Gedanken gleich wieder auszumerzen, „Gehen wir nun einfach einmal davon aus, dass es eine Amnesie hervorgerufen durch ein Traumata ist!“ „Wie gehen wir dann mit ihm um, hn?“ „Ganz normal!“, antwortete Tsunade auf Deidaras Frage, „Wir dürfen jedoch nichts erzwingen! Sasuke soll sich von ganz allein wieder erinnern. Eine erzwungene Erinnerung, die zum Schock führt könnte alles nur noch verschlimmern und die erwünschten Erinnerungen ganz verdrängen!“ „Und was ist, wenn er Fragen zu seinem früheren Leben hat?“, Itachi schien irgendetwas zu beschäftigen, doch Naruto konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was das sein könnte. „Hm“, Tsunade tippte sich mehrmals nachdenklich ans Kinn, „Das ist schwierig. Wir wissen ja nicht, inwieweit die Frage, die er gestellt hat ihn bei der Verarbeitung des Traumas nützen oder behindern könnte. Am besten wäre es, wenn wir von vorne herein jegliche Fragen erst einmal ausweichend beantworten. Behandeln wir ihn ganz normal und vermeiden wir einfach Situationen, wo Fragen auftauchen könnten!“ „Er wird zweifelsohne Fragen haben! Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es einfach stillschweigend hinnimmt wirklich nichts mehr zu wissen!“, Kakashis Einwurf war berechtigt und auch Asuma nickte. „Es sind ja selbst die kleinsten Erinnerungen, die ihm fehlen! Er wusste nicht einmal, wer er ist oder das Itachi-san sein Bruder ist!“ Die Blondine seufzte laut hörbar auf: „Ich weiß, ich weiß! Lassen wir es doch erst einmal auf uns zukommen. Wir müssen als Nächstes dafür sorgen, ihn in Sicherheit zu bringen und der sicherste Ort in ganz Konoha ist die Namikaze-Villa!“ Niemand schien nun daraufhin etwas erwidern zu wollen aber dennoch sah man jeden in diesem Zimmer an, dass sie Fragen beschäftigten. „Neji?“ Der junge Assistenzarzt blickte auf und seine Vorgesetzte dadurch direkt an. „Du hast eine Ausbildung zum Rettungssanitäter abgeschlossen, nicht wahr?“ Neji bejahte die Frage Tsunades. „Ich habe zwei Fahrzeuge vorbereitet. Den ersten Wagen wirst du fahren. Falls unser Klinikum beschattet wird, wirst du bitte mit Blaulicht fahren. Asuma wird dich begleiten“, sie holte tief Luft, „In diesem Fahrzeug befinden sich alle medizinischen Gerätschaften sowie therapeutischen Mittel, die ihr während eures Aufenthaltes in der Villa braucht. So muss Sasuke Uchiha nicht für jede einzelne Untersuchung umständlich nach hier gebracht werden. Sasori und Deidara?“ Die beiden Angesprochenen zuckten ebenso zusammen und blickten synchron auf. „Eine halbe Stunde drauf verlasst ihr mit dem zweiten Rettungswagen das Klinikum und fahrt ebenfalls zur Villa. Ihr habt den Patienten sowie Naruto und Kakashi an Bord. Verstanden?“ Auch diese beiden nickten. Ebenfalls synchron und Naruto fand dieses Bild in irgendeiner Weise angenehm. Es wirkte auf ihn wie ein eingespieltes Team und wenn er zuvor Deidaras Versprecher richtig verstanden hatte, so waren die beiden wohl ein Paar. Das beruhigte den Blonden, denn nun war ja auch bekannt geworden, wer er wirklich war und welche sexuelle Ausrichtung er hatte und bisher war ihm noch nichts Negatives dazu entgegengeworfen worden. „Itachi?“ Überrascht, dass er nun auch eine Rolle in Tsunades Plan spielte legte er fragend den Kopf schief. „Vor einer halben Stunde hat sich Orochimaru Hebi, unser plastischer Chirurg, auf den Weg zu deinem Büro gemacht. Da ich ihn schon seit Kindertagen kenne hat er mein vollstes Vertrauen und ist ebenfalls eingeweiht. Daher wirst du dich nun ebenfalls zum Büro begeben. Wundere dich nicht, dass dort alles dunkel ist. Er hält sich dort bedeckt. Bei deiner Ankunft wirst du dort deinen Wagen in der Tiefgarage parken, deinen Schlüssel abgeben und den von Orochimarus Wagen entgegennehmen. Er wird dann nach weiteren 20 Minuten die Tiefgarage mit deinem Fahrzeug verlassen. Da ihr durch ähnliche Körperstatur und Frisur bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen kaum zu unterscheiden seid, dürfte dies die lästigen Paparazzi auf eine falsche Fährte locken und sie werden ihm zum Uchiha-Anwesen folgen. Du kannst dann mit Orochimarus Fahrzeug eine weitere halbe Stunde drauf ebenfalls zur Uzumaki-Villa kommen!“ So wie Itachi nun die Leiterin des Senyu-Klinikums ansah schien er genauso beeindruckt von diesem Plan zu sein wie es Naruto in diesem Moment war. So würde Itachi aus der Schusslinie der Fotografen kommen und hätte zudem noch die Möglichkeit, ebenfalls bei seinem Bruder zu sein. „Gibt es noch irgendwelche Fragen?“, Tsunades Augen blickten einen nach den anderen an, doch jeder nickte ihr nur verstehend zu und nun bildete sich endlich ein erleichterndes Lächeln auf ihren schmalen Lippen, „Nun… dann auf! Kein Wort zu irgendwem. Absolute Geheimhaltung. Schafft Uchiha über den Lastenaufzug zum Rettungsfahrzeug und ihr beide“, sie wies auf Neji und Asuma, „macht euch sofort auf den Weg!“ Sie schritt an Naruto vorbei und öffnete die Tür, was für alle Anwesenden das wirklich deutliche Zeichen zum Aufbruch darstellte und innerhalb weniger Sekunden war der kleine Raum leer und nichts deutete noch darauf hin, dass hier womöglich gerade über Leben oder Tod entschieden worden war. Ein dunkler Raum. Nicht so dunkel, dass man die Hand vor Augen nicht sehen konnte, aber auch keine angenehme Dunkelheit. Drückend. Still. Kühl. Der Mann, für seine eigentliche Position, die er beruflich bekleidete noch recht jung, atmete stockend ein und aus. Er mochte diese Gespräche nicht. Überhaupt nicht. Aber wer mochte es schon, Rechenschaft über etwas abzulegen, wo man wusste, dass man auf der ganzen Linie versagt hatte. Das man nun für die begangenen Fehler gerade stehen müsste. Wenn man wusste, dass der Vorgesetzte kein Versagen entschuldigte? „Sprich!“, donnerte es ihm entgegen und erneut spürte er die deutliche Bildung eines großen Klumpens im Hals. Die Stimme war dunkel. Rau. Herrisch. Aber irgendwie auch in all ihrer Dominanz sinnlich. Ein Privileg. Manch einer erkannte ihre Herkunft allein am Klang ihrer Stimme. Mühsam schluckte er. Der Mund war einfach zu trocken. Der Speichelfluss zu gering. Vermutlich aus Angst. Angst war wohl das richtige Wort. Er wusste, wie sein Gegenüber reagieren würde. Zitternd atmete er tief ein. Sein Körper nahm eine angespannte Haltung ein. Schultern zurück. Bauch rein. Kopf hoch. So, wie es ihm all die Jahre eingetrichtert worden war. „Vater, wir…“ „Nenn mich nicht so!“, schnauzte es vom anderen Zimmerende und er hätte sich am liebsten selbst dafür gegeißelt. Wie hatte er dies vergessen können? Er mochte es nicht, wenn man ihn respektlos ansprach. Er mochte es ganz und gar nicht. Gewiss, sein Gegenüber war sein Erzeuger, doch er hatte bisher noch nichts vollbracht, was seinen Vater mit dem nötigen Stolz erfüllen würde, die ein Vater nun einmal für seinen Sohn erbringen könnte. „Tut mir leid!“, hauchte er und senkte sein Haupt. Erneut ein Fehler. Er hatte zu leise gesprochen. Er hatte den Blickkontakt, der trotz dieser unangenehmen Dunkelheit sicherlich bestand auch wenn er es selbst nicht genau sagen konnte, unterbrochen. Er war so schwach. Er war eine Schande! „Ich meine… Verstanden!“ Er vernahm ein genervt klingendes Schnauben. Er sollte froh sein. Noch war wohl die Laune seines Gegenübers milde gestimmt. Vermutlich würde sich dies jeden Augenblick ändern. „Wir… wir konnten nichts weiter…“ „Ich möchte keine Ausflüchte mehr hören! Ich möchte Ergebnisse sehen!“, auch wenn diese Stimme ruhig klang, so spürte er das Brodeln in ihr. „Na… Natürlich!“ „Was ist mit dem kleinen Uchiha! Habt ihr ihn nun ausfindig gemacht oder nicht?“ „N… Nein, nicht wirklich! Wir sind allerdings…“ „Ich möchte es nicht hören! Was ist mit Itachi Uchiha?“ „Itachi Uchiha?“, er stockte, „Meinen Sie seine Beschattung?“ „Selbstverständlich, du Vollidiot! Ebenso seine Verfassung!“ „Er… er scheint bei bester Verfassung, Sir!“ Er hörte einen lauten Knall, der ihn zusammenfahren ließ. Vermutlich eine Faust, die auf Holz einschlug. Ein Tisch vielleicht? Er zitterte. Betete, dass es eine Faust auf einen Tisch war und nicht, wie sie oft, ein schlagbereiter Stock in einer ausholenden Hand. „Das deutet darauf hin, dass es dem Bengel gut zu gehen scheint!“, kam es nach einem kurzen Augenblick der bedrückenden Stille. „Wie…?“ „Würde es der Kakerlake schlecht gehen, würde Itachi Uchiha wohl sein Äußeres Bild kaum wahren können!“, brummte es fast schon erklärend, „Schließlich leidet er an übertriebener Bruderliebe!“ „Verstehe!“ „Das ist schön, dass du einmal was verstehst!“, der Unterton triefte förmlich vor Sarkasmus. Er schluckte. Nein, sein Vater empfand nicht ein bisschen Stolz für ihn. Vermutlich war er ihm vollkommen egal. Nicht nur vermutlich. Ganz sicherlich. Er hatte hier nur seinen Auftrag zu erfüllen und auch wenn dieser seiner eigentlichen Tätigkeit gänzlich widersprach, so war es seine Pflicht, als missratener Sohn, dem nachzukommen. „Wird er beschattet?“ „Rund um die Uhr, Sir! Aber er verlässt selten das Firmengelände. Er begibt sich wohl in Behandlung im Senyu-Klinikum. Zumindest dachten wir dies zunächst…“ „Was heißt hier: dachten?“ „Nun ja… anscheinend hat Itachi Uchiha eine Liaison mit einem dort angestellten Pfleger…“ Ein lautes Lachen schallte von den Wänden wider. Es war kein beruhigendes Lachen. Es war eines von der Sorte, die durch Mark und Bein gingen und ihm erneut einen Schauer über den Rücken jagte. „Einem Pfleger?“, die Betonung auf dem ‚m‘ war deutlich herauszuhören. „Hm, ja, Sir!“ „Weiter? Ich bezahle euch schließlich für Informationen!“ „Na… Natürlich! Also, der Name des Pflegers lautet Naruto Uzumaki, 23 Jahre alt und seit etwas mehr als sechs Monaten im Senyu-Klinikum angestellt als studentische Pflegekraft. Ebenso ist er an der Universität eingeschrieben und scheint sich dort selbst als beurlaubt gemeldet zu haben. Über familiäre Umstände ist nichts weiter bekannt beziehungsweise wurden alle Einträge… gelöscht in den Registern der Stadt!“ Erneut ein Brummen. Kein wütendes. Eher ein nachdenkliches. „Wieso sollte ein kleiner studentischer Pfleger sich die Mühe gegeben haben, sich aus den Registern nehmen zu lassen? Und vor allen Dingen… woher hatte er wohl die finanziellen Mittel?“, kam es schließlich leise aus einer anderen Ecke, als er vermutet hatte. Diese Fragen waren berechtigt. Hatte er sie sich doch schon selbst gestellt. „Also taucht im Endeffekt eine vollkommen fremde, neue Identität in Konoha auf kurz nach dem Unfall und dem Verschwinden des jüngsten Uchihas und geht mit dem bisher heterosexuellen Itachi Uchiha eine homosexuelle Beziehung ein. Reichlich seltsam, nicht wahr?“ „Ja, Sir!“ „Und das nehmen wir jetzt mal einfach so zur Kenntnis oder wie??“ „Natürlich nicht, Sir! Wir sind bereits dran!“ „Das will ich auch hoffen. Findet alles über diesen Uzumaki heraus! Ich will alles über ihn wissen. Ich will selbst über jeden seiner Toilettengänge unterrichtet werden und die Anzahl seiner Sommersprossen! ALLES! Verstanden?“ „Verstanden!“ „Bleibt ebenso weiterhin an Itachi dran! Einer von diesen beiden ‚Schwuchteln‘ wird einen Fehler machen und wenn es dann so weit ist, dann entsorgt ihr unser Problem so wie wir es bisher gehandhabt haben!“ „Jawohl!“ „Abtreten!“ Innerlich erleichtert, dass er diese Vorsprache unbeschadet überlebt hatte, spannte er ein letztes Mal für diesen Tag seinen Körper an, verbeugte sich und verließ rückwärtsgehend den dunklen, unheimlichen Raum im höchsten Gebäude Konohas. Doch er wusste, dass wenn er bei der nächsten Berichterstattung keine Erfolge vorweisen würde, er nicht so glimpflich davonkommen würde und dieser Gedanke schnürte ihm bereits die Kehle zu. Ein Aufheulen. Ein unheilvolles Knattern und dann ein Gurgeln, ehe dieses Geräusch mit einem Ruck erstarb. „Hast du nicht gesagt, du kannst so ein Ding fahren?“ „Kann ich auch, Sasori-no-danna! Wirklich, hn!“ „Und wieso stehen wir seit geschlagenen 15 Minuten immer noch in der Ausfahrt des Klinikums?“ „Weil ich auf Automatik gelernt habe, hn!“ „Das heißt?“ „Der hier hat Schaltung, hn!“, Deidaras Stimme hörte sich schon lange nicht mehr so selbstbewusst an, wie sie es eigentlich sonst immer war und Naruto wusste, dass der andere Blonde stets einen leichten Sprachfehler aufwies, wenn er nervös wurde. Allein wegen dieser Eigenart war Deidara sicherlich ein schlechter Lügner. „Das ist mir klar, Idiot! Darum habe ich ja auch gefragt, was das nun für uns heißt!“ „Ich könnte es jetzt… ähm… lernen, hn?“ Ein genervtes Brummen sowie ein dumpfer Schlag erfolgte aus dem Führerhaus des Rettungswagen und Naruto blickte besorgt aus dem hinteren Teil nach vorne. Sasori hatte nur mit der Faust auf das Armaturenbrett geschlagen. Erleichtert atmete Naruto aus. Er hätte zwar alles hier, doch eine Not-OP hätte er jetzt nicht durchführen wollen. Kakashi neben ihm hatte die Augen geschlossen und lauschte den aggressiven Klängen der hitzigen Diskussionen in der ersten Reihe. Hinter ihnen lag Sasuke Uchiha. Festgeschnallt auf einer Pritsche stierte er in den leeren Raum über sich und brannte vermutlich gerade mit seinem Blick Löcher in das Wagendach. „Man lernt nicht mal eben das gescheite Schalten mit dem Knüppel und Kuppeln, Dei! „Ich lerne schnell, Danna, das weißt du doch, hn!“ „Vergleich jetzt bitte nicht deine Qualitäten als Fahrer mit denen…“ „Oi oi oi… ich störe ungern einen Streit unter Liebenden, aber es gibt Dinge, die wollen wir nicht wissen!“, unterbrach sie Kakashi nun doch flötend und die beiden Streitenden verstummten augenblicklich. Es herrschte eine doch nun ungewohnte Stille, die dann mit dem gewisperten Kommentar: „Knüppel bleibt Knüppel, hn!“ Deidaras unterbrochen wurde. „Willst du damit sagen, ich hätte einen Knüppel in der Hose, oder was!“, giftete Sasori nun wieder um einiges lauter. „Wäre schlimm wenn nicht, hn!“ Wieder Stille. Anscheinend wusste Sasori darauf nichts mehr zu erwidern und das verwunderte Naruto nun doch. Kakashi nahm sich nun ein Buch aus seiner Kitteltasche. Der Blonde hatte sich schon gefragt, ob der Grauhaarige sein Buch vergessen hätte, aber dies war sicherlich etwas, was wirklich niemals vorkommen würde. Die Welt draußen könnte untergehen… der Hatake hätte immer sein ‚Icha Icha Paradise‘ dabei und würde es nicht aus der Hand legen! „Können wir dann jetzt los?“, grummelte er nur noch hinter seinem Mundschutz und es folgte ein: „Ja, bitte und dann ohne Gezeter!“ aus der letzten Reihe. Naruto fuhr herum. Bislang hatte der Uchiha die ganze Zeit noch kein Wort gesprochen. Nicht als sie in sein Zimmer gekommen waren, nicht als sie ihn umgebettet hatten und auch nicht, als sie ihn in einen wirklich unschönen Fahrstuhl geschoben hatten nachdem sie ihn hinter ausreichend Sichtschutzwänden versteckt durch die fast leeren Gänge ans andere Ende des Klinikums geschoben hatten. Er stellte keine Fragen. Er schwieg nur und schien mit sich und seinen Gedanken vollends beschäftigt. Sasori schnallte sich vom Beifahrersitz ab und erhob sich: „Rück rüber, Dei! Ich fahre!“ „Hast du überhaupt einen Führerschein, Akasuna?“, brummte Kakashi, schien sich aber weiterhin nur auf sein Buch zu konzentrieren. „Seit 10 Jahren, alter Mann!“, knurrte dieser unfreundlich zurück und diesmal konnte Naruto doch ein leichtes Zucken der Augenbraue beim Grauhaarigen ausmachen. Wenn diese gereizte Stimmung blieb, dann würde es sicherlich kein angenehmes miteinander wohnen und leben in den nächsten Wochen geben! Der Blonde schnallte sich nun ebenfalls ab. Er hatte zwar nun nicht vor zu fahren, auch wenn er das sicherlich könnte, sondern setzte sich auf den Klappstuhl, der an der Innenwand des Krankenwagens angebracht war und sich direkt neben Sasukes Pritsche befand. Sasuke drehte daraufhin seinen Kopf etwas zur Seite, um nun den Blonden dabei zu beobachten, wie sich dieser nun mit dem Anschnallgurt des Klappsitzes abmühte. „Ich denke nicht, dass wir heute noch irgendwo hinfahren werden“, die Stimme des jungen Uchihas klang irgendwie farblos und Naruto kam nicht umhin, in seiner Aktion inne zu halten. „Das klappt schon, echt jetzt!“ Sasukes Blick blieb. Heftete sich an ihn und schien sich erneut an ihn festzusaugen. Naruto wusste nicht, ob er dieses ständige Anstarren als unangenehm empfinden sollte oder sich geehrt fühlen dürfte. Schließlich starrte ihn hier nicht irgendwer an… sondern Sasuke Uchiha! Auch wenn dieser nicht einmal wusste, wer er wirklich war. Und Naruto war sich sicher, dass wenn der Schwarzhaarige es wüsste, dann würde ihn der andere keines Blickes mehr würdigen. Schließlich war er in den Augen des Uchihas immer noch der kleine Pfleger und auch wenn die anderen hier nun Bescheid wussten, so wollte Naruto es aus irgendeinem Grund immer noch nicht, dass es Sasuke wusste. Er wollte den Respekt des Schwarzhaarigen auch so erlangen… als der kleine Pfleger und nicht als der Arzt, der aus seinem Gehirn wieder eine brauchbare, allerdings auch vergessliche Masse gemacht hatte. Der Motor heulte erneut laut auf, erstarb aber dieses Mal nicht. Im Gegenteil. Das Gefährt ruckelte zwar noch etwas ungewöhnlich, schien sich aber in Gang gesetzt zu haben. „Hurra!“, jauchzte Naruto lauter und erntete ein „Klappe in der letzten Reihe!“ von Sasori sowie ein „Tzz!“ von Sasuke, wobei er beim Letzteren ein eindeutiges Schmunzeln auf den Lippen erkennen konnte. Naruto mochte dieses dezente Lächeln des Schwarzhaarigen. Es stand ihm unheimlich gut! Natürlich würde er sich über ein herzliches Lachen seitens Sasuke noch mehr freuen, aber er wollte nun einmal nicht zu fordernd sein. Schließlich hatte Sasuke einen anstrengenden ersten Tag hinter sich gebracht. Kaum war er aufgewacht hatten ihn Asuma, Tsunade und Shizune unter strengen Vorsichtsmaßnahmen zunächst in den Kernspin, dann zum Röntgen und zum Schluss zum Blutabnehmen geschleift. Da sein Körper noch immer nicht so ganz dem Willen des Schwarzhaarigen gehorchen wollte hatte er auch keinerlei Möglichkeiten zur Flucht gehabt und alles über sich ergehen lassen. Und als sie ihn eben abgeholt hatten, da hatten sie ihn wecken müssen. Anscheinend mochte der Uchiha es nicht sonderlich, wenn man ihn weckte. Ein erneutes Ruckeln riss Naruto aus seinen Gedanken. Diesmal war es jedoch nur ein Schlagloch auf den stellenweise sehr alten Straßen Konohas, welches Sasori, der nun am Steuer saß, wohl zu schnell genommen hatte und nicht das drohende Absterben eines geschundenen Motors. Der durchbohrende Blick Sasukes lag noch immer auf Naruto und irgendwie wurde ihm das nun doch recht unangenehm. Wenn der Uchiha wenigstens mit ihm reden würde… aber das tat er nicht. Er starrte ihn nun genauso intensiv an wie zuvor die Rettungswagendecke. Naruto blickte schnell zur Frontscheibe. Die Dunkelheit draußen verschluckte alles und er konnte nur anhand des Scheinwerferlichtes ungefähr erkennen, wo sie sich gerade befanden. Er drehte sich wieder herum zu seinen Patienten und erwiderte den Blick in die tiefschwarzen, doch irgendwie leer wirkenden Augen: „Wir sind bald da!“, versuchte er nun doch, die Stille zwischen ihnen zu durchbrechen. Doch so einfach schien es ihm der Bastard nicht machen zu wollen, denn er antwortete nicht. „Dein Zimmer ist zwar nicht so luxuriös ausgestattet wie das im Krankenhaus, aber ich habe dir mein eigenes vorbereitet und…“ „Lebst du dort alleine?“, unterbrach er ihn nun doch und auf Narutos Lippen bildete sich ein leichtes Grinsen aus. „Mittlerweile ja. Meine Schwester lebt in Tokyo und bis auf meine Tante und meinen Paten habe ich sonst keine Familie mehr!“ „Hm!“, kurz schweiften die Augen des Uchihas ab, doch bald traf sich der Blick wieder, „Wenigstens kannst du dich an deine Familie erinnern!“ Naruto konnte sich vorstellen, wie sich der Schwarzhaarige fühlte. Es musste schlimm sein, sich wirklich an rein gar nichts erinnern zu können. Weder wie man hieß, noch was man getan hatte oder mochte. Wer zu den Freunden und wer zur Familie gehörte und vor wem man sich vielleicht in Acht nehmen sollte. Gerade letzteres wäre doch jetzt wichtig zu erfahren. Denn derjenige, der es auf Sasukes Leben abgesehen hatte, hatte ganz bestimmt viel Geld im Hintergrund und solche Leute hatten dann auch meist mehr wie einen Helfer. Vielleicht war es nicht nur ein Killer, der Sasuke bedrohte! Vielleicht waren sogar mehrere Attentäter auf ihn angesetzt! Wer wusste das schon? Und dies auf risikoreiche Art und Weise herauszufinden hatte Naruto eigentlich nicht vor! Er hatte nicht Ewigkeiten in einem OP gestanden und sein Leben gerettet um es dann zu riskieren, nur um einen oder mehrere Killer zu schnappen! „Ich kann dir bestätigen, dass Itachi wirklich dein Bruder ist!“, versuchte er mit fester Stimme den Uchiha zu trösten. Den mitleidigen Ton, der beinahe mitgeschwungen wäre, unterdrückte er. Er hielt den Schwarzhaarigen nicht für einen Menschen, der auf so etwas Wert legte und verärgern wollte er ihn nun wirklich nicht. Schließlich fühlte er sich weiterhin auf unnatürlich intensive Art und Weise von Sasuke angezogen und wollte ihm nun nach und nach näher kommen. Sicherlich war er sich bewusst, dass er dem offensichtlich heterosexuellen Sasuke niemals so nahe kommen würde, wie er sich das wohl innerlich sehnlichst wünschte, doch vielleicht konnte er eine Freundschaft zu ihm aufbauen, die ihm erlaubte, sich ab und an wenigstens in seiner Nähe aufhalten zu dürfen. „Mag sein, dass er das ist!“, wisperte Sasuke und schloss kurz seine Augen. Ein Bild was Naruto vertraut war und ihm etwas Sicherheit gab im Umgang mit dem anderen. Schließlich hatte er Sasuke bislang nur mit geschlossenen Augen gesehen und diese tiefschwarzen Seen irritierten ihn immer noch etwas. „Versteh das nun nicht falsch, Dobe!“, die Augen öffneten sich wieder, „Ich meine… also… als Anmache oder so… aber… kennen wir uns? Ich meine von früher oder so?“ „Wie kommst du darauf?“, Naruto begriff erst nachdem er es gesagt hatte, dass er seine gedachte Frage wohl ausgesprochen hatte. Sasuke drehte sein Gesicht von ihm weg und fixierte wieder die Decke: „Keine Ahnung! Irgendwie ist da…“, er stoppte mitten im Satz und er machte auch nicht den Anschein, dass er diesen beenden würde. Wieder legte sich diese seltsame Stille zwischen sie und nur die Motorengeräusche sowie das umblättern der Seiten von Kakashis Buch waren noch zu hören. Naruto fragte sich, inwieweit sich ein Patient an Dinge erinnern konnte, die er eigentlich im bewusstlosen Zustand erlebt hatte. Er dachte an die OP und an die Stunden danach, als er noch im Städtischen Klinikum an Sasukes Bett gewacht hatte, bis man ihn gezwungen hatte, seine Seite zu verlassen. Und auch wenn Tsunade ihnen gesagt hatte, sie sollten ihn nicht darauf ansprechen, so kam er nicht umhin, ihm nun doch etwas von der Vergangenheit des Uchihas preiszugeben, von der er etwas wusste: „Vielleicht liegt es an meiner Schwester!“, flüsterte er kaum hörbar und dennoch schien ihn der Uchiha verstanden zu haben, da er ihn wieder anblickte. „Nun ja“, begann er vorsichtig, da er das fragende Anheben der Augenbraue des Schwarzhaarigen bemerkt hatte, „Meine Schwester ist Moderatorin von einem Boulevardmagazin, in dem du oft erwähnt und interviewt worden bist und heißt Karin Uzumaki. Wir sehen uns echt nicht ähnlich oder so… also ich komme wohl mehr nach meinem Vater und sie wohl nach unserer Mutter, aber vielleicht wegen dem Nachnamen und so!“, er war mit jedem Wort leiser geworden, da er nun selbst merkte, wie unwahrscheinlich doch diese Theorie klang. „Vielleicht“, antwortete Sasuke, „Ich weiß es nicht und ich denke auch nicht, dass ich es in der nächsten Zeit in Erfahrung bringen könnte!“ Irgendwie tat ihm Sasuke nun wahnsinnig leid. Ahnungslos und zurzeit bewegungsunfähig. Zudem angewiesen auf die Hilfe vollkommen Fremder und mit dem Wissen, dass da irgendwo ein Verrückter nach seinem Leben trachtete… auch wenn im Fernsehen stets darüber berichtet wurde, was für ein beneidenswertes Leben die Uchiha-Brüder wohl hatten… tauschen wollte er sicherlich mit keinem von den Beiden! Der Wagen hielt so abrupt an, dass es Naruto schmerzhaft in den Anschnallgurt presste und er laut keuchte. Auch Sasuke wurde in die ruckelnde Pritsche gedrückt und Naruto war froh darüber, dass Kakashi die Liege besonders fest gezurrt hatte. „Sorry!“, flötete es weniger entschuldigend klingend vom Fahrersitz, „Wir sind da! Zumindest sagt dass das Navi!“ Naruto starrte wieder aus dem Fenster und erkannte das riesige Eingangstor des unüberschaubar großen Senyu Anwesen. Nun musste er sich doch abschnallen, da er aufstehen musste. Schnell fand er in seiner Hosentasche den Schlüsselbund, an dem sich ein Sensorchip befand und reichte ihn Sasori. Dieser nahm ihn entgegen und ließ die Seitenscheibe herunterfahren. Er hatte genau auf Höhe eines kleineren Terminals gehalten und hielt nun den Sensorchip genau in das grellrot aufleuchtende Infrarotlicht des Scanners. Es piepste einmal leise und sogleich öffnete sich mit einem fast schon unheimlichen Quietschen das riesige Tor zu beiden Seiten. „Wow! Echt imponierend, hn!“ Sasori war nun wesentlich sanfter angefahren und so reichte es Naruto, sich an den Sitzen der ersten Reihe festzuhalten. Nach einigen Minuten des schweigsamen Geradeausfahrens hielt Sasori an einer Gabelung und folgte dem leisen Hinweis Narutos, das er sich nun zweimal links halten müsse, um das Namikaze-Anwesen zu erreichen. Kakashi kannte sich auf diesem Gelände bereits aus und ließ sich daher nicht in seiner Lektüre stören, doch Deidara schien jeden einzelnen Baum und jeden Weidezaun, der im Licht der Scheinwerfer sichtbar wurde, benennen zu müssen. „Das ist ja fast eine kleine Stadt in der Stadt!“, murmelte der Fitnesstherapeut erstaunt, nachdem sie bereits am Gestüt und auch an einigen Häusern vorbeigefahren waren, in welchen nach Narutos letztem Wissensstand nur die Angestellten und deren Familien wohnten. Er kannte nicht alle, die hier arbeiteten. Damals, als er hier wirklich seinen Lebensmittelpunkt hatte, waren selbst die Förster, Hausmeister und die Damen des Reinigungspersonals für ihn wie eine große Familie gewesen, doch mittlerweile… Viele waren nicht mehr da. Hatten aus Altersgründen aufgehört oder sich andere Stellen gesucht. Das lag sicherlich nicht an der Bezahlung. Tsunade bezahlte ausgesprochen gut. Ebenso hatten sie hier alle kostenloses Wohnen in wunderschönen Häusern und die Sicherheit der schützenden Mauern um dieses Areal… aber das war es vermutlich auch. Hier lebte man irgendwie auch abgeschnitten von der Außenwelt. Man kam sich vor wie in einem Dorf fernab jeder Zivilisation und dabei lag diese doch direkt hinter der Mauer. Erneut hielt der Wagen. Direkt hinter einem weiteren Fahrzeug, an dem ein Mann mittleren Alters an der Rückseite lehnte und genüsslich an seiner Zigarette zog. „Ihr seid spät!“, rief ihnen Asuma sogleich entgegen, als sie die Wagentüre öffneten und nach und nach ausstiegen. „Motorenprobleme, hn!“, lachte Deidara und hüpfte auf den Haupteingang des riesigen weißen Massivbaus zu. „Eher Motorik- und Intelligenzprobleme!“, grummelte Sasori im Vorbeigehen an den Kettenraucher gewandt und folgte dem neugierigen Blonden. Asuma lachte. Er fand es doch recht interessant, in den nächsten Tagen mit diesem bunt zusammen gewürfelten Haufen zusammen zu leben. „Dann wollen wir mal den Patienten ins Haus schaffen, ja?“, rief er den beiden Verbliebenen zu und klatschte in die Hände. „Wo ist Neji?“, Naruto blickte sich suchend um, konnte den Assistenzarzt jedoch in der riesigen Einfahrt seines Hauses nirgends entdecken. „Wir haben bereits das ganze Equipment ins Haus gebracht und er schließt es an!“, antwortete ihm Asuma, während er die hintere Wagentür öffnete und mit einem galanten Sprung im Fahrzeuginneren verschwand. Kakashi klappte derweil sein Buch zu und tat es seinem Kollegen nach, während Naruto außerhalb wartete, bis die beiden Männer die Anschnallgurte der Liege gelöst hatten und nun die Pritsche mit Sasuke darauf vorsichtig auf ihn zu schoben. Der Blonde schnappte sich die Tragegriffe der Liege und langsam schoben sie den Schwarzhaarigen an die frische Luft. Das war das erste Mal seit seinem Unfall, dass er frische Luft einatmete und Naruto beobachtete fasziniert, wie der Uchiha mit einem fast seligen Lächeln in den Sternenhimmel aufsah und tief Luft holte. Als sie ihn am Klinikum in das Fahrzeug verladen hatten, hatten sie dies nicht gekonnt, denn sie hatten sich vor neugierigen Blicken schützend in der Großraumgarage aufhalten müssen. Hinter Naruto kam mit heulendem Motor ein Fahrzeug zum Stehen und als Naruto sicher war, dass die Pritsche standfest im Kies der Einfahrt stand, drehte er sich herum und erkannte den mit schwarzen Scheiben getönten dunkelgrauen Range Rover von Orochimaru. Doch erwartungsgemäß stieg Itachi Uchiha aus. Es hatte also alles ganz genau nach Plan geklappt! „Tsunade hatte Recht!“, begann Itachi sogleich, als er neben Naruto und dem liegenden Sasuke zum Stehen kam, „Ich konnte aus dem Fenster sehen, wie mehrere Fahrzeuge Orochimaru in meinem Fahrzeug gefolgt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles nur Paparazzi waren und hoffe, Orochimaru ist sich wirklich im Klaren darüber, das auch die Situation für ihn gefährlich werden könnte als mein Doppelgänger!“ Kakashi, der gerade mit Asuma zusammen wieder aus dem Rettungswagen sprang und Naruto lachten laut auf. „Mach dir um Onkel Oro keine Sorgen!“, entgegnete der Blonde und winkte mit der Hand ab, „Kein Killer dieser Welt legt sich mit ihm an!“ „Orochimaru hat manchmal eine wirklich unheimliche Präsenz!“ „Da gefriert einem das Blut in den Adern!“, unterstrich Asuma Kakashis Aussage. „Also mir kam er ganz normal vor!“, Itachi kratzte sich nachdenklich am Kopf, „Okay… ein bisschen seltsam hat er mich schon angesehen, aber ansonsten…“ Kakashi zog erneut sein Buch wieder aus der Kitteltasche und machte sich nun auch auf den Weg ins Innere des Hauses: „Pass auf deinen Hintern auf, Itachi-san! Jetzt wo er weiß, dass es dich gibt, wird er dich haben wollen!“, und schon war der Grauhaarige verschwunden. „Bitte… was?!“, Itachis gleichermaßen verwirrtes wie auch besorgtes Gesicht drehte sich schnell zu Naruto, der jedoch weiterhin lachte: „Keine Sorge! Kakashi spinnt wieder rum! He he!“ Aber das dieser Asuma nun auch mit einem Dauergrinsen die Feststellbremse der Pritsche löste und Sasuke nun zum Haus schob, schien Itachi irgendwie an der Aussage Narutos zweifeln zu lassen und die von Kakashi hingegen glaubhaft erscheinen. Asuma war bereits mit Sasuke im Eingang verschwunden, da hielt Itachi Naruto an der Schulter zurück. „Also habe ich es mir während der Besprechung doch nicht eingebildet… dir liegt was auf dem Herzen, hab ich Recht?“ „Ja!“, antwortete der Langhaarige und sein Blick war so eindringlich, dass sich Naruto sogleich an Sasuke erinnert fühlte. Die Brüder hatten doch einige Gemeinsamkeiten! „Gut… dann sag es mir doch! Vielleicht kann ich es ja aufklären!“, nun legte er auch Itachi beruhigend eine Hand auf die Schulter, um diesen zu verdeutlichen, dass er ihm zuhören würde und dieses Gespräch ganz bestimmt unter ihnen bleiben würde. „Sasuke hat mich heute Mittag, nachdem ihr alle gegangen ward, etwas gefragt und ich bin mir nach diesem Gespräch mit Tsunade nicht sicher, ob ich richtig gehandelt habe, Naruto!“ „Willst du mir sagen, was er dich gefragt hat?“, Naruto hatte beim besten Willen keine Idee, was das für eine Frage gewesen sein könnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Sasuke ja auch gerade erst seinen eigenen Namen erfahren und das er einen Bruder hatte… was sollte es da schon direkt zu Anfang für eine Frage geben, die Itachi so sehr im Nachhinein beschäftigte? „Er hat mich gefragt, ob er schwul ist!“ WUMM. Okay. Damit hatte Naruto wirklich nicht gerechnet. Warum hatte Sasuke dies zu diesem Zeitpunkt wissen wollen? Oh Jashin! Naruto kam ein schlimmer Verdacht… Hatte der jüngere Uchiha etwa diese ganze Kathetergeschichte mitbekommen? War Sasuke etwa bereits da schon wach gewesen? Hatte er etwa mitbekommen, wie er beim Anblick seines Schwanzes Nasenbluten bekommen hatte? Wie er gezittert hatte? So sehr gezittert hatte, dass der Uchiha in seiner Hand abspritzte? Naruto spürte schlagartig eine ungeheure Hitze in sich aufsteigen. Hatte Sasuke deswegen eben gefragt gehabt, ob sie sich vielleicht schon ‚länger‘ kannten? Hatte Sasuke da nur versucht, ihn darauf hin zu weisen, dass er wusste, was geschehen war? Naruto wollte am Liebsten noch im Kiesbett seiner Einfahrt versinken. Wie sollte er jemals wieder in Sasukes wunderschöne Augen blicken können? „Naruto?“, riss ihn Itachis Stimme wieder zurück in die brutale Realität und er starrte erschrocken zu dem Älteren. „Ja?“ „Hast du mich verstanden?“ „Hm, ja! Und was hast du ihm geantwortet?“ Andererseits könnte es ja auch nur eine ganz normale Frage gewesen sein. Vielleicht hatte Sasuke zu diesem Zeitpunkt ja auch eine Erinnerung an irgendeine Gegebenheit vor den Unfall die in irgendeiner Weise mit seiner sexuellen Ausrichtung zu tun hatte? Moment!! Sasuke hatte sich selbst gefragt, ob er vielleicht schwul sein könnte? Hieß das etwa… hieß das etwa… Ja, was hieß das nun? „Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm das nicht so genau beantworten könnte. Ich muss ehrlich sein, dass dies sogar der Wahrheit entspricht. Er hat sich noch nie sonderlich für Frauen interessiert. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass er eine regelrechte Abneigung gegen das andere Geschlecht hat, was natürlich auch dadurch vorgerufen worden sein kann durch diese penetrante Dauerverfolgung mancher Fangirls. Da verliert man schon einmal die Lust. Ich muss aber auch gestehen, dass ich niemals mitbekommen habe, dass er eine Beziehung gehabt hätte. Weder mit einer Frau noch mit einem Mann und irgendwie beschäftigt mich das. Es macht mich auch traurig, dass ich es nicht weiß. Ich weiß, dass er nur wenige sehr enge Freunde hat. Einmal diesen Suigetsu und einmal Juugo. Vielleicht wissen sie mehr. Zudem bin ich mir bei diesen Beiden wirklich sicher, dass es nur Freunde von Sasuke sind… denkst du, ich sollte sie fragen?“ Naruto stockte. Er hatte Itachi, der sonst wirklich mehr der Schweigsame von ihnen beiden war, noch nie so viel an einem Stück reden hören. Er hatte sich wirklich Gedanken darüber gemacht! „Wie hat Sasuke auf diese Antwort reagiert?“, fragte er stattdessen und Itachi seufzte laut auf. „Er schien nicht wirklich zufrieden zu sein mit der Antwort, was ich ja auch irgendwo verstehen kann. Schließlich hat ihm dies ja kein bisschen weitergebracht!“ Itachi räusperte sich und Naruto wusste, dass der Schwarzhaarige sich noch nicht alles von der Seele geredet hatte. „Halt dich nicht zurück, Itachi! Ich kann mir schon denken, was du wissen möchtest!“, das leichte Grinsen auf Narutos Lippen nahm das seltsam angespannte Gefühl von Itachis Schultern und auch ihm gelang ein sanftes Lächeln. „Du bist… also schwul, ja?“ „Ja, bin ich!“ „Ich hoffe, die Sache in der Kantine war dir…“ „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Itachi! Es war mir nicht unangenehm und ich habe auch nichts falsch verstanden!“, Naruto musste sogar leise lachen. Anscheinend hatte sich der Ältere wirklich darüber den Kopf zerbrochen, wie er den Kuss auf die Wange und das erlogene Statement, dass sie beide miteinander liiert wären vor der halben Krankenhausbelegschaft… sicherlich wusste in der Zwischenzeit die ganze Belegschaft Bescheid…aufgefasst haben könnte. „Ich bin schwul, ja, und das nicht erst seit gestern. Ich verliebe mich nicht auf den ersten Blick“, dabei wusste er doch selbst, dass er diese Aussage so nicht stehen lassen konnte… schließlich war ihm nun Sasuke Uchiha begegnet, „und ich habe auch gelernt, mit Zurückweisungen umgehen zu können!“ „Da bin ich aber erleichtert!“, und auch wenn Itachi das so gesagt hatte, so überzeugte ihn seine Mimik nicht. Sie schritten nun ebenfalls langsam auf den Eingang zu, denn schließlich sollte sich Naruto nun als der Hausherr auch um seine neuen Mitbewohner kümmern und nicht nur in der Einfahrt herumstehen. „Naruto?“ „Hm?“, seine Hand lag bereits auf der Türklinke, doch der fragende Ton bei der Aussprache seines Namens ließ ihn zögern. „Könntest du mir… ich meine… mit deiner Erfahrung als Schwuler… helfen Sasuke eine Antwort auf seine Frage zu geben?“ Sein Kopf fuhr herum und starrte in die bittenden Augen Itachis. Er sollte was? Aber… aber… „Aber wie soll ich denn das machen?“ Es war ja reizend, dass Itachi ihm viel Erfahrung nachsagte, aber dem war ja eigentlich nicht so. Er hatte eine längere Beziehung mit Sai gehabt, vielleicht eine Handvoll One-Night-Stands… wenn es hoch kam… aber Erfahrung sah doch da sicherlich anders aus!? „Ich habe keine Ahnung!“, Itachi legte seine Hand auf die von Naruto und drückte die Klinke nach unten, so dass sich die Türe öffnete und ihnen sogleich das Stimmengewirr der anderen entgegenkam, „Vielleicht machst du ihn einfach mal an oder so!“ Oder so…??? Naruto schluckte und blieb noch auf der Stelle stehen, während Itachi an ihm vorbei ins Innere des Hauses schritt. War das hier wirklich wahr? Hatte Naruto soeben einen Freibrief von Itachi Uchiha bekommen, seinen jüngeren Bruder anzumachen? Diesen vielleicht zu verführen? Das konnte doch nur ein Scherz sein… Oder? Oder wäre dies eine unglaubliche Möglichkeit? Er schluckte und schloss die Türe hinter sich. Kapitel 6: LUFTNOT ------------------ Rezept 6 LUFTNOT Er stöhnte auf und fuhr mit seiner Hand langsam von der Stirn her nach hinten durch sein kurzes schwarzes Jahr. Deutlich spürte er, dass er dringend eine Dusche bräuchte, oder wenigstens ein Trockenshampoo, wenn es ihm schon nicht vergönnt war, nach Hause zu fahren um sich endlich einmal zu entspannen. Er hatte das Gefühl von einer schmierigen Masse auf seiner Hand… körpereigenes Fett, Talk und sicherlich auch unendlich viel Haargel, welches in den letzten Tagen und Nächten die mangelnde Hygiene übertünchen sollte. Angewidert rieb er seine Hand an der dunkelblauen Hose ab. Dort würde der Fleck sicherlich nicht auffallen. Ebenso lange wie das fehlende Wasser auf seiner Haut hatte er bereits auch keine Möglichkeit gehabt, sich seiner Kleidung zu entledigen und in Frische hineinzuschlüpfen. Er brauchte so dringend eine Pause von all dem hier. Diese stand ihm aber nicht zu. Er brauchte so dringend einen Moment für sich. Auch das wäre nicht gestattet. Entspannung… nur einen Wimpernschlag lang! Aber Entspannung stand ihm nicht zu. Nicht ihm. In den letzten sechs Monaten nicht und eigentlich auch schon nicht seit dem Moment, wo er es gewagt hatte, das Licht der Welt zu erblicken. Sein Blick huschte über seinen eindeutig zu beladenen Arbeitsplatz. Unendlich viele Ermittlungen blieben von ihm mittlerweile ungeachtet liegen. Stagnierten. Stagnierten wie seine Lust auf diesen Job. Obwohl… Lust hatte er bei seiner Arbeit noch nie empfunden. Zoowärter, Altenpfleger, Müllmann… alles wäre in seinen Augen besser als dieser Mist, mit dem er sich seit Jahren herumplagen musste und dennoch hatte er nie die große Auswahl gehabt. Sein Blick blieb an einem kleinen, unscheinbaren Bilderrahmen hängen. Das feine Silber war bereits angelaufen. Auch dieser brauchte Pflege. Schrie förmlich danach und dennoch schenkte man ihm und seinem Inhalt viel zu wenig Beachtung. Dennoch rang er sich nun bei der Betrachtung der abgebildeten Personen ein leichtes Schmunzeln ab. Drei Personen strahlten ihm entgegen. So losgelöst von allem. So nichtsahnend, wie beschissen hart und unfair diese Welt doch sein konnte. Wie lange war es her gewesen, als dieses Bild entstanden war? Es war zu einer Zeit gewesen, als er noch die Oberschule besuchte. Als bei ihm zu Hause die Welt eigentlich noch in Ordnung war… dachte er zumindest… damals. Es mussten weit mehr als zehn Jahre sein, die zwischen damals und dem Heute lagen und dennoch fühlte er sich, als sei es ein anderes Leben gewesen. Seine beiden besten Freunde und er. Damals hatte er noch unbedingt Tiermedizin studieren wollen. Doch kaum hatte er die Schule mit Ach und Krach beendet, hatte ihn sein Vater zur Polizeiakademie geschickt. Er hatte protestiert. Geschrien und geschmollt. Gebracht hatte es ihm nichts. Fast nichts. Die Brandnarben auf seiner rechten Gesichtshälfte erinnerten ihn heute nach daran, wie ihn sein Vater mit dem heißen Teekessel schlug, nachdem man ihn nach einem missglückten Ausreißversuch wieder nach Hause schleppte. Sein Vater hatte sich für diese Gräueltat nie bei ihm entschuldigt. Er sah diese als gerechtfertigt an. Sein Sohn war verweichlicht und hatte zudem Befehle missachtet. Befehle. Wie er es hasste. Sein Leben bestand nur noch aus Befehlen. War es überhaupt noch ein Leben? Denn als Sohn wurde er schon lange nicht mehr gesehen. Eher als Leibeigener. Als Lakai. Als Sklave. Als derjenige, der den Dreck wegmachte… gewissermaßen war er somit doch eigentlich ein Müllmann. Der Müllmann seines Clans. Eines Clans, aus dem es, zumindest lebendig, kein Entkommen gab. „Oi, Uchiha!“, eine Stimme, die viel zu gut gelaunt klang für seinen bisher beschissen verlaufenen Arbeitstag näherte sich seinem Schreibtisch an. Er blickte nicht hoch. Sah nur den Schatten, den der Ankömmling auf seine unzähligen Unterlagen auf seinem Tisch warf und die überhebliche Körperhaltung. Er war es gewöhnt. Er war hier der Sohn vom Chef. Man mied ihn. Man hasste ihn. Man wollte mit dem Spitzel, so nannten sie ihn oft hinter vorgehaltener Hand, nichts zu tun haben. Denn das was man ihm sagte, würde sicherlich an den Vater, dem Polizeipräsidenten, herangetragen werden und dann war es das mit dem gut bezahlten Job. Dabei legte er keinen Wert darauf irgendwelche zehntrangingen privaten Informationen an seinen Vater heranzutragen. Was hätte er davon? Vielleicht nur noch mehr Arbeit wenn es denn den alten Herrn wirklich interessierte, was in seiner Gefolgschaft so vor sich ging. Aber das tat es ja noch nicht einmal. Madara Uchiha interessierte sich nur für eines: Die Führung des Clans in seinen Händen zu halten. Das Familienimperium zu leiten und sich in dem Ruhm der vorangegangenen Generationen zu sonnen. Doch das konnte er nicht. Er war damals nur der Zweitgeborene gewesen. Der ewige Zweite. Fukaku Uchiha erbte die Firma, Madara Uchiha die damals noch durch und durch privatisierte Polizeiwache und Izuna Uchiha die Kanzleien. Nach kurzer und schwerer Krankheit war auch Izuna verstorben. Das war vor ungefähr 12 Jahren gewesen. Und Izuna hatte ausnahmslos alles Fukaku vermacht. Ab diesem Tag hatte Obito Uchiha gelernt, dass die Hölle kein Ort war, an dem die Sünder nach ihren Tod hinkamen. Die Hölle befand sich hier. Hier auf Erden. „Was willst du, Schmierfink?“, brummte er ohne seinen Blick von den eigentlich uninteressanten Unterlagen vor sich zu erheben. „Trotz zwei Kannen Kaffee eine liebliche Laune am Morgen wie eine kleine Prinzessin im rosa Tütü!“, lachte sein ungewollter Gesprächspartner und schaffte es mit diesem beleidigendem Kommentar, dass Obito Uchiha nun doch den Kopf leicht anhob um in die violetten Augen des Paparazzi zu starren. Er hasste diesen Kerl. Zwar bei weitem nicht so wie den Mann, der nun acht Stockwerke über seinem saß, aber dennoch… für ihn war es eine Zumutung gewesen, als man den Weißhaarigen vor einem guten halben Jahr an seine Seite befehligte. „Der Boss“, damit meinte Hidan wohl den Polizeipräsidenten, „Hat mir gesagt, du hättest einen Auftrag für mich!“ Der Gesichtsausdruck hatte sich während dieses Blickkontakts komplett geändert. Obito wäre sicherlich über diese Wandlung überrascht gewesen, wenn er denn den Weißhaarigen nicht schon länger kennen würde. Und Obito war sich auch sicher, dass er in einem anderen Leben auch niemals Kontakt mit solchen Menschen wie Hidan suchen würde. Der Typ war schmieriger als er nach acht Tagen ohne Dusche, gerissener als ein Rudel ausgehungerter Löwen und absolut nicht zu unterschätzen. Denn Hidan war alles, nur kein drittklassiger Paparazzi, wie er der Welt gerne vorgaukelte. Wo genau sein Vater diesen Kerl aufgegabelt hatte, war Obito nicht bekannt und um ehrlich zu sein wollte er es auch gar nicht wissen… denn es musste ein wahrlich schrecklicher Ort sein. Doch er selbst war in der Hölle großgeworden und konnte mit diesem Pack umgehen. Er fürchtete sie nicht. Eher die Menschen draußen auf der Straße, deren Lächeln er nicht deuten konnte. Oder seine Kollegen hier, die hinter seinem Rücken tuschelten oder ihn auch mitunter sogar recht offen schnitten oder meideten. Bei Hidan wusste er genau, wie er diesen anzufassen hatte… und allein diese Tatsache störte ihn. Er wollte es nicht wissen. Er wollte nicht wissen, wie man mit Menschen dieser Art umging, weil es nicht normal war. Und Obito wollte normal sein. Ein normales Leben führen. Doch dies blieb ihm seit 10 Jahren verwehrt und würde es auch sicherlich weiterhin bleiben. Obito griff widerwillig in eine Schublade und holte einen kleinen Zettel heraus: „Hier“, und reichte ihn Hidan, „Diese zwei Personen behindern unsere Ermittlungen. Übliche Vorgehensweise. Wir brauchen nur die Informationen, mehr nicht. Was du dann mit ihnen machst ist uns egal. Wenn du erwischt wirst…“ „Werde ich nicht!“, lachte der Stehende mit diabolischem Grinsen und riss ihm förmlich den Zettel aus den Fingern. „Ich zitiere hier nur den Boss, ja!“, schnauzte Obito sogleich genervt zurück, „Wir haben uns nie gesehen!“ „Sicher, Babe! Du träumst doch von mir!“, Hidan drehte sich bereits herum und hob die Hand zum Abschiedsgruß, „Und dusch mal! Du stinkst!“ „Arschloch!“, zischte er leise und widmete sich wieder seinen Unterlagen. Er musste wenigstens heute dafür sorgen, dass es so aussah, dass er sich auch mit den herkömmlichen Fällen beschäftigte. Es brauchte ihn zwar nicht zu interessieren, was seine Kollegen über ihn dachten, aber er wollte sich bei alldem nicht nachsagen lassen, er täte nichts weil er der Sohn des Präsidenten war… Wenn seine Kollegen nur wüssten, dass er der Grund war, dass sie viel mehr Arbeit als sonst in dieser friedlichen Stadt hatten und er ihnen somit die Arbeitsplätze sicherte, dann würden sie ihm sicherlich anders begegnen… Aber dem war nun mal nicht so… er war hier nur der Müllmann. Und innerlich wünschte er sich, er wäre wirklich einer. Was sollte man mit einem Leben anfangen, in welchem man nicht wusste, wer man war. Wo einem auch niemand sagen konnte, wer man war. Und weswegen man sich auch fragen musste, warum einem das niemand sagen konnte. Wer war man gewesen? Was hatte man getan? Gemocht? Geliebt? Gehasst? Was hatte man in der Freizeit gemacht? Hatte man überhaupt Freizeit gehabt oder hatte man nur für die Arbeit gelebt, von der man nun auch nicht genau wusste, woraus sie bestand? Sasuke Uchiha fühlte sich, als würde er vor einer großen, schwarzen Wand stehen. Einer Wand von unvergleichlichem Ausmaß. Nach links und rechts, nach unten und oben… kein Ende in Sicht. Einfach nur eine Wand. Oder aber es gab Augenblicke, da fühlte er sich wie ein leeres Blatt Papier. Blütenrein. War er blütenrein? Schließlich war ihm ein großes Unglück wiederfahren und so wie sich hier alle derzeit aufführten, war dieses Unglück kein herkömmlicher Unfall gewesen. Man hatte versucht, ihn zu töten. Ihn aus dem Weg zu räumen. Warum? Hatte er etwas verbrochen? War dieses Verbrechen so groß gewesen, dass ihn irgendjemand dafür so sehr hasste, das er ihn nicht länger auf diesem Planeten hatte sehen wollen? Sasuke wusste nichts. Er hatte das Gefühl, sein Leben würde nur noch aus Fragen bestehen und nicht aus Antworten. Und er konnte mit deutlicher Sicherheit sagen, dass ihm diese Situation nicht gefiel. Das sie auch seinem alten, nun unbekannten Ich nicht gefiel. Das er wohl ein Mensch gewesen sein musste, der gerne die Kontrolle hatte. Oder bildete er dies sich nur ein? Irgendwo in seinem Kopf waren die Antworten. Vielleicht nicht alle, aber zumindest ausreichend um zu wissen, wer er war. Und alleine für diese Informationen würde er alles geben. Seit einigen Tagen hockte er nun in einem Zimmer, welches ihm vollkommen fremd war… so wie eigentlich alles. Aber dieses Zimmer dürfte ihm auch fremd vorkommen. Zumindest hatte man ihm das so gesagt. Das ganze Haus sei fremd. Die Menschen um ihn herum seien fremd. Bis auf den großen Schwarzhaarigen, der sich ihm als sein älterer Bruder vorgestellt hatte. Das dieser das auch wirklich war, wollte er nun nicht bezweifeln. Er war froh für jede bestätigte Konstante in seinem Leben voller Fragezeichen. Sein Leben bestand also derzeit nicht nur aus vielen Fragezeichen, sondern auch aus Vertrauen in Fremde. Auch wieder ein Gefühl, was ihm irgendwo nicht ganz zusagte. Etwas in ihm sagte ihm, dass er nicht gerne anderen sein Vertrauen schenkte. Und nun befand er sich in einer solch misslichen Lage, die es ihm nicht gestattete, den Menschen um sich herum etwas anderes zuzusprechen als sein vollstes Vertrauen. Aber soweit er dies bisher beurteilen konnte, war es bisher nicht verkehrt. Einer dieser Ärzte, Kakashi Hatake hatte er sich vorgestellt, hatte ihm dazu geraten, dass er alles aufschreiben solle, was ihm in den Sinn käme. Zunächst fand er diesen Vorschlag mehr als lächerlich. Was sollte es ihm bringen? „So lernst du dich selbst erst einmal wieder kennen!“, hatte dieser seltsame Mediziner ihm geantwortet und darauf hatte er keine Erwiderung mehr gewusst. Der Arzt mit der Sturmfrisur und dem Mundschutz im Gesicht hatte nämlich Recht. Sasuke wusste nichts von sich selbst. Er wusste nicht einmal wie er sich in bestimmten Situationen fühlen sollte, weil ihn innerlich die Frage zerfraß, ob er sich früher wohl auch so benommen hätte oder nicht. Ob er früher genauso geantwortet oder reagiert hätte oder nicht. Nun saß er da und wenn er sich nicht ganz irrte waren sie bereits seit etwas mehr als einer Woche in diesem fremden Haus, welches ihm dadurch gar nicht mehr so fremd sein sollte. Doch er hatte noch nicht viel von dieser Umgebung gesehen. Dies lag nicht daran, dass er es nicht wollte, sondern eher daran, dass er es noch nicht konnte. Sein Kopf und seine Arme waren zwar nun nicht mehr ganz so bewegungsunfähig wie bei seiner Ankunft, doch fühlte er sich bei jeder Bewegung mehr so, als handelte es sich um schwere körperliche Arbeit. Nicht, dass er wüsste, was schwere körperliche Arbeit wäre. Obwohl… selbst das wusste er nicht einmal. Vielleicht hatte er ja auch einmal schwer gearbeitet. Sein Körperbau war offensichtlich vor dem Unfall als gut durchtrainiert zu bezeichnen gewesen. Anscheinend hatte er viel Wert auf sein Äußeres gelegt gehabt. Auch durch diesen Deidara, der laut seiner eigenen Notizen in dem von Kakashi angeratenen Büchlein zweimal täglich in seinem Zimmer aufkreuzte, hatte er diesen Verdacht bestätigt bekommen. Bei all den ergotherapeutischen Verrenkungen, die er, angeleitet oder ausgeführt vom reichlich feminin wirkenden Blonden, erleiden musste, hatte dieser mehrmals erwähnt, dass Sasuke ausgesprochen gut durchtrainiert gewesen sein musste. Auf Deidaras unbedachte Frage hin, was er denn für Sportarten gemacht hätte, hatte er natürlich keine Antwort gewusst, aber Gedanken dazu hatte er sich schon gemacht. Denn das konnte er nun ebenfalls in diesem Buch nachlesen. Langsam griff er danach, klappte es auf die aktuellste Seite auf und überflog noch einmal seine letzten Einträge. Die Tagesabläufe waren hier stets die Gleichen. In aller Frühe wurde er grundsätzlich von einem Iruka Umino geweckt. Dieser hatte sich als Hauswart der Familie Namikaze vorgestellt und sei derzeit vom jungen Hausherrn dazu beauftragt, sich um das Wohl der Bewohner dieser Nebenvilla zu kümmern. Iruka Umino schien ein recht freundlicher Zeitgenosse zu sein. Er lächelte selbst zu dieser unchristlichen Zeit stets freundlich und hatte auch immer einen leicht motivierenden Spruch auf den Lippen. Zudem war dieser wohl ziemlich redefreudig, was Sasuke irgendwie auch nicht störte. In der Zeit, wo Iruka sein Frühstück von einem kleinen Servierwagen auf ein Tischchen herüber und es näher an sein Bett heranstellte, hatte Sasuke einiges an Informationen erfahren, die er auch immer sogleich in sein Notizbuch schrieb. Würde er dies nicht tun, würden die Seiten noch lange sehr weiß bleiben. So hatte er erfahren, dass er hier im Schlafzimmer des jungen Hausherrn untergebracht war, da es mit Abstand das größte Zimmer im Haus sei. Das Zimmer gegenüber sei das ehemalige Elternschlafzimmer gewesen und dort wohnte jetzt eben jener Hausherr. Was jedoch Sasuke etwas verwirrte. Denn: warum arbeitete jemand mit einem solchen Hintergrund als studentische Pflegekraft? Und dann noch unter falschem Namen? Denn das hier war die Namikaze-Villa, doch Naruto nannte sich weiterhin Uzumaki. Er hatte irgendwie noch das Gefühl, dass man ihm hier etwas ganz Entscheidendes verschwieg und das wurmte ihn. ‚Einem Uchiha verschweigt man nichts‘… dieser Gedanke huschte immer wieder verstärkt durch seinen Kopf und er konnte sich diesen Gedankengang auch nicht erklären. Dachte so sein eigentliches, früheres Ich? Wenn Iruka dann sein Frühstück abgeräumt hatte seufzte er dabei jedes Mal, als würde ihn nun das Schafott erwarten. Doch Sasuke wusste, dass sich der noch recht junge Hauswart nur seelisch darauf vorbereitete, jetzt den Blonden im Zimmer gegenüber zu wecken. Dies schien mitunter keine leichte Aufgabe zu sein. Wenn Iruka dann ging drückte dieser beinahe jedes Mal Asuma Sarutobi die Klinke in die Hand. Asuma untersuchte ihn körperlich. Jeden Tag die gleichen Griffe und die gleichen Fragen und Sasuke hatte das Gefühl, dass es keinerlei Fortschritte gab. Irgendwie hing er fest. Sein Kopf drehte sich in alle Richtungen, seine Arme und auch seine Hände fühlten sich schon lange nicht mehr so steif an, doch alles unterhalb seines Hüftknochens war weiterhin taub. Wie einbetoniert. Starr. Er hasste es! Asuma wurde grundsätzlich von Deidara abgelöst. Der unter Dauerstrom stehende Blonde nannte es Morgengymnastik. Sasuke nannte es Schikane. Denn zu sehen, wie seine eigenen Gliedmaße von jemand anderem so verbogen wurden war irgendwo beunruhigend. Meist noch während dieser oft schmerzhaften Prozedur erschien Itachi Uchiha im Zimmer. Dieser sagte oft nichts. Hielt sich ruhig im Hintergrund auf und schien immer hochkonzentriert auf seinen Tablett-PC zu starren. Erst, wenn Deidara sich verabschiedet hatte, löste sich sein Bruder von seinem mittlerweile angestammten Sitzplatz in der Ecke und erkundigte sich nach Sasukes Befinden. Dann ging auch er und so hatte Sasuke meist in der Zeit bis zum Mittagessen die Möglichkeit, sich durch das Fernsehprogramm zu switchen. Aus irgendeinem Grund heraus interessierte er sich sehr für Nachrichten. Besonders die aktuellen Kurse an den Börsen dieser Welt schienen in irgendwie sehr zu beschäftigen. Es war wie ein eingepflanzter Mechanismus, dass er genau wusste wo er hinsehen musste und wann er wo die Zahlen, die ihn innerlich am meisten interessierten, genannt bekam. Daraus schloss er nun, dass er sich wohl vor seinem Unfall sehr mit der Börse im Allgemeinen und mit den Wechselkursen von Dollar, Euro und Yen im Einzelnen beschäftigt hatte. Aber warum? Auch hatte er ein genaues Gespür dafür, wann wie die Kurse fallen oder steigen würden. So hatte er begonnen, die Werte des Tages zu notieren und dahinter schrieb er dann grundsätzlich seine Einschätzungen für den weiteren Verlauf für die folgenden 24 Stunden. Und wenn er dann am folgenden Tag diese Einschätzungen mit den tagesaktuellen Werten verglich, so war er mittlerweile schon nicht einmal mehr erstaunt darüber, dass sie oft fast eins zu eins stimmig waren. Es machte also allen Anschein, dass er sich hervorragend mit dem Börsengeschehen ausgekannt hatte und auch dort wohl groß mitgemischt hatte. Als er Itachi darauf ansprach hatte er dies nur nickend bestätigt. Sasuke sei für die Finanzen des Uchiha-Imperiums im Großen und Ganzen verantwortlich gewesen und Itachi habe ihm bei Investitionen und dergleichen stets freie Hand gelassen. Allein an dieser Aussage hatte Sasuke erkannt, dass Itachi ein wahnsinnig großes Vertrauen in ihn hatte. Aber hatte er das verdient? Denn es widersprach sich mit so vielem. Itachi konnte ihm kaum etwas zu dem privaten Sasuke berichten. Alles, was er nach und nach in Erfahrung gebracht hatte waren stets Informationen gewesen, die einen Sasuke zeigten, der nur für seine Arbeit und den Namen Uchiha gelebt hatte. Ab und an fielen zwei Namen. Suigetsu und Juugo. Das seien seine besten Freunde gewesen, wobei Itachi im gleichen Atemzug sagte, dass er dies nur vermutete, da Sasuke niemanden als Freund bezeichnet hätte. Suigetsu und Juugo wüssten, dass er am Leben sei. Sie wüssten auch vom Unfall. Allerdings gingen sie wohl davon aus, dass sich Sasuke zur Rehabilitation auf den Malediven befand oder sonst wo in der Karibik herumschipperte. Zumindest hätte ihnen das Itachis Sekretär Kisame so ausgerichtet. Und diese hätten dann nicht mehr weiter nach ihm gefragt. Was waren das denn für Freunde? Schließlich war er doch nun schon über ein halbes Jahr verschwunden! Oder waren nicht sie es, die schlechte Freunde waren, sondern er selbst? Jeden Tag Punkt halb eins erschien dann wieder Iruka mit dem Mittagessen. Da alle anderen Bewohner dieses Hauses wohl gemeinsam im Esszimmer speisten hatte es sich der Hauswart wohl zur Aufgabe gemacht, Sasuke beim Mittagessen Gesellschaft zu leisten. Dann stand ‚Mittagsschlaf‘ auf dem Plan, welchen Sasuke aber überhaupt nicht benötigte. Er nutzte diese Zeit ausgiebig zum Starren an die Zimmerdecke, die ebenso weiß erschienen wie das blütenreine Blatt namens Erinnerungen in seinem Kopf und so verfiel er oft ins Grübeln. Pünktlich auf die Sekunde erschien um 15 Uhr stets Sasori no Akasuna. Immer in Begleitung von Deidara. Denn während Sasori sich um die körperliche Hygiene des Patienten kümmerte baute der Blonde bereits wieder irgendwelche Gerätschaften auf, die das lange Waschen zuvor eigentlich unsinnig machten. Doch Sasuke sagte dazu nichts, denn wenn dieses seltsame Duo das Zimmer verließ erschien ER. Oftmals stand er erst einmal im Türrahmen und sie starrten sich nur an, ehe er eintrat und schweigend die Türe hinter sich schloss. Viel Zeit hatten sie nie. Kakashi kam stets um 18 Uhr zu ihrem einstündigen Gespräch, welches dann nur noch von Abendessen und der abendlichen Untersuchung durch Neji Hyuuga abgelöst wurde, ehe man ihm dann nur noch einmal Sasori vorbeischickte als Hilfe beim Zähneputzen. „Und?“, fragte der Blonde und blickte sich suchend im Zimmer um. Er hielt Ausschau nach dem kleinen Hocker, der normalerweise stets neben Sasukes Bett stand und nun, wohl von Deidara, etwas abseits hinter die Tür gestellt worden war, weil man wohl den Platz gebraucht hatte: „Wie war bisher dein Tag so?“ „Wie immer“, Sasukes Antworten fielen grundsätzlich sehr knapp aus. Auch, wenn er wusste, dass da etwas zwischen ihnen war, was er nicht benennen konnte, so wollte er dennoch nicht danach fragen. Naruto hatte sich mittlerweile den verloren geglaubten Hocker geschnappt und sich direkt neben das Bett gesetzt. Sasuke kam es so vor, als würde ihn der Blonde nun erwartungsvoll anblicken, doch wusste er auch, dass Naruto es nie lange aushielt, wenn sie sich nur anschwiegen und der Blonde von sich aus meist irgendein Gespräch anfing. Diese Themen waren oftmals einfach nur aus der Luft herausgegriffen, hatten weder etwas mit Sasuke und seiner Heilung oder mit ihm selbst zu tun und dennoch schafften sie stets eine angenehme Atmosphäre für den Schwarzhaarigen, so dass sich Sasuke auf diese kurzen täglichen Treffen mit dem Blonden mittlerweile am meisten freute, auch wenn er es sich selbst am Wenigsten eingestehen wollte. „Mit dieser Einstellung wird das nie was, echt jetzt!“, stöhnte der junge Pfleger gespielt genervt auf und kreuzte die Arme vor der Brust, „Schließlich wäre es doch wirklich cool, wenn du einmal mit uns allen zusammen am Essenstisch unten sitzen würdest!“ „Wäre es das?“, Sasuke, der bislang seinen Blick gen Zimmerdecke gerichtet hatte, wandte nun langsam seinen Kopf zu seinem Gesprächspartner herum und versuchte sich an einem Schmunzeln, „Was wäre denn daran so cool, hm? Ich kann mir nicht vorstellen, ein angenehmer Gesellschafter zu sein!“ „Ach, Teme, das wird schon wieder!“, er klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Sasuke mochte Narutos Lächeln. Auch wenn das, was ihm da gerade entgegenstrahlte, sicherlich nicht mehr als Lächeln zu bezeichnen gewesen wäre. Vermutlich war das auch der Grund, warum er dem Blonden weiterhin gestattete, ihm irgendwelche sicherlich nicht ganz herkömmlichen Spitznamen aufzudrücken. Sasuke kannte zwar sein früheres Ich nicht mehr, aber er war sich doch recht sicher, dass sich so etwas niemand in seinem Umfeld getraut hätte. Und hier tat er es. Aber er hielt sich selbst auch nicht zurück: „Was steht denn heute so auf dem Programm, Dobe?“, und auch er versuchte sich an einem etwas freundlicheren Lächeln, obwohl er nicht wusste, ob ihm das gelang. Er hatte sich von Iruka einen Handspiegel auf’s Zimmer bringen lassen, nachdem ihm einmal Naruto gesagt hatte, dass er viel zu selten lächeln würde. Natürlich hatte er niemandem gesagt, warum er diesen Handspiegel benötigte und diesen nun im Schränkchen neben seinem Bett versteckte. Dass wusste nur er und sein kleines, geheimnisvolles Büchlein. Es war ihm auch einfach viel zu peinlich, irgendjemanden zu verraten, dass er nachts oft ‚das Lächeln‘ vor dem Spiegel übte. Dass er sich in diesen Momenten auch fragte, warum ihm dieses so schwer fiel. Dass er sich fragte, ob er in seinem früheren Leben überhaupt einmal gelächelt oder gelacht hatte. Vielleicht hatte es ja früher nichts zum Lachen gegeben! Irgendwie waren dies alles erschreckende Gedanken und immer mehr bekam er das Gefühl, dass es vielleicht ganz gut war, dass er sich an nichts mehr erinnern konnte. Dass er nun die Möglichkeit erhalten hatte, noch einmal von ganz vorne anzufangen. Und dann würde er alles richtig machen! Ein Leben, wie es diese Fremden um ihn herum, die nun langsam nicht mehr so fremd waren, auch hatten. Mit Spaß. Mit Freude. Mit Freunden. Diese drei Punkte schienen ihm irgendwie so weit weg. Zumindest sagte ihm das sein Innerstes. Doch nun schienen sie erreichbar! „Ich habe da ein Problem!“, grummelte der Blonde und stützte seine Ellbogen in die Matratze ab, nur um sein Gesicht auf den Handballen ablegen zu können. Kaum hatte Naruto dies so ausgesprochen spürte Sasuke ein Kribbeln in seiner Magengegend. Er war sich ziemlich sicher, dass früher niemand zu ihm gekommen wäre um ihn um Rat zu bitten, wenn es um ein persönliches Problem ging! Für sein neustes Vorhaben, dass er nun sein Leben anders leben würde, war diese Aussage von Naruto ein Meilenstein! „Hm!“, antwortete er dennoch nur knapp. Er wollte nicht, dass der Pfleger sah, wie sehr er sich darüber freute, dass dieser mit seinem Problem zu ihm gekommen war. Das könnte man nämlich auch falsch verstehen und er war sich dann nicht mehr so sicher, wie er sich in einem solchen Fall verhalten sollte. Zudem kannte er Naruto ja auch noch nicht so gut. Um ehrlich zu sein, kannte er ihn gar nicht. Aber das traf zurzeit auf alle Menschen um ihn herum zu… doch Naruto war aus irgendeinem Grund heraus derjenige, bei dem Sasuke das Gefühl hatte, sich am Ehesten anvertrauen zu können. Anscheinend beruhte dies auf Gegenseitigkeit. Und auf einmal fielen diese finsteren Gedanken von ihm ab. Vergessen waren die Überlegungen, wer er war, was er getan hatte und warum sein früheres Leben anscheinend nicht so erfüllend gewesen war wie es für einen normalen 22-jährigen sein sollte. „Ich bin nicht der, der du denkst, der ich bin und ich weiß nicht, ob ich dir bereits jetzt, wo sowieso alles so neu und verwirrend für dich ist, sagen soll was genau Sache ist und dabei ist das doch echt komisch, weil ich bin Psychologe und gerade ich sollte das doch…“ „DU bist Psychologe?“, unterbrach nun eine doch recht überrascht klingende Stimme den plötzlichen Redefluss Narutos und dieser stoppte. Offensichtlich erschrocken darüber, dass ihm mehr herausgerutscht war, als das er eigentlich hatte sagen wollen und dies noch mit einem: „Ups!“, bekräftigte. „Ja! He he!“, er kratzte sich beschämt am Hinterkopf. Sasuke hatte in den letzten Tagen genug Zeit gehabt, die Menschen in seinem Umfeld anhand ihres Verhaltens zu analysieren und wusste, dass Naruto sich zum Einen nun schämte und zum anderen, dass ihm dieses neue Bild von ihm, dass wohl nun zweifelsohne in Sasukes Kopf entstand, unangenehm war. „Du musst aber nun nicht denken, dass ich dich nun die ganze Zeit therapiere oder so, echt jetzt!“, ein leichtes Lächeln huschte über die Lippen des Blonden, „Ich bin hier weiterhin als dein Pfleger und…“ „Ich weiß nicht, was erschreckender ist! Dass du Psychologe bist oder das du lieber weiterhin meinen Hintern säubern willst anstatt mich dieser Ausbildung gemäß zu therapieren!“ „Oi, Teme! So schlimm ist es gar nicht mit dem Pflegerjob! Mich stört es nicht deinen Hintern…öhm…“ „Ja?“, auf die folgende Aussage war Sasuke nun wirklich gespannt. „Na ja… he he… es kommt ja ganz auf den Hintern an und…“ „Willst du damit sagen, dass dir mein Hintern gefällt, Dobe?“ „Oi, Teme! So war das nicht gemeint! Also…“ „Du meintest, dass du mir lieber den Hintern abwischst als mich zu therapieren! Daraus schließe ich nun, dass du meinen Hintern magst!“ „Aww! Ja, tu ich! Argh! Ich meine natürlich… NEIN, tu ich nicht! Also nur medizinisch betrachtet… also…“, Naruto schien das alles nun doch mehr als unangenehm zu werden und sprang auf. „Kann man einen Hintern auch anders betrachten?“, und Sasuke fand es reichlich amüsant, den Blonden plötzlich so mit den Worten ringen zu sehen. „Natürlich kann man das!“, schnaubte Naruto. „Und wie?“ Nun wurde der Blonde wieder rot. Anscheinend hatte er etwas gesagt, was er nun irgendwie nicht so ganz zu erklären wusste. „Ist doch jetzt auch egal!“, er wandte sich vom Schwarzhaarigen ab. „So egal kann es aber nicht sein, Dobe, denn es hat ja wohl etwas mit dem Problem zu tun!“ „Nein, hat es nicht!“ „Hat es nicht? Und wie sind wir dann überhaupt auf meinen Hintern gekommen?“ „Na, weil ich Psychologe bin und kein Pfleger!“ „Hm!“, nun strich sich Sasuke eine Strähne hinter das Ohr und blickte den Blonden von unten her schief an, „Versteh ich das nun richtig? Du hast ein Problem damit, dass du Psychologe bist und nicht Pfleger, weil ein Pfleger an meinen Hintern kann…“ „NEIN! Jetzt lass doch mal deinen Hintern raus, Teme!“ „Ich hätte meinen Hintern doch nicht mal mit reingebracht, Dobe!“ „Und warum erwähnst du ihn dann?“ „Weil du ihn erwähnt hattest wegen deinem Problem!“ „Hab ich nicht!“, schnaubte der Blonde und hibbelte nun leicht nervös wirkend auf seinen Zehspitzen herum. Sasuke seufzte innerlich. Er wusste, dass er derjenige war, der sein Gesäß zuerst erwähnt hatte, aber… „Mein Problem ist eigentlich nicht medizinischer Natur!“, brummte Naruto seine Gedanken unterbrechend. „Nicht?“, nun war Sasuke doch langsam verwirrt. Was wollte dieser Kerl denn nun? „Nein, echt jetzt!“, Naruto wandte sich ihm wieder mehr zu, „Ich habe kein Problem damit dein Psychologe oder dein Pfleger zu sein und um es klar zu stellen, dein Hintern ist auch klasse!“, nervös wuschelte er sich selbst durch sein blondes Haar. „Was ist es dann?“, Sasuke versuchte das indirekte Kompliment an seine hintere Körperregion zu überhören. Er wusste ja nicht einmal, ob er das als Kompliment auffassen konnte. Schließlich hatte ihm Itachi bisher seine Frage nicht beantworten können oder wollen und… „Ich habe einen Freibrief!“ Das war eine seltsame Aussage. Da war sich nun Sasuke sicher: „Einen Freibrief?“ „Ja, einen Freibrief!“, bestätigte Naruto und holte noch einmal tief Luft, „Einen Freibrief von Itachi, deinem Bruder!“ Sasuke stockte. Was wollte ihm der Blonde nun damit sagen? Wieso gab der Mann, der sich als sein Bruder herausgestellt hatte einem Kerl, der sich als Pfleger ausgab und nun als Psychologe vorstellte – was wohl eher als Versehen herausgekommen war – einen Freibrief? Und vor allen Dingen…. Einen Freibrief für was? „Ich… also… Itachi meinte… also…“, und warum stotterte dieser jetzt auch noch herum? „Wenn du so redest fällt es mir irgendwie schwer zu glauben, dass du ein medizinisches Studium abgeschlossen hast, Usuratonkachi!“, seufzte der Schwarzhaarige und sah deutlich, dass sich Narutos Körperhaltung durch diese Aussage versteifte. „Oi! Das ist nicht fair, Teme! Das ist nämlich seit einer Woche in meinem Kopf und echt kompliziert… also mein Problem…“ „Mit dem Freibrief!“ „Ja, echt jetzt!“ Eine seltsame Stille trat ein. Sasuke wusste nun wirklich nicht mehr, was er von all dem halten sollte. „Du hast deinen Bruder gefragt… na ja… also…“ „Ja?“ „Nun…ob du…ähm…auf Männer stehst?“ War dies nun eine Frage oder eine Feststellung? Und warum hatte Itachi dem Kerl, der bisher ein Pfleger war, das erzählt? Sasuke wusste nun nicht, ob er über diesen Vertrauensbruch sauer sein sollte oder nicht. Er hatte sich seinem Bruder anvertraut. Er hatte ihm diese doch äußerst delikate Frage gestellt weil er davon ausgegangen war, dass dieser, als sein Bruder, damit nicht unbedingt hausieren ging. Schließlich war dies ja schon in gewisser Weise eine peinliche Angelegenheit und nun konnte er auch ein wenig das seltsame Verhalten des Blonden verstehen. Was er jedoch nicht verstand war die Tatsache, warum Itachi sich ausgerechnet an den Uzumaki gewandt hatte. „Warum… warum hast du Itachi das gefragt?“, unterbrach der Blonde seine Gedankengänge und Sasuke blickte ihn überrascht an. Narutos Augen schienen ihn förmlich zu fixieren. Er konnte in ihnen nur echtes Interesse ablesen. Er war nicht hier, um ihn aufzuziehen oder dergleichen, sondern um etwas in Erfahrung zu bringen. Etwas, was er selbst nicht wusste, weil er sich einfach nicht daran erinnern konnte und sich daher vertrauensvoll an seinen Bruder gewandt hatte. Vermutlich hatte es Itachi getan, weil dieser Naruto Psychologe war. Vermutlich hatte sich Itachi dadurch Hilfe versprochen. „Weil…“, diesmal war es Sasuke, der den Blick abwandte. Irgendwie war es ihm nun doch unangenehm. Wieso musste es ausgerechnet Naruto selbst sein, der hier der Psychologe war? Sicherlich wäre es nun um einiges einfacher, mit Kakashi oder einem anderen darüber zu reden. Aber wer wusste denn nun schon so genau, ob dieser Kakashi wirklich Arzt war? Anscheinend war hier jeder irgendwie etwas anderes als er vorab angegeben hatte! „Ich hatte Itachi diese Frage gestellt, nachdem ich aufgewacht war und… dich gesehen hatte!“ Er bemerkte, wie überrascht Naruto auf diese Aussage reagierte, doch versuchte er es sich nicht anmerken zu lassen. Wohlgemerkt erfolglos. „Ich hatte da… so ein Gefühl… was ich nicht genau definieren konnte. Als würden… wir uns… kennen!“ Sasuke starrte nun auf seine ineinandergelegten Hände in seinem Schoß. Er war sich sicher, dass sein früheres Ich bestimmt ganz anderes mit einer solchen Situation umgegangen wäre, doch leider konnte er sich ja nicht genau daran erinnern. „Du bist mir nie zuvor begegnet, Sasuke Uchiha!“, Narutos Stimme klang plötzlich seltsam ruhig und sachlich und brachte ihn dazu, seinen Kopf etwas anzuheben. Dennoch traute er sich noch nicht so ganz, den Blonden wieder direkt anzusehen. „Bevor du ins Koma gefallen bist, gab es nur einen kurzen Moment, der aber nicht ausreichend gewesen sein dürfte als das man sagen könnte, dass du dich daran erinnern kannst!“ Nun sah der Schwarzhaarige doch auf: „Einen Moment?“ „Als du ins Städtische Krankenhaus kamst. Vor der OP!“ „Du warst dabei?“, was hatte denn ein Psychologe, der sich als Pfleger ausgab, im Städtischen Klinikum zu suchen gehabt? „In gewisser Hinsicht schon!“, Naruto lachte leise auf und kratzte sich erneut beschämt wirkend am Hinterkopf, „Ist eine lange und vor allen Dingen komplizierte Geschichte und irgendwie auch die Grundlage zu meinem Problem!“ „Ach ja!“, Sasuke nickte. Das Problem. Irgendwie waren sie gerade doch leicht davon abgekommen. Naruto setzte sich nun auf die Bettkante und schien ihn direkt anzusehen. Sasuke konnte dies nicht genau sagen, da er erneut wieder den Blick gesenkt hatte. Der Tag seiner Einweisung in das Klinikum war der Tag des Unfalls gewesen. Der Tag, wo er wohl mehr tot als lebendig gewesen war. Zumindest hatte dies einmal Deidara erwähnt gehabt in diesen ganzen ergotherapeutischen Folterstunden. ‚Setz dich nicht so unter Druck, Uchiha! Du warst mehr tot als lebendig und nur diesem brillanten Arzt ist es zu verdanken, dass ich dich jetzt quälen darf!‘, hatte der langhaarige Blonde einmal geflötet, als er bei den Übungen zum Aufbau der Beinmuskulatur beinahe das Handtuch hatte schmeißen wollen. „Kennst du den Arzt, der mich gerettet hat?“, huschte es ihm leise über die Lippen und obwohl er nicht sehen konnte, dass Naruto bejahend nickte, so konnte er dies an den leichten Erschütterungen auf der Matratze deutlich spüren. Mit einem: „Ja!“, bestätigte der Blonde dies zudem noch und Sasuke schluckte. „Scheint ein wirklich guter Arzt gewesen zu sein!“ „Kann sein!“ „Ich sollte mich bei ihm bedanken, wenn ich das hier alles überstanden habe!“ „Das hat dein Bruder schon ziemlich oft getan, echt jetzt!“ Nun sah Sasuke doch wieder auf. Sah, dass Naruto das Gesicht abgewandt hatte mit einer leichten Röte auf den Wangen, die sich Sasuke nicht erklären konnte. Auch wusste er nicht, warum plötzlich sein Herz wieder so schnell schlug. War es die Nähe zum Blonden? War es die Situation im Allgemeinen? Naruto saß nur da. Direkt vor ihm und so unglaublich nah. Er strahlte irgendetwas aus und Sasuke konnte es immer noch nicht benennen. Konnte nicht sagen, was es war. Es fühlte sich an, als wäre da etwas zwischen ihnen. Eine Art… rotes Band. Etwas, was sie verband. Was sie in dem Moment verbunden hatte, als er auf der Schwelle zum Tod gestanden hatte und es dadurch unzerstörbar gemacht hatte. Aber wie sollte er dieses Gefühl dem Blonden mitteilen, ohne, dass es peinlich für ihn ausgehen würde. Narutos Kopf drehte sich zu ihm herum, so als hätte er gespürt, dass sich Sasukes Gedanken gerade um ihn drehten: „Nimm’s mir jetzt echt nicht übel, Teme, aber ich muss dieses Problem aus der Welt schaffen und nachdem, was ich jetzt hier so rausgehört habe, wirst du mich bestimmt nicht gleich erwürgen!“, er lächelte leicht und legte den Kopf etwas seitlich, „Zudem… wenn ich es schnell genug mache… hast du auch keine Chance, mir den Kopf abzuschlagen!“, und da spürte Sasuke plötzlich eine Hand im Nacken, die ihn weiter nach vorne zog und noch ehe er etwas zu dieser plötzlichen und überraschenden Bewegung sagen konnte spürte er etwas auf seinen Lippen, was ihn zwang, die Augen zu schließen und dem noch mehr entgegenzukommen. Es war, als hätte er darauf gewartet. Als hätte sein Innerstes danach geschrien. Warme, weiche Lippen lagen auf seinen. Bewegten sich gegen sie. Übten sanften, aber doch energischen Druck aus, als wollten sie mehr verlangen und wären daran gebunden, sich zurückzuhalten. Aber Sasuke wünschte sich schon in diesem Augenblick mehr. Mehr von diesem Gefühl, dass gerade in ihm wachgerufen wurde. Dieses angenehme Kribbeln. Dieser verlangende Rausch. Dieses wohlige Gefühl, welches ihm nun ein leichtes Keuschen entlockte und sein Gegenüber wohl nun noch dazu animierte, die zweite Hand auf seine Wange zu legen und die Finger in seine Haare zu krallen. Die Lippen zu öffnen und eine vorwitzige Zunge über seine Lippen streichen zu lassen. Seinen eigenen Mund zu öffnen und ihm entgegenzukommen. Er spürte plötzlich Stoff zwischen seinen Fingern und ihm wurde bewusst, dass er sich wohl in das weiße T-Shirt des psychologischen Pflegers krallte. Aber das blendete er aus. Er blendete alles um sie herum aus. Irgendwie fühlte er, wie es sich langsam in seinen wirren Gedanken lichtete. Das sich Antworten fanden, wo vorher nur Fragen waren. Aber auch, dass sich neue Fragen auftaten… Warum küsste ihn der Blonde so leidenschaftlich? War dass das Problem gewesen? Empfand der Blonde etwas für ihn? Oder tat er dies nur, weil Itachi ihn darum gebeten hatte? Dies wäre nur die logische Schlussfolgerung, denn schließlich hatte Naruto ja erwähnt gehabt, dass Itachi ihn über seine Frage zur sexuellen Orientierung seinerseits in Kenntnis gesetzt hatte. Hatte dies etwas mit dem sogenannten Freibrief zu tun? Tat Naruto das hier etwa nicht freiwillig? Allein dieser Gedanke sollte ihn sofort diesen Kuss unterbrechen lassen, doch das konnte er nicht. Er wollte sich nicht von den Lippen des Blonden lösen, die ihm zum ersten Mal seit Tagen ein Gefühl gaben, dass er sich wirklich freute, noch am Leben zu sein. Doch noch ehe er sich noch mehr in diesen Kuss verlieren konnte, beendete der Blonde diesen berauschenden Moment und brachte etwas Abstand zwischen sie. Sie beide hatten gerötete Wangen und blickten sich direkt in die Augen. Sasuke hätte nu gerne irgendetwas gesagt, doch er wusste beim besten Willen nicht, was. Gerade, als er seinen Mund öffnete, klopfte es an der Tür. Er wusste, dass es sich um Kakashi handelte. Was er nicht wusste war allerdings die Tatsache, ob er nun erleichtert darüber sein sollte, dass durch dessen Auftauchen nun diese seltsame Situation zwischen ihm und Naruto beendet wurde oder ob er darüber enttäuscht sein sollte, dass nun viele Fragen unbeantwortet im Raum stehen bleiben würden. „Einen Moment noch!“, beantwortete stattdessen Naruto das Klopfen ohne dabei den Blick von ihm zu nehmen. „Ist damit deine Frage an Itachi beantwortet?“, fragte er nun etwas leiser an den noch immer verwirrten Patienten und Sasuke gelang nur ein Nicken. Auf Narutos Lippen wurde ein deutliches Lächeln erkennbar: „Na, dann ist ja gut, echt jetzt! Dann habe ich ja das Problem gelöst!“ „Das Problem gelöst?“, deutlich hörte Sasuke seine Enttäuschung über diese Aussage aus seiner eigenen Stimme heraus und als sich Naruto auch noch von seinem Bett erhob hätte er am liebsten nach diesem gegriffen und ihn gefragt, was das alles denn nun sollte. Doch Naruto schien es gerade irgendwie eilig zu haben, aus diesem Zimmer zu kommen. Zumindest gab er Sasuke dieses Gefühl, da der ehemalige Pfleger bereits schon an der Tür stand und nur noch einen kurzen Blick über seine Schulter auf ihn warf: „Ich komme später noch einmal! Ab heute habe ich nämlich die Nachtschicht!“, und noch ehe Sasuke etwas sagen konnte, hatte Naruto die Türe geöffnet und war an Kakashi vorbeigetreten nach draußen. Kakashi blickte erst ihn an und sah dann Naruto hinterher, ehe er ganz ins Zimmer eintrat und die Türe wieder schloss. „Also“, begann der Arzt, „Was gibt es denn bei dir so Neues, Sasuke-kun?“, und deutlich erkannte er junge Uchiha das wissende Grinsen des Älteren unter dessen Maske. Jeder Schritt schallte wider. Wieder von den Wänden. Den Wänden der Häuserschluchten von Konohagakure. Er rannte. Rannte immer schneller. Schweres Atmen, einem Keuchen gleich. Pause. Er brauchte eine Pause. Und hielt. Er stützte sich auf seinen Knien ab, während er sich vorn überbeugte und nach Atem rang. Übelkeit stieg in ihm hoch. Angst. Panik. Luftnot. Er versuchte, seine Atmung zu regulieren. Versuchte, seinen Puls zu normalisieren. Versuchte, klare Gedanken zu fassen. Doch nichts schien zu funktionieren. Sein Herz raste so schnell, dass er das rasende Blut in seinen Adern durch die Ohren rauschen hören konnte. Das lenkte ihn zu sehr ab. Er konnte nichts hören! Schweiß lief ihn in die Augen. Die Sicht getrübt. Die einzelnen, schwach leuchtenden Straßenlaternen warfen schattiges Licht in die Gasse, in der er sich befand. Er konnte nicht mehr. Erschöpft. Müde. Leer. Ein schabendes Geräusch übertönte nun sein Keuchen. Er zuckte zusammen. Sein Körper fuhr wieder hoch in den geraden Stand. Sein getrübter Blick sah sich hastig um. Versuchte etwas auszumachen. Sein Körper dampfte förmlich in der kalten Winterluft, doch das Adrenalin ließ ihn die Kälte nicht spüren. Nichts zu sehen. Doch er wusste, dass dies täuschen konnte. „Wenigstens du hast für Vergnügen gesorgt!“ Diese raue, doch belustigt klingende Stimme schien von überall und nirgends auf ihn einzudringen. Nun spürte er die Kälte doch. Wie sie hochkroch und sich in seinem Nacken festsetzte! „Ich war schon besorgt, heute nicht mehr zu meinem verdienten Spaß an der Sache zu kommen!“ „WER BIST DU!“, schrie er panisch in die Dunkelheit der Gasse. Warum war er auch so dumm gewesen und hatte nach dem Kneipenbesuch mit seinen Arbeitskollegen die Abkürzung durch das Hafenviertel nehmen wollen? „WAS WILLST DU VON MIR?“ Stille. Nur das leise Tropfen des tauenden Schnees von den Flachdächern der Lagerhallen um ihn herum hinunter auf den harten Asphalt. „Ich? Von dir?“, diese bedrohliche Stimme schien verwundert, „Ich will eigentlich nichts von dir, nur mein Boss hat Fragen!“ Diesmal war er sich sicher, dass die Stimme hinter ihm war. Schnell fuhr er herum, doch sehen tat er immer noch nichts. Die Angst packte ihn noch mehr: „Gut…dann stell deine Fragen und dann lass mich in Ruhe!“ Ein Lachen folgte. Ein unheimliches Lachen. Ein seltsam verzerrt klingendes Lachen. „Was weißt du?“ „Was soll ich wissen?“ „Über Sasuke Uchiha?“ Sasuke Uchiha? Der Fremde jagte ihn seit geraumer Zeit durch das halbe Hafenviertel von Konohagakure wegen Sasuke Uchiha?! Der Sasuke, der sich vor über einem halben Jahr ohne ein Wort aus dem Staub gemacht hatte? „Nichts! Keine Ahnung was der Penner macht! In der Karibik Urlaub oder so… hört man doch in den Nachrichten!“, er brummte missmutig. Erneut ertönte ein metallisches Klirren und zwang ihn tief Luft zu holen. „Bist du dir sicher, dass du nicht mehr weißt? Und bist du dir sicher, dass du dieses Wissen auch nicht weitergegeben hast?“ Was wollte dieser fremde Verrückte von ihm? Was waren das denn bitte für Fragen? „ICH WEISS NICHTS UND ICH HAB AUCH NIEMANDEN WAS GESAGT!“, schnauzte er in die Dunkelheit zurück und war sich nicht einmal dabei so sicher ob er überhaupt in die richtige Richtung schrie. „Mehr wollte mein Boss auch nicht wissen!“, die Stimme klang seltsam… enttäuscht. Das Klirren wurde deutlicher, lauter… und noch in der Sekunde, wo ihm bewusst wurde, dass dies kein Klirren war sondern das schleifen eines scharfen metallenen Gegenstandes über nassen Asphalt hörte er auch schon das Zischen in der Luft um ihn herum. Und er war das letzte, was er hörte. Die Knie gaben nach und sanken. Schlugen auf die Erde auf. Der Körper folgte und fiel vornüber. Einige Meter weiter ertönte ein lautes Platschen ehe es nur noch übertönt wurde von dem Geräusch des Aufpralls eines leblosen großen Stücks Fleischs auf feuchtem Boden. Schritte wurden laut und doch von niemanden mehr erhört. Traten den rundlichen Gegenstand am Boden zurück zu dem Ort, auf dem er bis vor wenigen Augenblicken noch gethront hatte. Ein teuflisches Grinsen legte sich auf die Lippen: „Wenigstens mit dir hatte ich etwas mehr Spaß als mit dem Alten davor!“ Langsam zog er ein kleines Stück Papier aus seiner dunklen Jacke und gelangweilt schauende Augen mit violetter Iris huschten über die krakelige Schrift: „Was wird er nun sagen? Immer die gleichen Namen! Itachi Uchiha und N. Uzumaki! Alles führt zurück zur Klinik! Das wird ein Spaß!“ Er lachte donnernd auf und entfernte sich vom Ort des Geschehens, noch ehe sich die sich ausbreitende Blutlache um sein teures Schuhwerk legen konnte. Kapitel 7: Dunkle Erinnerungen ------------------------------ KOMA Rezept 7 DUNKLE ERINNERUNGEN Ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen. Die letzte Nacht war zu seiner vollsten Zufriedenheit verlaufen und spätestens bei seinem nächsten Gehaltsscheck würde sich auch die Zufriedenheit seines Vorgesetzten widerspiegeln. Er hatte soeben Bericht erstattet und war dann aufgefordert worden, an der nachfolgenden Videokonferenz mit teilzunehmen. Normalerweise interessierte ihn so etwas nicht im Geringsten, doch da er durch diesen Job endlich seiner Leidenschaft voll und ganz nachgehen konnte, war er sitzen geblieben. Unweit von ihm, in einem riesigen Ledersessel aus schwarz eingefärbten Büffelleder saß der Mann, der ihm durch simple Befehle pure Lebensfreude schenkte. Daneben, wesentlich unscheinbarer auf einem einfachen Holzschemel sitzend und in seinen Augen selbst diesem nicht gerecht saß der Sohn seines Auftragsgeber. Ein dümmlicher Polizist um die Dreißig. Dass sich die Polizei in Konoha nicht ganz der Gerechtigkeit in dieser Stadt verschrieben hatte, hatte er schon lange vor seiner Tätigkeit gewusst, aber dass der Polizeipräsident das Oberhaupt all dieser kleinen Verbrechersyndikate der Stadt war, fand er ausgesprochen erheiternd. Vor ihnen wurde eine riesige Leinwand von der Raumdecke heruntergefahren und der Saal im obersten Stockwerk der Polizeizentrale dieser Stadt verdunkelte sich zusehends. Nach kurzem Flackern erschien ein übergroßes Gesicht auf eben dieser Leinwand. Ein noch recht jung wirkender Herr mit wirrem orangen Haar und eindeutig zu viel blechernen Körperschmuck im Gesicht schien sie emotionslos anzustarren. Hidan fand ihn irgendwie direkt sympathisch. Dieser Typ schien auf körperlichen Schmerz zu stehen und das allein machte ihn doch schon zu einem potenziellen guten Kumpel. Dumm nur, das Hidan ungern Freundschaften pflegte. Sie waren ihm schnell zu anstrengend und oftmals… nein, eigentlich immer, endeten diese Freundschaften dann blutig. „Was hast du zu berichten, Madara? Ich hoffe, es sind gute Neuigkeiten. Du weißt, dass wir hier in New York noch mitten in der Nacht stecken!“ „Ist die Nacht nicht unsere bevorzugte Arbeitszeit, werter Pain?“, lachte Hidans direkter Nebenmann laut auf und schien das verengen der Augen zu Schlitzen seines Gesprächspartners gekonnt zu ignorieren. „Ich werde dich nicht lange aufhalten!“ „Wer ist das da neben dir?“, Hidan spürte den Blick dieses verzierten Typens direkt auf sich. „Das ist meine beste Kraft! Er ist der Grund für die guten Neuigkeiten!“ Nun lupfte eine dieser orangen Augenbrauen nach oben. Hidan fragte sich augenblicklich, ob dieser Pain sie sich so akkurat hatte zupfen lassen. Amerikaner waren ja meist etwas seltsam! „Sein Name ist Hidan. Im bürgerlichen Leben geht er dem verabscheuungswürdigen Beruf eines Paparazzi nach, doch gehört er in meinem Team zu den besten Auftragskillern und Informationsbeschaffern!“, erklärte Madara und Hidan konnte so etwas wie Stolz heraushören. Der ältere Schwarzhaarige würde nie so über seinen Sohn sprechen! Daher schenkte Hidan eben diesen einen ziemlich überheblichen Seitenblick. Er konnte Obito Uchiha wahrlich nicht leiden und wenn dieser nicht der Sohn seines Auftraggebers wäre, dann wäre er allein mit der Begründung, dass es sich bei Obito um einen dämlichen Bullen handelte, einen Kopf kürzer! „Ich hoffe, Hidan hat uns diesmal wirklich gute Informationen besorgt. Die letzten waren nicht wirklich zu gebrauchen, Madara!“, alle Blicke richteten sich auf Obito, welcher nur noch mehr auf seinem unbequemen Schemel zusammensackte. „Hidan? Sei doch so freundlich und berichte Pain-san von den Ergebnissen deiner letzten Nacht!“ Ein vorfreudiges Grinsen und Funkeln der Augen war im Gesicht des Weißhaarigen zu erkennen: „Aber gerne!“ Oh ja! Hidan liebte diesen Job! Hier dürfte er jagen, morden und anschließend noch ausführlich davon erzählen! „Ich bekam den Auftrag, mich um zwei Personen zu kümmern, die laut Madara-sama“, eigentlich hasste er es, andere mit diesem Suffix anzusprechen, aber es diente alles nur dem Fortbestand seines Arbeitsvertrages, „etwas über den Aufenthaltsort des von uns gesuchten Sasuke Uchiha wissen könnten. Zum einen handelte es sich um einen Arzt. Leiter der Klinik, in die Sasuke Uchiha nach dem missglückten Unfalltod eingeliefert worden war“, er schielte hinüber zu Obito, welcher diesen Auftrag damals vermasselt hatte, „und zum anderen um den besten Freund des Gesuchten. Aus diesem war wahrlich nichts Brauchbares herauszubekommen. Der war ahnungslos und wurde von mir eliminiert aufgrund Zeugenbeseitigung. Jedoch spielte mir dieser Arzt einige äußerst interessante Informationen zu!“ „Und die wären?“, dieser Pain schien ungehalten zu sein oder wenig geduldig, aber Hidan hatte schon mit weitaus schlimmeren Auftraggebern zu tun gehabt und störte sich daher nicht daran. „An dem Tag, an dem Sasuke Uchiha in das Klinikum eingeliefert worden ist, kam er in den OP. Dort gab es dann jedoch etwas, was die Klinikleitung versucht hatte zu vertuschen. Der zuständige Arzt verweigerte nämlich die OP und wollte den Uchiha schon für tot erklären – was uns im Endeffekt viel Ärger gespart hätte – aber ein kleiner Assistenzarzt machte dann den Eingriff!“ „Und was nützt uns diese Information?“, dieser Pain lehnte sich genervt wirkend etwas seitlich in seinen Sessel. Hidan schmunzelte: „Dieser Assistenzarzt hätte nicht operieren dürfen! Ihm wurde nach diesem eigentlich heldenhaften Eingriff nahegelegt, dass Klinikum zu verlassen. Das hat er auch. Und normalerweise wäre dieser junge Arzt dann von der Bildfläche verschwunden, doch Onoki kotzte mir mit einem Blutschwall einen Namen vor die Füße, der mich ein wenig irritierte!“ Nun beugte sich Pain wieder etwas nach vorne. Anscheinend war es Hidan nun doch gelungen, diesen seltsamen Kerl neugierig zu machen. „Der besagte Assistenzarzt aus dem Städtischen Klinikum hieß Naruto Namikaze, Sohn von Minato Namikaze und Kushina Uzumaki“, bei den Namen hob sich überrascht eine Augenbraue beim Orangehaarigen und Hidan wusste noch nicht, was er davon zu halten hatte, beschloss aber, dies ebenfalls zu untersuchen, „Er hat den Mädchennamen seiner Mutter angenommen und war dann als Naruto Uzumaki in der Klinik tätig, die er wohl irgendwann mal übernehmen wird. Aber das ist nicht der springende Punkt!“, er holte dramatisch tief Luft, „In der Senyu-Klinik geht seit einiger Zeit das Gerücht um, dieser Uzumaki hätte eine romantische Liaison mit Itachi Uchiha, welche dieser wohl einmal in der dortigen Kantine bestätigt hat“, nun schoss die zweite Braue Pains nach oben, „Zusätzlich sei zu erwähnen, dass Naruto Namikaze nun Uzumaki seit einer Woche nicht mehr im Klinikum gesehen wurde. Ebenso lange wie Itachi Uchiha. Uchiha wird zwar rund um die Uhr von uns beschattet, hält sich aber auffallend oft in den letzten Tagen auf dem Privatanwesen der Uchihas auf.“ „Und was schließen sie aus ihren Nachforschungen?“ „Dieser Namikaze steckt mit den Uchiha-Brüdern unter einer Decke. Es würde mich nicht wundern, wenn wir Sasuke Uchiha bei diesem blonden Idioten finden und dann finden wir auch die Unterlagen!“ „Wo glauben sie ist dieser ‚blonde Idiot‘?“ „Ich glaube nicht nur. Wenn glaub ich nur an eines und das ist mein Herr Jashin! Ich WEISS wo Naruto Namikaze sich derzeit aufhält! Und das ist auf dem riesigen Senyu-Anwesen! Ein Hochsicherheitsgelände! Ausschließlich vorbehalten für die Mitglieder der Familien Namikaze, Uzumaki und Senyu und deren Personal. Abgesichert wie Fort Knox!“ Es herrschte eine kurze Weile eine seltsame Stille. „Aber selbst Fort Knox stellt kein Problem dar mit dem richtigen Know How…“, Hidan beugte sich nach vorne, stützte seine Ellbogen auf den Knien ab und faltete seine Hände ineinander, während sich sein Mund zu einer undefinierbaren Grimasse formte, „…und herzerweichendem Charme!“ „Nun gut, Hidan!“, und Pains Blick schien sich förmlich in ihn hinein zu brennen, „Denn besorge mir die Unterlagen und töte Sasuke Uchiha und diesen Namikaze!“ Langsam und leise fiel die Tür, geführt von Kakashis Hand an der Klinke, ins Schloss. Kakashi war nun bei Sasuke und so wie er den Gesichtsausdruck beim Eintreten des Grauhaarigen gedeutet hatte schien sein langjähriger Bekannter bereits zu ahnen, was wohl in den Minuten zuvor vorgefallen war. Naruto stand zunächst unschlüssig wirkend vor der rustikal verzierten Tür und atmete mehrere Male tief ein und aus. Zwei Schritte nach links, mehr schaffte er nicht und dann gaben sie nach. Seine Beine schienen unendlich schwer und die Gelenke aus Pudding. Sie hatten sein Gewicht nicht mehr halten können. Langsam rutschte er mit dem Rücken die Wand entlang runter und landete mit einem: „Uff!“, auf seinem Allerwertesten. Oh Gott! Was hatte er da gerade nur getan? Was war bloß in ihn gefahren? Er konnte doch nicht wirklich hingegangen sein und Sasuke geküsst haben… oder?! Vorsichtig griff er sich mit dem Zeige- und dem Mittelfinger seiner rechten Hand an die eigenen Lippen. Fuhr langsam die Konturen nach. Und auch wenn es ungemein kribbelte, so wusste er, dass dies nicht allein an der Berührung lag, sondern an den Erinnerungen, die ihn gerade schier durchfluteten. Er hatte Sasuke Uchiha, diesen fleischgewordenen griechischen Gott wirklich und wahrhaftig geküsst und das mit so einer dämlichen Ausrede namens Freibrief! Fahrig fuhr die Hand hoch und krallte sich in seine blonde Mähne, während er mehrfach und immer wieder mit seiner Stirn leicht auf seine Knie der angezogenen Beine aufschlug. Idiot! Idiot! Idiot! Wie sollte er denn jemals wieder in dieses Zimmer gehen können ohne vor Scham in den Boden zu versinken! Er hatte doch niemals… so direkt sein wollen! Aber es hatte sich wirklich so ergeben! Ursprünglich hatte er eigentlich geplant gehabt, mit Sasuke über dieses heikle Thema zu sprechen und ihm dann anzubieten – ja, nur ANZUBIETEN – ihn zu küssen. Und nun hatte er es einfach getan. Hatte dem Schwarzhaarigen ja nicht einmal die Möglichkeit gegeben, sich dagegen zu wehren oder das Ganze zu umgehen! Und dann… Moment! Sasuke hatte mitgemacht! Die plötzliche Erkenntnis ließ ihn innehalten. Es war ja nun wirklich nicht so, dass Naruto ihm einfach seine Lippen aufgedrückt hätte und so. Der Schwarzhaarige war sogar relativ schnell darauf eingegangen und hatte selbst, als Naruto das Ganze intensiviert hatte, nicht zurückgeschreckt und bereitwillig seine wundervollen Lippen geöffnet und seiner Zunge den Weg frei gemacht und sie mit seiner eigenen willkommen geheißen und… WOW! Stopp! Stopp! STOPP!!! Soweit dürfte er nun überhaupt nicht denken! Das war nur im Eifer des Gefechts passiert! Weil Sasuke aufgrund seiner eigenen Sexualität verunsichert war und nichts weiter! GENAU! Es war einfach so passiert! Es hatte sich so ergeben! Klar… irgendwo hatte sich mit diesem Kuss auch ein bisschen sein Traum erfüllt diesem Menschen noch näher zu kommen. Irgendwie freute ihn das nun auch… auch wenn er sich nun eingestehen musste, dass es sicherlich nur ein einmaliges Erlebnis bleiben würde… denn ob sich Sasuke nun wirklich über seine eigene Sexualität klar geworden war blieb ihm weiterhin verschlossen und selbst wenn… Sasuke schwul wäre… Er war nur Naruto. Klar, er war der Arzt, der Unmögliches geleistet hatte und sicherlich, wenn Sasuke diesen Umstand eines Tages erfahren sollte, wäre dieser ihm auch dankbar aber mehr sah Sasuke sicherlich nie in ihm und würde er auch nicht. Er war schließlich sonst nichts Besonderes und bald würde Sasuke, wenn das hier alles geklärt war, wieder in seine Welt zurückkehren. Dann würden dem Schwarzhaarigen wieder alle zu Füßen liegen und er hätte die wirklich große Auswahl. Wieso sollte er also dann noch Interesse an einem blonden Pfleger haben, der sich irgendwann mal wieder aufrappeln würde, um sein Studium zu beenden und dann diese Klinik übernehmen würde und… Ach… er hatte nie wirklich in diese High Society Welt gepasst. Selbst als Klinikchef würde er niemals solche Veranstaltungen besuchen wie es Sasuke in der Vergangenheit zu tun pflegte und daher würden mit Sasukes Genesung alle Berührungspunkte verschwinden. Dieser Kuss war schön. Nein, dieser Kuss war WAHNSINN und Naruto war im tiefsten Herzen dankbar dafür, dass er ihn erleben dürfte. Diese Erinnerung hatte sich nun auf ewig in ihn eingebrannt und er würde es sicherlich niemals vergessen! Ein Poltern ließ ihn aufschrecken und hochblicken und genau in diesem Augenblick kam Deidara keuchend vor ihm zum Stehen: „Hier bist du, Naruto-kun! Ich hab dich schon gesucht, hn!“ Einige Strähnen hatten sich aus Deidaras Zopf gelöst und hingen ihm nun wild ins Gesicht. Anscheinend hatte er das ganze Anwesen nach dem Blonden abgesucht: „Was hockst du hier auf dem Boden? Du weißt doch, das Iruka-kun bereits das Abendessen vorbereitet und du heute eigentlich Küchendienst hast und rede dich nicht damit heraus, dass du eigentlich Ruhe brauchst wegen der Nachtschicht und…“ „Hast du mich nur wegen dem Küchendienst gesucht?“, Naruto konnte sich nicht vorstellen, dass sich der Ergotherapeut nur deswegen die Mühe gemacht hatte durch dieses riesige Haus zu rennen. „Oi…nee… eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass dein Handy seit geraumer Zeit immer wieder klingelt und Danna schon richtig genervt ist deswegen! Dauert nicht mehr lange und er erschlägt es mit dem Nudelholz!“ Naruto hangelte sich mit dem Rücken und den Händen die Wand wieder nach oben. Das seltsame Gefühl in den Beinen schien verflogen zu sein und so beschloss er, ins Erdgeschoss zu gehen, da er den genannten Störenfried das letzte Mal dort auf der Anrichte in der Küche hatte liegen sehen. In der Küche angekommen entdeckte er Iruka pfeifend über die Kochtöpfe gebeugt und Sasori an der hinteren Wand gelehnt. Der Rothaarige schien den Koch genauestens zu beobachten als würde er dessen Kochkünsten nicht so ganz trauen. Doch Naruto wusste, dass Iruka trotz seiner normalen Ausbildung zum Hauswart ein hervorragender Koch war und selbst den einfachsten Gerichten das gewisse Etwas verpassen konnte. Kaum wollte er den Mund öffnen und Iruka fragen, was es denn wohl zu Abend geben würde, dröhnte erneut ein Nerv tötender Jingle von der Küchenzeile her zu den Eintretenden herüber. „Entweder du gehst augenblicklich da dran oder ich ertränke es im Spülbecken!“, grummelte der Leiter des Pflegepersonals und auch Iruka nickte bestätigend. „Wie oft…“, die Frage brauchte Naruto gar nicht zu Ende zu stellen, da sah er bereits im oberen Rand seines Displays, das 39 verpasste Anrufe eingegangen waren und der Schuldige versuchte es gerade ein vierzigstes Mal. Seufzend betätigte Naruto den Annahmebutton auf seinem Smartphone: „Was bist du denn so hartnäckig, Kiba?“ „War klar, dass es der dumme Hund ist!“, brummelte Neji, der gerade an Naruto vorbeigriff und sich ein Glas aus dem Regal hinter Naruto fischte. Naruto musste aufgrund dieser Bemerkung leicht grinsen. Sie waren jetzt seit über einer Woche in diesem Haus und waren seitdem auch nicht mehr in der Klinik gewesen. Daher fehlten derzeit die kleineren Streitigkeiten beim Mittagstisch zwischen Neji und Kiba und irgendwie vermisste dies Naruto. „Mann, Alter! Wo steckst du bitte?! Weißt du, wie oft ich versucht hab dich zu erreichen?“ „Oi, Kiba! Du weißt doch, dass ich dir unseren Aufenthaltsort nicht sagen darf!“, Naruto versuchte gerade sein entschuldigendes Lächeln zu vertonen, war sich aber nicht sicher, ob der andere dies registrierte. „Ja ja…schon klar! Mann, hier ist es voll öde ohne euch!“ „Sehnsucht?“ „Und wie, Alter! Aber hey…warum ich eigentlich anrufe…“, plötzlich wurde Kibas Stimme um einiges düsterer. Naruto musste schlucken. Etwas stimmte nicht, dass spürte er ganz deutlich! „Habt ihr gerade einen Fernseher in der Nähe?“ Naruto wusste, dass er in der Küche sicherlich keinen finden würde, daher trat er an Sasori vorbei in den nebenliegenden Raum. Hier befand sich das Esszimmer und dieses verfügte wie die meisten anderen Zimmer in dieser Villa über einen in der Wand eingelassenen Touch-Screen-Monitor. Dieser war eigentlich für die Bedienung der verschiedenen Alarmsysteme sowie den Zugriff auf das Internet, doch konnte man damit natürlich auch auf das normale Kabelfernsehen zugreifen. Sasori und Neji waren ihm neugierig gefolgt und standen direkt hinter ihm. Deidara blieb etwas unschlüssig in der Tür zwischen Küche und Esszimmer stehen. „Ja. Warum?“ „Schalt ihn ein. Sender ist eigentlich fast egal… es läuft auf allen Kanälen wobei der Lokalsender noch am Schnellsten mit Neuigkeiten aufwartet!“ Was hatte Kiba nur im Fernsehen gesehen? Und was bitte lief auf allen Sendern zeitgleich? War heute ein großes Baseballspiel angesetzt gewesen und er hatte vergessen mit den Jungs im Klinikum die Wetten zu platzieren? Aber das rechtfertigte doch keine 40 Anrufe! Schnell hatte er mit einigen flinken Berührungen auf dem Bedienfeld den Lokalsender Konohas eingestellt. Der Ton war aus und dennoch hätte er diesen auch nicht anmachen müssen. Die Bilder reichten ihm vollkommen. „Dein alter Boss…“, hörte er noch Kiba sagen, ehe ihm das Smartphone aus der Hand rutschte und hart auf dem Boden aufschlug. Auf dem Bildschirm wurden gerade zwei Bilder gezeigt. Eines zeigte einen in die Jahre gekommenen älteren Herren mir Halbglatze, dicklicher Knollennase, finsterem Blick und kleinem Bart. Daneben ein jugendlicher Typ. Weißhaarig und mit schiefen Grinsen. An sich würde er sich dabei nichts denken, doch sein Blick wurde schier festgesogen an der Bildunterschrift: KLINIKCHEF UND STUDENT ENTHAUPTET! DOPPELMORD IN KONOHA! Die Tür wurde ohne vorheriges Anklopfen aufgestoßen. Mit einem lauten Knall flog sie gegen den dahinter liegenden Schrank und Kakashi sowie Sasuke schreckten aus ihrem Gespräch auf. Der Mediziner hatte schon viel in den letzten Wochen erlebt, aber ein wahrlich verstörter Naruto war ihm noch nie untergekommen. Der blonde junge Mann stand breitbeinig in der Tür und atmete schwer. Als habe er gerade einen Marathon gelaufen und Kakashi wusste, dass selbst dies für den jungen Uzumaki kein Problem darstellte, doch wäre diese sportliche Betätigung nicht in der Kürze der Zeit möglich gewesen. Narutos Augen waren geweitet und es reichte dem Grauhaarigen nur ein kurzer Blick um zu wissen, dass etwas ganz und gar Schreckliches passiert sein musste. „Naruto?“, Sasuke klang verwirrt. Wer wäre dies bei einem solchen Auftritt nicht. Vor nicht einmal einer Stunde hatte Naruto noch recht gutgelaunt mit ihm hier auf dem Bett gesessen und – bei dem Gedanken spürte Sasuke eine leichte Röte aufsteigen – mit ihm den ‚Freibrief‘ eingelöst und nun wirkte er, als wolle er sie alle schnellstmöglich evakuieren weil das Haus in Flammen stand. Dem war aber sicherlich nicht so, denn selbst Sasuke waren die Rauchmelder in diesem Gebäude in ausreichender Anzahl aufgefallen… also was ließ Naruto so verstört in das Zimmer stürmen? Doch der Blonde reagierte nicht auf die plötzliche Ansprache, sondern löste sich aus seiner Starre und marschierte geradewegs auf den großen Schrank direkt gegenüber von Sasukes Bett zu. Darauf befand sich der große Fernseher – ein neueres Fabrikat mit LED – und diesen schaltete er auch ohne Rücksprache einfach an. Er schien keinen Sender suchen zu brauchen, denn anscheinend schien das, was er ihnen zeigen wollte zurzeit auf allen Kanälen zu laufen. Bald erschien vor ihnen ein reichlich ernst dreinblickender Herr mit einem Mikrofon in der Hand, welches er sich viel zu dicht unter seine beschlagene Brille hielt. Im Hintergrund waren einige Lichter zu sehen. Blau und Gelb und Weiß. Im unteren Bildrand zog ein Schriftzug immer wieder seine Runden: ‚DOPPELMORD IN KONOHA – LIVE vor Ort‘. Sasuke verstand nun immer weniger, doch er hatte zunächst das Gefühl, dass das, was ihnen Naruto hier zeigen wollte, nicht ihm galt sondern dem Arzt neben sich. Naruto schnappte sich unterdes die Fernbedienung und stellte den Ton lauter. Nun waren sie auch endlich dazu in der Lage zu verstehen, was dieser Reporter da so verzweifelt in sein Mikro haspelte: „… stehen hier vor dem Städtischen Klinikum Konohas, wo vor wenigen Stunden der Leichnam des Leiters, Herr Professor Doktor Onoki Tsuchikage, enthauptet und auf das Grausamste zugerichtet in seinem Büro aufgefunden wurde!“ Ein Bild des genannten Opfers wurde in Großaufnahme eingeblendet. Kakashi zog zischend die Luft zwischen seinen Zähnen ein. Er kannte Onoki sehr gut. Schließlich war er lange Zeit als Assistenzarzt unter diesem tätig gewesen bevor er zum Senyu-Klinikum gewechselt war. Sasuke hingegen schien noch immer nicht so ganz zu begreifen warum dies solch eine Unruhe in Naruto ausgelöst hatte. Kannte Naruto diesen Arzt etwa auch näher? Gerade wollte er genau das an den Blonden gewandt fragen, da hob dieser eine Hand als Zeichen, dass er nun wohl genauer aufpassen sollte. Daher wandte er erneut seine Aufmerksamkeit dem Bildschirm zu. „Wir schalten nun zu meiner Kollegin Karin Uzumaki nach Konoha-Hafen!“ Sasuke war bei der Nennung des Namens der nun erscheinenden Reporterin das Zusammenzucken Narutos aufgefallen. Kannten sie einander? Waren sie verwandt? Schließlich verwendete sie auch diesen Namen Uzumaki und dieser war sicherlich nicht allzu häufig! Die Rothaarige rückte ihre Brille zurecht und versuchte angestrengt eine strenge Miene aufzusetzen. Irgendwie hatte Sasuke das Gefühl, dass er diese Frau dort kannte. Zumindest zuckte sein linkes Augenlid verdächtig bei genauerer Betrachtung dieser Person. Wollte Naruto, dass er sich diese Frau genauer ansah? Vielleicht kannte er sie ja doch und Naruto wollte mit dieser Aktion hier irgendetwas in ihm wachrufen?! „Danke, Saito-san! Hier spricht Karin Uzumaki. Ich befinde mich hier nur wenige Meter vom Ort des Verbrechens entfernt. Auch hier fand auf grausamste Art und Weise eine Enthauptung statt und nach ersten polizeilichen Untersuchungen konnte zumindest ermittelt werden, dass beide Opfer mit ein und derselben Tatwaffe niedergestreckt worden sind. Demnach handelt es sich wohl um einen Doppelmord, der binnen kürzester Zeit knapp hintereinander ausgeführt worden ist von ein und demselben Täter!“ „Ich möchte, dass du nun ganz genau hinsiehst, Sasuke!“, unterbrach Naruto den Redeschwall der Moderatorin aus den Lautsprechern und sah den Schwarzhaarigen direkt an, der daraufhin nur nickte. „Mittlerweile konnte auch das zweite Opfer einwandfrei identifiziert werden! Es handelt sich um den 24-jährigen BWL-Studenten Suigetsu Hozuki…“ Erneut wurde ein Bild von der betreffenden Person eingeblendet. Ein Typ mit eindeutig seltsamen Stil. Ob es nun das Aussehen oder den Kleidungsstil betraf. Kinnlanges, unnatürlich schlohweißes Haar welches schon länger keinen Friseur mehr gesehen hatte. Ein schiefes Grinsen bei welchem spitze Zähne hervor blitzten. Ein fliederfarbenes, enges Oberteil welches wohl auf diese unnatürlich lilafarbene Augenfarbe mittels Kontaktlinsen abgestimmt war... Sasuke starrte dieses Bild an. Und er starrte… und starrte… bis es verschwamm… bis alles vor seinen Augen verschwamm…. „Sasuke-kun? Alles in Ordnung?“, Kakashi neben ihm legte sanft eine Hand auf die Schulter. Zunächst wunderte sich Sasuke, warum diese zitterte, doch dann wurde ihm bewusst, dass dies nicht von Kakashi ausging, sondern das sein ganzer Körper bebte. „Sas… du weinst…“ „Hä?“ „Ich sagte, Sas…du weinst!“ Hastig fuhr seine Hand hoch und wischte über die Augen. Naruto hatte Recht! Er… er weinte. Aber… Warum?! Und warum bebte und zitterte sein Körper so heftig? „Naruto?... Wie hast du mich gerade genannt?“, seine Stimme klang gebrochen, jedoch konnte er die ausbrechenden Tränen zurückdrängen. „Öhm… meinst du… Sas?“ Er nickte. Spürte, wie sich seine beiden Hände in die Bettdecke krallten und nun doch die Tränen aus ihn herausbrachen weil kein Staudamm dieser Welt diesem Druck hätte standhalten können. „So hat er mich immer genannt!“ Kakashi und Naruto zuckten beider Maßen überrascht zusammen. Hatte er gerade in der Vergangenheitsform gesprochen? Hieß das, dass Sasuke sich an etwas erinnern konnte? „Wer?“, Kakashis Hand rutschte von Sasukes Schulter und ergriff nun seine Hand. Der junge Schwarzhaarige schien noch reichlich verwirrt. „Ihn… Sui… Suigetsu Hozuki! Er war mein bester Freund und nun ist er…“ Stille kehrte ein in dem kleinen Raum und das einzige, was diese unterbrach war das Erlischen des Fernsehbildschirms nachdem Naruto diesen über die Fernbedienung ausgemacht hatte. Sasuke schluckte. Starr saß er da. Störte sich nicht mehr an den Tränenbächen und begann einfach zu reden, ohne dass er selbst bemerkte, dass er redete. Es sprudelte geradezu aus ihm heraus. Er merkte nicht, dass Sasori und Deidara hinzugekommen waren weil der ältere Pfleger nun eigentlich dafür zu sorgen hatte, dass Sasuke bettfertig gemacht wurde. Sasuke hingegen saß nur da. Wirkte apathisch und redete. Berichtete von Erinnerungen, die gerade wohl vor seinem inneren Auge abliefen und war dabei selbst nicht wirklich anwesend. Als berichtete gerade jemand anderes aus dem Körper des Patienten mithilfe verschütteter Informationen… „Bist du dir sicher, Sas? Das ist ganz schön creepy und es sind echt krasse Vorwürfe!“, Suigetsu lehnte sich zurück im Ledersessel hinter dem riesigen Schreibtisch welcher vor einer riesigen Fensterfront stand. Vor ihm eine aufgeschlagene Akte, die auf den ersten Blick und für einen nichtwissenden Laien nur unverständliche Zahlenreihen zeigte. „Natürlich bin ich sicher!“, Sasuke setzte sich auf die Ecke der Tischplatte und beäugte seinen weißhaarigen Freund kritisch, „Ich habe in den letzten Wochen nichts anderes getan, als dieses Beweismaterial zu sammeln! Diesmal ist er zu weit gegangen, Suigetsu! Diesmal werde ich damit zu Itachi gehen und dann werden wir…“ „Du weißt, dass selbst die Hälfte aller Richter hier korrupt sind und unter seiner Fuchtel sehen!“, Suigetsu begann sich in diesem Sessel um sich selbst zu drehen und das in einer Geschwindigkeit, die Sasuke genervt seufzend wegblicken ließ. Warum benahm sich sein langjähriger Freund auch jedes Mal wie ein kleines Kind sobald er ihn in seinem Büro im obersten Stockwerk der Uchiha Corp. besuchte? „Schon klar. Ich habe auch ehrlich gesagt nicht vor, es nach außen zu tragen. Schließlich ist es Familien-Interna und es würde ein schlechtes Licht auf den ganzen Clan werfen und…“ Suigetsu hielt in seiner privaten Karussellfahrt inne: „Das hört sich aber schon wieder ziemlich nach Schwanz einziehen an, Sas! Wenn ganz oder gar nicht!“, dann erhob er sich und schritt ans Fenster, „Du bist doch sonst der kühle Stratege!“ „Er ist der Bruder meines Vaters!“, Sasuke schritt um seinen Tisch herum und nahm nun in seinem nun freigewordenen Sessel Platz. „Und? Dieser Bruder deines Vaters ist gerade dabei die Söhne deines Vaters zu ruinieren und das ohne mit der Wimper zu zucken noch Rücksicht bei der Wahl der Mittel zu nehmen!“ „Ja… du hast Recht, Sui. Er ist wirklich zu weit gegangen!!“, er schlug die Akte zu. Er hatte sich die letzten Nächte mit diesem Mist um die Ohren schlagen müssen und er konnte es schon bald nicht mehr sehen. Es war so niederschmetternd! Hatten sein Bruder und er seit dem Tod der Eltern nicht schon genug mitmachen müssen? Wieso stellte sich nun auch noch die eigene Familie gegen sie? Und dann noch mit solchen… illegalen Methoden? „Wirst du ihn zur Rede stellen bevor du dagegen vorgehst?“, erklang Suigetsus Stimme nach einer ganzen schweigsamen Weile direkt hinter ihm. „Ja. Ich sehe ihn während meiner Geburtstagsfeier nächste Woche im ‚Susanoo‘. Er hat zugesagt und in der Öffentlichkeit wird er sich wohl keine ungebührlichen Schnitzer erlauben!“ „Glaubst du, er ahnt etwas, dass du ihm auf die Schliche gekommen bist?“, Suigetsu entfernte sich nun von der Fensterfront und nahm in der Besuchersitzecke des geräumigen Büros Platz. „Keine Ahnung. Juugo meinte er sei vorsichtig gewesen beim Beschaffen der letzten Beweise! Allerdings habe ich ihn nicht mehr erreichen können nachdem er mir das hier“, er wies auf die Akte, „übergeben hat!“ Es kehrte erneut Stille ein. Diesmal war sie weitaus unangenehmer zu ertragen als die vorangegangenen. „Glaubst du, sie haben ihn…“ „Ich habe Juugo gesagt, er soll sich aus dem Staub machen wenn er das Gefühl hat, dass es brenzlig wird und er ist nicht dumm!“ „Nee, dass ist er echt nicht! Juugo ist der beste Hacker und wusste bestimmt schon Stunden vorm Attentäter Bescheid der auf ihn angesetzt war!“, Suigetsu lachte leise auf. Ein ehrliches Lachen klang anders, das wusste Sasuke. Es war eher ein Lachen, dass ihnen beiden wohl Mut und Zuversicht schenken sollte. „Sui?“ „Hm…ja?“ „Danke“ „Oi! Wo ist denn das eiskalte Superarschloch hin?“, der Weißhaarige sprang gespielt überrascht auf und Sasuke musste leicht schmunzeln. „Ich geb dir gleich Superarschloch! Dafür möchte ich mindestens zwei Drinks spendiert bekommen bei der Party!“ „Geht klar, Chef!“ Das Telefon klingelte laut und schrill und riss ihn aus seinen Gedanken. Er war gerade dabei die Daten der Buchhaltung zu kontrollieren so wie es ihm Itachi gesagt hatte. Auf dem Display stand etwas von einer unterdrückten Nummer. Sasuke mochte es nicht wenn er nicht wusste, wer ihn zu einer solch späten Stunde – sein Blick auf die Uhr zeigte bereits weit nach 1 Uhr nachts – noch im Büro anrief und dennoch hob er ab. „Uchiha?“ „Sas…Sasuke?“ Die Stimme war brüchig, abgehakt. Aber die Verbindung war klar und deutlich, so dass sich Sasuke sicher sein konnte, dass es an der körperlichen Verfassung des Anrufers liegen musste. „Juugo…bist du es?“, der Schwarzhaarige war sich gar nicht bewusst darüber, dass er aufgesprungen war und nun den Hörer fester an sein Ohr presste. Es folgte Rauschen. Vermutlich befand sich der Orangehaarige in der Nähe vom Strand oder dem Hafen. Mehrmaliges zittriges ein- und ausatmen. „Sas… 7876. Du weißt wo. Sag die Feier ab!“, erneutes Rauschen und Sasuke spürte, dass er selbst wohl die ganze Zeit den Atem anhielt, „Sag sie ab…Sas…Falle…“, dann brach die Verbindung ganz ab. Wurde abgelöst von einem monotonen Tuten. „Was sollen diese Unterstellungen, Sasuke! Wie kannst du so etwas behaupten ohne…“ „Ich habe Beweise, Itachi! Bitte! Sieh dir alles an und dann verstehst du auch, warum ich so handeln musste!“ Im Hintergrund wummerte ohrenbetäubend ein dumpfer Technobeat und ab und an huschte die umherschwenkende Beleuchtung über ihre beiden Gesichter. Rot. Blau. Grün. Gelb. Schwarzlicht. „Das ist doch Unsinn!“ „Ach ja? Wegen diesem Unsinn ist Juugo verschwunden! Wegen diesem Unsinn fehlen 2,4 Millionen Dollar! Wegen diesem Unsinn sind wir bald pleite und müssen verkaufen obwohl wir nicht pleite sind…“ „SASUKE! Es reicht!“, laut schlug die Hand des älteren Uchihas auf den Tresen der Bar, „Heute feiern wir hier deinen Geburtstag! Und da möchte ich so etwas nicht hören!“ „Ganz wie du meinst, Bruder!“, schnaubend wandte sich Sasuke ab und verschwand in der Menge auf der Tanzfläche. „Ich muss weg hier….Sui…gib mir die… Schlüssel!“ „Ich geb dir ganz bestimmt nicht die Autoschlüssel, Sas! Du bist betrunken!“ „Ich…ich bin nicht… betrunken… Schlüssel…sofort!“, er schwankte gefährlich nach vorne, schaffte es aber noch, sich in die Schulter seines weißhaarigen Freundes zu krallen um nicht wirklich zu fallen, „Ich bin nur… müde und…ich muss weg …hier!“ „Na, noch besser! Denkst du einem müden Idioten geb ich die Schlüssel eher als einem besoffenen Idioten?“ „Sui… die wollen… die wollen… ich bin tot!“ „Schaust noch recht lebendig, dafür aber hacke dicht aus!“, Suigetsu lehnte den nun in seinen Armen immer schwerer werdenden Körper seines besten Freundes gegen die Fahrertür des Porsches und blickte sich dann um. Ziemlich offensichtlich hielt er Ausschau nach einem Taxi, doch konnte keines finden. Stattdessen entdeckte er etwas anderes: „Oh, sieh mal, Sas! Da sind Itachi und Obito! OI!!! ITACHI!!! OI!", wild winkte er den beiden anderen Uchihas zu, die wohl zum Luftschnappen gerade aus dem Hinterausgang der Disco schritten. Sasukes ganze Körperhaltung versteifte sich: „NEIN!“, er holte aus und schlug dem überraschten Suigetsu ins Gesicht. Dieser strauchelte nach hinten und ließ dabei den Schlüssel in seiner Hand fallen. Schnell hatte Sasuke diesen aufgehoben und löste die Zentralverriegelung seines Porsches. Als Suigetsu sich leise fluchend die blutende Nase haltend und mit der herbeigeeilten Hilfe Itachis erhob zischte gerade der Porsche vom Parkplatz des ‚Susanoo‘. Suigetsu. War…tot?! Juugo… verschwunden? Was…??? Die Bilder in seinem Kopf schlugen auf ihn ein wie das stetige Hämmern eines Presslufthammers auf Asphalt. Alles drehte sich, verschwamm vor seinem inneren Auge in unterschiedliche Farben. Formte neue Bilder. Er sah nicht nur seine letzten Momente mit seinem besten Freund Suigetsu, auch Fetzen aus seiner weiteren Vergangenheit schlugen ohne Rücksicht zu. Die alte Weisheit, dass man sich gerade an die schlimmsten Gegebenheiten am Längsten erinnerte, schien sich in diesem Augenblick zu bewahrheiten und Sasuke hätte in diesem Augenblick alles dafür getan, wenn diese düstere Bilderflut in seinem Kopf ein Ende nehmen würde. Die Beerdigung seiner Eltern erschien ihm plötzlich so real und so nah, als wäre er gerade eben erst aus dem Krematorium geschritten an der Hand seines Bruders. Bilder eines teuflischen Grinsens. Die gescheiterte Übernahme der Akatsuki Group in den Staaten. Das dunkle grollende Auflachen einer finsteren Stimme. Der Tod des Schäferhundes Aoi ein gutes Jahr nach der Beerdigung der Eltern. Er schlug die Hände über seinem Kopf zusammen. Spürte, wie sich sein Körper immer mehr verkrampfte. Zitterte. Förmlich danach schrie, aufzuspringen und einfach fort zu rennen. Egal, wohin. Doch seine Beine würden dies nicht zu lassen! Panik stieg in ihm auf. Er hatte etwas in Erfahrung gebracht. Und er hatte sich nur zwei Personen in dieser Zeit voll und ganz anvertraut… Suigetsu und Juugo. Der eine war nun tot und der andere verschwunden. Dieses Lachen… dieses Grinsen, welches sich immer wieder in seinem Kopf wiederholte… dieser Mensch war zu allem fähig. Sicherlich… sicherlich war Juugo am Tag dieses seltsamen Anrufs auch etwas zugestoßen! Und er war schuld daran! Er hatte diesen beiden Menschen etwas anvertraut, was sie ins Unglück gestürzt hatte. Ins Verderben. In den sicheren Tod! Seine Hände krallten sich mit aller Brutalität in seine Kopfhaut. Er schrie. Schrie…schrie…schrie… Hörte nicht, wie man beruhigend auf ihn einsprach. Spürte nicht, wie Hände nach ihm griffen. Erst als diese versuchten, ihn in die Matratze zurückzudrücken schlug er um sich. Mit einer Kraft, mit der in diesem Zimmer sicherlich niemand gerechnet hatte. Er wollte nur noch weg. Weg… weg… WEG! Hier waren auch Menschen! Menschen, die er mochte! Und er wusste etwas, was er nicht wissen dürfte und auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte, so würde dies Suigetsus Mörder nicht aufhalten, weiterhin Jagd auf ihn zu machen... auf ihn und alle, mit denen er sich umgab! „Verdammt! Holt Neji und Iruka! Er verletzt sich noch selbst!“ „Deidara, fixiere ihn mit dem Fitnessband ans Gestell!“ Sein Körper, tagelang steif und zu nichts zu gebrauchen, bäumte sich unter den fremden und doch vertrauten Händen auf! Wieso ließen sie ihn nicht in Ruhe? Sie waren alle in Gefahr wenn sie sich weiterhin um ihn kümmerten! Sie würden enden wie Sui…enden wie Sui! Nein! Das dürfte… nicht passieren! „Kakashi! Verabreich ihm Midazolam oder ein anderes Benzodiazepin!“ „Neji… Hatte er nicht schon Tranxilium zum Kaffee?“ „Nein, er wollte es mal ohne Beruhigungsmittel probieren!“ „Hast du das nachgeprüft, Naruto?“ „Oi, die Pillen liegen doch noch alle hier auf dem Nachttisch!“ „‘Tschuldige, ist mir beim Fixieren der Arme nicht aufgefallen!“ Alles verschwamm. Seine Kräfte ließen nach. Sein Gefühl ließ nach. Nur noch Dunkelheit, die nach ihm griff. Dunkelheit… Dunkelheit… ein Sattelschlepper! Scheiße! Da war ein Sattelschlepper! Er musste bremsen! Bremsen! Wieso… wieso bremste er nicht?! Wieso… hielt das Auto nicht? Wieso… Zu spät! Schmerzen… es tut so weh… alles tut so weh…. Alles dunkel… so dunkel… Schweigend saßen sie alle beisammen im Esszimmer der Namikaze-Villa. Niemand schien irgendetwas sagen zu wollen oder zu können. Zu sehr saß ihnen noch der Schrecken von Sasukes Reaktion in den Gliedern. Niemals hätten sie einen Zusammenhang vermutet und doch… Sasuke war in etwas hineingeschlittert, das war ihnen allen nun klar. Man hatte versucht Itachi zu kontaktieren, was ihnen auch über dessen Sekretär Kisame ohne weiteres gelungen war. Nur konnte dieser nicht sofort zu ihnen kommen. Orochimaru Hebi hing noch in einer längeren Operation fest und konnte daher nicht sofort als sein Doppelgänger fungieren. Und auch wenn sie alle unendlich viele Fragen an den älteren Uchiha hatten, so wussten sie, dass sie warten mussten. Es war einfach zu gefährlich. Itachi konnte nicht ohne diesen Identifikationstausch mit Orochimaru zu ihnen kommen. Denn auch, wenn sie nun eine gewisse Ahnung hatten, was in dieser verhängnisvollen Nacht vor über sechs Monaten geschehen war, so wussten sie immer noch nichts über den oder die Täter. Und mit diesen war nicht zu spaßen. Onoki Tsuchikage war tot. Brutal ermordet in seinem Büro des Städtischen Klinikums. Suigetsu, wie sie nur kurz zuvor erfahren hatten Sasukes bester Freund, wurde ebenfalls auf die gleiche bestialische Weise getötet und das unmittelbar nach dem Mord an dem Klinikleiter. Ein gewisser Juugo galt noch als verschwunden und das einzige, was er Sasuke hinterlassen hatte, waren die Zahlen 7876. Diese Zahlenkombination nuschelte der Patient selbst jetzt noch in seinem unruhigen Schlaf nachdem es ihnen endlich gelungen war, ihn auch nur etwas zu beruhigen und ihn mit unterschiedlichen Mitteln ruhig zu stellen. „Was nun?“, fragte Asuma schließlich in die Runde und zog nachdenklich an seinem Glimmstängel. Normalerweise rauchte er nicht innerhalb eines Gebäudes, doch nun störte sich wahrlich niemand daran. „Ist wirklich jeder zweite Richter korrupt?“, flüsterte Deidara fast unverständlich leise und Sasori legte ihm behutsam eine Hand auf den Oberschenkel. „Wer weiß. Aber wenn dem so ist, wem können wir dann noch vertrauen? Der Polizei?“ Wieder Stille. Iruka erhob sich und verschwand einen Moment in der Küche, nur um kurz darauf mit einem Tablett wiederzukommen. Schweigend reichte er allen Anwesenden eine Tasse Tee und nahm dann wieder neben Naruto Platz, der sich daraufhin erhob. Fragende Gesichter blickten zu dem Blonden, welcher laut seufzte und den Stuhl an den Tisch heranschob. „Ich werde zu ihm gehen!“ „Aber er schläft doch!“, entgegnete Neji sofort und verstand Narutos geplantes Handeln nicht. „Das ist mir klar und ich habe auch nicht vor, ihn zu wecken. Nur…“, er löste die Finger von der Stuhllehne und trat einen Schritt zurück, „…er sollte nicht alleine sein, wenn er aufwacht!“ „Sagt das der Psychologe oder…“, Kakashi schien trotz der angespannten Situation unter seinem Mundschutz zu schmunzeln. „Nein“, der Blonde wandte sich nun der Tür zu und entfernte sich von seinen Kollegen, „Das sage ich als sein Freund. Und als Psychologe sage ich, dass Sasuke nun wirklich jeden Freund braucht!“, dann verschwand er auf dem Gang und die anderen konnten nur noch die sich entfernenden Schritte die Treppenstufen hoch hören. „Wir sollten noch vorsichtiger nach außen hin agieren!“, auch Kakashi erhob sich, jedoch nur um sich die noch unangetastete Tasse Tee des Blonden zu sich herüber zu ziehen. Er mochte die besondere Teemischung des jungen Hauswarts Iruka und empfände es als Verschwendung, diesen Tee kalt werden zu lassen. „Wirklich kein Wort zu niemanden. Ausgehverbot für’s erste. Wir sollten dem Sicherheitsteam dieser ganzen Senyu-Anlage ebenfalls Bescheid geben und die Sicherheitsmaßnahmen für das ganze Grundstück und nicht nur für dieses Gebäude allein erhöhen!“ „Ist das dann nicht zu viel?“, Sasori räusperte sich, „Nach außen hin ist es doch sehr auffällig, wenn plötzlich mehr Streifen der Privatwache der Senyus um das Grundstück patrouillieren!“ „Mag sein“, Asuma atmete eine Rauchwolke Richtung Zimmerdecke aus, „Aber wie heißt es so schön: Vorsicht ist besser als Nachsicht und daher gebe ich Kakashi vollkommen recht. Wir wissen nun, dass es sich nicht um einen simplen Attentäter handelt, sondern dass wohl eine ganze Organisation dahintersteckt und somit unsere schlimmsten Befürchtungen wahr geworden sind. Sasuke Uchiha ist in absoluter Lebensgefahr. Auch wenn er sich immer noch nicht an genau alles erinnert, hat er etwas mitbekommen. Etwas, was seine Gegner nicht einmal davor hat zurückschrecken lassen unbeteiligte Personen mit ein zu beziehen und diese förmlich… hinzurichten!“ „Wie lange… also… glaubt ihr, Sasuke wird sich auch bald an den Rest erinnern können?“, Deidara wirkte in seiner Frage unsicher. Aber er wusste auch, dass sie ihm zustand. Schließlich war er eigentlich nur ausgebildeter Ergo- und Fitnesstherapeut und hatte nicht die medizinische Bildung seiner Mitbewohner. „Hm. Schwierig zu sagen. Bis vor kurzen hätte ich fast vermutet, dass er sich wohl so schnell an nichts mehr erinnern wird. Langzeitamnesie und so. Aber diese Nachricht…“, Neji kreuzte die Arme vor seinem Brustkorb und senkte mit geschlossenen Augen den Kopf, „…die Nachricht vom Tod seines besten Freundes… das hat etwas in ihm wachgerufen. Ich denke, er wird in den nächsten Tagen noch weitere solch dramatischen Erinnerungen zurückerlangen und dann…“ „Naruto ahnt dies wohl und ist deswegen jetzt…“, Deidara stoppte, da reihum bereits alle nickten. „Dennoch brauchen wir auch Unterstützung außerhalb! So kommen wir nicht weiter und wir können uns hier nicht ewig verstecken!“, seufzte Asuma und drückte nun die Zigarette im bereitstehenden Aschenbecher aus. „Hm… ich hätte da eine Idee! Zumindest wüsste ich jemanden, den wir um Hilfe bitten könnten!“ Alle Anwesenden wandten sich nun Kakashi zu, welcher seinen Kopf nun auf beiden Händen auf der Tischplatte abstützte. „Ich hatte vor…hm… rund 10 Jahren einen sehr guten Freund und er hat damals eine Ausbildung bei der Polizei gemacht und deswegen und wegen anderer Kleinigkeiten verloren wir uns aus den Augen. Ich habe mich an ihn erinnert weil Sasuke ihn eben bei seinen Schilderungen kurz erwähnt hatte und ich glaube, dass Itachi ihn bezüglich auch keine Bedenken hat!“ „Wen meinst du?“, Sasori setzte sich aufrechter hin. „Ich spreche von Obito Uchiha!“ Kapitel 8: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann... ----------------------------------------------- KOMA Rezept 8 WER HAT ANGST VORM SCHWARZEN MANN… Er hatte sich leise in das Zimmer hinein geschlichen. Darauf bedacht, die Türe geräuschlos zu schließen und um sich dann dem Bett anzunähern, in welchem der Schwarzhaarige schlief. Sasukes Schlaf war unruhig. Auch wenn er sich weniger hin und her wälzte, so verzog sich seine Mimik im Schlaf immer wieder als hätte er Schmerzen. Ein leichter Schweißfilm glänzte auf seiner Stirn und Naruto war sich zunächst unsicher, ob er überprüfen sollte ob der Schwarzhaarige im Fieber lag. Er wollte ihn nicht wecken durch eine Berührung, andererseits schien es ihm auch nicht so, als wäre dieser Schlaf erholsam. Etwas unschlüssig stand er noch eine Weile vorm Bett und fühlte sich absolut überfordert. Eine Situation, die er bislang so und in diesem Ausmaß noch nicht kennengelernt hatte. Nicht einmal in der Zeit, als man… nein, als Onoki ihm nahegelegt hatte, das Städtische Klinikum vorerst zu verlassen…bis Gras über alles gewachsen sei. Nun war der alte Mann tot. Naruto hatte ihn gemocht. Onoki Tsuchikage war streng gewesen, hatte aber einen mitunter unvergleichlichen Humor bei der Arbeit an den Tag gelegt und es hatte dem Blonden wirklich Spaß gemacht unter diesem erfahrenen Mediziner zu arbeiten und zu lernen. Und obwohl er den alten Klinikchef nie näher kennengelernt hatte als über ihre Arbeit hinaus fühlte er Trauer in sich aufkommen. Wie mochte sich da nun Sasuke fühlen? Dieser war bislang ahnungslos gewesen und plötzlich schlugen diese ganzen Erinnerungen gnadenlos zu und er musste erkennen, dass all seine Mitstreiter ermordet oder verschwunden waren. Naruto wusste, dass Sasuke nun eine starke Schulter bräuchte… konnte er sie ihm geben? Er wollte nicht, dass der Uchiha vielleicht etwas falsches vermutete hinter Narutos Anteilnahme, aber… Sasuke brauchte ihn jetzt…oder nicht?! Innerlich seufzte er, fuhr sich mit beiden Händen durch die wirren blonden Strähnen und setzte sich schließlich auf den kleinen Stuhl direkt neben das Bett. Stierte nur auf den sich immer wieder hebenden Brustkorb des anderen. Sasukes Arme lagen ruhig parallel zum Körper. Nur ab und zu zuckten die Finger und es schien, als wollten sich die Hände zu Fäusten ballen. Mehr aus Reflex umschloss Naruto die rechte Hand des Schwarzhaarigen mit seinen Händen und augenblicklich löste sich deren Anspannung. Fasziniert starrte er auf ihre Hände. Sie passten so gut zusammen… und ineinander. Seine waren noch leicht gebräunt vom letzten Sommer, während die vom Uchiha weiß wie der Schnee in seinen ruhte und dennoch ging von ihnen eine Wärme aus, die den Blonden schier durchflutete. „Wie…?“ Naruto erschrak und zog daraufhin seine Hände zurück. Sasukes Hand fiel zurück auf das weiße Laken und wirkte plötzlich so verlassen…zerbrechlich, doch Naruto konzentrierte sich nun auf den Schwarzhaarigen selbst, der ihn mit halbgeschlossenen Lidern müde anblickte. „Hu?“ „Wie…wie lange habe ich geschlafen?“, Sasuke Stimme klang heiser. Als habe er die ganze Zeit geschrien. Eigentlich hatte er das auch. Es war nicht einfach gewesen, ihn zu beruhigen und Naruto hatte noch nie so sehr mit einem Menschen mitgefühlt als mit Sasuke. Dabei hatte er wirklich schon viele schlimme Geschichten gehört, gerade durch sein Psychologiestudium und anschließender Praxis. Er sah kurz auf die digitale Funkuhr über der Zimmertür und dann wieder direkt zu seinem Patienten: „Nicht lange! Gerade einmal zwei Stunden!“, er wusste noch nicht genau, wie er nun das Gespräch beginnen wollte. Normalerweise ließ man einen Patienten mit seinen Problemen auf einen zukommen. Dieser sollte das Tempo bestimmen. Doch nun… „Oi!“, er versuchte sich an einem Lächeln, „Hast du Hunger oder Durst? Iruka hat einen spitzenmäßigen Eintopf gemacht, echt jetzt, und du hattest ja noch…“, doch der Schwarzhaarige schüttelte bereits verneinend den Kopf, „…nichts zu Abend!“ Sasuke hingegen wandte nun den Blick ab und stierte hinauf zur Zimmerdecke. Das ganze Gesicht wirkte ausdruckslos, doch Naruto wusste, dass es im Kopf des Uchihas unaufhörlich ratterte. „Suigetsu…also“, flüsterte er und schien eigentlich nur Gedanken ausgesprochen zu haben. „Hm, ja!“, antwortete Naruto dennoch. „Er war… nur mein bester Freund. Also, wir hatten nichts miteinander!“, unterbrach schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens erneut Sasuke die Stille, dabei wusste Naruto, dass höchstens fünf Minuten verstrichen sein müssten. „Ich habe nichts dergleichen…“ Sasukes Lippen verließ ein Geräusch, dass einem unterdrückten Auflachen gleich kam: „Oh man… da muss man mich wirklich erst einmal ein halbes Jahr ins Koma schaffen und meinen besten… Freund töten, damit ich mal den Mut habe, jemanden zu sagen, dass ich schwul bin! Traurig“, er wandte Naruto nun sein Gesicht zu, blickte ihn an aus rotumrandeten Augen, „…oder?“ Naruto zuckte nur mit den Schultern: „Andere haben ihr ganzes Leben lang kein Coming out…“ „Ich war nach außen hin immer ein Arschloch. Niemand kannte den wahren Sasuke Uchiha. Ich wollte niemanden an mich heranlassen. Wollte der eiskalte und überhebliche CEO der Uchiha Corp. sein und nichts anderes. Denn wenn man Menschen an sich ran lässt, wird man nur verletzt. Sui und Juugo hat dies dennoch nie interessiert. Sie haben stets von klein auf all meine Launen ertragen und waren auch die einzigen, die stets alles von mir wussten! Und was hat ihnen das gebracht?“, Sasukes Augen schimmerten verdächtig. Sein Gesicht wirkte angespannt. Auf Naruto machte es beinahe den Eindruck, als läge vor ihm ein trotziges Kind und dennoch war da nur ein Erwachsener, dessen Welt gerade Stück für Stück bröckelte. Dabei hatten seine Erinnerungen sie wieder aufbauen sollen! „Sag, Naruto! WAS hat es ihnen gebracht, so verbissen an einer Freundschaft zu mir festzuhalten?!“, Tränen verließen die Augenwinkel, rannen hinunter. Tropften auf das weiße Laken und ließen Naruto schlucken. Er kannte Sasuke aus all diesen Reportagen, die seine Schwester moderierte. Der kühle Schönling. Der berechnende Teilhaber eines riesigen Unternehmens. Er kannte den schnippischen Ton aus den Interviews. Das arrogante Augenrollen… und nun… vor ihm lag ein gebrochener Mann. Verzweifelt. Traurig. Und sich an allem die Schuld gebend. Vollkommen unbewusst ergriff er wieder die zittrige Hand des anderen und drückte sie. Schaffte es somit, dass der Uchiha seinen Kopf wieder leicht in seine Richtung drehte und ihn ansah mit diesen tiefschwarzen und traurigen Augen. „Juugo und Suigetsu… wegen mir…. sind beide…“ „Juugo ist nicht tot!“, unterbrach ihn Naruto barsch und unterstrich diese Aussage, indem sein Druck auf die Hand des Schwarzhaarigen fast schmerzhafte Auszüge annahm. Sasuke hob eine Braue, erwiderte aber nichts. „Das… das mit Suigetsu ist wirklich tragisch“, Naruto holte tief Luft und seine Stimme klang deutlich ruhiger. Er wollte nicht aufbrausend auftreten. Sasuke brauchte nun einen ruhigen, einen verlässlichen Gesprächspartner und niemanden, der sich von Emotionen, ob die eigenen oder die deutlich spürbaren des Uchihas, verleiten ließ. Sasukes Blick ruhte fragend auf ihm. „Ich vermute sogar, dass Juugo in Sicherheit ist! Auf alle Fälle lebt er noch!“, auch wenn er versuchte ruhig und sachlich zu klingen, so gelang es ihm nicht, die Hoffnung und den eigenen festen Glauben an das Gesagte durchschimmern zu lassen. „Wie…?“, Sasukes Augen weiteten sich etwas überrascht. Der Schwarzhaarige war sich nun nicht so sicher, ob Naruto dies alles nur sagte, um ihn ein wenig aufzumuntern. Er konnte den Blonden noch nicht so wirklich einschätzen. Dafür kannte er ihn eindeutig noch nicht gut genug. Alles, was er bereits jetzt mit Bestimmtheit sagen konnte, war die Tatsache, dass er sich aus irgendeinem unerfindlichen Grund in Narutos Gegenwart sehr wohl und ja… auch sicher fühlte, auch wenn der junge Psychologe sicherlich kein Paradebeispiel an körperlicher Stärke darstellte…. Zumindest war dies der Eindruck, den Naruto auf ihn in diesem Pullover und der weiten Hose vermittelte. „Du fragst dich nun sicherlich, wie ich zu so einer Vermutung komme, nicht wahr?“, Naruto schien das leichte Nicken des Schwarzhaarigen dennoch zu bemerken und fuhr ungehindert fort, „Ich bin mir ziemlich sicher, dass dein Bruder Itachi einmal erwähnt hat, dass sein Sekretär Kisame mit Juugo in Kontakt steht. Dieser hatte sich während deines Komas wohl häufiger nach deinem Zustand erkundigt! Ergo: Er ist irgendwo da draußen“, er deutete auf das Fenster, „und ihm geht es soweit gut, dass er Kisame anrufen konnte! Wir müssen ihn nur noch finden, echt jetzt!“ Mit jedem weiteren Wort schien sich Sasukes Miene etwas aufzuhellen und so hob sich auch Narutos Stimmung. Es war offensichtlich, dass der Schwarzhaarige nun wirklich wieder Hoffnung schöpfte, wenigstens einen seiner Freunde nochmals wiedersehen zu können. Natürlich wusste Naruto auch, dass diese Hoffnung ein zweischneidiges Schwert war. Schließlich rannte da noch ein Killer durch die Stadt, der es wirklich auf alle Personen abgesehen hatte, die etwas mit dem Uchiha zu tun gehabt hatten. Zwar wusste er noch nicht so ganz genau, warum deswegen der Klinikleiter Onoki so grausam hatte sterben müssen, aber so lange dieser Killer nicht gefasst war, konnten sie auch nicht auf die Suche nach Sasukes Freund gehen. Nun hieß es abwarten. Vielleicht setzte sich dieser Juugo ja zwischenzeitlich wieder mit Itachis Sekretär in Verbindung… es wäre Sasuke zu wünschen! Sasuke räusperte sich kurz und gewann damit wieder Narutos volle Aufmerksamkeit, die kurzfristig etwas in Gedanken versunken war: „Das letzte Telefonat…“, er seufzte und Naruto dachte, Sasuke würde nun fortfahren, doch es kam nichts mehr. Irgendwie schien der Patient gerade selbst in Gedanken versunken. Es war offensichtlich, dass er sich gerade versuchte an Einzelheiten zu erinnern, denn Naruto sah, dass Sasuke die Stirn leicht kraus zog und sich eine niedliche kleine Falte auf dem Nasenrücken zwischen den feingeschwungenen Brauen bildete. Sasuke Uchiha war wirklich atemberaubend schön… selbst wenn er geistig verwirrt und tief nachdenklich war. Nichts konnte diesen Mann entstellen und Naruto spürte den sich steigernden Herzschlag in seiner Brust allein bei den Gedanken an ihren Kuss nur wenige Stunden zuvor und den sie bislang noch nicht zur Sprache gebracht hatten. „Juugo war am Hafen. Zumindest von den Hintergrundgeräuschen her. Ich hörte das Meer. Die Möwen. Aber auch das Scheppern von Containern bei der Verladung“, Sasukes Stimme wurde nach und nach leiser. Langsamer. Er schien über jedes Wort nachzudenken. In sich zu gehen. Sich die Bilder vor sein inneres Auge zurückholend und diese mit Dingen zu verknüpfen, die bislang nur er wusste, da sie noch nicht ausgesprochen worden waren. „Die Uchiha Corp. besitzt mehrere Lagerhallen im Hafengebiet. Ich glaube… nein, ich weiß, dass Juugo dort…“, seine Hand fuhr fahrig über die Stirn in das schwarze Haar, „…also, ich habe ihm gesagt, er solle dort… irgendetwas beobachten! Ach verdammt!“, die Hand im Haar krallte sich kurzzeitig in die Mähne, ehe sie ruckartig zurückfuhr und zur Faust geballt auf die Matratze aufschlug. Naruto rührte sich nicht. Sprach nicht. Er wusste, dass Sasuke nun seine Ruhe und seine Zeit brauchte um all das, was nun durch seinen Kopf ging, zu sortieren und in die richtige Reihenfolge zu bringen. Die Stille im Zimmer war irgendwie seltsam. Nicht einmal die Geräusche der anderem im Esszimmer aus dem Erdgeschoß waren mehr zu hören. Daher erschrak der Blonde auch leicht, als Sasuke plötzlich tief Luft holte: „Am Hafen gibt es einen alten Güterbahnhof. Er wird nicht mehr wirklich genutzt, aber… aber dort gibt es noch alle Schließfächer. Eines davon hat die Bezeichnung meines Geburtsdatums. 2307“, irgendwie schien sich der durchdringliche Blick, der nun auf Naruto lag, zu verstärken, „Die Zahlenkombination an diesem Schließfach ist die 7876. Das hatte Juugo gesagt. 7876. Dort muss etwas drin sein, was das hier alles… aufklären könnte und…“ „Ich werde es kontrollieren!“, entfuhr es Naruto und dabei sprang er auf, „Verlass dich darauf! Egal, was in diesem Schließfach ist! Ich werde es finden und herbringen!“ „Aber ich weiß nicht…“, Sasuke drehte sich wieder leicht weg von ihm. Zögerte. „Naruto! Es ist gefährlich! Vielleicht lauert man dir auf! Ich könnte nicht verantworten…“ „Quatsch! Mach dir keine Gedanken, Teme! Ich krieg das hin!“, Naruto setzte sich auf die Bettkante und beugte seinen Oberkörper leicht über den abgewandten Körper des Uchihas, „Was ist denn schon dabei, in den Hafen zu fahren und nachzusehen, was in dem Schließfach ist, hm?“ Der Kopf des Schwarzhaarigen fuhr herum: „Ja, genau! Was ist denn schon dabei, wenn der Killer da noch rumläuft und darauf wartet, dass irgend so ein blonder Idiot da aufkreuzt und ihn genau zu diesem Schließfach führt?“ Naruto zuckte zusammen. Sasukes Tonlage hatte sich deutlich verändert. Sie war schneidend scharf geworden. So hatte er sie bislang nur aus den vielen Interviews, die der Schwarzhaarige mit seiner Schwester für das Fernsehen geführt hatte, gekannt. „Ich werde schnell wieder fit und besorge das Zeug selbst! Du hälst dich raus!“, ein Befehl. Eindeutig! „Vergiss es, Teme!“, Naruto verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte den Schwarzhaarigen von oben herab finster an, welcher ihm wiederrum einen schiefen Blick über seine Schulter hinweg zu warf. „Nein, du vergisst es, Dobe!“, Sasuke setzte sich unerwartet schnell auf, was Naruto schon etwas verwunderte. Schließlich hatte er kaum damit gerechnet, dass Deidaras Therapie so schnell Früchte trug bei dem jungen CEO. „Das ist alles allein mein Problem und niemand, auch nicht du, wird sich da nun weiter darin verstricken lassen! Ihr seid dafür da, mich wieder fit zu kriegen und der Rest ist meine Angelegenheit, verstanden?!“ Auch den Blick kannte Naruto bereits aus den Medien. Kalt. Abwehrend. Distanziert. Aber es brauchte mehr als nur einen frostigen Blick um einen Naruto einzuschüchtern. Nur konnte dies der Uchiha noch nicht wissen! Behutsam legte er seine rechte Hand auf die leicht erhitzte Wange des Schwarzhaarigen, beugte sich ihm noch etwas mehr entgegen, so dass nur noch wenige Zentimeter zwischen ihren Gesichtern lagen. Seine Augen spiegelten ein sanftes Licht wieder, welches den Uchiha nichts gegen diese intime Geste erwidern ließ. Es schien fast so, als wäre es dem Blonden gelungen, mit nur einer einzigen Handlung und mit nur einem einzigen Augenaufschlag dem sonst so kühlen Geschäftsmann jeglichen Wind aus den Segeln genommen zu haben. „Du bist nicht allein, Sasuke!“, Narutos Stimme klang mit einem mal so viel tiefer. Drang in jede Pore und hinterließ einen wohligen Schauer. Sasukes Augen weiteten sich und auch wenn ihn unzählige Wörter auf der Zunge lagen, so gelang es ihm nicht, auch nur ein einziges davon über die Lippen zu bringen. Ja, er war auf Abwehr gegangen. Er hatte in den letzten Tagen wirklich so etwas wie Sympathie für diesen Irrenhaufen hier entwickelt. Das Wort Freundschaft wollte er da bewusst noch nicht verwenden. Vielleicht würde dies später möglich sein. Besonders Naruto war ihm wichtig… warum auch immer. Er wollte nicht, dass sie sich in Gefahr brachten und das waren sie in seiner Nähe zweifelsohne! Das nun Naruto auch noch verkündet hatte, sich um dieses Schließfach zu kümmern… das war einfach ein Risiko, was er nicht eingehen wollte! Er hatte Naruto gerade erst kennengelernt und… er wollte noch viel mehr über den Blonden wissen! Wenn diesem nun auch etwas geschehen würde… so wie es Suigetsu passiert war, dann… dann… würde er sich das niemals verzeihen können! Der Blonde dürfte einfach nicht gehen! Aber irgendwie schaffte er es gerade nicht, es Naruto noch einmal eindringlich mitzuteilen. Er saß nur da. Regungslos. Spürte diese wunderbar warme Hand auf seiner Wange und wie der fremde Daumen sachte über die dünne Haut unterhalb seines Auges strich. So vertraut. So zärtlich. Sasuke spürte etwas in sich aufkommen, was nun nicht aufkommen sollte. Dürfte. Die Situation war nun einfach nicht dafür geschaffen, sich hier Hals über Kopf zu… ja, was eigentlich?! Ein Blick in diese tiefblauen Augen, die ihn teils besorgt aber auch so gütig anblickten gab ihm das Gefühl, dass sich tief in ihm drin, so auf Magenhöhe, etwas zusammen zog. Was war das für ein Gefühl? Hatte er sich etwa bereits in diesen Chaoten verliebt?! Das dürfte nicht sein! Er war sich doch gerade erst im Klaren darüber, dass er homosexuell war und nun direkt so etwas?! War sein Leben bisher auch so rasant verlaufen und wenn ja, warum erinnerte er sich dann nicht daran? Er hatte eigentlich gedacht, er wäre mehr der überlegte und vorsichtige Typ gewesen. Zumindest beruflich. Privat… privat fiel ihm gerade irgendwie nichts ein. Es kam ihm so vor, als habe er gar kein wirkliches Privatleben mehr in den letzten Jahren gehabt. Jegliche Erinnerung, die gerade nach und nach von diesem dunklen Schleier des Vergessens befreit wurde handelte ausschließlich nur von seiner Arbeit innerhalb der Firma und der raren Freizeit, die er mit seinen beiden Freunden Suigetsu und Juugo verbracht hatte. Erneut bemerkte er, dass seine Gedanken abgeschweift waren und konzentrierte sich nun wieder ruckartig auf die Person vor sich. Naruto hatte sich keinen Deut bewegt. Verharrte immer noch in der gleichen Position und schien einfach nur Sasukes Reaktion abwarten zu wollen. Vermutlich war sich der Blonde trotz seines angeblichen Bildungsabschlusses gerade überhaupt nicht sicher, was Sasuke nun tun würde. Und das was Sasuke tat, damit hatte der Schwarzhaarige wohl selbst am allerwenigsten mit gerechnet. Er drückte sich selbst in seiner sitzenden Position etwas vor, näherte sich dadurch Naruto und es verging kein Wimpernschlag, da lagen bereits seine Lippen auf denen des eindeutig überraschten Mediziners. Sasuke konnte dies jedoch nicht so genau sagen, denn instinktiv hatte er seine Augen geschlossen und konzentrierte sich nun auf diese wundervolle Wärme, die die weichen Lippen des Blonden auf seine abstrahlten, wortwörtlich in ihn eindrang und in ihm dieses beklemmende Gefühl, welches sich über ihn gelegt hatte seitdem er das mit Suigetsu erfahren hatte, verdrängte. Noch Narutos Befangenheit schien nicht lange von Dauer zu sein. Zur inneren Freude Sasukes, die er nach außen hin sicherlich nicht so zeigen würde, verstärkte der Blonde den Druck und sein ganzer Körper schien ihm entgegen zu kommen. Dadurch wurde dieser anfänglich doch recht schüchterne Kuss um einiges leidenschaftlicher. Unbeherrschter. Eindringlicher. Eine Hand fuhr in Sasukes Nacken. Finger krallten sich in seine feineren Nackenhärchen und fuhren dann hoch. Fanden Halt im dichten Schwarz des Hinterkopfes. Zogen seinen Kopf in den Nacken und ließen ihn auf keuchen. Sein geöffneter Mund schien die Einladung für eine vorwitzige Zunge zu sein, die zunächst zärtlich über seine Unterlippe strich und dann in seinen Mund fuhr. Erneut seufzte er in den Kuss. Spürte, wie sich seine Hände verselbständigten und sich seine Finger mehr in den Pullover des Blonden gruben. Diesem verdeutlichten, dass er dies hier um nichts auf der Welt unterbrechen wollte. In Narutos Kopf hingegen herrschte ein unglaubliches Chaos. Suchte Sasuke gerade nur Trost? Oder konnte er hier nun reges Interesse des Schwarzhaarigen an seiner Person spüren? Die Frage schien wie von selbst beantwortet zu werden, als sich Sasuke eigentlich nur kurz von ihm löste und eigentlich nur einen geringen Spalt zwischen ihren Lippen gelassen hatte um vermutlich tief Luft zu holen, doch Narutos Mund dachte da wohl anders: „Was… was ist das eigentlich zwischen uns?“ Sasuke stockte. Die Augen zunächst noch geschlossen, öffneten sie sich langsam und er blinzelte einige Male: „Ist das wichtig?“ „Ich denke schon, Sasuke! Aus medizinischer Sicht wäre es vielleicht nicht ganz so günstig für deine…öhm…psychologische Rehabilitation, wenn du dich…öhm… nun ja… mit so was ablenkst und so?“, Naruto schaffte, eigentlich widerwillig, einen größeren Abstand zwischen sie, auch wenn dieser weiterhin nicht viel Spielraum für anderes ließ. „Tz!“, der Schwarzhaarige rollte die Augen und schien einen Punkt irgendwo hinter Naruto anzublicken. Zumindest hatte Naruto gerade das Gefühl, dass der Uchiha gerade versuchte, den direkten Blickkontakt zu vermeiden. Naruto kam es so vor, als wäre Sasuke gerade sein eigenes Handeln unangenehm, aber er wollte es partout nicht nach außen hin zeigen. Dennoch bemerkte der Uzumaki die leicht rötliche Färbung der Ohren des Patienten. „Ich bin zwar Psychologe und auch dafür da, dir zu helfen, aber…“ „Dann halt einfach die Klappe und küss mich, Usuratonkachi!“, brummte dieser sofort zurück und überwand den geringen Abstand ebenso schnell wie zuvor und verstärkte zudem noch den ruckartigen Griff der in seinen Pullover gekrallten Finger, so dass Naruto die akkurat geschnittenen Fingernägel hindurch über seine Brust kratzen spüren konnte. Das erneute aufeinander krachen ihrer Lippen zeigte Naruto deutlich, dass Sasuke nun nicht länger reden wollte. Sasuke wollte vergessen. Irgendwo verständlich, auch wenn Naruto beruflich gesehen immer noch an dieser Methode zweifelte… aber Hey! Er war auch nur ein Mann und gerade schien ihm sein persönlicher Traumkerl das Hirn herausknutschen zu wollen, denn dieser legte eine unglaubliche Intensivität und Leidenschaft in den Kuss, dass es ihm schier den Atem nahm. „WUUUAAAAAAH!“ Naruto fuhr zurück. Sasuke ebenso. Aber das bekam der Blonde gar nicht mehr so genau mit. Denn dieser Schrei… der hatte eindeutig seinem Herzen einen Stillstand verpasst. In ihrer derzeitigen Lage hätte das vermutlich jeder Schrei in diesem Ausmaß und in dieser Lautstärke, doch dieser Schrei war anderes als das er einen Schrei innerhalb seines Hauses erwartet hätte! Denn dieser Schrei kam eindeutig von einer Frau! Und soweit er wusste war in diesem Haus nicht einmal eine weibliche Putzhilfe – auch wenn die sicherlich bei diesem reinen Männerhaushalt von Nöten wäre, allerdings schien Iruka bisher einen ganz guten Job machen. Und Naruto kannte diese Stimmlage. Er hatte in seinem Leben schon oft genug einen solchen Schrei vernehmen dürfen und noch nie, auch jetzt nicht, war er über die Verursacherin wirklich freudig überrascht gewesen…. Doch WAS machte SIE hier? „Was… oder eher wer war das?“, Sasuke wirkte etwas… nein, er wirkte vollkommen verwirrt. Nicht wirklich verwunderlich. Wusste der Uchiha doch auch, dass es derzeit keine weiblichen Wesen hier gab und auch wenn Deidara mitunter einen anderen Eindruck machte, so war dieser sicherlich nicht in der Lage, solche Töne zu erzeugen. Wobei sich selbst da Naruto auch nicht so sicher war… schließlich wusste er ja nichts Genaueres über das Intimleben des Ergotherapeuten. „Ich hab da einen ganz miesen Verdacht!“, seufzte der Blonde und erhob sich. Irgendwie hatte er nun gar keine Lust ins Erdgeschoß zu gehen und eben diesen Verdacht bestätigt zu bekommen, doch würde er das nun nicht tun, dann würde sie sicherlich bald hier aufkreuzen – schließlich war das hier sein eigentliches Zimmer – und dann würde er sich ganz bestimmt mit einem noch viel größeren Problem auseinandersetzen müssen! „Teme! Verhalt dich ruhig und verlass nicht dieses Zimmer!“ Dieser schnaubte nur abfällig und anhand seines Gesichtsausdruckes war nichts mehr davon zu erahnen, was sich nur wenige Augenblicke zuvor hier in diesem Zimmer abgespielt hatte: „Ich kann ja auch so toll aus dem Bett springen, Dobe!“ Naruto musste dennoch schmunzeln. Das hatte er gerade irgendwie ziemlich gut verdrängt gehabt. Irgendwo war es ihm in dieser ganzen Knutscherei gar nicht aufgefallen, dass Sasuke noch gar nicht so gut seine Beine bewegen konnte und somit ein eigenständiges Verlassen dieses Zimmers unmöglich war. „Schon klar!“, er entfernte sich weiter vom Schwarzhaarigen und hatte bereits seine Hand auf der Klinke, als er sich noch einmal herumdrehte und dem jungen Uchiha ein für diesen atemberaubendes Lächeln schenkte, „Ich regle das schnell da unten und dann können wir ja da weitermachen, wo wir gerade unterbrochen worden sind!“ Augenblicklich verfärbten sich Sasukes Wangen rot. Am liebsten hätte dieser nun nach einem harten Gegenstand gegriffen und diesen dem vorlauten Möchte-gern-Psychologen an den Kopf gepfeffert, doch dann würde er diese Frau – wer immer sie auch war, aber sicherlich niemand, über den sich Naruto freute – bald hier in diesem Zimmer aufkreuzen und Sasuke stand irgendwie überhaupt nicht der Sinn nach einer Frau. Zwar verzog sich nun langsam die leichte Erregung in seiner Körpermitte sowie dieses flattrige Gefühl in der Magengegend, aber bei einer Frau wüsste er nun wirklich nicht, wie er reagieren sollte. „Hn!“, war das einzige, was seine Lippen durchließen, doch schien dies den Blonden nicht mehr zu erreichen, denn dieser war schon aus dem Zimmer getreten und die Tür fiel leise ins Schloss. „Wer seid ihr? Und was macht ihr hier?“ Naruto hörte bereits das Gezeter aus dem Esszimmer, da befand er sich noch auf der obersten Treppenstufe. Er atmete tief durch. Das würde nun nicht einfach werden, das wusste er. Warum musste sie denn ausgerechnet JETZT hier auftauchen. „DAS soll ich euch glauben?! Ich rufe jetzt den Sicherheitsdienst!“ Er sollte sich wahrlich beeilen, bevor seine Arbeitskollegen noch in echte Probleme kamen. Irgendwie nervte ihn das. Er hätte sich nun zu gerne mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Der Kuss… Die Informationen zum Schließfach… der wirklich gute Kuss… Er schlug sich selbst die Hand an die Stirn in der Hoffnung, wieder auf einen klaren Gedanken zu kommen und nicht noch von der Treppe zu stürzen. Die letzte Stufe hinter sich lassend trat er durch den Türbogen in den kleineren Vorraum des Esszimmers, wo ihn bereits die beidseitig geöffnete Flügeltüre erwartete und ihm einen Blick auf das dort statt findende Schauspiel gab. Kakashi, Neji und Iruka saßen stocksteif an der einen Längsseite der Tafel mit den Gesichtern zu ihm gewandt. Ihnen gegenüber und somit mit dem Rücken zu ihm saß Deidara, auf dessen Schulter eine Hand Sasoris ruhte. Der Blick des Leiters des Pflegepersonals lag allerdings genau auf Naruto, was vermutlich daran lag, dass dieser nun genau hinter der Person stand, die nun mit beiden Armen in den Hüften gestemmt vor sich hin schimpfte. „KARIN!“, Narutos Stimme klang für alle Anwesenden ungewohnt tief und grollend. Die Rothaarige fuhr erschrocken herum. Sie hatte ihren Bruder nicht kommen hören, was sicherlich an ihrer eigenen Lautstärke gelegen haben könnte und augenblicklich unterbrach sie ihre Schimpftriaden. Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden ruhte nun auf den Hausherren und niemand wagte sich auch nur zu räuspern, denn der Blick Narutos schien förmlich Bände zu sprechen und war sicherlich nicht als freudig überrascht darüber seine Schwester zu sehen einzustufen. „Was machst du hier, Karin?“, Naruto hatte seine Lautstärke heruntergefahren und schien seine Kollegen alle auszublenden. Karin Uzumaki legte den Kopf etwas seitlich und es machte den Eindruck, als wollte sie gerade ihre nächsten Worte genau abschätzen: „Na, was mache ich hier wohl? Das ist das Haus unserer Eltern! Und ich bin dienstlich in Konoha! Was soll ich also in ein Hotel gehen?“ Das war… eindeutig logisch… irgendwo. Auch wenn es gerade absolut unpassend war, aber Naruto konnte schlecht etwas dagegen sagen, da Karin ein ebensolches Anwesenheitsrecht in dieser Villa hatte, wie er auch. Er schluckte das aufkommende Seufzen hinunter und versuchte sich stattdessen an einem Lächeln: „Schön, dass du wieder da bist, Karin!“ Langsam schritt er an ihr vorbei und auf den Tisch zu, wo er auf einem Stuhl Platz nahm und ihr somit den Rücken zeigte. Er konnte ihr nun nicht mehr ins Gesicht sehen bei dem, was er nun vorhatte, ihr zu sagen. Karin hatte nicht nur als Journalistin eine wahnsinnig gute Menschenkenntnis und würde direkt merken, wenn er ihr nicht die Wahrheit sagte, sondern sie war auch seine Schwester und kannte ihn schließlich von Geburt an, auch wenn es die letzten acht Jahre nicht sehr intensiv war. „Ich stehe kurz vor meinen Prüfungen. Du weißt ja…ich studiere Medizin…und das sind Kollegen aus dem Krankenhaus, die mir beim Lernen helfen und wir wollten uns nun einen netten Abend bei…“ „…einem Pokerspiel machen!“, unterbrach ihn Deidara und grinste schräg zu ihm herüber. Dankbar für seinen Kommentar nickte Naruto ihm zu. „Und bleiben die hier alle über Nacht oder wie?“, schnaubte die Rothaarige hinter ihm. Anscheinend schien sie ihm seine fragwürdige Geschichte zu glauben. Hätte sie sich in den letzten Jahren mehr für ihren Bruder als für ihre Karriere und all die Prominenten interessiert, dann hätte sie gewusst, dass Naruto seine Studien schon lange abgeschlossen hatte und sicherlich keine Nachhilfe bräuchte. „Hm, ja!“, nun drehte er sich doch auf seinem Sitzplatz zu ihr herum und grinste von einem Ohr zum anderen, „Aber keine Sorge. Dein Zimmer ist – wie in all den Jahren zuvor schon – unbewohnt.“ Dass seine Stimme ein wenig vorwurfsvoll klang war nun absolut beabsichtigt. Karin löste ihre starre Haltung und ließ die Arme sinken. Anscheinend hatte sie den Vorwurf genau herausgehört, wollte nun aber auch nicht darauf eingehen vor all diesen Leuten hier und versuchte sich nun auch an einem versöhnlichen Lächeln: „Dann ist gut! Und wer seid ihr alle? Iruka-san kenn ich ja, aber ansonsten… es kommt schließlich nicht allzu oft vor, dass Naruto so viele hübsche Männer mit nach Hause bringt!“ Und nun wusste Naruto, dass dieses Lächeln seiner Schwester nicht versöhnlicher Natur war… es war eindeutig das, welches sie auflegte, wenn sie flirtete. Er kannte es aus dem Fernsehen. Aus den Interviews. Aus den Interviews mit seinem Sasuke! „Ich bin schwul!“, brummte Sasori und betrachtete Karin missbilligend. Anscheinend hatte der rothaarige Pfleger absolut keine Lust auf irgendwelche Avancen der einzigen Frau hier im Haus und sein seit Jahren sonst wohlgehütetes Geheimnis nun direkt herausgehauen, was selbst Deidara dazu brachte, in eine seltsame Art von Schnappatmung zu verfallen, brachte ihm einige erstaunte Blicke ein. Naruto musste sich ein Auflachen verkneifen als er dazu Karins verwirrten Gesichtsausdruck erblickte. Sollte er seiner Schwester vielleicht direkt sagen, dass es für sie hier nichts zu holen gab? „O…kay“, ihr Blick huschte direkt zu seinem Nebenmann, „Der da ist dann wohl…“ „Bingo!“, Deidara fasste sich schnell und wies in einer galanten Bewegung wieder auf Sasori, „Sasori ist meine charmantere Hälfte. Ich bin Deidara Iwa! Hi!“ „Kakashi Hatake. Und eindeutig zu alt für dich!“, der grauhaarige Arzt grinste offensichtlich hinter vorgehaltener Hand. „Aber gerade ältere Männer sind doch extrem begehrenswert!“, Karin klimperte offensiv mit den Wimpern und war noch näher an den Tisch herangetreten. Sie stand nun genau zwischen Naruto und Deidara. In ihren Augen glitzerte es leicht und Naruto wusste, was es zu bedeuten hatte, wenn seine Schwester anfing eine ihrer Haarsträhnen um den Finger zu wickeln. „Vergiss es, Schwesterchen! Kakashi ist der beste Freund von Onkel Jiraija und du weißt doch, was das heißt!“, flötete der Blonde und amüsierte sich über den sich plötzlich veränderten Gesichtsausdruck der Älteren und das hastige Loslösen der Haare um ihren Finger. „Urgs! Okay! Und wer bist du?“, und sie fixierte augenblicklich Neji, der offensichtlich über die plötzliche Aufmerksamkeit zusammenzuckte. „Wenn ich nun behaupte, auch schwul zu sein, würde das nicht wirklich glaubhaft rüberkommen…oder?“, fragte er mit kühlem Blick in die Runde und erntete einige Lacher, die nur durch den plötzlichen Knall einiger abgestellter Bierflaschen auf der Tischplatte unterbrochen wurden. Asuma positionierte noch einige nichtalkoholische Getränke aus einer Kiste unter seinem Arm daneben und Naruto erkannte, dass der Allgemeinmediziner wohl im Keller gewesen sein musste. „Schaut mich nicht so an!“, er hob seine Hand und ein Ring blitzte kurz auf, „Ich bin seit fünf Jahren äußerst glücklich verheiratet!“ Karin verschränkte seufzend die Arme vor der Brust: „Na super! Das Haus voll gutaussehender Männer und dann sind alle entweder mit mir verwandt, schwul, nicht bei Verstand“, Kakashi brummte leicht empört klingend, „oder vergeben! Das ist wirklich frustrierend!“ Sie beugte sich nach vorne und nahm sich eine der Bierflaschen und das von Asuma wohl auf dem Tisch abgelegte Feuerzeug, mit welchem sie die Flasche in einer schnellen Hebelbewegung öffnete: „Und da wundert man sich, dass eine Frau von Klasse nach Tokyo abwandert!“, und nahm dann einen langen Schluck. Naruto zuckte nur kurz mit den Schultern: „Wie lange wirst du diesmal in Konoha bleiben, Karin?“ Sie setzte die Flasche von ihren Lippen ab und schielte zu ihrem Bruder hinunter: „Vermutlich bis sie diesen Irren geschnappt haben!“ „Diesen Irren?“, Deidara stützte seinen Kopf auf beiden Händen auf der Tischplatte ab. Asuma stellte in der Zwischenzeit die Kiste in eine der Zimmerecken und setzte sich dann neben Naruto. „Ja, dieser Mörder! Kanntet ihr den Klinikchef? Ihr seid doch alle Ärzte oder so!“ Selbst Karin bemerkte augenblicklich, dass sich die Stimmung im Raum um einige Grad kälter anfühlte und blickte reihum in betretene Gesichter. „Kennen taten wir ihn alle irgendwie“, war Asuma derjenige, der zuerst wieder seine Sprache gefunden hatte, „Er war schließlich lange Zeit im Klinikum tätig und auch wenn wir nun alle im Senyu-Klinikum arbeiten, so haben die meisten von uns entweder ihre Assistenzzeit oder ein Praktikum im Städtischen verbracht!“ „Kannte einer von euch ihn näher?“, Karins Augen verengten sich zu Schlitzen und sie stierte förmlich die Anwesenden an. „Karin!“, Naruto hingegen funkelte sie direkt böse an, „Das hier soll ein netter Abend werden und kein Interview für deine Klatschpressensendung!“ Doch Karin ließ sich von ihren jüngeren Bruder nicht beirren. Sie hatte soeben erfahren, dass ein jeder hier wohl den alten Onoki Tsuchikage gekannt hatte und von daher ließ sich doch hier bestimmt einiges an Informationen für sie herausholen! „Hatte er Feinde? Irgendeinen Patienten, der wegen einer Fehlbehandlung angepisst war oder vielleicht dessen Angehörigen oder hatte er vielleicht eine Affäre… obwohl seine Frau schon länger tot sein soll und man es nicht mehr Affäre nennen kann…oder hatte er…“ „KARIN!“, Naruto war aufgesprungen und hatte beide Hände knallend auf die Tischplatte abgestützt, „Es reicht!“ Die Rothaarige hingegen lächelte nur etwas mitleidig wirkend: „Ach, möchte denn mein liebstes Brüderchen nicht, dass man diesen gemeingefährlichen Killer so schnell wie möglich schnappt und deswegen jede noch so kleine Information von außerordentlicher…“ „HALLO? JEMAND DA?“ Alle Köpfe fuhren augenblicklich herum und blickten durch die immer noch offenstehende Flügeltür in den dunklen Teil des Hauses. Jemand hatte soeben die Haustür geschlossen und es näherten sich Schritte. Naruto schluckte den plötzlich dicken Kloß in seinem Hals hastig hinunter. Dieses Timing war absolut… beschissen! ABSOLUT! Er löste sich von der Tischplatte und wollte gerade losstürmen in die Diele, als ihn eine sonst recht zierlich wirkende Hand mit ungeahnter Kraft festhielt. Ein Blick zurück und in Karins Gesicht bestätigte leider seine Angst. Sie hatte diese Stimme ebenso erkannt wie er selbst und nun hoffte er, dass dieser nichts sagen würde bis zu seinem Eintreffen in diesem Zimmer, was die Situation hier noch um einiges verschlimmern könnte. Naruto schaffte es nicht, sich aus dem wirklich fiesen Krallengriff, gespickt mit manikürten Nägeln, seiner Schwester zu lösen und fluchte innerlich, doch erkannte er aus dem Augenwinkel, dass jemand anderes aufgesprungen war… Sasori hastete an ihnen vorbei und war dann auch schon um die Ecke in der Diele verschwunden. „Ist das der, der ich denke, der es ist?“, säuselte Karin und schielte mit einem wirklich beängstigenden Grinsen zu ihrem Bruder, der diesmal das offensichtliche Schlucken des nächsten Kloßes in seinem Hals nicht unterdrücken konnte. „Schön, dass du es einrichten konntest, zu unserem Pokerabend zu kommen, Itachi!“, hörten sie alle auch sogleich Sasoris seltsam freudig klingende Stimme zu ihnen ins Esszimmer schallen und bei Nennung des Namens wurde Karins Grinsen irgendwie noch diabolischer. „Poker?“ „Ja…Haha… Bist wohl so überarbeitet! Klar! Heute ist Poker und nächste Woche Backgammon!“ „Ah…ja! Ja, du hast Recht!“ Anscheinend hatte Sasori Itachi in der Zwischenzeit leise oder per Handzeichen mitgeteilt, dass er nicht offen sprechen konnte und Naruto entspannte sich etwas, auch wenn er sich bewusst war, dass nun Karin weitere unangenehme Fragen stellen würde. In diesem Augenblick betrat Itachi Uchiha auch schon gefolgt von Sasori Akasuna das Esszimmer und nickte allen mit einem Lächeln auf den Lippen zu. Bei Karin verharrte er schließlich: „Oh, welch Überraschung, sie hier zu sehen, Uzumaki-san!“, er reichte ihr die Hand, „Neben dem Pokerabend habe ich aber nicht ein Interview mit ihnen vergessen, oder?“ Karin zögerte etwas die Hand entgegen zu nehmen, was vermutlich am absoluten Charme des älteren Uchiha-Bruders lag und Naruto musste gar etwas schmunzeln. In diesem Augenblick wusste er, dass er sich keine weiteren Sorgen bezüglich seiner doch recht neugierigen Schwester machen müsste, da Itachi sie eindeutig bereits jetzt schon um den Finger gewickelt hatte mit diesem Augenaufschlag, den er ihr gerade mit einem unbeschreiblichen Lächeln schenkte. Aber das hätte er auch vorher wissen können. Schließlich war Itachi der tägliche Umgang mit dieser Reportermeute gewöhnt und wusste sich da schon zu helfen. Solange Karin nun nicht auf die Idee kam, dem Uchiha hier eine Hausführung zu geben, welche auch sein Zimmer beinhaltete, würde nun nichts mehr schief gehen können. „Uchiha-san?“, hauchte die Rothaarige nun doch etwas verlegen und legte ihre Hand in die seine, „Sie verkehren mit meinem Bruder?“ Verkehren?! Wie sich das wieder anhörte! Naruto schluckte erneut kräftig. Diesmal waren es die Wörter, die ihm auf der Zunge lagen. Wenn seine Schwester wüsste, dass er nebenbei noch was anderes tat mit dem allgemein hin bekannten Schwarm seiner Schwester nur eine Etage über dieser hier, dann wäre er jetzt…öhm…tot. Itachi lachte auf und es klang keinen falls künstlich, obwohl es das sicherlich war: „Sicherlich! Er ist ein hervorragender Pokerspieler!“ Naruto hatte bisher noch nie Poker gespielt und er hoffte gerade inständig, dass seine Schwester nicht die Lust verspürte, an ihrer ‚Spielrunde‘ teilzuhaben. Kakashi – in diesem Augenblick in Narutos Augen ein mieser Verräter – lachte erneut hinter seiner Hand auf: „Das spricht nun nicht für dich, Itachi-kun! Jeder hier in diesem Zimmer ist besser im Poker als Naruto!“ Wie wahr! „Oi! So schlimm ist es bei mir nun auch wieder nicht!“ – nein, es war schlimmer! „Wir können aber auch eine Runde Mau-Mau spielen, damit Naruto und Itachi mal eine Chance haben, hm!“, lachte Deidara auf und dieser erntete nun von Naruto und benannten Uchiha einen bösen Seitenblick. „Einigt euch!“, Asuma erhob sich, „Ich geh solange eine rauchen!“, und schon verließ er das Zimmer über die Küche um dort zum Hinterausgang zu gelangen. Naruto hatte schnell verstanden, dass dieses Gespräch hier zur allgemeinen Auflockerung aller Beteiligten diente. Denn die angespannte Situation war förmlich greifbar gewesen und sicherlich hätte Karin dann doch schnell den Braten gerochen. Itachi setzte sich nun auf den Platz, auf dem zuvor Asuma gesessen hatte und schien sich nicht weiter an der Anwesenheit der Schwester zu stören. „Nun ja, Jungs! Ich möchte euren Spieleabend nicht weiter stören, auch wenn es traurig ist bei so charmanter“, sie sah zu Itachi, „Gesellschaft, aber ich habe noch ein Treffen mit einem Kollegen heute Abend. Von daher“, sie wandte sich ab, „wartet nicht auf mich und viel Spaß!“ Als sie durch die Tür hindurchgeschritten war und eindeutig ihr Zimmer, welches sich – Gott sei Dank – im Erdgeschoss befand, ansteuerte, hörte man deutlich das erleichternde Ausatmen am Tisch. „SIE?“, Sasori beugte sich über den blonden Psychologen, „SIE ist deine Schwester?“ Naruto nickte nur. Klar… er liebte seine Schwester irgendwo. Schließlich war sie seine letzte lebende Blutsverwandte, aber manchmal… „Du hast es wirklich nicht leicht, Junge!“, flötete Kakashi und nahm sich nun ein Bier, „Vor allen Dingen heißt das nun für uns, dass wir noch mehr aufpassen müssen, solange sie hier ist!“ „Beziehst du das nun nur auf unseren Patienten oder auch auf unsere körperliche Unversehrtheit?“, Neji schien der lüsterne Blick der Rothaarigen wohl nicht aus dem Kopf zu gehen. Kakashi lachte auf: „In deinem Fall wohl beides! Wir wissen alle, dass du alles, aber nicht schwul bist!“ Asuma betrat wieder das Zimmer und stellte diesmal eine größere Schüssel mit Chips in die Tischmitte. „Eigentlich macht ihr mich hier so ziemlich arbeitslos!“, Iruka, der bislang alles still beobachtet hatte, seufzte auf. „Irrtum! Du kannst mir einen Gefallen tun!“, flüsterte Naruto an ihn gewandt und der Braunhaarige nickte. „Geh bitte hoch in mein Zimmer und setze ihn“, er deutete Gänsefüßchen in der Luft an, „ von der neuen Situation in Kenntnis. Als Hauswart wird Karin wohl weniger Verdacht bei dir schöpfen, wenn du hier durch die Gänge läufst. Zudem hat er noch nichts zu Abend gegessen. Sobald sie weg ist werde ich wieder nach ihm sehen!“ Iruka nickte erneut verstehend und erhob sich. „Wie geht es ihm?“, wandte sich nun Itachi flüsternd an seinen Nebenmann und Naruto drehte sich dem älteren Uchiha zu. „Er kann sich größtenteils an sehr viele Dinge erinnern und steht daher noch etwas unter Schock. Wir mussten ihm Beruhigungsmittel verabreichen und er sollte sich heute keinen unnötig stressigen Situationen aussetzen. Aber ihm geht es ansonsten ganz gut… und seine Frage“, er zwinkerte Itachi verschwörerisch wirkend zu, „konnten wir auch beantworten. Aber das sagt er dir am besten selber!“ Schließlich wollte Naruto hier nicht etwas verkünden, was eigentlich nur Sasuke etwas anging. Itachi senkte den Blick: „Dann wäre es wohl besser, wenn ich ihn heute Abend noch etwas Zeit für sich gebe, oder?“ „Normalerweise würde ich in einem solchen Fall zustimmen, aber bei Sasuke sehe ich das ein wenig anders. Suigetsu…“ „Ich habe es aus den Nachrichten erfahren!“, seufzte Itachi, „Als ihr mich über Kisame kontaktiert habt, habe ich mir schon gedacht, dass es etwas damit zu tun haben könnte. Er war Sasukes bester Freund. Er ging bei uns ein und aus und von daher hat es selbst mich zutiefst geschockt.“ „Was ist mit Juugo?“, warf Naruto ein. Itachi hob seine linke Augenbraue. Eine Eigenart, die beide Uchiha-Brüder wohl teilten. „Was soll mit Juugo sein?“ „Sasuke erinnert sich an ein Telefonat mit ihm und denkt nun, dass diesem was zugestoßen ist!“ „Hm!“, nachdenklich fuhr sich Itachi mit dem Zeigefinger über die Lippen, „Kisame hat mir vor drei Tagen erst berichtet, dass Juugo wieder bei uns angerufen hätte und sich nach Sasuke erkundigt habe. Er hat diesem aber noch nicht mitgeteilt, dass Sasuke aus seinem Koma erwacht ist und…“ „Dann sollte er dies auch nicht tun!“, warf Naruto überraschend ein. „Warum? Er ist ein Freund von Sasuke und offensichtlich ziemlich besorgt um meinen Bruder. Er ruft alle paar Tage an!“, Itachi verstand Narutos Einwand absolut nicht. „Eben. Nur er ruft an. Ihr habt sicherlich keinerlei Kontaktdaten, nicht wahr?“ Itachi fühlte sich plötzlich ertappt und zuckte gar etwas zurück. Erschrocken hatte er soeben feststellen müssen, dass Naruto Recht hatte. Gewiss rief alle paar Tage ein Juugo bei ihnen im Büro an und erkundigte sich nach seinem Bruder, doch er selbst war nie auf die Idee gekommen, auch zu kontrollieren, ob dies überhaupt Juugo war, der da anrief. Und nun, wo er wusste, dass es jemand auf das Leben seines Bruders abgesehen hatte und gerade nach dem heutigen Tag, wo bekannt wurde, dass Suigetsu und der Leiter der Klinik, in der Sasuke nach dem Unfall behandelt worden war und der geholfen hatte, dies vor der Presse zu verschleiern, ermordet worden waren, kam er sich selten dämlich und naiv vor. Er würde Kisame sofort darüber in Kenntnis setzen, keinerlei Informationen mehr an Juugo herauszugeben wenn dieser nicht damit einverstanden war, sich persönlich mit ihm zu treffen. Dies sagte er natürlich nun nicht Naruto. Denn das sein Plan ein gewisses Risiko beinhaltete war ihm klar. Wenn Juugo nicht Juugo war, sondern der Killer, dann würde er sich selbst in wirkliche Gefahr bringen. Aber er würde nicht ganz unvorbereitet zu diesem Treffen gehen und vielleicht käme man ja so den Tätern auf die Schliche. „Wenn meine Schwester gleich zu ihrem Date verschwunden ist kannst du gerne Iruka auf mein Zimmer begleiten und nach ihm sehen. Ich habe dann selbst noch etwas zu erledigen!“ „Hey! Du hast Nachtschicht!“, brummte es da von der anderen Seite zu Naruto herüber und er drehte hastig seinen Kopf herum. Sasori sah nicht gerade glücklich darüber aus über das, was er soeben mit angehört hatte. „Ich bin schnell wieder zurück, aber es ist wichtig und hat was mit seinen Erinnerungen zu tun! Solange könnte doch bitte“, er wandte den Blick vom Rothaarigen ab und dem langhaarigen Brünetten zu, „Neji auf Bereitschaft stehen!“ Dieser sah auf: „Kein Problem, solange du nicht die ganze Nacht wegbleibst!“ „Nein!“, Naruto winkte hastig ab, „Ich nehm die Ducati und beeile mich. Maximal zwei Stunden!“ „Mit seinen Erinnerungen? Um was genau geht es?“, Itachi wirkte nicht nur neugierig, sondern auch eindeutig besorgt. „Um ein Schließfach am Güterbahnhof im Hafengebiet. Wenn Sasuke sich recht erinnert liegen darin Informationen, die uns zum Täter oder eher den Tätern führen könnten und warum das alles passieren musste!“ „Bist du dir sicher, dass du da allein hinfahren solltest?“, Asuma strich sich nachdenklich durch seine kurzen Haare. „Alleine ist es unauffälliger und mit dem Motorrad bin ich schneller und zudem erkennt man mich nicht mit dem Helm auf dem Kopf. Ich denke also schon, dass ich das gefahrlos erledigt kriege. Nur sagt Sasuke bitte nichts. Er denkt gerade so wieso, dass er uns alle in Gefahr bringt!“, noch ehe Naruto den Satz ganz beendet hatte hörte er vom Gang her wieder Schritte und wurde leiser. Wie er bereits vermutet hatte erschien seine Schwester wieder in der Tür. Diesmal trug sie ein aufreizendes Outfit in Form einer knappen Leder-Hotpants sowie eines Tops mit wirklich tiefem Ausschnitt. Ein ganz normales Treffen mit einem Kollegen würde dies sicherlich nicht werden! „Also dann! Benehmt euch, Jungs! Ich bin dann mal weg und checke nebenbei mal, ob es in Konoha noch ein paar normale Männer gibt!“, sie lachte künstlich auf. Fast alle Anwesenden, bis auf Naruto selbst, hoben die Hand zum Abschied und niemand schien wirklich zu einer Aussage fähig – vermutlich aufgrund diesem fast schon provokativen Äußeren. Karin zuckte nur kurz mit den Schultern und wandte sich dann auf ihren eindeutig viel zu hohen High Heels zum Gehen. Kurz darauf fiel laut eine Haustür ins Schloss und das Starten eines Motors war zu vernehmen. „Das heißt dann wohl ebenfalls für mich, dass es Zeit wird!“, der Blonde erhob sich und blickte in die Runde, „Wenn etwas sein sollte, so habe ich mein Handy dabei!“ Naruto wusste, dass er sich nun wirklich beeilen sollte. Sasuke hatte nicht gewollt, dass er sich alleine auf den Weg zu eben diesem Schließfach machte und auch die anderen schienen von seinem Plan nicht ganz so begeistert zu sein. Doch solange sie den Schwarzhaarigen ablenkten würde dieser sicherlich auch nichts mehr vorzuwerfen haben, wenn er denn dann mit eben diesen Inhalt aus dem Schließfach zurückkehren würde. Es waren nur wenige Handgriffe an der Garderobe, und schon hatte er seine schwarzen Stiefel, seinen Nierengurt und die schwere Lederjacke sowie seinen Helm angezogen, schnappte sich den Schlüssel und machte sich auf den Weg in die neben dem Haus befindliche Großraumgarage, in der seine Ducati stand. Er war lange nicht mehr mit ihr gefahren und war sich daher sicher, dass wenn gerade irgendwo neugierige Reporter oder blutrünstige Killer auf der Suche nach ihm waren, sie ihn niemals als schwarzgekleideten Biker erkennen würden. Dennoch nahm er sich in der Garage das Jagdmesser aus dem obersten Fach des Werkstattwagens und steckte es sich an seinem Rücken in den Gürtel. Er hatte keine Angst. Zumindest redete er sich immer wieder ein, dass er keine Angst zu haben bräuchte. Bisher konnte niemand ihn mit Sasuke Uchiha in Verbindung bringen. Oder? Natürlich kannte er das Risiko… Onoki war tot und wenn dieser vorher gefoltert worden war oder ähnliches – so etwas sah man schließlich oft genug in diesen ganzen Mafiosi-Streifen aus Hollywood – dann dürfte vielleicht auch sein Name mal gefallen sein… Er schwang sein Bein über die Maschine und klappte das dunkle Visier herunter. Tief atmete er noch einmal ein ehe er die Maschine aufheulend startete… er musste einfach schneller sein als die Killer. Und schlauer. Und gerissener. Aber Hey! Er war ein Uzumaki-Namikaze! Er kriegte das hier irgendwie schon hin und er würde Sasuke beschützen! Und das konnte er nun mal nur am besten wenn er wusste vor was oder wem genau er seinen Teme beschützen musste. Und schon bretterte seine Maschine über den Kiesweg in Richtung Tor des riesigen Senyu-Privatgrundstücks. Er hatte eindeutig länger als zwei Stunden gebraucht. Dies lag weder am Verkehr auf der Straße, denn dieser war ausgesprochen ruhig gewesen und er hatte schnell den Güterbahnhof im Hafen gefunden. Dort war ihm ziemlich unwohl gewesen. Nur wenige Straßenlaternen hatten ihm dort Licht gespendet und jeder Schatten, jedes Geräusch, hatten ihn nervös werden lassen und dennoch hatte ihn nichts davon abgebracht in das alte Backsteingebäude zu gehen und dort die Schließfächer ausfindig zu machen. Es waren verdammt viele Fächer gewesen, aber er wusste ja die Nummern. Schließfach 2307. Zahlenkombination 7876. Mit zittrigen Fingern hatte er an dem Zahlenschloss herumgefummelt und war ungemein erleichtert gewesen, als ein leises Klicken ihm zu verstehen gegeben hatte, dass Sasuke sich in seinen Erinnerungen nicht geirrt hatte. Die kleine Türe war sofort aufgesprungen und hatte ihn den Blick auf einen schwarzen Rucksack freigegeben. Dafür war er echt dankbar, denn schon auf dem Weg zum Bahnhof hatte er sich gefragt, wie er das, was sich in diesem Fach wohl befand, transportieren sollte. Schnell hatte er den Rucksack herausgezerrt und die Türe wieder verschlossen und eigentlich hatte er sich direkt auf den Rückweg machen wollen. Auf halber Strecke fiel ihm dann seine Tankanzeige ins Auge, die wohl schon eine ganze Weile mit einem blinkenden roten Licht versucht hatte auf sich aufmerksam zu machen. Daran hatte er ebenso wenig gedacht. Er war eindeutig schon zu lange nicht mehr mit seiner Maschine gefahren um sich daran zurück erinnern zu können, dass der Tank so gut wie leer gewesen war. So blieb ihm nichts anderes übrig als einen Umweg zu nehmen. Er verließ die Hauptstraße und steuerte dort eine der wenigen Tankstellen Konohas an, die auch noch nachts geöffnet hatten. Nachdem er vollgetankt hatte rief er Kakashi an. Dieser teilte ihm mit, dass er nun Neji abgelöst hätte, da der Assistenzarzt wohl ziemlich müde gewesen war nach mehreren Runden Poker und Naruto sich nicht zu sehr zu beeilen bräuchte, da es zudem auch noch angefangen hatte wie aus Kübeln zu regnen. Sasuke wäre in der Zwischenzeit wieder eingeschlafen und Itachi sei wieder zum Uchiha-Anwesen zurückgekehrt, da dieser wohl eine längere Konferenz am Morgen haben würde. So hatte Naruto beschlossen, sich in dieser Tankstelle einen Kaffee zu bestellen und setzte sich dort in eine ruhige Ecke im Bistrobereich. Schließlich brachte es wirklich nichts, wenn er diesen Rucksack bei dem Regen total aufweichen ließ. Zunächst hatte er eine Weile dort gesessen und den doch recht regen Betrieb beobachtet. Es war erstaunlich, wie viele Menschen nachts noch eine Tankstelle aufsuchten. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es mittlerweile schon nach Mitternacht war und er fing an sich zu langweilen. Zudem quälte ihn seine Neugier. Die ganze Zeit hatte dieser Rucksack unscheinbar neben ihm auf der Bank gelegen und auch wenn er wusste, dass er vielleicht Dinge enthielt, die ihn ganz bestimmt nichts angingen, so konnte er sich doch nicht zurückhalten. Schließlich warf er ihn auf den Tisch und öffnete hastig den leicht hakenden Reißverschluss. Sofort fiel ihm ein Diktiergerät ins Auge und auch wenn es ihn gerade brennend interessierte, was auf diesem wohl drauf war, ließ er es erst einmal in seinem Seitenfach stecken. Es in einer Tankstelle abzuspielen wäre sicherlich eine nicht so glorreiche Idee. Stattdessen löste er nun das Jagdmesser aus seinem Gürtel und verstaute es zum Diktiergerät ins Fach. Denn seitdem er sich gesetzt und seine Lederjacke ausgezogen hatte war er sich nicht sicher, ob dieses für die anderen Kunden dieser Tankstelle ersichtlich war und auf sich aufmerksam machen wollte er natürlich nicht. Er öffnete das innenliegende Hauptfach. Darin befand sich ein dickerer Ordner. Dieser war weitaus unverfänglicher als das Tonband und daher zog er ihn heraus. Doch der Inhalt war für ihn mehr enttäuschend, da er mehr als die Hälfte schlichtweg nicht verstand. Es waren hauptsächlich Statistiken, Zahlen, Berechnungen und Daten. Er hatte Medizin studiert. Hiermit würde sich vermutlich eher einer aus dem Studiengang BWL oder VWL auskennen, aber er weniger. Dann tauchten hier und da Schreiben auf, die in einer anderen Sprache verfasst waren. Die englischen Texte verstand er. Sie waren von einer amerikanischen Firma mit dem japanischen Namen ‚Akatsuki‘ in New York. Dann waren einige Briefe und Mailausdrucke in… er vermutete Spanisch. Es könnte aber auch Portugiesisch sein, sicher war er sich da nicht. Und auch deren Inhalt blieb ihm aufgrund der fehlenden Kenntnisse ein Rätsel. Anders verhielt es sich da mit einigen Blättern die eindeutig aussahen wie medizinische Berichte. Was genau dort untersucht worden war, war ihm schleierhaft. Vielleicht sollte er dies Shino mal geben. Der Pathologe im Senyu-Klinikum schien ihm vertrauenswürdig. Jedoch konnte er mit Bestimmtheit sagen, dass die Personen, die hier wohl untersucht worden waren, mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr lebten. Denn die toxischen Werte, die hier in vereinzelten Blutentnahmen nachgewiesen worden waren, waren absolut tödlich! Dann gab es aber auch Schreiben in einer Sprache die er verstand: Japanisch. Und nachdem er diese überflogen hatte, zog sich in ihm alles zusammen und in seinem Kopf bildeten sich Fragen, die er im Zusammenhang mit Sasukes Geschichte bislang nicht in Verbindung gebracht hatte. Ihm wurde schlecht, als sich auf mehreren Seiten immer und immer wieder Namen wiederholten, die für ihn und sein gesamtes Weltbild darin überhaupt nichts zu suchen hatten. Nach der zehnten Seite in Folge wusste er, dass er einigen Menschen würde Fragen stellen müssen. Mitunter auch unangenehme Fragen. Und dabei dachte er nicht nur an die Uchiha-Brüder, sondern auch an Tsunade, Jiraija, Orochimaru und…. Und das wunderte ihn am Allermeisten: Kakashi. Ebenfalls tauchten Namen auf, die Naruto aus Sasukes Erzählungen schon einmal gehört hatte. Mehrmals wurde ein Obito Uchiha erwähnt. Hatte nicht auch Kakashi über einen Obito berichtet, der nun bei der Polizei tätig sei? Schnell hatte zudem Naruto begriffen, wer die Drahtzieher des Ganzen hier waren. So schien dieser Madara Uchiha, den er bislang nur als den Polizeipräsidenten von Konoha im Kopf hatte, eine nicht ganz saubere Weste zu haben. Oftmals erkannte er dessen Unterschrift unter einigen fragwürdigen Dokumenten. Ebenso dieser Pain von dieser seltsamen Firma Akatsuki. Dessen Unterschrift war häufiger unter seltsamen Listen zu finden, wo es vermutlich um Warenlieferung an Itachis und Sasukes Uchiha Corp. ging. Nur was mochten das für Waren sein, die man mit Maria 1, Maria 2 oder Paulo 1 und 2 betitelte? Waren dies neumodische Bezeichnungen für Elektroteile? Aber wieso sollte die Uchiha Corp. Bauteile aus Mexiko, Chile, Panama und so weiter her schiffen lassen wenn sie doch China direkt vor der Haustüre hatten? Er verstand zwar nicht wirklich viel von Wirtschaft, aber das war irgendwie doch….seltsam! Er legte den Ordner zur Seite und widmete sich einem dickeren braunen Briefumschlag. Dieser war nicht zugeklebt und so konnte er den Inhalt direkt herausholen. Es handelte sich um einen Stapel Fotografien. Vermutlich wurden diese alle von Juugo gemacht, denn Naruto fand auch noch eine SD-Karte im Umschlag. Auf den meisten Bildern war ein älterer Mann mit längeren schwarzen Haaren abgebildet. Oftmals trug dieser Anzüge. Auf zwei Bildern jedoch eine Uniform weswegen Naruto dann darauf schloss, dass es sich bei diesem Mann um Madara handeln musste. Ab und zu war dieser mit einem jüngeren Schwarzhaarigen abgelichtet worden, dessen eine Gesichtshälfte durch einige Narben gekennzeichnet waren, an denen Orochimaru bestimmt seine helle Freude gefunden hätte. Ein weiterer Packen zeigte diesen Madara in Begleitung eines orangehaarigen Mannes sowie einer recht hübschen jungen Frau mit leicht fliederfarbigen Haar. Deren Kleidungsstil war ziemlich westlich und daher tat sich ihm der Verdacht auf, dass diese Leute von dieser ‚Akatsuki‘-Firma sein müssten. Irritierenderweise tauchten dann einige private Bilder auf, die Naruto zeigten, dass es sich bei den Fotografen wirklich um Juugo gehandelt haben musste. Die Bilder zeigten Sasuke. Einen Sasuke, den Naruto bislang noch nicht kennengelernt hatte. Schließlich kannte er den Schwarzhaarigen nur von diesen ganzen Interviews und Fernsehberichten, wo er doch reichlich unterkühlt und arrogant rüber kam. Oder aber schlafend. Oder verwirrt… so wie jetzt. Oder an seinen Lippen hängend… Naruto verspürte eine plötzliche Hitze auf seinen Wangen. Der Sasuke auf den Bildern war einfach der junge Mann, der er sein sollte. Nicht dieser berechnende Geschäftsmann. Die Bilder waren wohl am Strand aufgenommen worden, denn oftmals sah man den jungen Uchiha und einen weißhaarigen Kerl neben ihm auf ihren Surfbrettern. Naruto wusste aus den aktuellen Fernsehberichten, dass es sich um Suigetsu handelte. Anhand dieser Bilder wurde ihm wieder etwas flau im Magen. Nicht, weil er eifersüchtig war, wenn dieser Suigetsu Sasuke einen Arm über die Schulter gelegt hatte und beide ausgelassen in die Kamera grinsten… sondern eher, dass Sasuke wohl genau an solche Momente gerade dachte. Er hatte zwei Leben führen müssen. Das des kühlen CEO und dann sein normales Leben, welches unter all dem Druck, der als Teilhaber eines so riesigen Unternehmens und CEO über diverse Abteilungen eindeutig zu kurz gekommen war. Suigetsu und Juugo waren wohl Sasukes personifizierte ‚Freiheit‘ gewesen. Anhand der Bilder konnte Naruto mit Sicherheit sagen, dass sich Sasuke nur diesen beiden jungen Männern so offen gezeigt hatte. Neben all diesen Dokumenten hatte Juugo nur mit diesen paar Bildern, die sicherlich nur hier hineingeraten waren weil sie noch auf der Kamera waren, Sasuke etwas wirklich Wichtiges hinterlassen. Naruto musste sich wahrlich die Tränen verdrücken. Selbst wenn Sasuke niemals wieder seine kompletten Erinnerungen an jede Einzelheit in seinem Leben zurück erlangen sollte… hier hatte der Schwarzhaarige den Beleg dafür, dass er auch ein ‚normales‘ Leben bei all dieser Scheiße um ihn herum hatte und Naruto würde sein Bestes geben, dass er dies auch weiterhin würde haben können! Gerade, als er alles zurück in den Rucksack stopfen wollte, entdeckte er noch einen weiteren Briefumschlag in eben diesen. Dieser war recht dünn und beinhaltete die losen Blätter eines Vertrages. Als Naruto den Sinn dieses Vertrages erkannte – zudem war er sich sicher, dass es sich um einen Originalvertrag handelte, da neben den Unterschriften auch noch Siegel prangten, stieß er beinahe vor Schreck seinen mittlerweile kalten Kaffee um. Es war die Überschreibung der kompletten Uchiha Corp. an Madara Uchiha sowie deren Verkauf an die Akatsuki Ltd in New York. Unterzeichnet wurde dieser Vertrag am 22. Juli des vergangenen Jahres. Der Tag, wo in den Abendstunden im ‚Susanoo‘ in den Geburtstag von Sasuke Uchiha hineingefeiert worden war. Vermutlich nur wenige Stunden bevor Sasuke in den Sattelschlepper raste. Aber hatte Juugo Sasuke nicht schon Tage zuvor angerufen und ihm berichtet, dass er alles ins Schließfach tat? War Juugo mit diesem Vertrag nochmals zum Schließfach zurückgekommen? Doch viel wichtiger war die Frage: Was hatte ihn dazu gebracht, die Firma ohne jedwede finanzielle Abfindung für sich und seinen Bruder zu überschreiben? Warum hatte Itachi Uchiha das getan?! Naruto stopfte hastig auch diesen Umschlag zurück in den Rucksack. Diese und all die anderen Fragen schienen seinen Kopf nun förmlich zum Platzen bringen zu wollen! Er brauchte Antworten! Und zwar wirklich schnell! Nun zu Itachi auf das Uchiha-Anwesen zu fahren wäre selten dämlich. Sein Haus wurde rund um die Uhr von Paparazzi bewacht. Nicht umsonst hielten sie an ihrem Doppelgänger-Konzept mit Orochimaru fest. Aber mit Orochimaru würde er sicherlich auch noch sprechen müssen wenn ihm Tsunade oder Jiraija nicht Rede und Antwort standen so wie er sich das vorstellte. Zunächst würde ihm also nichts anderes übrig bleiben als zur Namikaze-Villa zurück zu fahren. Vielleicht wusste Sasuke ja auch schon einiges oder vielleicht halfen ihm diese ganzen Unterlagen auf die Sprünge ohne dass sie für die Auswertung einen Shino brauchten oder jemand weiteren involvieren mussten. Er schulterte den Rucksack, zog seine Lederjacke darüber in der Hoffnung, dass diese den wichtigen Inhalt auf seinen Rücken ein wenig vor der Sintflut draußen schützen würde und schnappte sich seinen Helm. Und auch wenn er normalerweise ein sehr vorsichtiger und dem Wetter angepasster Fahrer war, so merkte er deutlich, dass seine ganze Fahrweise viel rasanter war als üblich. Es war halb drei in der Nacht, als er seine Maschine leise zurück in die Garage schob und sich ins Haus schlich. Kakashi saß im Fernsehzimmer und schien beim Teleshopping eingeschlafen zu sein. Auch wenn Naruto sich gerade nach einer heißen Dusche und trockenen Klamotten am Leib sehnte, tapste er leise zum Grauhaarigen und entnahm vorsichtig die Fernbedienung aus seinen Händen. Nachdem er das Gerät ausgeschaltet hatte deckte er den Allgemeinmediziner zu und dimmte das Licht über den Hauscomputer etwas herunter. Anschließend ging er immer noch tropfnass in sein Zimmer. Auch hier brannte noch Licht. Allerdings nur die kleine Leselampe auf dem Nachttisch. Sasuke schien tief und fest zu schlafen und vor allen Dingen wesentlich ruhiger als noch am frühen Abend. Nachdem er den Rucksack an den Schreibtisch abgestellt und sich einige Kleidungsstücke aus dem Schrank genommen hatte ging er ins nebenliegende Bad und gönnte sich eine kurze aber sehr angenehme Dusche. Mit einem Handtuch über den Schultern trat er schließlich kurz darauf zurück ins Zimmer. Leise rubbelte er sich die letzte Feuchtigkeit aus seiner blonden Mähne während er seinen Blick nicht von Sasuke nahm. Das ruhige Heben und Senken der Brust ließ Naruto für einen Augenblick all die Fragen in seinem Kopf vergessen. Ebenso die Geschehnisse der letzten Tage. „Vielleicht war es mehr als Schicksal, dass wir uns begegnet sind, Teme!“, flüsterte er leise in die Stille des Raumes und seufzte. Langsam strich er behutsam einige Strähnen des Schlafenden zurück und betrachtete eingehend das makellose Gesicht. „Dein Leben war nicht beneidenswert, echt jetzt!“ Er setzte sich vorsichtig auf die Bettkante und versuchte jede einzelne Pore des Uchihas mit seinem Blick zu erfassen. Irgendwie kam er sich schon leicht gestört vor, doch konnte er seinen Blick einfach nicht abwenden. Wer wusste denn schon genau, wie lange er dem Uchiha so nahe sein konnte? Und dabei ging er nicht einmal vom Schlimmsten aus. Natürlich nicht! Aber Sasuke würde in seine Welt zurückkehren müssen und ob da ein Chaot wie er es nun mal manchmal war einen Platz finden konnte… er wusste es nicht. Irgendwie wünschte er es sich dennoch. Nicht nur für sich, sondern auch für seinen Teme. Dieser brauchte diese ‚Freiheit‘, die er auf den Bildern gesehen hatte. Und Suigetsu war nicht mehr da… und was genau nun mit Juugo war… Könnte Naruto diese ‚Freiheit‘ für Sasuke sein? Oder waren sie mit ihrer Knutscherei vielleicht schon zu weit gegangen, so dass sich Sasuke dies nicht mehr vorstellen konnte, in Naruto nur einen Freund zu sehen? Wenn Naruto ehrlich war fiel es ihm gerade selbst ein wenig schwer sich vorzustellen, nur noch mit Sasuke befreundet zu sein. Er mochte diesen Bastard hier wirklich! Nein, es war ja bereits viel mehr als das! Aber er konnte hier nur für sich sprechen und er wollte Sasuke nun sicherlich auch nichts aufzwingen! Der Schwarzhaarige hatte in der letzten Zeit einfach viel zu viel mitmachen müssen und war nun sicherlich nicht dazu in der Lage sich auch noch mit einem möglichen Liebesgeständnis eines übergeschnappten Psychologen zu befassen. Der Blonde erhob sich wieder. Irgendwie wühlte ihn das alles hier viel zu sehr auf und dadurch war jegliche Müdigkeit aus seinem Körper verschwunden. Nun ja… er hätte eh die Nachtschicht gehabt und da Kakashi ebenfalls selig schlief konnte er nun auch weiterhin durchmachen. Die Digitaluhr über seiner Zimmertür zeigte fast 4 Uhr an und er verspürte einen leichten Hunger. Das Handtuch von der Schulter streifend und auf den Stuhl direkt neben der Tür ablegend verließ er wieder leise das Zimmer und machte sich auf den Weg in die Küche. Vielleicht hatte Iruka ja noch irgendwelche Reste in den Kühlschrank getan. Es dauerte auch nicht lange und er wurde tatsächlich fündig. Eine große Schüssel Reis sowie ein Topf mit Curry schrien ihm förmlich entgegen von ihm in die Mikrowelle geschoben zu werden und daher suchte er sich das passende Geschirr zurecht. Erneut wurde ihm bewusst, wie lange er wohl nicht mehr in seinem eigenen Haus gewesen war, da er in seiner eigenen Küche auf Anhieb nicht das fand, was er suchte. Nachdem er endlich im dritten Hochschrank eine passende Abdeckung für seine Mahlzeit in der Mikrowelle gefunden hatte hielt er plötzlich inne. Aus dem Flur hörte er leise Stimmen. Eine davon war eindeutig seiner Schwester zu zu schreiben. War sie etwa bis jetzt noch unterwegs gewesen? Warum war sie dann nicht gleich dort geblieben wo sie gewesen war? Er seufzte. Doch mit wem unterhielt sie sich da so angeregt? Naruto wäre am liebsten in den Flur gegangen um nachzusehen, doch das schien ihm nun doch ein bisschen zu unhöflich. Zudem nervte es ihn gerade, dass er nicht auf die Idee gekommen war, dass Karin ja nun auch Besuch mit nach Hause bringen könnte und dies die ganze Situation hier noch um einiges verschärfte… auch wenn er nicht davon ausging, dass seine Schwester den Uchiha an die Presse verpfeifen würde wenn er ihr dann die Situation genauer erklärte. Er widmete sich also wieder seinem Essen und stellte die Mikrowelle auf eine Zeit ein. Summend begann sie ihre Tätigkeit und Naruto betrachtete durch die von innen heraus beleuchtete Scheibe seinen nun langsam rotierenden Teller. „Oh! Du bist noch wach?“, hörte er plötzlich die Singsang-Stimme seiner Schwester hinter sich und er musste gar nicht genau hinhören um zu wissen, dass sie wohl schon einiges getrunken hatte. Daher war es umso erstaunlicher, dass sie rücksichtsvoll leise sprach. Naruto drehte sich zu ihr herum. Sie lehnte im Türrahmen mit verschränkten Armen vor der Brust und einem milden Lächeln. Sie musste wirklich einiges getrunken haben, denn seine Schwester lehnte normalerweise nie irgendwo gegen! „Hm, ja! Irgendwie hatte ich noch Hunger!“, antwortete ihr der Blonde und begann nun damit, die Schüsseln mit dem restlichen Inhalt wieder in den Kühlschrank zu setzen. „Oh! Ist das Irukas Spezial-Curry?“, fragte ihn die Rothaarige hoffnungsvoll und obwohl Naruto die Antwort darauf wusste blickte er nochmals überprüfend in die Schüssel. „Hm, ja! Ist es!“ „Dann will ich auch was! Irukas Curry ist wirklich das Beste!“ „Stimmt nicht! Das Beste ist immer noch….“ „…ja ja…Irukas Ramen!“ Die beiden Geschwister lachten gleichzeitig auf. Das war die Karin, die Naruto wirklich von Herzen liebte. Ein nettes Mädchen. Freundlich, offen, direkt und genauso verfressen wie er wenn es um Ramen oder Curry ging. „Reicht es denn noch für zwei Portionen?“, unterbrach Karin seine Gedanken und er sah sie verwundert an. „Hast du so einen großen Hunger?“ Erneut kicherte sie leise: „Nein, nein! Ich habe nur Besuch mitgebracht!“ Naruto schluckte. Irgendwo hatte er ja nun doch gehofft, dass diese zweite Stimme, die er zuvor vernommen hatte bereits wieder gegangen war, aber anscheinend schien dieser hier übernachten zu wollen. „Er ist wirklich ein sehr netter Kollege von mir“, diese Aussage gefiel Naruto noch weniger….ein weiterer Reporter im Haus war schließlich nie gut, „Und er hat mich nach Hause gefahren! Ich habe ein bisschen zu viel getrunken, Brüderchen!“ „Das ist nett von ihm gewesen!“, - dann kann er ja jetzt gehen!- Die Mikrowelle piepste und Naruto begab sich wieder zum Gerät um seine aufgewärmte Mahlzeit daraus zu entnehmen. „Hm, hier riecht es aber gut!“, hörte er hinter seinem Rücken die fremde Männerstimme von zuvor nun wesentlich lauter und deutlicher. „Ja, das ist das hausgemachte Curry von unserem Hauswart! Magst du auch was?“ „Aber gerne!“ „Ach, übrigens, das ist mein kleiner Bruder Naruto!“ Naruto schob gerade eine größere Portion für ihre Schwester und deren Gast in die Mikrowelle und stellte die Zeit neu ein. „Oh, gesehen habe ich ihn schon einmal“, Naruto drehte sich auf diesen Kommentar hin langsam herum, „im Senyu-Klinikum. Ich hätte aber nicht gedacht, dass er dein Bruder ist! Ihr seht euch gar nicht so ähnlich!“ Naruto zuckte zusammen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass der Mann nur noch eine knappe Armlänge von ihm entfernt stand und ihm nun ein Grinsen schenkte, welches das beste Model in einer Zahnpasta Werbung vor Neid erblassen lassen würde. Dieser reichte ihm die Hand und aus diesen seltsam dunkelvioletten Augen schien es zu blitzen: „Schön, dich kennen zu lernen, Naruto Namikaze. Und da ich noch ein paar Stündchen hier bleibe sollte ich mich vorstellen. Mein Name ist Hidan!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)