The Codeine Scene von kaprikorn ================================================================================ Kapitel 2: Alarms in the Heart(s) --------------------------------- Sein Augenlid zuckte – ein Anzeichen dafür, dass er den Schmerz niederkämpfte, den der Schuss in seiner Brust ausgelöst hat. Dass er überhaupt noch am Leben war wunderte Rose und mit aller Macht versuchte sie zu verdrängen, dass er sich im nächsten Augenblick auflösen konnte, dass er nichts weiter war als ein Trugbild, Phantasmen, ein Ablenkungsmanöver. Aber sie wurde nicht enttäuscht, denn der Doctor lächelte sein wahnsinniges Lächeln, wodurch seine klaren, blauen Augen strahlten und sein Wille ohne weitere Worte für ihn sprach. Er war echt. Er war hier und er war lebendiger wie nie zuvor. Und als er ihnen schließlich winkte, schien es dem TimeLord neben Rose wie Schuppen von den Augen zu fallen. "Natürlich!", rief er mit einer Mischung aus Entsetzen und Entzücken und erwiderte das Grinsen in nicht minder irrer Manier in einem stummen Austausch an Informationen, der nur den beiden Doctoren vorbehalten schien. "ERKLÄREN! ERKLÄREN!", donnerte die mechanische Stimme des obersten Daleks durch das Gewölbe, was höchstens zum Amüsements der TimeLords beitrug, weil sie es genossen mehr im Bilde über die Situation zu sein, wie ihr Feind. Inzwischen hatte sich der Neuankömmling zurück auf die nackten Fußsohlen gekämpft, den Arm dabei um seine Mitte geschlungen. Er ließ keinen Anflug von Schwäche zu, keine Möglichkeit seiner Angst, die er bestimmt empfand, ein Schlupfloch zu bieten. Irgendetwas stimmte nicht. "Oh ja, das verunsichert euch, nicht wahr? Nicht nur die TARDIS, die ihr längst für Geschichte hieltet, nein, sondern jemand, der euch die Stirn bietet und über den ihr nichts wisst – den ihr nicht einschätzen könnt! Ihr habt Angst, ihr erbärmlichen, kleinen Blechbüchsen." Der Doctor machte einen Schritt beiseite und gab den Weg für jemanden frei, den Rose bereits vollkommen vergessen hatte. "Und das zu Recht!" Hinter ihm tauchte Donna Noble auf, die Waffe in beiden Händen und einen mehr als nur entschlossenen Ausdruck auf dem versteinerten, blassen Gesicht. Ihr rotes Haar schien in Flammen zu stehen, während sie ungestüm Anlauf nahm und aus der Deckung hervor stürzte: "Ich trete euch so dermaßen in eure rostigen Hintern, dass Ihr euch wünscht niemals auch nur unsere Umlaufbahn betreten zu haben!" Ihre Drohung verging ungehört – und abgewandt durch einen neuerlichen Schuss Davros' wurde Donnas haltloser Angriff pariert und mit vielfacher Wucht auf sie zurück geschleudert. Rose hörte sich Donnas Namen im Einklang mit den anderen rufen, indes die Britin gegen die Steuerkonsole prallte und reglos liegen blieb. Ehe sie sich versahen, ehe einer der TimeLords die Waffe an sich reißen konnte, zerschellte sie unter einem weiteren Schuss in tausend Einzelteile. Ungebraucht. Vertan. Ihre Chance, die Hoffnung die der Mann mit den blauen Augen für Rose stets bedeutet hatte, waren dahin. Es war endgültig vorüber. Aber wenn dem so war, wenn nun alles verloren schien, wieso grinste der Doctor dann? Wieso machte er ihnen etwas vor, war die Lage nicht eindeutig genug? Sie hatten kein Ass mehr, keine Laserpistole die sie möglicherweise hätte retten können und keinen Ausweg. Davros schien das genauso zu sehen, auch wenn er nicht umhin kam dem Dunkelhaarigen einen abschätzenden Blick zuzuwerfen. Die Kinder der Zeit hatten verloren. "Oh, ihr seid so bemitleidenswerte Kreaturen." Der neunte Doctor streckte die Schultern und ging gemächlichen Schrittes auf den Imperator zu, eine erschreckend kalkulierte Gleichgültigkeit auf den Zügen. "Was tut er da?", hörte Rose den TimeLord neben sich leise und mehr zu sich selbst murmeln. Er wirkte, ganz im Gegensatz zu seinem früheren selbst, angespannt und aufgewühlt. "STEHEN BLEIBEN!" "Ha. Seht euch an! Eure Arroganz und Einfältigkeit haben euch blind werden lassen. Ihr habt das Offensichtliche übersehen, geglaubt es würde reichen, wenn ihr uns niederschießt und unser Spielzeug kaputt macht." Der hoch Gewachsene deutete ein Schulterzucken an und wenn er bemerkte, dass Davros' Mund zum nächsten Befehl offen stand, so ignorierte er es geflissentlich. "Ja, allerdings. Wir wollten euch mit dem Z-Neutrino-biologischen-Umkehr-Katalysator vernichten … was für ein Feuerwerk das gegeben hätte!" Der Doctor schüttelte den Kopf und hielt endlich in seiner Regung inne, umringt von Daleks die mit ihren Lasern auf ihn zielten. Er erhob in einer spöttischen Weise die Hände und kräuselte zweifelnd, neckend die Stirn. "Aber das war nur der halbe Plan, eine Ablenkung – und nun seid ihr genau da, wo wir euch haben wollten." Seine strahlenden Augen hefteten sich kalt auf Davros; wenn Rose an der Stelle des Imperators gewesen wäre, hätte sie sich zweimal überlegt, ihm die Stirn zu bieten. Es bestand beinahe kein Zweifel in dem vermeidlichen Fremden – sie kapierte es nur nicht. Wie konnte Er zweimal hier sein? Neben ihr stehen und sich gleichzeitig um die Daleks kümmern? Sie hatte gesehen wie er starb, wie er regenerierte. Jetzt baute er sich dem Feind gegenüber auf, wie er es immer getan hat, nahm kein Blatt vor den Mund, provozierte und versprach jede erdenkliche Grausamkeit, die ihm in den Sinn kam. Rose stahl ein Blinzeln in die Richtung ihres jetzigen Doctors, dem Resultat der Reinkarnation nach Satellit 5 und wunderte sich, wie viel von dem Mann in der Lederjacke noch übrig war. Die Blonde war oft Zeuge von der Kompromisslosigkeit des TimeLords geworden, kannte seine Schwächen und seine Sturheit, seine Überzeugung. Als sie ihn kennenlernte war er verbittert und wütend gewesen, einsam auf seinem Weg durch die Sterne – doch, wenn sie sich jetzt über die Schulter umsah konnte man kaum behaupten, dass der Doctor alleine war. "Genug davon, TimeLord! Droh' mir so viel du möchtest, ich erkenne deine Lügen – du bist am Ende und kannst nichts für dich und deine jämmerlichen Begleiter tun – " "Dann tu es", forderte der Doctor Davros mechanisch mit tiefer Stimme auf. "TU' ES!" "Nein, nein, nein, nein!", mischte sich der andere Doctor endlich ein und stürmte los, ob nun um sein Ebenbild zu Boden zu reißen, oder sich auf den Imperator der Daleks zu stürzen blieb dabei offen, weil Davros in der Zwischenzeit den Befehl gegeben hat, die Realität zu vernichten. Der Countdown bis zum Tod des Universums, wie sie es kannten, begann. Aber das änderte nichts an dem heillosen Durcheinander, an Jack, der dem Doctor gefolgt war und Jackie, die sich so fest an Roses' Arm klammerte, dass es weh tat. "Was hast du getan?!", blaffte der TimeLord den optisch etwas älteren Kerl an, von dem die Blonde nach wie vor nicht die Augen lassen konnte. Für einen Sekundenbruchteil fürchtete sie beinahe, dass die beiden ungleichen Männer prompt eine Auseinandersetzung inmitten der Dalek-Invasion starten würden, bevor sie bemerkte, dass der Neunte selbstgefällig und heiter bis über beide Ohren grinste. "Er hat mir Zeit gegeben! Und Donner und Doria, das war genau das, was ich brauchte. Der Kerl ist gar nicht so nutzlos, wie ich dachte. Ha – und wisst ihr was? In meinem Kopf dröhnt es! Diese Ideen, diese Möglichkeiten – mich wundert's, dass ihr beiden Superhirne nicht längst drauf gekommen seid – andererseits …“ Es war Donna; Donna, die dem neunten Doctor ihren Daumen in einer Geste zeigte, die er erwiderte. Es war Donna, die sich hinter der Steuerkonsole zu schaffen machte wie eine Wahnsinnige und es war Davros erstickter Unglaube, der den Moment besiegelte. Der Countdown war zu Ende und die Explosion blieb aus – stattdessen raunte ein geschlossenes, blechernes "ELIMINIEREN!" durch die Reihen der Daleks, die ihre Laser auf Donna richteten und feuerten. Es passierte nichts. Die Zeit war stehen geblieben und die Waffen der robotergleichen Aliens plötzlich nutzlos. Das kriegerische Volk von körperlosen, terminierenden Monstern war komplett unbewaffnet und trieb die Crew des Doctors sofort zur Revolution an, in die sich Jack und Mickey stürzten, ohne ein zweites Mal darüber nachzudenken. "Ich habe die Neutrinoenergie-Auslösekreise geschlossen; im Ernst TimeBoys – und ihr nennt euch die Retter der Erde?“ Der Rotschopf ging in die Knie, verschwand hinter dem Pult und knüpfte ein weiteres Kabel zusammen. Der Doctor indes rieb sich wild die Stirn, sah von seinem Gegenpart zu seiner ungewöhnlichen Begleiterin zurück, überlegte sichtbar angestrengt und stieß schließlich einen lachenden Aufschrei aus, der sie alle zusammen fahren ließ. "Brilliant! Klar! Natürlich!“ Er schien das wachsende Chaos und die tanzenden, irritierten Daleks in seinem Rücken auszublenden, klopfte dem anderen TimeLord auf den Rücken und deutete zurück auf Donna: "Sie, mein Schatz, sind ein Genie und verdammt einzigartig." Der Dunkelhaarige schnippte und fuhr ohne Luft zu holen fort: "Die Prophezeiung der Ood, sie hatten Recht. Sie hatten mit allem Recht, Du bist etwas Besonderes und hast uns damit alle gerettet. Doctor Donna." "Ich rall's immer noch nicht", kam es von Mickey und sprach damit endlich aus, was die anderen dachten. Rose war wie angewurzelt stehen geblieben, unsicher ob der Erklärung die folgen würde. Der Doctor zeigte zuerst auf seinen untypischen Zwilling und nickte gleichzeitig in die Richtung der rothaarigen Engländerin: "Eine Meta-Krise verläuft nie nur einseitig." Als er sah, dass seine Worte nicht dazu beitrugen das Rätsel zu lösen, lächelte er amüsiert: "Meine Regenerations-Energie. Ich habe sie absorbiert und in einen anderen Teil von mir ausgelagert." Er winkte, stockte aber jäh, kniff die Augenwinkel zusammen, musterte die Reinkarnation offenkundiger wie notwendig und fuchtelte verwirrt vor seinem eigenen Gesicht: "Was ist mit deinem Gesicht passiert?" Jetzt wurde Rose hellhörig; war der Mann dann nichts weiter als eine Kopie von dem TimeLord, den sie kannte – nicht mehr wie ein Zufall, eine Ironie? Ihre Hände kneteten sich dann und wann zu nervösen Fäusten. "Keinen Schimmer.“ Okay, das war enttäuschend. Doch der Zwilling lächelte und in sein Augenpaar war ein Funkeln zurück gekehrt, das sie nur allzu gut kannte. Er hatte sehr wohl eine Ahnung, oder zumindest eine Idee: "Die Hand wurde innerhalb ihres eigenen Regenerations-Prozesses abgeschnitten, ich vermute die Zellen gerieten durch die neue Regenerations-Energie durcheinander und orientierten sich an der letzten, konstanten Reinkarnation, die sie kannten. Ein Back-Up der eigenen Persönlichkeit quasi. Neustart. Formatierung. Faszinierend. Keine Ahnung wieso. Hätte alles Mögliche bei raus kommen können – zwei Köpfe zum Beispiel. TimeLords sind immer wieder für eine Überraschung gut. Ohne Donnas Beitrag hätte es ohnehin nicht funktioniert." " – und darum ist Donna Noble nun halb Mensch, halb TimeLord", beendete der Doctor den Gedankensprung, der sie zurück zur Rothaarigen brachten, die eigenständig an der Konsole spielte, wie ein hoch erfreutes Kind, dem man Bauklötze geschenkt hatte. „Exakt.“ „Du wusstest das mit Donna.“ Es war keine Frage. „Nein.“ Der Neunte verschränkte die Arme vor der Brust, seine Züge wurden nachdenklich: „Ich habe es riskiert.“ Die Aussage zauberte eine steile Falte auf die Stirn des Dunkelhaarigen: „Du hast ihr Lebens aufs Spiel gesetzt.“ Auch das war keine Frage, nicht einmal eine Vermutung. In der Reaktion des Anderen schwang dennoch Bedauern mit: „Ich hatte keine andere Wahl.“ Ein Knall unterbrach die beiden TimeLords in der aufkeimenden Diskussion, durchfuhr sie wie ein Donnergrollen und brachte das Gewölbe zum Beben. Es roch plötzlich nach Benzin und Rauch, irgendwo brannte es. Ohne Umschweife waren der Doctor und sein Zwilling zu Donna an die Steuerkonsole geeilt, wo die Rothaarige keck verkündete, dass sie den Blechdosen buchstäblich einen Einlauf verpasste. Was die hitzköpfige Britin dabei außer Acht ließ war, dass Sie sich ebenso noch auf dem Schiff der Daleks befanden. "Ladies, ich unterbreche eure Tea-Party ja nur ungern", mischte sich Jack ein, der sich unlängst bewaffnet hat und einen sicheren Schuss auf einen der hilflos im Kreis irrenden Daleks abschoss. "Aber hier wird gleich alles in die Luft fliegen, wir sollten verschwinden." "Was ist mit den Planeten?" Endlich aus ihrer konfusen Starre erwacht, schloss Rose zu den Doctoren und ihrem militärischen Freund auf. Um diverse Rätsel konnte sie sich später immer noch den Kopf zerbrechen, jetzt mussten sie erst einmal alle aus der Gefahrenzone manövrieren: und die verschobenen Planeten eben gleich mit dazu. "Schon passiert!" Donna tippte auf der Konsole tatsächlich um ihr Leben. "Naja, zumindest fast. Die Erde hat es nicht geschafft." Der Doctor schüttelte den Kopf, bis ihm das Haar in die Stirn fiel; er verlor keine weitere Zeit, sondern hetzte um die Steuerung herum und forderte Mickey, Jackie, Martha und Sarah Jane auf Schutz in der TARDIS zu suchen, Rose nahm er bei der Hand und zog sie bestimmt mit sich. "Das kriegen wir hin!" Abgelenkt genug seine Begleiter in Sicherheit zu wissen, übersah der TimeLord schließlich sein Gegenstück, das sich an zwei Kabelsätzen abmühte und von einem komplett verwahrlosten Davros eingekreist wurde. Der Neunte drehte einen der Knöpfe, zog einen Hebel und schenkte dem Dalek-Imperator das grausamste Lächeln, das er zu geben im Stande war: "Du bist ein furchtbarer Mann, Doctor. Und als ebensolcher wirst du in die Geschichte eingehen. Als der Zerstörer von Welten." "Ich fürchte, mein Ruf eilt mir längst voraus.“ "KOMM SCHON!", brüllte der Doctor vom Eingang der TARDIS aus. Der Neunte drückte den Knopf, der die Explosion des Schiffes einleitete, nickte Davros spöttisch und bitter gleichermaßen zu und machte auf nackten Sohlen kehrt, in die wohl behütete Sicherheit seiner Raum- und Zeitmaschine, von deren Bildschirm aus er jeden einzelnen Moment auskosten würde, in dem die Daleks brannten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)