Vielleicht für immer von Anyi ================================================================================ Kapitel 5: Lebenswandel ----------------------- „Karin, wie soll es denn … was machst du da?“ „Ich packe!“ „Ja, aber …“ „Ich werde vorübergehend mit Hikari bei meinen Eltern wohnen.“ „Oh okay, ähm …“ „Ich will, dass du ausziehst, Naruto. Du hast eine Woche, danach will ich dich hier nicht mehr sehen.“ „Verstehe…“ ~*~ „Hey Kiba.“ „Hey, Naruto. Alles klar? Warum rufst du an?“ „Hmm, Ich wollt einfach nur wissen, wie es mit deinem Umzug läuft.“ „Ahhh voll stressig, sag ich dir. Wir schlafen schon hier, dabei haben die uns noch nicht einmal die blöde Badezimmertür eingebaut. Kannst du dir das vorstellen? Ich muss jedes Mal warten, bis Hinata die Wohnung verlässt, bevor ich endlich…“ „Wir haben uns getrennt.“ „Was?“ „Karin und ich … wir sind nicht mehr zusammen.“ „Oh scheiße, warum? Was ist passiert?“ „Das ist etwas … kompliziert.“ „Willst du drüber reden?“ „Ich glaube ja.“ „Gut, dann komm ich vorbei. Hinata kann auch allein auf die Handwerker warten.“ „Danke.“ ~*~ „Mit Sasuke? Ernsthaft?“ „Ja. Damals schon. Auch wenn es da noch nichts Festes war.“ „Krass. Dann haben die ganzen Gerüchte doch gestimmt?“ „Ich glaube nicht, dass ich alle kenne, aber ein großer Teil bestimmt, ja.“ „Oh mann, Alter … Das ist …“ „Krass? Bescheuert? Ekelhaft? Was Kiba? Was ist es? Ich kann nichts für meine Gefühle, okay? Sie sind halt einfach da …“ „Du musst dich überhaupt nicht rechtfertigen, Naruto. Ich finde es nur … unglaublich, dass du die ganze Zeit mit dieser Lüge gelebt hast. Ich meine, ich stelle mir das voll schwer vor und ich wüsste nicht, ob ich das könnte.“ „Es war auch alles andere als einfach.“ „Vermutlich.“ „Weißt du, was das Schlimmste ist? Ich habe absolut keine Ahnung wie es jetzt weitergehen soll. Ich hänge wortwörtlich in der Luft. Karin will, dass ich ausziehe. Verstehe ich auch, total, aber ich weiß nicht wohin. Ich kenne doch hier kaum einen und außerdem will ich sie ja jetzt auch nicht einfach im Stich lassen und Sasuke … der kennt mich vermutlich schon gar nicht mehr.“ „Soll ich vielleicht mal mit Hinata reden, ob du für eine Weile bei uns bleiben kannst? Sie hätte bestimmt nichts dagegen.“ „Das ist echt nett, aber das bringt doch nichts. Das bringt gar nichts, Kiba. Ich weiß überhaupt nicht mehr was ich als erstes tun soll. Im Moment bin ich einfach total durcheinander, verstehst du? Ich will nicht mehr hier sein, aber gleichzeitig will ich auch nicht weg. Das ist doch alles bescheuert.“ „Und … naja, mal angenommen, du würdest zu deinen Eltern zurückgehen, wäre das nicht erstmal eine Möglichkeit? Zumindest vorübergehend, bis…“ „Vergiss es. Die wissen noch nicht einmal von unserer Trennung. Meine Mutter würde mir vermutlich noch vor der Türschwelle den Arsch aufreißen, wenn sie davon erfährt. Und Dad… keine Ahnung. Mein Dad kommt mir wahrscheinlich mit irgendwelchen bescheuerten guten Ratschlägen, die mich nicht weiterbringen. Was soll ich denen auch sagen? Ach ja, hört mal, das mit Karin hat nicht funktioniert, dafür bin ich jetzt aber schwul. Ist doch okay, oder? Immerhin habt ihr ja euer Enkelkind schon, da ist es ja nicht schlimm, wenn ich mich jetzt nochmal neu orientiere, oder? Fuck it, Kiba. Die bringen mich um!“ „Also wirklich, ich glaube, da übertreibst du, Naruto. Ich hab es doch auch akzeptiert, oder? Und deine Eltern werden das auch tun. Okay, vielleicht werden sie erstmal geschockt sein, aber du bleibst immer noch ihr Kind, was sie lieben.“ „Ach scheiße, selbst wenn es stimmt, was du sagst, ich kann trotzdem nicht zurück.“ „Kannst du nicht oder willst du nicht?“ „Vermutlich beides.“ „Du willst nicht, weil du denkst, dass du Sasuke hier wiedersehen könntest, richtig?“ „Ja…“ ~*~ „Hi … ich, also ich hab hier diesen Zettel vom schwarzen Brett aus der Uni und … bin ich hier überhaupt richtig?“ „Vermutlich, kommt ganz drauf an was du hier willst.“ „Okay, ähm, suchst du zufällig immer noch nach einem Mitbewohner, weil ich bräuchte dringend…“ „Ja.“ „Cool, also es wäre echt super, wenn es klappt, weil ich müsste eigentlich schon übermorgen einziehen. Weißt du, ich hab mich nämlich von meiner Freundin getrennt und nun … ach scheiße, das interessiert dich vermutlich gar nicht, hm?“ „Nicht wirklich. Willst du das Zimmer vorher noch sehen?“ „Oh, klar. Ich bin übrigens Naruto. Naruto Uzumaki. Freut mich dich kennenzulernen.“ „Ja, Juugo. Komm rein.“ „Danke … ach ähm, hast du was gegen Kinder?“ „Nicht direkt. Wieso?“ „Ach nur so… Ich denke, das Zimmer ist perfekt, Juugo.“ ~*~ Ich sitze zwischen gepackten Kisten, an einem Ohr mein Handy, aus dem mir der Freizeichenton entgegenschallt, während ich darauf warte, dass Kiba meinen Anruf entgegennimmt. Allein schaff ich es niemals bis heute Abend mit allen Sachen auszuziehen. Deshalb brauche ich ganz dringend Kibas helfende Hände und vor allem sein Auto. Ich hab nämlich echt keine Lust sämtliche Kisten durch die Gegend zu schleppen, auch wenn die neue Wohnung nur drei Straßen weiter ist. „Was willst du?“, kommt es nuschelnd vom anderen Ende der Leitung. Kiba hört sich echt so an, als hätte er gerade den Mund voll. Wirklich! Dieser Gedanke bringt mich direkt zum Schmunzeln. Verdammt, dabei liegt es wahrscheinlich einfach nur daran, dass es gerade Mittagszeit ist und Kiba schön von seiner Freundin bekocht wurde. Zumindest wäre es besser, wenn ich mir nichts anderes vorstelle. Das würde nur mein Vorhaben erschweren, weil … naja, peinliches Rumstottern hat bei Kiba noch nie was gebracht. „Ich brauch mal deine Hilfe“, meine ich also gefasst, mit einem eindeutigen, unmissverständlichen Tonfall, der meine Situation unterstreichen sollte. Gleichzeitig landet ein weiteres Hemd von mir in einer der letzten Kisten, die ich noch zur Verfügung habe. „Wobei?“, entgegnet er und ich kann im Hintergrund leises Klappern von Besteck hören. Da hab ich ihn wohl tatsächlich beim Essen gestört. So ein glücklicher Zufall… „Naja, du weißt doch sicherlich noch, worüber wir neulich gesprochen haben, oder?“, fange ich vorsichtig an und höre ein zustimmendes Brummen vom anderen Ende der Leitung. Gut, er hat nicht gleich aufgelegt. „Es ist so, ich habe eine Wohnung, also eigentlich ist es nur ein Zimmer in einer WG aber … hör mal, Karin wollte heute Abend zurück sein und bis dahin muss ich hier raus. Ich weiß nicht, wie sie sonst reagiert, wenn ich noch da bin. Die neue Wohnung ist auch nicht weit weg und da dachte ich, du könntest für mich vielleicht ein paar Sachen fahren? Ich weiß, es ist ziemlich spontan und so, aber es wäre echt klasse“, erkläre ich ihm und lege so viel Hilfsbedürftigkeit in meine Stimme, wie mir momentan möglich ist. Normalerweise springt Kiba immer darauf an, es sei denn, seine Freundin hat einen besseren Vorschlag zu bieten. „Kommt wirklich ziemlich plötzlich“, meint er dann und schweigt sich anschließend aus. Er tut ja gerade so, als wäre das nicht abzusehen gewesen. Ernsthaft, womit bin ich denn sonst seit Anfang der Woche beschäftigt? „Bitte, Kiba. Ohne dich schaff ich das nicht“, flehe ich gekonnt. Mir fällt es nicht einmal schwer, mir Kibas zwiegespaltenes Gesicht vorzustellen. „Oh, Mann… warte, ich frage Hinata, ob wir den Besuch bei ihren Eltern nochmal verschieben können, okay?“ „Geht klar, danke.“ „Bleib mal kurz dran.“ Ich antworte ihm nicht mehr, da mir ein Rascheln und seltsames Knacken signalisiert, dass er mich scheinbar zur Seite gelegt hat. Ich hoffe nur, dass seine Überredungskünste nicht zu schlecht sind. Weil, ewig in der Leitung bleiben war jetzt nicht wirklich Sinn der Sache. Das hält mich schließlich auch nur auf. „Ich hoffe für dich, dass du gleich ordentlich was springen lässt“, dringt Kibas Stimme schon wenig später wieder an mein Ohr. Das ging schnell, beachtlich. Er klingt nur leicht außer Atem. Seine Worte und indirekte Zusage, zaubern mir jedoch ein Schmunzeln aufs Gesicht. „Heißt also du kommst und hilfst mir?“, frage ich trotzdem nochmal nach. Sicher ist sicher. Das breite, erleichterte Lächeln lässt sich allerdings nicht mehr wegwischen. „Jo, bin gleich da“, bestätigt er und legt auf, nachdem ich mich noch einmal ausführlich bei ihm bedankt habe. Vielleicht wäre es angebracht auch seiner Freundin irgendwas als kleines Dankeschön zu geben, weil sie so viel erdulden muss. Eine Schachtel Pralinen ziehen doch gewöhnlich immer, oder? Tatsächlich habe ich noch schnell ein bisschen Schokolade am nächstgelegenen Kiosk besorgt, die ich später Kiba mitgeben werde. Für meinen besten Kumpel habe ich ein Sechserpack seines Lieblingsbieres gekauft, und das alles noch bevor er bei mir aufgetaucht ist. Keine Meisterleistung, aber ich denke, es wird ihn dennoch freuen. Jetzt muss er nur endlich auftauchen, damit wir anfangen können. So wenig Zeug, wie ich vermutet hatte, habe ich gar nicht. Es sind etliche Kisten, mein Schreibtisch und ein paar wichtige Sachen aus dem Wohnzimmer, die ich damals mit hierher gebracht habe. An Möbeln habe ich allerdings nicht sehr viel, da das meiste von Karin stammt. Sie hat das komplette Schlafzimmer mit in die Beziehung gebracht. Die Wohnzimmermöbel haben wir größtenteils zusammen gekauft. Spätestens jetzt wird klar, wie beschissen eine Trennung ist. Ich habe kaum was. Nur von dem bedrückenden Gefühl, das mein Herz die ganzen Wochen und Monate über schwer schlagen ließ, ist kaum noch etwas vorhanden. Es fühlt sich leichter, befreiter an. Als würde es jetzt wieder eine Chance geben. Eine Richtung, die ich einschlagen kann und die nicht nur für mich besser sein wird. Auch Karin bekommt so die Möglichkeit jemanden zu finden, der ihr das Leben bieten kann, das sie verdient. „Sag mal, bekommst du den irgendwie in dein Auto?“, frage ich Kiba, nachdem wir schon mindestens fünf Mal die Treppen hoch und runter gelaufen sind, und zeige auf meinen Schreibtisch, der so ohne Unterlagen und PC unnatürlich aufgeräumt aussieht. Im Moment ist mir echt schleierhaft, wie wir den in mein neues Zimmer bekommen wollen. Kibas seltsam verzogene Gesichtszüge deuten auch nicht gerade an, dass es einfach werden würde. „Vielleicht … wenn du die Platte abschraubst“, sagt er. Seine Stimme klingt dabei allerdings eher fragend und nicht wirklich selbstüberzeugend. „Wäre ein Versuch, oder?“ „Hm, welche Möglichkeiten haben wir denn sonst?“, fragt er hoffnungsvoll, doch ich zucke nur mit den Schultern. „Keine…“, gebe ich zu und schnappe mir den ersten Schraubenzieher, den ich finden kann. Gemeinsam mit Kiba vergeht die Zeit recht zügig. Die meisten Kisten befinden sich bereits in der WG. Kiba hat Juugo kennengelernt und sie haben beschlossen, dass sie sich irgendwie mögen. Keine Ahnung warum mich das erstaunt. Eigentlich hätte es eindeutig sein müssen. Spätestens nachdem ich erkannt habe, dass Juugo eine Vorliebe für seltene Vögel hat, hätte es deutlich sein müssen. Gut, Kiba hat mit Vögeln zwar nicht sehr viel am Hut, jedenfalls nicht, wenn es dabei um die Tiere geht, aber es handelt sich eben genau darum und jeder Tierfreund scheint dann wohl auch automatisch sein Freund zu sein. Es ist unglaublich, wie viel Spaß und Lebensfreude man mit Kiba bei einem Umzug wiederentdecken kann. Unfassbar. Noch vor einer Woche hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass ich mich heute wieder so normal und leicht fühlen könnte und das, obwohl hier gerade etwas passiert, das sicherlich für die meisten eine total schwierige Sache wäre. Einzig und allein mein Schreibtisch macht uns Probleme. Er ist das letzte Möbelstück, das nun irgendwie in Kibas Auto muss, doch so richtig will er sich nicht auseinanderbauen lassen. Wer hat das Scheißding nur so perfekt und stabil aufgebaut? Sonst fangen die Dinger doch schon nach kurzer Zeit an zu wackeln. Aber der hier nicht. Ich hänge jedenfalls mit vollem Einsatz an der oberen Platte, während Kiba von unten versucht irgendwas abzuschrauben. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob das so eine gute Idee ist. „Halt mal nur fest. Ich glaub, ich habs gleich“, keucht Kiba angestrengt. Im selben Moment, als ich meine Hände löse, um die Platte besser festhalten zu können, rutscht sie ab. Mit einem Ruck, der unerwartet und hart erfolgt. So unerwartet und hart, dass die gesamte Platte ungebremst auf Kibas Kopf landet. „Ahhh fuck, verdammt“, stöhnt er wehleidig und reibt sich die schmerzende Stelle. „Scheiße, ich hab doch gesagt, du sollst sie festhalten“, greift er mich keine Sekunde später an. Meine Hände liegen zum Glück noch, oder eher wieder, an der Schreibtischplatte. „Hab ich doch“, erwidere ich mit einem unterdrückten Schmunzeln. Kibas Gesichtsausdruck erfordert gerade eine riesige Menge an Selbstbeherrschung, die ich mit Sicherheit nicht sehr lange aufbringen kann, wenn er weiterhin versucht, mich so böse anzusehen. „Ja, scheinbar an der falschen Seite, du Idiot“, knurrt er beleidigt und der folgende verbissene Blick, als er prüfend seine Kopfhaut abtastet ist es schließlich, der jedes Fünkchen Kontrolle wegfegt. Das Lachen, das ich zurückgehalten habe schallt durch den Raum, überflutet ihn regelrecht und mir jagt dieses Gefühl ein angenehmes Kribbeln durch den Körper. Wann genau habe ich das letzte Mal so gelacht? Ich weiß es nicht mehr, aber es fühlt sich zu gut an, um jetzt damit aufzuhören. Fuck, das ist … Kiba boxt mir nur murrend gegen die Schulter, bewirft mich mit tadelnden Beschimpfungen, die mir nicht wehtun. Im Moment ist egal, was er zu mir sagt, oder wie er mich nennt und es vergehen nur wenige Minuten, bis Kiba aufhört zu schimpfen und ebenfalls anfängt zu lachen. Es sieht auch echt zu komisch aus. Auch wenn diese Aktion ihre Spuren hinterlassen hat – in Form einer riesigen Beule auf Kibas Kopf – der Tisch liegt jetzt definitiv in tragbaren Teilen vor uns. „Du bist echt so ein Blödmann, weißt du das?“ „Du hättest dich mal sehen müssen“, erwidere ich noch immer lachend. In dieser ausgelassenen Stimmung bemerke ich zu spät, dass das Flurlicht an ist und die Haustür zufällt. Wir sind nicht mehr allein. Kibas Lachen verblasst und auch meins stirbt, als ich Karins Blick begegne. Von jetzt auf gleich ist es hier still und irgendwie fühlt es sich sofort viel kälter an, obwohl das totaler Schwachsinn ist. Aber die beklemmende Gänsehaut auf meinen Armen kann ich nicht ignorieren und scheinbar merkt auch Kiba, dass die Stimmung hier gerade ziemlich abgekackt ist. Karins Blick bohrt sich für zähvorbeiziehende Sekunden in meinen. Ich glaube, all ihren Schmerz zu sehen, auch wenn sie nichts dergleichen ausspricht. Es fällt ihr schwer, mich zu sehen und ich weiß auch, dass sie damit nicht gerechnet hat. Sie war wohl der Annahme, ich wäre schon längst verschwunden und ehrlich, dass wollte ich auch sein. Auf diese Art einer Konfrontation war ich nicht aus. Noch nicht. Man sieht so deutlich, dass es dafür noch zu früh ist. Allerdings … wann wäre denn der richtige Zeitpunkt? Wir haben ein Kind zusammen. Früher oder später hätten wir uns wiedersehen müssen. „Ich bring das schon mal runter“, durchbricht Kiba vorsichtig die anhaltende Stille. Ich nicke nur, während er mir noch aufmunternd auf die Schulter klopft, bevor er sich die eben erst abgeschraubten Teile des Schreibtisches schnappt und an Karin vorbeigeht. Das ist wohl der Moment, der auch Karin wieder aus ihrer Starre reißt. Sie schluckt, wendet sich von mir ab und geht ins Wohnzimmer. Hikari ist nicht bei ihr. „Karin, können wir noch kurz reden?“, frage ich sie, nachdem ich durchgeatmet habe und ihr gefolgt bin. Selbst wenn sie nicht will, ein paar Dinge müssen besprochen werden. Das ist unausweichlich. Nur ihr Anblick zerrt an mir, verletzt mich und macht es alles andere als einfach. „Ja“, haucht sie jedoch zurück. Ihre Stimme wirkt mitgenommen und fremd. „Ich habe mir vorübergehend ein WG-Zimmer gesucht. Es ist nicht weit von hier. Die Adresse habe ich dir aufgeschrieben und der Zettel hängt am Kühlschrank“, erkläre ich und sie nickt. „Ich … ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie es nun weitergehen soll. Ich will nur, dass du weißt, dass ich nicht weg bin und …“ „Wirst du ihn wiedersehen?“, unterbricht sie mich leise und gefasst. „Wen?“, frage ich. Wie bescheuert, ich weiß doch genau wen sie meint, doch Karin klingt ganz ruhig, als sie seinen Namen ausspricht. „Sasuke. Wist du Sasuke wiedersehen?“ „Ich weiß noch nicht“, entgegne ich ehrlich. „Ich würde gerne, aber ich habe auch Sasuke sehr verletzt. Ich habe so viele Fehler gemacht“, gestehe ich. Es jetzt ihr gegenüber laut zuzugeben hinterlässt ein seltsames Gemisch aus positiven und bedrückenden Gefühlen. „Versprichst du mir dann eins?“, fragt sie und kurz darauf treffen sich wieder unsere Augen. Sie sieht hoffend und verzweifelt zugleich aus. „Was?“ Im Grunde ist es vollkommen egal, was sie verlangen wird. Ich würde alles tun, was in meiner Macht steht, um ihr die Angst vor der ungewissen Zukunft zu nehmen. „Egal was du jetzt tun wirst, versprich mir, dass du Hikari nicht vergisst. Versprich mir, dass du nie vergisst, dass du eine Tochter hast, Naruto. Bitte, sie braucht dich…“, spricht sie beinahe flehend aus und ich frage mich für einen Moment, wie sie überhaupt auf den Gedanken kommen konnte, dass ich mein Kind vergessen könnte. „Ich werde sie nicht vergessen, Karin. Niemals. Ich werde für Hikari da sein, immer, versprochen. Wenn du möchtest, dann hol ich sie immer vor der Arbeit ab und …“ „Danke. Mehr wollte ich gar nicht hören“, sagt sie und lächelt plötzlich sanft. Als wäre ihr gerade ein großer Stein vom Herzen gefallen. Dieses Lächeln ist so jung, zart und noch unheimlich zerbrechlich, aber es ist ein Anfang. Ein kleiner Anfang, den ich zaghaft erwidere. „Okay, ich … muss dann jetzt. Kiba wartet bestimmt schon ganz ungeduldig.“ „Ja, ich melde mich bei dir, wenn ich Hikari von ihren Großeltern abgeholt habe.“ „Gut…“ *** „Na mal sehen, was für einen Trainingsanzug er heute trägt, was?“, sage ich und blicke geradewegs aus dem Fenster. Mein Beobachtungspunkt ist der beste, den ich finden konnte. Genau gegenüber von der Sporthalle, die Sasuke regelmäßig besucht. Woher ich das weiß? Naja, ich verbringe die meiste Zeit damit, Sasuke hinterher zu spionieren. Okay gut, spionieren klingt so … ach sagen wir einfach, ich versuche herauszufinden, womit Sasuke sich die Zeit vertreibt, wer der Typ ist, mit dem er sich dort immer trifft und gleichzeitig warte ich auf den richtigen Moment, um ihn anzusprechen. Bisher war allerdings noch keine passende Gelegenheit da. „Du tippst also auf den dunkelblauen? Hmm, okay, dann bin ich für den schwarzen, obwohl Moment, heute ist Mittwoch, da könnte er auch auf den … ach was, er trägt den schwarzen, da bin ich mir fast sicher und sollte ich gewinnen, zahlst du die Rechnung von heute.“ Auf meinen Lippen zeichnet sich ein Schmunzeln ab, ehe ich noch etwas hinzufüge. „Und glaub mir, ich hebe dir die Rechnung auf, bis du volljährig bist, versprochen“, sage ich grinsend und schiele kurz auf Hikari, die fröhlich in ihrem Kinderwagen mit einer Rassel spielt. Ihre kleinen Finger sind schon richtig geschickt. Kiba meinte neulich sogar, dass sie schon sehr kräftig geworden sei, als sie eine halbe Ewigkeit seinen Zeigefinder festgehalten hatte. Ja, momentan kann ich sagen, dass alles ganz gut läuft. Wenn ich mit Hikari draußen bin, durch die Straßen spaziere, ist sie tatsächlich viel ruhiger, entspannter, was mir natürlich auch ganz gelegen kommt. Wir besuchen Kiba und Hinata so oft es geht, wo sie es neulich zum ersten Mal geschafft hat, sich auf den Rücken zu rollen. Ich werde Hinatas überraschten und verzückten Ausdruck im Gesicht nie vergessen, den sie anschließend ihrem Partner zugeworfen hatte. Ich habe Kiba echt noch nie so verlegen und rot gesehen, wie in diesem Moment. Naja, jedenfalls finde ich, dass wir mittlerweile ein richtig gutes Team sind. Hikari hört mir zu, wenn ich das Gefühl habe meine Entdeckungen zu erläutern und das Beste an der Sache ist, sie kommentiert es allerhöchstens mal mit einem komischen Quietschen oder wie auch immer man ihre Laute definieren soll. „Schau, da kommt er“, sage ich aufgeregt und binnen Sekunden spüre ich mein Herz schneller schlagen. Jeden Mittwoch und jeden Samstag sehe ich ihn hier, immer in Begleitung von diesem anderen Typen. Ich weiß noch nicht wer das ist, aber sie verschwinden immer zusammen in der Halle, nur um kurz darauf wieder herauszukommen und im nahegelegenen Park zu joggen. „Und er trägt … huh? Er trägt heute gar keine Trainingssachen? Was ist denn jetzt? Und warum ist er allein?“, frage ich Hikari, die mir natürlich nicht antwortet, aber irgendwie muss ich ja meine Nerven beruhigen, die gerade etwas verrücktspielen. „Was geht hier vor?“, nuschle ich und schrecke im nächsten Moment zusammen, als mich einer der Kellner anspricht, weil er mir soeben meine bestellte heiße Schokolade gebracht hat. Ich nicke ihm nur eilig aber dankbar zu und will mich gerade wieder meiner Beobachtung widmen, als mir hinter dem Kellner eine Person auffällt, die mir bekannt vorkommt. Das ist doch … Er hat langes, dunkles Haar – trägt es zudem noch offen und seine Haut schimmert blass. Na wenn das mal nicht der Typ ist, der immer mit Sasuke joggen geht. Was macht der denn hier? Und warum lässt er meinen Sasuke einfach in der Kälte stehen? Als sich sein Blick jedoch mir entgegen richtet, vergesse ich schlagartig alle Fragen, die in meinem Kopf herumschwirren. So schnell es geht greife ich nach einer der Zeitungen, die hier rumliegen und halte sie mir vor mein Gesicht. Wie in einem dieser billigen Detektivfilme. Prima, wenn das mal nicht auffällig ist, weiß ich auch nicht. Aber ich hoffe, dass er mich nicht gesehen hat. Wäre nämlich absolut peinlich. Wenn er tatsächlich häufiger hier ist, in diesem Hotel, das zwar verdammt teuer ist, aber sich nun einmal in perfekter Position zum Sportzentrum befindet, dann hat er mich eventuell schon einmal bemerkt und verdammt, er soll natürlich nicht wissen, dass ich ihn und Sasuke verfolge. Gottverdammt nein. „Ist er weg?“, flüstere ich nach einer gefühlten Ewigkeit, als hätte Hikari wirklich innerhalb von wenigen Minuten das Sprechen erlernt, was logischerweise totaler Blödsinn ist, weshalb ich nicht Drumherum komme und vorsichtig an meiner Zeitung vorbeigucken muss. Gleich darauf atme ich erleichtert aus und lasse die Zeitung wieder sinken. „Hm, das nächste Mal lenkst du ihn gefälligst ab“, richte ich mich an Hikari, die nichts ahnend mit ihrer Rassel klappert und kleine Blubberblasen vor sich hin plappert. Genau, du hast es drauf! Innerlich über mich selber den Kopf schüttelnd wende ich mich wieder dem Fenster zu und sehe, wie Sasuke sich mit diesem anderen Mann unterhält. Täusche ich mich, oder zeigt der gerade wirklich in die Richtung des Hotels? Fuck, hat er mich etwa doch gesehen? Vielleicht hat ihm Sasuke ja etwas von mir erzählt? Scheiße, wenn das stimmt dann… oh Gott, ich will gar nicht daran denken, was er ihm über mich erzählt hat. „Ich glaube wir … oh“, entweicht es überrascht meinen Lippen. Sasuke hat sich ganz leicht in unsere Richtung gedreht, doch sein Blick liegt nicht sehr lang auf dem Fenster. Alles nur Zufall, bestimmt. Vielleicht hat sich nur irgendwas in der Scheibe gespiegelt. Ein Sonnenstrahl, oder so. „Ja, wir sollten uns für das nächste Mal wirklich ein neues Versteck suchen“, seufze ich, nachdem sich Sasuke wieder schulterzuckend weggedreht hat. Irgendwie schon seltsam, wie die zwei da stehen. Ich kapier einfach nicht, was die miteinander haben. Manchmal, da wirken sie so richtig eng und vertraut, schenken sich Umarmungen und lachen zusammen – sogar hin und wieder beim Joggen. Und dann gibt es wiederum Tage, wo sie kaum miteinander ein Wort wechseln. Wo sie nur nebeneinander herlaufen und sich zum Abschied die Hand reichen. Was für eine seltsame Art einer Beziehung ist das? Ja gut, ich gebe zu, dass sich mein Kopf akribisch genau dagegen wehrt zu denken, dass sie etwas Ernsthafteres als Freundschaft verbindet. Nur in Momenten wie diesen, wenn sie sich doch deutlich mehr berühren als sonst, keimt in mir ein abscheuliches Gefühl der Eifersucht auf. Meine Fresse, warum müssen die sich denn ausgerechnet jetzt anfassen? Schön, es handelt sich nur um eine kurze Berührung ihrer Hände, aber na und? Das ist schon zu viel. Warum schaut sich Sasuke überhaupt so intensiv diese Finger an? Gott, ich werde noch wahnsinnig, wenn sie sich nicht gleich wieder verabschieden. Was sie leider nicht tun, denn Sasuke nickt ihm zu und gemeinsam gehen sie in die Sporthalle. Na toll. Jetzt muss ich auch noch warten. „Tja, und was machen wir zwei Hübschen jetzt?“, wende ich mich an mein Kind, das irgendwie beruhigend und zufrieden wirkt. Oh Mann, jetzt ist sie bereits etwas über sechs Monate alt und ich habe so lange gebraucht, um sie endlich richtig zu sehen. Sie nicht nur zu bestrafen, für das, was ich getan habe. Es hat viel zu lange gedauert, bis mir endlich aufgefallen ist, wie toll sie eigentlich ist und wie schön es sein kann, mit ihr Zeit zu verbringen. Stressige, anstrengende Tage und Momente gibt es immer noch, klar. Aber es ist okay, solange wenigstens ab und zu ein Lächeln von ihr kommt. So wie jetzt. Es ist unglaublich, wie sowas Einfaches eine so krasse Wirkung haben kann. Ich muss es erwidern, mir bleibt gar keine andere Wahl. „Okay, wenn wir schon warten müssen …“, lache ich leise und zucke kurz mit den Schultern, ehe ich Hikari aus ihrem Wagen hebe und sie auf meinen Schoß setze. Sie hält sich noch nicht so gut im Sitzen, aber für eine Weile geht es. Wenn ich ehrlich bin, dann überrascht sie mich jetzt beinahe jeden Tag mit etwas Neuem. Es geht uns gut. Sie anzusehen, ihr nah zu sein, ist nicht mehr schlimm. Ich kann ihr sogar verzeihen, dass sie mit lebhafter Begeisterung ihre kleine Patschehand kräftig auf meine Nase haut, bevor sie meine Ohren interessanter findet. Ich lache sie einfach nur an, ehe ich ihr ihre Rassel entgegen halte, die sie sich zielsicher schnappt. Erstaunlich, wie schnell kleine Kinder wachsen. Ebenso ist es erstaunlich, wie schnell man sich doch an diese kleinen Geschöpfe gewöhnen kann, wenn man sich selbst von sämtlichen Ballast befreit hat. Letztendlich warten wir beinahe zwei Stunden, in denen ich mir noch einmal zwei heiße Schokoladen bestellen musste, um nicht rausgeschmissen zu werden. Hikari hatte inzwischen auch ihr Fläschchen und ich bin gerade dabei sie wieder zurück in ihren Wagen zu legen und dick einzupacken, als Sasuke wieder herauskommt. Natürlich nicht allein, warum auch? Grauenvoll. „Oh, sieh mal, Kleines. Jetzt scheinen sie doch noch joggen zu gehen“, erkläre ich ihr, nachdem ich erkannt habe, dass Sasuke nicht seinen schönen, teuren Mantel trägt, sondern einen schwarzen Trainingsanzug von Nike. Hah, da habe ich wohl doch noch gewonnen. „Heh, die Rechnung geht dann wohl auf dich“, schnurre ich mit einem Siegergrinsen im Gesicht und lege den offenen Betrag auf den kleinen Teller, zwischen die Serviette und schnappe mir den Beleg der Rechnung, der kurz darauf in meiner Hosentasche verschwindet. „Dann wollen wir mal, was?“ Voller Tatendrang nehme ich noch schnell die Tageszeitung vom Tisch und schiebe Hikari aus dem Hoteleingang. Sasuke und der Langhaar-Typ sind bereits schon einige Meter voraus gelaufen. Ich kann gerade noch so ihren Rücken erkennen, ehe sie in den Park einbiegen. Zum Glück muss ich mich nicht mehr so beeilen, um ihnen hinterher zu kommen. Am Anfang war das echt ein riesen Abgehetze. Aber mittlerweile kenne ich ihre Strecke beinahe in und auswendig. Es ist frisch. Feuchtes Laub glänzt auf den Wegen und zeigt deutlich, dass der Sommer vorbei ist. Nicht sehr viele Menschen befinden sich im Park. Als könnten sie hier jetzt nichts mehr machen. Sicher, die Zeit, um auf den Wiesen zu liegen, ein Buch zu lesen und sich der Sonne hinzugeben, ist definitiv vorbei und doch bietet der Herbst noch andere schöne Aktivitäten. Hier und da sieht man Kinder, wie sie nach heruntergefallenen Kastanien suchen oder bunte Blätter aufsammeln. Häufiger als sonst, sehen wir Menschen, die sich einfach noch ein wenig sportlich betätigen – auf Inlineskates und Fahrrädern, beim Joggen oder Walken - ausgenommen sind nur die Mütter, die mit ihren Kinderwagen spazieren gehen und mich beinahe jedes Mal ansehen, als wäre ich ein Alien. Vielleicht bin ich für sie aber auch nur ein verdammt seltenes Phänomen, was weiß ich. Interessiert mich alles nicht. Meistens ignoriere ich sie, wenn sie auch noch versuchen mich in ein Gespräch zu verwickeln. Von wegen ich sei doch ein so gutes Bespiel für Gleichberechtigung; ihre Männer sollten sich mal ein Beispiel an mir nehmen; ob ich auch wirklich keine Hilfe bräuchte und ob ich nicht Lust hätte mal an ihren Mutter – Kind – Gruppen teilzunehmen. Alles nebensächliches Geschwafel. Ehrlich, ich hab was viel Wichtigeres zu tun. Und das ist gerade Sasuke beobachten. Nicht mehr und nicht weniger. Sasuke steht im Mittelpunkt, so wie es schon immer war. Er sieht gut aus, wenn er joggt. Es gefällt mir, wenn er keuchend an mir vorbeiläuft, während ich auf einer Bank sitze, mit der Zeitung vor der Nase. Meine Finger kribbeln, wenn ich bemerke, wie ihm der Schweiß auf der Stirn steht und sein Haar störend ins Gesicht fällt. Und immer, wenn er eine Pause einlegt, um seine Muskeln zu dehnen, bin ich kurz davor aufzustehen und zu ihm zu gehen. Aber ich tue es nicht. Nie. In solchen Momenten fehlt mir der Mut. Wahrscheinlich, weil ich nicht einmal weiß, was genau ich ihm sagen sollte. Eine einfache Entschuldigung wäre das mindeste, aber ich denke nicht, dass er sich damit zufrieden geben wird. Manchmal frage ich mich, ob er sie sich überhaupt anhören würde. Vielleicht würde er mich nicht einmal ansehen. Und allein die Vorstellung, dass es so sein könnte, tut mir weh. „Hallo, du bist häufiger hier, nicht wahr?“ „Hm…“ Die Frau, die sich neben mich gesetzt hat, mustert mich interessiert von der Seite, aber ich habe kein Auge für sie. Sasuke ist gerade stehengeblieben und macht nach, was dieser Langhaarige eben vorgemacht hat. Sieht seltsam aus. Soll das irgendeine bescheuerte Form von Joga sein, oder was? „Du bist nicht sehr gesprächig, oder?“, lacht sie jetzt verlegen und ich riskiere doch einmal einen kurzen Blick. Blondes Haar, blaue Augen, weiblich – nicht mein Typ. „Im Moment nicht, nein.“ Abwehr ist das beste Mittel, um seine Ruhe zu haben. Außerdem habe ich keine Lust mit ihr zu reden, zu flirten oder sonst irgendwas zu tun. Lieber richte ich meinen Blick wieder auf Sasuke, der mir jetzt auch noch seinen Hintern entgegenstreckt. Also sozusagen. Er stützt nämlich ein Bein auf der Bank ab und beugt sich nach vorn. Dass es ausgerechnet in meinem Blickfeld liegt, ist nur reiner Zufall, klar. „Hm, schade. Ich dachte, ich könnte dich vielleicht auf einen Kaffee einladen.“ Wieso gibt die denn immer noch nicht auf. Merkt sie denn nicht, dass sie mich gerade stört. „Ich trinke keinen Kaffee“, antworte ich gleichgültig und muss mich beeilen, um noch die Zeitung rechtzeitig aufzuklappen, da sich Sasuke wieder in Bewegung gesetzt hat. Der Wind trägt seinen Geruch direkt zu mir. Verführerisch und sanft. Überhaupt nicht auftragend, aber so war das bei ihm schon immer. „Oh“, sagt sie noch sichtlich enttäuscht, ehe sie endlich aufsteht und verschwindet. Mein Blick verfolgt jedoch eher Sasukes schöne Rückansicht und weniger dem Mädchen. Verständlich, oder nicht? Sie begeben sich früher als gedacht auf den Ausgang zu, sodass ich ihnen hinterhereile, weil ich viel zu neugierig bin. Was ist der Grund dafür, dass sie ihr Training frühzeitig abbrechen? Was habe ich verpasst? Bei all diesen unklaren Fragen interessiert man sich doch für keine Weiber mehr. Der Typ neben Sasuke sieht beiläufig auf die Uhr. Schon zum tausendsten Mal heute – sagt mein Gefühl. Als befände er sich permanent unter Zeitdruck. Verfluchtes Arschloch, er könnte die Zeit, die er mit Sasuke verbringt ruhig ein wenig mehr schätzen. Der hat doch keine Ahnung, wie es ist, wenn man sie nicht mehr hat. Es ist verrückt, doch bei diesem Gedanken werde ich richtig wütend. Ich weiß jetzt, leider viel zu spät, was ich verloren habe und es ergibt sich für mich keine Möglichkeit das zu ändern, verdammt. Obwohl es so nah vor mir liegt. Tief in Gedanken versunken gehe ich tatsächlich zu weit. Das Café, in das ich mich immer setze, bevor Sasuke sich von diesem Typen verabschiedet, liegt jetzt hinter mir. Und vor mir steht Sasuke. Oh Gott, wenn er sich jetzt umdreht sieht er mich. Fuck. Es ist nur ein dummer Reflex, dem ich folge, als ich mich kurzentschlossen hinter eines der parkenden Autos hocke. Hikari schiebe ich dicht an mich ran. Es fällt nicht auf. Nein, nein. Das ist alles total unauffällig. Was für einen Schwachsinn versuche ich mir da eigentlich einzureden? Fehlt nur noch, dass jemand vorbeikommt, und mich fragt, ob auch alles okay mit mir ist. Hah, jetzt bloß nicht durchdrehen, Naruto. Guck lieber mal nach, was die zwei da machen. Ja, ich glaube, die Zeit mit Hikari hat mich etwas … verrückt gemacht. Meine Selbstgespräche werden immer häufiger und leider auch immer durchgeknallter. Wenn ich das jemanden erzählen würde … Aber das, was ich jetzt sehe, bilde ich mir ganz sicher nicht ein. Es bringt mein Herz erleichtert aus dem Takt, weil es mir Hoffnung gibt. Da ist ein Mädchen an der Seite des Langhaarigen. Ein Mädchen mit komischer Frisur, geröteten Wangen und einem verlegenen Lächeln auf den Lippen, nachdem sie von ihm geküsst wurde. Mir fällt regelrecht ein ganzes Kilo Steine vom Herzen, als ich begreife, warum sich Sasuke vorhin so lange die Hand des anderen angesehen hat. Das gleiche macht er jetzt auch bei diesem Mädchen, das wirklich süß aussieht neben ihrem Freund. Es scheint so, als wären sie verlobt und da Sasuke vorhin recht überrascht wirkte, sind sie das vermutlich auch noch nicht sehr lange. Aber egal, das bedeutet nur, dass der Langhaarige vergeben ist und ganz sicher nichts mit Sasuke am Laufen hat und das wiederum heißt… Ich komme nicht mehr dazu, meinen Gedanken zu Ende zu denken, da sich die kleine Gruppe vor mir auflöst. Die zwei Verlobten verabschieden sich und steigen nacheinander in ein Auto ein, das auch kurz darauf schon losfährt. Zurück bleibt Sasuke. Und als ich wieder zu ihm sehe, steht er nicht mehr da. Für einen Moment bin ich enttäuscht, dass er schon so schnell wieder in die Sporthalle gegangen ist. Vermutlich um sich umzuziehen. Doch vielleicht ist es so besser. Jetzt habe ich Zeit, mein provisorisches Versteck unbemerkt zu verlassen. „Was genau soll das werden, Naruto? Warum verfolgst du mich? Hast du noch immer nicht genug?“ Wenn eben noch mein Herz ruhig und ausgeglichen geschlagen hat, dann ist es jetzt vollkommen außer Kontrolle. Es hämmert in meiner Brust, beinahe so, als wolle es herausspringen. Seine Stimme würde ich unter tausenden erkennen, dafür müsste ich nicht einmal hinsehen. Und trotzdem drehe ich mich ruckartig um, sehe mit geschockten Augen in seine starren Gesichtszüge. Was … ich schlucke. Die Welt dreht sich viel zu schnell. Was soll ich denn jetzt sagen? „Sasuke …“, verlässt nur sein Name gehaucht meine Lippen. Er steht tatsächlich da. Vor mir. Er sieht mich an. Mit einem Blick, bei dem ich mein Herz am liebsten freiwillig herausreißen würde. Für ihn, um wieder gut zu machen, was ich ihm angetan habe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)