Girls Girls Boys von Aoki ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Die Stunden ziehen sich. Es ist schwer dem Unterricht zu folgen – und ausnahmsweise ist es nicht Naruto, der mich ablenkt. Es ist Sakura, die ich immer wieder dabei erwische, wie sie mich ansieht. Noch nie ist mir aufgefallen, wie häufig sie eigentlich zu mir blickt. Wieso zur Hölle habe ich das nicht bemerkt? Und wieso hat Naruto es nicht schon früher gesehen? Oder starrt sie erst seit kurzer Zeit? Egal was es ist, es ist unangenehm. Sie ist unangenehm.   Ich öffne Narutos SMS, die kurz darauf bei mir eintrifft und blicke dann nach vorn auf seinen Rücken.   'Ich werd heut in der Pause mit ihr reden'   'Okay', tippe ich zurück und sende gleich noch hinterher: 'Sag Bescheid, wenn du danach darüber reden willst …'   Kurze Zeit später antwortet er mir.   'Mach ich. Kommst du heute nach der Schule mit zu mir?'   Ich lächle, da er mich in seiner Nähe haben will. Und natürlich sage ich zu, denn wie könnte ich auch nicht? Als ich wieder aufsehe, richten sich meine Augen auf Sakura, die mich nach wie vor ansieht. Diesmal röten sich allerdings ihre Wangen, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich noch immer lächle. Doch das ändert sich reflexartig. Sie soll bloß nicht auf dumme Gedanken kommen.     Die Pause folgt nur wenig später. Und während Naruto zu Sakura geht und gemeinsam mit ihr aus dem Raum verschwindet, lasse ich mir mit dem Packen Zeit. Wenn er heute nicht in der Cafeteria ist, sehe ich keinen Sinn darin, mich dort hinzubegeben. Auf Kiba habe ich nämlich keine Lust. Oder auf andere idiotische Leute, die nur Sport und Frauen im Kopf haben.   Ich verbringe die nächsten zwanzig Minuten auf dem Pausenhof, denke darüber nach, wie das Gespräch zwischen ihnen wohl verlaufen ist, als sich eine Nachricht auf meinem Handy ankündigt.   'Bin bei der Sporthalle', steht da knapp geschrieben. Und es ist Narutos Nummer, von der die SMS gesendet wurde. Also will er reden? Ist er fertig mit ihr? Ich laufe los, wobei ich mich darum bemühe, nicht zu rennen, denn innerlich brenne ich vor Neugierde. Er sitzt auf einer der Banken, die vor der Halle aufgestellt sind – seinen Kopf hat er nach unten gerichtet.   „Hey“, mache ich auf mich aufmerksam und schlucke, als er aus traurigen Augen zu mir aufsieht.   „Sie hat gesagt, dass sie …“ Er bricht ab, zieht eine Zigarettenschachtel aus seiner Tasche und zündet sich eine an. Mitten auf dem Schulgelände.   „Vielleicht solltest du besser nicht rauchen“, sage ich, doch er schnaubt nur.   „Ich hab aber Lust. Und ich brauche jetzt eine. Sonst schlag ich gleich was kaputt.“ Wortlos setze ich mich neben ihn. Ist es so schlecht gelaufen?   „Sie hat gesagt, dass sie Gefühle für jemand anderen entwickelt hat … und dass sie es schon viel früher hätte sagen sollen und ...-“ Wieder unterbricht er sich selbst und zieht an seiner Zigarette. „Mann, Sasuke, ich komm mir wie ein Vollidiot vor. Wieso hab ich es nie bemerkt? Ich dachte, wir wären glücklich … und dann sagt sie mir, dass sie schon länger anders empfindet.“   „Mh. Vielleicht war sie sich nicht sicher?“ Warum ich diese Frau in Schutz nehme, ist mir ein Rätsel. Sie hat den Mann meiner Träume verletzt. Eigentlich sollte ich sie suchen und ihr sagen, dass sie ein dummes Miststück ist.   „Bullshit. Weißt du, ich hätte es eigentlich merken müssen. Sie hat sich schon seit Monaten so seltsam verhalten. So distanziert und abwesend.“   „Und hast du sie gefragt, wer es ist?“ Er sieht zu mir herüber. Zieht an seiner Zigarette und blickt mich einfach nur an. Nicht feindselig. Sondern neutral.   „Hab ich“, antwortet er und pustet den Rauch heraus. „Sie hat gesagt, ich kenne ihn nicht und als ich ihr gesagt habe, dass ich weiß, dass du es bist, hat sie angefangen zu flennen.“   Also ist es doch so, wie vermutet?   „Sorry, Sasuke. Du siehst gut aus … aber mal ehrlich, was findet sie an dir? Du bist nicht sonderlich männlich und hast viel zu weiche Züge … ich wette, wenn du dich schminkst, würdest du locker als Frau durchgehen.“ Ich verschlucke mich und fange an zu husten. Und das liegt sicherlich nicht daran, dass der graue Rauch in meine Nase zieht.   „Was?“, krächze ich.   „Tut mir leid“, antwortet er. „Ich bin einfach nur … ich verstehe es nicht! Was hast du, das ich nicht habe?“   „Abgesehen von massig Gehirnzellen?“, entgegne ich schnippisch, da mich seine indirekte Beleidigung härter trifft, als ich es zugeben möchte.   „Sasuke … es tut mir leid. Ich wollte dich nicht beleidigen. Ich verstehe es nur einfach nicht … du gehst nicht mal zum Sport. Und … naja, du bist klein. Und dünn.“   „Ich bin nicht dünn“, brumme ich und erstarre im nächsten Moment, da Naruto seine Kippe wegwirft und mich ohne Vorwarnung packt und seine Arme um meine Mitte schlingt.   „Doch, das bist du, schau!“, meint er demonstrativ und drückt mir mit den Fingern gegen meine Rippen, greift nach meiner Taille. Gott, ich glaube, ich sterbe gleich.   „Naruto, lass das“, zische ich und stemme meine Handflächen gegen seine Brust, da diese Nähe mich sonst zu überwältigen droht. Doch er hört nicht auf. Er drückt noch fester zu.   „Du hast überhaupt keine Muskeln. Keinen Speck. Da ist einfach nichts. Du bist zu dünn für unseren Jahrgang.“   „Naruto … bitte.“ Er hält inne und blickt mich an. Blinzelnd scheint er zu realisieren, wie nahe wir uns eigentlich sind und zieht dann blitzschnell seine Hände zurück. Gut. Wenigstens hat er die Güte, auch rot zu werden.   „Sorry … das war gay. Ich … ich wollte dir nur zeigen, was ich meine und wirklich, denk dir nichts dabei, ich … -“ Er könnte genauso gut versuchen mit einem Messer in meiner Brust herumzubohren, um mein Herz zu finden. Es fühlt sich nämlich genau so an.   „Lass es“, murre ich. „Habt ihr euch getrennt?“ Er wird still. Verfällt in abruptes Schweigen. Allerdings nicht lange. Vielleicht zehn – fünfzehn Sekunden lang.   „Ja, sie hat gesagt, sie muss darüber nachdenken, was sie wirklich will.“   Was sie will, wird sie nie bekommen. Genau wie ich nie das bekommen werde, was ich mir wünsche. Klingt fair, mh?   „Dann lass ihr Zeit, vielleicht sammelt sie sich noch und sieht ein, dass ich nicht der Richtige für sie bin.“   „Willst du damit sagen, dass du sie null attraktiv findest?“ Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. Man könnte sie mir nackt auf den Bauch binden. Ich würde mich höchstens ekeln.   „Ja. Ich finde sie nicht anziehend. Weder körperlich noch geistig.“   „Sicher?“ Warum klingt er so unsicher?   „Naruto, ich will sie nicht. Weder jetzt noch später. Sie ist nicht mein Typ.“   „Also ist sie dir nicht gut genug.“   „Das habe ich nicht gesagt! Ich stehe nur einfach nicht auf sie!“ Dieses Gespräch regt mich auf. Was erwartet er von mir? Dass ich mir seine Ex-Freundin kralle?   „Stehst du auf dicke Titten?“ Ich atme tief ein und massiere mir für einen kurzen Augenblick mit den Fingern den Nasenrücken. Meine Augen sind dabei geschlossen. Wenn ich ihm jetzt sage, dass ich auf dicke Schwänze stehe, dann hat alles ein Ende, oder?   „Sag schon, Sasuke. Auf was für Weiber stehst du?“ Auf keine, du Idiot.   „Keine von hier.“   „Also stehst du auf ältere Frauen? Wow, das hätte ich dir gar nicht zugetraut.“ Diesen Gedankengang hätte ich ihm nicht zugetraut. Er ist wirklich dumm. So dumm, dass es schon fast wieder niedlich ist.   „Denk dir, was du willst“, antworte ich ihm und stehe dann auf. „Und jetzt komm, die Pause ist schon längst zu Ende.“   „Sasuke, mir wurde gerade das Herz gebrochen, zeig ein wenig Mitgefühl, du Bastard“, schmollt er, doch ich schmunzle nur.   Willkommen im Club, mein Liebster.         Die Woche, die folgt, kann ich als die bisher beste meines Lebens beschreiben. Naruto und ich sind uns freundschaftlich noch näher gekommen, Dank seiner Trennung von Sakura, die seit Montag nicht mehr in der Schule war. Wir unternehmen viel. Mal sind wir bei mir, um zu lernen oder bei ihm, um uns die Zeit mit Spielen zu vertreiben. Wir reden. Das heißt, er redet, und ich höre zu. Ich erfahre noch mehr von ihm, finde immer neue Dinge, die mich an ihm interessieren und faszinieren. Meine Liebe für ihn wächst Tag für Tag. Auch wenn es nach wie vor ein Dämpfer ist, dass er zeitweise wegen Sakura durchhängt.   „Bis du dir sicher, dass ich dich nachher nicht mitnehmen soll?“, fragt er, als wir Freitag Nachmittag aus der Schule zu seinem Auto laufen.   „Nein … ich hab noch einen Termin.“   „Schaffst du es dann überhaupt bis um acht zur Party?“ Naruto weiß nichts von Kibas Plänen und demzufolge hat er auch keine Ahnung, dass ich heute dazu gezwungen werde, mich wie eine Frau zu verkleiden.   „Ja. Ich denke schon.“ Er nickt, ehe er die Zentralverriegelung seines Wagens betätigt, damit wir einsteigen können.   „Als was gehst du überhaupt?“, fragt er dann, nachdem er den Motor gestartet hat. Ich beobachte ihn dabei, wie er den Gang einlegt.   „Kiba entscheidet, schon vergessen?“ Seine Augenbrauen wandern nach oben.   „Was? Du lässt Kiba dein Kostüm aussuchen?! Nachher wirst du noch verunstaltet!“ Wie recht er damit hat …   „Ich denke nicht.“   „Wieso hast du mir nichts davon erzählt? Ich hätte mit ihm geredet.“ Weil dann alles auffliegen würde. Je weniger über dieses Thema gesprochen wird desto besser.   „Weil du Kiba kennst. Er würde sich dann vielleicht was noch Fieseres einfallen lassen.“ Diese Antwort stellt ihn vorerst ruhig. Zumindest solange, bis wir vor unseren Häusern halten.   „Wenn du willst, rede ich nochmal mit ihm.“   „Nein“, sage ich kopfschüttelnd. „Es war eine Wette. Und ich habe verloren.“   „Sasuke, er hat offensichtlich betrogen.“   „Und ich habe die Größe, es ihm durchgehen zu lassen.“ Er sieht mir skeptisch entgegen, schnallt sich dann jedoch ab, nachdem er geparkt hat.   „Okay … wenn du meinst?“ Ich schmunzle. Dieser Abend wird wahrscheinlich der schlimmste in meinem Leben, doch das ist mir egal. Solange Kiba dichthält und damit aufhört, mich zu erpressen, ist mir alles egal.         Es dauert gefühlte Stunden, die ich im Bad verbringe, um das zu tun, was Kiba mir geraten hat. Die Enthaarungscreme meiner Mutter neigt sich ihrem Ende zu – genauso wie der Rest meiner guten Laune. Wie können Frauen es auf sich nehmen, sich ständig diesen Mist auf die Beine zu schmieren? Oder ihre Achseln zu rasieren? Es ist aufwendig. Es stinkt. Und es ist ein verdammt seltsames Gefühl, so glatt zu sein.   Nichtsdestotrotz führe ich den Job zu Ende, um zwei Stunden später erschöpft aus dem Bad in den Flur zu treten, wo meine Mutter bereits auf mich wartet. Sie mustert mich.   „Rieche ich da meine ROOT-Enthaarungscreme?“, fragt sie, klingt dabei schon fast vorsichtig, so als sei sie sich nicht sicher.   „Ich …“   „Du enthaarst dich?“   „Ich hab nur …“ Sie hebt ihre linke Augenbraue an.   „Du enthaarst dich“, stellt sie fest. „Weshalb?“   „Ich wollte spüren, wie es sich anfühlt?“, biete ich ihr lahm an und sehe, dass sie anfängt zu lächeln.   „Wirklich? Warst du deshalb so lange im Bad? Ich habe schon gedacht, dass du dich befriedigst.“ Den Gesichtsausdruck, der sich daraufhin auf meine Züge legt, sieht so aus, als hätte ich in eine Zitrone gebissen. Mein Magen fühlt sich flau an – und obwohl ich gerade geduscht habe, fühle ich mich beschmutzt. Beschmutzt von ihren Worten. Warum lacht sie jetzt so bescheuert?   „Oh Sasuke, Liebling. Tut mir leid, ich dachte nur …-“   „Mum, bitte. Sprich nicht weiter … Töte mich, weil ich deine Creme benutzt habe, aber sprich nicht weiter.“ Jetzt lacht sie noch stärker. Hält sich den Bauch, während ich mir wünsche, dass sich ein schwarzes Loch unter meinen Füßen öffnet. Doch da das nicht geschieht, laufe ich an ihr vorbei, um in mein Zimmer zu flüchten.   Wenn der Abend jetzt schon so schlecht anfängt, wie wird er dann erst enden?     Um sechs Uhr ist es dann soweit. Meine Tasche ist gepackt, denn ich werde wohl oder übel bei Kiba übernachten müssen, der bereits draußen steht und auf mich wartet, wie meine Mutter vor ein paar Minuten verkündet hat. Ich lasse mir absichtlich noch ein paar Minuten Zeit, ehe ich nach unten gehe und mich von meinen Eltern verabschiede, die beide im Wohnzimmer sitzen und fernsehen.   „Ich wünsch dir viel Spaß, Schatz“, sagt meine Mutter, während mein Vater kurz brummt. Scheinbar interessiert es sie gar nicht mehr, dass ihr Sohn die Nacht woanders verbringen wird. Zum ersten Mal in seinem Leben … Aber sei es drum. Mit einem entnervten Gefühl im Bauch trete ich Kiba schließlich entgegen, der lässig grinsend an seinem Auto lehnt.   „Ich hab schon gedacht, du machst einen Rückzieher“, begrüßt er mich und ich rolle die Augen. Muss er jetzt unbedingt mit mir reden?   „Bringen wir´s hinter uns.“   „Wie du wünscht, Prinzessin“, erwidert er und öffnet dann die Beifahrertür, geht ein Stück zur Seite und macht eine einladende Bewegung mit seinem Arm.   „Idiot“, brumme ich und steige ein.   Nachdem er im Wagen ist und sich angeschnallt hat, startet er auch schon den Motor und legt den Gang ein.   „Ich bin richtig froh, dass alles nach Plan verläuft“, eröffnet er ein Gespräch, an dem ich eigentlich gar nicht teilhaben möchte. „Naruto hat sich von der Schlampe getrennt, du wirst nachher von mir gestylt … besser könnte es gar nicht laufen.“   „Wenn du Sakura nicht leiden kannst, weshalb hast du dann mit ihr gelernt?“   „Mit Sakura gelernt? Niemals. Ich hab ihr einen anderen Deal angeboten … heh. Ich freue mich wirklich auf heute Abend.“ Was er mit dieser Aussage meint, ist mir im Moment so ziemlich egal.   „Wie hast du es dann geschafft 97 % zu erzielen?“   „Erzielen? Sasuke, du hörst dich an wie ein alter Mann. Und wie ich es geschafft habe? Ich hatte ein wenig Hilfe.“ Ich ignoriere seine Spitze.   „Deine Unterlagen?“   „Nope, noch viel besser.“   „Und was ist noch viel besser als Unterlagen?“   „Die Klausur natürlich.“ Meine Augen weiten sich.   „Du hattest die Klausur schon vorher?“ Grinsend blickt er mich an, als wir an einer Ampel halten müssen.   „Klar. Shikamaru hat mir noch einen Gefallen geschuldet. Seine Klasse hat die Klausur bereits letztes Jahr geschrieben.“ Shikamaru Nara. Ein Genie. Jemand, der sogar noch intelligenter ist als ich selbst. Nicht, dass ich es offen zugeben würde … doch insgeheim weiß ich es. Er ist eine Stufe über uns …   „Du hast dir also die Klausur von Shikamaru geben lassen? Ernsthaft?“ Er fährt weiter und gluckst.   „Jap. Hab mir alle Antworten aufgeschrieben und dann einfach nur abgegeben.“   „Und der Lehrer hat nichts gemerkt?“   „Nö. War ja schließlich meine Handschrift. Die Aufgaben habe ich erst zum Schluss nummeriert, für den Fall, dass er die Fragen anders gesetzt hätte.“ Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt. Vielleicht ist Kiba nicht gerade der Hellste, doch er ist mit Sicherheit bauernschlau.   „Wie schön, dass dir das beim Abschluss nicht helfen wird.“   „Das überlass mal schön mir, Prinzessin.“ Ich knurre unterdrückt.   „Nenn mich nicht so. Ich bin ein Mann, okay?“   „Nicht mehr lange, Sas, nicht mehr lange.“       Ich verfluche diesen dämlichen Idioten dafür, dass es für diese Scharade noch einen weiteren Zeugen geben wird. Jemand der ihm helfen soll, mich zu verwandeln.   „Tenten wird sich um das Makeup kümmern. Damit hab ich nämlich nichts am Hut“, meint er mit einem fiesen Grinsen, nachdem er mich der Frau vorgestellt hat, die sich mit uns in seinem Zimmer befindet.   „Du hast wirklich verdammt gute Haut, ich bin fast neidisch“, sagt sie und grinst dabei genauso dreckig.   „So, hier ist das Kleid, die Strümpfe und die Schuhe. Den Bolero und die Perücke machen wir später. Da drüben ist das Bad.“ Er deutet auf eine Tür, die sich in seinem Zimmer befindet und hält mir eine Tüte hin. Ich überlege kurz, ob ich sie ihm ins Gesicht schleudern soll, doch ich tue es nicht sondern greife stattdessen danach, um sie mit ins Bad zu nehmen, das ich hinter mir abschließe. Es ist ein großer Raum. Die Dinge, die hier herumstehen lassen mich jedoch darauf schließen, dass er es nicht alleine benutzt. Und die weitere Tür, die hier herausführt, bestätigt meine Vermutung. Wahrscheinlich teilt er sich das Bad mit seiner Schwester … es sei denn, er schminkt sich doch heimlich …   Als ich die Tüte öffne, um das Kleid und die langen Feinstrümpfe herauszuziehen, hadere ich einen Moment lang mit mir selbst. Ich könnte es zerreißen. Einfach zerstören, meine Sachen packen und verschwinden. Ist das wirklich sein Ernst? Ein schwarzes, kurzes Kleid, das offensichtlich nur knapp bis zu meinen Knien reichen wird. Wenn überhaupt! Es ist oben enganliegend, die schwarzen Stoffstreifen, die als Träger dienen, lassen sich hinter dem Nacken verschließen und unten herum ist es etwas weiter.   Silberne Bändchen um die Taille. Will er mich komplett verarschen?   Fluchend ziehe ich meine Klamotten aus und versuche dann zunächst, diese widerlichen Strümpfe anzuziehen, die, wie ich feststelle, bis hoch zu meinen Oberschenkeln reichen. Sie sind oben sogar gummiert, um besseren Halt zu spenden … und mit Spitze versehen …   Ich werde ihn töten!   Und diesen Gedanken behalte ich, als ich schließlich versuche, mich in das Kleid zu zwängen. Es passt, doch es fühlt sich unangenehm an. Es reicht nicht mal bis zu den Knien …   „Bist du dann soweit?“ Kiba klopft gegen das Holz und ich bin fast dazu gewillt ihm zu sagen, dass er tot umfallen soll, doch ich tue es nicht sondern öffne die Tür.   Sein dummer Gesichtsausdruck ist es doch tatsächlich wert. Meine Laune steigt sogar minimal an.   „Wow … du … wow …“   „Kiba, mach den Mund zu und geh zur Seite, damit er rauskommen kann, ich will ihn auch sehen.“ Kiba stolpert zwei Schritte nach hinten, die Lippen noch immer geöffnet, sein Blick ungläubig. Langsam wird es doch unangenehm, so angestarrt zu werden.   „Wow! Du siehst heiß aus!“ Tentens Augen hingegen funkeln angetan. Sie macht mir Angst. Und dass sie nach meiner Hand greift, um mich aus dem Bad zu ziehen, passt mir nicht im Geringsten. Sie schubst mich auf das Bett und greift gleich darauf nach einem Koffer, den sie neben mir auf die Matratze stellt. „Ehrlich. Du könntest glatt als Frau durchgehen. Hast du deine Beine rasiert?“ Sie hebt ungefragt mein Bein an. „Tatsache. Wow. Besser hätte ich es auch nicht hinbekommen. Sicher, dass du ein Mann bist?“   „Ja“, presse ich hervor, kurz davor all das hinter mir zu lassen. Kann es eigentlich noch schlimmer werden?   „Du hast die Bänder falsch geschnürt. Warte, ich helf dir“, sagt sie und greift hinter mich, um das Kleid richtig zu schließen. „Kiba, hol schon mal die Perücke. Und die Schuhe, die fehlen auch noch“, dirigiert sie ihn und öffnet dann ihren Koffer, der mit massig Makeup gefüllt ist.   Oh, welch Strafe. Warum? Warum habe ich mich dazu hinreißen lassen? Jeder weiß doch, dass solche Dinge immer nach hinten losgehen.   „So Hübscher, schau mich an damit ich dich noch hübscher machen kann.“       „Wow … das ist echt heftig.“   „Ja. Schau dir mal an, wie lang seine Wimpern sind …“   „Mit den langen schwarzen Haaren … hätte er noch Brüste würde ich ihn glatt anbaggern.“   „Sieh dir erst mal die langen Beine an! Jede Frau wäre neidisch!“   „Ja. Und jeder Kerl würde sich sofort auf ihn stürzen. Im Ernst, wie hast du das so hinbekommen?! Er sieht aus wie ein Mädchen!“   „Wenn ihr nicht sofort aufhört über mich zu reden als sei ich nicht hier werde ich auf der Stelle verschwinden“, sage ich kalt und stehe dann das erste Mal auf, nachdem die Tortur ihr Ende gefunden hat. Die Schuhe, in die ich vorhin geschlüpft bin sind schwarz. Schwarz und flach … und seltsamerweise auch bequem. 'Das sind Ballerinas', äffe ich Tentens Stimme in Gedanken nach und werfe dann endlich einen Blick in den Spiegel, um das Ausmaß des Schadens zu begutachten.   Es erschreckt mich, mich selbst so zu sehen. Das Kleid … der Übergang zu den Strümpfen, mein Gesicht, die langen, falschen schwarzen Haare … all das fühlt sich so fremd an. Sieht so fremdartig aus. Das bin nicht ich. Diese Hülle, die mir kaum noch gleicht.   Ich wende den Blick von meinem Spiegelbild ab und sehe stattdessen zur Seite. Wenn Naruto mich so sieht … wird er lachen? Mich auslachen?   „Okay Jungs, ich werd mich dann mal wieder auf den Weg machen bevor Neji ausrastet“, höre ich Tenten sagen, doch ich erwidere nichts, als sie sich von Kiba und mir verabschiedet. Ich kann meine Stimme nicht finden.   „So, dann sind nur noch wir übrig.“ Meine Augen sind zu Schlitzen verengt und auf Kiba gerichtet. „Schau nicht so böse … obwohl ich sagen muss, dass es wirklich sexy aussieht.“   „Lass den Scheiß“, zische ich. Dass ihm dieses Spiel hier gefällt, das ist mir bewusst. Und ich hasse ihn dafür.   „Sasuke … glaub mir, das ist alles zu deinem Besten.“   „Zu meinem Besten? Wie bitteschön soll mir das helfen? Du erniedrigst mich. Du weißt ganz genau was ich für ihn empfinde und trotzdem erniedrigst du mich. Und das vor ihm! Du bist ein dreckiger Bastard, ein dummer ...-“ Seine Handfläche landet auf meinem Mund, seine andere Hand umfasst meinen Oberarm. Ich habe noch nicht mal die Chance zu reagieren, da hat er mich auch schon aufs Bett geschmissen und sich über mich gebeugt.   „Du beruhigst dich jetzt, okay?“ Mit weit aufgerissenen Augen starre ich ihm entgegen. „Du wirst jetzt tief durchatmen und dich entspannen.“   „Du Wichser.“   „Kann sein“, haucht er und streichelt mir dann unvermittelt über die Wange, greift nach meinem Kinn und zwingt mich somit dazu, ihn anzusehen. „Aber weißt du, ich will für euch beide nur das Beste. Deshalb musst du mir ein bisschen entgegenkommen.“   „Geh von mir runter und lass mich los.“ Meine Finger sind um sein Handgelenk geschlossen.   „Nein.“   „Was soll das? Bist du bescheuert? Lass mich gefälligst sofort los!“ Mit meiner freien Hand stemme ich mich gegen ihn, versuche irgendwie, mich aus dieser Nähe zu winden, doch es klappt nicht. Er ist zu schwer. Viel zu schwer, um ihn von mir zu schubsen.   „Sasuke“, sagt er mahnend. „Du wirst dich jetzt beruhigen, sonst werd ich gleich ganz andere Seiten aufziehen, verstanden?“ Ich halte still, denn sein Blick hat etwas Gefährliches an sich. Er würde mich schlagen? Würde er?   „Was willst du tun? Mich verprügeln?“   „Ich gebe zu, das wäre verlockend, doch ich denke, ich bringe dich auch anders zum Schweigen.“ Ich halte die Luft an, als ich seine Hand auf einmal an meinem Oberschenkel spüre. Er streichelt mich, drückt leicht zu. „Siehst du? Schon besser.“ Als er sich erhebt und mich freigibt, kann ich mich immer noch nicht bewegen, geschweige denn regelmäßig Luftholen.   „Wenn du eine Frau wärst, würde ich es wahrscheinlich wirklich tun. Aber da ich weiß, wer du bist, werde ich mich vorerst zurückhalten“, sagt er ruhig und zieht sich dann sein Shirt über den Kopf. Sein muskulöser Rücken ist mir zugedreht. Wenn ich jetzt aufstehe, um ihn zu erstechen … „Du gehst am besten schon mal nach unten, die ersten Gäste werden bald hier sein.“ Er entledigt sich seiner Alltagskleidung. Wahrscheinlich wird er gleich sein Kostüm anziehen.   „Ich soll deine Gäste begrüßen?“ Als ich seinen letzten Satz registriert habe, finde ich auch meine Stimme wieder.   „Klar. Lass sie rein und biete ihnen Getränke an.“   „Ich bin nicht deine Hausdame!“, zische ich und richte mich abrupt auf. Das künstliche Haar fliegt dabei nach vorn über meine Schultern, doch das nehme ich nur am Rande wahr.   „Bist du nicht, aber du hilfst mir. Ansonsten werde ich heute eine kleine Aufnahme über die Boxen laufen lassen.“   „Das ist nicht fair! Warum tust du das?“   „Weil ich es kann. Und jetzt geh nach unten, ich will mich umziehen.“ Stampfend verlasse ich den Raum, irritiert und entnervt, dass dieses verdammte Kleid ständig hin und herschwingt. Er hat wirklich Nerven. Nicht nur, dass er die Wette durch Betrügen gewonnen hat, nein, er nimmt mich auch noch ohne meine Zustimmung auf und erpresst mich damit! Ich werde ihn umbringen. Ihm etwas ins Getränk mischen, das ihn bewusstlos werden lässt. Dann werde ich ihn fesseln. Jedes einzelne Haar an seinem Körper mit einer Pinzette ziehen … ehe ich ihn in den Fluss werfe. Dieser miese Bastard!       Als es zum ersten Mal an der Tür des Hauses klingelt, ist es 19:52 Uhr. Also jemand, der zu früh auf der Party erscheint … Ich atme tief durch, versuche meinen rasenden Puls zu beruhigen, als ich mit klammen Fingern, die sich in den Saum des Kleids krallen, zur Tür gehe, um sie zu öffnen. Ich bete, dass es nicht Naruto ist, der geklingelt hat. Ich hoffe darauf, dass er sich Zeit lässt. Dass er erst viel viel später auftaucht, als die anderen, so dass ich wenigstens den Hauch einer Chance habe, mich vor ihm zu verstecken.   „Wow.“ Der Mann, der vor der Tür steht ist mir unbekannt und trägt ein albern aussehendes Kostüm, das ich nicht zuordnen kann. Ich ignoriere seinen Blick, der an mir auf und abgleitet und trete zur Seite, ohne ein Wort zu sagen. „Bist du auf der Konoha-High? Ich hab dich noch nie gesehen.“ Ich schüttle den Kopf. „Dachte ich mir. Sorry, wenn ich so direkt bin, aber du sieht verdammt scharf aus in deinem Kostüm. Das ist doch ein Kostüm, oder?“   „Ich bin ein Mann“, brumme ich, da die Vorstellung, dass er mich als Frau sieht, einfach nur abstößt. Und scheinbar geht es ihm jetzt ähnlich, denn er sieht mich angewidert an.   „Alter, echt? Aber du siehst aus wie ne Frau … wieso verkleidest du dich wie ne Frau? Bist du homo?“   „Willst du etwas trinken?“ Ich sehe, dass er schluckt.   „Eh … nein. Ist Kiba hier?“   „Auf seinem Zimmer“, antworte ich monoton und lasse ihn dann im Flur einfach stehen, um genau dahin zu gehen, wo sich der miese Bastard befindet. Er steht vor seinem Spiegel und schmiert sich Gel in seine Haare. Außerdem trägt er einen Anzug, der ihm mindestens eine Nummer zu groß ist.   „Mach deinen Leuten selbst auf, ich bin raus.“ Sein Augen wandern nur kurzzeitig zu mir, ehe er seinen Blick wieder auf sich selbst richtet.   „Warum? Ist schon jemand da?“   „Irgendein Typ, der mich langweilt“, antworte ich, die Arme vor der Brust verschränkt.   „Und weshalb langweilt er dich?“   „Weil er genauso ein Arschloch ist wie du.“ Er zieht eine Augenbraue in die Höhe und lässt dann endlich von seiner schmierigen Frisur ab, um sich die Hände an einem Tuch abzuwischen. Was stellt er dar? Die Spar-Version eines Mafioso?   „Weißt du Sasuke, eigentlich müsste ich dich für die Dienstverweigerung züchtigen, aber ich sehe davon ab, weil jetzt mindestens schon einer weiß, dass du in Wirklichkeit ein Kerl bist.“ Er kommt auf mich zu – natürlich grinsend – und bleibt dann vor mir stehen. „Außerdem geht es gleich richtig los. Alle werden dich so sehen … freust du dich schon drauf?“ Seine Hand hebt sich, wandert zu meinem falschen Haar. Seine Fingern greifen nach einer Strähne, umwickeln sie. „Ich freue mich nämlich schon richtig drauf …“ Dann lässt er von mir ab und geht an mir vorbei, ohne auf meine Antwort zu warten. Eine Antwort, die ich ihm nicht geben könnte ohne ihn mit Blut zu bespucken, weil ich mir so heftig auf die Innenseite meiner Wange beiße.   Nach geschätzt zwanzig Minuten stehe ich noch immer in seinem Zimmer, höre nebenbei, dass sich das Haus mit Leuten füllt und überlege, wie sich vielleicht doch noch eine Möglichkeit finden lässt, hier herauszukommen, ohne bemerkt zu werden. Sein Zimmer liegt im ersten Stock, allerdings besteht der Boden um das Haus herum aus Kies … und dadurch würde ich mir zumindest etwas brechen, wenn ich aus dem Fenster springe. Doch weiter kann ich die Gedanken auch nicht ausführen, da sich die Tür zu dem Raum öffnet – ich wirble herum – und wie ich feststelle, ist es niemand Geringeres als Naruto, der mich ansieht. Mir gegenübersteht. Mit einem geschockten Gesichtsausdruck. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals.   „Sorry … ich wusste nicht, dass jemand hier drin ist“, sagt er, während seine Augen an mir auf und abwandern. „Kiba hat gesagt, ich soll ne CD aus seinem Zimmer holen.“   Erkennt er mich nicht? Ich mustere seine Erscheinung. Ein perfekt sitzender Anzug, eine schwarze Weste, der Melonenhut …   „Uhm, ich bin Naruto“, sagt er dann und kommt auf mich zu. Ist das wirklich sein Ernst? Er erkennt mich nicht? Sehe ich so anders aus? Als er mir seine Hand hinhält, blinzle ich.   „Du erkennst mich wirklich nicht.“ Ich höre, dass er scharf die Luft einzieht und werde Zeuge davon, wie seine Augen noch größer werden. Jetzt sieht er wirklich geschockt aus.   „Sasuke?“, krächzt er. „Bist du das?“   „Ja.“   „Was zum Teufel?!“, bricht es seltsam quietschig aus ihm heraus, ehe er mich an den Armen packt. „Was ist mit dir passiert? Warum bist du … warum bist du so angezogen? Bist du geschminkt?“ Ich schweige daraufhin, denn mein Puls ist durch diese Geste noch weiter angestiegen. Mein Herz klopft fast schon schmerzhaft gegen meinen Brustkorb. Und sein Blick macht es nicht gerade besser. Am liebsten würde ich im Boden versinken. Versinken und nie wieder auftauchen.   „Hat Kiba das getan?“, haucht er dann, seine Züge von Mitleid geprägt. Was soll ich ihm sagen? Die Wahrheit? Er würde mich auslachen. Beschämt drehe ich den Kopf zur Seite. „Sasuke? Hat Kiba das getan?“, fragt er erneut und lässt dann von mir ab. Zumindest von meinen Armen, denn seine Finger wandern unter mein Kinn. Er dreht mein Gesicht zu ihm, sieht mir tief in die Augen.   Gott, ich will sterben. Es ist so unsagbar peinlich.   „Ja“, sage ich, die Hände zu Fäusten geballt, weil meine Arme anfangen zu zittern.   „Ich werde ihn umbringen. Zieh dich um! Wir fahren nach Hause.“ Er klingt so wütend, dass ich einen Schritt nach hinten zurückweiche. Wenn er jetzt zu Kiba geht, dann war alles umsonst. Alles wird auffliegen. Und das kann ich nicht zulassen. Also greife ich nach ihm, als er im Begriff ist, sich umzudrehen.   „Warte“, hauche ich. „Warte …“   „Huh? Worauf warten?“ Er sieht über die Schulter hinweg zu mir nach hinten, dreht sich dann jedoch wieder zu mir zurück. „Darauf, dass du dich vor allen Leuten zum Affen machst?“   „Nein. Es ist meine Wette. Ich habe sie verloren.“   „War das der Einsatz? Dass du dich anziehst wie eine Frau?“ Er sieht zornig aus. Sieht genauso aus, wie ich mich die letzten Stunden über gefühlt habe.   „Ja, das war der Einsatz, Naruto. Und ich werde diesen Einsatz durchstehen.“   „Durchstehen?“, hakt er ungläubig nach. „Sasuke, das geht zu weit! Wieso hast du ihm nicht gesagt, dass er sich ins Knie ficken soll? Willst du wirklich so rumlaufen?“ Ich lasse sein Handgelenk los, blicke nach unten auf den Boden.   Ja, ich werde es tun. Um dieses Geheimnis zu beschützen, das dich noch viel weiter von mir wegtreiben würde, als dieser temporäre Zustand es jemals könnte.   „Ja. Ich habe verloren und werde das Beste daraus machen. Also lass es gut sein.“   „Ich werd ihm die Fresse polieren.“   „Naruto, es ist meine Entscheidung …“   „Deine Entscheidung, wie eine Frau verkleidet auf einer Party herumzulaufen, auf der unser gesamter Jahrgang sein wird? Weißt du, was danach passieren wird? Du wirst das Gespött der ganzen Schule!“   „Das ist mir egal.“ Denn das ist es auch. Was andere von mir denken, ist mir egal. Solange er zu mir hält …   „Sasuke … das kann dir nicht egal sein.“   „Ist es aber. Diese Leute bedeuten mir rein gar nichts. Sie sind nicht ...-“ Du. Ich breche ab, bevor ich es aussprechen kann. Naruto seufzt daraufhin. Dann wird es still zwischen uns. Ich kann seinen Blick auf mir spüren.   „Wie hat er das überhaupt so hinbekommen? Meine Güte, Sasuke, du siehst wirklich aus wie eine Frau …“   „Er hatte Hilfe von Tenten …“   „Tenten? Nejis Tenten?“ Da sie den Namen vorhin erwähnt habe, nicke ich und blicke dann wieder auf.   „Es ist meine Entscheidung. Und ich werde es durchziehen.“ Er fährt sich mit der flachen Hand über das Gesicht und stöhnt auf.   „Okay. Pass auf. Ich hab keine Ahnung, warum du meinst, dass dein Stolz hier etwas zu suchen hätte, aber hier ist der Deal: Du wirst am besten überhaupt nichts sagen … und dich an mich halten. Ich stelle dich als meine stumme …“, er zögert kurz, „Freundin vor, okay? Dann überstehst du den Abend vielleicht ohne bleibende Schäden. Und mit Kiba werde ich noch reden“, spricht er weiter und greift nach meiner Hand, um mich hinter sich aus dem Raum zu ziehen. „Also kein Wort zu niemandem, okay?“   Ich bleibe stumm, als er mit mir über den Flur zu den Treppen läuft. Ich versuche zu begreifen, was gerade vor sich geht. Seine warme, große Hand, die sich meiner perfekt anpasst. Sein schneller Schritt, der uns geradewegs nach unten führt, wo schon viele Menschen dabei sind, sich sinnlos zu betrinken. Ich kann gar nichts sagen. Selbst dann nicht, als wir vor Kiba stehen und Naruto ihn mit in den Flur schleift, abgeschirmt von den anderen. Ich höre nicht einmal die ersten gezischten Worte, die Kiba entgegen geworfen werden. Erst als er seine Finger von mir löst, blicke ich auf.   „Chill mal. Er hat verloren und trägt die Niederlage mit Würde.“   „Bullshit“, knurrt Naruto. „Du hast irgendwas gemacht damit er sich so anzieht! Also, womit hast du ihm gedroht?“ Wenn mein Puls noch weiter steigt, falle ich gleich um. Doch das wäre gar nicht so schlimm, denn dann müsste ich das hier nicht mitbekommen. Dann wäre es einfach vorbei. Kiba würde nichts sagen und Naruto hoffentlich davon abblassen.   „Mit nichts. Oder, Sasuke?“, erwidert Kiba und blickt mich dann schmunzelnd an. Ich höre Naruto schnauben, doch bevor er etwas sagen kann, antworte ich mit einem festen 'Ja'.   „Siehst du. Ich hab nichts getan. Nur den Einsatz genannt. Sasuke ist eben nicht ehrlos und respektiert seine Niederlage. Es ist fair.“   „Das nennst du fair? Ich sag dir mal was, sollte ich herausbekommen, womit du ihm drohst, werd ich dir den Arsch aufreißen. Verstanden?“, donnert Naruto, die Miene vor Wut verzerrt. „Und noch was. Er wird nicht als dein Partygag missbraucht, also schmink es dir gleich ab. Er wird nicht sprechen und du wirst ihn auch nicht dazu bringen.“   „Aha? Und wie soll er dann mit Leuten reden?“   „Gar nicht. Er ist stumm. Und mit mir hier.“   „Also spielst du den Transen-Freund.“ Ich zucke zusammen, als Naruto sich auf einmal auf Kiba stürzt und ihn gegen die nächstbeste Wand drückt. „Noch ein falsches Wort …“   „Dann? Dann zettelst du auf meiner Party eine Schlägerei an? Willst du das wirklich? Spätestens dann wird jeder wissen, dass Sasuke keine richtige Frau ist … weil ich es ihnen sagen werde.“ Naruto zieht Kiba von der Wand weg und stößt ihn mit einem Ruck von sich weg.   „Du bist ein verdammter Wichser. Ein dreckiger Wichser, Kiba. Ich weiß gar nicht, weshalb ich überhaupt mit dir befreundet bin“, sagt Naruto kühl, ehe er mich ansieht. „Komm, ich fahr dich nach Hause.“   „Nein“, antwortet Kiba jedoch an meiner Stelle. „Er wird nicht gehen. Oder, Sasuke?“ Sein heimtückisches Grinsen zeigt mir, dass ich mich in einer aussichtslosen Lage befinde.   „Das ist nicht dein Ernst … nach all dem denkst du wirklich, dass wir noch hierbleiben?“   „Du kannst ja gehen, aber Sasuke bleibt.“   „Sasuke“, sagt Naruto entnervt. „Komm, wir gehen.“ Als er nach meiner Hand greift und versucht in Richtung Tür zu laufen, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Ich kann gar nicht gehen.   „Sasuke?“   „Nein … ich bleibe.“   „Was?!“   „Naruto“, sage ich ruhig und löse seine Finger von mir. „Es ist okay, wirklich. Ich habe verloren und akzeptiere es … also bitte, akzeptier du es auch.“   „Ist das wirklich dein Ernst? Du willst wirklich hierbleiben? Obwohl du weißt, was passieren kann?“   „Herrgott“, mischt sich Kiba wieder ein. „Es ist eine Kostümparty, mach dir mal nicht ins Hemd, nur weil du Schwule so abstoßend findest. Ich wette mit dir, dass es die Hälfte nicht mal interessieren wird. Nur du tickst so aus.“ Narutos Mund öffnet sich, doch kein Ton dringt hervor. Er starrt nur. Wie ein Fisch, der ins Trockene geworfen wurde.   „Komm, Sasuke.“ Ich lasse mich von Kiba zurück ins Wohnzimmer ziehen, den Blick dabei auf Naruto gerichtet, der noch immer auf die Stelle starrt, an der sein bester Freund bis eben noch gestanden hat.       Es ist ein seltsames Gefühl zu wissen, dass man beobachtet wird. Eine Stunde nach dem Streit im Flur – die Party ist mittlerweile im vollen Schwung – kann ich Narutos Augen, der entgegen meiner Erwartung nicht verschwunden ist, immer wieder auf mir spüren. Er hält sich abseits, redet mit mir unbekannten, und doch beobachtet er mich. Sucht nach mir. Ich, der die ganze Zeit neben Kiba steht und die stumme Freundin mimen muss. Denn auch Kiba hat scheinbar davon abgesehen, mich weiter zu quälen und stattdessen beschlossen, genau das zu tun, was sein bester Freund von ihm verlangt hat.   Es wundert mich, dass mich bisher niemand erkannt hat, denn zu sagen, da wäre nichts mehr, was zu mir gehört, ist eine Lüge. Wahrscheinlich liegt es jedoch daran, dass ich für diese Leute ohnehin unsichtbar war. Sie kannten mich nicht. Mich, den Schatten, der erst vor kurzem zu der Gruppe von Naruto gestoßen ist.   Apropos Naruto. Er scheint viel zu trinken. Ein Becher nach dem anderen wird von ihm geleert. Und das obwohl der Abend noch jung ist. Es ist das erste Mal, dass ich dabei zusehe, wie er immer ungehemmter wird. Röte eines Betrunkenen ziert seine Wangen, er lacht immer lauter, immer mehr. Auch wenn die Musik es mir eigentlich unmöglich machen müsste, ihn zu hören – ich höre ihn.   „Kiba!“ Ich zucke zusammen, da ich sie bisher noch gar nicht gesehen habe. Was macht sie hier?   „Ah, ich hab mich schon gefragt wann du kommst.“ Ich mustere ihre Erscheinung, die mich entfernt an eine Prostituierte erinnert, die sich ein billiges Schwesternkostüm übergeworfen hat. Ihr Rock ist noch kürzer als meiner – dass ich diesen Vergleich überhaupt bringen muss – und ihr Oberteil quetscht ihre kleine Brust nach oben.   „Ich hab dir doch gesagt, dass es später wird … also, ist er schon da?“   „Wen meinst du?“   „Na Sasuke!“ Kiba fängt bei ihrem Ausruf an zu Glucksen.   „Ne, er kommt erst später. Aber Naruto ist da.“   „Oh? Naruto ist hier? Hast du nicht gesagt, dass du …-“   „Sakura“, unterbricht er sie. „Lass uns hochgehen, da können wir ungestört reden.“ Erst jetzt richtet sich ihr Blick auf mich. Sie blinzelt. Ein, zweimal.   Tja, Missy, ich bin sogar als Frau noch hübscher als du …   „Wer ist das?“ Ich öffne den Mund, doch Kiba kommt mir zuvor:   „Das ist Sasika. Meine stumme Cousine.“ Sasika … Sasika.   „Stumm?“ Ich verdrehe die Augen. Er war doch so erpicht darauf, mich auflaufen zu lassen, weshalb nicht vor ihr?   „Aha? Kann sie hören?“   „Sie ist stumm Sakura, nicht taub.“ Sakura sieht mich unsicher an. Ich kann gar nicht anders, als zu grinsen.   „Hi“, sagt sie schüchtern und reicht mir ihre Hand. „Ich bin Sakura.“ Ich nicke ihr zur Antwort nur zu und klopfe Kiba dann lächelnd gegen den Arm, um ihn mit klimpernden Wimpern und meinen Fingern zu signalisieren, dass ich kurz Austritt brauche.   Ehrlich. Wenn ich noch eine Minute länger hierbleiben muss, dann werde ich anfangen zu lachen. Und dann wäre Kibas Scharade zu Ende.   Sakuras IQ zeigt sich womöglich wirklich nur in Klausuren und Facharbeiten.   Kühle Abendluft empfängt mich, als ich auf die Terrasse trete, den Blick nach oben in den Himmel gerichtet. Es ist bereits dunkel und mich überkommt ein leichtes Frösteln, das selbst der Bolero nicht abzuschirmen vermag. Doch das ist okay. Hier draußen ist es ruhig. Keiner stört mich. Und ich muss niemand sein, der ich gar nicht bin.   Vielleicht kann ich ja noch für ein paar Stunden hier draußen bleiben?   „Sasuke!“ Ich erstarre, als die Tür zur Terrasse erneut aufgeschoben wird und Naruto zum Vorschein bringt. Einen grinsenden, offensichtlich betrunkenen Naruto, der zu mir nach draußen stolpert und die Tür wieder schließt. „Du bist vor mir abgehauen“, fängt er auch gleich an und lässt mich somit eine Augenbraue anheben. „Du bist einfach so abgehauen!“   „Ich bin noch hier … ich wollte nur frische Luft schnappen.“   „Lüge, du bist mit Kiba abgehauen!“ Daher weht also der Wind. Ich beobachte ihn dabei, wie er ungeschickt versucht, sich eine Zigarette anzuzünden. Das Licht, das dabei von drinnen dringt, beleuchtet nur schwach seine Züge.   „Ich bin zurück auf die Party gegangen …“   „Mit Kiba!“, sagt er laut und rollt dann über das kleine Rädchen an seinem Feuerzeug, das aus irgendeinem Grund nicht anspringen will. „Mit Kiba bist du abgehauen … und hast mich einfach so stehenlassen!“, wirft er mir vor, die Zigarette zwischen den Lippen. Er sieht schon etwas affig aus, so aufgebracht, mit dem Ding in seinem Mund … Seufzend nehme ich ihm das Feuer ab und entzünde es für ihn. Es stellt ihn auch für einen kurzen Moment lang ruhig, zumindest so lange, bis er den ersten Zug genommen hat.   „Warum bist du mit ihm mitgegangen? Wir hätten nach Hause fahren können.“   „Weil ich es wollte.“   „Du lügst“, sagt er kopfschüttelnd. „Du musst lügen. Du würdest dich doch niemals so behandeln lassen, oder?“   „Naruto, es ist nur ein Kleid.“   „Und? Du bist ein Kerl!“ Es ist frustrierend, jedes Mal aufs Neue seiner starren Haltung zu begegnen.   Es ist angekommen. Du willst mich nicht. Du findest es widerlich … aber bitte, hör endlich auf darüber zu sprechen, du Idiot.   Gedanken, die nicht aus meinem Mund herauskommen, denn mein Standpunkt zu dieser Sache gleicht in seiner Welt mit der, die er hat. Zumindest habe ich mich nie dagegen gewehrt, wenn er so abfällig über dieses Thema geredet hat.   „Naruto, es stört mich nicht. Es ist okay. Findest du es wirklich so schlimm?“ Er sieht mich verdutzt an – zumindest deute ich so dieses Blinzeln und die halb geöffneten Lippen – und tritt dann einen Schritt zurück, um mich erneut zu mustern.   „Nein Mann“, sagt er leise. „Und das ist es ja. Du siehst aus wie eine Frau … das ist krass. Und … keine Ahnung, das ist einfach nur ...“ Er stammelt. Und ich bin verwirrt.   „Was ist es?“   „Nicht richtig“, sagt er dann schließlich. „Diese Haare“, er greift nach einer meiner falschen Haarsträhnen, „die passen nicht zu dir … und das Kleid … das bist nicht du.“   „Es ist nur ein Kostüm.“   „Ich weiß.“ Damit wird es still zwischen uns. Ich frage mich, ob er hören kann, wie schnell mein Herz schlägt. In diesem Moment, wo alles ruhig ist. Ob er weiß, wie sehr mich dieses Rauschen in meinen Ohren irritiert, weil er mir näher kommt. Ich kann den Rauch riechen, der von ihm ausgeht. Ein gewohnter Geruch, den ich mit ihm verbinde.   „Es ist nur so … abgefahren. Du bist so hübsch … und Gott, ich hasse mich für diesen Gedanken“, stammelt er, „aber hätte ich nicht erfahren, dass du du bist, dann hätte ich dich mit Sicherheit angemacht.“ Ich gehe vorsorglich einen Schritt zurück, denn jetzt kann man meinen Herzschlag bestimmt in einem Umkreis von 50 Metern wahrnehmen.   Warum sagst du solche Dinge? Du dummer Idiot. Schmeichel mir in demselben Moment, in dem du mir das Herz herausreißt. Sowas kannst nur du.   „Sasuke … sorry Mann, ich bin betrunken. Du darfst das nicht ernst nehmen, okay? Ich meine nur … du bist so auch schon hübsch … aber jetzt? Jetzt würde ich dich am liebsten gegen die Wand drücken.“ Ich atme scharf ein. „Ja, ich weiß, das ist abartig und schwul und …-“   „Dann tu es doch.“ Nach diesem Satz kann man nicht mal mehr die Grillen zirpen hören. Er starrt mich geschockt an – die Kippe in seiner Hand fällt zu Boden – und ich stolpere noch einen weiteren Schritt zurück, bis ich die kalte Wand in meinem Rücken spüre.   „Hast du … hast du gerade gesagt … dass ich es tun soll?“ Ich atme schneller als gewollt.   „Ich … nein. Ich hab … das war nur, weil … ich ...-“ Es wird abermals völlig still zwischen uns, als er plötzlich vor mir steht und mich völlig aus dem Nichts heraus fest gegen die Wand drückt. Er sieht mir in die Augen, seine Finger wandern zu meiner Wange – und plötzlich spüre ich seine warmen Lippen. Ich rieche den Alkohol, den Rauch …   Er küsst mich.   Mit Worten kann ich nicht beschreiben, was in meiner Brust passiert. Meine Augen sind weit aufgerissen vor Schock. Mein ganzer Körper erstarrt.   „Ich bin nicht schwul“, haucht er und küsst mich erneut. Diesmal jedoch kann ich seine Zunge spüren, die versucht, in meinem Mund einzudringen.   Bin ich gestorben? Stelle ich mir das gerade nur vor? Habe ich wieder hyperventiliert?   Nein. Denn selbst in meinen Träumen würde es sich nicht so gut anfühlen.   „Ich bin nicht schwul“, wiederholt er und zieht mich noch mehr an sich heran – vielleicht presst er sich auch gegen mich, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sich dieser Kuss anfühlt, als würde man mir den Boden unter den Füßen wegreißen. „Küss mich richtig“, haucht er und ich keuche, da seine Zähne sich kurz darauf in meine Unterlippe bohren. Ich soll ihn richtig küssen? Dass er mir gerade meinen ersten Kuss geraubt hat, wird er nicht wissen. Er weiß gar nichts. Nichts von dem Feuerwerk in meiner Brust. Nichts von den mit Endorphinen-gefluteten Zellen. Er weiß noch nicht einmal im Ansatz, wie sehr mich diese Geste aus dem Takt schlägt.   Doch ich versuche es. Versuche das zu erwidern, was er von mir fordert. Meine Finger wandern über seine Weste – weich fühlt sie sich unter meinen Handflächen an – wandern weiter zu seinem Nacken, wo sie das blonde Haar zu fassen kriegen. Ich habe das Gefühl, zu sterben. Es fühlt sich so gut an. So abgefahren gut. Unvorstellbar. Ich küsse Naruto. Und er küsst mich. Sein Hut fällt nach unten, doch das ist nur eine Nebensache. Er greift um meine Mitte, löst seinen Mund nur einen Moment lang von meinem, ehe er seine Lippen erneut dazu benutzt, mich langsam aber sicher in den Wahnsinn zu treiben.   Küssen … küssen ist … widerlich. Das war es in meiner Vorstellung. Doch die Realität fühlt sich ganz anders an. Seine weiche Zunge, die meine umkreist, seine warmen Lippen, die meinen Mund streicheln, meinen Verstand benebeln und mich Halt suchen lassen, da meine Beine nachgeben. Ich fühle mich schwach – so wunderbar schwach. Völlig ausgeliefert.   Ich stöhne, als seine Finger gegen meine Hüfte drücken, und dann ist es plötzlich vorbei. Weg sind seine Lippen. Weg ist sein Atem, sein Mund, seine Haut, seine Berührungen. Er weicht taumelnd vor mir zurück, atmet heftig, genauso unregelmäßig wie ich und starrt mich an.   „Fuck … Sasuke, das … oh mein Gott, das ist …“, stottert er und stolpert noch weiter zurück. Ich hingegen halte mich an der kühlen, rauen Wand fest. Er sieht mich, meine Schwäche … er weiß es, oder? Er weiß alles. „Tut mir leid, ich bin … verdammt“, zischt er gegen Ende. „Ich bin nicht schwul! Ich bin. Nicht. Schwul!“ Und wiederholt es mit so viel Nachdruck, dass ich zusammenzucke. „Es tut mir leid, ich wollte das nicht … ich ...“ Er schüttelt den Kopf, so als ob er versucht damit seine Fassung zurückzuerlangen. „Ich bin nicht schwul“, haucht er und bevor ich überhaupt etwas sagen kann – was im Moment unter Garantie nicht möglich ist – verschwindet er. Er läuft an mir vorbei, mit unregelmäßigen Schritten, die ihn zurück ins Haus führen.   Ich hingegen bleibe zurück, blicke auf den Boden, sehe seinen Hut, höre die laute Musik. All die Stimmen, die davon nichts mitbekommen haben und wünsche mir, ich wäre weit weit weg. Wie soll ich ihm jemals wieder gegenübertreten? Gar nicht. Ich kann nicht. Nicht nachdem, was gerade passiert ist.   Ich kann nicht länger hierbleiben.   Auf wackligen Beinen betrete ich das Haus, ignoriere sämtliche Geräusche, alle Menschen um mich herum, um nach oben in Kibas Zimmer zu laufen. Dort sind meine Sachen. Ich werde mich umziehen, dieses widerliche Kostüm ausziehen und dann von hier-   Mein Gedankengang stirbt, als ich die Tür zum besagten Raum aufgestoßen habe. Meine Augen erfassen etwas, das mein Gehirn nicht verarbeiten kann. Sakura … sie sitzt da. Sie sitzt auf Kiba. Ihr Rücken ist mir zugedreht. Sie bewegt sich auf ihm und er … Er blickt über ihre Schulter hinweg zu mir. Nur für einen kleinen Augenblick wirkt er überrascht, doch dann fängt er an zu grinsen. Er fickt sie. Narutos Ex-Freundin. Er schläft mit der Ex-Freundin seines besten Freundes.   Diese Szene lässt mich die Luft anhalten. Und sie stöhnt auf.   „Gefällt dir das, mh?“, höre ich ihn rau sagen, und das seltsam winselnde Geräusch, das aus ihrer Kehle dringt, animiert mich dazu, mich wieder zu bewegen.   Ich kann darüber nicht nachdenken. Ich kann und will nicht darüber nachdenken. Ich laufe auf sie zu und greife mir meine Tasche, die neben dem Bett steht. Das hier ist gar nicht passiert. Ich war nicht hier. Niemals. Ich habe es nicht gesehen. Genauso wenig wie Sakura es bemerkt, dass ich alles an ihr gesehen habe. Wut überkommt mich, als ich wirklich begreife, was hier gerade vor sich geht. Ich mache auf der Stelle mit meiner Tasche kehrt und knalle die Tür zurück ins Schloss.   Wenn Naruto das gesehen hätte. Wenn er wüsste, was sein bester Freund hier gerade tut. Mir wird schlecht bei dieser Vorstellung. Übel bei dem Gedanken, was heute Abend zwischen uns allen passiert ist.   Und genau das ist die Bestätigung, dass ich mich von Menschen fernhalten muss. Ich kann nicht mit ihnen interagieren. Das, was sie tun, kann ich nicht akzeptieren. Es wühlt mich zu sehr auf. Und es lässt schlechte Gefühle in mir wachsen.   Früher, als ich aus der Ferne beobachtet habe, war alles besser. Alles. Was wäre wenn hat nicht so sehr geschmerzt wie: So ist es. Es waren völlig verschiedene Welten. Eine Welt, die ich gewechselt habe. Neue Richtungen, die mich im Nachhinein nur in eine Sackgasse geführt haben.   Dieser Kuss …   Er hätte niemals passieren dürfen. Er hat mir die Sicherheit genommen, mich schutzlos ausgeliefert. Nun weiß er, wie ich empfinde. Dass ich Dinge für ihn fühle, die ich nicht fühlen darf. Die eine Freundschaft zwischen uns in Zukunft unmöglich machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)