Switch! von Yidas (Im Körper meines Freu... nein, Feindes!) ================================================================================ Kapitel 14: ChiChi-chan ----------------------- Ich schlug die Augen auf, starrte an die Decke des Gästezimmers in meinem eigenen Haus. Seit gut einer Woche musste ich damit Vorlieb nehmen. Ich stand auf, setzte mich in mein Zimmer, arbeitete, aß etwas und beschäftigte mich mit Mokuba, während Wheeler seinen Hintern in die Schule schwang und im Sessel meiner Firma saß. Irgendwie konnten wir es so organisieren, daß es nicht aufflog. Zum ersten Mal seit dem Körpertausch, war ich irgendwie dankbar. Das war quasi wie Urlaub für mich. Noch nie konnte ich so viel Zeit mit meinem kleinen Bruder verbringen wie jetzt! Auch das Zusammenleben mit Wheeler war angenehmer als ich dachte. Er brachte mich zwar immer noch zur Weißglut und strapazierte meine Nerven bis zum Anschlag, aber er war zuverlässig. Er versuchte immer alles richtig zu machen. Eben wie ein Hund, der seinem Herrchen gefallen wollte. Mit dem Spitznamen lag ich also doch nicht falsch. Unser Verhältnis war aber recht angespannt. Ich redete nur das Nötigste mit ihm und er mit mir. Seit diesem Vorfall war das so und ich konnte bisher nicht über meinen Schatten springen und ihn fragen, ob er auch einen solchen Traum gehabt hatte. Am Ende lachte er mich aus! Und das Gehabe wollte ich mir dann doch nicht antun. Es gab nichts Schlimmeres als einen Hund der mit dem bellen nicht mehr aufhören konnte! Sich quasi in Rage kläffte! Und ich hing an meinem Gehör. „Guten Morgen Mr. Wheeler!“ Sofort schreckte ich hoch, als ich eines unserer Zimmermädchen erkannte. Sie brachte mir Frühstück ans Bett. Es glaubten tatsächlich alle noch, ich wäre tot sterbens krank! Schwachsinn! „Ich komm runter. Das ist nicht nötig.“ „Oh doch! Das ist eine direkte Anordnung von Master Kaiba. Ich soll ihnen ausrichten, daß er heute früher von der Arbeit kommen wird. Es wird eine Lieferung erwartet. Außerdem sollten sie nach dem Frühstück den Salon aufsuchen. Der Officer hat sich für heute angemeldet.“ „Ich verstehe. Danke.“ Mit einem Nicken und einer Verbeugung verabschiedete sie sich von mir und ließ mich alleine. Ich starrte auf das Tablett, was sich nun auf meinem Schoß befand. Schwarzer Kaffee, Croissants und süße Butter. Der Wirtschaftsteil der Zeitung war schon aufgeschlagen. Wheeler war klüger als ich dachte. Er war lernfähig. Es war klar, daß er, seit er hier war, viele Dinge über mich wusste, auch, daß ich zu meinem morgendlichen schwarzen Kaffee vielleicht und nur ganz eventuell mal ein Croissant aß und tunkte. Unter dem Teller war ein Zettel. Ich nahm ihn an mich und faltete ihn auf. Definitiv Joey Schrift! So krakelig schrieb nur er! ~Guten Morgen Süßschnute! Ich komme heute Mittag schon heim.~ Heim… da fings schon an!!! Ich spürte unweigerlich die Wut in mir hochsteigen, aber das war ja noch nicht alles! Ich dachte, wir hielten gerade Abstand! ~Heute Mittag will ich dabei sein, wenn der Officer kommt. Also wehe Kaiba! Und Chichi-chan kommt auch. Tu nichts, was ich nicht auch tun würde! Joey.~ Wer um alles in der Welt war Chichi-chan?! Aber noch viel mehr fragte ich mich: Wieso behandelte mich die Flohschleuder wie seine verfluchte Ehefrau!? Der Mittag kam dann auch schneller als erwartet. Was wahrscheinlich daran lag, weil Samstag war und Mokuba zu Hause. Ich genoss jede Minute mit ihm. Sei es beim Zocken oder dem Spielen im Park. Heute Vormittag waren wir in der Stadt gewesen und jedes Mal, wen er mich anlächelte, erhellte es mein Herz. Es gab da eben nur einen bitteren Beigeschmack. Er war prinzipiell mit Joey hier. Würde er mich auch so anlächeln? Als Wheeler wieder kam, sah er abgeschafft aus. Es wunderte mich nicht. Ich kannte meine Arbeit und den damit verbundenen Stress. Pausen gab es für mich nicht. Nicht, weil ich keine wollte, sondern weil ich nie Zeit dafür hatte. Vielleicht verstand er nun endlich, daß auch ich mit viel Geld, Ansehen und Macht auch nur ein arbeitender Mann war, der nebenbei noch zur Schule ging und seinen kleinen Bruder versorgte. Wir standen minütlich in SMS-Kontakt. Ohne mich brachte er es nicht auf die Reihe, was aber in Ordnung war. Ich verlangte nicht von ihm, daß er alles alleine regelte. „Hey.“ „Hey. Was sollte der Zettel?“ „Ich dachte, einer von uns beiden sollte mal nachgeben.“ „Aha.“ Ich wollte noch etwas sagen, als es plötzlich klingelte. Ich wollte, wie aus Reflex schon zur Tür gehen, aber Joey packte mich an den Schultern und schüttelte verneinend den Kopf. „Ich bin gerade Hausherr. Also nix da.“ „Du kleiner mieser…“ „Seto… sei so gut. Ich kanns nicht mehr hören. Echt jetzt.“ Der Bastard ließ mich stehen! MICH! Was fiel ihm ein!? Und dann wurde mir bewusst, daß Joey gerade resignierte. Wieso? Hier wurden eindeutig die Rollen vertauscht. Ich beendete einen Streit und ein Gespräch, nicht er. Ich war fassungslos, sah ihm hinterher, wie er die Haustür öffnete und den Officer hinein ließ. Er war überpünktlich. „Officer Slade. Hallo. Ich bin Seto Kaiba.“ „Slade. Und ich weiß, wer sie sind.“ Slades Blick richtete sich auf mich. Er lächelte, kam auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen. „Hallo Joey. Wollen wir dann gleich? Wie ich sehe, bist du wirklich gut untergekommen vorerst.“ War doch klar! Das war immerhin mein Haus hier! Ich nickte nur und lief in Richtung des Salons. Zu meinem Leidwesen machte der Wauwau seine Drohung von heute Morgen wahr und kam tatsächlich mit. Wir wurden alle mit Getränken versorgt. Slade packte eine dicke Akte aus, die Joey erstarren ließ. „Also Joey… wo fang ich am besten an?“ Wheelers Blick war angespannt. Er war nervös, was man an den sich immer wieder knetenden Händen sah. Er wippte und tippte immer wieder hibbelig mit den Beinen und Füßen, veränderte während des Gesprächs mehrmals seine Sitzposition auf dem Stuhl, während ich einfach nur da saß und mir erst mal anhören wollte, wie die Sachlage war. „Dein jetziger Vormund ist das Jugendamt. Es wird sämtliche Entscheidungen treffen. Sie erklären sich damit einverstanden, daß du, sobald das mit der Pflegefamilie geregelt ist bei Seto Kaiba bleiben kannst. Da du den Wunsch geäußert hast bei Familie Mouto aufgenommen zu werden, haben sie sich darum ebenfalls schon gekümmert und auch dieser Antrag ist geklärt. Es fehlt prinzipiell nur noch deine Unterschrift.“ Slade legte mit sämtlichen Papierkram unter die Nase. Ich kannte das alles schon von früher, als es um Mokuba ging. Für mich war es nichts Neues. Aber für Joey allemal. Ich sah ihn an. Bevor ich da unterschrieb, wollte ich wissen, was in Wheeler vorging. Aber statt meinen Blick zu erwidern, sah er einfach starr auf die gläserne Tischplatte und nickte zaghaft. Das genügte mir als Antwort. Ich unterschrieb. Zwar musste ich mir den Stachelkopf dann zukünftig auch noch antun müssen, aber das war es wert. Joey war gut unter in der Zukunft. Oder ich… je nachdem wie lange dieser Mist hier noch dauerte. Slade nahm zufrieden das Formular entgegen. „Ein paar Wochen werden sie hier allerdings noch verweilen müssen, bis das auch bürokratisch geregelt ist.“ „Das ist schon in Ordnung.“ Antwortete Wheeler dann. „Sonst noch was?“ „Prinzipiell war es das von meiner Seite aus. Was ihren Vater angeht, sollte er das überleben, dann wird er wegen Misshandlung vor Gericht gestellt. Er wird sehr lange dafür büßen müssen.“ „Wie geht es ihm?“ „Das Krankenhaus sagt, er sei über den Berg. Aber sein Zustand ist noch kritisch. Sie melden sich bei ihnen wie schon vor ein paar Tagen.“ „Gut.“ Es war alles geklärt. Wir standen auf und gingen zur Tür um Slade zu verabschieden. Solange Joeys Vater noch nicht aus dem Krankenhaus draußen war, lag der Fall bis auf weiteres bei den Akten. Der Säufer war also nicht aussagefähig. Ich schien ganze Arbeit geleistet zu haben. Als Joey die Tür hinter sich schloss, sah er mich verbittert an. „Du hast ihn fast umgebracht.“ „Willst du diese Diskussion schon wieder führen? Wir hatten das erst.“ „Ich weiß. Trotzdem. Ich fühle mich so derart hintergangen von dir.“ „Du hast genickt.“ „Was hätte ich den sonst tun sollen?! Du hast ja alles schon abgeklärt!“ „Joey, es wird dir dort gut gehen.“ „Und was ist, wenn ich da nicht hin will? Wenn ich lieber hier bleiben will? Hast du schon mal darüber nachgedacht, was sein wird, wenn wir unsere Körper nie wieder tauschen können?“ „Ich gehe nicht davon aus, daß es so sein wird.“ „Wie kannst du da nur so ruhig bleiben?!“ „Weil ich es kann?“ Ja, ich konnte das, aber innerlich in mir tobte gerade der größte Sturm. Diese Unterhaltung erinnerte mich an unsere letzte dieser Art. Es war aus den Fugen geraten. So sehr, daß ich mich in seinen Tränen verlor. Der Schmerz, den seine Augen dabei ausgestrahlt hatten, kam mir so bekannt vor, daß es mir panische Angst machte. Nicht eine Angst vor der Situation, sondern die Angst ihn erneut zu enttäuschen. Wenn Yamis Gerede wirklich stimmte, dann musste ich diesem Mann einmal wirklich sehr wehgetan haben. Ich recherchierte im Internet über die Götter Horus und Seth. Die ganze Woche lang. Und es stimmte. Seth beanspruchte Unterägypten für sich und das ohne Konsequenzen. Er verursachte Chaos, Krieg und Stürme um das zu bekommen was er wollte. Sein Land war Oberägypten gewesen. Und eigentlich war Osiris derjenige, der den beiden das Land vermacht hatte, aber wie Yami schon sagte, es stimmte wohl nicht alles, was überliefert worden war. Zumindest aus seiner Sicht. Durch seinen Anspruch aus Habgier wurde Seth der Thron von Oberägypten von den Göttern aberkannt und ebenfalls Horus zugesprochen. Seths Einspruch wurde verhandelt… ganze 80 Jahre lang… Es klingelte wieder. Gott sei Dank! So musste ich dem Gespräch nicht ausweichen und meinen Gedanken weiter nach hängen. Wir öffneten die Tür, gewährten den LKW´s die Zufahrt. Ich war bis jetzt noch der Meinung, daß es Joeys restliche Sachen waren. Wobei mir alleine die Menge der LKW´s schon spanisch hätte vorkommen sollen. Skeptisch hob ich eine Augenbraue, als einer der Lieferanten ausstieg. „Guten Tag Herr Kaiba! Würden sie mir die Lieferung bitte quittieren?“ Joey trat nach vorne und grinste dämlicher als sonst. War da etwa jemand nervös? Was hatte er jetzt schon wieder verbockt? Was sollte das?! „Danke Herr Kaiba. Wo sollen wir die 150 Paletten denn abladen?“ „150 Paletten?!“ „Bitte rast jetzt nicht aus ok?“ „Nenn mir einen guten Grund dafür!“ „Versuch nett zu mir zu sein?“ „Ich BIN nett!“ Die Paletten mussten irgendwo hin. Schnaubend sah ich mich um und ließ das ganze Zeug hinter das Haus stellen, wo ich es mir nicht ansehen musste. Aber alleine das Wissen um die pure Anwesenheit war mir schon ein Dorn im Auge. Eine Kiste nahm Wheeler allerdings mit rein. „Was ist das?!“ „Zeig ich dir gleich.“ Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und wartete ab bis Wheeler diese dämliche Kiste geöffnet hatte. Tausende Styroporkügelchen fluteten meine Eingangshalle. Und nachdem Joey endlich mit buddeln, wie es sich für einen Hund gehörte, fertig war, hielt er mir eine Puppe vor die Nase und wackelte damit vergnügt hin und her. Es war doch nicht etwa das, was ich annahm? Es lag nahe, daß meine Befürchtung stimmte. „Hallo Seto! Ich bin ChiChi-chan!“ Meine Geduld war am Ende. Sehr am Ende. Wheeler fuchtelte mit dem Ding, was ich höchstens als Staubwedel benutzen würde und drückte auf dem Bauch herum. Die Augen fingen an zu leuchten. Seine Stimme wurde piepsig, kindisch und weibisch. „Sei Joey nicht böse, weil er mich bestellt hat. Ich fülle eine Marktlücke von 150.000 Stück in den Regalen und werde viele Kinder glücklich machen!“ „Wenn du nicht willst, daß ich jedes einzelne, bescheuerte Chichi-chan köpfe, würde ich an deiner Stelle sofort mit dem Getue aufhören!“ „Ich hab mich schon entschuldigt!“ „Ich weiß. Aber deine Entschuldigung ist keine 1,5 Millionen wert.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)