Sei mein Freund von Gmork ================================================================================ 5 - Ein neuer Gefährte ---------------------- Kopfschmerzen rissen ihn aus einem traumlosen Schlaf, ein monotones Pulsieren über seinem rechten Auge. Dennoch war er völlig ruhig und ohne Anspannung erwacht. Er warf einen Blick auf den Wecker, dessen digitale Zahlen drei Uhr morgens verrieten. Green war wach, doch er fühlte sich kein bisschen ausgeruht und er glaubte nicht, noch einmal einschlafen zu können. Seine Gedanken begannen sofort wieder zu arbeiten, was das Pulsieren recht schnell verstärkte. Bald würde es zu einem wütenden Pochen geworden sein, was ihm alle Konzentration rauben würde. Er rieb sich die Schläfe und hoffte, dass genau diese Situation nicht eintraf. Er würde sich sonst recht früh ausruhen müssen und genau das konnte er sich nicht leisten, wenn er Red irgendwie einholen wollte. Diese Nacht hatten die roten Augen und das unheilvolle Rascheln der Bäume ihn verschont. Kein gedankenfressendes Pokémon, dass im Vertania-Wald auf sie lauerte. Darüber freuen konnte er sich allerdings nicht. Noch immer waren die Geschehnisse des Vortages allgegenwärtig. Sein schlechtes Gewissen ließ sich nicht abschütteln, obwohl er den Grund dafür noch immer nicht benennen konnte. Er dachte an seinen Freund und fragte sich, wo er gerade wohl steckte und wie weit er am ersten Tag seiner Reise schon gekommen war. Red hatte ihn etwas verschwiegen und Green würde alles daran setzen, um eine Antwort zu erhalten. Das war sein Freund ihm schuldig. Er war sich mittlerweile absolut sicher, dass nicht der Kampf der Auslöser für all das war und er würde herausfinden was Red dazu bewogen hatte sein Versprechen zu brechen. Aber dazu musste er ihn erst einmal einholen. Ihn finden, zur Rede stellen und sich dann entschuldigen. Er wusste nicht wieso, aber er fürchtete sich vor dieser Situation. Noch immer sah er Reds stechenden Blick vor sich, seine braunen, kalten Augen, in denen er keine Freundschaft mehr erkennen konnte. Green atmete mehrmals tief durch. Auch wenn die Situation nicht erfreulich war, musste er versuchen einen kühlen Kopf zu bewahren und geradeaus zu blicken. Er gähnte noch einmal, bevor er sich dazu überwand, die Bettdecke zurückzuschlagen und aufzustehen. Ein kalter Luftzug streifte seine Füße. Die Pension war nicht beheizt. Er versuchte sich zu orientieren, nur die leuchtenden Ziffern der Uhr auf dem Nachttisch und der matt-rote Schein der Laterne vor seinem Fenster spendeten ein wenig Licht. Viel sehen konnte er trotzdem nicht. Die dichten Wolken hatten den Mond verschluckt, von dem nicht einmal die milchigen Umrisse erkennbar waren. Er trat zum Fenster und öffnete es leise, um Evoli, dass ruhig am Fußende seines Bettes schlief, nicht zu wecken. Die frische Luft regte seine Gedanken an und dämpfte das Pochen seiner Stirn. Augenblicklich fühlte er sich besser und er genoss das Gefühl seiner Lungen, die sich mit klarem Sauerstoff füllten. Er wusste nicht wie lang er reglos am Fenster stand und den Blick frustriert auf Vertania-City richtete. Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Finsternis gewöhnt und er konnte die Schatten der knorrigen Bäume vor seinem Zimmer und einen Teil der Straße, die zur zweiten Route führte, erkennen. Das nächste Ziel war Marmoria-City, einen guten Tagesmarsch von hier entfernt. Bald war es an der Zeit seine Pokémon zu wecken und aufzubrechen. Er wollte diese Strecke so schnell wie möglich hinter sich lassen – zu viele Erinnerungen hingen an ihr. Besonders diese eine, ganz Bestimmte, die ihn beinahe nächtlich auflauerte. Er würde den Vertania-Wald, den er seit dem Ereignis vor vier Jahren nicht mehr aufgesucht hatte, erneut betreten müssen. Als hätte er danach gesucht, richtete sich sein Blick plötzlich auf einen Punkt auf dem Boden - und dieser Blick wurde erwidert. Böse rote Augen starrten direkt zu ihm hinauf, durchdrungen von einer beinahe dämonischen Macht. Konnte er da ein Grinsen erkennen? Green keuchte entsetzt auf und seine Stirn beantworte sein Erschrecken mit einem rasenden Schmerz, der glühende Bahnen durch seine gesamten Gesichtsnerven zog. Seine Füße gehorchten ihm nicht mehr und er taumelte rückwärts. Der Nachttisch bewahrte ihm vor einen Sturz, doch er stieß sich schmerzhaft den Rücken und für einen Augenblick schien er keine Luft mehr zu bekommen. „Okay. Okay... Du beruhigst dich jetzt. Dort draußen ist nichts. Deine Fantasie spielt dir einen Streich, du hast nur das gesehen was du sehen wolltest. Hier lauert dir niemand auf.“ Ihm war der kalte Schweiß ausgebrochen, der sich nun brennend einen Weg in seine Augen suchte. Er lachte auf, doch es klang zitternd und nervös und brachte ihm keine Erleichterung. Jetzt begann er schon Selbstgespräche zu führen. Allmählich ging das alles wirklich zu weit. Dies war nun der Lohn dafür, dass er die Geschehnisse, anstatt sie aufzuarbeiten, verdrängt hatte. Langsam sank er auf das Bett zurück. Sein Gesicht brannte noch immer wie Feuer und die Muskeln seiner Beine fühlten sich an, als würden sie zu jemand anderen gehören. Warum hatte er nichts zu Trinken mit auf sein Zimmer genommen? Ein Schluck kaltes Wasser hätte ihn jetzt einigermaßen ruhig gestimmt. So konnte er nur warten, bis sein Herz, das noch immer einen Trommelwirbel in seiner Brust veranstaltete, wieder seinen normalen Rhythmus angenommen hatte. Evoli war von dem Tumult nicht erwacht. Ruhig lag es zusammengerollt auf der weichen Decke, die Sarah ihm für kalte Nächte eingepackt hatte. Green lauschte seinem Schnurren und spürte, wie sein Blutdruck sich langsam wieder auf einen stabilen Pegel zubewegte. Dennoch war sein Mund trocken und seine Kehle verklebt. Er brauchte dringend einen Schluck Wasser. Aber die Kantine der Pension war geschlossen, folglich könnte das schwierig werden. Egal. Zur Not würde er aus der Leitung trinken. Das Wasser hier war sehr sauber, also würde er damit schon zurechtkommen. Wenige Minuten später hatte er sich so weit im Griff, um aufstehen zu können. Die kalte Luft hatte mittlerweile das komplette Zimmer ausgefüllt und er spürte erst jetzt, dass er fror. Mit einer vorsichtigen Bewegung zog er seine Reisetasche unter dem Bett hervor. Er musste einen Moment suchen, bis er einen frischen Pullover und eine Hose fand. Als er sich angezogen hatte, trat er erneut zum Fenster, dieses Mal um es zu schließen. Sein Blick huschte automatisch zu der Stelle, an der er geglaubt hatte, diese Augen zusehen. Nichts. Obwohl er wusste, dass dort nie etwas gewesen war, breitete sich Erleichterung in seiner Brust aus. Wenige Stunden später hatte er Vertania-City hinter sich gelassen. Der Marsch war lang und ermüdend gewesen, trotz allem fühlte Green sich erfrischt und gestärkt, was auch dem herzhaften Frühstück der Pension zu verdanken war. Die Kopfschmerzen waren Gott sei Dank verschwunden. Seine Taschen waren gefüllt mit Lebensmitteln für ihn und seine Pokémon, welche er im Supermarkt von seinen gespartem Geld erworben hatte. Auch an Pokébällen hatte er nicht gespart, obwohl sein Großvater ebenfalls sehr großzügig damit gewesen war. Aber man konnte ja nie wissen, ob die Pokémon mit nur einen Wurf zu fangen waren und er musste unbedingt sein Team verstärken. Evoli tippelte fröhlich neben ihm her. Green war sehr froh, seine Gefährtin nach all den Jahren nicht mehr einsperren zu müssen und ihr schien es ähnlich zu gehen. Die Bewegung tat ihr gut und so tollte sie um ihn herum, lief manchmal vor um kleine Fuchsbauten unter den Baumstümpfen zu erkunden und kam dann anschließend zu ihm zurück, wo sie auf seine Schulter sprang und sich glücklich an seinen Hals schmiegte. Die Sonne kündigte den Mittag an und schickte eine drückende Wärme zu ihnen herunter. Green schwitzte und blieb für ein paar Sekunden stehen um durchzuatmen. „Puh.“ Er blickte Evoli, dass noch immer auf seiner Schulter saß, von der Seite her an. „Ich weiß ja nicht wie es dir geht, aber ich könnte jetzt mal eine Pause vertragen.“ Sein Blick fiel auf einen großen Baum am Rande des Weges, der einen langen Schatten warf und zum Verweilen einlud. Evoli sprang von seiner Schulter und rannte sogleich darauf zu. Green folgte ihr mit langsamen Schritten. Froh, das Gepäck ablegen zu können, ließ er sich im Schatten nieder. Seine Beine schmerzten ein wenig – ein Umstand, an den er sich gewöhnen musste. Doch dieses Gefühl störte ihn nicht, er genoss es sogar ein wenig. Es zeigte ihn, dass er sich anstrengen musste, um vorwärts zu kommen und er wusste, dass es das wert war. Er zog seine Wasserflasche aus dem Rucksack hervor und trank in großen Schlücken. Seine Belohnung für den ersten richtigen Tag auf seiner Reise. Die Rinde des Baumstammes fühlte sich angenehm rau an seinen Rücken an, als er sich dagegen lehnte und entspannt die Augen schloss, während das sanfte Rauschen der Baumkronen wie Musik in seinen Ohren klang. Es war ein wunderbares Gefühl so frei zu sein, ohne Verpflichtungen, ohne die ewige Lernerei für die Schule und ohne die Sorge, dass man Evoli entdecken könnte. Hier war all das vergessen. Selbst seine Sorge um Red war für einen kurzen Augenblick verschwunden. Er hätte ewig so dasitzen können. Doch Evoli, das sich an seinem Rucksack zu schaffen machte, holte ihn aus seinen Gedanken. Es hatte seinen Kopf tief in der Tasche vergraben und schien etwas zu suchen. „Hm? Was suchst du denn da?“ Evoli zog sich wieder hervor und sah ihn nur fragend an. „Hast du Hunger? Warte.“ Doch sein Pokémon schüttelte energisch mit dem Kopf. „Was dann?“ Erneut kroch es in den Rucksack und begann darin herum zu wühlen. Green sah dabei zu, wie es den gesamten Inhalt auf der Wiese verteilte, während es fröhlich mit dem Schwanz wedelte. Schließlich holte es den Pokéball hervor, der Schiggy enthielt. Er stupste den Ball an, der bläulich aufleuchtete, dann sah es seinen Trainer aus großen braunen Augen an. Green verstand. „Oh natürlich. Das ist eine wirklich gute Idee von dir.“ Er nahm den Ball in die Hand und fühlte das leichte Vibrieren aus seinem Inneren. „Komm raus, Schiggy.“ Das Wasser-Pokémon erschien und streckte sich wohlwollend. „Du könntest auch mal ein wenig Bewegung vertragen.“ Das ließ es sich nicht zwei Mal sagen und begann sofort über das weiche Gras zu laufen, Evoli im Schlepptau. Er sah dabei zu, wie sie sich jagten, in die Luft sprangen und vergnügt um die Wette liefen. Sie hatten sich von der ersten Sekunde an gut verstanden und Green wusste nicht, worüber man sich mehr freuen konnte. Nicht alle Pokémon kamen so gut miteinander aus. Green wünschte sich, eines Tages ein spitzen Team zu haben, die nicht nur Gefährten, sondern auch Freunde waren und die zwei boten einen wirklich guten Auftakt dafür. Während er sie beobachtete, wurden seine Augen schwer, bis sie schließlich ganz zu fielen. Sein Kinn sank ihm auf die Brust und er nickte ein. Als er erwachte, stand die Sonne weit oben am golden leuchtenden Himmel. Die Hitze war verflogen und ein frischer Wind wehte über die Gräser. Schlaftrunken blickte er sich um und ein heißer Schreck durchfuhr ihn, als er seine Pokémon nirgendwo entdecken konnte. Sofort war er auf den Beinen. „Evoli? Schiggy?“ Sein Ruf blieb unbeantwortet. Panisch packte er seine Sachen zusammen. Sein Rucksack fühlte sich nach der Pause doppelt so schwer an, doch er achtete nicht darauf. Stattdessen suchte er nach einem Anhaltspunkt und fand diesen auch, in Form ihrer Fußspuren. Ohne lange darüber nachzudenken nahm er die Verfolgung auf. Seine Schritte waren hastig, einige Male wäre er beinahe gestürzt. Doch er achtete nicht auf irgendwelche Hindernisse, übersprang Wurzeln und Schlaglöcher, den Blick stur auf die Erde gerichtet. Dann, am Rande des hohen Grases fand er die beiden. Nach Luft ringend blieb er stehen, während gleichzeitig Erleichterung seinen Körper durchströmte. „Evoli! Schiggy!“ Die beiden drehten sich erschrocken nach ihn um und sofort konnte er Verlegenheit in ihren Gesichtern erkennen. „Warum seid ihr so weit weggelaufen? Ich habe mir totale Sorgen um euch gemacht. Tut das gefälligst nie wieder!“ Er stützte seine Arme auf die Knie und holte einmal tief Luft. Eigentlich wollte er nicht mit ihnen schimpfen, sie hatten ja nur gespielt. Green hatte nicht genügend auf sie Acht gegeben. Nicht sie waren schuld, sondern er. Was hatte sie nur so weit von ihrem Rastplatz weggelockt? Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Evoli spitzte die Ohren und drehte sich wieder zum Gras um, als ein Rascheln erklang. Irgendetwas war dort und schien sich zu verstecken. Green trat vorsichtig einen Schritt näher. Erneut raschelte es. Ohne einen Ton von sich zu geben winkte er seine Pokémon zu sich heran. Diese gehorchten sofort und schlichen zu ihn herüber. Er legte einen Finger auf die Lippen und deutete auf eine ganz bestimmte Stelle – dort war zwischen den langen Grashalmen ein lilanes Paar Ohren zu sehen, von denen hin und wieder ein leises Zucken ausging. Der Pokédex in seiner Jackentasche reagierte, doch Green musste nicht auf den Bildschirm sehen, um zu wissen um welches Pokémon es sich hier handelte. Er konnte sich ein freudiges Lächeln nicht verkneifen, denn darauf hatte er gewartet und zufällig wollte er genau dieses Pokémon in seinem Team haben. So leise er konnte kramte er in seinem Rucksack nach den Pokébällen. Endlich bekam er einen zu fassen. „Okay. Ich brauche jetzt einen von euch. Ihr müsst mir helfen es zu fangen.“ Die beiden Pokémon sahen sich einen Moment fragend an, schließlich sprang Evoli auf. Green lächelte. „Gutes Mädchen.“ Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und trotzdem hatte Rattfratz ihn gehört. Plötzlich erzitterte das Gras, als es sich aus seinem Versteck wagte und davon laufen wollte. „Los Evoli, halte es auf!“ Sein Pokémon nahm Anlauf und rannte in Windeseile darauf zu. Rattfratz versuchte in eine andere Richtung auszuweichen, doch Evoli war schneller und schaffte es immer, ihm den Weg abzuschneiden. „Sehr gut. Bring es durcheinander. Schwäche es, aber greife nicht an!“ Noch nicht. Rattfratz waren nicht einfach zu besiegen. Sie hatten eine hohe Kondition und konnten den meisten Attacken problemlos ausweichen und obwohl es eher zierliche Pokémon waren, durfte man ihre Angriffe nicht unterschätzen. Man musste vorsichtig sein, denn auch wenn seine Hauer nicht besonders groß waren – ein Biss konnte großen Schaden anrichten und er wollte Evoli nicht in unnötige Gefahren bringen. So vergingen einige Minuten. Rattfratz wollte immer wieder ausschlagen, doch Evoli lies ihm keine Chance und langsam bemerkte Green die erste Erschöpfung des wilden Pokémon. Es hatte aufgegeben davonlaufen zu wollen und seine Augen funkelten angriffslustig. Evoli musste nun sehr vorsichtig sein. Green sah, dass auch sein Pokémon um Atem rang. „Es wird dich bald angreifen, also gib Acht, dass es dich nicht trifft!“ Plötzlich schnellte Rattfratz nach vorn. Sein Maul war weit aufgerissen und seine Hauer blitzten aggressiv. „Ruckzuckhieb, schnell!“ Im letzten Moment konnte sein Pokémon ausweichen. Es setzte zum Sprung an und die Attacke seines Gegners ging ins Leere. Evoli nutzte diesen Moment der Unachtsamkeit und rammte es. Rattfratz wurde in die Luft geschleudert, doch gelang es ihm auf seinen vier Pfoten zu landen. Green wusste, dass sich sein Pokémon mit dieser Attacke sehr zurückgehalten hatte. Hätte es richtig Anlauf genommen, wäre es jetzt ausgeknockt gewesen. Doch genau das wollte er nicht. Er wollte es bei vollem Bewusstsein fangen und rief Evoli zurück. „Das reicht! Komm wieder zu mir!“ Evoli gehorchte und sprang ihm treu auf die Schulter. Als Rattfratz den Pokéball in seiner Hand bemerkte, stieß es ein wütendes Fauchen aus. Es zählte definitiv nicht zu den Pokémon, die sich leicht fangen ließen, doch Green wollte es unbedingt versuchen. Dass es nicht so einfach wie vor vier Jahren werden würde, war ihm dabei sehr wohl bewusst. Aber damals waren die Umstände auch völlig anders gewesen. Für einen kurzen Moment blitzte die Erinnerung auf, doch Green drängte sie zurück. Nicht jetzt. Rattfratz stand lauernd vor ihnen. Es hätte fliehen können, doch es blieb an Ort und stelle, während sein Blick folgendes verriet: Wenn du mich fängst, gehöre ich dir. Green presste seine Zähne zusammen. Ihm blieben nur wenige Versuche. Einer, vielleicht Zwei. Mehr Chancen würde es ihm nicht lassen. Er umklammerte den Pokéball für eine Sekunde, dann schleuderte er ihn entschlossen in seine Richtung. Rattfratz wehrte sich nicht. Es hatte die Herausforderung angenommen und wartete darauf, von dem Ball eingeschlossen zu werden. Der Wurf saß und es wurde in sein Inneres gezogen. Der Ball schloss sich und begann kräftig zu ruckeln, als es versuchte sich wieder daraus zu befreien. Für ein paar Sekunden hielt Green den Atem an – dann, als er schon dachte es geschafft zu haben, zersprang der Ball in tausend Teile, als das Rattfratz sich zurück in die Freiheit kämpfte. „Verdammt!“ Was sollte er nun tun? Es war noch zu stark, die Pokébälle konnten seiner Kraft niemals standhalten. Seine Gedanken arbeiteten fieberhaft. Er wusste, dass ihm nur wenige Sekunden bleiben würden, bevor es im hohen Gras verschwand. Plötzlich hatte er einen Geistesblitz, als er an den Kampf gegen Red und daran dachte, wie er Glumanda endgültig hatte schwächen können. „Schiggy, los!“ Das Wasser-Pokémon gehorchte sofort und sprang nach vorn. „Heuler!“ Wieder stieß es diesen gellenden Schrei aus, der in den Ohren vibrierte. Evolis Fell sträubte sich, doch Green achtete nicht auf das unangenehme Schwingen in seinem Kopf. Ihm blieben nur noch wenige Sekunden zum Handeln. Instinktiv griff er erneut in seinen Rucksack – und es war pures Glück, dass er prompt einen neuen Pokéball zu fassen bekam. „Ja!“ Ohne darüber nachzudenken holte er erneut zum Wurf aus. Rattfratz konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen und wurde erneut in den Ball gezogen. Dieses Mal war das Ruckeln sehr viel schwächer, doch erst wenn das Warnlicht in der Mitte des Balls erlosch, konnte Green sich sicher sein, dass er das Duell gewonnen hatte. Die Sekunden verstrichen, während der Ball zuckte und sich nicht beruhigen wollte. Ihm schlug das Herz bis zum Hals und er wagte kaum Luft zu holen. Schiggy und Evoli beobachteten voller Erwartung das Geschehen. Dann schließlich hörte das Zittern auf und das Licht erlosch mit einem seltsamen Seufzer. Green stand reglos da und konnte nicht realisieren, dass er es tatsächlich geschafft hatte. Erst als Schiggy und Evoli begeistert umher sprangen, begriff er, was soeben geschehen war. Euphorie durchzuckte seinen Körper, er riss den Arm nach oben und stieß einen Schrei des Triumphs aus. „Yeah! Verdammt, wir haben es tatsächlich geschafft!“ Seine Pokémon rannten auf ihn zu und sprangen an seinen Beinen hoch. Er ging in die Knie und zog die beiden in eine stolze Umarmung. „Ihr wart wirklich spitze, vielen Dank!“ Schiggy ließ von ihm ab und rannte zu dem Pokéball, der nun regungslos im Gras lag. Vorsichtig sammelte es ihn auf und trug ihn fast ehrfürchtig zu Green. Er nahm ihn entgegen und betrachtete ihn stolz. „Ich hoffe, dass du mich mögen wirst und wir gute Freunde werden. Du warst ein starker Gegner und es hat uns eine menge Kraft gekostet, dich zu fangen.“ Rattfratz antwortete nicht, kein lilanes Pulsieren ging von dem Ball aus. Green seufzte. Sein neues Pokémon würde mit Sicherheit einige Zeit brauchen, um sich mit der ungewohnten Situation vertraut zu machen. Er verstaute den Ball in seinem Rucksack und richtete sich auf, während er seinen Blick schweifen lies. „Was meint ihr, wollen wir aufbrechen? Es ist noch ein weiter Weg bis zur nächsten Stadt.“ Seine Gefährten aber kämpften sich bereits durch das hohe Gras. Er sah ihnen amüsiert hinterher, bevor er ihnen wenige Sekunden später folgte. Vor ihnen, zwar noch in einiger Enfernung, aber schon mit bloßem Auge zu erkennen, ragten die ersten Bäume des Vertania-Waldes aus der Erde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)